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Berufsbiografische Gestaltung Sozialisation durch Arbeit & Beruf Martin Fischer Gliederung Internet: http://www.itb.uni-bremen.de/ Downloads/Studium/Fischer/Sozialisation5 Entwicklung beruflicher Identitäten in Europa Berufsbiografische Gestaltungsstrategien Diskussion und Fragen zum Thema Beruf und Familie Berufsbiografie und berufliches Lernen BARB-Modell zur Rekonstruktion beruflicher Gestaltungsmodi

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Berufsbiografische GestaltungSozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Gliederung

Internet: http://www.itb.uni-bremen.de/ Downloads/Studium/Fischer/Sozialisation5

Entwicklung beruflicher Identitäten in Europa

Berufsbiografische Gestaltungsstrategien

Diskussion und Fragen zum Thema

Beruf und Familie

Berufsbiografie und berufliches Lernen

BARB-Modell zur Rekonstruktion beruflicher Gestaltungsmodi

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Berufsbiografische GestaltungBerufliche Identität

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer Quelle: FAME: Executive summary, Bremen 2003

Empirische Untersuchung in FAME: „Vocational Identity, Flexibility and Mobility in the European Labour Market“

Berufliche Identität wird als multi-dimensionales Phänomen verstanden, das aus vier verschiedenen Perspektiven heraus untersucht wurde:

Arbeit und Beruf in Vergangenheit und Gegenwart (z.B. Regulie-rung und Deregulierung der Berufsbildung, Wertewandel)

Historische Dimension:

Ökonomisch-struk-turelle Dimension:

Arbeitsteilung, Flexibilisierung, Internationalisierung, diskonti-nuierliche Erwerbsverläufe, neue Formen der Erwerbsarbeit

Sozio-kulturelle Dimension:

Gruppenzugehörigkeit bezogen auf die Berufsbezeichnung, die gleiche Ausbildung, das Tätigkeitsfeld, den Berufsstatus, die Zugehörigkeit zu einer Firma (‚corporate identity‘), einer bestimmten Berufsgruppe (‚professional community‘) oder Interessensgruppe (wie Gewerkschaft)

Individuell-psycho-logische Dimension:

Arbeit und Beruf als produktive Selbstverwirklichung, soziale Anerkennung, gesellschaftliche Teilhabe

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Berufsbiografische GestaltungBerufliche Identität

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Quelle: FAME: Executive summary, Bremen 2003

Structural conditions for the formation of vocational identity

At the macro level, labour market and skill demands set standards and frameworks to which organisations, companies and employees have to respond. These frameworks relate to specific historic, national and cultural environments and create different kinds of restrictions and opportunities.

Second, each sector encompassing a certain group of occupa-tions and related job requirements shows its own specificities that influence and largely pre-structure working conditions such as employment contracts, working hours, salary levels, demands on flexibility, etc. Sectors and occupations also have their own traditions, which influence how specific working conditions evolve.

The third level of investigation referred to the immediate working environment. Not only does the employer or company respond to macro-level requirements by adjusting, for example, the organisational structure, HR and recruitment policies and job profiles, but the employer also shapes the immediate working environment of employees.

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Berufsbiografische GestaltungBerufliche Identität

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer Quelle: FAME: Executive summary, Bremen 2003

socio-economic background

gender and age

qualification, skills, the capacity to learn and to cope with changing work requirements

The individual employment trajectories ('strategic biographies') integrate and structure these variables in very specific ways by further incorporating personal interests, commitments and career plans

Individual variables

Empirische Untersuchung in FAME: “Vocational Identity, Flexibility and Mobility in the European Labour Market”

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Berufsbiografische GestaltungBerufliche Identität

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer Quelle: FAME: Executive summary, Bremen 2003

Trend zum „Arbeitskraftunternehmer“

Individualisierung beruflicher Identität: Jeder handelt nur für sich selbst

Entwicklung flexibler und vieldimensionaler beruflicher Identitäten: temporäre Beschäfti-gung und wechselnde berufliche Tätigkeiten

Verlagerung von finanziellen Verpflichtungen vom Unternehmen auf das Individuum: z. B. Kosten für Weiterbildung, Alters- und Krankenversicherungen

Ergebnisse

Empirische Untersuchung in FAME: „Vocational Identity, Flexibility and Mobility in the European Labour Market”

Auf solche Anforderungen an die berufliche Identität waren die wenigsten der 500 befragten Arbeitnehmer eingestellt.

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Berufsbiografische GestaltungBerufsbiografische Gestaltungsstrategien

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer Quelle: Kühn, Thomas: Die biographische Familienplanung im Lebenslauf junger Männer. Vortrag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

Projekt „Statuspassagen in die Erwerbstätigkeit“ im Sonderfor-schungsbereich 186 der Uni Bremen (Leitung: Heinz & Witzel)

Projektdauer: 1988 bis 2001

Quantitatives und qualitatives Längsschnittpanel

Forschungsdesign

Ausbildungsende 1989

1. Welle1989

2. Welle1992

3. Welle1994/95

4. Welle 1997

(nur quantitativ)

Biographieverlauf

n=91 Fälle über 3 Interviewwellen (qualitativ)n=990 in der 4. Welle (quantitativ)

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Berufsbiografische GestaltungBerufsbiografische Gestaltungsstrategien

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Forschungsdesign

Ausgewählt wurden Absolventen aus 6 der beliebtesten Ausbildungsberufe, einbezogen wurden eher chancenarme und -reiche Dienstleistungs- und Handwerksberufe

Quelle: Kühn, Thomas: Die biographische Familienplanung im Lebenslauf junger Männer. Vortrag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

„Männerberuf“

Kfz-Mechaniker

Maschinenschlosser

„Frauenberuf“

Bürokaufleute

FriseurInnen

„Mischberuf“

Bankkaufleute

Einzelhandelskaufleute

Einbezogen wurden auch Frauen in Männerberufen und Männer in Frauenberufen

Die Untersuchung fand in München als einer vergleichsweise chancenreichen süddeutschen und in Bremen als einer vergleichsweise chancenarmen norddeutschen Region statt

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Berufsbiografische GestaltungBerufsbiografische Gestaltungsstrategien

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Berufsbiographische Gestaltungsmodi

Die Typen unterscheiden sich hinsichtlich der Dimensionen: subjektiver Bezug auf Karriere, Einkommen, Betrieb, Arbeitsinhalt und Qualifikation / Weiterbildung

Quelle: Kühn, Thomas: Die biographische Familienplanung im Lebenslauf junger Männer. Vortrag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

Karriereambition

Chancenoptimierung

Laufbahnorientierung

Statusarrangement

Lohnarbeiterhabitus

Betriebsidentifizierung

Autonomiegewinn

Selbständigenhabitus

Persönlichkeits-entwicklung

Es werden 6 Typen unterschieden, die drei Gruppen zugeordnet werden können:

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Berufsbiografische GestaltungBerufsbiografische Gestaltungsstrategien

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Karriereambition

Das Streben nach beruflichem Aufstieg steht im Zentrum der Bemühungen der Akteure. Insbesondere der ständige Erwerb von Wissen ist wichtig. Um den beruflichen Aufstieg zu erreichen, wird ein Großteil der Lebenszeit dem Lebensbereich Arbeit gewidmet. Aufstiegswünsche können zeitlich begrenzt oder unbegrenzt sein

Quelle: Kühn, Thomas: Die biographische Familienplanung im Lebenslauf junger Männer. Vortrag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

Chancenoptimierung

Möglichst viele Optionen offen halten und eröffnen

Laufbahnorientierung

Keine frühzeitige Festlegung auf eine betriebliche oder berufliche Laufbahn

Planungssicherheit ist weniger wichtig als berufsbiographische Offenheit, die als Chance begriffen wird

Beschränkung der Zukunftsperspekti-ven auf beschränkte Anzahl von Optionen

Orientierung an betrieblichen oder beruflichen Laufbahnstrukturen

Langfristige berufsbiographische Planungssicherheit ist wichtig

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Berufsbiografische GestaltungBerufsbiografische Gestaltungsstrategien

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Quelle: Witzel, A. / Kühn, T. (1999): Berufsbiographische Gestaltungsmodi. Eine Typologie der Orientierungen und Handlungen beim Übergang in das Erwerbsleben. Arbeitspapier Nr. 61. Bremen: Sonderforschungsbereich 186 der Universität Bremen

Arbeits-tätigkeit

Qualifikation Karriere Einkommen Betrieb

Karriere-ambition:

Chancen-optimierung

möglichstwechselnd,neue Heraus-forderungen,Erfahrungs-gewinn,Handlungs-und Gestal-tungsspiel-räume wichtig,Übernahmevon Verantwor-tung

breiteKompetenz-entwicklung,sukzessiveAkkumulationvon Qualifika-tion

beruflicherAufstieg,vieleAlternativ-optionen

Anerkennungeines hohenLeistungs-niveaus

keineBeschränkungberuflicherEntwicklungs-möglichkeitenauf demBetrieb,Chancen imBetrieb sindeine OptionnebenanderenAlternativen

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Berufsbiografische GestaltungBerufsbiografische Gestaltungsstrategien

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Quelle: Witzel, A. / Kühn, T. (1999): Berufsbiographische Gestaltungsmodi. Eine Typologie der Orientierungen und Handlungen beim Übergang in das Erwerbsleben. Arbeitspapier Nr. 61. Bremen: Sonderforschungsbereich 186 der Universität Bremen

Arbeits-tätigkeit

Qualifikation Karriere Einkommen Betrieb

Karriere-ambition:

Laufbahn-orientierung

wachsenderVerantwor-tungsbereichangestrebt,Spezialisierungzum „Exper-ten“ oder zuleitendenPositionen

kalkulierteKompetenz-entwicklungsoll dem Er-werb tätigkeits-bezogenerKompetenzendienen;Praxisorientie-rung

betrieblicheFahrplanstra-tegien mitkonkretenZielvorstellun-gen,stufenförmigabsichernd

Indiz für beruf-lichen undbetrieblichenStatus,Anerkennungeines hohenLeistungs-niveaus

Optionen anbetrieblichenBedingungenorientiert,Anerkannt-werden vonVorgesetztenwichtig

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Berufsbiografische GestaltungBerufsbiografische Gestaltungsstrategien

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Statusarrangement

Das Streben nach Kontinuität und Stabilität, nach Teilhabe am Erwerbsleben und damit verbunden materiellen Ressourcen und sozialen Kontakten steht im Vordergrund. Dafür versuchen sie, sich mit gegebenen Umständen zu arrangieren. Beruflicher Aufstieg steht nicht im Vordergrund der Biographiegestaltung, Erfahrungswissen wird gegenüber Schulungen oder Weiterbildungen bevorzugt

Quelle: Kühn, Thomas: Die biographische Familienplanung im Lebenslauf junger Männer. Vortrag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

Lohnarbeiterhabitus

Arbeit wird als Notwendigkeit zur materiellen Reproduktion betrachtet

Betriebsidentifizierung

Für ein vergleichsweise höheres Ein-kommen werden auch restriktive, monotone Arbeitsbedingungen akzeptiert

Zeit für Lebensbereiche außerhalb der Arbeit (Familie, Freizeit) wichtig

Der Betrieb wird als Art „Familie“ gesehen, von Vorgesetzen wird Fürsorge erwartet

Hohe Anpassungsbereitschaft an betriebliche Vorgaben

Klima und soziale Kontakte im Betrieb sind zentrale Bewertungsmaßstäbe

Keine oder wenig Rollendistanz zu Firmen-zielen und -ansprüchen

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Berufsbiografische GestaltungBerufsbiografische Gestaltungsstrategien

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Quelle: Witzel, A. / Kühn, T. (1999): Berufsbiographische Gestaltungsmodi. Eine Typologie der Orientierungen und Handlungen beim Übergang in das Erwerbsleben. Arbeitspapier Nr. 61. Bremen: Sonderforschungsbereich 186 der Universität Bremen

Arbeits-tätigkeit

Qualifikation Karriere Einkommen Betrieb

Status-arrangement:

Betriebs-identifizierung

Arbeitsvollzugden betrieb-lichen Anfor-derungenentsprechend,Orientierungauf eng um-grenzten Tätig-keitsbereich

Bereitschaft zuAnpassungs-weiterbildung

Verbleib imBetrieb und imBeruf,Kontinuität,gesichertePerspektive

Bereitschaft zuArrangementmit gegebenenBedingungen,teilweise aufniedrigemNiveau

Betrieb alsHeimat,familiäresBetriebsklima,Vertrauen indie FürsorgevonVorgesetzten

Lohnarbeiter-habitus

Arbeit als Not-wendigkeit zurmateriellenReproduktion,als Aufwand,der ins Verhält-nis gesetztwird zum finan-ziellen Ertrag

Bereitschaft zuAnpassungs-weiterbildung,Weiterbildungals „Zeitver-lust“ (keinEinkommen)

Kontinuität,Betriebs- undBerufswechselbei verbesser-tem Aufwand /Ertrags-Ver-hältnis möglich

Optimierungdes Verhält-nisses vonAufwand undErtrag, fürhöheres Ein-kommen auchzu Mehrarbeitbereit

Zumutbarkeitsgrenzen,guteBeziehungenzu Kollegenwichtig

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Berufsbiografische GestaltungBerufsbiografische Gestaltungsstrategien

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Autonomiegewinn

Zentrales Streben bei der Biographiegestaltung ist es, die eigene Unabhängigkeit zu wahren. Distanz zu abhängiger Beschäftigung bildet ein Grundprinzip ihrer Orientierungen und ihres Handelns

Quelle: Kühn, Thomas: Die biographische Familienplanung im Lebenslauf junger Männer. Vortrag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

Selbständigenhabitus

Selbstbestimmung über betriebliche Organisation und eigene Arbeitszei-ten/Aufgaben steht im Vordergrund „Sein eigener Herr sein und in die eigene Tasche wirtschaften“

Persönlichkeitsentwicklung

Dem Lebensbereich Arbeit wird kontinuierlich viel Zeit gewidmet

Ein gesicherter hoher Lebensstandard ist wichtig, gleichzeitig besteht Offenheit, auf neue Umstände flexibel zu reagieren

Zentraler Bewertungsmaßstab aller Optio-nen ist die Chance zur persönlichen Wie-terentwicklung und Selbstverwirklichung

Beruflicher Erfolg ist zweitrangig, Verhält-nis zwischen Lebensbereichen schwankt

Keine Planungssicherheit wird angestrebt, Offenheit als Möglichkeit, in Abhängigkeit von Persönlichkeitsentwicklung neue Wege einzuschlagen

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Berufsbiografische GestaltungBerufsbiografische Gestaltungsstrategien

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Quelle: Witzel, A. / Kühn, T. (1999): Berufsbiographische Gestaltungsmodi. Eine Typologie der Orientierungen und Handlungen beim Übergang in das Erwerbsleben. Arbeitspapier Nr. 61. Bremen: Sonderforschungsbereich 186 der Universität Bremen

Arbeits-tätigkeit

Qualifikation Karriere Einkommen Betrieb

Autonomie-gewinnn:

Persönlich-keitsgestal-tung

Arbeit alsErfahrungs-raum fürpersönlicheWeiterent-wicklung undSelbstverwirk-lichung

Weiterbildungsinteresse nichtunmittelbar anBerufskarrieregebunden,sondern auspersönlichenMotiven

offengehalteneKarrieregestal-tung,Inkaufnahmevon berufs-biografischenBrüchen

Selbstverwirk-lichungsinter-essen unter-geordnet

DistanzgegenüberbetrieblichenAnsprüchen,Autonomie derLebensfüh-rung

Selbständi-genhabitus

Arbeit alsMittel zumGeschäfts-erfolg

Professionali-sierung denNotwendigkei-ten desGeschäftsentsprechend

Orientierungan Geschäfts-prinzipien,Kontinuität,gesichertePerspektive

Chance zuhöherem Ein-kommen undfinanziellerUnabhängigkeit

DistanzgegenüberbetrieblichenHierarchien,beruflicheAutonomie:„eigener Herr“

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Berufsbiografische GestaltungBerufsbiografische Gestaltungsstrategien

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Berufliche Chancen-strukturen und berufsbiografische Gestaltungsmodi

Enger Zusammenhang zwischen beruflichen Kontextbedingun-gen und berufsbiografischen Orientierungen. Berufsbezogene Kontexte legen spezifische Umgangsweisen nahe

Quelle: Kühn, Thomas: Die biographische Familienplanung im Lebenslauf junger Männer. Vortrag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

Gleichzeitig kein Determinismus: Im Sinne von Selbstsozialisa-tion kann die Auseinandersetzung mit Chancen- und Risiko-strukturen zu Umorientierungen und Nutzung von Handlungs-spielräumen und Suche nach Gestaltungsspielräumen führen

91121416141817SUMME

10222022Autonomiegewinn

4786911103Statusarrangement

342653612Karriereambition

GESFrisEhkKfzMa.BüroBank

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Berufsbiografische GestaltungBeruf und Familie

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Hohe Planungs-unsicherheit und ein zunehmend unsicher werdender Kinderwunsch

Zahlen aus dem quantitativen Panel acht Jahre nach Ausbildungsende

Quelle: Kühn, Thomas: Die biographische Familienplanung im Lebenslauf junger Männer. Vortrag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

Die Mehrheit (n = 675) von allen Befragten (n = 990) hat acht Jahre nach Ausbildungsende noch keine Familie gegründet.

50% von ihnen haben einen Kinderwunsch ohne genaue zeitliche Vorstellungen von der Realisierung

23% sind sich nicht (mehr) sicher, ob sie ein Kind haben wollen

11% wollen kein Kind (mehr)

Nur 15% haben für die Familiengründung mehr oder weniger einen Zeitpunkt geplant

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Berufsbiografische GestaltungBeruf und Familie

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Männer und Frauen – Ähnlichkeiten bei der Verbindung von familialer Planung und beruflichem Handeln (I)

(1) Verflechtung von Lebensbereichen: Die Mehrzahl der Männer und Frauen denkt vernetzt, auch Männer beziehen den Lebensbereich Familie ein

Quelle: Kühn, Thomas: Die biographische Familienplanung im Lebenslauf junger Männer. Vortrag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

(2) Von beiden Geschlechtern wird eine spätere Familiengründung nur von einer verschwindend kleinen Minderheit ausgeschlossen

(3) Beide Geschlechter haben Einfluss auf das Timing der Familiengründung und auf die Entscheidung, ob ein Kinderwunsch verwirklicht wird

(4) Bei beiden Geschlechtern lassen sich viele Planungsunsi-cherheiten, Ambivalenzen feststellen. Das Vereinbarkeitspro-blem zwischen Beruf und Geschlecht gilt für Mann und Frau

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Berufsbiografische GestaltungBeruf und Familie

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Männer und Frauen – Ähnlichkeiten bei der Verbindung von familialer Planung und beruflichem Handeln (II)

(5) Partnerschaftliche Kommunikation rund um das Thema Familiengründung ist kein Kampf der Geschlechter, sondern geprägt durch geteilte (oft traditionelle) Leitbilder

Quelle: Kühn, Thomas: Die biographische Familienplanung im Lebenslauf junger Männer. Vortrag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

(6) Die Teilhabe am Beruf ist für beide Geschlechter sehr wichtig, dies bezieht sich auch auf die BGM-Gruppe „Statusarrangement“

(7) Ähnliche biographische Orientierungsmuster bei Frauen und Männern: Karriereambition, Statusarrangement, Autonomiegewinn

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Berufsbiografische GestaltungBeruf und Familie

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Männer und Frauen – Unterschiede bei der Verbindung von familialer Planung und beruflichem Handeln (I)

(1) Bei Frauen zeigt sich dahingehend größere Planungs-unsicherheit, als dass der Großteil der Frauen eine mögliche Erwerbsunterbrechung immer (mit unterschiedlicher Relevanz-setzung) mitdenkt, während Männer in der Regel von einer dauerhaften Erwerbskarriere ausgehen oder diesen Punkt nicht problematisieren

Quelle: Kühn, Thomas: Die biographische Familienplanung im Lebenslauf junger Männer. Vortrag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

(2) Männer haben in der Regel höhere subjektive Altersgren-zen, bis wann sie eine Familie gründen wollen. Dies lässt ihnen größere Freiheiten und größere Unbeschwertheit für die Phase nach der Berufsausbildung

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Berufsbiografische GestaltungBeruf und Familie

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Männer und Frauen – Unterschiede bei der Verbindung von familialer Planung und beruflichem Handeln (II)

Quelle: Kühn, Thomas: Die biographische Familienplanung im Lebenslauf junger Männer. Vortrag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

(3) Karriereambition: Männer planen häufig nach oben offener, während Frauen begrenztere Aufstiegswünsche hegen oder sich stufenweise nach oben orientieren und bei Erreichen jeder neuen Stufe Privatleben, Kinderwunsch und Erwerbsarbeit neu in Beziehung setzen. Bei Frauen lassen sich in unserem Beobachtungsfenster mehr „Kipp-effekt“-Familiengründungen feststellen. Spannungsgeladene Unentschiedenheit zwischen Familiengründung und Aufstiegskarriere wird vergleichsweise kurzfristig für Familiengründung aufgelöst

(4) Statusarrangement: Berufliche Etablierung und Gewinn materieller Ressourcen hat für Männer höhere Bedeutung als für Frauen, um Familienernährerrolle anzustreben. Dementsprechend mehr Lohnarbeiterhabitus bei Männern, Betriebsidentifizierung bei Frauen

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Berufsbiografische GestaltungBARB-Modell

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

BARB-Modell zur Rekonstruktion berufsbiografischer GestaltungsmodiBARB: Bilanzierungen - Aspirationen - Realisierungen - Bilanzierungen (I)

Quelle: Witzel, Andreas/ Kühn, Thomas: Orientierungs- und Handlungsmuster beim Übergang in das Erwerbsleben. ZSE - Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation. 3. Beiheft 2000, S. 15

Aspirationen nehmen die in den Interviewtexten identifizierten Handlungsbegründungen auf. Aus ihnen lassen sich berufsbezogene Interessen, Motive, Handlungsentwürfe oder gar Planungen [...] rekonstruieren, die sich auf die o. g. Lebenslaufstationen beziehen. Die Akteure nehmen dabei berufliche Gelegenheitsstrukturen zur Sondierung von Handlungsalternativen in den Blick.

Mit Realisationen werden Aussagen über konkrete Handlungsschritte zur Umsetzung der Aspirationen bezeichnet. Die Akteure richten bei der Bewältigung der Statuspassagen und Karriereanforderungen ihr Augenmerk auf Chancen, die sie zu realisieren, und auf Restriktionen, die sie zu umgehen versuchen.

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Berufsbiografische GestaltungBARB-Modell

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

BARB-Modell (II)

Quelle: Witzel, Andreas / Kühn, Thomas: Orientierungs- und Handlungsmuster beim Übergang in das Erwerbsleben. ZSE - Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation. 3. Beiheft 2000, S. 15

Bilanzierungen meinen die individuellen Bewertungen von Entscheidungs-, Handlungsfolgen und Kontexterfahrungen in Bezug auf biografische Stationen.

Die individuellen Resümees enthalten Sinnzuschreibungen der bereits erfolgten Handlungen, die auf Formen der Verarbeitung von Passagenerfahrungen und Aufrechterhaltung von biografi-scher Identität verweisen. Der im Nachhinein entstehende [...] vernachlässigte Handlungssinn ist deshalb so bedeutsam, weil er Grundlage ist für die Erfahrungsverarbeitung sozialer Rea-lität und damit für Selbstsozialisationsprozesse im Lebenslauf.

Die Bilanzierungen enthalten nicht nur retrospektive, sondern auch prospektive Reflexionsanteile, die Neubewertungen von Zielen, Erwartungen und Plänen zur Folge haben. Bilanzierungen verkoppeln also aufgrund ihrer doppelten Zeitperspektive die auf einzelne Lebenslaufstationen bezogenen ARB-Schrittfolgen und stellen das dynamische Scharnier des nunmehr zu einem erweiterten Bilanzierungen-Aspirationen-Realisationen-Bilanzierungen-Modells (BARB-Modells) dar.

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Berufsbiografische Gestaltungberufliches Lernen

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Der Einfluss berufsbiografischer Gestaltungsmodi auf das berufliche Lernen

Quelle: Fischer, Martin: Die Entwicklung von Arbeitsprozesswissen durch Lernen im Arbeitsprozess. In: Martin Fischer/ Felix Rauner (Hg.): Lernfeld Arbeitsprozess. Baden-Baden: Nomos, 2002, S. 59 ff.

In der Berufspädagogik werden häufig nur die unmittelbaren Bedingungen des Lernens in dem und für den Beruf betrachtet, z.B. indem man fragt, ob und wie Lehrer und Ausbilder die Lernenden motivieren können, ob lernförderliche Arbeitsbedingungen eingerichtet worden sind, usw.

Die berufsbezogene Biografieforschung macht deutlich, dass Berufsbiografie nicht bloß als Resultat beruflichen Lernens innerhalb und außerhalb der Arbeit aufzufassen ist, sondern auch umgekehrt als berufsbiografischer Gestaltungsmodus in diese Lernprozesse einfließt.

Für das berufliches Lernen bedeutet dies, dass eine im engen Sinn lernpsychologische Auffassung, die nur die Bedingungen des Lernens in Schule und Betrieb selbst betrachtet, sicher eine verkürzte Herangehensweise darstellt, denn es sind auch die Zwecke, Interessen, Haltungen in Betracht zu ziehen, die die Individuen in die Lernprozesse einbringen.

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Berufsbiografische GestaltungFragen zum Thema

Sozialisation durchArbeit & Beruf

Martin Fischer

Wie unterscheiden sich die Begriffe „berufliche Identität“, „berufliche Sozialisation“, „berufsbiografische Gestaltung“? (15)

Welche sechs berufsbiografischen Gestaltungsmodi konnten im Projekt „Statuspassagen in die Erwerbsar-beit“ gefunden werden und was bedeuten sie? (12)

Wie beeinflusst die berufsbiografische Gestaltung das Lernen im und für den Beruf? Zeigen Sie dies anhand eines berufsbiografischen Gestaltungsmodus auf. (5)

Was beinhaltet der Trend zum Arbeitskraftunternehmer nach der Untersuchung im Projekt "Vocational Identity, Flexibility and Mobility in the European Labour Market” (FAME)? (4)

Was besagt das BARB-Modell zur Rekonstruktion berufsbiografischer Gestaltungsmodi? (9)