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49 taz.thema SONNABEND/SONNTAG, 20./21. JULI 2013 die verlagsseiten der taz.die tageszeitung www.taz.de | [email protected] | fon 030 • 25 90 23 14 | fax 030• 25 10 694 Impressum Redaktion: Lars Klaaßen & Ole Schulz | Foto-Red.: Ann-Christine Jansson | Anzeigen: Tina Neuenhofen SATT & SELIG er spielt in seinen Büchern und Kursen selbst gerne mit dem Ma- cho-Klischee. Dabei entspricht seine Grillphilosophie längst nicht den gängigen Vorstellun- gen: „Einfach fett Kohlen auf den Grill werfen, Spiritus drüber, an- zünden und dann auf glühender Hitze das Fleisch verbrennen – das ist er ganz falsche Ansatz. Fürs Grillen muss man sich un- bedingt Zeit nehmen.“ Die wichtigsten Tipps des Grillprofis sind: einfach mal nur die Hälfte der Holzkohle benut- zen und sich in Geduld üben, bis die Glut die richtige Hitze hat. Das kann ruhig 30 bis 40 Minu- ten dauern. In der Zwischenzeit kann man sich mit seinen Gästen unterhalten, schon mal einen Aperitif trinken oder einfach dem Feuer zusehen: „Grillen ist die schönste Art von Zen-Food- Die schönste Art der Zen-Food-Zubereitung GLAUBENSFRAGE Ob Grillen nur Männersache ist, mag strittig sein. Unzweifelhaft ist dagegen, dass mittlerweile Vegetarisches den herkömmlichen Fleischbatzen Konkurrenz macht und es eines zu beachten gilt: Man sollte sich unbedingt ausreichend Zeit nehmen Meist stehen die Her- ren der Schöpfung im Kreis um die Glut, das Bier in der Hand, und fachsimpeln über Holzkohle, Garzeiten, oder die Vorteile des Kugelgrills VON MICHAEL PÖPPL Sobald es sommerlich wird, herrscht Rauch, wohin man sieht: Über dem Monbijoupark in Mitte ziehen jedes Wochen- ende dichte Dunstwolken Rich- tung Neue Synagoge. Nicht nur die vorbeiflanierenden Touris- ten wundern sich über das Ge- dränge im kleinen Grünstreifen an der Oranienburger Straße. Verbot im Tiergarten Doch seit im Jahr 2012 das Grillen im Tiergarten von der Bezirks- verwaltung Mitte verboten wur- de, drängen sich die Fans des of- fenen Feuers an den letzten üb- riggebliebenen offiziellen Grill- stellen, auch in den anderen Be- zirken. Ob an der Puschkinallee am einstigen Mauerstreifen zwi- schen Treptow und Kreuzberg, im Volkspark Friedrichshain oder im Wilmersdorfer Preußen- park, fast überall scheint das Spiel mit dem offenen Feuer üb- rigens vornehmlich Männersa- che zu sein. Meist stehen die Her- ren der Schöpfung im Kreis um die Glut, das Bier in der Hand, und fachsimpeln über Holzkoh- le, Garzeiten, Grillwerkzeug oder die Vorteile des Kugelgrills. Ähn- liches ist übrigens auch im Inter- net zu beobachten, die digitalen Nerds des Grillens sind vorwie- gend Kerle. „Grillen liegt uns Männern eben im Blut“, sagt Barbecue- Meister Sven Dörge, der die Web- site bbq-mag.de betreibt und seit Jahren Grillkurse gibt: „Wahr- scheinlich versammeln wir uns wie unsere Steinzeitvorfahren einfach gerne ums Feuer, das ist so schön archaisch.“ Dörge lacht, ANZEIGE Besonders wichtig beim Grillen: Bitte in Geduld üben! Foto: Zeitenspiegel/Agentur Focus Zubereitung“, sagt Dörge. Übri- gens: Auch beim Männersport Grillen muss es nicht immer nur Fleisch geben. „Natürlich gehö- ren Steaks und Würstchen auch zu unseren Lieblingsgrillobjek- ten.“ Doch es gebe auch für jedes Gemüse „eine fantasievolle Art und Weise, sie auf dem Grill zu- zubereiten“. Dafür sollte man vorher „ein Schälchen Lachs- tartar oder ein paar spannende Dips“ vorbereiten, sagt Dörge. Gute Tipps fürs Gemüsegril- len hat auch Nicole Just. Sie ist die Autorin des vor kurzem erschie- nenen Kochbuchs „La Veganista“, in dem sie über 100 Rezepte vor- stellt, von denen viele auch bes- tens für Grillpartys geeignet sind. „Gemüse kann man genau- so wie Fleisch in Marinaden ein- legen, für die Würzung sollte man aber nur harte Kräuter wie Rosmarin oder Thymian ver- wenden, weiche Kräuter wie Pe- tersilie oder Basilikum verbren- nen schnell über der Glut.“ Bunte Gemüsespieße legt die junge Kö- chin vorher eine Viertelstunde in Wasser ein, damit sie auf dem Grill nicht verbrennen. Ein Trick, der auch dafür sorgt, dass der Holzspieß überm offenen Feuer ganz bleibt. Nicole Just legt das Gemüse beim Grillen übrigens direkt auf den Rost, ohne Alu- folie: „Aber bitte nicht totgrillen, das Gemüse darf noch Biss ha- ben, bei Zucchini reichen zum Beispiel zwei Minuten Grillen von jeder Seite.“ Grillen geht aber nicht nur ve- getarisch, sondern sogar ganz vegan. Früher hat Just regelmä- ßig tierische Produkte gegessen, die Enkelin eines Metzgers liebte Würstchen und Schnitzel. Ihre Entscheidung, auf tierische Pro- dukte zu verzichten, war rational, zudem mochte sie gutes und raf- finiertes Essen: „Im Lauf der Jah- re habe ich festgestellt, dass man auch beim veganen Kochen wirk- lich alle Geschmacksrichtungen hinbekommt, auch solche wie deftig oder geröstet, die ich seit meiner Kindheit liebe.“ Alternatives Grillgut Als alternatives Grillgut emp- fiehlt Just Tofuwürstchen oder Seitan aus Weizeneiweiß, das man aus der asiatischen Küche kennt und auch in jedem Asia- laden kaufen kann. Die Veganista bereitet ihr Seitan allerdings ge- konnt selbst zu. Es hat eine ähnliche Konsis- tenz wie zartes Kalbfleisch, wird mariniert oder nur mit Sonnen- blumenöl eingerieben und ist auf dem Grill schnell zubereitet: „Es ist ja schon gar und man braucht ja nur die knusprige Hül- le“, sagt Nicole Just. Nach weni- gen Minuten liegt das Seitan- schnitzel dann duftend auf dem Teller, dazu gibt es gegrillte Shitakepilze. Tatsächlich hat das vegane Schnitzel das begehrte Holzkohlengrill-Aroma. Es schmeckt so gut wie ein echtes Steak. Wenigstens fast. Die Pilze aber sind fantastisch. Tipps & Co: Grillkurse von Sven Dörge sind über seine Webseite un- ter www.bbq-mag.de buchbar.Lite- ratur zum veganen (und vegetari- schen) Grillen: Nicole Just: „La Veganista – Lust auf vegane Kü- che“, Gräfe und Unzer/G+U , Mün- chen 2013, 192 Seiten, 16,99 Euro; „Vegan Grillen“, Neun Zehn Verlag , Berlin 2013, 95 Seiten, 5,90 Euro

die verlagsseiten der taz. themadownload.taz.de/Satt_Selig_Juli_13.pdf · 49 taz. thema SONNABEND/SONNTAG, 20./21. JULI 2013 die verlagsseiten der taz.die tageszeitung | [email protected]

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49taz.thema SONNABEND/SONNTAG, 20./21. JULI 2013

die verlagsseiten dertaz.die tageszeitung

www.taz.de | [email protected] | fon 030 • 25 90 23 14 | fax 030• 25 10 694 Impressum Redaktion: Lars Klaaßen & Ole Schulz | Foto-Red.: Ann-Christine Jansson | Anzeigen: Tina Neuenhofen

SATT &SELIG

er spielt in seinen Büchern undKursen selbst gernemit demMa-cho-Klischee. Dabei entsprichtseine Grillphilosophie längstnicht den gängigen Vorstellun-gen: „Einfach fett Kohlen auf denGrill werfen, Spiritus drüber, an-zünden und dann auf glühenderHitze das Fleisch verbrennen –das ist er ganz falsche Ansatz.Fürs Grillen muss man sich un-bedingt Zeit nehmen.“

Die wichtigsten Tipps desGrillprofis sind: einfach mal nurdie Hälfte der Holzkohle benut-zen und sich in Geduld üben, bisdie Glut die richtige Hitze hat.Das kann ruhig 30 bis 40 Minu-ten dauern. In der ZwischenzeitkannmansichmitseinenGästenunterhalten, schon mal einenAperitif trinken oder einfachdem Feuer zusehen: „Grillen istdie schönste Art von Zen-Food-

Die schönste Art der Zen-Food-ZubereitungGLAUBENSFRAGE Ob Grillen nur Männersache ist, mag strittig sein. Unzweifelhaft ist dagegen, dass mittlerweile Vegetarisches denherkömmlichen Fleischbatzen Konkurrenzmacht und es eines zu beachten gilt: Man sollte sich unbedingt ausreichend Zeit nehmen

Meist stehen die Her-ren der Schöpfung imKreis um die Glut, dasBier in der Hand, undfachsimpeln überHolzkohle, Garzeiten,oder die Vorteile desKugelgrills

VON MICHAEL PÖPPL

Sobald es sommerlich wird,herrscht Rauch, wohin mansieht: Über dem Monbijouparkin Mitte ziehen jedes Wochen-ende dichte Dunstwolken Rich-tung Neue Synagoge. Nicht nurdie vorbeiflanierenden Touris-ten wundern sich über das Ge-dränge im kleinen Grünstreifenan der Oranienburger Straße.

Verbot im Tiergarten

Dochseit imJahr2012dasGrillenim Tiergarten von der Bezirks-verwaltung Mitte verboten wur-de, drängen sich die Fans des of-fenen Feuers an den letzten üb-riggebliebenen offiziellen Grill-stellen, auch in den anderen Be-zirken. Ob an der Puschkinalleeam einstigen Mauerstreifen zwi-schen Treptow und Kreuzberg,im Volkspark Friedrichshainoder imWilmersdorferPreußen-park, fast überall scheint dasSpiel mit dem offenen Feuer üb-rigens vornehmlich Männersa-che zu sein.Meist stehendieHer-ren der Schöpfung im Kreis umdie Glut, das Bier in der Hand,und fachsimpeln über Holzkoh-le, Garzeiten, Grillwerkzeug oderdie Vorteile des Kugelgrills. Ähn-liches ist übrigens auch im Inter-net zu beobachten, die digitalenNerds des Grillens sind vorwie-gend Kerle.

„Grillen liegt uns Männerneben im Blut“, sagt Barbecue-Meister SvenDörge, der dieWeb-sitebbq-mag.debetreibtundseitJahren Grillkurse gibt: „Wahr-scheinlich versammeln wir unswie unsere Steinzeitvorfahreneinfach gerne ums Feuer, das istso schön archaisch.“ Dörge lacht,

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Besonders wichtig beim Grillen: Bitte in Geduld üben! Foto: Zeitenspiegel/Agentur Focus

Zubereitung“, sagt Dörge. Übri-gens: Auch beim MännersportGrillenmuss es nicht immer nurFleisch geben. „Natürlich gehö-ren Steaks und Würstchen auchzu unseren Lieblingsgrillobjek-ten.“ Doch es gebe auch für jedesGemüse „eine fantasievolle Artund Weise, sie auf dem Grill zu-zubereiten“. Dafür sollte manvorher „ein Schälchen Lachs-tartar oder ein paar spannendeDips“ vorbereiten, sagt Dörge.

Gute Tipps fürs Gemüsegril-lenhatauchNicole Just. Sie istdieAutorin des vor kurzem erschie-nenen Kochbuchs „La Veganista“,in dem sie über 100 Rezepte vor-stellt, von denen viele auch bes-tens für Grillpartys geeignetsind. „Gemüse kannman genau-so wie Fleisch in Marinaden ein-legen, für die Würzung sollteman aber nur harte Kräuter wieRosmarin oder Thymian ver-wenden, weiche Kräuter wie Pe-tersilie oder Basilikum verbren-nenschnellüberderGlut.“BunteGemüsespieße legt die jungeKö-chinvorhereineViertelstundeinWasser ein, damit sie auf demGrill nicht verbrennen. Ein Trick,der auch dafür sorgt, dass derHolzspieß überm offenen Feuerganz bleibt. Nicole Just legt dasGemüse beim Grillen übrigensdirekt auf den Rost, ohne Alu-folie: „Aber bitte nicht totgrillen,das Gemüse darf noch Biss ha-ben, bei Zucchini reichen zumBeispiel zwei Minuten Grillenvon jeder Seite.“

Grillen geht aber nicht nur ve-getarisch, sondern sogar ganzvegan. Früher hat Just regelmä-ßig tierische Produkte gegessen,die Enkelin einesMetzgers liebteWürstchen und Schnitzel. Ihre

Entscheidung, auf tierische Pro-duktezuverzichten,warrational,zudemmochte sie gutes und raf-finiertes Essen: „Im Lauf der Jah-re habe ich festgestellt, dassmanauchbeimveganenKochenwirk-lich alle Geschmacksrichtungenhinbekommt, auch solche wiedeftig oder geröstet, die ich seitmeiner Kindheit liebe.“

Alternatives Grillgut

Als alternatives Grillgut emp-fiehlt Just Tofuwürstchen oderSeitan aus Weizeneiweiß, dasman aus der asiatischen Küchekennt und auch in jedem Asia-ladenkaufenkann.DieVeganistabereitet ihr Seitan allerdings ge-konnt selbst zu.

Es hat eine ähnliche Konsis-tenz wie zartes Kalbfleisch, wirdmariniert oder nur mit Sonnen-blumenöl eingerieben und istauf dem Grill schnell zubereitet:„Es ist ja schon gar und manbraucht janurdieknusprigeHül-le“, sagt Nicole Just. Nach weni-gen Minuten liegt das Seitan-schnitzel dann duftend auf demTeller, dazu gibt es gegrillteShitakepilze. Tatsächlich hat dasvegane Schnitzel das begehrteHolzkohlengrill-Aroma. Esschmeckt so gut wie ein echtesSteak. Wenigstens fast. Die Pilzeaber sind fantastisch.

■ Tipps & Co: Grillkurse von SvenDörge sind über seine Webseite un-ter www.bbq-mag.de buchbar.Lite-ratur zum veganen (und vegetari-schen) Grillen: Nicole Just: „LaVeganista – Lust auf vegane Kü-che“, Gräfe und Unzer/G+U , Mün-chen 2013, 192 Seiten, 16,99 Euro;„Vegan Grillen“, Neun Zehn Verlag ,Berlin 2013, 95 Seiten, 5,90 Euro

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50 SONNABEND/SONNTAG, 20./21. JULI 2013 TAZ.DIE TAGESZEITUNG www.taz.de | [email protected] taz.thema | satt & selig

VON MICHAEL PÖPPL

Das „Meisterstück“ hat sich derkulinarischen Handwerkskunstverschrieben. Vom offenen Grilldes Lokals duften besondereWurstspezialitäten aus vielendeutschen Regionen herüber:würzige Käsekrainer aus derMünchenerTraditionsmetzgereiGaßneroderKräuter-Rindswürs-te vom Aubracrind des BiohofsReiter in Irschenberg. Bestes ausBerlin steht ebenfalls auf derSpeisekarte, sehr beliebt ist diefantastische „Ritterblutwurst“vom vielfach ausgezeichnetenNeuköllner Fleischer Benser. Alsflüssige Begleitung werden„Craft-Biere“ aus aller Welt ge-zapft. Empfehlenswert ist das er-frischende Zirndorfer Kellerbieraus Mittelfranken oder das star-ke, 6,9-prozentige „East IndianPale Ale“ der Brooklyn Brewery.

DasMeisterstück,Hausvogtei-platz 3-4, Mitte, tägl. 10–1 Uhr,www.dasmeisterstueck.de

Immer wieder sonntags

Der Flohmarkttrubel am Mauer-park hat auch seine schönen Sei-ten. Vor allem die, dass es imfahrbaren Grillmobil an der Bar„schönwetter“ die wohl besteThüringer Rostbratwurst in Ber-lin gibt. Beeindruckend sindnicht nur der hervorragende Ge-schmack und die fantastischeSenfauswahl zur Wurst, sondernauch das vorbildliche Konzeptder kleinen Firma Tannenwäl-der. Giovanni Secondi und Mi-chael Werner, die freundlichenBetreiber, stellen ihreWürste ausökologischer Herstellung in ei-nem Thüringer Traditionsbe-trieb her. Sie legen größten WertaufQualitätundRegionalität, so-gar die Gewürzkräuter derWürs-te stammen aus Thüringen. Dasnachhaltige Abfallsystem sorgtzusätzlichfüreingutesGewissenbei den Kunden. Wer sonntagsnicht kann: Die auffälligen drei-rädrigen Roller der Firma findetman auch auf Festivals oder Wo-chenmärkten, zumBeispiel don-nerstags auf dem Ökomarkt amKollwitzplatz oder freitags amÖkomarkt auf dem LausitzerPlatz in Kreuzberg.

Tannenwälder, sonntags im„schönwetter“, Bernauer Str. 63,www.tannenwaelder.de

Die Kreuzbergvariation

Rot, scharfundeinwenigsüßlichnach Paprika, so schmecken dieKolbasz, die nebenNackensteaksund Gemüsespießen auf demgroßen Grill des beliebten Bier-gartens Golgatha im Viktoria-park schmurgeln. Die typischungarischen Würste und alleFleischwaren stammen aus derÖko-Metzgerei Gottschlich inPrenzlauer Berg, dazu gibt eshausgemachte vegetarische Sa-late und frischgezapftes „Kreuz-berger Klosterbier“. Sehr prak-tisch: Jeden Freitag und SamstagkannmanbeiderDiscoab22Uhr

das gerade frisch erworbeneHüftgold wieder wegtanzen.

Golgatha, im Viktoriapark,Zugang Katzbachstraße/, tägl.9 Uhr bis open end, www.golga-tha-berlin.de

International

Überm Eingang des Praters zün-gelt eine Comicschlange um einrotesHerz. Einst traf sichhierdaseinfache Volk zu revolutionärenMai-Kundgebungen, zum ver-gnüglichen Schwof oder zu auf-regendenBoxkämpfen, seit über175 Jahren wird im ältesten Bier-garten Berlins getrunken, gefei-ert und gegessen. Ebenso klas-sisch wie die Atmosphäre mitKastanien und Bierbänken istauch die gute Kost vom Rost: Na-ckensteaks, polnische Krakauerund knackige Lammbratwürst-chen aus Brandenburg, dazugibt’s das helle und dunkle Pra-terbier vom Fass. Die Gegend ist

Über glühenden KohlenZUM AUSPROBIEREN Von Bio aus Brandenburg über klassisch Fränkisch bis Ungarisch pikant:Die schönsten Biergärten und Lokalitätenmit dem besten Grillangebot der Stadt

Kulinarische Handwerkskunst auf offenem Grill Foto: Fotex/Nawrocki Stock Photo

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NEU!

Überraschendes, sondern tragenzudem hinreißende Namen wieAçaí, Acerola, Cupuaçu, Graviolaoder Umbu. In Brasilien wird ihrFruchtmark mit Milch gemischtals „Vitamina“ an jeder Straßen-ecke angeboten.

Wem solche Milchshakes imSommer aber zu schwer sind,demseienselbstgemachteLimo-naden ansHerz gelegt –mit eini-gen wenigen Handgriffen lassensie sich einfach zu Hause zube-reiten. Zunächst muss dafür et-was Zucker in kochendem Was-ser aufgelöstwerden.Dannkom-men frisch gepresster Zitronen-,Limetten- oder Orangensaft so-wie Mineralwasser dazu. Abge-rundet mit ein paar Eiswürfelnund Zitronenscheiben ist die Li-monade servierbereit. Eine derleckersten Varianten wird mitMinze kredenzt. Dafür brauchtmaneinenBundMinze,Mineral-wasser, braunenZucker und eineunbehandelte Zitrone. Wichtig

ist bei der Zubereitung insbeson-dere, die Zitronemöglichst dünnabzuschälen, bevor die Schale zudem Minze-Gemisch gegebenwird.

Doch sollte das Thermometerunerwartet wieder über 30 GradCelsius klettern, sind warme Ge-tränke eisgekühlten tatsächlichvorzuziehen. Denn trinken wirdann Kaltes, fangen wir an zuschwitzen, weil die Blutgefäßesicherweitern,wodurchdieHautwärmer wird. Auch hier bietetsich Minze als – bei uns gut er-hältlicher – Grundstoff an, zumBeispiel wie immarokkanischenMinze-Tee. Außer frischer MinzewirddafürGrünerTee inFormsogenannter „Gunpowder“-Kügel-chen benötigt. Nur mit dem Zu-cker kann man beruhigt etwassparsamer sein als bei der tradi-tionellenmarokkanischen Zube-reitung:Dakommengleichmeh-rere Löffel Zucker in ein kleinesTeegläschen. OS

Mit wenigen HandgriffenSELBST GEMACHT ObMilchshakes oder Limonaden: SommerlicheErfrischungsgetränke können einfach zu Hause gemixt werden

Auch wenn der Sommer bisher,gelinde gesagt, durchwachsenist, gibtesmanchmalTage, ande-nendieSonnedieWolkenbesiegtund so etwaswie Sommergefüh-le aufkommen. Nur was trinktman dann zur Feier des Tages?Klassische Erfrischungsgetränkeder Region sind Berliner Weißeund Fassbrause. Erstere enthältallerdingsAlkoholund ist oftnurnoch als fertiges Mischgetränk(„mit Schuss“ inklusive) zu ha-ben, während Letztere aus Malzgewonnen wird und zumindestoft nichts für „trockene“ Alkoho-liker ist.

Eine wohltuende wie gesün-dere Alternative sind Frucht-shakes mit Milch – am bestenhausgemachte. Man kann dafürauch exotischere Früchte ver-wenden.WeraufdemMarkt zumBeispiel tropische Früchte ausBrasilien sieht, sollte sofort zu-greifen – diese Vitaminbombenbieten nicht nur geschmacklich

zwar schicker geworden, an denNachbartischenhörtmanhäufigEnglisch oder Spanisch, doch dieUreinwohner haben sich nichtvertreiben lassen. Und so wirdim Prater gerne noch aufsSchönste ostberlinert.

Pratergarten, Kastanienallee7–9, Prenzlauer Berg, tägl. ab12 Uhr (bei schönem Wetter),www.pratergarten.de

Entschleunigend

Während die Ausflugsdampferim Schleusenbecken langsamnach oben steigen, beginnt diefeierabendliche Entschleuni-gung im Schleusenkrug. Vögelzwitschern und sogar Elefantentröten – vom benachbarten Zooweht einHauchvonKamel herü-ber. Vom Grill kommen appetit-lichereDüfte, denn auf demRostliegen herzhafte französischeMerguez oder geniale fränkischeBratwurst vom vielfach preisge-krönten Neulandfleischer Bün-ger in Wilmersdorf. Dazu passthervorragend das süffige Biervom heiligen bayrischen Berg,im Schleusenkrug wird seit neu-estem Andechser Helles vomFassgezapft. AuchVegetarier fin-den etwas auf der umfangrei-chen Tageskarte, zum BeispielgratiniertenZiegenkäsemitPfef-ferkaramell aufWildkräutersalatmit Erdbeeren – verdammt le-cker, wenn auch ungegrillt.

Schleusenkrug, Müller-Bres-lau-Straße, tägl. 10–1 Uhr,www.schleusenkrug.de

Im Golgatha gibt esFleisch vom Öko-Metzger und „Kreuz-berger Klosterbier“

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20./21. JULI 2013 TAZ.DIE TAGESZEITUNG 51taz.thema | SATT & SELIG

Einer, der alles falsch macht: der Grill-Hipster Foto: Tom Bayer/Voller Ernst

m ruhigen Ende der Berg-mannstraße, beinaheschon am Südstern, eröff-

nete im August 2012 das PeccatoDiVino:Die rötlichenZiegelwän-de,derselbstgebauteTresenundschlichte Holztische bilden einegelungene Mischung aus Wein-geschäft undOsteriamit kleinerKüche. DieWeine in den Regalenheißen Verdicchio dei Castelli diJesi, Lacrima oder Ribolla Giallaundsind inBerlin sonstkaumzufinden, denn sie stammen aus-schließlich von autochthonenitalienischenReben.

DerBesitzer FrancoGiorgihatsich aus tiefster ÜberzeugungaufdiesebesonderenWeine spe-zialisiert. Vor drei Jahren zog eraus Bologna nach Berlin, das erschon von vielen Besuchenkannte. Seine Kunden berät ergern und mit viel Wissen überwenigerbekannteWeinregionenwie den Marken, der Emilia Ro-magna oder Kalabrien. Er freutsich über neugierige Fragen:„Dann nehme ichmir gern auch

Amal eine Viertelstunde Zeit fürein Gespräch, denn auch das Re-denüberWeinmacht Spaß“, sagtder ehemalige Lehrer und lä-chelt verschmitzt. Noch bessersei es, wenn die Kunden gleichbleiben würden, um sein Sorti-ment zu probieren und sich einGlasWeiß-oderRotweinausdensieben „Weinproben der Woche“(0,2 Liter 3,80 bis 4,80 Euro) aus-suchen.

„Einen gutenWein solltemanmit Geduld genießen“, auch dasgehört zu Giorgis Konzept. Des-halbdarfmanfüreinenwirklichgünstigen Zuschlag von nur5 Euro Korkgeld jede seinerWeinflaschen auch vor Ort trin-ken. So hat sich der kleine Ladenabends zumTreffpunkt für Fansder italienischen Weinkulturentwickelt, die gern der Versu-chung durch „Die göttliche Sün-de“, so die Übersetzung des Na-mens,nachgeben.DazupassendzaubertGiorgi inderkleinenKü-che hinterm Tresen feine Klei-nigkeiten, die zumWein passen:

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GÖTTLICHE SÜNDE IN KREUZBERG 61

PeccatoDiVino

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Bruschetta „Mare“ mit Olivenöl,Anchovis und Kapern, Tortellinimit Butter und Salbei sowieWurst- und Käseteller mit Blut-orangenmarmelade oder Quit-tengelee („handgemacht vonFreundenaus Italien“).

Als weißen Sommerweinempfiehlt er einen biologischangebauten Pignoletto Monte-freddo vom Weingut Corte D’Ai-bo, der ziemlich knackige, fri-scheSäureversprühtunddergutgekühlt zu beinahe jedem Essenpasst. „Das ist derWein,mit demichaufgewachsenbin“, sagtGior-gi. „In Bologna ist Pignoletto all-gegenwärtig und der Maßstab,an dem wir andere Weine mes-sen.“ Aus demheißen Süden Ita-lienskommtder„CiròRosso“vonIppolito1845,demältestenWein-

gutinKalabrien.Einsehrkörper-reicher, tiefvioletter Wein, kräf-tig, mit Beerenaromen und aus-gewogenem Tanningeschmack.„Die Galliopotraube, aus demder Cirò gemachtwird, ist schonmit den altenGriechennach Ita-lien gekommen“, weiß der La-denbesitzerund freut sich sicht-lich, auch dazu eine Geschichtezu kennen. „Man erzählt sich,dassdieserWeineinstdenolym-pischen Athleten vorbehaltenwar.AlleindeshalbwollteichihnunbedingtimSortimenthaben.“

■ Peccato DiVino: Kreuzberg, Berg-mannstr. 59, U Südstern, Di.–Sa.16–22 Uhr, So. 14–22 Uhr, Tel.(01 52) 04 01 39 90, www.face-book.com/Peccato.DiVino.Berlin■ Satt-&-Selig-Angebot: Für denweißen Pignoletto Montefreddovom Weingut Corte D’Aibo (Laden-preis 11,70 Euro) sowie auf den„Cirò Rosso“ von Ippolito 1845(Ladenpreis 9,20 Euro) gibt es beiAbnahme von sechs Flaschen10 Prozent Rabatt

.......................................................WEINPROBE

VON MICHAEL PÖPPL

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nen die Autoren des Ratgebersder Stiftung Warentest. Gemeintist damit das geeignete Zubehör– vom Anzünder und der Kohleüber den Grill selbst bis zu denArbeitsmaterialien. Zu Letzterenzählen neben Grillzange, -wen-der und -bürste vor allem einFleischthermometer. Denn dieentscheidende Frage lautet: „Wiehoch ist die Garraumtemperaturbeim Grillgut?“ Davon – undnicht von der Zeit – hängt ab,wann das Essen fertig ist.

Die wichtigste Hardware istaber der Grill: Denjenigen, dieaußer Würstchen, Steaks undSpießen auch einmal mit einemgroßenBraten oder ungewöhnli-cher Grillware experimentierenwollen, wird zum Kauf eines ge-schlossenenGrillsmitDeckel ge-raten, auch wenn diese meistnicht ganz billig sind. Denn nurmit geschlossenen Varianten ist

„indirektesGrillenmitniedrigenTemperaturen“möglich.

Auch bei der Kohle sollte mannicht geizen: Nur durch die Ver-wendung von – vergleichsweiseteurer – Holzkohle entsteht dertypische Rauchgeschmack; amgeeignetsten ist Holzkohle ausBuchenholz. Gute Holzkohlelässt sich aber nicht allein amKaufpreis identifizieren. Wichti-ger ist es, auf eine tiefschwarzeFarbezuachten,dieaufeinenho-hen Kohlenstoffanteil hinweist.Im Praxistest sollte sich Quali-tätsholzkohle zudemschwer ent-flammen lassen. Und wer die

Umwelt schützen will, erwirbtnursolcheGrillkohle,dieaushei-mischen Baumarten gewonnenwurde und das FSC-Siegel trägt.

Die nächste Herausforderungstellt sich beim Entzünden derKohle. Verzichtet werden sollteneben Spiritus, das bei gutemWettermit der Luft explosionsfä-higeGemischebildenkann,auchauf flüssige Grillanzünder, weilsie zu Vergiftungen führen kön-nen. „Jährlich kommt es inDeutschland zu rund 4.000Grillunfällen, viele davon verur-sacht durch den Einsatz von Spi-ritus, einige davon enden töd-lich.“ Die besten Grillanzündersind laut StiftungWarentest „mitWachs getränkte Holzwollmäu-se“. Sie zünden nicht nur schnellund sicher, sondern sind auchvon den Emissionen absolut un-bedenklich. Jetztmussmannochabwarten, „bis dasGrillbett kom-plett mit einer weißen Asche-schicht überzogen ist“. Erst dannsollte das Grillgut auf den Rostgelegt werden.

Dazu, was überhaupt zumGrillen geeignet ist, gibt der Rat-geber viele Tipps. So hat sich et-wa Fisch längst als Alternative zuFleisch entwickelt. Einer seinerVorteile ist,dasserauf jedemein-fachen Grill zubereitet werdenkann – und nicht viel braucht:„Vielleicht etwas Olivenöl, Salzund Pfeffer und nach dem Gril-len einen Hauch Zitronensaft.“

Nebenher räumen die Auto-renmit einemMythos auf: Flam-men auf dem Grill mit Bier zulöschen nennen sie „die wohlungesündeste Art, Bier zu ver-schwenden“. Auf der Glut wirdBier zur stinkenden Rauchbom-be,macht das Fleisch zähund er-zeugt krebserregende Stoffe.Besser ist es, bei züngelndenFlammendasGrillgut einfach ei-nen Moment zur Seite zu legen.Allein beim stundenlangen Ga-ren des „Low&Slow-BBQ“ ist derdezente Einsatz von Bier sinn-voll: durch Besprühen der Grill-ware mit einer Zerstäuberfla-sche.

■ „Grillen! So geht’s und so nicht“von TB & The BBQ-Scouts, Heraus-geber: Stiftung Warentest, 2013,224 Seiten, 16,90 Euro

Gefahren lauern überallRATGEBER ImGrill-Führer der StiftungWarentestwird penibel aufgelistet, was beimGrillenerlaubt ist und was nicht. Spiritus oder flüssige Grillanzünder etwa gehen gar nicht

Flammenmit Bier zulöschen ist die wohlungesündeste Art,Bier zu verschwenden

VON OLE SCHULZ

Den Grill mit Spiritus anwerfen,Kohle durchglühen lassen unddann abgepackte Fleischlappenauf den Rost legen: Wer bisherdachte, grillen sei derart einfach,der hat vermutlich noch nicht inder Fachliteratur zumThema ge-blättert. Im Ratgber „Grillen! Sogeht’s und so nicht“ der StiftungWarentest etwa werden Dutzen-de „Do-not“ aufgeführt. Beim Le-sen denkt man unwillkürlich andas Diktum des Survival-Exper-ten Rüdiger Nehberg: „Gefahrenlauern überall.“

Um für den Leser anschaulichund nachvollziehbar zu gestal-ten, was geht und was nicht, fin-det sich auf den linken Buchsei-ten des reichlich bebildertenBüchleins alles, was man beimGrillen falsch machen kann;rechts stehen die „Must-have“ –über die unabdingbaren Utensi-lien auch alles, was beim Grillengut, richtig und gekonnt ist.

Los geht’s beim Einkauf: „Ver-meidenSienachMöglichkeit fer-tig abgepacktes Fleisch mitSchutzatmosphäre.“ Diese lässtdas Fleisch zwar länger schönaussehen, aber auch sehr schnellranzig und zäh werden. Und fri-sches Fleisch vom Bauernschmeckt ohnehin besser. BeiFisch wiederum lässt sich ein-fach erkennen, ob er noch frischist: Drückt man mit mäßigemDruck auf seine Haut, muss dieStelle in ihre ursprünglicheForm zurückfedern. „Bleibt eineDelle, dann kaufen Sie den Fischlieber nicht.“

Doch auch beim Transportdes Grillguts vom Einkauf nachHause lauern Gefahren in FormheimtückischerKeime.DieAuto-ren vom Grillteam „TB & TheBBQ-Scouts“, die immerhin drei-fache Grill-Weltmeister sind,empfehlen darum, beimEinkaufvon Fisch, Geflügel und Hack-fleisch immer eine Kühlbox da-beizuhaben. Am Grillplatz seiHygiene ebenfalls angebracht,weshalb man hier Handschuhetragen sollte.

Wer denkt, einemgelungenenBarbecue stehe jetzt nichtsmehrim Wege, hat sich geirrt: „DieHardware muss stimmen“, mah-