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190 bbl 2010, Heft 5 Oktober © Springer-Verlag 2010 Rechtsprechung Öffentliches Recht Bearbeitet von K. Giese Burgenland Aufschließung; Grundabtretung für öffentliche Ver- kehrsflächen DOI 10.1007/s00738-010-0926-4 § 8 bgld BauG 1997 Fehlt einem Gemeinderatsbeschluss eine nach- vollziehbare Begründung, mit der dargelegt wird, weshalb welche Grundflächen zur Verbreiterung oder zur Aufschließung von Baugrundstücken „benötigt“ werden, entsteht keine Grundabtre- tungsverpflichtung (hier: für eine öffentliche Ver- kehrsfläche). VwGH 11.5.2010, 2008/05/0144 <139> Aus der Begründung: In den vorgelegten Verwaltungs- akten liegt der Gemeinderatsbeschluss zu TOP 9b v 22.10.2003. Mit diesem TOP war die Grundabtretung für öffentliche Verkehrsflächen, darunter die Sätzgasse, beschlossen worden. Aus der Begründung dieses Ge- meinderatsbeschlusses geht aber lediglich hervor, dass der Gemeinderat bereits 1998 einen „entsprechenden Beschluss“ gefasst habe. Dieser Beschluss solle nun da- hingehend abgeändert werden, dass anstelle einer Ver- breiterung auf 9 m die Verbreiterung laut Teilungsplan DI H. v 1.10.2003 beschlossen werden sollte, um „für den Fall von Berufungen Formalfehler zu vermeiden.“ Diesem Gemeinderatsbeschluss ist aber nicht zu ent- nehmen, aus welchem Grund es überhaupt zu einer Verbreiterung der Verkehrsfläche kommt. Aus dem Gemeinderatsbeschluss v 6.8.1998, um des- sen Modifikation es offenbar ging, geht im Zusammen- hang mit der Verbreiterung der öffentlichen Verkehrs- flächen K-berg I, Obere S hervor, dass „unmittelbarer Anlass für diese Beschlussfassung ein nicht bewilligtes Bauvorhaben von H.L. (ist), der einen Teil des bestehen- den Weges in dieses Vorhaben einbezogen hat. Der Bgm legt einen Planentwurf, in dem die künſtige Stra- ße eingezeichnet ist, vor. Der Bgm stellt den Antrag, der Gemeinderat möge den Beschluss fassen, die öffent- liche Verkehrsfläche in der Oberen S laut vorliegendem Entwurf auf 9 m zu verbreitern, wobei DI H. mit der Erstellung des Teilungsplanes beauſtragt werden soll.“ Der Begründung dieses Gemeinderatsbeschlusses ist zwar ein Anlass für die Beschlussfassung zu entneh- men, nämlich die Einbeziehung eines Teils des beste- henden Weges in ein nicht bewilligtes Bauvorhaben. Dieser Hinweis allein genügt aber noch nicht, den ob- genannten Vorgaben an die Begründung einer Be- schlussfassung des Gemeinderates nach § 8 Abs 3 BauG. Nun kann dem Schriſtverkehr im Verwaltungsakt – nicht aber den Gemeinderatsbeschlüssen – zwar ent- nommen werden, dass die Abtretung zur Aufschlie- ßung von Baugrundstücken in der Sätzgasse dienen sollte. Feststellungen über jene Grundstücke, die nur über die Sätzgasse aufgeschlossen werden könnten, so- wie über den zu erwartenden Fahrzeug- und Fußgän- gerverkehr finden sich aber ebenso wenig im vorgeleg- ten Akt wie sachverständige Ausführungen über den Bedarf an Grundflächen auf Grund verkehrstechni- scher Gegebenheiten (vgl zur Notwendigkeit solcher nachvollziehbarer Feststellungen bereits im Gemeinde- ratsbeschluss ebenfalls das oben zit Erk v 12.11.2002). Die Abtretungsverpflichtung des § 8 Abs 3 BauG ist an das Vorliegen eines diesen Vorgaben entsprechen- den Gemeinderatsbeschlusses gebunden. Fehlt einem Gemeinderatsbeschluss eine – hinter der Beschlussfas- sung stehende – nachvollziehbare Begründung, mit der dargelegt wird, weshalb welche Grundflächen zur Ver- breiterung oder zur Aufschließung von Baugrundstü- cken „benötigt“ werden, so entsteht die Abtretungsver- pflichtung nicht; ein darauf gegründeter Bescheid er- weist sich daher als rechtwidrig. (Auebung) Gastgarten eines Heurigenlokals; Flächenwidmung „gemischtes Baugebiet“; Immissionsschutz; Betriebs- zeiten; Auflagen; subjektiv-öffentliche Nachbarrechte DOI 10.1007/s00738-010-0927-3 §§ 3, 18 Abs 10, 29 bgld BauG 1997; § 112 Abs 3 GewO Die Vorschreibung einer verkürzten Betriebszeit für den Gastgarten eines Heurigenbetriebes (hier: 20:00 Uhr statt 22:00 Uhr) ist zum Schutz der Nachbarn vor Lärmimmissionen zulässig. VwGH 11.5.2010, 2009/05/0053 <140> Aus der Begründung: Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes trägt die Bf vor, die von der bel Beh erteilte Auflage, der Betrieb des Gastgartens im Rahmen des bewilligten Heurigenlokales im Freien sei nur bis längstens 20.00 Uhr gestattet, sei gesetzwid- rig. Dieses Vorbringen tri aus folgenden Gründen nicht zu: Gem § 18 Abs 10 Bgld BauG hat die Baubeh die Bau- bewilligung erforderlichenfalls unter Auflagen zu ertei- len, sofern die Prüfung des Bauvorhabens ergeben hat, dass die gem § 3 leg cit maßgeblichen baupolizeilichen Interessen nicht verletzt werden. Es kann zwar ein den maßgeblichen baupolizeilichen Interessen gem § 3 Bgld BauG entgegenstehendes Bauvorhaben nicht durch

Aufschließung; Grundabtretung für öffentliche Verkehrsflächen

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190bbl2010, Heft 5

Oktober

© Springer-Verlag 2010

Rechtsprechung

Öffentliches RechtBearbeitet von K. Giese

Burgenland

Aufschließung; Grundabtretung für öffentliche Ver-kehrsflächen

DOI 10.1007/s00738-010-0926-4

§ 8 bgld BauG 1997

Fehlt einem Gemeinderatsbeschluss eine nach-vollziehbare Begründung, mit der dargelegt wird, weshalb welche Grundflächen zur Verbreiterung oder zur Aufschließung von Baugrundstücken „benötigt“ werden, entsteht keine Grundabtre-tungsverpflichtung (hier: für eine öffentliche Ver-kehrsfläche).

VwGH 11.5.2010, 2008/05/0144 <139>

Aus der Begründung: In den vorgelegten Verwaltungs-akten liegt der Gemeinderatsbeschluss zu TOP 9b v 22.10.2003. Mit diesem TOP war die Grundabtretung für öffentliche Verkehrsflächen, darunter die Sätzgasse, beschlossen worden. Aus der Begründung dieses Ge-meinderatsbeschlusses geht aber lediglich hervor, dass der Gemeinderat bereits 1998 einen „entsprechenden Beschluss“ gefasst habe. Dieser Beschluss solle nun da-hingehend abgeändert werden, dass anstelle einer Ver-breiterung auf 9 m die Verbreiterung laut Teilungsplan DI H. v 1.10.2003 beschlossen werden sollte, um „für den Fall von Berufungen Formalfehler zu vermeiden.“ Diesem Gemeinderatsbeschluss ist aber nicht zu ent-nehmen, aus welchem Grund es überhaupt zu einer Verbreiterung der Verkehrsfläche kommt.

Aus dem Gemeinderatsbeschluss v 6.8.1998, um des-sen Modifikation es offenbar ging, geht im Zusammen-hang mit der Verbreiterung der öffentlichen Verkehrs-flächen K-berg I, Obere S hervor, dass „unmittelbarer Anlass für diese Beschlussfassung ein nicht bewilligtes Bauvorhaben von H.L. (ist), der einen Teil des bestehen-den Weges in dieses Vorhaben einbezogen hat. Der Bgm legt einen Planentwurf, in dem die künftige Stra-ße eingezeichnet ist, vor. … Der Bgm stellt den Antrag, der Gemeinderat möge den Beschluss fassen, die öffent-liche Verkehrsfläche in der Oberen S laut vorliegendem Entwurf auf 9 m zu verbreitern, wobei DI H. mit der Erstellung des Teilungsplanes beauftragt werden soll.“

Der Begründung dieses Gemeinderatsbeschlusses ist zwar ein Anlass für die Beschlussfassung zu entneh-men, nämlich die Einbeziehung eines Teils des beste-henden Weges in ein nicht bewilligtes Bauvorhaben. Dieser Hinweis allein genügt aber noch nicht, den ob-genannten Vorgaben an die Begründung einer Be-

schlussfassung des Gemeinderates nach § 8 Abs 3 BauG.

Nun kann dem Schriftverkehr im Verwaltungsakt – nicht aber den Gemeinderatsbeschlüssen – zwar ent-nommen werden, dass die Abtretung zur Aufschlie-ßung von Baugrundstücken in der Sätzgasse dienen sollte. Feststellungen über jene Grundstücke, die nur über die Sätzgasse aufgeschlossen werden könnten, so-wie über den zu erwartenden Fahrzeug- und Fußgän-gerverkehr finden sich aber ebenso wenig im vorgeleg-ten Akt wie sachverständige Ausführungen über den Bedarf an Grundflächen auf Grund verkehrstechni-scher Gegebenheiten (vgl zur Notwendigkeit solcher nachvollziehbarer Feststellungen bereits im Gemeinde-ratsbeschluss ebenfalls das oben zit Erk v 12.11.2002).

Die Abtretungsverpflichtung des § 8 Abs 3 BauG ist an das Vorliegen eines diesen Vorgaben entsprechen-den Gemeinderatsbeschlusses gebunden. Fehlt einem Gemeinderatsbeschluss eine – hinter der Beschlussfas-sung stehende – nachvollziehbare Begründung, mit der dargelegt wird, weshalb welche Grundflächen zur Ver-breiterung oder zur Aufschließung von Baugrundstü-cken „benötigt“ werden, so entsteht die Abtretungsver-pflichtung nicht; ein darauf gegründeter Bescheid er-weist sich daher als rechtwidrig. (Aufhebung)

Gastgarten eines Heurigenlokals; Flächenwidmung „gemischtes Baugebiet“; Immissionsschutz; Betriebs-zeiten; Auflagen; subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

DOI 10.1007/s00738-010-0927-3

§§ 3, 18 Abs 10, 29 bgld BauG 1997; § 112 Abs 3 GewO

Die Vorschreibung einer verkürzten Betriebszeit für den Gastgarten eines Heurigenbetriebes (hier: 20:00 Uhr statt 22:00 Uhr) ist zum Schutz der Nachbarn vor Lärmimmissionen zulässig.

VwGH 11.5.2010, 2009/05/0053 <140>

Aus der Begründung: Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes trägt die Bf vor, die von der bel Beh erteilte Auflage, der Betrieb des Gastgartens im Rahmen des bewilligten Heurigenlokales im Freien sei nur bis längstens 20.00 Uhr gestattet, sei gesetzwid-rig. Dieses Vorbringen trifft aus folgenden Gründen nicht zu:

Gem § 18 Abs 10 Bgld BauG hat die Baubeh die Bau-bewilligung erforderlichenfalls unter Auflagen zu ertei-len, sofern die Prüfung des Bauvorhabens ergeben hat, dass die gem § 3 leg cit maßgeblichen baupolizeilichen Interessen nicht verletzt werden. Es kann zwar ein den maßgeblichen baupolizeilichen Interessen gem § 3 Bgld BauG entgegenstehendes Bauvorhaben nicht durch