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Medizingeschichte Ärzteblatt Sachsen 3/2001 103 Anatomieausbildung für Kunststudenten Bei der Anatomieausbildung denkt man in erster Linie an die vorklinischen Studien von angehenden Medizinern und Zahn- medizinern, vielleicht noch an Veterinär- medizinstudenten. Aber auch Kunststuden- ten haben eine solche fundierte Ausbil- dung im Fach Anatomie; in Dresden hat sie eine lange Tradition. Bereits vor 150 Jahren erschien dazu ein Lehrbuch von Prof. Dr. med. Burkhard Wilhelm Seiler (1779 - 1843) mit dem Titel „Anatomie für Künstler und Turnlehrer“. In diesem Buch werden das Skelett- und Muskel- system, besonders aus dem Blickwinkel der Funktionen und der topographischen Anatomie behandelt. Es folgen Darstellun- gen zur Proportionslehre und zur Histo- logie sowie ein Vergleich zur Anatomie des Pferdes. „Die Zeichnungen habe ich, bis auf einige der ersten Tafel, unter meiner ununterbro- chenen Leitung von geschickten Künstlern nach der Natur fertigen lassen und mich bemüht, dafür zu sorgen, dass alle Gegen- stände so bestimmt, deutlich und der Na- tur getreu dargestellt worden sind, als es nur meine Kräfte gestatteten. Herr Pro- fessor Dr. Carus (1789 - 1869) ertheilte mir bei diesem Geschäfte in zweifelhaften Fällen öfter seinen Rath und zierte selbst die erste Tafel dieses Heftes mit einigen Zeichnungen von seiner Meisterhand.“ (Seiler, 1850) Seiler verkörpert in besonderer Weise die Verbindung zwischen Kunst und Medizin, speziell der Anatomie. Er hatte in Würz- burg, Bamberg, Wien und Berlin studiert. 1802 stellte ihn die Universität Witten- berg als Prosektor ein, 1814 kam er nach Dresden und erarbeitete Pläne zur Neu- gestaltung des Unterrichtes an der 1815 zu gründenden Chirurgisch-Medizinischen Akademie, nachdem das 1748 entstandene Collegium medico-chirurgicum 1813 ge- schlossen worden war. Als Seiler gebeten wurde, den anatomi- schen Unterricht an der Kunstakademie Dresden zu übernehmen, antwortete er, dass er sich berufen fühlte, „weil er sich schon seit mehreren Jahren mit der An- wendung der Anatomie auf die Malerei und Bildhauerkunst insbesondere beschäf- tigte und die Herausgabe einer Schrift beabsichtigte, zumal, da einige Studenten ohnehin ihn schon ersucht hätten, sich bei ihm anatomische Kenntnisse zu er- werben.“ (Bammes, 1990). Seiler begann seinen Unterricht 1822 oder 1823. Die anatomische Ausbildung an der Kunstaka- demie gliederte sich unter Seiler in eine Vorlesung, die Demonstration am Leich- nahm und am lebenden Modell. Alle Ver- anstaltungen fanden im „Local der Medi- cinischen Chirurgischen Akademie“, in unmittelbarer Nähe der Kunstakademie statt. Bis zur Übernahme des Unterrichts durch Seiler hatten die Künstler selbst Anatomie- ausbildung abgehalten. Nach der Grün- dung der Kunstakademie im Jahre 1764 war es zunächst der Maler Giovanni Ca- sanova (1730 - 1795), der Bruder des be- rühmten Lebemannes Giacomo Casanova (1725 - 1798), der diese Aufgabe über- nahm. In seiner „Theorie der Malkunst unter Heranziehung der Kunstdenkmäler des Altertums und der Neuzeit (Vorle- sung)“ legte er seine Erkenntnisse, Er- fahrungen und Methodik der Lehrinhalte nieder. Darin heißt es zum Beispiel: „Die Anatomie, naemlich der Theil der Osteo- logie und Myologie welche dem Künstler nöthig sind, die Beobachtungen und De- monstrationen darüber. Überhaupt muß ein Schüler schon hiervon die ersten Be- griffe von einem besonderen Lehrer ha- ben.“ (Casanova, ca. 1790) Casanova ließ Knochen und Muskeln de- monstrieren, befasste sich mit verschie- denen Proportionslehren und mit funk- tioneller Anatomie. Nach Casanovas Tod 1795 übernahm der Maler Johann Friedrich Matthäi (1777 - 1845) den Anatomieunterricht. Konkrete Vorlesungspläne oder dergleichen sind aus dieser Zeit leider nicht erhalten geblie- ben. Aus der „Constitution der Königlich Sächsischen Akademie der bildenden Künste“ von 1814 sind jedoch präzise Forderungen in Bezug auf die Hilfswis- senschaften, zu der die Akademie damals zählte, ersichtlich: „In dieser Hinsicht sollen neben den §.8. schon erwähnten Vorlesungen über Mathe- matik, Perspective und schöne Baukunst, noch Vorträge über Kunstgeschichte, Mythologie, Archäologie, Osteologie und Myologie gehalten werden, bey welchen letzteren zugleich die Lehre von den Pro- portionen und der Statik, in Bezug auf den menschlichen Körper, vorzutragen ist. Auch ist die Einrichtung zu treffen, daß jeden Winter ein bis zwey Cadaver, mit Rücksicht auf die Bedürfnisse des Künst- lers präpariert werden, und die Scholaren der Akademie nach Theilen derselben, an welchen die Muskeln und die Haut ent- blößt sind, zeichnen können. Da die Eintheilung der für diese Vorlesungen zu bestimmenden Stunden von besonderen Umständen und Verhältnissen abhängt, soll der Studienplan jedes halben Jahres durch öffentliche Blätter bekannt gemacht werden.“ (Akten der Kunstakademie Dresden, 1814) 1822 übernahm Seiler den Anatomieun- terricht der Kunststudenten. Nach dessen Abb. 1 Titelblatt „Anatomie für Künstler und Turnlehrer“

Anatomieausbildung

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Medizingeschichte

Ärzteblatt Sachsen 3/2001 103

Anatomieausbildung für KunststudentenBei der Anatomieausbildung denkt manin erster Linie an die vorklinischen Studienvon angehenden Medizinern und Zahn-medizinern, vielleicht noch an Veterinär-medizinstudenten. Aber auch Kunststuden-ten haben eine solche fundierte Ausbil-dung im Fach Anatomie; in Dresden hatsie eine lange Tradition. Bereits vor 150Jahren erschien dazu ein Lehrbuch vonProf. Dr. med. Burkhard Wilhelm Seiler(1779 - 1843) mit dem Titel „Anatomiefür Künstler und Turnlehrer“. In diesemBuch werden das Skelett- und Muskel-system, besonders aus dem Blickwinkelder Funktionen und der topographischenAnatomie behandelt. Es folgen Darstellun-gen zur Proportionslehre und zur Histo-logie sowie ein Vergleich zur Anatomiedes Pferdes.

„Die Zeichnungen habe ich, bis auf einigeder ersten Tafel, unter meiner ununterbro-chenen Leitung von geschickten Künstlernnach der Natur fertigen lassen und michbemüht, dafür zu sorgen, dass alle Gegen-stände so bestimmt, deutlich und der Na-tur getreu dargestellt worden sind, als esnur meine Kräfte gestatteten. Herr Pro-

fessor Dr. Carus (1789 - 1869) ertheiltemir bei diesem Geschäfte in zweifelhaftenFällen öfter seinen Rath und zierte selbstdie erste Tafel dieses Heftes mit einigenZeichnungen von seiner Meisterhand.“(Seiler, 1850)

Seiler verkörpert in besonderer Weise dieVerbindung zwischen Kunst und Medizin,speziell der Anatomie. Er hatte in Würz-burg, Bamberg, Wien und Berlin studiert.1802 stellte ihn die Universität Witten-berg als Prosektor ein, 1814 kam er nachDresden und erarbeitete Pläne zur Neu-gestaltung des Unterrichtes an der 1815zu gründenden Chirurgisch-MedizinischenAkademie, nachdem das 1748 entstandeneCollegium medico-chirurgicum 1813 ge-schlossen worden war.Als Seiler gebeten wurde, den anatomi-schen Unterricht an der KunstakademieDresden zu übernehmen, antwortete er,dass er sich berufen fühlte, „weil er sichschon seit mehreren Jahren mit der An-wendung der Anatomie auf die Malereiund Bildhauerkunst insbesondere beschäf-tigte und die Herausgabe einer Schriftbeabsichtigte, zumal, da einige Studentenohnehin ihn schon ersucht hätten, sichbei ihm anatomische Kenntnisse zu er-werben.“ (Bammes, 1990). Seiler begannseinen Unterricht 1822 oder 1823. Dieanatomische Ausbildung an der Kunstaka-demie gliederte sich unter Seiler in eineVorlesung, die Demonstration am Leich-nahm und am lebenden Modell. Alle Ver-anstaltungen fanden im „Local der Medi-cinischen Chirurgischen Akademie“, inunmittelbarer Nähe der Kunstakademiestatt.

Bis zur Übernahme des Unterrichts durchSeiler hatten die Künstler selbst Anatomie-ausbildung abgehalten. Nach der Grün-dung der Kunstakademie im Jahre 1764war es zunächst der Maler Giovanni Ca-sanova (1730 - 1795), der Bruder des be-rühmten Lebemannes Giacomo Casanova(1725 - 1798), der diese Aufgabe über-nahm. In seiner „Theorie der Malkunstunter Heranziehung der Kunstdenkmäler

des Altertums und der Neuzeit (Vorle-sung)“ legte er seine Erkenntnisse, Er-fahrungen und Methodik der Lehrinhaltenieder. Darin heißt es zum Beispiel: „DieAnatomie, naemlich der Theil der Osteo-logie und Myologie welche dem Künstlernöthig sind, die Beobachtungen und De-monstrationen darüber. Überhaupt mußein Schüler schon hiervon die ersten Be-griffe von einem besonderen Lehrer ha-ben.“ (Casanova, ca. 1790)Casanova ließ Knochen und Muskeln de-monstrieren, befasste sich mit verschie-denen Proportionslehren und mit funk-tioneller Anatomie.Nach Casanovas Tod 1795 übernahm derMaler Johann Friedrich Matthäi (1777 -1845) den Anatomieunterricht. KonkreteVorlesungspläne oder dergleichen sind ausdieser Zeit leider nicht erhalten geblie-ben. Aus der „Constitution der KöniglichSächsischen Akademie der bildendenKünste“ von 1814 sind jedoch präziseForderungen in Bezug auf die Hilfswis-senschaften, zu der die Akademie damalszählte, ersichtlich:„In dieser Hinsicht sollen neben den §.8.schon erwähnten Vorlesungen über Mathe-matik, Perspective und schöne Baukunst,noch Vorträge über Kunstgeschichte,Mythologie, Archäologie, Osteologie undMyologie gehalten werden, bey welchenletzteren zugleich die Lehre von den Pro-portionen und der Statik, in Bezug aufden menschlichen Körper, vorzutragen ist.Auch ist die Einrichtung zu treffen, daßjeden Winter ein bis zwey Cadaver, mitRücksicht auf die Bedürfnisse des Künst-lers präpariert werden, und die Scholarender Akademie nach Theilen derselben, anwelchen die Muskeln und die Haut ent-blößt sind, zeichnen können. Da dieEintheilung der für diese Vorlesungen zubestimmenden Stunden von besonderenUmständen und Verhältnissen abhängt,soll der Studienplan jedes halben Jahresdurch öffentliche Blätter bekannt gemachtwerden.“ (Akten der KunstakademieDresden, 1814) 1822 übernahm Seiler den Anatomieun-terricht der Kunststudenten. Nach dessen

Abb. 1Titelblatt „Anatomie für Künstler und Turnlehrer“

Medizingeschichte

104 Ärzteblatt Sachsen 3/2001

Tod 1843 ging diese Aufgabe an denGeneralstabsarzt Dr. August FriedrichGünther (1806 - 1871) über. Günther hattebei Seiler in Dresden studiert und warspäter als Prosektor an der „Chirurgischmedicinischen Akademie“ tätig.Im Katalog der jährlich durch die Kunst-akademie veranstalteten Ausstellungenvon 1872 findet sich folgende Mitteilung:„Aus der Zahl der Lehrer schied am 13.August 1871 durch den Tod, wie in wei-ten Kreisen so auch seiten der Kunstaka-demie lebhaft beklagt, der Generalstabs-arzt Professor Dr. Günther (geb. 1806),welcher mit großer Hingebung, Lehrbe-fähigung und bestem Erfolge seit demJahre 1843 den anatomischen Unterrichtan der Kunstakademie ertheilt hatte. VonMichaelis 1871 an wurde der letztere mitGenehmigung des Kön. Ministeriums desInneren dem Generalarzte Dr. Roth über-tragen.“ (Katalog der Kunst-AusstellungDresden, 1872)Die Nachfolge Roths (1833 - 1892) trat1876 der Pathologe Felix Victor Birch-Hirschfeld (1842 - 1899) an. Er hatteRoth bereits ein Jahr lang vertreten undbekleidete das Amt bis zu seiner Beru-fung nach Leipzig 1885.Ab dem Wintersemester 1886/87 folgteihm wieder ein Pathologe im Amt: Prof.Dr. Friedrich Neelsen (1854 - 1894)(Ziehl-Neelsen Färbung zum Nachweisalkohol- und säurefester Bakterien, zumBeispiel Mycobacterium tuberculosis).Dessen Nachfolge trat der Stadtbezirks-arzt Prof. Dr. Ernst Nowack (gest. 1908)an. Er unterrichtete bis zu seinem Tode1908 die Kunststudenten.Dann hielt ein Maler den Anatomieunter-richt, Hermann Dittrich (1868 - 1946). Erhatte bereits unter Nowack menschenana-tomisches Zeichnen gegeben. 1933 tratDittrich in den Ruhestand, sein Nachfolgerwurde der Maler Fritz Otto Sauerstein(1893 - 1968). Dieser wurde 1942 zumKriegsdienst einberufen und danach vondem Maler Bruno Seener (geb. 1893)vertreten.Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegesübernahmen wiederum Mediziner den

Anatomieunterricht. Dr. Rudolf Neubert(1898 - 1992), Dr. Paul Scheidt (1907 -1991) und Dr. Heinz Thöniß wurden alsLehrbeauftragte genannt. (Vorlesungsver-zeichnis der Kunsthochschule Dresden,1964)Ab 1956 war Gottfried Bammes (geb.1920) Dozent für Anatomie. Bammesstudierte an der Hochschule für BildendeKünste in Dresden Malerei und wurdedort 1953 Assistent. Sein vor allem imSelbststudium erworbenes Wissen imFach Anatomie konnte er 1955 vor demÄrztegremium der Medizinischen Aka-demie beweisen.

1960 wurde er dann zum Professor fürKünstleranatomie berufen.Nach Bammes „... ist es Aufgabe derKünstleranatomie, mitzuwirken beimProzeß des Findens der Einfachheit undGröße der Form, mitzuhelfen beim Zei-chen-Finden für eine Sache, mitzuhelfenbeim freien Fabulieren mit der mensch-lichen Gestalt. Dies allerdings setzt,wenn das Abkürzen und Bezeichnen nichtnur ein billiger modischer Trick sein soll,eine außerordentlich umfangreiche, sta-

bile, stockungsfrei arbeitende Vorstel-lungstätigkeit auf der Grundlage einesvielseitigen Wissensschatzes voraus.“(Bammes, 1990)Zentrale Stellung in Bammes Unterrichthatten Wandtafelzeichnungen. „Dennmit ihrer Hilfe erfährt der Schüler dieersten Überzeugungen, daß Zeichnenkeine Geschicklichkeitsaufgabe und keinebloße Registrierung anatomischer Tatbe-stände, sondern immer Durchdringungund ein Teil Naturerforschung ist, auchund gerade am Skelett. Und an der Wand-tafel wie in der Korrekturstudie nachSkelett oder Modell wurden die anatomi-schen Kenntnisse nicht als punktuelleReflexion aufgerufen, sondern einzig undallein zu dem Zweck, Größe, Einfachheit,Klarheit, Eindringlichkeit und Zusam-menhang der Formen zu gewährleisten.“(Bammes, 1990)

Bei seinen Zeichnungen hat Bammes zu-nächst die Grundform herausgearbeitet,um dann schrittweise Einzelheiten hin-zuzufügen (zum Beispiel das Kniegelenkals eine Rolle auf dem Tibiaplateau). DieStudenten sollen so von einer Vorstellung

Abb. 2 Muskelanalyse, Prüfungsaufgabe 4. Semester

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Medizingeschichte

Ärzteblatt Sachsen 3/2001

der Grundformen des Skelettes ausge-hend die Muskeln hinzufügen und ab-schließend daraus die äußere Kontur ent-wickeln.Bammes fertigte zahlreiche Anschauungs-hilfen für den Unterricht an oder ließ siedurch Schüler bauen.

Seine Kenntnisse über die Künstleranato-mie und die Methodik ihrer Vermittlunglegte Bammes in zahlreichen Büchernnieder. Es ist das Verdienst von Bammes,die Künstleranatomie an der Hochschulefür Bildende Künste vom Beginn seinerLehrtätigkeit 1956 bis zu seiner Emeri-tierung im Jahre 1985 zu internationalerBedeutung geführt zu haben. Unter sei-ner Leitung wurde sie fest in die Lehreeingebunden, auch wenn sie in einer Zeithäufig abstrakter Kunst manchmal weni-ger notwendig erscheinen mag. „Künstle-rische Freiheit erwächst immer noch aufgesicherten Fundamenten, und je sichererdie Fundamente, desto größer werdenkünstlerische Spannweite und künstleri-scher Anspruch sein können, desto um-fassender wird das Maß künstlerischerFreiheit sein.“ (Bammes, 1990) 1985 wurde der Anatom und Maler Man-fred Zoller (geb. 1947) als Dozent fürKünstleranatomie berufen. Zoller stu-dierte Medizin und widmete sich in sei-ner Freizeit der Malerei. Nach der abge-schlossenen Ausbildung als Anatom warer erst freiberuflich als Maler tätig undabsolvierte dann ein Meisterschülerstu-dium bei Gerhard Kettner an der Hoch-schule für Bildende Künste.

Neben den klassischen Themen des Ana-tomieunterrichtes für Künstler vermittelteZoller auch Einblicke in die Histologie.„Die Begegnung mit der Formenwelt immikroskopischen Bereich kann bei einemMaler, Grafiker oder Bildhauer ein neu-artiges sinnliches Erlebnis bedeuten unddamit das Naturstudium folgenreich er-weitern.“ (Zoller, 1990) „Die Studentenwerden durch die Kenntnis der vierGrundgewebearten, des Epithelgewebes,des Binde- und Stützgewebes, des Mus-

kelgewebes und des Nervengewebes, indie Struktur und Zusammenhänge ver-schiedener Prozesse im mikroskopischenund makroskopischen Bereich einge-führt. Sie lernen an konkreten Beispielen,Gewebestrukturen und Formen entspre-chend den Zusammenhängen zuzuordnen.“(Zoller, 1990) Zoller ließ seine StudentenDrahtzugmodelle bauen, anhand derer siesich die Funktion wesentlicher Muskel-gruppen; von Antagonisten und Syner-gisten vergegenwärtigen sollten.

1990 wechselte Zoller an die Kunsthoch-schule in Berlin Weißensee.Seine Nachfolge trat der Maler GünterSchreiber (geb. 1943) an. Er hatte an derKunstakademie studiert und wurde 1978Assistent bei Bammes. Schreiber siehtsich als Schüler von Bammes, berück-sichtigt aber mehr den Entwicklungsge-danken in seinem Unterricht. Diesengliedert er in zwei Teile:

1. Vorlesung und Wandtafeldemonstrationund

2. zeichnerisches Naturstudium unter vorwiegend funktionell tektonischenGesichtspunkten. (Schreiber, 1994)

Wie Schreiber seinen Unterricht aufbaut,sei am Beispiel der „Grundvorlesung Schä-del“ erläutert. Zunächst zeigt er die Phy-logenese des Schädels, die verschiedenenFormen im Tierreich, dann stellt er dieEntwicklung des menschlichen Schädelsdar. Anschließend fertigt er Wandtafel-zeichnungen. Dabei beginnt er mit der

Grundform und fügt dann Einzelheitenein, deren Form er funktionell begründet.Schreiber zeigt den Schädel von ver-schiedenen Ansichten, in der folgendenÜbungsstunde fertigen dann die Studen-ten selbst solche Zeichnungen.Die Studenten sollen vom Verständnis derGrundform und der Funktion ihre Kennt-nisse erwerben und die äußere Form dar-aus ableiten können.„Formvorstellung ist aus der Funktion zubegründen“ (Schreiber, 1994) Bei ihrenZeichnungen sollen die Studenten „For-menwerte und Rangfolgen von Formenerkennen und beherrschen lernen“. (Schrei-ber, 1994)

Seit 1995 gibt es in Dresden wieder einefachübergreifende Vorlesungsreihe fürKunst- und Medizinstudenten. ProfessorReiner Beck, Inhaber des Lehrstuhles fürKunstgeschichte an der Kunstakademieund Professor Richard Funk, Leiter desAnatomieinstitutes der Universitätsklinikhaben diese Veranstaltungsreihe ins Le-ben gerufen. Es werden hier Vorträge zuverschiedenen Themen der Kunstgeschich-

Abb. 3:Drahtmodell für den Anatomieunterricht

Abb. 4:Günter Schreiber bei einer Wandtafeldemonstration

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MedizingeschichtePersonalia

Ärzteblatt Sachsen 3/2001

60 Jahre01. 04. Dr.med. Rost, Erika

01326 Dresden01. 04. Dr.med. Schmitzer, Rüdiger

08209 Auerbach02. 04. Dr.med. Busch, Renate

04808 Hohburg02. 04. Dr.med. Hecht, Astrid

09127 Chemnitz02. 04. Dr.med. Schippel, Bernhard

09477 Steinbach02. 04. Dr.med. Schwenke, Annerose

04821 Brandis-Waldsteinberg02. 04. Dr.med. Steinke, Gisela

08451 Crimmitschau03. 04. Dr.med. Kratzsch, Elke

04229 Leipzig04. 04. Dr.med. Voigt, Renate

09113 Chemnitz07. 04. Scheibe, Peter

04457 Mölkau08. 04. Dr.med. Rockel, Ingrid

09127 Chemnitz09. 04. Bicker, Waldemar

04229 Leipzig09. 04. Dittmann, Irene

01844 Neustadt10. 04. Dr.med. Clemen, Gisela

04277 Leipzig10. 04. Dr.med. Joswig, Hartmut

01796 Pirna

11. 04. Dr.med. Kappel, Manfred04275 Leipzig

11. 04. Dr.med. Neumerkel, Monika09432 Großolbersdorf

12. 04. Dr.med. Naumann, Christa08459 Neukirchen

12. 04. Reichelt, Joachim04769 Mügeln

13. 04. Dr.med. Henjes, Frank04860 Torgau

13. 04. Dr.med. Jüsgen, Wolfgang04688 Wetteritz

13. 04. Dr.med. Kranz, Renate01796 Pirna

13. 04. Dr.med. Radke, Karl-Heinz08321 Zschorlau

13. 04. Dr.med. Reuter, Wolfgang04643 Geithain

14. 04. Dr.med. Beer, Uta08523 Plauen

14. 04. Dr.med. Goy, Helmut09526 Olbernhau

14. 04. Dr.med. Schneider, Gertrud02625 Bautzen

16. 04. Dr. med. Jost, Gerhard09456 Annaberg-Buchholz

16. 04. Dr.med. Radestock, Armin04651 Bad Lausick

17. 04. Dr.med. Beuthin, Arnulf01277 Dresden

17. 04. Dr.med. Feyer, Bernd04758 Oschatz

17. 04. Dr.med. Hoffmann, Burkhard08056 Zwickau

17. 04. Dr.med. Müssig, Ilona01259 Dresden

18. 04. Dr.med. Bennek, Hella04457 Mölkau

21. 04. Dr.med. Döge, Brigitte09131 Chemnitz

21. 04. Thierfelder, Bernd09366 Stollberg

22. 04. Dr.med. Böhme, Marie-Luise01307 Dresden

22. 04. Nali, Wera08064 Zwickau

22. 04. Dr.med. Schumann, Ulrich01796 Pirna

23. 04. Dr.med. Sellentin, Wolfgang01558 Großenhain

25. 04. Dr.med. Freund, Hannelore01257 Dresden

25. 04. Gulyas, Helga08066 Zwickau

25. 04. Simon, Irmgard08280 Aue

27. 04. Dr.med. Adolph, Jutta01324 Dresden

27. 04. Dr.med. Ahnert, Gertraud04155 Leipzig

te, der Anatomie und zu Grundfragen desLebens angeboten.Zusammenfassend lässt sich sagen, dassan der Dresdner Kunstakademie nahezulückenlos Anatomieunterricht stattfandund dass es immer wieder Verbindungenzur Medizin gegeben hat und gibt.

Literatur beim Verfasser

Anschrift der Verfasser:Dr. med. Torsten Beichler

Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“ Dresden

Klinik für OrthopädieDirektor Prof. Dr. med. habil. K.-J. Schulze

Fetscherstraße 74, 01307 Dresden

Dr. med. Lutz PätzoldLeiter des Sächsischen Landesprüfungsamtes

für Medizin und PharmazieRegierungspräsidium Dresden, Referat 76

Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden

Dr. med. Hendrik BehlingKreiskrankenhaus Günzburg

Innere Abteilung, Leiter Prof. Dr. SchremlL. Heilmeyer Straße 2, 89309 Günzburg

Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 1:Seiler B W:

Anatomie des Menschen für Künstler und Turnlehrer.

Leipzig: Arnoldsche Buchhandlung, 1850;Titelblatt

Abb. 2:Muskelanalyse, Prüfungsaufgabe im

Fach Anatomie, 4. Semester.in: Bammes G

II. Von einer Anatomie für Künstler zur Künstleranatomie

in: Dresden Von der Königlichen Kunstakademie zur Hochschule für

Bildende Künste (1764 - 1989)Dresden: VEB Verlag der Kunst, 1990; 591.

Abb. 3:Drahtmodell für den

Anatomieunterricht mit freundlicherGenehmigung von Manfred Zoller

Abb. 4:Günter Schreiber während einer

Vorlesung am 19.12.1994Foto T. Beichler

Unsere Jubilare im April Wir gratulieren