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Die hemmende Wirkung der Erdalkalien und besonders des Kalkes auf gewisse physiologische Oxydationsprozesse. 1 Versuche an Samenextrakten. Von T. Thunberg. (Aus dem Physiologischen Institut in Lusnd.) (Mit i Figur im Text.) A. Einleitung. Bei einer Untersuchung über die Atmung der Froschmuskulatur in ihrer Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, die ich vor nun- mehr 25 Jahren mit meinem Mikrorespirometer durchführte, machte ich die Beobachtung (Thunberg, 1909), daß Ca, Sr und Ba auch in sehr schwachen Konzentrationen eine stark hemmende Wirkung aus- üben. Das Problem des Einflusses der Erdalkalien auf die elementare Atmung ist seitdem wiederholt zum Gegenstand von Untersuchungen gemacht worden, wobei auch andere Methoden als die mikrorespiro- metrische zur Anwendung gekommen sind, u.a. meine Redox-Indika- tormethode. Die am besten durchgeführte Untersuchung stammt von Holck, der diese Frage im Pharmakologischen Institut in Lund be- arbeitet hat (Holck 1934). Für geschichtliche Daten über die Ent- wicklung dieser Frage verweise ich auf seine Schrift. Aus den Untersuchungen Holck's ergab sich, daß Ca unter den Erdalkalien insoweit eine Sonderstellung einnimmt, als es eine in- tensivere Hemmungswirkung auf die elementare Gewebsatmung aus- übt als Ba und Sr. Wenigstens ist dies der Fall, wenn man sich bei den Untersuchungen der Methylenblautechnik bedient. Aus den Untersuchungen Holck's geht indessen auch die verwickelte Art der hier in Frage stehenden Verhältnisse hervor. Verschiedene Gewebe können sich sowohl hinsichtlich ihrer absoluten Empfindlichkeit für die Erdalkalisalze als auch hinsichtlich ihrer relativen Empfindlichkeit für die verschiedenen Erdalkalien wesentlich verschieden verhalten. 1 Der Redaktion am 1. Dezember 1936 zugegangen.

Die hemmende Wirkung der Erdalkalien und besonders des Kalkes auf gewisse physiologische Oxydationsprozesse : Versuche an Samenextrakten

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Die hemmende Wirkung der Erdalkalien und besonders des Kalkes auf gewisse physiologische Oxydationsprozesse.1

Versuche an Samenextrakten. Von

T. Thunberg. (Aus dem Physiologischen Institut in Lusnd.)

(Mit i Figur im Text.)

A. Einleitung. Bei einer Untersuchung über die Atmung der Froschmuskulatur

in ihrer Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, die ich vor nun-mehr 25 Jahren mit meinem Mikrorespirometer durchführte, machte ich die Beobachtung ( T h u n b e r g , 1909), daß Ca, Sr und Ba auch in sehr schwachen Konzentrationen eine stark hemmende Wirkung aus-üben. Das Problem des Einflusses der Erdalkalien auf die elementare Atmung ist seitdem wiederholt zum Gegenstand von Untersuchungen gemacht worden, wobei auch andere Methoden als die mikrorespiro-metrische zur Anwendung gekommen sind, u .a . meine Redox-Indika-tormethode. Die am besten durchgeführte Untersuchung stammt von H o l c k , der diese Frage im Pharmakologischen Institut in Lund be-arbeitet hat ( H o l c k 1 9 3 4 ) . Für geschichtliche Daten über die Ent-wicklung dieser Frage verweise ich auf seine Schrift.

Aus den Untersuchungen Ho lck ' s ergab sich, daß Ca unter den Erdalkalien insoweit eine Sonderstellung einnimmt, als es eine in-tensivere Hemmungswirkung auf die elementare Gewebsatmung aus-übt als Ba und Sr. Wenigstens ist dies der Fall, wenn man sich bei den Untersuchungen der Methylenblautechnik bedient. Aus den Untersuchungen Ho lck ' s geht indessen auch die verwickelte Art der hier in Frage stehenden Verhältnisse hervor. Verschiedene Gewebe können sich sowohl hinsichtlich ihrer absoluten Empfindlichkeit für die Erdalkalisalze als auch hinsichtlich ihrer relativen Empfindlichkeit für die verschiedenen Erdalkalien wesentlich verschieden verhalten.

1 Der Redaktion am 1. Dezember 1936 zugegangen.

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280 T . THUNBERG:

Eine Untersuchung der Empfindlichkeit .verschiedener Dehydrogena-sen zeigte übrigens Unterschiede zwischen denselben. Die Succino-dehydrogenase scheint nämlich für Ca-Salze wenig empfindlich zu sein, während die Lacticodehydrogenase eine ausgeprägte Empfind-lichkeit aufweist.

In meinen seit mehreren Jahren betriebenen Untersuchungen über die Dehydrogenasesysteme in verschiedenen Pflanzensamen, die ich als eine in vielen Beziehungen vortreffliche Quelle für Dehydro-genasen kennen gelernt habe, bin ich auch ,auf die Frage nach dem Einfluß gekommen, den u. a. Erdalkalisalze, aber auch Alkalisalze auf die hier in Frage stehende Dehydrogenasesysteme ausüben.

B. Der Einfluß der Erdalkalien auf die enzymatische Aktivität de-hydrogenasenhaltigen Phosphatextraktes aus Erbsen.

Zunächst möge ein Versuch über den Einfluß der Erdalkalien mitgeteilt werden, den diese ausüben, wenn sie einem unter Verwen-dung von dibasischem Kaliumphosphat hergestellten Enzym zugesetzt werden. Ich verweise auf das untenstehende Versuchsprotokoll.

Versuch i . Der Versuch ist unter Anwendung meiner Redoxindikatormethode (»Me-

thylenblaumethode«) ausgeführt worden. Bezüglich der näheren Einzelheiten siehe meine Darstellung in A b d e r h a l d e n s Handbuch und die früheren Mitteilungen in dieser Reihe. Hier werden nur die für eine Wiederholung des Versuches not-wendigen Angaben gemacht.

A. B e n u t z t e L ö s u n g e n . 1. Methylenblau medicinale Merck 1:50000 = Mb. 2. 0,2 molare Lösungen von CaCl2 -|- 6 aq*, BaCl2 -j- 2 aq. und SrCl2 ~j-

6 aq. Die betreffenden Lösungen haben eine Stärke von 4,4% bzw. 4,90/0 und "5,30/0. Durch Verdünnung dieser Stammlösungen im Verhältnis 1 -J- 4 bzw. 1 -J- 24 erhält man 0,04 und 0,008 molare Lösungen.

3. Enzymextrakt.* Feiin pulverisiertes Erbsenmehl der Garteiiform American Wonder wird 30 Minuten lang mit der 2ofachen Menge 0,870/0 dibasi-schem Kaliumphosphat im Mörser verrieben, worauf die Suspension 15 Min. zentrifugiert wird. Die möglichst klare Mittelschicht wird zu dem Versuch verwendet ( = Enz.).

B. B e n u t z t e G e r ä t e . 1. 23 Vakuumröhren. 2. Luftpumpe. 3. Wasserthermostat, 350 C.

C. A u s f ü h r u n g d e s V e r s u c h e s . Jeder einzelnen »Vakuumröhre wurde1 0,5 ml Mb., 0,5 ml Enz. sowie die

Erdalkalisalzlösungen nach dem hier angegebenen Schema zugesetzt. Ferner erhielt jede Röhre soviel Wasser, daß der Gesamtinhalt 2 ml betrug. Es ist zu beachten, daß das Enzym jeder einzelnen Röhre erst unmittelbar vor dem Evakuieren der-selben zugesetzt wird. *

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D I E HEMMENDE W I R K U N G DER E R D A L K A L I E N U S W . 2 8 1

Schema. Die Beschickung der Röhren mi t Erdalkali lösungen.

Röhre Molari tä t Ca Ba Sr Röhre Molari tä t Ba

ml Nr . Molari tä t

ml ml ml

1 2 V125 0.1

— —

3 0.1 4 ,, O.I 5 0 . 2

6 , , 0 . 2

7 8

" °-4 0 . 2

9 0 . 4 1 0 , , °-4 11 7 u ' 0 . 1 1 2 , , O.I 13 , , O.I T4 , , 0 . 2

1 5 , , 0 . 2 1 6 , , 0 . 2

17 , , °-4 1 8 0 4 1 9 , , 0 . 4 2 0 V5 0.1 2 1 , , •

0 1

2 2 O.I 23 — - — —

Die erhaltenen Entfärbungswerte sind aus Tabelle i zu ersehen, in der das Primärmaterial umgruppiert worden ist, um einen bequemen Vergleich der auf die verschiedenen Erdalkalien entfallenden Entfär-bungswerte zu ermöglichen. Die auf jede Substanz kommenden Ent-färbungswerte sind in senkrechten Spalten zusammengestellt, während die auf ein und dieselbe molare Stärke der verschiedenen Salzlösun-gen entfallenden Werte in der gleichen waagerechten Reihe stehen.

Tabelle i . Pisum sa t ivum i : 20, 0,87% K2HPO4.

Millimolare En t fä rbungsze i t Minuten Konzentra t ion

des Salzes Kontrol l CaCl2 | BaCl2 SrCls

0 2 8 ° 4 44 2 1 2 4 0 . 8 6 0 23 4 6 1 .6 7 0 2 4 4 8 2 . 0 7 0 2 4 50 4 . 0 8 2 — 6 6 8 . 0 1 0 7 2 8 > 1 0 0 1 0 > 1 0 0 2 9 > 1 0 0

0 2 6

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282 T . THUNBERG:

Aus der Tabelle geht hervor, daß CaCl2 in sämtlichen hier an-gewandten Konzentrationen einen stark hemmenden Einfluß auf die Mb.-Entfärbung ausübt. BaCl2 dagegen übt in den schwächeren Kon-zentrationen eine stimulierende Wirkung aus, in den stärksten keine deutliche Wirkung. Bezüglich Ba sei hinzugefügt, daß auch Ba-Chlorid in einer noch stärkeren Konzentration als der hier angege-benen eine deutliche Hemmung der Entfärbung verursacht. SrCl2

übt, von der schwächsten hier angewandten Konzentration abgesehen, eine kräftig hemmende Wirkung aus. Wenigstens in den mittelstar-ken Konzentrationen zeigt jedoch SrCl2 keinen so stark hemmenden Einfluß wie CaCl2.

C. Der Einfluß der Erdalkalien bei Zusatz zu Wasserextrakt aus Erbsen.

In Anbetracht der Schwerlöslichkeit der phosphorsauren Erd-alkalisalze hat man allen Grund anzunehmen, daß ein Zusatz eines löslichen Erdalkalisalzes zu dem in dem vorigen Versuch benutzten Phosphatextrakt aus Erbsenmehl eine Ausfällung von Erdalkaliphos-phat verursacht. Inwieweit das Zustandekommen einer solchen Phos-phatfällung die beobachtete hemmende Wirkung auf den enzymati-schen Entfärbungsprozeß erklären kann, ist indessen nicht ohne wei-teres klar. Die Verhältnisse sind sicherlich recht kompliziert. Es wurde daher für zweckmäßig erachtet, Spekulationen über den ur-sächlichen. Zusammenhang bei dieser hemmenden Wirkung direkte Versuche vorausgehen zu lassen.

Zunächst ist die Wirkung der Erdalkalisalze untersucht worden, die sie bei Zusatz zu einem Wasserextrakt aus Erbsenmehl ausüben.

In diesem Zusammenhang dürfte darauf hinzuweisen sein, daß das Arbeiten mit Wasserextrakt aus Samen die Wahl der Samenarten, die für das Studium der Eigenschaften der Dehydrogenasen gebraucht werden können, wesentlich einschränkt. Während sehr zahlreiche Samenarten Phosphatextrakte mit stark entfärbendem Einfluß gegen-über Mb. liefern, gilt dies in bezug auf Wasserextrakte nur für einen geringeren Prozentsatz der recht großen Zahl von Pflanzensamen, die ich bisher in bezug auf ihre Dehydrogenasensysteme untersucht habe. Zu dieser Minderzahl gehört indessen Pisum sativum.

Versuch 2. Bei Ausführung des folgenden Versuches sind die Vakuumröhren gemäß

dem oben angegebenen Schema beschickt worden. Der einzige Unterschied ist, daß sämtliche Röhren mit einem Wasserextrakt, auch dieser mit der 2ofachen Menge Extraktionsmittel hergestellt (1 Teil Erbsenmehl 20 Teile aq.), statt mit Phos-phatextrakt versetzt werden.

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D I E HEMMENDE W I R K U N G DER ERDALKALIEN USW. 2 8 3

Die erhaltenen Entfärbungswerte sind in Tabelle 2 wiederge-geben, die nach dem gleichen Prinzip wie Tabelle 1 aufgestellt ist.

Tabelle 2. P i s u m s a t i v u m 1 : 2 0 a q . d e s t .

M i l l i m o l a r e E n t f ä r b u n g s z e i t M i n u t e n K o n z e n t r a t i o n

d e s S a l z e s K o n t r o l l C a C l 2 , | B a C l 2 | S r C l 2

0 1 8

0 . 4 2 3 1 6 1 5 0 . 8 3 0 1 4 1 6

' I - 6 4 7 1 3 . 5 1 7 2 . ° 5 6 1 4 . 5 2 3 4 . 0 1 0 1 1 9 5 0 8 . 0 > 1 1 5 2 8 . > H 5

I O > 1 1 5 4 5 > H 5 2 0 > i i 5 8 9 > H 5

O 1 7

Aus dieser Tabelle geht hervor, daß Kalziumchlorid bei Zusatz verschiedener Erdalkalichloride zu einem wäßrigen Extrakt aus Erbsenmehl die stärkste Hemmungswirkung ausübt. Danach kommt das Strontiumchlorid, und die schwächste Wirkung übt Baryumchlorid aus. Die Übereinstimmung zwischen den Resultaten bei der Anwen-dung von Phosphatextrakt und Wasserextrakt erstreckt sich übrigens noch weiter. Auch bei einem Wasserextrakt übt Baryumchlorid in den schwächeren zur Anwendung gelangten Konzentrationein einen beschleunigenden Einfluß auf die Indikatorentfärbung aus. Erst bei den stärkeren Konzentrationen wirkt Baryumchlorid hemmend. — Die hier mitgeteilten Resultate werden durch die Verschiedenheit der Spon-tanentfärbung der Kontrollröhren in Tabelle 1 und 2 nicht beeinflußt.

Oben wurde der Gedanke geäußert, daß es die phosphatfällende Wirkung der löslichen Erdalkalisalze sei, die fü r den hemmenden Ef-fekt auf die Indikatorentfärbung in einem phosphathaltigen Dehydro-genasenextrakt verantwortlich zu machen ist. Die nun hier mitge-teilte Beobachtung, daß die Erdalkalichloride auch dann eine stark hemmende Wirkung ausüben, wenn sie einem mit Wasser bereiteten derartigen Extrakt zugesetzt werden, kann anfangs als eine Wider-legung der betreffenden Erklärungsmöglichkeiten erscheinen. Indes-sen ist zu beachten, daß ein wäßriger Extrakt aus Erbsenmehl nicht gleichbedeutend ist mit einem phosphatfreien derartigen Extrakt. Der Reichtum der Erbsen an Phosphor ist seit langem bekannt. Ein Teil dieses Phosphors ist zwar organisch gebunden, ein Teil liegt jedoch in Form anorganischer Phosphate vor. (Siehe W e h m e r , I, S. 564.)

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284 T . THUNBERG :

Unter solchen Verhältnissen ist es nicht ausgeschlossen, daß die Wir -k u n g der Alkalichloride auch in wäßr igem Ext rak t aus E rbsen auf die phosphat fä l lende W i r k u n g der in F rage s tehenden Chloride zu-rückzuführen ist. Indessen sind weitere Untersuchungen über den Phosphatgehal t des Wasserext raktes vonnöten.

D . Der Einf luß der Alkalichloride bei Zusatz zu Wasserextrakt aus Erbsen.

Die Versuche wurden nun durch eine Untersuchung der Wir-k u n g eines Zusatzes von Alkalichloriden auf die Ind ika toren t fä rbung vervollständigt. Diese Alkalichloride wurden in Konzentrat ionen an-gewandt , die hinsichtlich ihrer Molari tät den s tärkeren der Konzentra-tionen entsprachen, in denen die Erdalkal ichlor ide angewandt worden waren, jedoch diese auch überschri t ten, ein Umstand, der durch die wesentlich schwächere W i r k u n g der Alkalichloride bedingt war .

Aus NaCl wurde also eine 5,80/0 Lösung bereitet , aus KCl eine 7,50/0 und aus NH 4C1 eine 5,4% Lösung, die sämtlich 1-molare Lösun-g e n darstellen. Durch Verdünnung dieser Stammlösungen im Ver-hältnis i-j-4 bzw. 1 + 2 4 erhielt man dann 0,2 bzw. 0,04 molare Lösun-gen .

Die erhal tenen Resultate sind in folgender Tabel le zusammen-gestellt .

Tabel le 3. P i s u m s a t i v u m 1 : 20, aq . des t .

Mil l imolare Konzen t r a t i on

des Salzes

E n t f ä r b u n g s z e i t Minu ten

Kont ro l l j NaCl KCl | NH4C1

0 19 2 19 19 18 4 18 17 J 9 8 18 16 16

10 17 17 17 20 14 14 15 40 15 14 15 50 16 16 17

100 23 ; 2 5 32 200 > 9 0 > 9 0 > 9 0

0 19

Aus dieser Tabel le geht hervor, daß die Alkalichloride bis zu einer Konzentrat ion von 50 mill imolar kaum die Entfärbungszei t be-einflussen, abgesehen von der relativ unbedeutenden Verkürzung der-selben, die sich bei einer Konzentrat ion von 20 bis 40 mill imolar ein-stellt. Bei einer Konzentrat ion von 100 millimolar beginnt die Ent-

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färbungszeit zuzunehmen. Steigert man die Konzentration auf 200 millimolar, so beträgt die Entfärbungszeit über 90 Minuten, ein Grenz-wert für die Bestimmung derselben, der bei den hier in Frage stehen-den Untersuchungen aus praktischen Gründen gesetzt worden isit.

Vergleicht man die Werte in dieser Tabelle mit denen in Tabelle 1 und 2, so tritt äußerst deutlich der große Unterschied zwischen der Wirkung der Erdalkalien und der der Alkalien hervor. Man muß bis zu einer Konzentration der Alkalichloride von 200 millimolar gehen, um die Beeinflussung der Entfärbung-zu erreichen, die bezüglich Ca und Sr bei 10 millimolarer Konzentration erreicht wird.

E. Die Beeinflussung das p H durch Ausfällung von Erdalkali« phosphaten.

Schon in meinen im Jahre 1909 veröffentlichten Versuchen über die Wirkung der Erdalkalien auf den Gasaustausch der Muskulatur wies ich als eine mögliche Erklärung besonders der kräftigen hem-menden Wirkung des Kalziumchlorids auf die Atmung der Muskula-tur, auf die Ansäuerung des Mediums hin, die sich ergibt, wenn Ca-Chlorid mit einem dibasischen Phosphat reagiert. Infolge der gerin-geren Löslichkeit des Trikalziumphosphates besteht das ausfallende Kalziumphosphat wesentlich aus solchem, und in der Lösung tritt freie Salzsäure auf.

3 C a C l 2 + 2 N,a2HP04 = Ca 3 (P0 4 ) 2 4- 4 NaCl-f- 2 HCl Daß sich ein analoger Prozeß auch bei Zusatz von Baryum- und

Strontiumchlorid zu einer Phosphatlösung von der in diesen Versuchen angewandten Stärke bemerkbar macht, dürfte als recht wahrscheinlich anzusehen sein. Soll unter solchen Umständen die intensivere Hem-mungswirkung des Kalziumchlorids gerade aus einer solchen An-säuerung erklärt werden, so muß diese für Kalziumchlorid intensiver hervortreten als für Strontiumchlorid und vor allem Baryumchlorid. Zur Beleuchtung dieser Frage wurde folgender Versuch gemacht.

Versuch 4. A. B e n u t z t e L ö s u n g e n .

1. 0,2 molare Lösungen von CaCl2 -f- 6 aq., BaCl2 -f- 2 aq. und SrCl2 -j-6 aq. Durch Verdünnung dieser Stammlösungen im Verhältnis 1 -j- 4 bezw. 1 -4- 24 erhält man Erdalkalichloridlösungen von der Stärke 0,04 und 0,008 molar.

2. 0,870/0 K 2 H P 0 4 . 3. Aqua dest. 4. Universalindikator von British Drug Houses (evtl. Merck).

B. B e n u t z t e G e r ä t e . 30 Probiergläser vom gleichen Durchmesser.

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286 T . THUNBERG:

C« A u s f ü h r u n g d e s V e r s u c h e s . Jede Röhre wird mit 0,5 ml 0,87 K 2 H P 0 4 beschickt. Die erste und letzte

Röhre dienen zur Kontrolle. Die übrigen Röhren werden mit steigenden Mengen der Erdalkalichloride versetzt. So erhalten die Röhren Nij. 2, 3 und -4 0,1 bzw. 0,2 und 0,4 ml der schwächsten Calciumchloridlösung, die folgenden 3 Röhren der Serie entsprechende Mengen der mittelstarken und die darauf folgnden 3 Röhren entsprechende Mengen der stärksten Calciumchloridlösung. In ähn-licher Weise erhält man eine Serie von Röhren mit zunehmenden Baryumchlorid-bzw.; Strontiumchloridmengen. Die Flüssigkeitsmenge wird in allen Röhren durch Zusatz von aq. dest. auf 2 ml gebracht. Sämtlichen-Röhren wird schließlich aus einer Tropfflasche ein Tropfen Universalindikator zugesetzt, und der evtl. ein-tretende Farbumschlag wird verzeichnet.

Besonders wird das Auftreten gelber Färbung verzeichnet, was ungefähr einem p H von 6,5 entspricht, sowie orange — 5,5. Erstere Färbung wird durch -\-y

letztere durch f- bezeichnet. In der untenstehenden Tabelle werden die gemachten Beobachtungen, zwar

höchst approximativ, mitgeteilt.

T a b e l l e 4.

Zugesetzte Menge der verschiedenen

Erdalkalichloride in Mikromol per 2 ml.

Farbenumschlag zu gelb (pH 6.5) = + „ orange (pH 5.5) = + +

Ca | Ba | Sr

0 0 . 8 1 . 6 3-2 4

— . —

8 1 6 + + 2 0 + — +

4 0 + + + + 8 0 + + + • + + + .

0 — — . —

A u s d e r T a b e l l e g e h t h e r v o r , d a ß a l l e 3 h i e r a n g e w a n d t e n E r d -a l k a l i c h l o r i d e , w e n n sie in F o r m n e u t r a l e r L ö s u n g e n e i n e m n e u t r a l e n o d e r s c h w a c h a l k a l i s c h e n A l k a l i p h o s p h a t zugese tz t w e r d e n , g le ich-zei t ig d a m i t , d a ß sie e i n e A u s f ä l l u n g v o n E r d a l k a l i p h o s p h a t ' v e r u r -s a c h e n , a u c h e ine V e r s c h i e b u n g des p H i n s a u r e r R i c h t u n g b e w i r k e n . D i e v e r s c h i e d e n e n E r d a l k a l i c h l o r i d e ü b e n i n d e s s e n e i n e n ve r sch ie -d e n s t a r k a n s ä u e r n d e n E i n f l u ß aus . A m s t ä r k s t e n w i rk t K a l z i u m -ch lo r id , a m s c h w ä c h s t e n B a r y u m c h l o r i d .

D e r h i e r b e s c h r i e b e n e V e r s u c h ist a u c h u n t e r V e r w e n d u n g v o n M e r c k s U n i v e r s a l i n d i k a t o r a u s g e f ü h r t w o r d e n . A u c h m i t d i e s e m t r i t t d ie s t ä r k e r e V e r s c h i e b u n g d e s p H d e r L ö s u n g i n s a u r e r R i c h t u n g b e i Z u s a t z v o n K a l z i u m c h l o r i d zu d e r P h o s p h a t l ö s u n g sowie a u c h d e r

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D I E HEMMENDE W I R K U N G DER ERDALKALIEN USW. 2 8 7

weniger ausgeprägte Charakter dieser Verschiebung bei Zusatz von Baryumchlorid deutlich hervor. Der Effekt des Strontiumchlorids liegt zwischen dem der beiden anderen, wahrscheinlich näher dem Kalziumchlorideffekt.

F. Die Spontanentfärbungsfähigkeit des Pisumextraktes in ihrer Ab-hängigkeit von der Was s erstoff ionenkonzentration.

Verstreute Beobachtungen aus den bisherigen Arbeiten haben ergeben, daß eine mehr alkalische Reaktion die Entfärbung in einem enzymatischen Redoxsystem beschleunigt, während eine Verschiebung des pH in saurer Richtung die Entfärbung verlangsamt. Unter sol-chen Umständen kann man mit guten Gründen voraussetzen, daß auch ein Pisumextrakt hinsichtlich seiner Entfärbungsfähigkeit gegenüber einem Redoxindikator ein analoges Verhalten zeigen wird. Es erschien indessen wünschenswert, durch direkte Versuche gerade für Pisum-extrakt das tatsächliche Verhältnis festzustellen und auf diese Weise direkt die Tragkraf t der Hypothese zu prüfen, daß die Ansäuerung der Lösung für den Hemmungseffekt der Erdalkalien eine Rolle spiele. Zu diesem Zweck wurde folgender Versuch gemacht.

Versuch 4. A. B e n u t z t e L ö s u n g e n .

1. Enzymlösung. Enzymextrakt aus Pisum sativum, in derselben Weise wie Versuch 1 hergestellt.

2. Phosphorsäure, 0,04 mal. 3. Kalihydrat. 0,04 mol. 4. Methylenblau medacinaie 1: 50000 (— Mb.). 5. Aqua redest.

B. B e n u t z t e G e r ä t e . 1. 13 Vakuumröhren. 2. Wasserthermostat, 350 C.

C. A u s f ü h r u n g d e s V e r s u c h e s . Sämtliche 13 Vakuumröhren werden mit 0,5 ml Mb. sowie mit 0,5 ml Erbsen-

extrakt beschickt (der Extrakt wird jeder Röhre erst unmittelbar vor dem Eva-kuieren derselben zugesetzt). Die Röhren Nr. 2—6 werden mit der obengenannten 0,04 molaren Phosphorsäure in Mengen von 1,0 — 0,8 — 0,6 — 0,4 und 0,2 ml versetzt. Die Röhren Nr. 8—12 werden mit 0,04 molarer Kalilauge in steigenden Mengen versetzt, nämlich 0,2 — 0,4 — 0,6 — 0,8 und 1,0 ml. Röhre 1, 7 und 13 dienen zur Kontrolle. Der Gesamtinhalt sämtlicher Röhren wird durch Aqua dest. auf 2,0 ml ausgeglichen.

Die so beschickten Röhren werden nun in der bei dieser Methodik üblichen Weise behandelt, und die Entfärbungszeiten werden verzeichnet. Danach wird der pH-Wert in den Röhren bestimmt. Die Bestimmung ist jedoch für Röhren mit

höherer Alkaleszenz als 8,5 als sehr approximativ anzusehen. Die Bestimmung wurde nämlich mit der Chinhydronmethode ausgeführt.

Skandinav. Archiv. 21

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2 8 8 . T . THUNBERG:

In Tabelle 5 sind die Entfärbungszeiten sowie die pH-Werte zu-sammengestellt .

Tabelle 5. P i s u m s a t i v u m 1 : 2 0 , 0 . 8 7 % , K 2 H P 0 4 .

R ö h r e N r . p H E n t f ä r b u n g s z e i t .

M i n .

1 7 . 7 7 ( K . ) I 2 ( K . ) 2 3 4 1 > I O O

3 4 0 3 * > I O O

4 5 - 4 5 > I O O

5 6 . 2 3 l 8 6 6 . 8 7 1 5

7 7 . 7 7 ( K . ) 1 3 ( K . ) 8 8 . 6 9 4 2 9 9 . 2 8 3 0

1 0 9 . 6 l 1 8 1 1 9 . 7 6 1 2 12 9 - 9 4

1 2

1 3 7 . 8 1 ( K . ) 1 3 ( K . )

Wie aus der Tabelle hervorgeht, hält sich die Entfärbungszeit für den mit 0,870/oigen K 2 H P 0 4 bereiteten Extrakt in diesem Fall auf 12—13 Min. Der aus diesem Extrakt bereitete Röhreninhalt hat den pH-Wert 7,77.

Verfolgt man nun die Entfärbungszeiten für die verschiedenen Röhreninhalte in ihrer Abhängigkeit von dem pH, so findet man eine sehr lange Spontanentfärbungszeit für die Röhren 2—4 mit den pH-Werten 3,4—5,5. Nachdem der pH-Wert auf 6,2 gestiegen ist, tritt eine kräftige Entfärbungswirkung auf, und die Entfärbungszeit ist jetzt auf 18 Min. gesunken. Eine schnelle Entfärbung erhält man dann bei pH-Werten bis zu ungefähr 8,0. Bei noch stärkerer Al-kaleszenz des Röhreninhaltes verlangsamt sich die Entfärbung und beträgt bei einem pH-Wert von 8,7 42 Min. Wird die Alkaleszenz noch weiter gesteigert, so geht die Entfärbung schneller vor sich, und bei dem höchsten hier angewandten pH-Wert ist sie schließlich auf 12 Min. gefallen. .

Die Entfärbungszeit "weist also bei zwei verschiedenen pH-Wer-ten ein Minimum auf, teils bei einem pH-Wert von fast 8,0, teils bei dem pH-Wert 19. Zwischen diesen ist die Entfärbungszeit beträcht-lich höher.

Die Abhängigkeit der hier in Frage stehenden Entfärbungszeiten von dem pH-Wert des Reaktionsmittels ist also von zusammengesetzter Art. Dies geht auch aus der hier gegebenen graphischen Darstellung hervor, die zwar die Entfärbungszeiten nicht direkt angibt, sondern

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D I E HEMMENDE WIRKUNG DER'ERDALKALIEN USW. 2 8 9

vielmehr ihre inversen Werte , die indessen, um ganzzahlige' Wer te zu erhalten, mit 100 multipliziert worden sind. Die Ordinaten stellen somit die Intensität des Entfärbungsprozesses in ihrer Abhängigkeit vom p H dar.

90

80

70

30 -

20 -

e 7 8 $ 70 p H

Fig. i.

Aus der Figur geht hervor, daß die Entfärbungsintensität bei Veränderung des Reaktionsmilieus von neutraler Reaktion in saurer Richtung schnell abnimmt, sobald der pH-Wert 6 überschritten hat, sowie daß die Entfärbungsintensität ebenfalls schnell, verringert wird, wenn das Reaktionsmilieu in alkalischer Richtung verändert und der pH-Wer t 8 erreicht wird. Näher t sich der pH-Wert 9, so nimmt die Entfärbungsintensifät jedoch wieder schnell zu.

Die Abhängigkeit der Entfärbungszeit von den pH-Werten ist in diesem Fall von der Art, daß Zweifel auftauchen müssen, ob wir es in dem ganzen untersuchten pH-Bereich' mit einer reinen enzyma-tischen Ent fä rbung zu tun haben. , . Besonders gilt dies für die Steigerung der Entfärbungsintensität bei kräf t igerer alkalischer Reaktion. Es ist ja bekannt, daß viele orga-nische Substanzen bei einer solchen Reaktion die Fähigkeit besitzen, Mb. zu entfärben.

Um die Verhältnisse in dieser Beziehung klarzulegen, wurde ein Versuch unter Anwendung von Erbsenextrakt gemacht; der "durch Er-wärmen auf 600 während 1 5 Min. in enzymatischer Hinsicht inakti-

2 1 *

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290 T . THUNBERG :

viert worden war. Eine Serie von.' 7 Röhren wurde mit der üblichen Menge Methylenblau sowie Extrakt beschickt. Die erste und letzte Röhre dienten zur Kontrolle. Die anderen Röhren wurden mit 0,2 bzw. 0,4—0,6—0,8 und 1,0 ml 0,04 mol. KOH versetzt.- Durch Zu-satz von Wasser wurde der gesamte Inhalt jeder Röhre auf 2 ml ge-bracht. Nun wurde in üblicher Weise bei 350 C die Entfärbungszeit bestimmt.

Folgende Tabelle faßt die Ergebnisse zusammen.

Tabelle 6. Pisum sativum 1:20, 0,870/0 K 2 H P 0 4 .

Röhre Nr. p H Entfärbungszeit, Min.

7.86 (K.) < 1 4 5 (K.) 8-93 132 9 .3 i 67 9.76 33 9.92 26

10.08 17 7.86 (K.) < 1 4 5 (K.)

Aus dieser Tabelle geht hervor, daß ein Erbsenextrakt, der in enzymatischer Hinsicht inaktiviert worden ist, bei einem pH-Wert von 7,8 keine EntfärbungsWirkung gegenüber Mb. ausübt. Nähert sich der pH-Wert 9, so zeigt der Extrakt eine zwar schwache Entfärbungs-wirkung, die jedoch bei gesteigerter Alkaleszenz immer stärker wird, so daß sie bei dem pH-Wert 1 o recht ausgeprägt ist. Unter den all-gemeinen Versuchsbedingungen dauert die Entfärbung dann nicht mehr als 17 Minuten.

Stellt man die Ergebnisse von Versuch 1 und 2 zusammen, so erhält man folgende Erklärung des eigentümlichen Verlaufes, den die Entfärbungskurve in ihrer Abhängigkeit vom pH in Versuch 1 zeigte. Bei stark1 saurer Reaktion ist das Enzym gegen Methylenblau un-wirksam. Zwischen 5,5 und 6,2 tritt die Aktivität hervor, und bei dem letztgenannten Wert ist sie recht kräftig. Die optimale Wirkung scheint jedoch erst bei dem pH-Wert 8 oder benachbarten Werten erreicht zu sein. Geht man noch weiter in alkalischer Richtung, so wird die Enzymintensität immer schwächer. Die Verkürzung der Ent-färbungszeit, die jedoch hervortritt, jvenn der pH-Wert auf ungefähr 9 gestiegen ist und die dann bei pH-Werten zwischen 9 und 1 o immer ausgeprägter wird, ist nicht als enzymatischer Entfärbungseffekt, son-dern als ein rein chemischer anzusehen.

Es dürfte sehr wahrscheinlich sein> daß auch Extrakte aus an-

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D I E HEMMENDE W I R K U N G DER E R D A L K A L I E N U S W . 2 9 1

deren Pflänzensamen bei genügender alkalischer Reaktion unabhän-gig von einer enzymatischen Wirkung die Fähigkeit besitzen, Mb. zu entfärben. Dies ist für Extrakt aus Phaseolus vulgaris festgestellt worden, der vorher durch genügend starke Erwärmung inaktiviert worden war. Ein solcher Extrakt zeigt bei einem pH-Wert von etwa 8 keine Entfärbung, doch kann die Entfärbungszeit durch Steigerung der Alkaleszenz des Extraktes auf 5 Min: und darunter verkürzt werden.

Analoges ist auch für Lathyrus cicera sowie Cicer arietinum kon-statiert worden. Setzt man Lauge in steigenden Mengen zu den Enzym-extrakten, so wird die Entfärbungszeit bei schwachem Laugezusatz verlängert, bei stärkerem dann jedoch wieder äußerst wesentlich ver-kürzt. Offenbar ist die Verlangsamung ein Ausdruck dafür, daß das Optimum des Enzyms passiert ist und die darauf folgende Verkürzung der Entfärbungszeit ein Ausdruck für die bei höherer Alkaleszenz eintretende thermostabile Indikatorentfärbung.

G. Läßt sich die hemmende Wirkung der Erdalkalichloride auf die Spontanentfärbung durch die von ihnen verursachte pH-Ver-

schiebung erklären? Aus Tabelle 5 geht hervor, daß ein Pisumextrakt in seiner ent-

färbenden Wirkung gegenüber Mb. stark gehemmt wird, wenn der pH-Wert des Reaktionsmittels durch geeignete Phosphatpuffer-mischung von 6,23 auf 5,45 sinkt. Die betreffende pH-Zone möge im folgenden, zwar mit einiger Übertreibung, »Totalhemmungszone« genannt werden. Soll die ansäuernde Wirkung eines Zusatzes von Erdalkalichloriden zu den entsprechenden Enzymextrakten die dabei in Erscheinung tretende hemmende Wirkung erklären können, 'so ist es nur möglich, wenn ein solcher Zusatz den pH-Wert des Reaktions-mittels auf diese »Totalhemmungszone« verschiebt.

Die Größe der pH-Verschiebung, die durch einen Zusatz von Erdalkalichloriden zu neutralem oder schwach alkalischem Alkali-phosphat in den bei den hier in Frage stehenden Enzym versuchen an-gewandten Konzentrationen erhalten werden kann, ist auf kolorime-trischem Wege ungefähr geschätzt worden. Besonders wurde dabei untersucht, ob der pH-Wert in die obengenannte »Totalhemmungs-zone« verschoben wurde.

Hierbei wurde folgendermaßen verfahren. Unter Anwendung der Sörensenschen Phosphatstandardlösungen wurde eine Serie von Puf-ferlösungen bereitet, deren pH-Werte zwischen.5,6 und 8,43 lagen. Diese Serie von Lösungen sei die »Standardserie« genannt. Durch Mischung von Alkaliphosphat und Erdalkalichloriden entsprechend

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den Vorschriften in dem obigen Versuch 4, würde eine weitere Serie (die »x-Serie«) Erhalten. Jede Röhre dieser beiden Serien wurde niin mit einem Tropfen Universalindikator versetzt; Darauf wurden die Farbnuancen in der Standardserie und der x-Serie verglichen. Dabei wurde festgestellt, daß die x-Serie pH-Werte enthielt, die einem gleichhohen Säuregrad wie die Standardserie entsprachen.

Von Versuch I war bekannt, bei welchem Verhältnis zwischen Erdalkalichlorid und Phosphat sich bei den Versuchen mit phospliat-haltigem Pisumextrakt »Totalhemmung« einstellte. Nun wurde die Farbnuance; aufgesucht, die; der Universalindikator .bei demselben Verhältnis zwischen Erdälkäli und Phosphat in der x-Serie einnahm und ihr pH-Wert durch Vergleich mit der Standardserie ermittelt. Dabei ergab sich, daß diese Mischung von Phosphat' und! Alkalichlori-den einen pH-Wert zwischen 5,6 und $,9 repräsentiert. Da in Ver-such T festgestellt worden war, daß die »Totalhemmung« für die hier in Frage stehende enzymatische Indikatörentfärbung eintrat, wenn der pH-Wert des Milieus in saurer Richtung in die Zone pH 5,45—6,23 verschöben würde, scheint also der ansäuernde Effekt einet Mischung von dibäsischem Kaliumphsophat und neutralem Kalziumchlorid aus-reichend zu sein, um die bei dem Kälziümchloridzusatz zu dem enzyma-tischen, mit" Phosphat- versetzten Pisumextrakt beobachtete Hem-müngswirküng auf die Indikatorentfärbung zu erklären.

Die in Abschnitt C. dieser Mitteilung angeführte Beobachtung, daß die hemmende Wirkung der Erdalkalien gegenüber einer Redox-indikatorentfärbung auch bei Zusatz derselben zu einem wäßrigen Ex-trakt aus Pisum sativum auftritt, veranlaßte eine Untersuchung der eventuellen pH-Veränderung im Reaktionsmilieu, die durch diesen Erdalkalizusatz bewirkt wird. Auch hier war die Versuchsmethode kolorimetrisch. Es ergab sich, daß die Erdalkalien auch unter diesen Verhältnissen eine stark ansäuernde Wirkung ausüben. Die pH-Ver-schiebung bringt auch in diesem Fall den pH-Wert des Reaktions-milieus in die Totalhemmungszone.

* *

*

Wie aus Tabelle 1, 2 und 4 hervorgeht,-üben die verschiedenen Erdalkalichloride einen verschieden starken hemmenden Einfluß auf die Indikatorentfärbung in dem hier in Frage stehenden enzymati-schen System aus. Am stärksten wirkt CaCl2, etwas schwächer SrCl2. Wesentlich schwächer wirkt BaCl2. Doch .übt auch das letztgenannte Salz eine deutlich hemmende Wirkung aus, wenn man nur genügend starke Konzentrationen zur Anwendung bringt, die jedoch keineswegs

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die Konzentrationen zu erreichen brauchen, in denen sich die hem-mende Wirkung der Alkalichloride erst bemerkbar macht.

Man kann sich nach dem Grunde dieser Differenz .in der hem: menden Wirkung der verschiedenen , Erdalkalichloride fragen.

Modellversuche mit Zusatz der verschiedenen Erdalkalichloride zu Alkaliphosphatlösungen mit kolorimetrischer Feststellung -des da-bei erzielten Ansäuerungseffektes sprechen. dafür, daß sich die Dif-ferenz in der hemmenden Wirkung .aus der Differenz in dem An-säuerungseffekt erklären läßt, wie aus der schon mitgeteilten Tabelle 4 hervorgeht.

Wenn ich auf die große Rolle hinwies, die gerade die Ansäue-rungswirkung der -Erdalkalichloride bei Zusatz zu enzymatischen Ex-trakten gewisser Pflanzensamen für die dabei auftretende Hemmungs-wirkung spielt, habe ich damit nichl; sagen wollen,, daß dieser An-säuerungseffekt bei solchen und ähnlichen Versuchen die alleinige Ursache der Hemmung sei. — Es sei betont, daß meine Erklärung gerade auf Extrakten aus Pflanzensamen aufbaut, .und .daß die Verr hältnisse anders sein können, wenn die Enzymsysteme anderen Ur-sprungs sind.

Wie aus einer früheren Mitteilung in dieser Serie ( T h u n b e r g 1936) hervorging, spielt das Vorhandensein von Phosphat im Reak-tionsmedium wenigstens für gewisse enzymatische Systeme eine wich-tige Rolle. Ohne Anwesenheit von Phosphaten im Medium scheint z .B. das Hexose-Diphosphorsäuresystem>nicht wirksam zu sein. Mag es auch noch nicht bekannt, sein* - welche, enzymatischen Sy steme bei der Spontanentfärbung eines Erbsenextraktes wirksam sind, so liegt es doch nahe, an die Möglichkeit zu denken, daß auch Enzymsysteme, die Phosphat gebrauchen, hierbei eine Rolle spielen können.

Wir kommen also zu dem Ergebnis, daß die Erdalkalien auf die enzymatischen Redoxprozesse in einem enzymatischen Phosphat-extrakt hemmend wirken.«können, und zwar einmal durch die an-säuernde Wirkung, die sie im Zusammenhang mit der Ausfällung von Erdalkaliphosphat ausüben, und zum anderen dadurch, daß sie den Phosphatgehalt des Mediums verringern. Erst eingehendere Unter-suchungen können entscheiden, ob für die Erklärung der hier in Frage stehenden Erscheinungen auch andere Erklärungsgründe herange-zogen werden müssen.

Zusammenfassung. Verf. beschreibt die kräftige hemmende Wirkung, die CaCl2 und

SrCl2 auf die enzymatische Aktivität eines dehydrogenasehaltigen Phosphatextraktes aus Pisum sativum und gewissen anderen Samen-

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arten ausüben. Auch BaCl2 übt eine gewisse, wenn auch schwächere hemmende Wirkung aus. Diese Hemmungswirkung dieser Erd-alkalien läßt sich nicht als eine reine Salz Wirkung erklären. Kontroll-versuche mit den Chloriden Na, K und NH4 zeigen, daß die hemmende Wirkung derselben erst bei wesentlich höherer Konzentration hervor-tritt. — Die Hemmungswirkung der Erdalkalien setzt Verf. mit ihrer ansäuernden Wirkung in Zusammenhang. Bringt man neutral rea-gierende Erdalkalichloride mit neutral oder schwach basisch reagie-rendem Alkaliphosphat zusammen,. so fallen basische Erdalkaliphos-phate aus, wobei die über der-Fällung stehende ~ Flüssigkeit sauer reagiert. Quantitative Versuche zeigen, daß eine praktisch totale Hem-mung der Entfärbungsfähigkeit des enzymatischen Systems gegenüber einem Redox-Indikator bei demselben pH eintritt, einerlei ob der pH-Wert durch Phosphatpufferung oder durch Zusatz eines Erdalkali-chlorids zu dem phosphathaltigen Enzymextrakt; erhalten wird. Da gewisse Dehydrogenasesysteme nur in Gegenwart von Phosphat wirken, dürfte die hemmende Wirkung der Alkalichloride auch dar-auf beruhen, daß sie den eben genannten Dehydrogenasen das für ihre Wirkung notwendige Phosphat entziehen. —• Verf. hebt hervor, daß sich seine Erklärung nur auf die von ihm untersuchten Dehydrogeni-sierungsprozesse bezieht.

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Der Stiftung Therese och Johan Anderssons .Minne danke ich für finanzielle Unterstützung der vorliegenden Untersuchung.

Literatur.

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