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1 OmniaMed AKADEMIE Thema: Die optimale Therapie bei Typ 2 Diabetes – Neue Aspekte für Patienten mit kardialem Risiko Autor: Dr. med. Andreas Liebl Stand: September 2016 Sponsor: Boehringer Ingelheim GmbH & Co. KG Dr. med. Andreas Liebl ist Chefarzt des Diabeteszentrums an der Diabetes-Fachklinik Bad Heilbrunn. 1 Einleitung Der Typ 2 Diabetes ist die weltweit häufigste Stoffwechselerkrankung und sie verläuft in der Regel progredient. Neben der Erreichung der Blutzuckerziele ist bei der Therapie stets auch auf die Vermeidung von Unterzuckerungen und Gewichtszunahme zu achten. Die Verringerung des kardiovaskulären Risikos der Patienten ist von größter Bedeutung, weil es deren Lebenserwartung wesentlich beeinflusst. In dieser Fortbildung erfahren Sie, welchen Beitrag die Substanzgruppe der SGLT-2-Hemmer für die Optimierung der Therapie des Typ 2 Diabetes leistet und welche aktuellen Studienergebnisse zu Empagliflozin insbesondere bei Patienten mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko bereits in nationalen und internationalen Therapieleitlinien ihren Eingang gefunden haben. 2 Inhaltsübersicht Ich möchte mit Ihnen die folgenden drei Punkte besprechen: Zunächst werde ich auf die Problematik des Typ 2 Diabetes im Hinblick auf Pathogenese und Lebenserwartung eingehen. Dann folgen die aktuellen Blutzuckerzielwerte, die Leitlinien beim Typ 2 Diabetes und letztendlich der Hauptpunkt, die modernen oralen Antidiabetika im Lichte der aktuellen Endpunktstudien. 3 Problematik des Typ 2 Diabetes 3.1 Lebenserwartung Neuere Daten geben einem nach wie vor schwer zu denken und enttäuschen einen eigentlich, was wir bisher im Hinblick auf die Lebenserwartung bei Patienten mit Typ 2 Diabetes erreicht haben. In einer Publikation aus dem Jahre 2015 wurde festgestellt, dass Menschen, die mit 60 Jahren an Diabetes mellitus erkranken, im Schnitt 6 Jahre an wertvoller Lebenserwartung verlieren. Kommt ein Herzinfarkt dazu, verlieren diese Patienten mit Typ 2 Diabetes sogar 12 Jahre an Lebenserwartung [35]. Dies sind schockierende Daten, obwohl wir eigentlich ganz genau wissen, was zu tun ist, um die Prognose für Menschen mit Typ 2 Diabetes zu verbessern. 3.2 Säulen der kardiovaskulären Therapie Im wesentlichen sind es vier Säulen, auf denen die kardiovaskuläre Therapie bei Diabetespatienten beruht. Einmal die Blutzuckersenkung, darüber werde ich im Folgenden in erster Linie sprechen. Mindestens ebenso wichtig ist die Lipidsenkung und hier haben uns die modernen Studien gezeigt, dass sehr strenge Zielkriterien anzuwenden sind. Auch die Blutdrucksenkung hat eine sehr große Bedeutung. Hier sind die Ziele zwar nach wie vor etwas abgemildert, aber dennoch bei vielen Patienten nur scher zu erreichen. Die vierte Säule ist die Gerinnungshemmung zum Beispiel mit Thrombocytenaggregationshemmern, die bei unseren Patienten mit Typ 2 Diabetes mehr oder weniger Standard sein sollten [3]. 4 Blutzuckerzielwerte und Leitlinien bei Typ 2 Diabetes

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OmniaMedAKADEMIEThema:DieoptimaleTherapiebeiTyp2Diabetes–NeueAspektefürPatientenmitkardialemRisikoAutor:Dr.med.AndreasLieblStand:September2016Sponsor:BoehringerIngelheimGmbH&Co.KGDr.med.AndreasLieblistChefarztdesDiabeteszentrumsanderDiabetes-FachklinikBadHeilbrunn.1EinleitungDer Typ 2 Diabetes ist die weltweit häufigste Stoffwechselerkrankung und sie verläuft in der Regelprogredient.NebenderErreichungderBlutzuckerzieleistbeiderTherapiestetsauchaufdieVermeidungvonUnterzuckerungenundGewichtszunahmezuachten.DieVerringerungdeskardiovaskulärenRisikosderPatientenistvongrößterBedeutung,weilesderenLebenserwartungwesentlichbeeinflusst.IndieserFortbildungerfahrenSie,welchenBeitragdieSubstanzgruppederSGLT-2-HemmerfürdieOptimierungder Therapie des Typ 2 Diabetes leistet und welche aktuellen Studienergebnisse zu Empagliflozininsbesondere bei Patienten mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko bereits in nationalen undinternationalenTherapieleitlinienihrenEinganggefundenhaben.2InhaltsübersichtIchmöchtemitIhnendiefolgendendreiPunktebesprechen:ZunächstwerdeichaufdieProblematikdesTyp2Diabetes imHinblickaufPathogeneseundLebenserwartungeingehen.Dann folgendie aktuellenBlutzuckerzielwerte,dieLeitlinienbeimTyp2Diabetesund letztendlichderHauptpunkt,diemodernenoralenAntidiabetikaimLichtederaktuellenEndpunktstudien.3ProblematikdesTyp2Diabetes3.1LebenserwartungNeuereDaten geben einemnachwie vor schwer zu denken und enttäuschen einen eigentlich,waswirbisher imHinblick auf die Lebenserwartung bei Patientenmit Typ 2 Diabetes erreicht haben. In einerPublikationausdemJahre2015wurdefestgestellt,dassMenschen,diemit60JahrenanDiabetesmellituserkranken, im Schnitt 6 Jahre an wertvoller Lebenserwartung verlieren. Kommt ein Herzinfarkt dazu,verlieren diese Patienten mit Typ 2 Diabetes sogar 12 Jahre an Lebenserwartung [35]. Dies sindschockierende Daten, obwohl wir eigentlich ganz genau wissen, was zu tun ist, um die Prognose fürMenschenmitTyp2Diabeteszuverbessern.3.2SäulenderkardiovaskulärenTherapieImwesentlichensindesvierSäulen,aufdenendiekardiovaskuläreTherapiebeiDiabetespatientenberuht.Einmal die Blutzuckersenkung, darüber werde ich im Folgenden in erster Linie sprechen. MindestensebensowichtigistdieLipidsenkungundhierhabenunsdiemodernenStudiengezeigt,dasssehrstrengeZielkriterienanzuwendensind.AuchdieBlutdrucksenkunghateinesehrgroßeBedeutung.HiersinddieZielezwarnachwievoretwasabgemildert,aberdennochbeivielenPatientennurscherzuerreichen.Dievierte Säule istdieGerinnungshemmungzumBeispielmitThrombocytenaggregationshemmern,diebeiunserenPatientenmitTyp2DiabetesmehroderwenigerStandardseinsollten[3].4BlutzuckerzielwerteundLeitlinienbeiTyp2Diabetes

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4.1PotenzialderintensiviertenHbA1c-SenkungLassen Sie uns nundiemodernenBlutzuckerzielwerte unddie Leitlinie fürTyp2Diabetes kurzRevuepassieren. InderZusammenstellunginAbbildung1sehenSiediegroßenLandmark-StudienderletztenJahre,dieunsdarüberAuskunftgeben,inwieweiteineintensivierteSenkungderHbA1c-Wertesinnvollist.EshandeltsichumStudienmitPatientenmitTyp2Diabetes,dieUKPDS[19,37],dieACCORD-Studie[14],dieADVANCE-Studie[32]unddieVADT-StudieanVeteranen[9,18,28]undauchdiegroßeTyp1Diabetes-StudieDCCTmitderenNachfolgestudieEDIC[7,8,29]. IndenweißenKästchensinddieErgebnissenachdereigentlichenStudienphasedargestelltundbeidenblauenKästchenhandeltessichumdieErgebnisseder jeweiligen Langzeit-Nachbeobachtungsphase, die zumTeil bereits über 30 Jahre laufen. Sie könnensehr schön erkennen, das die HbA1c-Senkung im Hinblick auf Verhinderung mikrovaskulärer Schädenimmer extrem sinnvoll ist und zwar sowohl im Kurzzeit- als auch im Langzeitverlauf. Das ist in allenStudienohneUnterschiedgezeigtworden.WennichalsoErblindungundDialysepflichtigkeitverhindernwill,dannmussichdieBlutzuckerwertesenken.SchwierigerwaresindenkardiovaskulärenStudienundbezüglichderMortalität:HiererkennenSie,dasdieblauenPfeile,dieeinennützlichenEffektderHbA1c-Senkungandeuten,sichlediglichindenblauenKästchenbefinden.Dasbedeutet,dasssehrlangegewartetwerdenmuss,bishiereinEffektzusehenist.LetztendlichwaraberauchhierindenmeistenStudieneindeutlicher Benefit der HbA1c-Senkung imHinblick auf kardiovaskuläre Erkrankungen undMortalitäts-senkungimLangzeitverlaufzuerkennen.

Abb.1ZusammenstellungvongroßenklinischenStudienzumPotenzialderintensiviertenHbA1c-Senkung*BeiTyp1DiabetesQuelle: © adaptiert nach UKPDS [19,37], DCCT/EDIC [7,8,29], ACCORD [14], ADVANCE [32] und VADT[9,18,28]4.2IndividualisierteTherapieLetztendlich haben all diese Daten ihren Niederschlag im HbA1c-Zielkorridor gefunden, den auch dieDeutscheDiabetes-Gesellschaftvorgibt.Eswirdempfohlen,dassPatientenallgemeinimeinenZielbereichzwischen 6,5 und 7,5 Prozent einzustellen sind.Wo das individuelle Therapieziel nun liegt, hängt voneinerganzenReihevonpatientenbezogenenFaktorenab.DieseFaktorensindzumBeispieldieMotivationdesPatienten,seinindividuellesRisikofürUnterzuckerungen,ganzwichtigdieKrankheitsdauerunddieKo-Morbiditäten.Einfachausgedrückt: JekürzerderDiabetesbesteht, je jüngerderPatient ist, jehöherseineLebenserwartungist,jegesünderernochinsgesamtist,destostrengersinddieZielkriterienundbeidiesenPatientenwirdmaneherversuchen,sieinRichtungeinesHbA1cvon6,5%oderauchdarunterzu

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bringen.BeidenanderenPatientenistmanetwasgroßzügiger,abereinHbA1cvonüber7,5%ist jedochkaumakzeptabel[22].4.3ADA/EASD-TherapieleitlinienWiekannmannundieseTherapiezieleerreichen?HiermöchteichIhrAugenmerkaufdieEmpfehlungenim Positionsstatement der amerikanischen und europäischenDiabetes-Gesellschaften richten, die jedesJahraktualisiertwerdenunddieichIhnenimweiterenVerlaufvorstellenmöchte.

Abb.2ADA/EASD-TherapieleitlinienbeiTyp2DiabetesQuelle: © ADA, Management of Hyperglycemia in Type 2 Diabetes 2015 [2], EASD, Management ofHyperglycemiainType2Diabetes2015[10]Wie alle Leitlinien auf der ganzen Welt beginnt auch diese Leitlinie mit einer Verbesserung desLebensstils, also gesundemEssen, vermehrte körperliche Bewegung, Diabetes-Schulung undmit einemsehr frühenEinsatzvonMetformin,daspraktischbeiallenPatientenzugeben ist.Hiersind jaauchdieKontraindikationen gelockert worden und auch leichte Niereninsuffizienzen bis zu einer eGFR von 45ml/minstellenheutzutagefürdasMetforminkeinbesonderesProblemmehrdar.DiemeistenPatientensindabermitMetforminalleinenichtausreichendeinstellbar.WennnunzudemMetformineinezweiteSubstanzhinzugegebenwerdensoll,istdieAuswahlgroß.HierwerdenSulfonylharnstoffeangebotenunddasistsicherlicheineSubstanzgruppe,diebeiunsinletzterZeitnichtmehrsozuempfehlenist,seitdemsiemit erheblichen ProblemenwieUnterzuckerungen undGewichtszunahmen belastet ist und es auchzahlreiche Studien gibt, die eine negative Auswirkung der Sulfonylharnstoffe auf die koronareHerzerkrankungbefürchtenlassen.IndieseninternationalenLeitlinienstehenauchnochdieThiazolidine,eine Substanzgruppedie inDeutschlandnichtmehr zuLastender gesetzlichenKrankenversicherungen

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verordnetwerdenkann.DannfolgendieganzwichtigenSubstanzen,dassinddieDPP-4-Inhibitorenwiedas Sitagliptin und das Saxagliptin in Deutschland und die SGLT-2-Inhibitoren Empagliflozin undDapagliflozin.NatürlichsindnachdemMetforminauchzuinjizierendeSubstanzeneinsetzbar.Angebotenwerden hier die GLP-1-Rezeptoragonisten, also die zu spritzenden Inkretine, die natürlich bereits eineganz andere Therapiekategorie darstellen. Die Substanzen müssen injiziert werden und auch dieTherapiekosten sind hier erheblich höher. Last but not least ist es auch möglich, gleich nach demMetformin bei Patienten mit sehr hohen Blutzuckerwerten mit Insulin zu beginnen, in der Regel miteinemBasalinsulin,weildiesehohenBlutzuckerwerte inallgemeinenmitTablettenalleinenicht indenGriff zu bekommen sind. Dann kann man all diese genannten Substanzen auch noch untereinandermischenundDreierkombinationeneinsetzen.HieristderFantasiefastkeineGrenzegesetzt[2,10].4.4HerausforderungenEgal was wir nun anMedikamenten aussuchen und was wir miteinander kombinieren, wir versuchendamitdieHbA1c-Wertezureduzieren. SiehabendieEvidenzgesehen,sie isthervorragend.Gleichzeitigverlieren wir aber nie aus dem Blick, das Unterzuckerungen und insbesondere schwereUnterzuckerungen heutzutage absolut inakzeptabel sind und wir versuchen selbstverständlich auchGewichtszunahmenzuvermeiden.HieristalsostetseineBalancezuhalten.4.5ADA/EASD-EmpfehlungenbeiGewichtszunahmeundHypoglykämieWeil das so wichtig ist, gibt es in den Leitlinien der europäischen und amerikanischen Diabetes-Gesellschaft auch diese adaptierte Version der Empfehlungen, wenn Gewichtszunahme undUnterzuckerungeneinwichtigesProblemdarstellen. Ichmöchte jetztprovokativ fragen:Beiwem ist esdenn nicht vonBedeutung, das Gewichtszunahme undUnterzuckerung vermiedenwerden?Wennmandasberücksichtigt,dannfallendieSulfonylharnstofferaus,dannfälltdasInsulin–sofernesvermeidbarist–auchraus,esfallenauchdiebeiunsohnehinnichtaufKassenrezeptverordnungsfähigenThiazolidinerausundesbleiben fürdieKombinationmitdemMetformineigentlichnurnochdieDPP-4-Inhibitoren,die SGLT-2-Inhibitoren und die zu spritzenden Inkretine, auf die ich im Folgenden als besondereSubstanzgruppenichtweitereingehenwill[2,10].

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Abb.3ADA/EASD-EmpfehlungenbeiGewichtszunahmeundHypoglykämieQuelle: © ADA, Management of Hyperglycemia in Type 2 Diabetes 2015 [2], EASD, Management ofHyperglycemiainType2Diabetes2015[10]4.6AnhaltendeGewichtsreduktionmitDapagliflozinWenn man jetzt die beiden wichtigsten Substanzgruppen, die DPP-4-Inhibitoren und die SGLT-2-Inhibitorenmiteinandervergleicht,sogibteshierinsbesondereUnterschiedebeimGewichtsverlauf.BeieinerVergleichsstudiezwischenDapagliflozinundGlipizidjeweilszusätzlichzuMetforminwurdefürdenSGLT-2-Hemmer eine anhaltende Gewichtsreduktion über einen Zeitraum von 2 Jahren dokumentiert(siehe Abbildung 4). Im Gegensatz dazu war beim Sulfonylharnstoff eine Gewichtszunahme zu sehen.Nach2JahrenbetrugderGewichtsunterschiednach2Jahrenetwa5Kilogrammunddieseristsicherlichklinischhochrelevant[30,31].

Abb.4AnhaltendeGewichtsreduktionmitDapagliflozinvsGewichtszunahmemitGlipizidQuelle:©modifiziertnachNauckMAetal[30]undNauckMetal[31]4.7GewichtsreduktionmitEmpagliflozinEsgibtauchdirekteVergleichsstudien,alsohead-to-head-trialszwischendemSGLT-2-HemmerunddemDPP-4-Hemmer,hierzwischenEmpagliflozinundSitagliptin.BeimSGLT-2-HemmerEmpagliflozinwurdeeine deutliche Gewichtsreduktion beobachtet, wohingegen mit dem DPP-4-Hemmer Sitagliptin imwesentlichen eine Gewichtskonstanz dokumentiert wurde. Das ist sicherlich ein sehr wichtigerUnterschiedzwischendenbeidenSubstanzgruppen.Wiebereitsgesagt,beimThemaUnterzuckerungengibteskeinewesentlichenUnterschiedezwischenDPP-4-HemmernundSGLT-2-Inhibitoren[34].5ModerneoraleAntidiabetikainEndpunktstudien5.1ÜbersichtzukardiovaskulärenEndpunktstudienWir wissen, dass heutzutage die für die Zulassung relevanten Kurzzeitstudien alleine nicht mehrausreichen.FürallemodernenSubstanzenwerdenlanglaufendeEndpunktstudienmithartenEndpunktengefordert.UndwirhabenbereitszahlreicheEndpunktstudiengesehen:InsbesonderefürDPP-4-HemmeristindenvergangenenJahrengezeigtworden,dassimwesentlichenSaxagliptinundSitagliptinalsdiebei

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unserhältlichenSubstanzensichersindunddassderBlutzuckerdamitgutabgesenktwerdenkann,dasskeine kardiovaskuläre Schädigung vorliegt, dass aber auch keine kardiovaskulären Vorteile mit diesenSubstanzen verbunden sind. Neu sind Daten, die zum ersten Mal mit einem SGLT-2-Inhibitor, demEmpagliflozin,generiertwurden.DieEMPA-REGOUTCOME®-Studiehatzudurchausüberraschendenundklinisch hochrelevanten Daten geführt. Vor kurzem wurden auch für das zu injizierende Liraglutidgünstige Outcome-Daten veröffentlicht. Sie sehen auf dieser Abbildung auch, dass in den kommendenJahrennochzuweiterenSubstanzenLangzeitdatenfolgenwerden.SiesehenhiernureinekleineAuswahlvon den zahlreichen Langzeitstudien, die als Auflage der Gesundheitsbehörden durchgeführt werdenmüssen.IchmöchtemichimFolgendenaufdieSGLT-2-Hemmerkonzentrieren[23,40].

Abb.5KardiovaskuläreEndpunktstudienneuererTherapienzurBehandlungdesTyp2Diabetes*p=0,04fürÜberlegenheit.HR,HazardRatio;KI,Konfidenzintervall;UL,obereGrenze(upperlimit)Quelle:©modifiziertnachJohansenOE[23]undZinmanBetal[40]5.2WirkungenundNebenwirkungenderSGLT-2-HemmungBei der SGLT-2-Hemmung handelt sich um ein blutzuckersenkendes Prinzip, welches völliginsulinunabhängigist,unddasistwichtig.NebenderziemlichausderModegekommenenAcarboseistdieSGLT-2-HemmungdaseinzigeTherapieprinzip,beidemderZucker,alsoGlucose,richtigausdemKörperentfernt wird. Der Zucker wird nicht verstoffwechselt, nicht verschoben, sondern durch AusscheidungüberdenUrinausdemKörpereliminiert.DieRückresorptionderGlucose improximalenTubuluswirddurch SGLT-2-Hemmer gehemmt und das führt zu einer vermehrten Ausscheidung von Glucose, vonNatriumundauchvonWasserüberdenUrin.LetztendlichwerdenjenachHöhedesBlutzuckerszwischen70 und 80 Gramm Glucose pro Tag über den Urin entfernt und das entspricht immerhin ca. 300Kilokalorien,diedemKörperwenigerzurVerfügungstehen.DeswegenerfreuensichdiePatienteninderRegelauchaneinergewissenGewichtsabnahme,sowiewiresbereitsvorhergesehenhaben[4,13,21,40].5.2.1HbA1c-SenkungFür die SGLT-2-Hemmer Dapagliflozin und Empagliflozin wurden in den entsprechenden Zulassungs-studienrelevanteHbA1c-Senkungendokumentiert.DieReduktionenvomAusgangswertliegenbeiknappeinProzent.FürdasEmpagliflozinindenbeidenDosierungen10und25mgistderEffektziemlichähnlich.Das hatman auch inweiteren Studien gesehen.Damit befinden sich die SGLT-2-HemmerDapagliflozinund Empagliflozin in etwa in der Größenordnung einer HbA1c-Senkung, wie man sie mit anderenmodernenBlutzuckersenkernauchsieht[16].

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5.2.2HypoglykämierisikoWichtig ist, dassmit dieser Blutzuckersenkung keinerlei eigenes Hypoglykämierisiko assoziiert ist. DiegrünenSäuleninAbbildung6sinddieHypoglykämieratenmitEmpagliflozinindenbeidenverschiedenenDosierungen. Sie bewegen sich durchweg auf Placeboniveau. Im rechten Bereich der Grafik sehen Siehöhere Raten: dies sind allerdings Patienten mit Sulfonylharnstoff als Zusatztherapie undselbstverständlich sind die Unterzuckerungen, die hier zu sehen sind, durch die Kombination mitSulfonylharnstoffverursachtundnichtdurchdasEmpagliflozinalleine[12,15,16,17,26,34].

Abb.6EmpagliflozinistmitkeinemSubstanz-eigenenHypoglykämierisikoassoziiert*Glucose<70mg/dl(3,9mmol/l)und/oderErforderlichkeitvonFremdhilfe.SH=SulfonylharnstoffQuelle:©Hachetal[15],Rodenetal[34],Häringetal[16,17],Kovacsetal[26]undFIEmpagliflozin[12]5.2.3SystolischeBlutdrucksenkungAufgrundderleichtendiuretischenWirkungsenktsichunterderTherapiemitSGLT-2-Hemmernauchdersystolische Blutdruck ab und zwar völlig unabhängig von der blutzuckersenkenden Begleitmedikation.WirhabenhierReduktionendessystolischenBlutdrucks,die inetwainderGrößenordnungzwischen3und 5 mmHg liegen. Das ist interessanterweise auch mit manchen Antihypertensiva erreichbar. BeiPatienten,diebereitseinengutenAusgangs-Blutdruckwerthaben,istunterdenSGLT-2-HemmernkaumeineweitereAbsenkungzubefürchten.WirhabenesalsolediglichmiteinerBlutdruckregulationzutunundmüssenkaumAbsenkungenindenhypotonenBereichbefürchten[12,16,17,26,34].5.2.4HarnwegsinfektionenWie schaut es jetzt mit Nebenwirkungen aus? Häufig werden Harnwegsinfektionen angegeben. HiermöchteichSiedaraufhinweisen,dassdieüblicheHarnwegsinfektionbeiPatientenunterderBehandlungmit Empagliflozin nicht häufiger ist, als unter Placebo. Patientenmit Typ 2 Diabetes leiden überhaupthäufiganHarnwegsinfektionen,aberdurchdieBehandlungmitEmpagliflozinnichthäufigeralssonst[24].5.2.5InfektionendesGenitaltraktsWas unter SGLT-2-Hemmern wie zum Beispiel Empagliflozin gehäuft auftritt, ist die Entzündung deräußerenGenitale,spricheineVaginitisbeiFrauenodereineBalanitisbeiMännern.NachdenErgebnissenderStudievonKimetalhabenFrauen in6-7ProzentdasRisiko füreineVaginitisundMännernurein

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Risikovon1-3ProzentfüreineBalanitis,alsogeringeRisiken,überdiewirdiePatientenaufklären,weildieseKomplikationensehreinfachzubehandelnsind[25].5.3EMPA-REGOUTCOME®Jetzt komme ich auf die Langzeit- bzw. Endpunktstudie zu sprechen, diemit Empagliflozin bislang alseinzigemSGLT-2-Hemmerdurchgeführtworden istunddieabsolutüberraschendeErgebnisseerbrachthatundletztendlichunsereganzenTherapierichtlinienverändernwird,wieSiezumSchlussnochsehenwerden.DieStudieheißtEMPA-REGOUTCOME®.5.3.1StudiendesignDasStudiendesignvonEMPA-REGOUTCOME®isteigentlichganzeinfach.AlleEndpunktstudienmitdenverschiedenenSubstanzensindähnlichaufgebaut.EshandeltsichumgroßePatientenpopulationen.Über7.000PatientenwurdenentwederaufEmpagliflozinindenbeidenDosierungen10mgund25mgoderaufPlacebo randomisiert. In jeder Gruppe durften die Standardtherapien dazu kombiniert werden, wobeipraktisch alle anderen Subtanzen außer SGLT-2-Inhibitoren erlaubt waren. Ziel war es, dieBlutzuckereinstellung in allen Gruppen gleich zu halten, um die spezifischen Auswirkungen vonEmpagliflozinzudokumentieren. Eshandelt sichhierumeine sogenannteeventgetriggerteStudie,dasheißteswirdgewartet,biseinebestimmteZahlvonEndpunktenerreichtwird. IndiesemFallwarenes691Patienten,dieEndpunkteerreichthabenunddasistindieserStudienachdurchschnittlich3,1JahrenderFallgewesen[40].5.3.2WichtigsteEndpunkteDer primäre und wichtigste Endpunkt war der sogenannte 3P-MACE-Endpunkt, eine Kombination ausschweren kardiovaskulären Endpunkten, wie kardiovaskulärem Tod, nicht-tödlichem Herzinfarkt odernicht-tödlichemSchlaganfall.NungabeswieinallenStudienauchzahlreichesekundäreEndpunkte,esistder kardiovaskuläre Tod alleine, der nicht-tödliche Herzinfarkt alleine, der nicht-tödliche Schlaganfallalleine, Gesamtmortalität und so weiter. Auch die Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz wareinerdersekundärenEndpunkte,eininunseremAlltagsehrwichtigesEreignis[40].5.3.3KardiovaskuläresRisikoIndieEMPA-REGOUTCOME®-Studiewurden,wie inallenEndpunkt-Studien,ganzgezieltPatientenmiteinem hohen kardiovaskulären Risiko eingeschlossen. Praktisch alle Patienten, mehr als 99 Prozent,hatteneinhoheskardiovaskuläresRisikoodereinekardiovaskuläreVorerkrankung. Insbesonderehattedie Hälfte der Patienten bereits einen durchgemachten Herzinfarkt, 10 Prozent hatten eine manifesteHerzinsuffizienz,über50ProzentderPatientenhatteneinenDiabetesmiteinerLaufdauervonmehrals10 Jahren. Also langjährige Patienten mit Typ 2 Diabetes, die alle ein hohes kardiovaskuläres Risikoaufwiesen[40].5.3.4StudienergebnisprimärerkombinierterEndpunktInAbbildung7nundaswesentlicheErgebnisderEMPA-REGOUTCOME®Endpunktstudie.Eshandeltsichhier um den primären Endpunkt, also das Auftreten von kardiovaskulärem Tod oder Herzinfarkt oderSchlaganfall. Über die 3-4 Jahre, die Sie hier abgebildet sehen ergibt sich eine Risikoreduktion voninsgesamt zirka 14 Prozent durch Empagliflozin im Vergleich zu Placebo. Das ist sowohl statistischsignifikant als auch klinisch relevant. Noch einmal können Sie hier auch erkennen, dass zwischen denbeidenEmpaglilozin-DosenkeinwesentlicherUnterschiedbesteht.AuchbeiderGesamtmortalitätzeigtesicheinbesseresErgebnisfürEmpagliflozin.DieseErgebnissewarenschonüberraschendgenug[40].

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Abb.7PrimärerkombinierterEndpunkt3P-MACE(KardiovaskulärerTod,Myocardinfarkt,Schlaganfall)Quelle:©modifiziertnachZinmanetal[40]5.3.5KardiovaskulärerTodNochdeutlicherwirdderVorteilvonEmpagliflozinbeiderGruppederRisikopatienten,allerdings,wennmandenkardiovaskulärenTodalleinebetrachtet.Hier ergab sichüberdenZeitraumvon fast 4 Jahreneine Risikoreduktion von 38 Prozent. Das ist eine Risikoreduktion,wie siemit anderen Substanzen imgesamtenkardiovaskulärenTherapiebereichbislangnichtzuerreichenwar[40].5.3.6HospitalisierungwegenHerzinsuffizienzWie erwähnt sind auch die Hospitalisierungen also Krankenhauseinweisungen aufgrund vonHerzinsuffizienzuntersuchtworden.AuchhierergabsicheineerheblicheReduktiondurchdieTherapiemit Empagliflozin, nämlich eine Reduktion um 35 Prozent. Das dürfte sicherlich etwas mit demdiuretischenEffektzutunhaben,aberauchmitzahlreichenanderenWirkungen,diefürdasEmpagliflozindiskutiertwerdenunddie fürdaspositiveGesamtergebnisverantwortlich seindürften.DieverringerteRateanKrankenhauseinweisungenwegenHerzinsuffizienz istabereinErgebnis,das fürunserenAlltageinegroßeBedeutungaufweist[40].5.3.7SicherheitundVerträglichkeitImHinblick auf Sicherheit und Verträglichkeit der Substanz ergab sich in der EMPA-REGOUTCOME®-StudiemitEmpagliflozinjetztkeinneuerAspekt.MansaheinenzuerwartendenAnstiegderInfektionenam äußeren Genitale bei Männern und Frauen wie vorher schon beschrieben. Ein Anstieg vonHarnwegsinfekten wurde nicht beobachtet. Unterzuckerungen stellten kein Problem dar. DiabetischeKetoazidosen wurden neuerdings als seltene aber sehr bedrohliche Nebenwirkung von SGLT-2-Inhibitorendiskutiert, sind aber in dieser Studie extrem selten und insbesondere in der Empagliflozin-GruppenichtinerhöhtemMaßeaufgetreten.EsgabkeinSignalfürLeber-oderNierenschädenundauchVolumenmangelzustände,Hypovolämien,warenkeinProblem.Mit anderenSubstanzen ausderGruppeder SGLT-2-Inhibitoren konnten vereinzelt vermehrte Knochenbrüche festgestellt werden, auch dieserEffektkonnteinderEMPA-REGOUTCOME®-StudieunterVerwendungvonEmpagliflozinnichtbestätigtwerden[40].

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5.3.8Zusammenfassung1IchfassehierdieErgebnissederEMPA-REGOUTCOME®-Studiezusammen:EmpagliflozinverringertdasRisiko für kardiovaskulären Tod, nicht-tödlichen Herzinfarkt oder nicht-tödlichen Schlaganfall beiRisikopatienten mit Typ 2 Diabetes um 14 Prozent. Die Gesamtmortalität sank um 32 Prozent.Empagliflozin verringert insbesondere auch das Risiko für kardiovaskulären Tod bei kardiovaskulärenRisikopatienten mit Typ 2 Diabetes um 38 Prozent. Und Empagliflozin verringert die Kranken-hauseinweisungenaufgrunddekompensierterHerzinsuffizienzum35Prozent.UnddasGanzebeieinemüberschaubaren Nebenwirkungsprofil. Insgesamt war das Verträglichkeitsprofil absolut konsistent mitvorherigenStudienunddenAngabeninderFachinformation[40].5.3.9Numberneededtotreat(NNT)WasunsimAlltagjetztinteressiertistdieAnzahlvonPatienten,diebehandeltwerdenmüssen,umeinenschweren Endpunkt zu verhindern? Hier geht es jetzt insbesondere um Todesfälle von PatientenmithohemkardiovaskulärenRisiko.IchmöchtehiereinenkleinenVergleichmitanderenwichtigenOutcome-Studien anstellen. Sie sehen in Abbildung 8 einmal die bekannte 4S-Studie mit Simvastatin. In dieserStudiemussten30PatientenmithohemkardiovaskulärenRisikoüber5,4JahremitSimvastatinbehandeltwerden,umeinenTodesfallzuverhindern[36].WennwirnuninderZeitachseweitervorangehen,kannmandieACE-Hemmer-StudienbetrachtenundhiergehtesumdieHOPE-StudiemitRamipril,aucheinesehrwichtigeStudie.Hiermussten56Patientenüber5 JahremitRamiprilbehandeltwerden,umeinenTodesfall zu verhindern [20]. Und in der soeben gezeigten EMPA-REG Studie mussten lediglich 39Patienten und diese aber auch nur über einen kürzeren Zeitraum von 3 Jahren behandeltwerden, umeinenTodesfallzuverhindern[40].DassindsehrgeringeZahlen,sehrgeringenumbersneededtotreatzur Verhinderung eines Todesfalls im Alltag vor allem wenn man bedenkt, dass die Patienten bereitsnahezu optimal vortherapiert waren und entweder Empagliflozin oder Placebo „on top“ zusätzlichgegebenwurde.

Abb.8 NNT,umeinenTodesfallbeiPatientenmithohemkardiovaskuläremRisikovorzubeugen:Große„LandmarkTrials“Quelle:©4Sinvestigator[36],HOPEinvestigator[20]undEMPA-REG®Outcome[40]5.4EMPA-REGOUTCOME®:EffekteaufNierenfunktionundNierenendpunkte

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Die bisher gezeigten Daten von EMPA-REG OUTCOME® betrafen in erster Linie die kardiovaskulärenEndpunkte. Auf dem amerikanischen Diabeteskongress in New Orleans 2016 sind aber nun auch diemikrovaskulärenErgebnisse,dieNierenendpunktederEMPA-REGOUTCOME®-Studievorgestelltworden[38].5.4.1IntraglomeruläreDrucksenkungWenn man den Effekt von SGLT-2-Hemmern auf mikrovaskuläre Schäden und insbesondere auf dieNierenendpunktebetrachtet,sogibteshiereinenganzinteressantenpathophysiologischenAnsatzpunkt,denichIhnenimfolgendenkurzschildernmöchte:Unter demEinsatz von SGLT-2-Hemmung kommt es zu einem vermehrtenAnfall vonGlucose und vonNatriumimPrimärharn.Dieseswiederum, insbesonderederAnstiegvonNatrium,wirdvonderMaculadensa registriert und führt dazu, dass die Macula densa an das Vas afferens ein Signal zurVasokonstriktion weitergibt. Wenn das Vas afferens, also das zuführende Gefäß, sich komprimiert,verringert sich der intraglomeruläre Druck. Das führt dazu, dass die glomeruläre Filtrationsrate etwaszurückgeht.Das ist letztendlichdergleicheEffekt,wiewir ihnzumBeispielvonACE-Hemmernkennenund die damit einen langfristigen nephroprotektiven Effekt entfalten. Also eine Verringerung desintraglomerulären Drucks wird ein wesentlicher Punkt sein, um einen eventuell positiven Effekt vonSGLT-2-HemmernaufmikrovaskuläreEndpunkteanderNierezuerklären[6].5.4.2KombiniertermikrovaskulärerEndpunktInderTabelleinAbbildung9sehenSienuneineZusammenfassungdermikrovaskulärenEndpunktemitEmpagliflozin in der EMPA-REG OUTCOME®-Studie. In der ersten Zeile sehen Sie die Effekte auf denkombinierten mikrovaskulären Endpunkt, also Auge und Niere zusammen. Hier ergibt sich eineRisikoreduktionum38Prozent.WoraufistdieseerheblicheRisikoreduktionnunzurückzuführen?Inderzweiten,drittenundviertenZeilesehenSieAugenendpunkte,diezwarnumerischabnehmen,abernichtstatistisch signifikant sind. Ganz im Gegenteil dazu die Nierenendpunkte in der letzten Zeile. Sie sinddefiniert als Neuauftreten oder Verschlechterung einer Nierenerkrankung. Hier ergab sich eineVerringerung um 39 Prozent und das ist hochsignifikant. Sie sehen also, dass der Effekt auf denkombiniertenmikrovaskulärenEndpunkt,alsoAugen-undNierenschäden,maßgeblichvondenrenalenDatenbeeinflusstwurde[38].

Abb.9KombiniertermikrovaskulärerEndpunktmitEmpagliflozinimVergleichzuPlacebo.PräspezifizierteCox-Regressions-AnalysenbeiPatienten,die>1DosisderStudienmedikationerhielten.*Hazard-Ratiound95%Konfidenzintervallwurdennichtanalysiert,dadieGesamtzahlderPatientenmitEreignissen<14war.Quelle:©modifiziertnachWanneretal[38]

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5.4.3NeuauftretenoderVerschlechterungeinerNierenerkrankungAbbildung10zeigtnundierenalenDatengenau imZeitverlaufaufgezeichnet.EshandeltsichhierganzallgemeinumdasNeuauftretenoderdieVerschlechterung einerNierenerkrankung.Dazu zähltenunteranderem das Neuauftreten einer Makroalbuminurie, eine Verdopplung des Serum-Kreatinins, dieInitiierung einer Dialysetherapie oder der Tod durch eine Nierenerkrankung. All diese Endpunktezusammengenommen ergibt sich eine Risikoreduktion um 39 Prozent. Diese ist wiederum statistischsignifikantundklinischhochrelevant[38].

Abb.10NeuauftretenoderVerschlechterungeinerNierenerkrankungQuelle:©modifiziertnachWanneretal[38]5.4.4Post-hoc-AnalyseWennmansichnunineinerpost-hoc-AnalyseaufdieklinischhärterenPunktebeiderNierenerkrankungbeschränkt,alsoVerdopplungdesSerum-Kreatinins,InitiierungeinerDialysetherapieoderTodaufgrundvonNierenerkrankung, ergibt sich auch ein eindeutiges Ergebnis, nämlich eine Risikoreduktion um 56ProzentfürdieseschwerwiegendenNierenkomplikationen[38].5.4.5eGFRüber192WochenAbbildung11zeigtnocheinmaldenvermutlichenpathophysiologischenHintergrundfürdiesegünstigenErgebnisse. Durch Empagliflozin, wiederum ähnlich für beide Dosen, verringert sich initial dieglomeruläre Filtrationsrate, der Filtrationsdruck geht zurück. Letztendlich bleibt er dann aber über dieganzenJahrekonstant,wohingegenesunterPlacebozueinemkontinuierlichenAbfallderGFRundsomitderNierenleistungkommt.DieNierenleistungunterPlacebo istamEndederStudiedeutlichschlechter,als in den Empagliflozin-Gruppen [38]. Nach dem Absetzen von Empagliflozin stieg die eGFR übrigenswiederan.

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Abb.11eGFR(CKD-EPIFormel)über192WochenQuelle:©modifiziertnachWanneretal[38]5.4.6Zusammenfassung2ZusammengefasstkannmanimHinblickaufdiemikrovaskulärenEndpunktefolgendesfeststellen:durchEmpagliflozin wurde eine signifikante Reduktion des Risikos für die mikrovaskulären Endpunkte beiPatientenmitTyp2DiabetesundhohemkardiovaskuläremRisikoerreicht.DieswarmaßgeblichbedingtdurchdieRisikoreduktion fürdasNeuauftretenoderdieVerschlechterungeinerNierenerkrankung.DieRisikoreduktionbetrug39Prozent.FürdieschwerenNierenendpunkte,alsodieVerdopplungdesSerum-Kreatinins,InitiierungeinerNierenersatztherapieoderTodaufgrundvonNierenerkrankung,ergabsichinderPost-hoc-AnalysesogareineRisikoreduktionum56Prozent[38].6EMPA-REGOUTCOME®inaktuellenLeitlinien6.1NationaleundinternationaleLeitlinienSie haben gesehen, dass in der EMPA-REG OUTCOME® -Studie zunächst erhebliche kardiovaskuläreVorteile gezeigtwerdenkonnten, insbesonderedieMortalitätbetreffend. Jetzt konntenaucherheblicheVorteile imBezug auf dieNierenendpunkte gezeigtwerden. Es ist zu erwarten, dass diese ErgebnisseletztendlichauchindieLeitlinieneinfließen.HiersehenSiedieAuswirkungenderEMPA-REGOutcome-StudieaufdieAussagen inverschiedenennationalenund internationalendiabetologischenLeitlinien. Inden Praxisleitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für InnereMedizinwurdenimOktober2015dieErgebnissederEMPA-REGOUTCOME®-StudieindenErläuterungenmit aufgenommenunddie spezifischenVorteile der SGLT-2-Hemmung insbesondere vonEmpagliflozinherausgestellt [33]. Gleichermaßen findet sich seit Mai 2016 auch ein entsprechender Hinweis in denkanadischen Diabetes-Leitlinien [5] sowie in den Leitlinien, die von der europäischen kardiologischenFachgesellschaftherausgegebenwerden[11].6.2ADA-Standards2016

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Erfreulicherweise findensichdieHinweiseaufdieEMPA-REGOUTCOME®-Studienunmehrauch indenPositionspapieren, die von der europäischen und der amerikanischen Diabetes-Gesellschaft heraus-gegeben werden so wie ich sie Ihnen bereits im früheren Verlauf dieser Fortbildung gezeigt habe. Imeinzelnenheißteshierübersetzt: „Empagliflozin istdaserstezugelassenemoderneAntidiabetikum, fürdas eine Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse nachgewiesen wurde. Ob Empagliflozin oder andereSGLT-2-HemmereineähnlicheWirkungbeiPatientenmitDiabetesundeinemniedrigenkardiovaskulärenRisiko haben ist noch nicht bekannt.“ Auch dieses ist eine sehr wichtige Aussage, denn primär geltenunsereStudiendatennatürlich fürdasuntersuchteKollektivunddas sindPatientenmitTyp2DiabetesundhohemkardiovaskulärenRisiko[1].7ZusammenfassungLiebe Kolleginnen und Kollegen, ichwollte Ihnen zeigen, dass das Erreichen von Blutzuckerzielen, dasAbsenken vonHbA1c-Werten heutzutage für Patientenmit Typ 2Diabetes sehrwichtig ist. Gleichzeitigkommt es aber darauf an, Unterzuckerungen zu vermeiden und möglichst eine Gewichtsabnahme zuerreichen. Ganz wichtig ist eine Reduktion des kardiovaskulären Risikos unserer Patienten mit Typ 2Diabetes,weildiesesdieLebenserwartungderPatientenganzwesentlichbeeinflusst. IndiesemKontexthaben die SGLT-2-Inhibitoren eine zunehmende Bedeutung in unserer täglichen Therapie. Die SGLT-2-Hemmung konnte zeigen, dass HbA1c-Werte verringert werden, Unterzuckerungen vermieden werden,das Gewicht zurückgeht und das bei einer Nebenwirkungsarmut, wie wir sie bei anderen Substanzenseltenfinden.SpezielldasEmpagliflozinkonnteinderEMPA-REGOUTCOME®-Studiedemonstrieren,dassbei Patienten mit Typ 2 Diabetes und hohem kardiovaskulären Risiko die Mortalitätsrate erheblichgesenkt wurde und in den letzten Publikationen auch beweisen, dass die Progression vonNierenerkrankungenganzwesentlichzurückging.8HäufigeFragenundAntworten8.1 SinddieinderEMPA-REGOUTCOME®-StudiebeobachtetenEffekteimSinneeines

KlasseneffektsauchaufandereSGLT-2-Inhibitorenübertragbar?Es sind ja internationalmehrere SGLT-2-Hemmer auf demMarkt und in Deutschland imwesentlichenzwei, nämlich Empagliflozin und Dapagliflozin. Mir ist wichtig, dass die Ergebnisse der EMPA-REGOUTCOME® -Studie nicht so ohne weiteres auf andere Vertreter der SGLT-2-Inhibitoren übertragenwerden können. Die Studie gilt so wie sie durchgeführt worden ist und nur für die Substanz die dortverwendetworden ist, nämlich fürdasEmpagliflozin. Fürdie anderenSGLT-2-Hemmer laufenähnlicheOutcome-Studien,wowirdasErgebnisabererstineinigenJahrenzuerwartenhaben.8.2 WieschätzenSiediepraktischeBedeutungderinderEMPA-REGOUTCOME®-Studiegezeigten

VerringerungderZahlderKrankenhauseinweisungenwegendekompensierterHerzinsuffizienzein?

Hiermöchteichdaraufhinweisen,dassdiedekompensierteHerzinsuffizienzeineKomplikationdesTyp2Diabetesist,diebeiweitemimPraxisalltagunterschätztwird.DekompensierteHerzinsuffizienzengeradebeiTyp2DiabetestretenaußergewöhnlichhäufigaufundsindeineganzhäufigeTodesursache.Insofernhat das Ergebnis in der EMPA-REG OUTCOME®-Studie, dass die Krankenhauseinweisungen durchHerzinsuffizienzenverringertwurden,einegroßepraktischeBedeutungfürunsalle.8.3 WelchepraktischenHinweisehabenSiefürdenHausarztbeiderBehandlungvon

DiabetespatientenmitSGLT-2-Inhibitoren?DieSGLT-2-Hemmer,Empagliflozininsbesondere,habeneinesehrbreiteZulassung.SokönnensieschonalsMonotherapieverwendetwerdenzumBeispielbeiPatienten,dieMetforminnichtgutvertragenundsiekönnenaberauchmitpraktischjederanderenblutzuckersenkendenSubstanzkombiniertwerden.Dasgilt für alle oralen Antidiabetika und insbesondere auch für Insulin. Gerade mit Insulin ergeben sich

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hervorragendeKombinationen,mitdenenichimAlltagsehrguteResultateerzielenkonnte:VerbesserungderHbA1c-Werte,RückgangderInsulindosenunddeutlicheReduktiondesKörpergewichts.Literaturverzeichnis1. ADADiabetesGuideline2016:AmericanDiabetesAssociation.DiabetesCare2016;39(Suppl1):

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