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Die Temperaturabhangigkeit der Molvolumina der Phasen NaTl und LiCd Von A. SCHNEIDER u. G. HEWER Mit 10 Abbildungen Inhaltsiibersicht Bestimmung der Temperaturabhangigkeit der Dichte von NaTl und LiCd im festen und flussigen Zustand. Die Anwendbarkeit der 'CTersuchsmethodik (rontgenographische Bestimmung der Gitterkonstanten zwischen Zimmertemperatur und Schmelzpunkt; Blasendruckmethode) wird an reinen Metallen (Pb, Sb, T1, Cd, In) nachgewiesen. - Die Ergebnisse werden im Zusammenhang mit denen der vorstehenden thermochemischen Untersuchung diskutiert: bestimmend fur die Stabilitat des NaT1-Gitters (AB) sind folgende Faktoren : 1. Festigkeit der kovalenten Rindung B-B; 2. Polarisierbarkeit der unedlen Komponente A; 3. Elektrostatische Wechselwirkung zwischen dem [A+],- und dem [El-],-Teilgitter. - Temperaturerhohung entspricht : a) Lockerung der R-B- Bindung, b) Erhohung der Fehlstellenkonzentration, c) Radiennormalisierung als Folge von a) und d) Zunahme metallischer Bindungsanteile bei Erhaltung kovalent,er und he- teropolarer Bindungsanteile auch noch im fliissigen Zustand. In der voranstehenden Mitteilungl) war aus der Form der Warme- inhaltskurve der intermetallischen Verbindung NaTl die Vermutung abgeleitet worden, dalJ mit steigender Temperatur eine Bindungsauf- lockerung im [Tl-1,-Teilgitter anzunehmen ist, die sich in der Volumen- Temperatur-Kurve zeigen sollte. Daneben war es weiterhin die Be- sonderheit der C,-Kurve des LiCd, vor allem aber die Frage nach der GrolJe und dem Vorzeichen des Volumensprungs von NaTl-Phasen am Schmelzpunkt, die uns zu einer Bestimmung des Molvolumens im fester, und fliissigen Zustand Veranlassung gaben. Wegen der starken Reaktionsfahigkeit des KaT1 erschienen uns pyknometrische Methoden fur Dichtemessungen bei hohen Temperaturen weniger empfehlenswert. Wir verwendeten deshalb fur den festen und flussigen Zustand getrennte Methoden und zwar : a) rontgenographische Bestimmung der Gitterkonstanten der festen Phase mit Hilfe einer Heizkamera und b) eine Blasendruckmethode zur Dichtemessung der Schmelzen. l) A. SCHNEIDER u. 0. HILMER, Z. anorg. allg. Chem. 386, 97 (1956).

Die Temperaturabhängigkeit der Molvolumina der Phasen NaTl und LiCd

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Die Temperaturabhangigkeit der Molvolumina der Phasen NaTl und LiCd

Von A. SCHNEIDER u. G. HEWER

Mit 10 Abbildungen

Inhaltsiibersicht Bestimmung der Temperaturabhangigkeit der Dichte von NaTl und LiCd im festen

und flussigen Zustand. Die Anwendbarkeit der 'CTersuchsmethodik (rontgenographische Bestimmung der Gitterkonstanten zwischen Zimmertemperatur und Schmelzpunkt; Blasendruckmethode) wird an reinen Metallen (Pb, Sb, T1, Cd, In) nachgewiesen. - Die Ergebnisse werden im Zusammenhang mit denen der vorstehenden thermochemischen Untersuchung diskutiert: bestimmend fur die Stabilitat des NaT1-Gitters (AB) sind folgende Faktoren : 1. Festigkeit der kovalenten Rindung B-B; 2. Polarisierbarkeit der unedlen Komponente A; 3. Elektrostatische Wechselwirkung zwischen dem [A+],- und dem [El-],-Teilgitter. - Temperaturerhohung entspricht : a) Lockerung der R-B- Bindung, b) Erhohung der Fehlstellenkonzentration, c ) Radiennormalisierung als Folge von a) und d) Zunahme metallischer Bindungsanteile bei Erhaltung kovalent,er und he- teropolarer Bindungsanteile auch noch im fliissigen Zustand.

In der voranstehenden Mitteilungl) war aus der Form der Warme- inhaltskurve der intermetallischen Verbindung NaTl die Vermutung abgeleitet worden, dalJ mit steigender Temperatur eine Bindungsauf- lockerung im [Tl-1,-Teilgitter anzunehmen ist, die sich in der Volumen- Temperatur-Kurve zeigen sollte. Daneben war es weiterhin die Be- sonderheit der C,-Kurve des LiCd, vor allem aber die Frage nach der GrolJe und dem Vorzeichen des Volumensprungs von NaTl-Phasen am Schmelzpunkt, die uns zu einer Bestimmung des Molvolumens im fester, und fliissigen Zustand Veranlassung gaben.

Wegen der starken Reaktionsfahigkeit des KaT1 erschienen uns pyknometrische Methoden fur Dichtemessungen bei hohen Temperaturen weniger empfehlenswert. Wir verwendeten deshalb fur den festen und flussigen Zustand getrennte Methoden und zwar :

a) rontgenographische Bestimmung der Gitterkonstanten der festen Phase mit Hilfe einer Heizkamera und

b) eine Blasendruckmethode zur Dichtemessung der Schmelzen.

l) A. SCHNEIDER u. 0. HILMER, Z. anorg. allg. Chem. 386, 97 (1956).

A. SCHNEIIJER u. G. HEYMER, Die Temperaturabhangigkeit der Molvolumina 119

A. Versuchsdurchfuhrung 1. RoNTGEx-Heizkamera: Da - wie fruhere Erfahrungen gezeigt

hatten 2, - Hochtemperaturaufnahmen von Legierungen mit Alkali- komponenten wegen der starken Reaktion zwischen Natrium und ins- besondere Lithium einerseits und Glas bzw. Quarz andererseits nur bis zu relativ niedrigen Temperaturen miiglich sinds), konstruierten wir eine Heizkamera mit geringstmoglichem Kamera-Radius, um so mit moglichst kurzen Belichtungszeiten auskommen zu konnen :

Ahb. 1 zeigt in schematischem Srhnitt das Prinzip der Ksmera4), deren wesentliche Eigenrtrt die Einfuhrung des Praparates von unten sowie die Konstruktion der Heiz- elemente darstellt, um eine st6reudc Wiirmekonvektion zu vcrmeiden : die Bohrung im

0

Abb, 1. Heizkamera, schematischer Aufbau von Kamera und Heizkiirper

oberen Teil den Heizkdrpers ist etwa 15 mm oberhalb des Strahlengangs abgeschlossen. - Die ubrigen Einzelheiten ergeben sich aus der Zeichnung : c = Zentriervorrichtung ub- Iicher Bauart; d = Filmschlitten (5 Aufnahmen pro Film bei einer Spaltbreite fur den Strahlenaustritt yon 8 mm); e = Wasserkuhlung mit Abdeckung des Spaltes durch Alu- miniumfolie zur Abschirmung gegen Warmestrahlung; f = Rlenden; g = Heizkorper (Ergan-Xasse) mit Stromzufuhrungen = h. - Die Heizkorper bestehen aus jeweils einem inneren und au8eren Teil. Der aul3ere Mantel (Durchmesser 25 mm) dient der Wirme- isolation; der innere (au8en 8 mm mit einer Bohrung von 4 mm) tragt die Heizwicklung

2, E. ZINTL u. A. SCHNEIDER, 2. Elektrochem. angew. physik. Chem. 41, 294 (1935). 3, Bei einem Kameraradius wie bei hiufig verwendeten Geraten (57,3 mm) und einer

Belichtungszeit von 25-30 Stunden: Maximaltemperatur etwa 250' fur Li-Cd (12% Li). 4, Herrn Mechanikermeister ALBRECHT, Mineralogisches Institut der Universitat

Got,tingen, sind wir zu grofiem Dank fur die verstaudnisvolle und prazise Anfertigung der Kamera verbunden.

120 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 286. 1966

(Megapyr-Draht; Leistungsaufnahme 240 Watt bei 500'). Zu moglichst weitgehender Verhinderung eines schroffen Temperaturabfalls im Strahlendurchtrittsspalt ist an der Oberflache des unteren Heizkorpers (i) eine zusatzliche Heizspirale angebracht. - Die Abb. 2a und 2b geben die durch Ausmessung mit einem Thermoelement ermitteite T e m p e r a t u r v e r t e i l u n g im S p a l t wieder und verdeutlichen, dal3 iiber die Lange des im Strahlengang stehenden Praparatenteils eine gute Temperaturkonstanz vorhanden

n

Abb. 2 a. Temperatun-erlauf inrierhalb der Kamera bei einem Schnitt entlang der

senkrechten Achse

T

400 -

300 -

200 -

roo -

Abb. 2 b. Temperaturverlauf inner- halb der Kamera bei einem waage- rechten Schnitt in HBhe der Blenden

ist. - Einkittung des Praparates im hlarkrohrchen niit Sillimanit SKI-Material in einem Sintertonerde-Rohrchen, das seinerseits mit dem Metallkorper verbunden ist: es konnte so eine allzu starke Warmeableitung vermieden werden.

Die T e m p e r a t u r m e s s u n g wurde auf Grund von Eichmessungen an eine genaue Bestinmiung der Heizstromstarke angeschlossen (Genauigkeit: & 0,002 Amp & lo). Konstanthaltung der Heizspannung rnit eineni niagnetischen Spannungskonstanthalter. Konstanthaltung der Kiihlwasserzufuhr und damit der Wassermanteltemperatur mit einem UherlaufgefaB. Insgesamt ergeben alle Fehlerquellen der Temperaturrnessung (Warmeableitung iin Praparatentrager, mangelnde Zentrierung, Inkonstanz von Kiihl- wassertemperatur und Heizspannung) einen Gesamtfehler von maximal & 4 ', entspre- chend einer Schwankung in der Gitterkonstanten yon & O,Ol% bzw. in der Dichte von & O,l%. - DaR diese Abschatzung den wahren Verhaltnissen entspricht, ergaben E i c h - messungen mit KCl, dessen Gitterkonstante in Abhangigkeit von der Temperatur neuerdings sehr genau bestimmt wurde5). Unsere I e r t e wichen auch fur Temperaturen

5 , R. E. GLOVER, Z. Physik 138, 2 2 2 (1954).

A. SCHNEIDER u. G. HEYMER, Die Temperaturabhangigkeit der Molvolumina 121

bis 550" (Maximaltemperatur fur unsere weiteren Versuche in der zur Zeit verwendeten Xamera) nicht mehr als O , O l % von den Werten von GLOVER ab.

Als Filmmaterial verwendeten wir den sehr empfindlichen GAEVERT ,,Osray" und konnten so mit Belichtungszeiten von 40-70 Minuten auskomrnen. Es gelang so, auch von LiCd noch bei 500' gut auswertbare Interferenzmuster zu erhaleen: zur Gitterkon- stantenbestimmung konnten noch die Tnterferenzen h k 1 = 553 nit einem Ablenkungs- winkel von 8 = 60,Z" verwendet werden. Die O L ~ , a,-Aufspaltung war noch bei h k 1 = 553 und einer Temperatur yon 400" C sichtbar. -

2. Dichtemessung d e r Schmelzen (bearbeitet von A. STAUF- F E R ~ ) ) : Zur Bestimmung der Dichte der flussigen Phasen benutzten wir eine fur metallische Schmelzen wohl erstmals von GREENAWAY 7)

angewendete Blasendruckmethode, die wir allerdings in einigen wesent- lichen Punkten abanderten, urn sie insbesondere fur Iuftempfindliche Substanzen brauchbar zu machen. Das Prinzip der Mefianordnung be- steht sehr einfach darin, dalJ der maximale Blasendruck beim Durch- perlen von Gasblasen durch eine Schmelze in Abhangigkeit von der Ein- tauchtiefe des Einleitungsrohres ermittelt wird. Die gesuchte Dichte der Schmelze ist dann d = dp/h (dp = pz - p1 = Differenz der maxi- malen Blasendrucke pz und pl; h = Differenz der Eintauchtiefen bei pz bzw. pl). - Im Gegensatz zu GREENAWAY, der zwei in fixiertem Ab- stand h angeordriete Rohre verwendete, benutzten wir nur e in Ein- leitungsrohr, dessen Eintauchtiefe mit einer Mikrometerschraube (Ab- lesegenauigkeit : f 0,Ol mm) mefibar veranderlich war *). Als blasen- bildendes Gas und zugleich als Schutzgas wurde hochgereinigtes Argon benu tz t .

Die gesamte Me I j a p p a r a t u r besteht aus: 1. Gasreinigung, 2. Wasser-Manometer (& 0,l mm Wassersaule) und 3. Schmelzofen. Alle Teile sind durch Glasverbindungen und Schliffe luftdicht verschlossen. Die bewegliche Verbindung zwischen Gasleitung und blasenbildendem R,ohr wird iiber eine Schliffkette und eine Glockendichtung (Paraffin- bad) hergestellt. Zwischen Manometer und Ofen ist eine Kiihlfalle zur Beseitigung yon Wasserdampf angebracht. - Die R e i n i g u n g d e s Gases muUte zur Vermeidung von Oxgd- bzw. Nitridhauten an der Offnung des Gaseinleitungsrohres, die storende Unregel- madigkeiten im AbreiRen der Gasblasen verursachen, LuEjerst sorgfaltig durchgefuhrt werden: Heratol, aktives Kupfer, Blaugel, KOH, P,O,, Mg-Spane (630' C), Na-K- Legierung. - Ofend imens ionen : Innen-Durchmesser 30 mm; Lange der Heizwick- lung: 350 mm. - c b e r dem Tiegel ist ein mit einer Eohrung fur das Gaseinleitungsrohr versehener Fiillkorper aus keramischem Material angebracht, um eine Warmekonvek- tion moglichst zu unterbinden. Die Tsolation des Ofens ist unter dem besonderen Gesichts-

O ) Dip1.-Arbeit A. STAUFFER, Gottingen 1953. ?) H. T. GREEWAWAY, J. Inst. Metals 74, 133 (1947). *) Beim Arbeiten mit 2 Rohren mu13 zur Auswertbarkeit vorausgesetzt werden

konuen, daR sich der durch die Oberflichenspannung bewirkte Druckanteil an beiden Rohrenden durch Differenzbildung ausgleicht. Da das nicht sitiher zu realisieren ist , anderten wir die MeIjmethode unter I7erwendung eines einzelnen, verstellbaren Rohres ab.

122 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 286. 1956

punkt gestaltet, daS innerhalb der Schmelze (etwa 20 X 80 mm) eine praktisch konstante Temperatur einstellbar ist. - Die wesentliche Schwierigkeit bei der Durchfuhrung der Messungen lag in der F o r m d e r B l a s e n a u s t r i t t s o f f n u n g des Einleitungsrohres bzw. in dem verwendeten Material8) : offenbar spielen die Benetzbarkeit nnd die Oberflachen- spannung eine sehr erhebliche, allerdings schwer iibersehbare Rolle als Voraussetzung fur wirklich einwandfrei reproduzierbare Ergebnisse. Die besten Ergebnisse erzielten wir im allgenieinen mit sorgfaltigst plangeschliffenen Rohren aus A1,0, mit empirisch ermittelten gunstigsten Wandstarken zwischen 0,5-0,02 mm'). AuRerdem war eine erschutterungsfreie Aufstellung des Ofens Voraussetzung fur eine reproduzierbare Blasenbildung. Bei Nichtbeachtung der letzteren Maonahmen (Dusenform, Material, Erschutterungsfreiheit) konuen die MeSfehler leicht & 2% des Dichtewerts erreichen.

Bei sorgfaltiger Beachtung aller Fehlerquellen liegen die Dichtewerte jedoch inner- halb einer Fehlerbreite yon & 0.1 bis 0,2Y01 Zur Auswertung der Messungen und d b - schatzung ihrer Genauigkeit sei noch folgendes erwahntlo): In der obigen Formel fur die Dichtemessung d = dp/h ist zunachst h nicht streng einer Bestimmung zuganglich, da sich bei verschiedener Eintauchtiefe des Rohres naturlich die Stellung des Flussigkeits- spiegels andert. Bei einem innercn Tiegeldurchmesser 2 R und einem Aufienquerschnitt des Rohres 2 r ergibt sich fur die Dil'ferenz der Ablesungen an der Mikrometerschraiibe

(h') ein Korrekturfalrtor (1 + /?), wobei $ = -- ist. Weiterhin ist bei verschiedenen

EintaEchtiefen die thermische Ausdehnung des Einleitungsrohres zu berucksichtigen: ist LY die Lange in cm, um die ein 1 em langes Rohr sich bei Erwarmung von Zimmer- auf MeS-Temperatur ausdehnt, so wird h = h' (1 + /?) ( 1 + a). Berucksichtigt man schlieWlich noch die Temperaturabhangigkeit der Dichte des Wassers im Manometer, so ergibt sich als Endformel :

r? R2 - r-

Eine genaue F e h l e r d i s k u v s i o n unter Beriicksichtigung unserer Apparatedimensionen ergibt folgende mit den Messungen ubereinstimmende Fehlerschitzung : bei spezifisch schwereren Netallen Fehlerbreite der Dichtewerte O,l ,%; bei leichteren Schmelzen (Li) bis zu f 0,5yo. Diese Angaben beziehen sich auf Einzelwerte fur eine bestimmte Temperatur und werden durch graphische Mittelung iiber groSere Temperaturbereiche entsprechend sicherer.

3. H e r s t e l l u n g u n d R e h a n d l u n g d e r Leg ie rungen : Bei der Herstellung der Legierungen fur die Dichtemessung im flussigen Zustand m d t e zur Vermeidung von Oxydation und Nitridbildung unter volligem LuftabschluR gearbeitet werden. Wir ver- mendeten eine schematisch in Abb. 3 wiedergegebene Snordniing, die das Einfullen, Wagen nnd Schmelzen der Legierungskomponenten unmittelbar in dem zur Messung bestimmten Tiegel erlaubt. In dem Supremax-Rohr a mit Schliff befiridet sich der Tiegel b (22 x 100 mm). Nach Fullung mit drgon wird die gesamte Apparatur gewogen (+. 10 mg). An-

8) Fur Cd- und In-Schmelzen erwies sich z. B. Eisen als ungeeignet, weil es offenbar nicht gleichmaJ3ig benetzt wird. Umgekehrt konnte Al,O,-Material wegen chemischer Reaktion nicht fur Li-haltige Schmelzen verwendet werden.

9, Zur Frage der die Blasenbildung beeinflussenden Faktoren vgl. z. B. die fur Messung der Oberfliichenspannung angestellten Oberlegungen von A. W. PORTER, Philos. Mag. 9, 1065 (1930) und I. W. TAYLOR, J. Inst. Metals 83, 143 (1954/55).

10) Ausfuhrliche Fehlerdiskussion : Diplomarbeit A. STAUFPER, Gottingen I953 und Diplomarbeit G. HEYMER, Qottingen 195.5.

A. SCHNEIDER u. G. HEYMER, Die Temperaturabhangigkeit aer Molvolumina 123

schlieBend wird in das mit Schliff eingefuhrte Rohr c roh von Oxydkrusten gereinigtes Natrium (bzw. Lithium) gefiillt und unter leichtem Unterdruck (von c her) oxydfrei in den Tiegel ausgeschmolzen. Nach Entfernung von c und Zuriiclrwagen von a wurde die im Tiegel befindliche Menge Natrium ermittelt und die notwendige Menge der edleren Legie- rungskoin ponente zugege ben . Anschlie Bend wurde erneut aufgeschmolzen und mit Hilfe einer an einem ,,Seilzug" (Wolframfaden) be- findlichen Ruhrvorrichtung (gelochte Wolfram- platte 1) grundlich durchmischt: Wolfram- faden an Glashakchen fixiert und Auf- und Absenken durch Drehung des Schliffes K. - Fur Lithium muBte der Einsatz c aus Eisen an- gefertigt werden. Tiegelmaterial fur NaTl : Sinter-Al,O,; fur LiCd: Eisen bzw. Wolfram. - Bei Einwaagen von etwa 15 g Na.trium bzw. 6 g Lithium war der Einwaagefehler (& 0,Ol g) in der GroBenordnung von O , l % durchaus tragbar, zunial die Einwaage der edleren Komponente (TI bzw. Cd) wesentlich genauer vorgenommen werden konnte. Zur Sicherung der Ergebnisse wurden sowohl von NaTl wie TiCd je 3 verschiedene Schmelzen hergestellt und durchgemessen (vgl. Tab. 1 2 u. 13). -

Die Pra.parate fur die Heizkamera wurden - in Argonatmosphare - in ublicher Weise

h

u

durch Abfrasen und Einfullen des Pulvers in Markrohrchen gewonnen. Zur Vermeidung von Schwierigkeiten beim Abschmelzen der

3. Versuchsanordnung zur Her- stellung der Legierungen

Hohrchen, die zu Undichtigkeiten und rascher Oxydation beim Erhitzen fuhren, erwies es sich als vorteilhaft, 2 Markrohrchen zu verwenden, die ineinandergesteckt wurden : das diinnere, innere diente als Trichter, so daQ eine Verunreinigung des au8eren Rohres mit Legierungsstaub zu vermeiden war, der beim Abschnielzen durch Reaktion mit dem Glas sonst stets zu TJndichtigkeit enfuhrte.

B. Ergebnisse

I. Zur Sicherung unserer Aussagen uber die Volumenverhaltnisse der festen und flussigen Phasen NaTl bzw. LiCd untersuchten wir zu- nachst eine Reihe re iner Metal le (Pb, Sb, T1, In, Cd). Da der Ver- gleich unserer Ergebnisse mit Literaturwerten auch allgemein nicht ohne Interesse erscheint, geben wir jene im folgenden als Beleg ebenfalls wieder.

1. Blei : Im Temperaturbereich zwischen 430-710" fanden wir fur fliissiges Blei folgende Dichten (n = Zahl der Einzelmessungen; F(%) = prozentualer Fehler der Einzel- messung) :

124 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 286. 1956

Die graphische Darstellung dieser Daten und ihr Vergleich mit Literaturwerten 11-16)

(Abb. 4) ergibt befriedigende Obereinstimmung. Die Werte von KNAPPWOST und RESTLE'~)

. '. .

.7G.ul ' 100 400 500 600 700 5c

T-

Abb. 4. Blei. Dichtewerte im flussigen Zustand

sind wahrscheinlich infolge der Schwierigkeit, die thermische Ausdehnung des kerami- when Materials bei dem von den Autoren verwendeten Schleuderguherfahren repro-

n

4 8 4 8 7 7 8 7

__

Tabelle 1 Blei

F (%)

H J 6 0,24 0,17 0,23 0,16 0,26 0,17 0,26

Tabelle 2 A n t i m o n

_____ d _____ 10,56*) 10,52, 10,43 *) 10,42, 10,30 *) 10,27, 10,17*) 10,16,

duzierbar zu erfassen, systematisch zu hoch. Beste obereinstimmung finden wir mit einem Einzelaert von S A E O E R ~ ~ ) , wahrend groBere Diffe- renzen (maximal i 1%) gegeniiber anderen Autoren festzustellen

11) A. KNAPPWOST u. H. RESTLE, Z. Elektrochem. Ber. Bunsenges. phy- sik. Chem. 58, 222 (1954).

1 2 ) G . VICENTINI, Atti Acad. naz. Lincei 611, 152 (1890).

13) H. T. GREENAWAY, J. Inst. Metals 74, 133 (1947).

14) T. R. HOGNESS, J. Amer. chem. SOC. 43, 1621 (1921).

15) Y . MATSUYAMA, Sci. Rep. TBhoku Imp. Univ. 18, 19, 737 (1921).

16) C. M. SAEGER, Bur. Stand. J. Res. Wash. 8, 37 (1932).

*) MeSwerte nach A. STAUFFER, Diplomarbeit Gottingen 1953.

A. SCHNEIDER u. G. HEYMER, Die Temperaturabhangigkeit der Molvolumina 125

sind, obwohl der Temperaturkoeffizient in allen Fallen mit unseren Befunden iiberein- stimmt.

2. Ant imon: Tab. 2 enthalt unsere Werte fur flussiges Antimon zwischen 720 und 920' C. Die Ubereinstimmung unserer MeRergebnisse mit den L i t e r a t ~ r w e r t e n ~ ~ ) 15)17!

ist hier noch besser als bei Blei sowohl hinsichtlich der Einzelwerte als auch der Tem- peraturabhangigkeit der Dichte: Abb. 5.

600 700 50Q ?00 1000 o c

Abb. 5 . Antimon. Dichtewerte im fliissigen Zustand

T -

Fur C a d m i u m , I n d i u m und T h a l l i u m wurden die Dichten sowohl im festen wie im flussigen Zustand gemessen und zwar rnit fol- genden Ergebnissen :

3. Cadmium: Tab. 3 und Tab. 4 sowie Abb. 6 enthalten die rontgenographisch bzw. nach der Blasendruckmethode ermittelten d-Werte ; Abb. 5 gibt die Temperatur- abhangigkeit zwischen Zimmertemperatur und 600" wieder, aus der zugleich der Volumen- sprung beim Schmelzen berechenbar ist. Die Daten fur den fliissigen Zustand sind ebenso wie diejenigen fur Blei nnd Antimon in guter Ubereinstimmung mit den Bestwerten der Literatur13)14). - Vgl. auch 18).

Tabelle 3 Cadmium, f e s t

l7) K. BORNEMANN u. P. SIEBE, 2. Metallkunde 14, 234 (1922). la) A. SCHNEIDER, A. STAUFFER u. G. HEYMER, Naturwiss. 41,326 (1954).

126 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 286. 1956

385 ~

436 479 7

4. I n d i u m : Fur flussiges Indium liegen nach unserem Wissen bisher keine Messungen vor. Wir halten die nachfolgenden Daten im Hinbliclr auf die gute Vergleichbarkeit der

vorstehenden MeBergebnisse innerhalb der an- gegebenen Fehlergrenzen fur zuverlassig : Tab. 5 und Tab. 6, Abb. 7.

10 ,20 1 7,941 0,18 7,885 0,20 7,831

82 1 I

, 514 560

7 4 1 . . . , . . * . . . I .

Abb. 6. Cadmium. Dichtewerte zwi- schen 20" und 600" C

1OG Oh0 6 3 'C T-

8 0,20 7,79, 7,740

5. T h a l l i u m : DieDichtewerte fur flussiges Thallium haben wir bereit.s fruher mitgeteiltls)

Tabelle 4 Cad mi u m , geschmolzen

Tabelle 5 I n d i u m , fest

7,26 18 ' 4,589 & 0,006 4,942 f 0,006

4,606 1 4,946 1 1:: I 4,618 I 4,949 -

nnd die bssonders gute Ubereinstimmung mit zwei Werten zeigen konnen, die P A C H E R ~ ~ ) dicht oberhalb des Schmelzpunktes ermittelt hat. Unsere vervollstandigten Ergebnisse sind in Tab. 7 und Tab. 8 enthalten. Abb. 8 gibt die graphische Uarstellung der

gesamten Temperaturabhangigkeit zwischen 0 und 650°C. In letzterer ist eindeiitig der fur beide Thallium-

Tabelfe 6 I n di um , geschmolzen

-~ i T ("c)

231 267 281 302 311 355 421 I ~~

n I d 1 &0,19

0,19 0,23 0,20 0,19 0,20 0,19

Modifikationen verschiedene Tempe- raturkoeffizient der Dichte erkennbar.

Die vorstehenden Ergebnisse sind in Tab. 9 zusammengefaRt. Da- bei sind die d-Werte graphisch linear auf den Schmelzpunkt extrapoliertz"). Die Spalten 4 und 5 enthalten die mi ttleren kubischen Ausdehnungs-

19) G. PACHER, Nuovo Cimento 2, 154 (1895).

*O) Wir mussen hierbei zunachst offen lassen, inwieweit eine solche lineare Extra- polation ganz zuverlassig ist, da auffalligerweise unsere Methode des Blasendrucks in allen untersuchten Fallen erst jeweils 50--100° oberhalb des Schmelzpunktes exakt re- produzierbare Werte lieferte.

A. SCHNEIDER u. G. HEYMER, Die Temperaturabhangigkeit der Molvolumina 127

graphisch bestinimten linearen Ausdehnungskoeffizienten B fur die festen Metalle angegeben. Spalte 9 enthalt schlieRlich d

die prozentuale Volumen- zunahme beim Schmelzen der 7 1 -

Metalle Cadmium, Indium und Thallium.

g r d .

1 7 3 -

72

78

69 11. Auf Grund des vorstehenden Nachweises @ -

der Anwendbarkeit un- 67.

'\%,%

1" \=Ax>

L.

L -

-

.

Tabelle 7 T h a l l i u m , fest

18 ~ 3,456 i 0,005 I I hex. 1 1 3,469 iii I 3,481 I I

5,530 & 0,006 1 1,60 11,86 & 0,06 5,535 I 1,5g5 11,7fi 5,539 1,59 11,fis I

! - - 11,62 1 - ~ 11,56

Interferenzmuster entsprachen bei allen Temperaturen voll- standig und eindeutig dem des NaTl-Gitters.

Die zahlenmal3ige Zusam- menstellung unserer Dichte- messungen an den flussigen Phasen (jeweils 3 verschiedene Substanzen) geben Tab. 1 2 und Tab 13, wahrend der gesamte

21) 0. KUBASCHEWSKI, Trans. Faraday SOC. 46, 931 (1949).

392 412 455 492 504 527 554 580 646 651

Tabelle 8 T h a l l i u m , geschmolzen

n

8

8 7 8 8 8 8 8 8

a

F (%)

f 0 , 2 0 0,27 0,18 0,36 0,19 0,21 0,21 0,31 0,20 0,28

I d p

11,16 11,13 11,07 11,04 11,Ol 10,95 10,90 10,87 10,78

I 10,77

128 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 286. 1956

10,66 6,50 8,335 8,016 7,19, 7,056

11 ,63522)

11,29 11,53,

Antimon, fliissig Cadmium, fest

Indium, fest fliissig

Thallium, fest, hexagonal fest, kubisch flussig

fliissig

_ ~ _ -~

OJ2, 0,100 0,126 0,l?ll 0,124 0,12 0,091 0,124 OJ4,

O C S I I l D .

q cmi

1 u a

327 630

321

166

-

-

- - 302

zienten in Tab. 1 4 angegeben. Die Volumenanderung beim

Tabelle 9

110

108.

'.\ des Molvolumens berechnet (AV'). 1.

',

101

234 j 239 I 249

1 283

' 200

I 269

C. Zusammenfassung 23) (1111 6 1 106

2JO

1- 7,51 & 0,Ol 7,55 7,57 7,58 7,58

7,60 7.60

T-

Abb. 8. Thallium. Dichtewerte zwischen 20" und 650" C

~~ , d ~

7,19 & 0,Ol 7,12 & 0,01, 7,Ol 6,97 5 0,02 6,95 6,94 6,89 6,87

Die vorliegenden Ergeb- nisse der thermochemischen und raumchemischen Unter- suchung an NaT1-Phasen ver- mogen zwar kein erschopfendes, systematisches Bild der Zu- sammenhange zu geben : LiA1,

22) d am Umwandlungspunkt (234").

23) Vgl. hierzu auch die voran- stehende Mitteilung : A. SCHNEIDER u. 0. HILMER, Z. anorg. allg. Chem. 286, 97 (1956).

A. SCHNEIDER u. G. HEYMER, Die Temperaturabhangigkeit der Molvolumina 129

0,13 0,lO 0,126 0,165 0,125

- -

0,062

0,012 -

- 0,126 0,150

- 0,032

0,056

0,041

-

-

- 0,009 - -

zwischen "C

327-700 630-900 16-321

321-600 18-156

156-400 18-234

234-302 302-650

397 i 440 10 474 6 534 10 561 8 585 7 606 8

LiZn, NaIn erstarren nicht als singulare Kristallarten aus der Schmelze, fur LiIn ist das Zustandsdiagramm noch nicht sicher, fur LiGa noch gar nicht geklart, und die Phasen LiCd und LiZn nehmen gegenuber den

__ i 6,12, I 0,23 6,06, 1 0,23 6,03, 3 0,21 5,94, I 0,19 5,90, 3 0,22 5,88, 3 0,24 5,84, 2

Phasen, die aus Elementen der I. und 111. Gruppe ge- bildet werden, sicher ener- getisch und bindungsmaljig eine gewisse Sonderstellung ein. - Trotzdem ergeben sich beim Vergleich der verschie- densten MeBdaten eine Reihe von Gesichtspunkten, die ge- eignet erscheinen, einen Bei- trag zurn Problem der Bin- dungsart und Bindungsfestig- keit im NaT1-Gittertyp zu liefern: Vgl. fur die folgenden Erorterungen Tab. 15.

Nach ZINTL kann man die NaT1-Struktur als eine Ineinanderstellung von zwei Diamantgittern beschrei- hen. Dabei werden inner- halb des [Tl-],-Gitters echte Atombindungen mit Hilfe der drei Valenzelek- tronen der edleren und eines Valenzelektrons der

T ("C) ____

16 100 150 200 300 350 390 394 490 518

Tabelle I1 LiCd, fest

a (8)

6,702 i 0,006 6,73 6,73 6,75 6,78 6,79 6,81 6,81 6,85 636

Tabelle 12 XaT1, geschmolzen

-

d

5,27 & 0,Ol 5,19 & 0,01, 5,19 5,15 5,09 i 0,02 5,06

581, 4,94 4,91

5,02,

I I 1 ~

650 1 8 1 0,26 1 5,80, 1 1 1 unedleren Komponente an- I- ~-___-

8. anorg. allg. Chemie. Bd. 286. 9a

130 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 286. 1956

638 663 675 690 697 722 755 787 816

-

genommen. Auf die Ausbildung der Atombindungen T1-TI kann im wesentlichen aus der Tatsache geschlossen werden, dalj der T1-TI- Abstand nicht vergrol3ert ist, wie es eine negative Ionisierung ver- langen wurde. Vielmehr wird offenbar im Gegenteil dieser Effekt durch Ausbildung der Atombindung mit Radienverkurzung uberkom-

8 7 8 8 9 9 8 7 8

Tabelle 13 LiCd, geschmolzen

-__

F (%)

f 0 , 2 5 0,22 0,21 0,18 0,19 0,22 0,28 0,21 0,21 0,21

_- -

__~

d

pensiert. - Nach neueren Untersuchungen von KLEMM und FRICKE scheint diese

Subst. 1 Beschreibung des NaTI- Nr . 1 3 3 3 3 1 1

_ _ l l -

Gitters - Aufbau aus zwei ineinandergestellten Ionen- Teilgittern [A+] bzw. [B-] - im engeren Sinne nur fur NaTl selbst zutreffend zu sein24). Prinzipiell kann man ja den NaT1-Typ auch als eine raumzentrierte An- ordnung mit Uberstruktur beschreiben, die durch die Ausbildung der von ZINTL angenommenen Elektronen - bindungen bedingt ist. Man wird daher bei diesen Ver- bindungen auch das Auf- tre ten ty pisch me tallischer Eigeiischaften erwarten.

.Damit diirfte der Be- fund von KLEMM und FRICKE, dalj ein Teil der NaT1-Phasen nach dem ma- gnetischen Verhalten den

T -. Koordinationsgittern sehr Abb. 9. NaT1. Dichtewerte xwischen 20" und 650" C nahe Steht, zusammenhan-

gen. Ferner konnte damit zu- sammenhangen, da13 LiTl keine NaT1-, sondern /%Messing- Struktur auf- weist : Li besitzt gegenuber Na den geringeren elektropositiven Charakter, TI in der Reihe A1-T1 die kleinste Elektronegativitat.

200 W O 600 mu Y l 6 L " " " " ' ' " ' '

z b ) Die Na-T1-Phasen zeigen durchgehend, einschliefilich der Phasen LiZn und LiCd, ausschlieBlich schwa.chen Dia- bzw. Paramagnetismus bei Temperaturen zwischen 90 und 293' K. Am deutlichsten ist der auf Grund der ZINTLSChen Vorstallung zu erwartende Dia-Magnetismus bei NaTI selbst ausgeprigt: W. KLEMM u. H. FRICKE, Z. anorg. allg. Chem. 282, 162 (1955).

A. SCHNEIDER u. G. HEYMER, Die Tempersturabhangigkeit der Molvolumina 131

Beim Vergleich der verschiedenen im NaT1-Typ erstarrenden Phasen fallt auf, daB die Li-haltigen Phasen durchweg wesentlich hohere Schmelz- punkte besitzen, als die Na-haltigen. Die letzteren sind also offenbar durch eine wesentlich geringere Zwischengitter-Energie ausgezeichnet. Charakteristisch erscheint auch der auffallige Unterschied der uber- sehufientropie A S ' : rund 2,6 Cl/Mol fur NaTl und NaIna5) bzw. rund 0,3 Cl/Mol fur LiGa und LiIn. Beide Befunde konnen sicher nur im Zusammenhang mit den GroBenverhaltnissen A+/B- verstanden werden.

zua (100 baa 8011 "C r-

Abb. 10. LiCd. Dichtewerte zwischen 20" und 800" C

Der In-In-Abstand in NaIn ist 3,16 a, im LiIn nur 2,94 d. Die Na- Kontraktion im NaIn betragt 15%, die Li-Kontraktion im LiIn nur 3,50/6. Im Sinn der von ZINTL entwickelten Vorstellung wird man

25) NaIn scheint sich dem NaTl ahnlich zu verhalten, obwohl wir diese Aussage in Unkenntnis des Zustandsdiagramms Na-In nur mit Vorbehalt machen mochten. In Tab. 15 sind - in doppelten Klammern - Werte fur L' baw. AS' wiedergegeben, die in provisorischer Weise und nur, um einen grofienordnungsmaBigen Wert abschatzen zu konnen, folgendermafien aus der AH-Kurve des NaIn ermittelt wurden: Nimmt man an, dafi bei rund 350" die im NaT1-Gitter kristallisierende Phase NaIn sich peritektisch in (Schmelze + Phase 9) umsetzt und bei rund 440" die Liquiduslinie erreicht wird, d. h. >440° NaIn als homogene Schmelze vorliegt, so kann fur eine uberschlagsrechnung das Zweiphasengebiet (Schmelze + Phase 9) auder acht gelassen werden. Mit Hilfe einer geradlinigen Extrapolation des AH-Kurvenastes fur die homogene Schmelze auf die peri- tektische Temperatur (d. h. die Temperatur der Bildung des im NaT1-Gitter kristalli- sierenden NaIn) erhalt man so die in Tab 15 angegebenen Schatzwerte.

-

9*

132 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 286. 1956

folgenden SchluB ziehen durfen: Sowohl bei NaIn wie bei LiIn werden im [In-1,-Teilgitter Atombindungen unter Kontraktion der In-In- Abstande ausgebildet. Durch Einbau der sperrigen Na- Atome unter Ausbildung des "a+ 1,-Teilgitters werden die In--In-Abstande jedoch

gegenuber LiIn ver- Tabelle 14 groI3ert. Damit ergibt

sich rein unter dem Z u s a m m e n s t e l l u n g d e r W e r t e f u r NaTl u n d LiCd

15 1

17,7

Smp.

d (fest)

a (fest)

d (flussig) LY (flussig) nv (%) AV' (%)

13 9 1 2 3 2,5 1 I 0 3

13,2 - 1 12,9 15,O

NaTl 305" C

6,94 (ex trapol.) 6,81 (beob.) 0,13 (0-160") 0,41 (280-305") 6,24 0,223 9,1

11,2

LiCd 549" c

4,92 (extrapol.) 4,88 (beob.) 0,13 (0-400") 0,21 (500-549") 4,71 0,214 3,6 4,5

EinfluB der GroBen- verhaltnisse A+/B- eine Auflockerung der Atom- Bindungen bei NaIn. Diese Auflocke- rung wird durch Tem- peraturerhohung bei den Na-haltigen Pha- sen offenbar leichter verstarkt als bei den

Li-haltigen. Hierdurch werden die durchweg hoheren Schmelzpunkte und die niedrigeren Werte der Uberschuflenergie L' bei den Li-haltigen Phasen zwanglos verstandlich. Zu dieser Vorstellung paBt auch der Befund, daB fur NaIn C, (fest) = 17 ,7 cal/Mol . Grad aul3erhalb der Fehler-

Tabelle 15 Z u s a m m e n s t e l l u n g d e r P h a s e n m i t NaT1-Struktur

Schmelzpunkt "C

Radieukontraktion % A B

Molwarme C, (fest)

Schmelzwarme L,

Schmelzentropie ASf

UberschuB-Energie L'

UberschuB-Entropie

cal/Grad

kcal/Mol

Cl/Mol

kcal/Mol

AS' CI/Mol Ads = ASgesamt -

ASadditlv

NaIn I NaTl 11 LiAl 1 LiGa 1 LiIn ~~~ ~

-350 1305 11 698 I 760 1630 (u. Zers.)

LiZn

-1 75 (u.Zers.)

1 2 0

LiCd

549

5 1

(123)

-

-

5,426)

7,8Z6)

-

26) Umwandlungs-Energie bzw. -Entropie.

A. SCHNEIDER u. G . HEYMER, Die Temperaturabhangigkeit der Molvolumina 133

grenzen hoher liegt als bei LiIn (= 15,O cal/Mol . Grad). Eine weitere Stutze dieser Auffassung ergibt sich aus der sehr ausgepragten Ab- weichung der Temperatur-Dichtekurve des NaTl von der Linearitat. Die Abweichung beginnt ebenso wie bei den AH-Werten 50-100" unterhalb des Schmelzpunktes und ist bei NaTl wiederum starker aus- gepragt als bei LiCd. Der Gesamtvorgang der temperaturbedingten ,,Gitterauflockerung" ist - wie aus den noch zu besprechenden AS,- Werten geschlossen werden kann - sicher nicht allein durch eine Er- hohung der Defektstellen-Konzentration zu erklaren27). Die Tatsache, dalj die NaT1-Phasen unter dem Gesichtspunkt der Gesamt-Entropie- iinderung ASgesamt beim Obergang vom festen in den flussigen Zustand eine eindeutige Verwandtschaft mit den Halbmetallen Si, Ge, Sn zeigen (vgl. unten !), legt vielmehr nahe, in der ,,Gitterauflockerung" einen komplexen Vorgang zu vermuten : namlich das Zusammentreffen von temperaturabhangiger Abstandsvergroflerung, Erhohung der Defekt- stellenkonzentration, Erniedrigung des Wertes fur das Elektronendichte- Minimum und Ubertritt von Leitungselektronen in das Elektronengas, d. h. Zunahme der metallischen Bindungsanteile. Hierbei kann ver- mutet werden, dalj im Hinblick auf die Analogie der NaT1-Phasen zu den Halbmetallen der Einflufl der Zunahme metallischer Bindungs- anteile bei Temperaturerhohung nicht unbetrachtlich ist. Fur den Vo- lumeneffekt beim Schmelzen kann er allerdings nicht allein maljgebend sein. In diesem Falle muljte ja der Obergang vom festen in den flussigen Zustand mit einer wesentlichen Erhohung der Packungsdichte bzw. einem negativen Volumensprung verbunden sein. Wenn wir aus unseren Messungen (AV (NaT1) = + (!) 11 %) auch keine genaue Aussage uber das Zusammenwirken der Einflusse von Zusammenbrechen der Atom- bindungen, Zunahme der metallischen Bindungsanteile und Erhohung der Packungsdichte ableiten konnen, so kann doch auf folgende experi- mentelle Befunde verwiesen werden, die dieser Vorstellung des Schmelz- vorgangs bei NaTl grundsatzlich nicht widersprechen : Fur NaTl (flussig) ergibt sich additiv ein Mol-Volumen von 44,552 cm3/Mol; beobachtet wurde : 36,5 cm3/Mol, also wesentlich kleiner. Fur den Volumensprung beim Schmelzen berechnet sich unter der Annahme, dafl das NaT1- Gitter beim Schmelzen in eine ideale Mischung (Radienkontraktion = 0 %) ubergeht: AV' = 36%; beobachtet wurde nur A V = lO,S%.

Die obigen Oberlegungen lassen sich noch erganzen durch eine Be- trachtung der aus den AH-Kurven berechneten Entropiewerte : bei NaTl

27) Dagegen spricht auch die Tatsache, daB die Abweichung der AH-Kurve nicht - wie es die Theorie verlangt - durch eine Exponentialfunktion wiedernegeben werden kann.

134 Zeitschrift fur anorganische und allgerneine Chemie. Band 286. 1956

finden wir fur den ifberschuBantei1 der Entropie AS’ : 2,6 CI/MOI~~). Dieser Wert ist sehr hoch, entspricht aber inhaltlich dem ausgesprochen niedrigen Wert fur die Schmelzentropie A S, = 4,4 Cl/Mol, der um 30 % niedriger liegt, als sich additiv aus den Komponenten berechnet: 6,3 C1/ Mol. Der letztere Energiebetrag ergibt sich zahlenmal3ig aus der Summe der Schmelzwiirmen von Na und T1 plus einem Betrag AS* von 2,76 CI/Mol, der dem Anteil der Gesanitentropieanderung fur den Fall ent- spricht, dal3 das Gitter einer Phase AB bis unmittelbar zum Schmelz- punkt eine streng geordnete Verteilung der Bausteine besitzt. Das heiljt umgekehrt : bei einer - unter dem Gesichtspunkt der Radien- grundbedingung des NaT1-Gitters (rA = rB) sicher nicht realisierbaren - vollstandig statistischen Verteilung von Na und T1 miil3te A S , =3,5 Cl/Mol sein. Beobachtet wurde: 4,4 Cl/Mol, also zwischen 6,3 und 3,5 Cl/Mol. Die sehr st,arke Abweichung vom Additiv-Wert 6,3 CI/Mol (1,9 C1, das ist 70 % des Fehlordnungsanteils der Schmelzentropie) lal3t aber sicher nicht zu, die Abweichung der AH-Kurve von der Lineari- t i t ausschlieBlich auf Defektstellenbildung zuruckzufuhren. Damit ist aber wiederum der SchluB auf die Mitbeteiligung einer Bindungs- auflockerung an dem Teniperatureffekt der AH-Werte des festen NaTl nahegelegt.

Zeigen die Schmelzpunkte sowie die Werte fur die ifberschul3- entropie A S’ charakteristische Unterschiede zwischen den Li- bzw. Na- haltigen NaT1-Phasen, so ergeben andererseits die Werte fur die Ge- samt-Entropieanderung dSg,,,,t = A S , + AS‘ ein offenbar fur den NaT1-Strukturtyp gemeinsames Merkmal. Fiir NaTl liegt d SResanlt reichlich 10% uber dem Additivwert ASadtliti,, = + AS,(T,) + AS*. Der gleiche Befund ergibt sich fur alle anderen untersuchbaren NaT1-Phasen : A d S (= AS, + AS’ - A Sadditiv ) ist positiv. Dieser Mehrbetrag gegeniiber dem Additivwert ist sicher nur ein Mindestwert.

Im Hinblick auf die starke Schwindung des Molvolumens von NaTl (fliissig) mul3te AS* erheblich kleiner als 2,8 Cl/Mol angesetzt werden. Damit aber wird Ads noch griil3er. Das NaT1-Gitter zeigt also eine deutliche strukturelle und energetische Verwandtschaft mit den Halb- metallen der IV. Gruppe, die durch stark uberhohte Schmelzentropie- werte - gemeinsam mit Erhijhung der Koordinationszahl und einem negativen Volumensprung - gekennzeichnet sind. Und zwar liegt die bei den NaT1-Phasen beobachtete Erhohung gegenuber dem Normal- ~~~ ~~

2R) Zu beachten ist: Allc Angaben von Tab. 15 bcziehen sich einheitlich auf Energie- niessungen pro Mol. In den einIeitenden Bemerkungen der voranstehenden Mitteilung von A. SCHNEIDER 11. 0. HILMER sind - in Anlehnnng an die meistgebrauchliche Forrnu- lierung - die Energiemengen jeweils p r o G r a m m a t o m Legierung verwendet.

A. SCHNEIDER u. G. HEYMER, Die Temperaturabhiingigkeit der IVolvolumina 136

wert zwischen derjenigen von Zinn bzw. Germanium: ASf(Sn) = 3,35 C1, AS,,,,, = 6,O C1 gegenuber einem Normalwert von 1,7-2,5 C1 fur die echten Metalle.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemie sind n i r zu Dank verbunden fur die Unterstutzung bei der vorliegenden Untersuchung.

Gottingen, Anorganisch-chemisches Institut der Universitat.

Bei der Redalition eingegangen am 18. Oktober 1955.