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H. Brintzbger u. C. Ratamrat. Molyb&x&ure- u. Wolframeiiureionen UBW. 97 Die Molybdlnslure- und Wolframslureionen bei variierender Wasserstof? ionenkonzentration der Losung Von H. BRINTZINGER und CHARNG RATANARAT Mit 2 Figuen im Text Vor liingerer Zeit haben wir') mit Hilfe der Dialysenmethode ausgefuhrte Untersuchungen uber die in Losungen verschiedener Wasserstoffionenkonzentration auftretenden verschieden aggregierten Molybdat- und Wolframationen veroffentlicht, die im wesentlichen eine Bestgtigung der von G. JANDER~) und seinen Mitarbeitern schon fruher mitgeteilten, mit der Diffusionsmethode gemachten Beob- achtungen erbrachte. Wir haben damals - in ifbereinstimmung mit JANDER - Mono-, Tri-, Hexa- und Dodeka-molybdat-, sowie Mono- und Hexa-wolframationen gefunden, die jeweils in einem bestimmten Bereich der Wasserstoffionenkonzentration ihr Existenzgebiet haben. Auffallend an den damaligen Ergebnissen ist, daB das fur das Tri- molybdation gefundene Ionengewicht sehr betriichtlich von dem theoretisch fur dieses Ion zu errechnenden Wert abweicht, wiihrend bei den ubrigen Ionen stets eine gute Ubereinstimmung des gefundenen mit dem theoretischen Ionengewicht zu bemerken ist. Dies gab uns Veranlassung, die Polymolybdate und im AnschluB daran such die Polywolframate nochmals nit Hilfe der Dialysenmethode, sowie potentiometrisch unter Verwendung von Elektroden aus Molybdan- bzw. W~lframdraht~) zu untersuohen. Die untersuchten Natriummolybdat- und Natriumwolframat- losungen Waren in bezug auf Natriummolybdat bzw. Natriumwolframat 0,05molar und in bezug auf dss als Fremdelektrolyt angewandte Natriumsulfat normal. Die Konzentration von Innen- u. AuBenflussig- keit des Dialysators an Natriumsulfat war stets genau gleich. Die 1) H. BRINTZINQER u. W. BRINTZINGER, Z. anorg. u. allg. Chem. 196 (1931), 55. z, G. JANDER u. Mitarbeiter, Koll.-Ztschr. Erg.-Bd. 96 (1925), 113; Z. phys. Chem. (A) 144 (1929),197; 149 (1930), 97; Z. anorg. u. allg. Chem. 162 (1927), 141; 180 (1929),129; 187 (1930), 60; 198 (1930)) 1; 194 (1930),383; 208 (1932),145. 3, H. BRINTZINQER u. E. JAHN, Z. analyt. Chem. 94 (1933), 396. 2. anorg. u. allg. Chem. Bd. 224. 7

Die Molybdänsäure- und Wolframsäureionen bei variierender Wasserstoffionenkonzentration der Lösung

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H. Brintzbger u. C. Ratamrat. Molyb&x&ure- u. Wolframeiiureionen UBW. 97

Die Molybdlnslure- und Wolframslureionen bei variierender Wasserstof? ionenkonzentration der Losung

Von H. BRINTZINGER und CHARNG RATANARAT Mit 2 Figuen im Text

Vor liingerer Zeit haben wir') mit Hilfe der Dialysenmethode ausgefuhrte Untersuchungen uber die in Losungen verschiedener Wasserstoffionenkonzentration auftretenden verschieden aggregierten Molybdat- und Wolframationen veroffentlicht, die im wesentlichen eine Bestgtigung der von G. JANDER~) und seinen Mitarbeitern schon fruher mitgeteilten, mit der Diffusionsmethode gemachten Beob- achtungen erbrachte. Wir haben damals - in ifbereinstimmung mit JANDER - Mono-, Tri-, Hexa- und Dodeka-molybdat-, sowie Mono- und Hexa-wolframationen gefunden, die jeweils in einem bestimmten Bereich der Wasserstoffionenkonzentration ihr Existenzgebiet haben. Auffallend an den damaligen Ergebnissen ist, daB das fur das Tri- molybdation gefundene Ionengewicht sehr betriichtlich von dem theoretisch fur dieses Ion zu errechnenden Wert abweicht, wiihrend bei den ubrigen Ionen stets eine gute Ubereinstimmung des gefundenen mit dem theoretischen Ionengewicht zu bemerken ist. Dies gab uns Veranlassung, die Polymolybdate und im AnschluB daran such die Polywolframate nochmals n i t Hilfe der Dialysenmethode, sowie potentiometrisch unter Verwendung von Elektroden aus Molybdan- bzw. W~lframdraht~) zu untersuohen.

Die untersuchten Natriummolybdat- und Natriumwolframat- losungen Waren in bezug auf Natriummolybdat bzw. Natriumwolframat 0,05molar und in bezug auf dss als Fremdelektrolyt angewandte Natriumsulfat normal. Die Konzentration von Innen- u. AuBenflussig- keit des Dialysators an Natriumsulfat war stets genau gleich. Die

1) H. BRINTZINQER u. W. BRINTZINGER, Z. anorg. u. allg. Chem. 196 (1931), 55.

z, G. JANDER u. Mitarbeiter, Koll.-Ztschr. Erg.-Bd. 96 (1925), 113; Z. phys. Chem. (A) 144 (1929),197; 149 (1930), 97; Z. anorg. u. allg. Chem. 162 (1927), 141; 180 (1929), 129; 187 (1930), 60; 198 (1930)) 1; 194 (1930), 383; 208 (1932), 145.

3, H. BRINTZINQER u. E. JAHN, Z. analyt. Chem. 94 (1933), 396. 2. anorg. u. allg. Chem. Bd. 224. 7

98 Zeitwhrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 224. 1936

zu dialysierenden Losungen wurden durch Zugabe von Natronlauge bzw. Schwefelsiiure auf bestimmte pa-Werte eingestellt, die Molybdat- losungen von PH €40-1,2, die Wolframatlosungen von PH 8,0-4,5. Die Losungen gelangten nach 24stundigem, sowie nach 7 tiigigem Stehen zur Untersuchung; dieser groBe zeitliche Abstand wurde eingelegt zur Kontrolle des Gleichgewichtszustandes der Losungen. Das Volumen der zu dialysierenden Losungen war 35 ern3, die spe- zifische Oberfliiche 1, das Volumen der AuBenflussigkeit 4500 cm3, die Temperatur 180, die Membran Cellophan Qual. 300, Innen- und AuBenflussigkeit wurden geruhrt, die Bestimmung des Dialysen- koeffizienten erfolgte in jedem Falle mindestens 3ma1, fur jeden pa-Wert also 6ma1, da sowohl einen Tag alte, wie auch sieben Tage alte Losungen untersucht wurden. Der Dialysenkoeffizient wurde fur jeden pa-Wert durch 1-, 2- und Sstiindige Dialysen ermittelt. Aus der Konstanz der drei so erhaltenen Dialysenkoeffizienten geht die Einheitlichkeit des in der betreffenden Losung enthaltenen Molybdat- bzw. Wolframations hervor. Ein Gang zwischen den bei gleichem PH der Losung gefundenen Dialysenkoeffizienten A,, & und & zeigt dagegen an, daB in der Losung Molybdat- bzw. Wolframat- ionen verschiedenen Aggregationsgrades nebeneinander vorliegen. Als Bezugsionen dienten Moo,,- bzw. WO,2-; die fur diese beiden Ionen bei PH 8,O erhaltenen Dialysenkoeffizienten wurden jeweils zur Be- rechnung der Ionengewichte nach Ax-mx = A,-v@ eingesetzt. Durch Bezugnahme der Molybdat- bzw. Wolframatlosung bei PH 8 auf Cr0,2- wurden diese Ionen als in der Losung einheitlich vor- liegende monomere Ionen: und W0,2- ermittelt und fest- gelegt.

Die Bestimmung des Molybdiins in der zu dialysierenden bzw. in der dialysierten Losung erfolgte nach folgendem Verfahren: Die Molybdat enthaltende Losung wurde mit n-H2S0, angesauert und nach dem Erwlirmen auf etwa 7OoC zwei Minuten im Cadmium- reduktor reduziert. Die Losung wurde in einer Eisenammonium- alaunlosung aufgefangen, wodurch eine dem Molybdkn iiquivalente Menge Eisen (3) in Eisen (2) ubergefuhrt wurde. Zum Nachspulen verwandte man 70° warme n-H,SO,. Nach dem Spulen wurde sofort mit b,05 n-KMn0,-Losung titriert.

Zur Bestimmung von Wolfram wurde in der Siedehitze mit Quecksilber (1)-nitrat Hg2W0, gefiillt. Dieses wurde durch Gluhen in WO, ubergefuhrt, das gewogen wurde.

H. Brintzinger u. C. Ratamrat. Molyb&n&ure- u. WolframsAureionen mw. 99

Mono- und Hexamolybdiindure

Fur das Molybdation wurde bei den pH-Werten 8,O und 7,O der Dialysenkoeffizient 0,2712 i- 0,001 1 gefunden, aus dem unter Bezug- nahme auf den unter genau denselben Versuchsbedingungen erhaltenen Dialysenkoeffizienten von [CrOp12- als Vergleichsion ICro,2- = 0,3185 & 0,0003 sich das Ionengewicht 160 ergibt, das dem Mono- molybdation genau entspricht (theoretisch 160).

Bei PH 6,O wurden keine einheitlichen Dialysenkoeffizienten er- halten, vielmehr zeigte sich ein deutlicher Gang der Dialysenkoeffi- zienten mit der Dialysendauer: 1, = 0,1674, 1, = 0,1433 und 1, = 0,1324. Dies weist darauf hin, daB in der Molybdetlosung bei pa 6,O kein einheitliches Molybdation vorhanden ist, das urspriingliche Mono- molybdation befindet sich bei diesem pH-Wert also im Zustand der Aggregation zu einem polymeren Molybdation, wobei allerdings die Koexistenz eines Trimolybdations neben Mono- und Hexamolybdat- ionen nicht ausgeschlossen ist.

Von PH 5,O-1,5 (beide eingeschlossen) ergibt sich wiederum ein von der Dialysendauer unabhlingiger , einheitlicher Dialysen- koeffizient lrolsbdat = 0,1144 f 0,0034. In diesen Losungen be- findet sich also ein einheitliches Molybdation, das sich unter Bezug- nahme auf das Monomolybdation als Hexamolybdation = 899 er- rechnet. Der theoretische Wert fur ~ O , O , , ] ~ - wiirde 896, fur [Mo,02Ja- wurde 912 sein.

Ein einheitliches Trimolybdation ~0,0,,]~- wurde also nicht gefunden.

Mono-, Hexa- und Dodekawolframate

Das Wolframation war in den Losungen mit PH 8,O und 7,5 als einheitliches Monowolframation mit dem Ionengewicht [WOp12- = 248 enthalten; der Dialysenkoeffizient wurde in diesen Losungen konstant gefunden, und zwar lwolframat = 0,2795 f 0,0014.

Wolframatlosungen mit den pH-Werten 7,0, 6,5 und 6,O lieBen ebenfalls konstante Dialysenkoeffizienten finden: AWolframrtt = 0,1162 f 0,0026. Diese Losungen enthalten also ein einheitliches Wolframation, das - wie sich unter Bezugnahme auf Ionengewicht und Dialysenkoeffizient des Monowolframations als Vergleichsion ergibt - das Ionengewicht 1435 besitzt. Dieses Ionengewicht ent- spricht dem Gewicht des Hexawolframations [W,0,]4- mit 1424 bzw. des [W602J6- mit 1440.

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100 Zeitachrift fiir anorgankche und allgemhe Chemie. Band224. 1935

Bei einem PH von 5,O und 4,5 geben die Losungen einen praktisch konstanten Dialysenkoeffizienten von 0,0845 f 0,0079. Die Losungen enthalten demnach ein Wolframation mit dem Ionengewicht von etwa 2713, das ungefiihr einem Dodekawolframation [W,,0,]4- = 2816 bzw. [W,,O,le- = 2832 entspricht. Es ergibt sich somit die Existenz einer Dodekawolframsaure, die durch die fruheren Untersuchungen weder von JANDER und seinen Mitarbeitern noch von uns gefunden worden war.

Potentiomdrische Untmuchung

Wir nahmen sowohl fur Molybdat als auch fiir Wolframat die Potentialkurven fur die Titration mit Sliure unter Anwendung eines

Molybdiin- bzw. Wolframdrahtes als Indikatorelektrode auf '). Se 40 cm3 einer $0-Natriummolyb- dat- bzw. Natriumwolframatlosung wurden mit 0,05 n-Schwefelsaure bzw. Salpetersaure titriert. So- wohl Natriummolybdat- als auch Natriumwolframatlosung wurden

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I I vor Beginn der Titration auf

i / I . . . . . . + . . . . . PH = 10,O eingestellt.

6 6 8 L?

~ i ~ . 1. potentiometrische Titration von Nrt,MoO, mit 0,05 n-HaSO,

e= &Jl pH .q2-+&7fyxi Bei der potentiometrischen Titration beider Losungen wurden je zwei grofie Potentialspriinge be- obachtet. Im Falle des Molybdats

trat der erste Potentialsprung bei einem pa-Wert von 6,4 f 0,l auf, dann verlief die Potentialkurve flach weiter bis zu dem bei etwa PH 5,2 steil einsetzenden Aufstieg, um dann wieder weiter flach zu verlaufen. Der erste Potentialsprung entspricht dem ffbergang des Molybdations in eine hohere Aggregationsstufe; in ifbereinstimmung hiermit steht der Befund der Dialyseversuche, daS zwischen PH 7,O und 6,O das Monomolybdation in ein hoheres Ion ubergeht. Dieselbe Obereinstimmung zwischen den Ergebnissen der Dialysenmethode und denen der potentiometrischen Titration ergibt sich wieder fur den quantitativen ifbergang in das Hexamolybdation, der auf Grund der Dialysenmethode zwischen pa 6,O und 5,O erfolgt und durch die

l) Ober die potentiometrische Titration POD. Molybdat und Wolframat unter Anwendung von Indikatorelektroden &us Molybdiin bzw. Wolfram siehe H. BRINTZINGER u. E. JAHN, Z. analyt. Chem. 94 (1933), 396.

H. Brintzinger n. C. Ratanarat. MoIybd&&nre- u. Wolfrarnsiiureionen urn. 101

potentiometrische Titration bei etwa pH 5,2 erfolgend gefunden wird. Das flsche Kurvenstiick zwischen PH 6,3 und 5,2 weist aber deutlich darauf hin, daB zwischen dem Monomolybdat- und Rexamolybdation noch ein anderes aggregiertes Ion, sehr wahrscheinlich ein Trimolybdat- ion, vorhanden sein muS. Dafiir spricht auch die Gro8e der bei P H 6,O gefundenen Dialysenkoeffizienten, aus denen sich die Ionengewichte 420, 573 und 672 - im Mittel also 555 - errechnen lassen. Die auf- fallende Uneinheitlichkeit der bei PH 6,O erhaltenen Dialysenkoeffi- zienten bzw. Ionengewichte beweist aber , daS das Trimolybdat- ion im Gleichgewicht rnit nennenswerten und dadurch bei der Dialyse in Erscheinung tretenden Mengen des Monomolybdat- und des Hexamolybdations sich befindet .

Der erste Potentialsprung in der Titrationskurve des Natrium- wolframats findet bei PH 7,2 f 0,l statt, ubereinstimmend mit den Ergebnissen der Dialysenmethode, die seigen, daB bei PH 8,0 und 7,5 Monowolframat- und bei PH 7,O bis 6,OHexawolframation in derLosung vorliegt, daS also der Ubergang zwischen PH 7,5 und 7,O sich voll- ziehen muB. Der zweite weniger steile Potentialanstieg erfolgt bei

Fig. 2. Potentiometrische Titration von Na2W0, rnit 0,05 n-HNO,

einem PH von etwa 5,2, also zwischen PH 6,O und 5,O; auch die Dialysen- methode ergab, daS bei PH 6,O noch Hexawolframation, bei pa 5,O dagegen schon das Dodekawolframation vorliegt, daB demnach der Obergang vom Hexa- zum Dodekawolframation zwischen diesen beiden pH-Werten sich vollziehen muS.

Zutarnrnrnfassung

Die Dialysenmethode sowia die potentiometrische Untersuchung ergaben ubereinstimmend die Existenz des Monomolybdations in Losungen rnit pH-Werten uber etwa 6,4, die sehr wahrscheinliche Existenz des Trimolybdations im Gleichgewicht rnit nennenswerten Mengen von Hexa- und Monomolybdationen bei p H - Werten zwischen etwa 6,4 und 5,2, und die Existenz von Hexamolybdationen bei pH-Werten von 5,0-1,5.

102 Zeitachrift fiir anorgankche und allgemeine Chemie. Band224. 1935

Bei den Wolframaten wurde das Vorhandeflsem von Mono- wolframation in Losungen mit pB-Werten iiber etwa 7,2, von Hexa- wolframation in Liisungen mit pa-Werten swischen etwa 7,2 und 5,2 und von Dodekawolframation in Losungen mit den pa-Werten von 5,O und 4,5 festgestellt.

Die Existenz einer Zwischenstufe zwischen Mono- und Hexa- molybdation, vermutlioh eines Trimolybdations, ist somit durch die potentiometrische Thation sichergestellt, die Existenz eines Dodeka- wolframations erstmalig nachgewiesen.

Jma, Anorganische Abteilung des Chemischen Laboratoriums der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 19. Juli 1935.