60
Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler V Januar 2016 Veröffentlichungen des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen

Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und ... · Chancen und Risiken im Zahlungsverkehr unter einer Digitalen Agenda“ 3 Executive Summary „(Nicht) Beraten und verkauft?

Embed Size (px)

Citation preview

Digitale Welt und Finanzen.

Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler

V

Januar 2016

Veröffentlichungen des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen

Berlin, 19. Januar 2016

ISSN: 2365-919X

Herausgeber:

Sachverständigenrat für Verbraucherfragen

beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

Mohrenstraße 37

10117 Berlin

Telefon: 030/ 18 580-0

Fax: 030/ 18 580-9525

E-Mail: [email protected]

Internet: http:// www.svr-verbraucherfragen.de

Diese Veröffentlichung ist im Internet abrufbar. ©SVRV 2016

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

2

Übersicht Seite

Executive Summary „No Cash? Chancen und Risiken im Zahlungsverkehr unter einer Digitalen Agenda“ 3

Executive Summary „(Nicht) Beraten und verkauft? Chancen und Risiken der Online-Beratung und -Information“ 7

A No Cash? Chancen und Risiken im Zahlungsverkehr unter einer Digitalen Agenda 11

1 Einführung 11

2 Analoge und digitale Formen des Zahlungsverkehrs: Überlegungen zur Systematik 13

3 Wesentliche Geschäftsmodelle im Digitalen Zahlungsverkehr 18

4 Zur Akzeptanz der Zahlungsdienste als Ausdruck einer Einschätzung der Chancen und Risiken 20

5 Schlussfolgerungen 24

B (Nicht) Beraten und verkauft? Chancen und Risiken der Online-Beratung und -Information 27

1 Einführung 27

2 Zur Digitalisierung der Finanzberatung 28

3 Wesentliche Geschäftsmodelle für Digitale Finanzberatung 33

4 Zur Akzeptanz der Digitalen Finanzberatung als Ausdruck einer Einschätzung der Chancen und Risiken 37

5 Schlussfolgerungen und Ausblick 46

C Literatur 53

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

3

Executive Summary „No Cash? Chancen und Risiken im Zahlungsverkehr unter einer Digitalen Agenda“

Eine zentrale Rolle in unserem Wirtschaftsgeschehen spielt der Zahlungsverkehr (Zahlungsver-kehr als Überführung des Geldes von der Verfügungsgewalt eines Wirtschaftssubjekts in diejenige eines anderen). Er genießt höchste Dominanz für alle Geschäftsmodelle der Anbieter ebenso wie für die meisten Bürgerinnen und Bürger im täglichen Leben. Der Zahlungsverkehr bildet gewis-sermaßen das Rückgrat unserer vernetzten, arbeitsteiligen und grenzüberschreitenden Wirtschaft und Gesellschaft. Es überrascht daher nicht, dass im Zuge der Diskussion unter dem Label „Digitale Welt & Finanzen“ immer häufiger, intensiver und kontroverser die Entwicklung des Digitalen Zahlungsverkehrs erörtert wird, auch wenn die Digitalisierung in diesem Bereich der Finanzwirtschaft in vielen westlichen Industrienationen schon deutlich in die 1980er-Jahre zurück-reicht.

Die Zahlungsmittelfunktion wird, außer im Handling mit Bargeld, technisch lediglich über Plattfor-men zum Austausch des Buchgeldes in bestehenden und/oder entstehenden bzw. wachsenden Liquiditäts-Netzwerken gewährleistet, die von den jeweiligen Unternehmen im Rahmen ihres kommerziellen Geschäftsmodells angeboten werden. Solche Geschäftsmodelle oder Anbieter stellen also eine Art Intermediärleistung zur Verfügung, weil ihre jeweilige Plattform einzelne be-stehende oder angestrebte Liquiditätsausgleiche miteinander verknüpft („Netz“). Typisch dafür sind die Zahlungskonto- bzw. Girokonto-Netze der traditionellen Banken und Sparkassen oder der Direktbanken. Das damit entstehende Netzwerkgut lässt sich grundsätzlich durch positive Externalitäten charakterisieren, wie sie aus anderen Bereichen der Ökonomie und Technik, insbe-sondere der Telekommunikation oder der Elektromobilität, gut bekannt sind. Die Anbindung an ein Netz (zum Beispiel im Mobilfunk) oder die Anschaffung und Nutzung von Zugangsgeräten (zum Beispiel Computer oder Smartphone) oder die Teilhabe an einem sozialen Netzwerk ist umso at-traktiver, je mehr sich daran beteiligen, also je größer und dichter ein Netz geknüpft ist/wird.

Es können drei grundlegende Typen von Zahlungssystemen identifiziert werden (B2C): Statio-näre Zahlungssysteme, Internet-Zahlungssysteme und mobile Zahlungssysteme. Der erstgenannte Typ von Zahlungssystemen steht nur auf den ersten Blick für die analoge Welt der Zah-lungsdienste, weil hier die digitale Abwicklung des unbaren Zahlungsverkehrs (Überweisung, Last-schrift, Kartenzahlung) und die verschiedenen Formen der Selbstbedienung oft gar nicht mehr als Ausprägung der Digitalisierung wahrgenommen werden. Die beiden anderen Typen (Internet-, mo-bile Zahlungssysteme) gelten dagegen gerne als prototypisch für Erscheinungsformen der Digita-lisierung des Zahlungsverkehrs.

Stationäre Zahlungssysteme als direkte Debit-/Credit-Systeme (Überweisung, Dauerauf-trag, Lastschrift, auch via ATM) oder – insbesondere im Handel – als Kartenzahlungssys-teme (Kreditkarten, Debitkarten, Zahlungskarten); hier ist auch Barzahlung grundsätzlich möglich.

Internet-Zahlungssysteme als direkte Debit-/Credit-Systeme (Überweisung, Dauerauftrag, Lastschrift) oder als Kartenzahlungssysteme (Kreditkarten, Debitkarten, Zahlungskarten); bekannt unter dem Namen Online-Banking, auch via E-Commerce. Hierzu gehört auch die Nutzung mobiler Endgeräte wie Smartphones zur Initiierung oder Autorisierung der Überwei-sung (Credit Transfer) oder Lastschrift (Direct Debit). Ein besonderer Fokus liegt hier im E-Commerce-typischen Distanzgeschäft, also der grundlegenden bonitätsgetriebenen Proble-matik des Austauschs Zug um Zug des Geldes einerseits und der Sachgüter oder Dienst-leistungen andererseits.

Mobile Zahlungssysteme: Nicht stationärer Kanal („Mobile Access Channel“), der meist mit Smartphones oder Tablets erreichbar ist. Zu den dann auf diesem Wege durchgeführten mobilen Zahlungen zählen lediglich solche, die von Personen unter Verwendung eines mo-bilen Endgerätes initiiert und die mittels eines mobilen Kommunikationsnetzwerks zum Zahlungsdiensteanbieter verbunden werden. Nicht dazu gehören Zahlungen wie Überwei-sungen oder Lastschriften, die im Internet stattfinden und lediglich durch ein Smartphone angestoßen oder autorisiert werden (zum Beispiel Banking App, TAN), hier handelt es sich

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

4

um Internet-Zahlungen. Ebenso nicht dazu rechnen Zahlungen am POS, die einen Chip im Smartphone oder einen NFC-Sticker (NFC: „near field communication“) am Smartphone verwenden, aber auf einer Kartenanwendung im Smartphone basieren (stationäre Zahlun-gen).

Die fortschreitende Digitalisierung und deren Verschränkung mit analogen Prozessen erlaubt nun auch Nicht-Banken ihre Kerngeschäftsfelder (Handel, Information, Kommunikation) mit dem tra-ditionellen Geschäftsfeld des (Banken-)Zahlungsverkehrs zu verbinden. Bieten Nicht-Banken sol-che Zahlungsdienste an, so werden diese inzwischen gerne als FinTechs (Financial Services & Technology) bezeichnet. Hierbei handelt es sich nicht nur um Start-ups, sondern ebenso um in-ternational tätige Informations- und Handels- sowie Telekom-Unternehmen wie zum Beispiel Ama-zon oder Google sowie Apple oder Samsung, die ihre Kerngeschäftsfelder der Information, der Kommunikation oder des Handels um ein neues strategisches Geschäftsfeld ergänzen (wollen).

Dafür sind verschiedene Gründe maßgeblich, das Feld Zahlungsverkehr, gegebenenfalls auch kostenlos, zu bedienen. Hierzu gehören insbesondere die forcierte Kundenbindung und die Ge-winnung von zusätzlichen Daten, die mit den bereits verfügbaren Daten fusioniert sowie tieferge-hend analysiert und anschließend selbst für die weitere fortgeschrittene Akquise oder zum Verkauf an Dritte genutzt werden können (Profiling, E-Targeting, Big Data).

Gemessen am Wert der Transaktionen in Höhe von insgesamt mehr als 71 Billionen Euro in 2013 hat der Baranteil einen verschwindend geringen Anteil von nicht einmal 1%. Bezogen auf die An-zahl der Transaktionen in Höhe von mehr als 22 Milliarden Stück in 2013 beträgt der Baranteil gerade einmal reichlich 10%. Insofern überraschen immer wieder neu diejenigen Initiativen, die sich genau auf diese Nische des Zahlungsverkehrs fokussieren, ja zu kaprizieren scheinen. Unterstellt man den meisten Bürgerinnen und Bürgern im täglichen Leben grundsätzlich kein kri-minelles Verhalten wie Steuerhinterziehung, Geldwäsche oder Beteiligung an Organisierter Krimi-nalität, immerhin die dominierenden Argumente in der jüngsten Debatte um die Abschaffung des Bargelds, und stellt gleichzeitig die erörterten Funktionen der Barzahlung, insbesondere die sozi-alen Funktionen in einer Digitalen Welt, in Rechnung, so zeigt sich rasch, dass die teils erbittert und polemisch geführte Debatte recht überflüssig zu sein scheint.

Gelassenheit ist angebracht: „Auch beim Thema Bargeld gilt mein Credo des aufgeklärten, souve-rän entscheidenden Verbrauchers. Und mit dem Wort Entscheidung ist natürlich verbunden, Alter-nativen zur Auswahl zu haben. Insofern sollte und wird das Bargeld immer als Alternative vorhan-den sein. Die Entscheidung, ob und wie es genutzt wird, kann und soll natürlich jede Verbrauche-rin und jeder Verbraucher individuell für sich treffen können. Hier gilt: Wahlfreiheit statt Bevormun-dung und Überwachung!“ (Staatssekretär G. Billen).

Mit Blick auf die Akzeptanz innovativer Bezahlungsverfahren könnten ein angedrohter Zwang der Bargeldabschaffung und möglicherweise schon eine solche – überflüssige – Diskussion sogar eher kontraproduktiv wirken. Hier würde der Endowment Effect wirken, der unter anderem dazu führt, dass man genau die Dinge besonders schätzt, deren Verlust droht.

Die Deutsche Bundesbank kommt zu dem Schluss, dass datenbasierte Technologien und Dienst-leistungen im Zahlungsverkehr zwar für viele Erleichterungen sorgen, aber auch Risiken mit sich bringen, die für den Einzelnen schwer einschätzbar sind. So fallen durch die Nutzung verschiede-ner mobiler Endgeräte immer größere Datenmengen mit teilweise sensiblen personenbezogenen Inhalten an, die auf unterschiedliche Art und Weise verarbeitet und ausgewertet werden. Wie dies geschieht, können die wenigsten überblicken. So entsteht generell ein vages Unbehagen bei der Preisgabe persönlicher Informationen, das vielfach konkret wird, wenn es um finanzbezogene Daten geht.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

5

Damit die Chancen der innovativen Konzepte erkannt und genutzt werden, setzt dies als notwen-dige Bedingung volle Transparenz voraus. Noch wichtiger ist aber die hinreichende Bedin-gung, dass die Informationen eine hohe Qualität besitzen und nicht irgendwo und irgendwie transparent gemacht werden. Verbraucherinnen und Verbraucher lassen willentlich oder unbeabsichtigt und oft unbewusst persönliche Daten entstehen, die Dritte, zum Beispiel die Ei-gentümer der Geschäftsmodelle der Unternehmen der anbietenden Wirtschaft oder Entschei-dungsträger staatlicher Einrichtungen, verwerten können und wollen. Diese persönlichen Daten besitzen oft einen institutionellen, sozialen, und/oder ökonomischen Wert, den alle Akteure, grundsätzlich also auch die Verbraucherinnen und Verbraucher, individuell oder kollektiv als Ver-handlungsgegenstand einsetzen können sollten. Entscheidend scheint hier aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger zu sein, wie einfach, verständlich und klar erkennbar ist, dass die ge-nutzten Angebote aus den persönlichen Daten bezahlt werden (auch durch die Weitergabe an Dritte) und ob es im Ablehnungsfall außer der Nicht-Nutzung des Dienstes Möglichkeiten der Vermeidung sowie Lösungsalternativen gibt. Hierzu gehört auch die einfache, klare und verständ-liche Kennzeichnung, inwiefern persönliche Daten zur direkten oder indirekten persönlichen, ge-ografischen und technikabhängigen (zum Beispiel abhängig vom genutzten Zugang/device) Preis-differenzierung verwendet werden (sollen). Gleichermaßen betrifft dies die Kennzeichnung hin-sichtlich der (IT-) Sicherheit einschließlich der Deklaration der erwarteten und verpflichtenden Mitwirkung des Zahlers.

Bis zu einer wünschenswerten regulativen Lösung ist grundsätzlich eine Übergangslösung denk-bar. Folgt man den erörterten Angaben zur Akzeptanzeinschätzung, dann könnte einer zumindest anfänglichen Zahlungsbereitschaft für hohe Standards in Sicherheit und Datenschutz auch durch eine besondere Prämierung Rechnung getragen werden. Erwägenswert wäre hier ein Gü-tesiegel, welches einfach und verständlich dokumentiert, dass ein Zahlungsdiensteanbeiter hin-sichtlich Sicherheit und Zuverlässigkeit sowie bezogen auf den Schutz der persönlichen Daten mehr als die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt.

Damit ein solches Siegel überhaupt geeignet ist, das entsprechende Marktvertrauen aufzubauen, sind nicht nur wesentliche Anforderungen bezüglich Identifizierung & Transparenz, Verifizierung sowie Relevanz & Nützlichkeit einzuhalten. Vielmehr müsste regelmäßig vom Siegelgeber kon-trolliert und (mit Beweislastumkehr) belastbar dokumentiert sein, dass

ein hohes Maß an Datensparsamkeit (bei Datenerfassung, Datenspeicherung) und Daten-schutz (Weitergabe nur nach Aufklärung und Zustimmung, Offenlegung der ökonomischen Interessen, Möglichkeiten der Löschung) umgesetzt,

eine sehr hohe Transaktionssicherheit und Zuverlässigkeit gewährleistet sowie

eine ausdrückliche Zustimmungspflicht zur Datenerfassung, Datenspeicherung und Daten-weitergabe als „opt in“-Lösung ausschließlich mit dem gut sichtbaren Hinweis auf den „Wa-renwert“ der persönlichen Daten und eine Möglichkeit zur Bezahlung/Vergütung dieser angeboten wird. Alternativ wäre aber auch denkbar, gegen Bezahlung die Garantie zu er-halten, dass alle Daten nach einer Nutzungseinheit (Session) komplett gelöscht werden.

Aufgrund des aktuellen Bezugs wird auch das Regelungsfeld der Umsetzung der Zahlungskon-tenrichtlinie in deutsches Recht erörtert. Mit Bezug zu den Chancen und Risiken der innovativen Zahlungsdienste und zu deren Akzeptanz ist dies ein wesentliches Thema, unter anderem des-halb, weil das Zahlungskonto den wesentlichen Zugang, gewissermaßen den Schlüssel im Zah-lungsverkehr, darstellt.

Bei der Umsetzung der grundlegenden Idee, die Transparenz von Informationen über Gebühren von Zahlungskonten zu verbessern, sind allerdings die gleichen Anforderungen aus Sicht der Ver-braucherinnen und Verbraucher zu beachten, wie schon für andere Finanzprodukte. Allgemein Zahlungsdienstleister zu verpflichten, „... Verbraucher sowohl vor Vertragsschluss als auch wäh-rend der Vertragslaufzeit über die Entgelte [zu, AOe] informieren, die für Dienste in Bezug auf Zahlungskonten verlangt werden ...“ und dafür grundsätzlich eine „...Einrichtung von Vergleichs-

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

6

websites ...“ vorzusehen, genügt dazu nach den bisherigen Erfahrungen mit der Produktkenn-zeichnung im Bereich Verbraucherfinanzen kaum. Es handelt sich um eine notwendige Bedingung zur Funktion der sozialen Marktwirtschaft, nicht mehr.

Jenseits dieser notwendigen Bedingung fehlt es – analog der noch immer mangelnden Regulie-rung zur Produktinformation im Verbraucherfinanzbereich – jedoch bislang an qualitativ hoch-wertigen, tagesaktuellen Informationen, wie sie zum Beispiel via standardisierte Mustervor-gaben an Anbieter und Anwender in Finanzwirtschaft, Handel oder Zahlungsdiensten unter regel-mäßiger Kontrolle gewährleistet werden könnten, damit potentielle Nutzer einfach, verständlich und vergleichbar beurteilen können.

Damit die angedachten Websites zum Vergleich der Konditionen im oben genannten Sinn über-haupt geeignet sind und das entsprechende Marktvertrauen entstehen lassen können, sind we-sentliche Anforderungen bezüglich Identifizierung & Transparenz, Verifizierung sowie Relevanz & Nützlichkeit einzuhalten. Zudem müsste regelmäßig aufsichtlich kontrolliert und (mit Beweislast-umkehr) belastbar dokumentiert werden.

Weder die beiden Richtlinien zu den Zahlungsdiensten (II) und zu den Zahlungskonten selbst, noch der bisher vorliegende Referentenentwurf zur Umsetzung in deutsches Recht enthalten sol-che Mindestanforderungen, die es verschiedenen Gruppen von Bürgerinnen und Bürgern tatsäch-lich ermöglichen würden, klar, einfach und verständlich über Zahlungskonten und Zahlungsdienste qualitativ hochwertig informiert zu werden, um als (potentielle) Kunden erst in die Lage versetzt zu sein, sich selbstgesteuert und kritisch mit Finanzprodukten auseinandersetzen zu können, weil sie jetzt die Informationen dazu wahrnehmen können und zu beurteilen vermögen (Art und Funkti-onsweise, Risiken, Kosten).

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

7

Executive Summary „(Nicht) Beraten und verkauft? Chancen und Risiken der Online-Beratung und -Information“

Wird „Dank des Internets ... der Berater eingespart“ und nimmt ein „Robo-Advisor“ stattdessen die Informations- und Beratungsarbeit auf und bietet automatisiert Portfolios an? Weiß der digital auf-gestellte Kunde, die internetaffine Klientin oder Patientin dann alles besser? Und wird Geiz dann tatsächlich digital, weil das einfache, produktseitig leicht verständliche Geschäft weitestgehend digital und günstig abgewickelt wird?

Viele Finanzdienstleistungen von Banken, Sparkassen, Versicherungen oder Fonds stellen aus ökonomischer Sicht Vertrauensgüter dar, deren entscheidende Nutzenstiftung – sofern überhaupt beurteilbar oder eintreffend – oft erst nach Jahren oder Jahrzehnten zu erwarten ist. Für solche Produkte ist typisch, dass oft eine deutliche (zeitliche) Divergenz zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, die (Nicht-) Realisierung des Leistungsversprechens also oft in ferner Zukunft liegt. Dies betont eindringlich, welch hohe Bedeutung einer verständlichen, verlässlichen und vergleichenden Beratung und Information zukommt, zu der unter anderem eine Angabe von Risiken oder Verlusten, zur Verfügbarkeit, zur Wertentwicklung abzüglich aller Kosten im Klartext und in Euro sowie ein unmissverständlicher Hinweis zur Eignung für eine Bedarfssituation so-wie zu wesentlichen Einflüssen auf andere (vorhandene) Produkte gehört. Kunden werden damit erst in die Lage versetzt, sich selbstgesteuert und kritisch mit Finanzprodukten auseinander zu setzen, und insbesondere auch einzuschätzen, wie viel Risiko (in Verbindung mit anderen Pro-dukten) schon eingegangen wurde („Tragfähigkeit“), jeweils ausgehend von der spezifischen Ziel- und Ausgangssituation eines Verbrauchers, weil sie jetzt die Informationen dazu wahrnehmen können und zu beurteilen vermögen.

Aufgrund der Komplexität der Informations- und Entscheidungssituationen, haben Verbrau-cherinnen und Verbraucher meist einen hohen Informationsbedarf sowohl bezüglich der Analyse ihrer eigenen wirtschaftlichen und finanziellen Situation heute und in Zukunft als auch hinsichtlich der potentiellen Problemlösungen. Die Mehrheit dürfte aufgrund ihres hohen Informationsbedarfs sowie der geringen Absicherung durch gebildetes Vermögen besonders auf eine qualitativ hoch-wertige Exploration, Aufklärung und Empfehlung angewiesen sein. Qualitativ hochwertig bedeutet in diesem Kontext dabei primär, Informationen zu erhalten, die angesichts der verfügbaren Kennt-nisse und Erfahrungen (Kompetenzen) und der individuellen Bedarfssituation benötigt werden. In der Praxis sind Beratungssituationen dabei regelmäßig unter anderem durch eine Informations- und Entscheidungsüberlastung des Kunden gekennzeichnet (information overload, choice overload).

Ein wesentlicher Vorteil des Digital Advice besteht grundsätzlich darin, lösungs- und zielgruppen-orientiert auf dem dazu passenden Zugangskanal (Internet, Apps, Social Media) die notwendigen Informationen zur Selbst-Exploration und Selbst-Aufklärung bereitzustellen. Beide Beratungs-elemente ersetzen also, zumindest teilweise, das „Wie“ (know your customer) und gegebenenfalls dann auch das „Was“ (know your product) stationärer analoger Prägung. Zudem ist die analoge Beratungswelt längst digitalisiert, von der Erfassung der persönlichen Daten im Desktop oder Notebook des Beraters über die elektronische Vermittlung der Produktinformationen bis hin zur standardisierten Empfehlung entsprechend den eingesetzten Algorithmen. Die fortschreitende Digitalisierung und deren Verschränkung mit analogen Prozessen erlaubt auch Nicht-Banken oder innovativen Start-ups, den sogenannten FinTechs, ihre Kerngeschäftsfelder in der Wertkette der Finanzberatung anzusiedeln.

Grundlegend können sieben Typen digitaler Beratungssysteme als Geschäftsmodelle identifiziert werden (B2C):

Vollautomatisiertes Vermögensmanagement: Nutzung einfacher Tools, die nur eine sim-plifizierte und standardisierte Benutzererfahrung voraussetzen, einschließlich vereinfachter Anlageregeln und Anlageempfehlungen aufgrund zuvor ermittelter einfacher Anlegerprofile und Risikotoleranzen (grundsätzlich honorar- oder provisionsbasiert möglich; Financial Planning und Asset Allocation).

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

8

Beraterunterstütztes Vermögensmanagement: Vollautomatisierte Variante unter assistie-render Nutzung eines (virtuellen) Ratgebers (Telefon, E-Mail), der einfache Schritte des Fi-nancial Planning ebenso zeigt wie regelmäßige Anregungen zur Gestaltung und Überarbei-tung des Portfolios gibt (grundsätzlich honorar- oder provisionsbasiert möglich; Financial Planning und Asset Allocation).

Social Trading: Internet-Plattformen, auf denen (potentielle) Nutzer die Investments vorgeb-lich erfolgreicher Anleger in einer unterschiedlich definierten Anleger- und Vorbild-Commu-nity für ihr eigenes Portfolio spiegeln können.

Produktübergreifende und produktspezifische Vergleichsportale, oft in Verbindung mit ver-einfachten Anlageregeln und Anlageempfehlungen aufgrund zuvor selbst zu ermittelnder einfacher Anlegerprofile und Risikotoleranzen (grundsätzlich honorar- oder provisionsbasiert möglich).

Einfache und preiswerte Transaktionsabwicklung mit transparentem Pricing (in der Regel bei den erstgenannten Typen inklusive; regelmäßig bereits Bestandteil des traditionellen On-line-Banking der Direktbanken oder von stationären Banken und Sparkassen mit Internet-Banking; hier nicht weiter thematisiert, da kaum innovativ)

Umfassendes Konten-Management: Aggregation und inhaltliche Zusammenführung aller relevanten Finanz-Konten bzw. -Verträge (Anlagen, Versicherungen, Kredite), in der Regel in Verbindung mit den beiden erstgenannten Systemen (Account Aggregation; hier nicht weiter thematisiert, da in den beiden erstgenannten Typen oft enthalten).

Internetbasierte Kredit- und Wagnisfinanzierung (Crowdfunding): Nutzer können auf ei-ner Online-Plattform in einem spezifischen Umfeld Darlehen (Crowdlending), oft Mikro-Darlehen, vergeben oder erhalten (zum Beispiel auxmoney) und Projektbeteiligungen ein-gehen, ebenfalls oft im Mikro-Format (Crowdinvesting), teilweise mit hohem Eigenkapitalcha-rakter (zum Beispiel seedmatch, kickstarter; hier insgesamt nicht weiter thematisiert, da in der Regel kein direkter Zusammenhang zu den Elementen der Beratung wie Exploration, Aufklärung oder Empfehlung).

Die Grenzen zwischen stationären Beratungssystemen und Varianten des Digital Advice ver-schwimmen längst. Dies lässt sich zum einen auf die überschaubaren Varianten des Zugangs als auch auf die beschränkten Prozesselemente (Exploration, Aufklärung, Empfehlung) zurückführen. Gegenwärtig scheinen die Informationskomponenten (Exploration, Aufklärung), Transaktionsver-billigung und -beschleunigung sowie Konten-Management-Aspekte zu dominieren. Die Ver-schränkung der digitalisierten Angebote bei Erhalt der stationären Elemente könnte sich aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger als Informations- und Beratungssuchende durchaus als vorteil-haft erweisen, wenn es attraktiv erscheint, multiple Nutzungsmöglichkeiten mit wenigen Instru-menten zu erreichen, eine Omni-Kanal-Flexibilität eben.

Die Formen und Geschäftsmodelle der Digitalen Finanzberatung zeigen, dass auch bei einer zu-mindest streckenweise vorgenommenen Selbst-Exploration und/oder Selbst-Aufklärung oft eine bestimmte Art der Empfehlung folgt, die – wenn auch teilweise rudimentär und standardisiert – im Zuschnitt zu den vom Kunden aktiv oder passiv angegebenen Daten zu seiner Situation, seinen Zielen und Anlässen passen soll. Insofern sollte der Rechtsrahmen grundsätzlich auf die Digitale Finanzberatung anzuwenden sein, wenn auch – für analoge und digitale Formen gleichermaßen – in systematischer, strukturierter, standardisierter und vergleichbarer Form und nicht in der heutigen zersplitterten und überregulierten Art und Weise.

Die Digitale Finanzberatung mit Selbst-Exploration, Selbst-Aufklärung und modularen, standar-disierten Empfehlungen zeigt grundsätzlich Potential, insbesondere hinsichtlich des Interessewe-ckens für die persönlichen Finanzen, der initiativen Stärkung der Beschäftigung mit den eigenen Finanzen oder der Vorinformation sowie eines potentiellen Vergleichs der Informationen und Empfehlungen für wesentliche Finanzentscheidungen.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

9

Die beiden Themen Sicherheit und Datenschutz sollten mit höchster Priorität behandelt werden, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu gewinnen, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Die grundlegende Problematik ist mittlerweile gut erkannt worden und soll im politischen Berlin angegangen werden: „Wir wollen, dass die Verbraucher die Souveränität über ihre Daten haben, dass sie einwilligen müssen, bevor ihre Daten verarbeitet werden, dass sie wissen, wer welche Daten hat und es einen Schutz ihrer Daten gibt“ (PSt U. Kelber).

Verbraucherinnen und Verbraucher lassen willentlich oder unbeabsichtigt und oft unbewusst per-sönliche Daten entstehen, die Dritte, zum Beispiel die Eigentümer der Geschäftsmodelle der Un-ternehmen der anbietenden Wirtschaft oder Entscheidungsträger staatlicher Einrichtungen, ver-werten können und wollen. Diese persönlichen Daten besitzen oft einen institutionellen, sozialen, und/oder ökonomischen Wert, den alle Akteure, grundsätzlich also auch die Verbraucherinnen und Verbraucher, individuell oder kollektiv als Verhandlungsgegenstand einsetzen können sollten. Entscheidend scheint hier aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger zu sein, wie einfach, verständlich und klar erkennbar ist, dass die genutzten Angebote mit den persönlichen Daten bezahlt werden (auch durch die Weitergabe an Dritte) und ob es im Ablehnungsfall Möglichkeiten der Vermeidung sowie Lösungsalternativen gibt. Hierzu gehört auch die einfache, klare und ver-ständliche Kennzeichnung, inwiefern persönliche Daten zur direkten oder indirekten persönlichen, geografischen und technikabhängigen (zum Beispiel abhängig vom genutzten Zugang/device) Preisdifferenzierung verwendet werden (sollen). Gleichermaßen betrifft dies die Kennzeichnung hinsichtlich der (IT-) Sicherheit einschließlich der Deklaration der erwarteten und verpflichtenden Mitwirkung der Informations- und Ratsuchenden.

Bis zu einer wünschenswerten regulativen Lösung ist grundsätzlich eine Übergangslösung denk-bar. Folgt man den erörterten Angaben zur Akzeptanzeinschätzung, dann könnte einer zumindest anfänglichen Zahlungsbereitschaft für hohe Standards in Sicherheit und Datenschutz auch durch eine besondere Prämierung Rechnung getragen werden. Erwägenswert wäre hier ein Gü-tesiegel, welches einfach und verständlich dokumentiert, dass ein Anbieter Digitaler Finanzbera-tung (Exploration, Aufklärung oder Empfehlung) hinsichtlich Sicherheit und Zuverlässigkeit sowie bezogen auf den Schutz der persönlichen Daten mehr als die gesetzlichen Mindestanforde-rungen erfüllt. Damit ein solches Siegel überhaupt geeignet ist, das entsprechende Marktver-trauen aufzubauen, wären die bei den Digitalen Zahlungsdiensten erörterten Anforderungen ein-zuhalten.

Der Finanzbereich kann als prototypisch für die fortschreitende Digitalisierung der Geschäftsmo-delle von Dienstleistungsanbietern gelten, deren Produkte die finanziellen Basis- und Zusatzbe-darfe der meisten Bürgerinnen und Bürger unmittelbar und existentiell betreffen oder mittelbar tangieren. Mit einem Time Lag lassen sich diese Entwicklungen im Handel nachvollziehen und in jüngerer Zeit auch im Bereich Gesundheit und Mobilität, mit gut vergleichbaren (potentiellen) Strukturveränderungen.

Einige wichtige Fragen bedürfen der weiteren Diskussion.

Hierzu gehört zum Beispiel, wie Digitales Vertrauen entsteht, also etwa wieder aus analo-gen Komponenten der persönlichen Empfehlung und Erfahrung oder aus mehr oder weniger bewusst eingegangenen Risiken („Selbstversuche“)?

Welche Konsequenzen hat eine immer weiter fortschreitende Selbst-Exploration, Selbst-Auf-klärung und Selbst-Empfehlung auf die immer stärker beanspruchten Zeitbudgets von Bürgerinnen und Bürgern (die Studien des Statistischen Bundesamtes berücksichtigen sol-che Fragen zum Beispiel gar nicht, weil existenzielle Bedarfsfelder wie die persönlichen Fi-nanzen fehlen)?

Führt die zunehmende zeitliche Beanspruchung in der immer weiter selbstbedienten analo-gen und Digitalen Welt zu einer veränderten Risiko-Rendite-Teilung, zum Beispiel in der Form, dass auf „eigene Kosten“ und in Selbstverantwortung immer mehr wesentliche Infor-mationen selbst eruiert, akquiriert sowie verstanden werden müssen und gleichzeitig immer stärker die Folgen daraus ebenfalls selbst zu tragen sind, insbesondere bei den für Bürge-

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

10

rinnen und Bürger ohnehin schwer zu prüfenden Sachgütern und Dienstleistungen mit Ver-trauensgutcharakter (Haftungsreduzierung)?

Führt zusätzlich die Digitalisierung der „Hilfe“- und „Kontakt“-Funktionen mit fortschreitend beliebigen und häufig wechselnden Ansprechpartnern zu einer faktisch immer geringer wer-denden Verfügbarkeit von validen und reliablen Auskünften?

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

11

A No Cash? Chancen und Risiken im Zahlungsverkehr unter einer Digitalen Agenda1

1 Einführung

Eine zentrale Rolle in unserem Wirtschaftsgeschehen spielt der Zahlungsverkehr (Zah-lungsverkehr als Überführung des Geldes von der Verfügungsgewalt eines Wirtschafts-subjekts in diejenige eines anderen). Er genießt höchste Dominanz für alle Geschäftsmo-delle der Anbieter ebenso wie für die meisten Bürgerinnen und Bürger im täglichen Leben. Der Zahlungsverkehr bildet gewissermaßen das Rückgrat unserer vernetzten, arbeits-teiligen und grenzüberschreitenden Wirtschaft und Gesellschaft. Es überrascht daher nicht, dass im Zuge der Diskussion unter dem Label „Digitale Welt & Finanzen“ immer häufiger, intensiver und kontroverser die Entwicklung des Digitalen Zahlungsverkehrs er-örtert wird, auch wenn die Digitalisierung in diesem Bereich der Finanzwirtschaft in vielen westlichen Industrienationen schon deutlich in die 1980er-Jahre zurückreicht und in den 1990er-Jahren zum Beispiel via Automated Teller Machines, Direct-Banking oder Fonds-Absatz einen regelrechten Industrialisierungsschub erfahren hatte.2

Unmittelbar verbunden mit dem analogen und Digitalen Zahlungsverkehr ist das Geld in seinen Funktionen als Zahlungsmittel und standardisiertes Tauschmittel. Geld hat aber in einer modernen Wirtschaft und Zivilgesellschaft die wohl noch bedeutendere Funktion der Recheneinheit und des Wertmaßstabes. Hinzu kommt die Funktion als Wertaufbe-wahrungsmittel in Abhängigkeit unter anderem vom Vertrauen in seine Kaufkraft und der Liquiditätspräferenz. Diese grundsätzlichen Funktionen des Geldes spielen sowohl in der analogen als auch in der Digitalen Welt gleichermaßen eine Rolle, Buchgeld liegt heute in digitaler Form vor. Davon zu unterscheiden ist das bereits in der analogen Welt bekannte Auseinanderfallen zwischen Zahlungsmittel und Wertmaßstab, wie es sich zum Beispiel in Form digitaler Währungen (bitcoins etc.) darstellt.

Eher wenig beachtet scheint gerade in der Verschränkung analoger und digitaler Prozesse eine weitere wesentliche Eigenschaft des Geldes zu sein, die soziale Funktion. Indirekt spürbar wird dies immer dann, wenn über eine Abschaffung des Bargeldes diskutiert wird.3 Meist ohne eine weitere datengestützte Analyse, zum Beispiel zur tatsächlichen Relevanz der Barzahlung nach Transaktionszahl oder Transaktionsvolumen, wird gerne eine gewisse Überhöhung und Dramatik entfacht: „It is only cash which can provide ... liberty.“4 oder „Diese Freiheit nehm‘ ich Dir.“5

Jenseits dieser eher polemisch wirkenden Argumentation, die sich häufig schnell mit Ar-gumenten zur Geldpolitik der EZB oder auch zur (Organisierten) Kriminalität verbindet, sind unter der sozialen Funktion eher Aspekte der Individualität, der sozialen Anerken-nung, der Emotionalität und Gewohnheit, der Funktionalität und der Anonymität verknüpft: man denke an direkte Geschenke von Großeltern an Enkel (theoretisch auch per Über-weisung), Kollekte im Gottesdienst (grundsätzlich auch kartengesteuert oder per Überwei-sung), Trinkgeld (grundsätzlich auch kartengesteuert), Wertaufbewahrung („Horten“) oder Verfügbarkeit/Zuverlässigkeit (zeitweises Versagen von Zahlungskarten oder Autorisie-rungs- und Buchungssystemen) sowie entstehende Datenspuren (euphemistisch auch „Datenspende“ genannt).

Hinzu kommt die Analyse veränderter und neuer Geschäftsmodelle, zum Beispiel hin-sichtlich des Besitzes und der Verwendung/Verwertung der Datenspuren, der traditionellen 1 Auszug aus Oehler 2015d; Oehler 2015h. 2 Vgl. Oehler 1990a; vgl. auch Oehler 1990b, 5-13; Oehler 1990c, 4-12; Oehler 2000a, 23; Oehler 2000b, 332. 3 Vgl. Oehler 1990a. 4 Issing 2015. 5 Freiberger 2015, 4.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

12

Finanzwirtschaft mit ihren Finanzintermediären wie Banken und Sparkassen sowie Versicherungen einerseits und Anbietern von Zahlungssystemen und/oder Handelssyste-men sowie Informations(verwertungs)systemen andererseits (Zusammenführung von Da-ten des Zahlungsverkehrs mit solchen des Handels und von Konsum-Bedarfs-Bereichen). Dabei sind nicht nur analoge oder digitale Formen einzeln, sondern diese vor allem in ihrer verschränkten Form, also als Mischformen zu begreifen und zu analysieren.

Die Zahlungsmittelfunktion wird, außer im Handling mit Bargeld, technisch lediglich über Plattformen zum Austausch des Buchgeldes in bestehenden und/oder entstehenden bzw. wachsenden Liquiditäts-Netzwerken gewährleistet, die von den jeweiligen Unter-nehmen im Rahmen ihres kommerziellen Geschäftsmodells angeboten werden. Solche Geschäftsmodelle oder Anbieter stellen also eine Art Intermediärleistung zur Verfügung, weil ihre jeweilige Plattform einzelne bestehende oder angestrebte Liquiditätsausgleiche miteinander verknüpft („Netz“). Typisch dafür sind die Zahlungskonto- bzw. Girokonto-Netze der traditionellen Banken und Sparkassen oder der Direktbanken. Das damit ent-stehende Netzwerkgut lässt sich grundsätzlich durch positive Externalitäten charakterisie-ren, wie sie aus anderen Bereichen der Ökonomie und Technik, insbesondere der Tele-kommunikation oder der Elektromobilität, gut bekannt sind. Die Anbindung an ein Netz (zum Beispiel im Mobilfunk) oder die Anschaffung und Nutzung von Zugangsgeräten (zum Beispiel Computer oder Smartphone) oder die Teilhabe an einem sozialen Netzwerk ist umso attraktiver, je mehr sich daran beteiligen, also je größer und dichter ein Netz ge-knüpft ist/wird.

Solche „Netzwerkeffekte“6 als sich selbst verstärkende Prozesse werden dabei nicht nur durch den Preis, sondern maßgeblich durch die erwartete Netzausbreitung und den Zu-gang gesteuert. Diese gilt für verschiedene Nutzergruppen gleichermaßen, also B2C ebenso wie B2B (B2C=Business-to-Consumer, B2B=Business-to-Business), und im Re-tail-Sektor nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger, sondern zum Beispiel auch für den Handel. So steigt im Zahlungsverkehr für Verbraucherinnen und Verbraucher der Nutzen dann, wenn sie ein Bezahlsystem, zum Beispiel eine Girokarte, eine Kreditkarte oder eine Lastschrift, möglichst an verschiedenen analogen oder digitalen Stationen einsetzen kön-nen. Gleichzeitig werden sich analoge Händler ebenso wie Online-Händler nur dann für bestimmte Bezahlverfahren entscheiden, wenn sie erwarten können, dass viele potentielle Kundinnen und Kunden diese nutzen werden (eine solche doppelte Akzeptanzerforder-nis ist vergleichbar zum Netz der Post- und Paketzustellung sowie der Packstationen).

6 Netzwerkeffekte mit Bezug zum Zahlungsverkehr werden kurz auch angesprochen in BIS 2012, 18 und Deutsche Bundesbank 2014, 48; vgl. auch

Deutsche Bundesbank 2012, 58.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

13

2 Analoge und digitale Formen des Zahlungsverkehrs: Überlegungen zur Systematik

Aus der Perspektive von Bürgerinnen und Bürgern als Privatpersonen (B2C=Business-to-Consumer, P2P=Person-to-Person bzw. Peer-to-Peer) lässt sich der Zahlungsverkehr systematisieren nach Zahlungsanlässen (zum Beispiel Rechnung, Online-Kauf), Zah-lungsinstrumenten (Devices), Zugangskanälen (zum Beispiel Point of Sale) und Zah-lungsdienstleistern (Anbieter von Zahlungsdiensten, gegebenenfalls auch von Zugangs-kanälen, Zahlungsinstrumenten).

Es bestehen auch und gerade für den Zahlungsverkehr gravierende Unterschiede zwi-schen der Digitalen Welt einerseits und der traditionellen oder analogen Welt andererseits hinsichtlich Zeit/Geschwindigkeit, Reichweite/Menge, Unumkehrbarkeit/Speicherbarkeit sowie den damit verbundenen Transaktionskosten und einer Änderung der Rendite-Risiko-Teilung (zum Beispiel Selbstverantwortlichkeit für Zugangscodes, Passwörter etc. oder Software-Pflege samt Schutz-Software). Dem Vorteil der sehr preiswerten digitalen Produktion und Kommunikation steht die Notwendigkeit der technischen Ausrüstung ge-genüber. Schließlich spielen auch die bei der Nutzung und Verarbeitung der Informationen hinterlassenen „Datenspuren“ eine wichtige Rolle (auch: Datenfusion im Sinne einer Zu-sammenführung von Daten des Kaufs/Verkaufs, des Bezahlens, der Bonität, der Lebens-weise etc.). Hier ist die Privatsphäre einschließlich des Schutzes der persönlichen Daten direkt betroffen, insbesondere, wenn Daten unbemerkt ausgelesen und/oder weiterverar-beitet werden (E-Targeting und E-Profiling; technische, persönliche oder geografische Preisdifferenzierung). Nicht zuletzt sind die Chancen der Nutzung der digitalen Da-ten(spuren) ungleich verteilt. Zwar sinken die Transaktionskosten für beide Marktseiten, die Angebotsseite gewinnt jedoch durch Data Mining und Data Tracking (Big Data) einen erheblichen Informationsvorteil, dem pekuniäre Gewinne ebenso zugeordnet werden kön-nen wie eine Zunahme an Informations- und Kommunikationsmacht.

Jenseits der bereits angesprochenen weit fortgeschrittenen Digitalisierungsprozesse in Banken und Sparkassen, zum Beispiel in der Abwicklung des unbaren Zahlungsverkehrs mit Überweisungen, Daueraufträgen, Lastschriften, in der Selbstbedienung im Retail-Ban-king mit Geldausgabeautomaten oder Multifunktionsterminals sowie am Point of Sale (zum Beispiel Girokarte) und in der Kontoführung und Geldanlage sowie Finanzierung via Internet (Online-Banking) oder gestützt auf mobile Endgeräte wie Smartphones (Mobile Banking) ist in den letzten Jahren durch die zunehmende Verbreitung des E-Commerce und durch die weiter steigende Verfügbarkeit von mobilen Endgeräten wie Tablets oder Smartphones und schließlich durch neue technologische Entwicklungen wie NFC (Near Field Communication), QR-Codes (Quick Response Codes) oder BLE (Bluetooth Low Energy) die Nutzung neuer, schnellerer und gegebenenfalls komfortablerer Be-zahlverfahren in den Fokus gerückt. Die fortschreitende Digitalisierung und deren Ver-schränkung mit analogen Prozessen erlaubt nun auch Nicht-Banken ihre Kernge-schäftsfelder (Handel, Information) mit dem traditionellen Geschäftsfeld des (Banken-)Zahlungsverkehrs zu verbinden. „... Hinzu kommt, dass der Zahlungsverkehr in der Kre-ditwirtschaft oftmals eher unter reinen Kostengesichtspunkten und weniger als strategisch relevantes Geschäftsfeld mit Zukunft gesehen wird.“7 Allerdings wird gleichzeitig konsta-tiert, dass sich die „... abzeichnenden Verhaltensänderungen im Massenzahlungsverkehr ... vor allem im Bereich der von Verbrauchern einmalig initiierten Zahlungen im Einzelhan-del ab[spielen] ...“ und „... regelmäßig getätigte Zahlungen von Unternehmen außerhalb

7 Deutsche Bundesbank 2014, 48.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

14

des Einzelhandels etwa im Business-to-Business-Bereich (B2B) ebenso wie an Privatper-sonen ... von diesen Änderungen weniger betroffen ...“8 sind.

Im Folgenden werden in Abbildung 1, die typisiert die Prozess- und Wertkette im Zah-lungsverkehr (Retail/B2C, P2P) wiedergibt, die durch den jeweiligen Zahlungsanlass moti-vierten Zahlungsinstrumente und Zugangskanäle dargestellt und dabei insbesondere die prozessorientierten und/oder produktbezogenen Aspekte der Digitalisierung beleuchtet.

Zahlungsanlässe für Privatpersonen lassen sich im Wesentlichen in vier Kategorien ein-teilen:

P2P: „Person-to-Person“ bzw. Peer-to-Peer; hiermit ist der bare oder unbare Geld-transfer zwischen Privatpersonen beschrieben, der zum Beispiel Unterhalt, Ta-schengeld, Geschenke oder Spenden umfasst; typischerweise als Nahzahlung (Face to Face), aber auch als Distanzzahlung.

LVR: „Laufende Verträge/Rechnungen“; hierzu rechnen bekannte, oft regelmäßig wiederkehrende Zahlungen zum Beispiel zur Geldanlage, für Sach- oder Lebensver-sicherungen, für Energie und Versorgung (Strom, Gas, Wasser), Telekom, Miete, Kredite (Zins- und Tilgung) oder an den Staat (Steuern, Gebühren); typischerweise als Distanzzahlung.

NEVR: „Neue/Einmalige Verträge/Rechnungen“; dazu zählen zum Beispiel Zahlun-gen durch neue/spontane Einkäufe online, an den Staat (Gebühren), Handwerker, ÖPNV (inklusive Taxi), für Reisen (Flüge etc.); typischerweise als Nahzahlung und auch als Distanzzahlung (auch Distanzzahlung als Remote Payment: außerhalb des Ladengeschäfts, Zahler und Zahlungsempfänger sind räumlich getrennt, Be-zahlung autark und unabhängig vom Händler, vom Sachgut oder von der Dienstleis-tung, zum Beispiel Mobile Parking (M(obile)-Commerce als Teil des E-Commerce)9).

POS: „Point of Sale“; hierrunter fallen Zahlungen für Einkäufe vor Ort für Sachgüter und Dienstleistungen im stationären Handel oder Gewerbe; Nahzahlung oder auch mobile Nahzahlung (Proximity Payment).

Als Zahlungsinstrumente stehen grundsätzlich folgende Medien und Geräte (devices) zur Verfügung (das Zahlungsinstrument dient der Verbindung zum Zugangskanal nach Kriterien wie zum Beispiel Funktionsumfang, Transportierbarkeit, Anbindung an Kommu-nikationsnetze, siehe unten):

PC: Computer (stationär oder Notebook).

PA: Papiergebundene Formblätter wie Formulare für Überweisung, Dauerauftrag, Lastschrift (vor allem Einzugsermächtigung).

TE: Telefon/Fax stationär oder nicht-internetfähiges Mobile („Handy“, unter anderem Telefon-Banking).

MO: Mobile, insbesondere Smartphone, Tablet, gegebenenfalls Sub-Notebooks mit vergleichbaren Funktionen zum Tablet.10

8 Deutsche Bundesbank 2014, 46. 9 Vgl. BITKOM 2013, 7. 10 Gelegentlich werden zu den mobilen Endgeräten auch internetfähige MP3/4-Player oder E-(Book-)Reader gerechnet: Vgl. zum Beispiel BITKOM

2013, 1.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

15

KA: Kreditkarten, Debitkarten (auch Zahlungskarten11, zum Beispiel Girokarte), ge-gebenenfalls auch mit einem Chip und/oder NFC (Near Field Communication) sowie einer Kartenanwendung in einem Smartphone/Tablet.

BG: Bargeld (Münzen, Noten).

Als Zugangskanal können in Abhängigkeit vom jeweiligen Zahlungsinstrument die fol-genden fünf Varianten gewählt werden (der Zugangskanal verbindet den Zahler bzw. den Zahlungsempfänger und den jeweiligen Zahlungsdienstleister, so dass eine Zahlung initi-iert oder empfangen werden kann):

WEB: Internet, insbesondere Online-Banking, E-Commerce; gegebenenfalls unter Nutzung von mobilen Endgeräten wie einem Smartphone zur Initiierung und/oder Autorisierung der Überweisung (Credit Transfer) oder Lastschrift (Direct Debit).

FIL: Filiale, also stationäres, grundsätzlich personalgestütztes Angebot vor Ort; auch erreichbar via Briefpost oder Telefon/Fax.

ATM: „Automated Teller Machine“; nicht nur Geldausgabeautomaten, sondern auch MFT/Multifunktionsterminals für Überweisungen, Daueraufträge, Lastschriften sowie Einzahlungen.

POST: POS-Terminal, typischerweise im Handel, aber auch in Tankstellen, Restau-rants, Hotels, Supermärkten etc.

MOAC: „Mobile Access Channel“; nicht stationärer Kanal, der nur mit MO erreichbar ist und gegebenenfalls noch mit nicht-internetfähigem Mobile („Handy“) via SMS. Zu den dann auf diesem Wege durchgeführten mobilen Zahlungen (Mobile Payments) zählen lediglich solche, die von Personen unter Verwendung eines mobilen Endge-rätes (MO) initiiert12 und die mittels eines mobilen Kommunikationsnetzwerks mit Spracherkennung, Textnachrichten oder NFC etc. zum Zahlungsdiensteanbieter ver-bunden werden.13

Als Zahlungsdienstleister lassen sich im Wesentlichen die folgenden fünf Typen erken-nen:

TBS: Traditionelle Bank/Sparkasse mit stationären Filialen.

IB: Internetbank, Online-Banking und Mobile-Banking, zum Beispiel Fidor, DKB; auch Online-Banking von TBS.

11 Die EU-Kommission verwendet den Begriff der Zahlungskarte als Oberbegriff, was wenig hilfreich erscheint, vgl. EU-Kommission 2012, 4. 12 Vgl. BITKOM 2013, 1: „In manchen Zusammenhängen werden definitorisch auch Ansätze, bei denen über Mobiltelefone eine Kartenakzeptanz

deutlich vereinfacht wird ... noch zu den Mobile Payments-Verfahren hinzugezählt. Für den BITKOM ist dies aber lediglich die Vereinfachung einer Akzeptanzinfrastruktur für klassische Kartenzahlungen und daher kein virtueller Zahlungsverkehr mit Hilfe mobiler Endgeräte ...“.

13 Vgl. BIS 2012, 13: „... not the access device but the access channel that defines a mobile payment. In this context, mobile payments are payments initiated and transmitted by access devices that are connected to the mobile communication network using voice technology, text messaging ... or NFC. ... payments, such as credit transfers or direct debits, that are only initiated and authorised via the internet using mobile phones (eg by a mobile banking application using an app on a smartphone) are not considered to be mobile payments; instead they are categorised as internet payments. The same is true for online payments where the mobile phone is only used for authentication purposes (eg by sending a transaction number (TAN) for online banking transactions via a mobile phone). POS payments using a chip embedded in mobile phones or NFC sticker posted on mobile phones are considered to represent card payment innovations provided that a card version of this service is available (typically, a credit card product embedded in a phone using NFC). Only if no card alternative is provided should it be considered to be a mobile payment.” Danwerth 2015, 121, siehe auch unten, bezieht den Begriff Mobile Payment lediglich auf Zahlungen im Wege der Proximity Payments, bei denen Personen Zahlungen im stationären Handel vornehmen (mobile Nahzahlungen am POS), und also nicht via Remote Payments mobile Fernzahlungen außerhalb des Ladengeschäfts (Zahler und Zahlungsempfänger sind räumlich getrennt) initiieren (M(obile)-Commerce als Teil des E-Commerce). Anders die EU-Kommission, die sowohl die Nahzahlungen als auch „M-Fernzahlungen“ (vor allem kartenbasiert) als Mobile Payments versteht, vgl. EU-Kommission 2012, 6.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

16

EKT: E-Geld-Konto-Anbieter, Transfer von vorausbezahlten Guthaben, inklusive vor-heriger Guthabenbildung via Lastschrift oder Kreditkartenzahlung (zum Beispiel PayPal).14

KAU: Kartenausgebendes Unternehmen (zum Beispiel Kreditkartengesellschaft).

Z/T: Z/Transfer; Dienstleister der Zahlungsauthentifizierung oder auch der reinen Zahlungsauslösung (Zahlungsauslösedienst, ZAD, Nutzer kann bei Abschluss eines Geschäfts im Internet die Zahlung direkt im Internet auslösen; Dritter (Zahlungsaus-lösedienst) greift beim kontoführenden Institut des Kunden auf dessen Zahlungs-konto zurück; nach Auslösung der Zahlung und Prüfung der Kontoinformationen, sendet der Dritte dem Onlinehändler eine Nachricht. (zum Beispiel SofortÜberwei-sung)) oder des reinen Finanztransfers (zum Beispiel Online-Handelsplattformen) sowie des Digitalen Zahlungsgeschäfts (Betreiber des Telekommunikations- oder IT-Systems oder IT-Netzes ausschließlich als zwischengeschaltete Stelle zwischen Zahler und Lieferanten).

In der Gesamtschau aus Zahler, Zahlungsanlass, Zahlungsinstrument, Zugangskanal und Zahlungsdienstleister sowie Zahlungsempfänger ergibt sich der Überblick, der in Abbil-dung 1 dargestellt ist. Die Darstellung fokussiert auf die Perspektive der Bürgerinnen und Bürger als Zahler (B2C), daher wurde in der unteren Hälfte der Abbildung auch keine weitere Zuordnung vorgenommen, grundsätzlich bestehen aber dieselben Möglichkeiten. Bargeld wird als Besonderheit hervorgehoben, da nur hier der direkte Transfer einfach möglich ist (Pfeil rechts). Zahler nutzen in Abhängigkeit vom Zahlungsanlass ein Zah-lungsinstrument und einen Zugangskanal, der von Zahlungsdienstleistern angeboten wird.

14 E-Geld ist definiert als (Deutsche Bundesbank 2014, 50): „... ein monetärer Wert in Form einer Forderung gegen die ausgebende Stelle, der erstens

auf einem Datenträger gespeichert ist, zweitens gegen Entgegennahme eines Geldbetrages ausgegeben wird, dessen Wert nicht geringer ist als der ausgegebene monetäre Wert, und der drittens von anderen Unternehmen als der ausgebenden Stelle als Zahlungsmittel akzeptiert wird.“ Gemäß § 1a Abs. 3 Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz - ZAG): „E-Geld ist jeder elektronisch, darunter auch magnetisch, gespeicherte monetäre Wert in Form einer Forderung gegenüber dem Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrages ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge im Sinne des § 675f Absatz 3 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem Emittenten angenommen wird.“

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

17

Abbildung 1: Typisierte Prozess- und Wertkette im Zahlungsverkehr (eigene Darstellung)

Zahlungsanlass

Zahlungsinstrument

Zugangskanal

Zahlungsdienstleister

Authentifizierung, ggf. Bonitätsprüfung

Clearing & Settlement

Zahlungsdienstleister

Zugangskanal

Zahlungsinstrument

Legende Zahlungsanlass: P2P = Person-to-Person (Transfer zwischen Privatpersonen, zum Beispiel Unterhalt, Taschengeld, Geschenke, Spenden) LVR = Laufende Verträge/Rechnungen (zum Beispiel Anlage, Versicherungen, Energie und Versorgung, Telekom, Miete, Kredite; Staat) NEVR = Neue/Einmalige Verträge/Rechnungen (zum Beispiel Einkäufe online, Staat, Handwerker, ÖPNV, Reisen) POS = Point of Sale (Einkäufe vor Ort/stationär)

Zahlungsinstrument: PC = Computer (stationär oder Notebook) PA = Papiergebundenes Formblatt (Überweisung, Dauerauftrag, Lastschrift) TE = Telefon/Fax stationär oder nicht-internetfähiges Mobile (unter anderem Telefon-Banking MO = Mobile (Smartphone, Tablet) KA = Kreditkarten, Debitkarten (auch Zahlungskarten, zum Beispiel Girokarte) BG = Bargeld (Münzen, Noten)

Zugangskanal WEB = Internet FIL = Filiale (stationär; auch via Briefpost) ATM = Automated Teller Machine (hinzugerechnet auch MFT/Multifunktionsterminals für Überweisungen, Daueraufträge, Lastschriften) POST = POS-Terminal (zum Beispiel Handel) MOAC = Mobile Access Channel (nicht stationärer Kanal, erreichbar mit MO und gegebenenfalls mit nicht-internetfähigem Mobile via SMS)

Zahlungsdienstleister TBS = Traditionelle Bank/Sparkasse IB = Internetbank (zum Beispiel Fidor, DKB; auch Online-Banking von TBS) EKT = E-Geld-Konto-Anbieter (zum Beispiel PayPal) Z/T = Zahlungsauthentifizierung, Zahlungsauslösung (z.B. SofortÜberweisung), Finanztransfer (z.B. Online-Handelsplattformen) oder Digitales Zahlungsgeschäft (z. B. Telekom-Betreiber) KAU = Kartenausgebendes Unternehmen (zum Beispiel Kreditkartengesellschaft).

Zahler

Zahlungsempfänger

P2P LVR NEVR POS

PC PA TE MO KA BG

MOAC POST ATM FIL WEB

MOAC POST ATM FIL WEB

PC PA TE MO KA BG

KAU Z/T EKT IB TBS

KAU Z/T EKT IB TBS

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

18

Hierzu werden im folgenden Kapitel 3 die wesentlichen Geschäftsmodelle der Anbieter vorgestellt, bevor sich Kapitel 4 den Akzeptanzfragen widmet. Die wesentlichen rechtli-chen Rahmenbedingungen werden in Oehler 2015d, Kapitel 4, erörtert.

3 Wesentliche Geschäftsmodelle im Digitalen Zahlungsverkehr

Es lassen sich grundlegend drei Erscheinungsformen des Zahlungsverkehrs unterschei-den, die im Kontext der Digitalisierung thematisiert werden.

Stationäre Zahlungssysteme als direkte Debit-/Credit-Systeme (Überweisung, Dau-erauftrag, Lastschrift, auch via ATM) oder – insbesondere im Handel – als Karten-zahlungssysteme (Kreditkarten, Debitkarten, Zahlungskarten); hier ist auch Barzah-lung grundsätzlich möglich.

Internet-Zahlungssysteme als direkte Debit-/Credit-Systeme (Überweisung, Dauer-auftrag, Lastschrift) oder als Kartenzahlungssysteme (Kreditkarten, Debitkarten, Zah-lungskarten); bekannt unter dem Namen Online-Banking, auch via E-Commerce. Hierzu gehört auch die Nutzung mobiler Endgeräte wie Smartphones zur Initiierung oder Autorisierung der Überweisung (Credit Transfer) oder Lastschrift (Direct Debit). Ein besonderer Fokus liegt hier im E-Commerce-typischen Distanzgeschäft, also der grundlegenden bonitätsgetriebenen Problematik des Austauschs Zug um Zug des Geldes einerseits und der Sachgüter oder Dienstleistungen andererseits.

Mobile Zahlungssysteme: Nicht stationärer Kanal („Mobile Access Channel“), der meist mit Smartphones oder Tablets erreichbar ist. Zu den dann auf diesem Wege durchgeführten mobilen Zahlungen zählen lediglich solche, die von Personen unter Verwendung eines mobilen Endgerätes initiiert und die mittels eines mobilen Kom-munikationsnetzwerks zum Zahlungsdiensteanbieter verbunden werden. Nicht dazu gehören Zahlungen wie Überweisungen oder Lastschriften, die im Internet stattfinden und lediglich durch ein Smartphone angestoßen oder autorisiert werden (zum Beispiel Banking App, TAN), hier handelt es sich um Internet-Zahlungen (s.o.). Ebenso nicht dazu rechnen Zahlungen am POS, die einen Chip im Smartphone oder einen NFC-Sticker (NFC: „near field communication“) am Smartphone verwenden, aber auf einer Kartenanwendung im Smartphone basieren (stationäre Zahlungen, s.o.).

Die fortschreitende Digitalisierung und deren Verschränkung mit analogen Prozessen er-laubt auch Nicht-Banken ihre Kerngeschäftsfelder (Handel, Information, Kommunikation) mit dem traditionellen Geschäftsfeld des (Banken-)Zahlungsverkehrs zu verbinden. Bieten Nicht-Banken solche Zahlungsdienste an, so werden diese inzwischen gerne als FinTechs (Financial Services & Technology) bezeichnet.15 Hierbei handelt es sich nicht nur um Start-ups, sondern ebenso um international tätige Informations- und Handels- so-wie Telekom-Unternehmen wie zum Beispiel Amazon oder Google sowie Apple oder Samsung, die ihre Kerngeschäftsfelder der Information, der Kommunikation oder des Handels um ein neues strategisches Geschäftsfeld ergänzen (wollen). Dafür sind ver-schiedene Gründe maßgeblich, das Feld Zahlungsverkehr, gegebenenfalls auch kosten-los, zu bedienen. Hierzu gehören insbesondere die forcierte Kundenbindung und die Ge-winnung von zusätzlichen Daten, die mit den bereits verfügbaren Daten fusioniert sowie tiefergehend analysiert und anschließend selbst für die weitere fortgeschrittene Akquise 15 Der Begriff FinTech umfasst aber auch noch weitere Geschäftsmodelle, zum Beispiel im Bereich digitale Anlage/Beratung/Vermittlung/Verwaltung

oder zu Big Data und Finanzdienstleistungen.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

19

oder zum Verkauf an Dritte genutzt werden können (Profiling, E-Targeting, Big Data). Solange diese Gründe für den Eintritt in das neue Geschäftsfeld Zahlungsdienste und in die Wert- und Prozesskette Zahlungsverkehr im Vordergrund stehen und genügend Chancen zur Umsatz- und Ertragssteigerung bieten, dürfte der durch immer neue Wett-bewerber entstehende Preisdruck eher irrelevant sein und ggf. zu scheinbar kostenlosen Produkten führen (scheinbar, da ja ökonomisch die Datennutzung, also die Datenabgabe oder „Datenspende“ der Bürgerinnen und Bürger mit zu betrachten ist). Die – wenn auch eher zögerliche – Umorientierung traditioneller Banken und Sparkassen, auch wenn diese Online-Banking anbieten, und selbst mancher Direktbanken könnte hiermit in direktem Zusammenhang stehen: Zwar ist die relativ einfache Möglichkeit, das Zahlungsverkehrs-verhalten der eigenen Kunden systematisch für die Erhaltung und die Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells zu nutzen, grundsätzlich schon sehr lange bekannt, jedoch scheint die strategisch gute Position, dass fast jede Bürgerin und jeder Bürger ein Bank- oder Sparkassenkonto hat (Girokonto) bislang eher wenig dafür genutzt worden zu sein, eigene innovative Zahlungsdienste anzubieten.16

Im Folgenden wird auf wesentliche neuere Geschäftsmodelle in den drei Systemen des Zahlungsverkehrs näher eingegangen. Die Deutsche Bundesbank unterscheidet in ihrer jüngsten Studie zum Zahlungsverhalten unter innovativen Bezahlverfahren am Point-of-Sale und im Internet vier Kategorien: „Kontaktloses Bezahlen mit der Karte“, „Bezahlen mit dem Mobiltelefon im Geschäft“, „Bezahlen mit dem Mobiltelefon außerhalb des Geschäfts“ und „Internetbezahlverfahren“. Sie kommt allerdings zu dem Schluss, dass mit Ausnahme von Internetbezahlverfahren innovative Bezahlverfahren am Markt noch eine untergeord-nete Rolle spielen.17 Steria weist aber darauf hin, dass sich die Internetnutzung immer mehr in den mobilen Bereich verlagert, insbesondere via Apps.18

Stationäre Zahlungssysteme: Im Wesentlichen handelt es sich um zwei Innovatio-nen, das kontaktlose Bezahlen mit der Karte als Teil des Zahlungskartengeschäfts mit und ohne Kreditgewährung und das Bezahlen mit dem Mobiltelefon im Geschäft, also einer Form der Mobile Payments, weshalb dieses im Rahmen der innovativen Geschäftsmodelle des dritten Typs von Zahlungssystemen (s.u.) erörtert wird. Nach Einschätzung der Bundesbank ist NFC beim Kontaktloszahlen am weitesten ver-breitet, es diene der deutlichen Beschleunigung des Zahlvorgangs. Angeboten wird diese Form des Bezahlens zurzeit vor allem von Visa (PayWave) und Mastercard (PayPass) sowie vom deutschen Kreditgewerbe unter dem Namen „girogo“ (basie-rend auf der GeldKarte). Die Kontaktlos-Technologie kann auch direkt im Smartphone integriert oder angefügt sein, meist unter Nutzung der Kartenzahlung und in Verbindung mit der SIM-Karte (z.B. Apple Pay) oder Lastschrift.19 Diese For-men können auch in sogenannten Mobile Wallets oder Digitalen Geldbörsen inte-griert werden, letztlich oft eine digitalisierte Kreditkarte, die mehrere Zahlungsfunkti-onen und Dienste verschiedener Anbieter, zum Beispiel der Telekom oder von Kun-denbindungssystemen des Handels (Rewards- oder Gutscheinsysteme), zusam-menführen soll.20

Internet-Zahlungssysteme: Grundsätzlich können zwei Innovationen unterschieden werden.21 (a) Online-Banking-Lösungen, bei denen ein Zahler von der Web-Seite des Händlers (E-Commerce) und Zahlungsempfängers zur Web-Seite der Online-

16 Vgl. zum Beispiel Deutsche Bundesbank 2014, 48. 17 Vgl. Deutsche Bundesbank 2015, 21. 18 Vgl. Steria 2014a, 6. 19 Vgl. ibi research 2014, 17. 20 Vgl. Deutsche Bundesbank 2014, 52. 21 Vgl. BIS, 2012, 13.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

20

Banking-Anwendung des Zahlers weitergeleitet wird (Forward-Variante; zum Bei-spiel Giropay); die neue Variante der deutschen Banken und Sparkassen Paydirekt schaltet ein (vorhandenes) Girokonto für die Online-Zahlung frei, es wird also – im Unterschied zu PayPal – kein neues Konto notwendig. (b) Treuhand-Lösungen, bei denen ein Dritter zwischen den Zahler und den Zahlungsempfänger geschaltet ist, der sowohl die Zahlung als auch die Lieferung der Sachgüter oder Dienstleistungen (E-Commerce) leisten möchte (zum Beispiel PayPal).

Mobile Zahlungssysteme: Zu den innovativen Entwicklungen in diesem dritten Typ eines Zahlungssystems gehört zum einen das Bezahlen mit dem Mobiltelefon im Geschäft (Proximity Payment), soweit es nicht nur eine kartengestützte Lösung darstellt (s.o.), zum anderen vor allem das Bezahlen mit dem Mobiltelefon außer-halb des Geschäfts, also Mobile Payment als Remote Payment. Als Beispiel kann das Mobile Parking gelten, bei dem ein Parkticket unabhängig vom Standort des Zahlers z.B. via Eingabe des Kfz-Kennzeichens gelöst oder auch verlängert werden kann.

4 Zur Akzeptanz der Zahlungsdienste als Ausdruck einer Einschätzung der Chancen und Risiken

Für die weitere Analyse können verschiedene Studien der Bundesbank, von Beratungs-unternehmen und von Interessenverbänden der Finanzwirtschaft ausgewertet werden. Ein Fokus liegt aber auf der dritten Studie der Bundesbank zum Zahlungsverhalten in Deutschland. Dies nicht nur deswegen, weil sie umfassend aufgebaut ist und methodisch nicht nur eine einfache Befragung wie zum Beispiel die Standard-Befragungen der „Befra-gungsindustrie“ inkl. Panels wie SOEP oder Consumer Market Scoreboard/Consumer Conditions Scoreboard verwendet, sondern auch, da hier eine spezifische, rein anbieter- oder verbraucherbezogene Interessenlage kaum angenommen werden kann. Die nach-stehende Abbildung 2 zeigt die Einschätzung der Befragten unter anderem zum kontakt-losen Zahlen mit der Karte. Es wird eine Steigerung gegenüber 2011 konstatiert und an-gegeben, dass die Altersgruppe der bis 34-Jährigen überdurchschnittlich häufig mit kon-taktlosen Kartenzahlverfahren vertraut ist.

Abbildung 2: Bekanntheit und Nutzung innovativer Bezahlverfahren22

22 Deutsche Bundesbank 2015, 54.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

21

Bezogen auf die Alternative Bargeld als traditionellem Zahlungsinstrument im stationären Einsatz kommt die Studie der Bundesbank zu dem Ergebnis, dass etwa die Hälfte der potentiellen Zahler situativ, also erst an der Kasse selbst, eine Entscheidung über bar oder unbar trifft.23 Fast drei Viertel der Befragten entscheiden nach dem verfügbaren Bar-geldbestand im Portemonnaie. Die Höhe des Zahlungsbetrags ist für 60% relevant. Wei-tere Aspekte wie zum Beispiel die Art des Geschäfts, die Kosten der Zahlung, das Ange-bot an Zahlungsinstrumenten, mögliche Vergünstigungen oder eine möglichst späte Kon-tobelastung spielen eine untergeordnete Rolle.

Gleichzeitig lässt sich eine klare Einkommensabhängigkeit beim Anteil der Barzahlung feststellen. Zahler mit einem Haushaltsnettoeinkommen unter 1.500 Euro zahlen zu etwa drei Viertel bar, solche mit 3.000 Euro und mehr nur zu etwa 44%.24 Als Grund für eine ausschließliche Barzahlung wird von zwei Drittel der Barzahler angegeben, dann eher eine Ausgabenkontrolle wahrzunehmen (ein bekanntes Argument, wenn man insbesondere an viele Kleinstzahlungen denkt und eine eigentlich notwendige Kontrolle der sich dann stapelnden Kontoauszüge)25; weitere Gründe sind, einfacher (43%), sicherer (33%) und schneller (29%) als mit der Karte zu zahlen.26 Personen, die dagegen überwiegend unbar zahlen, geben als Grund dafür insbesondere die Einfachheit an (71%); ferner, dass die Bargeldbeschaffung umständlich (44%) oder die unbare Zahlung schneller (27%) und sicherer (26%) ist.27 Mit Bezug zu einer Studie der Australischen Zentralbank kommt Blond28 zu weiteren Ergebnissen. So wird die Entscheidung zur Barzahlung als bevorzug-tem Zahlungsinstrument maßgeblich bestimmt von der Anonymität/Privacy (74%) und in hohem Maße auch von Schnelligkeit (70%) und Verfügbarkeit/Availability/Access (67%) sowie Ausgabenkontrolle (66%). Den Unterschied zum Mobile Payment bestimmen Ano-nymität/Privacy und Verfügbarkeit/Availability/Access.

Die Problematik der Ausgabenkontrolle – möglicherweise auch differenziert für verschie-dene Verbrauchergruppen – sowie insbesondere die Illusion der Ausgabenkontrolle wird insgesamt wenig thematisiert. Dies überrascht insofern, als das psychologische Kon-strukt der subjektiven Kontrollüberzeugung und der Kontrollillusion aus dem Finanzbe-reich gut bekannt ist29 und mit Bezug zum kartengesteuerten Zahlungsverkehr explizit be-arbeitet wurde. So kommt Raab u.a. zu dem Ergebnis, „... dass viele Konsumenten von einer relativ hohen Fähigkeit zur Einschätzung getätigter Konsumausgaben ausgehen, die nicht der Realität entspricht (Illusion der Ausgabenkontrolle).“30 Er schlussfolgert unter anderem, dass Kartenzahlungssysteme die Illusion der Ausgabenkontrolle erhöhen dürf-ten.31

Internetzahlverfahren sind 82% der Befragten grundsätzlich bekannt. Dass dieser Anteil höher liegt als der Anteil der Internetnutzer selbst (78%) könnte an der medialen Präsenz von Technologiethemen liegen. Wiederum sind jüngere und männliche Befragte nach ei-genen Angaben besser mit Internetzahlverfahren vertraut.32

Die Bedeutung der Internetzahlverfahren ist eindeutig durch den E-Commerce, das Ein-kaufen im Internet, gewachsen.33 Die Studie der Deutschen Bundesbank fragte daher Per-sonen, die online gekauft hatten, nach ihren Zahlungsgewohnheiten im Online-Handel. Im

23 Vgl. Deutsche Bundesbank 2015, 54; Mehrfachnennungen möglich (maximal 3). 24 Vgl. Deutsche Bundesbank 2015, 35. 25 Vgl. auch Oehler 1990a. 26 Vgl. Deutsche Bundesbank 2015, 41. 27 Vgl. Deutsche Bundesbank 2015, 43. 28 Blond 2015, 7-8. 29 Vgl. Oehler 1995, 96-98. 30 Raab 1998, 164. 31 Raab/Reisch 2014, 857. 32 Vgl. Deutsche Bundesbank 2015, 22. 33 Zu den möglichen Gründen vgl. zum Beispiel Deutsche Bundesbank 2015, 71: keine Öffnungszeiten, Auswahl/Überblick, Zeitersparnis etc.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

22

Vergleich zu 2011 ist die Bedeutung der erörterten Verfahren PayPal, Giropay oder So-fortÜberweisung (ZAD, kein Zahlungsdienst, siehe oben) weiter gestiegen. Allerdings spielt das klassische Zahlungsgeschäft (Überweisung, Lastschrift) und zum Teil das Kar-tengeschäft weiterhin eine entsprechende Rolle (Abbildung 3).

Abbildung 3: Bezahlen beim Einkauf online34

Für Mobile Zahlungssysteme ergeben sich entsprechend der Erhebung der Deutschen Bundesbank (vgl. Abbildung 2) nur marginale realistische Bekanntheits- und Verbrei-tungsgrade der Mobile Proximity Payments und Mobile Remote Payments von jeweils unter 15% (vertraut und genutzt). Allerdings wird eine Steigerung gegenüber 2011 konsta-tiert und angegeben, dass in der Altersgruppe der 18- bis 34-Jährigen drei von vier Be-fragten mit mobilen Bezahlverfahren vertraut sind.35 Aufgrund unter anderem der allge-meinen Nutzung von Smartphones im Online-Handel beziffert eine Studie von PwC die Kundenbasis für mobile Bezahlsysteme auf gerade einmal 176.000 in 2014, erwartet al-lerdings bis 2020 eine Vervielfachung auf 11 Millionen.36 Die mangelnde Kundenakzeptanz führt die Studie unter anderem zurück auf eine grundlegende Skepsis hinsichtlich der Sicherheit: „Sie [die Kunden, AOe] vertrauen den Anwendungen nicht. Zudem fehlen ein-heitliche Standards und Regeln für die mobile Bezahlung. Anbieter sollten die Themen Sicherheit und Datenschutz deshalb mit höchster Priorität behandeln, um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen.“37 Mit Bezug zu Blond38 si erinnert, dass die Entscheidung zur Barzahlung als bevorzugtes Zahlungsinstrument maßgeblich bestimmt wird von der Ano-nymität/Privacy (74%) und in hohem Maße auch von Schnelligkeit (70%) und Verfügbar-

34 Deutsche Bundesbank 2015, 73, Mehrfachnennungen möglich. 35 Vgl. Deutsche Bundesbank 2015, 22. 36 Vgl. PwC 2014, 6 und 18. 37 PwC 2014, 34 (Hervorhebungen/Fettdruck durch AOe). 38 Blond 2015, 7-8.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

23

keit/Availability/Access (67%) sowie Ausgabenkontrolle (66%). Den Unterschied zum Mobile Payment bestimmt Anonymität/Privacy und Verfügbarkeit/Availability/Access.

Die Problematik der Illusion der Ausgabenkontrolle aus dem kartengesteuerten Zah-lungsverkehr gilt grundsätzlich auch für Mobile Payments. Inwieweit Banking-Apps oder Kontoinformationsdienste (KID, siehe oben) oder vergleichbare digitale Neuerungen wie Umsatzbenachrichtigungen, wie sie aus dem kartengesteuerten Zahlungsverkehr bekannt sind, einen solchen Kontrollverlust tatsächlich kompensieren können, muss an dieser Stelle mangels aktueller Daten offen bleiben.

Sicherheit und Datenschutz

Aus Sicht potentieller Zahler spielt neben der einfachen Handhabbarkeit vor allem die wahrgenommene Sicherheit eine entscheidende Rolle bei der Wahl des Bezahlverfah-rens im Internet. „Am liebsten würde die Zahlerseite vollständig darauf verzichten, sen-sible finanzbezogene Daten wie Kontoverbindung oder Kreditkartennummer anzugeben. Für Kunden sind daher Bezahlverfahren besonders interessant, bei denen sie nur einmal bei einem einzigen vertrauenswürdigen Anbieter ihre Zahlungsdetails hinterlegen und beim Bezahlvorgang im Onlinehandel entweder zu diesem Anbieter oder zum Onlineban-king-Portal ihrer Hausbank weitergeleitet werden, um sich dort einzuloggen und den Be-zahlvorgang auszulösen.“39

In den Einschätzungen zur Akzeptanz wird die Bedeutung von Sicherheit und Daten-schutz gut sichtbar. „Sicherheit bleibt ein höchst kritisches Thema. Geld ist leichter umleitbar als jedes physische Gut. Jede Lösung trägt ihre Umgehungsversuche bereits in sich, der Kampf der Guten gegen die Bösen bleibt eine Daueraufgabe.“40 Ähnliches gilt wohl auch für die persönlichen Daten. Auf die Frage „Wie hoch schätzen Sie Ihr persön-liches Risiko ein, Opfer der folgenden Gefahren zu werden?“ nennen als erste und häu-figste Gefahr fast zwei Drittel die Gefahr des Weiterverkaufs ihrer Daten, auch eine deutli-che Mehrheit der 14- bis 29-Jährigen (57%).41

39 Deutsche Bundesbank 2014, 49. 40 Penzel 2015, 9. Vgl. zu den wesentlichen Sicherheitsaspekten auch BIS 2012, 46-48. 41 Vgl. Initiative D 21 2014, 41; erst danach wird mit deutlichem Abstand (53%) Schadware genannt.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

24

5 Schlussfolgerungen

Damit Bürgerinnen und Bürger überhaupt und annähernd „mündig“ handeln können, setzt dies als notwendige Bedingung volle Transparenz voraus. Noch wichtiger ist aber die hinreichende Bedingung, dass die Informationen eine hohe Qualität besitzen und nicht irgendwo und irgendwie transparent gemacht werden. Verbraucherinnen und Verbraucher lassen willentlich oder unbeabsichtigt und oft unbewusst persönliche Daten entstehen, die Dritte, zum Beispiel die Eigentümer der Geschäftsmodelle der Unternehmen der anbie-tenden Wirtschaft oder Entscheidungsträger staatlicher Einrichtungen, verwerten können und wollen. Diese persönlichen Daten besitzen oft einen institutionellen, sozialen, und/oder ökonomischen Wert, den alle Akteure, grundsätzlich also auch die Verbrauche-rinnen und Verbraucher, individuell oder kollektiv als Verhandlungsgegenstand einsetzen können sollten. Entscheidend scheint hier aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bür-ger zu sein, wie einfach, verständlich und klar erkennbar ist, dass die genutzten Angebote aus den persönlichen Daten bezahlt werden (auch durch die Weitergabe an Dritte) und ob es im Ablehnungsfall außer der Nicht-Nutzung des Dienstes Möglichkeiten der Vermei-dung sowie Lösungsalternativen gibt. Hierzu gehört auch die einfache, klare und ver-ständliche Kennzeichnung, inwiefern persönliche Daten zur direkten oder indirekten per-sönlichen, geografischen und technikabhängigen (z.B. abhängig vom genutzten Gerät) Preisdifferenzierung verwendet werden (sollen). Gleichermaßen betrifft dies die Kenn-zeichnung hinsichtlich der (IT-) Sicherheit einschließlich der Deklaration der erwarteten und verpflichtenden Mitwirkung des Zahlers.

Dies erscheint schon deshalb wichtig und immer bedeutender werdend, weil der Barzah-lungsverkehr kaum mehr eine große Rolle spielt. Gemessen am Wert der Transaktionen in Höhe von insgesamt mehr als 71 Billionen Euro in 2013 hat der Baranteil einen ver-schwindend geringen Anteil von nicht einmal 1%. Bezogen auf die Anzahl der Transak-tionen in Höhe von mehr als 22 Milliarden Stück in 2013 beträgt der Baranteil gerade ein-mal reichlich 10%.42

Bis zu einer wünschenswerten regulativen Lösung der Verbraucherpolitik ist grundsätzlich eine Übergangslösung denkbar. Einer zumindest anfänglich vorhandenen Zahlungs-bereitschaft für hohe Standards in Sicherheit und Datenschutz könnte durch eine besondere Prämierung Rechnung getragen werden. Erwägenswert wäre hier ein Güte-siegel, welches einfach und verständlich dokumentiert, dass ein Zahlungsdiensteanbieter hinsichtlich Sicherheit und Zuverlässigkeit sowie bezogen auf den Schutz der persönli-chen Daten mehr als die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt. Alternativ wäre aber auch denkbar, gegen Bezahlung die Garantie zu erhalten, dass alle Daten nach einer Nutzungseinheit (Session) komplett gelöscht werden.

Aufgrund des aktuellen Bezugs wird auch das Regelungsfeld der Umsetzung der Zah-lungskontenrichtlinie in deutsches Recht erörtert. Mit Bezug zu den Chancen und Risi-ken der innovativen Zahlungsdienste und zu deren Akzeptanz ist dies ein wesentliches Thema, unter anderem deshalb, weil das Zahlungskonto den wesentlichen Zugang, ge-wissermaßen den Schlüssel im Zahlungsverkehr, darstellt.

Bei der Umsetzung der grundlegenden Idee, die Transparenz von Informationen über Ge-bühren von Zahlungskonten zu verbessern, sind allerdings die gleichen Anforderungen aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher zu beachten, wie schon für andere Fi-

42 Oehler 2015d, Kapitel 6, unter Verwendung der Daten der Deutschen Bundesbank (Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungsstatistik).

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

25

nanzprodukte.43 Allgemein Zahlungsdienstleister zu verpflichten, „... Verbraucher sowohl vor Vertragsschluss als auch während der Vertragslaufzeit über die Entgelte [zu, AOe] informieren, die für Dienste in Bezug auf Zahlungskonten verlangt werden ...“44 und dafür grundsätzlich eine „...Einrichtung von Vergleichswebsites ...“45 vorzusehen, genügt dazu nach den bisherigen Erfahrungen mit der Produktkennzeichnung im Bereich Verbraucher-finanzen kaum. Es handelt sich um eine notwendige Bedingung zur Funktion der sozialen Marktwirtschaft, nicht mehr.

Jenseits dieser notwendigen Bedingung fehlt es – analog der noch immer mangelnden Regulierung zur Produktinformation im Verbraucherfinanzbereich – jedoch bislang an qualitativ hochwertigen, tagesaktuellen Informationen, wie sie zum Beispiel via stan-dardisierte Mustervorgaben an Anbieter und Anwender in Finanzwirtschaft, Handel oder Zahlungsdiensten unter regelmäßiger Kontrolle gewährleistet werden könnten, damit potentielle Nutzer einfach, verständlich und vergleichbar beurteilen können,

welche Risiken bestehen:

Sicherheit,

Datenschutz (wer wann in welcher Weise und mit welchen Zustimmungsprozes-sen und Konsequenzen persönliche Daten erfasst, speichert, weiterverarbeitet und weitergibt oder weiterverkauft),

Verfügbarkeit,

Verschuldung und Alternativen ex ante (Kontoüberziehung, Dispositionskredit, al-ternativer Verbraucherkredit);

welche Kosten bei der Nutzung direkt und indirekt entstehen:

Kontoführung,

Kartenausgabe,

Kartennutzung im In- und Ausland,

Bargeldbeschaffung,46

unbare Transaktionen online oder papiergebunden,

Kontoinformation inklusive Kontoauszüge in Papierform oder zum eigenverant-wortlichen Download,

Sicherheitsanforderungen & Kundenhaftung;

welche Serviceleistungen und Zahlungsdienste mit dem Zahlungskonto unmittel-bar verbunden sind, inklusive der oben genannten umfassenden Information zu den Risiken und Kosten, zum Beispiel Zugang

zu Filialen,

zu Geldausgabeautomaten,

zu Multifunktionsterminals,

zum Online-Banking,

43 Vgl. zum Beispiel Oehler 2011a, 2012a, 2012b, 2015a, 2015b. 44 BMF 2015, 1. 45 BMF 2015, 1. 46 Vgl. hierzu zum Beispiel das Dauerthema der Fremdgebühren bei der Nutzung von Geldausgabeautomaten: „Gebührenfalle Geldautomat“

(Gräber/Schreiber 2015, 19); „Fremdgehen wird teuer“ (Schreiber 2015c, 19); . Vgl. auch „Was Banken verlangen dürfen“ (Gräber 2015, 19).

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

26

zum Mobile Payment und

welche Leistungen zusätzlich angewählt werden können, inklusive der oben ge-nannten umfassenden Information zu den Risiken und Kosten.

Damit die angedachten Websites zum Vergleich der Konditionen im oben genannten Sinn überhaupt geeignet sind und das entsprechende Marktvertrauen entstehen lassen können, sind wesentliche Anforderungen bezüglich Identifizierung & Transparenz, Verifizierung sowie Relevanz & Nützlichkeit einzuhalten.47 Zudem müsste regelmäßig aufsichtlich kontrolliert und (mit Beweislastumkehr) belastbar dokumentiert werden.

Weder die beiden Richtlinien zu den Zahlungsdiensten (II) und zu den Zahlungskonten selbst, noch der bisher vorliegende Referentenentwurf zur Umsetzung in deutsches Recht48 enthalten solche Mindestanforderungen, die es verschiedenen Gruppen von Bür-gerinnen und Bürgern tatsächlich ermöglichen würden, klar, einfach und verständlich über Zahlungskonten und Zahlungsdienste qualitativ hochwertig informiert zu werden, um als (potentielle) Kunden erst in die Lage versetzt zu sein, sich selbstgesteuert und kritisch mit Finanzprodukten auseinandersetzen zu können, weil sie jetzt die Informationen dazu wahrnehmen können und zu beurteilen vermögen (Art und Funktionsweise, Risiken, Kos-ten).

47 Vgl. zum Beispiel VK 2011, Oehler 2013c; vgl. auch Oehler 2014. 48 Vgl. BMF/BMJV 2015.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

27

B (Nicht) Beraten und verkauft? Chancen und Risiken der Online-Beratung und -Information49

1 Einführung

Wird „Dank des Internets ... der Berater eingespart“50 und nimmt ein „Robo-Advisor“51 stattdessen die Informations- und Beratungsarbeit auf und bietet automatisiert Portfolios an? Weiß der digital aufgestellte Kunde oder die internetaffine Klientin dann alles besser? Und wird Geiz dann tatsächlich digital, weil „das einfache, produktseitig leicht verständli-che Bankgeschäft ... weitestgehend digital ... und günstig abgewickelt ...“ wird?52

Die Digitale Welt erfordert Verbraucher, die sich nicht als Opfer der Veränderung begrei-fen, sondern sich bietende Chancen nutzen und die sich verändernde Welt mitgestalten und gleichzeitig mit angemessenem Risikoverständnis die veränderte Rendite-Risiko-Tei-lung einschätzen können. Wesentliche Grundlagen bleiben dabei Verbrauchervertrauen und Verbraucherkompetenz. Die Befähigung der Verbraucherinnen und Verbraucher zu aktiven Marktteilnehmern in der Digitalen Welt geht deutlich über den herkömmlichen Schutz- und Präventionsgedanken hinaus.53 Verbraucherfragen zur Digitalen Welt erset-zen nicht solche der analogen Welt. Die analoge Welt bleibt parallel und teilweise ver-schränkt mit der Digitalen Welt erhalten. Der Wechselwirkung von analoger und Digitaler Welt kommt dabei besondere Bedeutung zu, wenn zum Beispiel Heuristiken der analogen Welt ungeprüft in der Digitalen Welt genutzt werden und vice versa. Ein analoger „Anker“ wird stets verbleiben, Bürgerinnen und Bürger handeln als (analoge) Menschen.

Es bestehen gravierende Unterschiede zwischen der Digitalen Welt einerseits und der traditionellen oder analogen Welt andererseits hinsichtlich Zeit/Geschwindigkeit, Reich-weite/Menge, Unumkehrbarkeit/Speicherbarkeit sowie den damit verbundenen Transakti-onskosten. Dies gilt sowohl für den privaten Lebensbereich, als auch für die Arbeitswelt und die Zivilgesellschaft.54 Dem Vorteil der sehr preiswerten digitalen Produktion und Kommunikation steht die Notwendigkeit der technischen Ausrüstung gegenüber. Verbrau-cher sind einer Informationsvielfalt ausgesetzt, die grundsätzlich dazu zwingen würde, sich auf die wesentlichen Informationen zu konzentrieren, der Vorteil der gigantischen Infor-mationsvielfalt verkehrt sich gegebenenfalls sehr rasch in einen gravierenden Nachteil, wenn zum Beispiel die Informationsmenge stetig wächst und kaum mehr verarbeitet wer-den kann sowie die zwingend folgenden Wahrnehmungs- und Verarbeitungsheuristiken zu Fehlinformationen führen (information overload, choice overload).

Welche Chancen der online getätigten Selbstinformation und Selbstberatung stehen wel-chen Risiken gegenüber, gelten Phänomene aus der analogen Welt fort, werden sie stär-ker oder schwächer? Gibt es Mischformen zwischen analogen und digitalen Dienstleistun-gen und welche Bedeutung hat ein solcher Mix für Verbraucherinnen und Verbraucher? Solchen grundlegenden Fragen geht diese Arbeit nach; sie entwickelt Analysen und Ant-worten und gibt Lösungsvorschläge und Handlungsempfehlungen.

49 Auszug aus Oehler 2015e; Oehler 2015i. 50 Riedl 2015, 25. 51 Riedl 2015, 25. 52 Schiereck 2015, 4. 53 Vgl. Micklitz/Oehler 2006, 1-2; vgl. auch Oehler et al. 2011, 28-31. 54 Vgl. Micklitz/Oehler 2006, 11-12; vgl. auch Oehler et al. 2011, 28-31.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

28

2 Zur Digitalisierung der Finanzberatung

Die Mehrheit der Verbraucher ist aufgrund ihres hohen Informationsbedarfs sowie der ge-ringen Absicherung durch gebildetes Vermögen sowie einer nur eingeschränkt möglichen Kenntnis und Erfahrung mit der finanziellen Situation und mit Finanzprodukten besonders auf eine qualitativ hochwertige Finanzberatung angewiesen (Anlage und Versicherungen, Finanzierung/Kredite, Zahlungsverkehr). Qualitativ hochwertig bedeutet in diesem Kontext dabei primär, die Grundsätze „know your customer“ und „know your product“ möglichst gut umzusetzen, das heißt, dem Kunden die Informationen zu vermitteln, die er angesichts seiner Kenntnisse und Erfahrungen benötigt, und die empfohlenen Produkte an dessen individueller Situation auszurichten.55

Der im Zusammenhang mit der Exploration, Aufklärung und Empfehlung bestehende Be-ratungsprozess stellt sich typisiert wie folgt dar (Abbildung 4).

Abbildung 4: Typisierte Prozess- und Wertkette der Finanzberatung56

Finanzvermittler**• Fachkompetenz inkl. Methoden- und Problemlösekompetenz

• Sozialkompetenz• Selbstkompetenz

Finanzdienstleistungen• Variabilität:Breite und Vielfalt

• Subjektivität:fremde, eigene

• Aktualität:Qualität, Konfitionen

Kompetenz des

Finanz-vermittlers

Kunde – Person • Disposition

Bedürfnisse, Präferenzen, ÜberzeugungenFachkompetenz inkl. Methoden-

und ProblemlösekompetenzSozialkompetenzSelbstkompetenz

• SituationAlter, GeschlechtBildungBeruf, Einkommen

• Ziele, Strategien, Erwartungen

Kunde – Umfeld • Bezugsgruppen• Information

Empfehlungen„Garantien“ ...

• Situative FaktorenKomplexität, ZeitdruckFraming ...

Finanzielle u./o. mentale

Risikotragfähigkeit(wahrgenommen?)

Portfolio & Performance

• Exploration*• Aufklärung*• Empfehlung*

*vgl. z.B. auch WpHG, dort nur für ausgewählte Finanzdienstleistungen**Arbeitssynonym für alle Verkäufer, Berater, Mittler, Makler etc.

Quelle: Oehler 2010

Finanzvermittler**• Fachkompetenz inkl. Methoden- und Problemlösekompetenz

• Sozialkompetenz• Selbstkompetenz

Finanzdienstleistungen• Variabilität:Breite und Vielfalt

• Subjektivität:fremde, eigene

• Aktualität:Qualität, Konfitionen

Kompetenz des

Finanz-vermittlers

Finanzvermittler**• Fachkompetenz inkl. Methoden- und Problemlösekompetenz

• Sozialkompetenz• Selbstkompetenz

Finanzdienstleistungen• Variabilität:Breite und Vielfalt

• Subjektivität:fremde, eigene

• Aktualität:Qualität, Konfitionen

Kompetenz des

Finanz-vermittlers

Kunde – Person • Disposition

Bedürfnisse, Präferenzen, ÜberzeugungenFachkompetenz inkl. Methoden-

und ProblemlösekompetenzSozialkompetenzSelbstkompetenz

• SituationAlter, GeschlechtBildungBeruf, Einkommen

• Ziele, Strategien, Erwartungen

Kunde – Umfeld • Bezugsgruppen• Information

Empfehlungen„Garantien“ ...

• Situative FaktorenKomplexität, ZeitdruckFraming ...

Finanzielle u./o. mentale

Risikotragfähigkeit(wahrgenommen?)

Kunde – Person • Disposition

Bedürfnisse, Präferenzen, ÜberzeugungenFachkompetenz inkl. Methoden-

und ProblemlösekompetenzSozialkompetenzSelbstkompetenz

• SituationAlter, GeschlechtBildungBeruf, Einkommen

• Ziele, Strategien, Erwartungen

Kunde – Umfeld • Bezugsgruppen• Information

Empfehlungen„Garantien“ ...

• Situative FaktorenKomplexität, ZeitdruckFraming ...

Finanzielle u./o. mentale

Risikotragfähigkeit(wahrgenommen?)

Portfolio & Performance

• Exploration*• Aufklärung*• Empfehlung*

Portfolio & Performance

• Exploration*• Aufklärung*• Empfehlung*

*vgl. z.B. auch WpHG, dort nur für ausgewählte Finanzdienstleistungen**Arbeitssynonym für alle Verkäufer, Berater, Mittler, Makler etc.

Quelle: Oehler 2010

Die aus der Fach-, Sozial- und Selbstkompetenz im Zusammenwirken mit der Produktpa-lette resultierende Kompetenz eines Beraters wirkt in der Wahrnehmung des Kunden im Sinne einer Reduzierung der wahrgenommenen Unsicherheit. Die Qualifikation eines Beraters bestimmt sich also – vereinfacht formuliert – durch die Verwertbarkeit seiner Leistungen für den nachfragenden Anlage- und/oder Versicherungskunden. Dies manifes-tiert sich zusammen mit weiteren, außerhalb des direkten Vermittlungsprozesses wirken-den Faktoren in einer Reduzierung der empfundenen Unsicherheit. Wesentlich dabei ist ferner, dass sowohl die aus der eingeschränkten Rationalität (Verhaltensanomalien, Heu-ristiken, Wahrnehmungsverzerrungen etc.) entstehende mentale Risikotragfähigkeit

55 Vgl. Oehler 2011a. Sekundär sind ggf. auch solche Qualitätsaspekte von Bedeutung, welche zwar nicht der so definierten „Kernqualität“ der Beratung

zuzurechnen sind („know your customer & product“), die Zufriedenheit der Kunden aber oft sogar deutlich stärker beeinflussen, weil sie für letztere Such- bzw. Erfahrungsmerkmale darstellen und damit direkt beurteilbar sind. Hierzu gehören beispielsweise Merkmale des Beratungsumfeldes sowie des Beraters.

56 Oehler 2010.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

29

(„Wohlempfinden“) als auch die aus der wirtschaftlichen Gesamtsituation resultierende finanzielle Risikotragfähigkeit nicht überschritten wird. Der Ausgang des Gesamtpro-zesses hängt damit von der konkreten Einzelsituation ab, also zum Beispiel der absoluten Tragweite einer möglichen Fehlentscheidung (Betragshöhe, Langfristigkeit etc.). Im Er-gebnis soll der Kunde befähigt werden, eine interessengerechte Entscheidung zu Geldanlagen oder anderen Finanzprodukten, zum Beispiel Finanzierung/Kredite, zu tref-fen. Hierzu gehört die Passung eines Finanzprodukts in das Portfolio der schon vorhan-denen Produkte und Dienstleistungen, das heißt, die Eignung eines Produktes ist nicht solitär nach dessen unmittelbarem Rendite-Risiko-Profil zu entscheiden, sondern sie ist elementar abhängig vom vorhandenen Produktportfolio eines potentiellen Kunden aus Produkten des Zahlungsverkehrs, der Anlage inklusive Versicherungen und der Finanzie-rung (Kredite).57

Entsprechend einer solchen Zielsetzung lässt sich der Beratungsprozess in die folgen-den Phasen einteilen, die sich in der Praxis regelmäßig überlappen: Exploration, Aufklä-rung, Empfehlung.58

In der Explorationsphase sollen Informationen über Kundenbedürfnisse und -si-tuation, inklusive Anlagezielen, finanziellen Verhältnissen, Kenntnissen und Erfah-rungen, ermittelt werden, um diesen Lebenslagen entsprechend aufklären und be-raten zu können.59

Die Aufklärungsphase baut auf der Explorationsphase auf. Charakteristisch für die Aufklärung ist, dass der Kunde zu deren Beginn in der Regel nicht konkret sagen kann, was er wissen will, weil ihm unklar ist, welche Informationen ihm fehlen. Die Aufklärung entwickelt sich daher in der konkreten Situation. Zum Gegenstand hat sie einen Tatsachenkomplex wie zum Beispiel eine Versicherung oder ein Anlagepro-dukt, dessen Risiko- und Chancenpotential dem Kunden durch die Mitteilung von Tatsachen verdeutlicht werden soll (Information).

In der Empfehlungsphase kommt es zur eigentlichen Beratung. Neben der Mittei-lung von Fakten enthält diese auch deren Bewertung und Beurteilung nach Maß-gabe der individuellen Eignung (Bewertung).60

Aus der Perspektive von Bürgerinnen und Bürgern als Privatpersonen (B2C=Business-to-Consumer) lassen sich wesentliche Anlässe, Ereignisse oder Lebensumstände, die eine Finanzberatung notwendig werden lassen können, wie folgt systematisieren. Dabei han-delt es sich nicht um eine vollständige Abbildung theoretisch denkbarer und/oder praktisch realisierter Anlässe, sondern um ein typisierendes Vorgehen, das die wesentlichen Cha-rakteristika verdeutlicht.61 Die Lebensphasen und Anlässe sind nachvollziehbarer Weise nicht überschneidungsfrei, da zeitgleich auch mehrere Situationen bestehen können (zum Beispiel Berufseinstieg und Familiengründung).

57 Vgl. Oehler 2011a, 2012a, 2015a, 2015b. 58 Oehler 2011a, Oehler 2012a, 2012c. 59 Das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) § 31 (4) regelt für Geldanlagen hierzu grundlegend: „Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das

Anlageberatung ... erbringt, muss von den Kunden alle Informationen einholen über Kenntnisse und Erfahrungen der Kunden in Bezug auf Geschäfte mit bestimmten Arten von Finanzinstrumenten oder Wertpapierdienstleistungen, über die Anlageziele der Kunden und über ihre finanziellen Verhältnisse, die erforderlich sind, um den Kunden ein für sie geeignetes Finanzinstrument oder eine für sie geeignete Wertpapierdienstleistung empfehlen zu können.“

60 Das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) § 31 (4) regelt für Geldanlagen hierzu grundlegend: „Die Geeignetheit beurteilt sich danach, ob das konkrete Geschäft, das dem Kunden empfohlen wird, ... den Anlagezielen des betreffenden Kunden entspricht, die hieraus erwachsenden Anlagerisiken für den Kunden seinen Anlagezielen entsprechend finanziell tragbar sind und der Kunde mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen die hieraus erwachsenden Anlagerisiken verstehen kann.“

61 Grundlegend hierzu (Lebensphasen, Anlässe, Einflussfaktoren) Oehler 1995, I.3 sowie (Basis- und Zusatzbedarfe an Finanzprodukten) Oehler 2011a, 2015a, 2015b, 2015c.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

30

Schule (Konto, Zahlungsverkehr, Karten),

Erste Berufsausbildung/Studium (Konto, Zahlungsverkehr, Karten, notwendige Versi-cherungen, „eiserne Reserve“, Studienfinanzierung),

Persönliche Selbständigkeit und Auszug aus dem Elternhaus (Konto, Zahlungsver-kehr, Karten, notwendige Versicherungen, „eiserne Reserve“, Geldanlage, Vorsorge, Verbraucherkredite),

Berufseinstieg (notwendige Versicherungen, „eiserne Reserve“, Geldanlage, Vor-sorge, Verbraucherkredite),

Partnerschaft/Junge Familie/Familiengründung (notwendige Versicherungen, „ei-serne Reserve“, Geldanlage, Vorsorge, Verbraucherkredite),

Lebenskrisen und Notsituationen (Arbeitslosigkeit, Trennung/Scheidung, schwere Krankheit, Berufsunfähigkeit, Pflege, Tod),

Familie mit Teenagern (notwendige Versicherungen, „eiserne Reserve“, Geldanlage, Vorsorge, Verbraucherkredite),

Immobilienerwerb (notwendige Versicherungen, Immobilienfinanzierung),

Rückkehr in den Beruf (notwendige Versicherungen, „eiserne Reserve“, Geldanlage, Vorsorge),

Leben als „Best Ager“/„empty nest“/Ausbildung der Kinder (notwendige Versicherun-gen, „eiserne Reserve“, Geldanlage, Vorsorge, Pflege, Vermögensumschichtun-gen/Erben-Vererben),

Leben im Ruhestand (notwendige Versicherungen, „eiserne Reserve“, Geldanlage, Vorsorge, Pflege, Vermögensumschichtungen/Erben-Vererben).

Als Ansprechpartner zur Beratung insgesamt und/oder ihren Elementen (Exploration, Auf-klärung, Empfehlung) stehen grundsätzlich vier Beratertypen zur Verfügung,62

Abhängig beschäftigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Banken und Sparkassen,

Vertreterinnen und Vertreter (Ausschließlichkeitsvertreter, Mehrfachvertreter, Struk-turvertriebe sowie Kreditvermittler),

Maklerinnen und Makler (Versicherungsmakler, Finanzanlagenmakler und Darle-hensmakler) sowie

Honorarberaterinnen und Honorarberater (Honorarberater, Honorar-Finanzanlagen-berater sowie Versicherungsberater),

die insbesondere unterschieden werden können nach

ihrer persönlichen und finanziellen Unabhängigkeit,

ihrem Beratungsschwerpunkt,

der betreuten Produktvielfalt, der erforderlichen Mindestqualifikation und

ihrer Beaufsichtigung sowie

62 Vgl. Reifner 2015a. Je nach Einzelfall und Spezialgebiet können auch Rechtsanwälte, Steuerberater oder Schuldnerberater hinzukommen, sowie

auch NGOs Beratung anbieten (zum Beispiel Verbraucherzentralen) oder Empfehlungen geben (zum Beispiel Stiftung Warentest, Ökotest).

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

31

ihrer Erreichbarkeit.

Mit der bisherigen Erörterung wird deutlich, dass der Zugang zur Beratung und/oder ihren Elementen (Exploration, Aufklärung, Empfehlung) außer durch Lebensphasen, Anlässe oder Zielsetzungen auch durch die entsprechende Ausstattung mit Ressourcen, insbe-sondere technischen Fazilitäten und die Handhabung solcher, bestimmt wird.

Neben den analogen Varianten der stationären persönlichen Beratung „face to face“ beim Anbieter oder zu Hause oder am Arbeitsplatz sowie mittels Telefon oder Briefpost

sind Angebote online im Internet ebenso verfügbar

wie mobile Lösungen via Tablet oder Smartphone.

Die Angebote stehen

teilweise „mono“ (nur ein Zugangskanal),

zum Teil „multi“ (parallel verschiedene Zugangskanäle) oder

zum Teil „omni“ (vernetzte und verknüpfte Zugangskanäle)

zur Verfügung.

Jenseits der bereits weit fortgeschrittenen Digitalisierungsprozesse in Banken und Spar-kassen63, zum Beispiel in der Kontoführung und im Zahlungsverkehr sowie in der Geldan-lage und Finanzierung via Internet (Online-Banking) oder gestützt auf mobile Endgeräte wie Smartphones (Mobile Banking), ist in den letzten Jahren durch die zunehmende Ver-breitung und Nutzung des Internets und durch die weiter steigende Verfügbarkeit von mo-bilen Endgeräten wie Tablets oder Smartphones die Nutzung neuer, schnellerer und gegebenenfalls komfortablerer Exploration, Aufklärung und Empfehlung in den Fo-kus gerückt. Die fortschreitende Digitalisierung und deren Verschränkung mit analogen Prozessen erlaubt nun auch Nicht-Banken ihre Kerngeschäftsfelder (Information, Ver-gleiche von Sachgütern und Dienstleistungen) mit dem traditionellen Geschäftsfeld der Finanzberatung zu verbinden.

Die Digitalisierung der Finanzberatung wird dabei als die Chance verstanden, bereits in der Exploration im Wege der Selbst-Erforschung online die Möglichkeit leichter als im stationären Kontakt zu eröffnen, zu ermitteln, in welcher Ausgangssituation, in welcher Lebensphase und in welchem Entscheidungsanlass man steht. Dies dann verbunden damit, dass mit eher heuristischen Werkzeugen und nicht mit scheingenauen Experten-tools für die eigene persönliche Situation vor jeglicher Produktentscheidung (Kauf, Ver-kauf, Vertragsänderung/-auflösung) erkennbar wird, ob und warum man möglicherweise eine Finanzberatung braucht, welcher Nutzen von einer Beratung erwartet werden kann, welche Informationen zur Analyse und Entscheidungsvorbereitung man selbst sammeln und bereitstellen könnte und welche Beratungsangebote welche Voraussetzungen und Konsequenzen haben.

Ein wesentlicher Vorteil des Digital Advice besteht grundsätzlich also darin, lösungs- und zielgruppenorientiert auf dem dazu passenden Zugangskanal (Internet, Apps, Social Me- 63 Vgl. Deutsche Bundesbank 2014, 44.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

32

dia) die notwendigen Informationen zur Selbst-Exploration und Selbst-Aufklärung be-reitzustellen. Beide Beratungselemente ersetzen also, zumindest teilweise, das „Wie“ (know your customer) und gegebenenfalls dann auch das „Was“ (know your product) stationärer analoger Prägung (siehe oben). Zudem ist die analoge Beratungswelt längst digitalisiert, von der Erfassung der persönlichen Daten im Desktop oder Notebook des Beraters über die elektronische Vermittlung der Produktinformationen bis hin zur standar-disierten Empfehlung entsprechend der eingesetzten Algorithmen.

Neu erscheint dagegen eher, dass anbieterseitig klar und offen zu erkennen gegeben wird, worin der eigene Vorteil liegen dürfte: „Die Beratung im digitalen Zeitalter ruht auf ... einer veränderten Arbeitsteilung zwischen Kunde und Bank.“64 Gemeint ist damit unter anderem: „Ich muss die teure Beratungszeit nicht mehr für reinen Informationstransfer missbrauchen.“65 Bürgerinnen und Bürger sollen also mehr oder weniger auf eigenes Ri-siko Exploration und Aufklärung selbst übernehmen und gegebenenfalls dann gleich auch den Empfehlungen im Internet folgen, mit der Konsequenz einer deutlich veränderten Ri-siko-Rendite-Teilung. Interessant ist in diesem Kontext, dass, zumindest bei Habschick, keinerlei Differenzierung nach verschiedenen Verbrauchergruppen und Bedürfnissen vorgenommen wird. Solche pauschalen Überlegungen erinnern an das „Outsourcing“ kostenmäßig belastender Privatkunden in Selbstbedienungseinrichtungen seit den 1990er-Jahren und das als „beratungsfrei“ titulierte Geschäft im Online-Banking. Die Erfahrung der letzten beiden Dekaden hat allerdings gut gezeigt, dass Bürgerinnen und Bürger oft solche einseitigen Änderungen durchschauen und alle Zugänge gleichzeitig nutzen wollen. Aus deren Perspektive und im Zweifel weniger aus derjenigen von Anbietern und Unternehmensberatern wäre eine so verstandene Digitale Finanzberatung positiv zu be-urteilen als Omni-Channel-Flexibilität.66

Andere Vorteile des Digital Advice werden anbieterseitig in der einfachen Zusammenfüh-rung vieler verschiedener Verträge/Konten von Banken und Versicherungen in einem Tool gesehen, was eine lebensphasen- und anlassbezogene „finanzielle Unterlegung von Lebenszielen“ und eine zielgenaue Zuordnung von Produkten erlauben soll. Zusätzlich wird die fortdauerende Begleitung von Kunden über die relevanten Entscheidungspro-zesse hervorgehoben.67

Abschließend lässt sich – in einer eher angebotsseitigen Deskription – Digitale Finanzbe-ratung und, hier synonym gebraucht, Digital Advice oder Virtual Financial Advice ver-stehen als: „... low-cost investment management services, aggregated financial data, simplified recommendations, and transparent pricing all delivered entirely online through an engaging interface ...“.68 Die dritte Komponente der Beratung, die Empfehlung, ist also ausdrücklich mit dabei.

Unter der Annahme, die vom Gesetzgeber zumindest für einige Produkte vorgesehene Schrittfolge der Exploration, der Aufklärung und der Empfehlung soll Bestand haben, stellen sich unter anderem konkret folgende Fragen:

Gelingt die Selbst-Exploration in der Digitalen Welt besser, ähnlich oder nur schlechter? Welche Chancen und Risiken sind dann bei der Nutzung entsprechender digitaler Angebote zu beachten?69

64 Vgl. Habschick 2013. 65 Vgl. Habschick 2013. 66 Vgl. auch Vater/Bergmann 2015, 290, die eine höhere Kundenloyalität bei Omnikanal-Nutzern erwarten. 67 Vgl. moneymeets 2014. 68 Fidelity 2014, 1. 69 Vgl. zum Beispiel die Mindestanforderungen an Informationen: Oehler 2011a, 2012a, 2012b, 2012c, 2015a, 2015b, 2015c.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

33

Kann eine digitale Selbst-Aufklärung erfolgreicher sein als eine durch Dritte in ana-loger Form? Wo liegen die Risiken in der Nutzung entsprechender Plattformen im Internet?70

Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus der Selbst-Empfehlung auf der Ba-sis digitaler Ratgeber online?

Bevor auf diese Aspekte in Kapitel 4 ausführlicher eingegangen wird, werden die wesent-lichen Geschäftsmodelle der Digitalen Finanzberatung im folgenden Kapitel 3 vorgestellt. Die wesentlichen rechtlichen Rahmenbedingungen werden in Oehler 2015e, Kapitel 4, erörtert.

3 Wesentliche Geschäftsmodelle für Digitale Finanzberatung

Es können sieben grundlegende Typen digitaler Beratungssysteme als Geschäftsmodelle identifiziert werden (B2C):71

Vollautomatisiertes Vermögensmanagement: Nutzung einfacher Tools, die nur eine simplifizierte und standardisierte Benutzererfahrung voraussetzen, einschließlich vereinfachter Anlageregeln und Anlageempfehlungen aufgrund zuvor ermittelter einfacher Anlegerprofile und Risikotoleranzen (grundsätzlich honorar- oder provisi-onsbasiert möglich; Financial Planning und Asset Allocation).

Beraterunterstütztes Vermögensmanagement: Vollautomatisierte Variante unter assistierender Nutzung eines (virtuellen) Ratgebers (Telefon, E-Mail), der einfache Schritte des Financial Planning ebenso zeigt wie regelmäßige Anregungen zur Ge-staltung und Überarbeitung des Portfolios gibt (grundsätzlich honorar- oder provisi-onsbasiert möglich; Financial Planning und Asset Allocation).

Social Trading: Internet-Plattformen, auf denen (potentielle) Nutzer die Investments vorgeblich erfolgreicher Anleger in einer unterschiedlich definierten Anleger- und Vorbild-Community für ihr eigenes Portfolio spiegeln können.

Produktübergreifende und produktspezifische Vergleichsportale, oft in Verbindung mit vereinfachten Anlageregeln und Anlageempfehlungen aufgrund zuvor selbst zu ermittelnder einfacher Anlegerprofile und Risikotoleranzen (grundsätzlich honorar- oder provisionsbasiert möglich).

Einfache und preiswerte Transaktionsabwicklung mit transparentem Pricing (in der Regel bei den erstgenannten Typen inklusive; regelmäßig bereits Bestandteil des traditionellen Online-Banking der Direktbanken oder von stationären Banken und Sparkassen mit Internet-Banking; hier nicht weiter thematisiert, da kaum innovativ)

Umfassendes Konten-Management: Aggregation und inhaltliche Zusammenführung aller relevanten Finanz-Konten bzw. -Verträge (Anlagen, Versicherungen, Kredite), in der Regel in Verbindung mit den beiden erstgenannten Systemen (Account Aggre-gation; hier nicht weiter thematisiert, da in den beiden erstgenannten Typen oft enthalten).

Internetbasierte Kredit- und Wagnisfinanzierung (Crowdfunding): Nutzer können auf einer Online-Plattform in einem spezifischen Umfeld Darlehen (Crowdlending), oft

70 Vgl. zum Beispiel die Mindestanforderungen an Tests und vergleichbare Informationen: Oehler 2013c, Oehler 2014. 71 Vgl. unter anderem hierzu auch Fidelity 2014, EY 2015.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

34

Mikro-Darlehen, vergeben oder erhalten (zum Beispiel auxmoney) und Projekt-beteiligungen eingehen, ebenfalls oft im Mikro-Format (Crowdinvesting), teilweise mit hohem Eigenkapitalcharakter (zum Beispiel seedmatch, kickstarter; hier insgesamt nicht weiter thematisiert, da in der Regel kein direkter Zusammenhang zu den Elementen der Beratung wie Exploration, Aufklärung oder Empfehlung).

Im Folgenden wird auf wesentliche neuere Geschäftsmodelle des Digital Advice näher eingegangen sowie – soweit bereits heute möglich – eine Einschätzung zum Wettbewerb in der Anbieterstruktur vorgenommen. Die Ausführungen fokussieren aus den oben ge-nannten Gründen auf die vier erstgenannten Geschäftsmodelle. Dabei wird die Erörterung zu den beiden erstgenannten in einem geführt, zum einen, weil die Übergänge der Ge-schäftsmodelle fließend sind, zum anderen, da bezogen auf den deutschen Markt noch nicht genügend Ausdifferenzierung vorhanden zu sein scheint.

Vollautomatisiertes Vermögensmanagement und beraterunterstütztes Vermögensmanagement

Zu den internetbasierten Angeboten gehören: Financial Planning, Asset Allocation/Portfoliomanagement (Schwerpunkt: diversifiziertes Anlageportfolio), Konten-Management, Vermittlung von Anlageprodukten, Vermögensverwaltung oder Beratung. Während die vollautomatisierte Variante keinerlei Unterstützung, Hilfe und Rat anbietet, wird dies in der beraterunterstützten Variante zumindest rudimentär mittels einfacher Tools, Leitfäden oder Feedbackprozesse per E-Mail und/oder Telefon ermöglicht.

Die vollautomatisierte Variante wird von EY wie folgt beschrieben: „New clients com-plete a simple profile and risk tolerance questionnaire online and receive a recommended portfolio, composed mostly of low-cost exchange-traded funds (ETFs), that has been optimized to meet their needs. ... These fully automated investment accounts offer direct deposit, periodic rebalancing, dividend reinvestment and tax loss harvesting, among other features.”72 Das Geschäftsmodell lässt sich dabei kurz so definieren: „Software-based de-livery of customized and automated investment advice ... Convenient and easy-to-use, low-cost online platform offered directly to consumers.”73 Zu den Anbietern gehört vor allem Wealthfront and Betterment in Nordamerika.

Die beraterunterstützte Variante wird von EY dagegen wie folgt charakterisiert: „This model combines the digital client portal and investment automation with a virtual financial advisor typically conducting simple financial planning and periodic reviews over the phone. ... they offer value-added services like asset aggregation capabilities that enable the provision of more holistic advice than fully automated wealth managers, based on a comprehensive view of client assets and liabilities, as well as expense-tracking and advice on budgeting and financial-goal planning.”74 Fidelity ergänzt: „Planning tools, coaching, and recommendations for saving, budgeting, and investing based on a total view of the investor’s accounts and situation (often aggregating data across multiple sources).”75 Das Geschäftsmodell lässt sich dabei kurz so definieren: „Digital platform combined with advisor relationship; affordable pricing for fully diversified portfolio.”76 Zu den Anbietern gehört vor allem Personal Capital, Future Advisor and LearnVest in Nordamerika.

72 EY 2015, 2 (Hervorhebungen/Fettdruck durch AOe). 73 EY 2015, 3 (Hervorhebungen/Fettdruck durch AOe). 74 EY 2015, 2 (Hervorhebungen/Fettdruck durch AOe). 75 Fidelity 2014, 3 (Hervorhebungen/Fettdruck durch AOe). 76 EY 2015, 3 (Hervorhebungen/Fettdruck durch AOe).

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

35

Fidelity77 differenziert dabei insgesamt nach dem Angebotsschwerpunkt und unterscheidet „online advice and planning providers“ und „online investment managers“. Die erstgenannten Geschäftsmodelle werden so beschrieben: „Providers primarily offer only online advice and planning (typically, no product sales) ... Offering the DIY (do-it-yourself, AOe) investor simple, actionable recommendations. These firms typically ask the inves-tor to complete an online personal profile that includes a risk assessment. The firms then use financial aggregation tools to gain a complete picture of an investor’s financial situa-tion. The advice and planning recommendations they provide are often presented in a series of bite-sized steps that DIY investors can take without feeling overwhelmed.“ Das an zweiter Stelle genannte Geschäftsmodell hingegen wird wie folgt gekennzeichnet: „They provide investment solutions in a number of ways, including the use of algorithms to develop their investment recommendations, which can be tied to specific short- or long-term goals such as saving for a new car or funding a college education. Typically, they invest their clients’ money in exchange-traded funds (ETFs) and index funds, which can help reduce costs.“

In Deutschland werden diesem Geschäftsmodell unter anderem quirion, Vaamo, FinanceScout 24 sowie finanzblick, Geldempfehlung.de und mint zugerechnet.78 Paul er-gänzt für solche Ansätze zum persönlichen Finanz-Management im deutschen Markt: „Der Mehrwert der Wertschöpfungsidee für die Nutzer besteht darin, sämtliche Konten – inkl. Kreditkarten und PayPal-Accounts – zentralisiert verwalten zu können. Ein proprietärer Algorithmus unterstützt den Anwender dabei, die Ausgaben verschiedenen Kategorien wie Lebensmittel, Transport, Freizeit etc. zuzuordnen und über die Festlegung von Budgets eine persönliche Finanzplanung zu ermöglichen“79, ohne dass jeder Account mit einem separaten Internet-Zugang oder einer speziellen App einzeln erreicht werden muss (Be-quemlichkeit). Das mit einem solchen automatisierten Vermögensmanagement verbun-dene Portfoliomanagement enthält damit nicht mehr nur Informationsaspekte, sondern direkt Empfehlungen als Wertelement der Beratung (siehe oben), wenn auch nicht in persönlicher Form „face to face“.

Social Trading

Während Soziale Netzwerke – wie auch andere Kommunikations(platt)formen – grund-sätzlich schon länger auch zum Austausch über Anlageinformationen und/oder Anlage-empfehlungen genutzt werden, bietet das Geschäftsmodell des Social Trading eine inte-grierte Anbindung an ein Anlagekonto (Brokerkonto), um solche Empfehlungen unverzüg-lich umsetzen zu können. Meist geht es um ein in der Regel automatisches Kopieren von Handelssignalen anderer Marktteilnehmer, denen eine Vorbildrolle als erfolgreiche Anleger in der jeweils definierten Social Community zugeschrieben wird. Gleichzeitig wird damit oft eine alternative Vermögensverwaltung intendiert. Das mit einem solchen Copy Trading verbundene Portfoliomanagement enthält damit nicht mehr nur Informationsaspekte, sondern direkt Empfehlungen als Wertelement der Beratung (siehe oben), wenn auch nicht in persönlicher Form „face to face“. Doering berichtet darüber hinaus, dass zu-nehmend auch institutionelle Vermögensverwalter Social-Trading-Plattformen als Absatz-kanal entdecken.80 Zusätzlich ist bei dieser Form des „Teilens“ an die Rendite-Risiko-Tei-lung in der Sharing Economy zu denken, die Ratzesberger charakterisiert: „... geteilt wird vielmehr, um auf der Angebotsseite mehr Geld zu machen – und auf der Nachfrageseite

77 Fidelity 2014, 4 (Hervorhebungen/Fettdruck durch AOe). 78 Vgl. Penzel 2015, 10/11, Paul 2014, 37, Toller 2015. 79 Paul 2014, 37. 80 Vgl. Doering 2015, 33; vgl. auch Doering et al. 2015.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

36

günstiger wegzukommen.“81 Zu den Anbietern in Deutschland zählen eToro, Ayondo, moneymeets und Wikifolio.82

Produktübergreifende und produktspezifische Vergleichsportale

Zu den inzwischen in Deutschland verfügbaren zahlreichen Informations- und Vergleichs-portalen, die nicht unmittelbar durch einen traditionellen Finanzdienstleister online ange-boten werden, gehören laut Reifner unter anderem „... ÖKO-TEST Verlag, Finanztip, Ver-braucherfinanzen-Deutschland.de (Redaktion Medien-Verlag), Finanzblog und Finanzrat-geber von Schmitz-IT Online Marketing, institut für finanzdienstleistungen (iff) – Finanzen Online Regeln, Finanzen verstehen (Autor Johannes Leinert) ... Vergleichsportale für be-stimmte Produkte und Leistungen ... Beispielhafte Seiten: Biallo & Team GmbH, Tages-geld.info – aktuelle Tages- und Festgeldkonten im Vergleich, Investmentsparen.de, AG Finanzen (Direktvergleich der Anbieter) ... .“83

Zu solchen Portalen können weitere private Anbieter gerechnet werden, wie zum Beispiel Verivox, Toptarif oder Check24, die längst nicht mehr allein energieversorgungs-orientiert auftreten und als Versicherungsvermittler agieren. Des Weiteren auch Banktip.de, FinanceAds.net, Finanzcheck.de, Finanzen.de oder Geld.de. Die vordergründige Vielfalt der Portale scheint dabei dadurch beschränkt zu sein, dass einige auf im Wesentlichen drei Anbieter zurückgreifen, wenn es zum Beispiel um Algorithmen oder Datenbanken geht (Check24, FinanceAds, Finanzen). Grundsätzlich zu solchen Vergleichsportalen sind auch diejenigen zu rechnen, die Zinsangebote für Spar- und Termingeldangebote weltweit vergleichen und sortieren sowie auch vermitteln (zum Beispiel Weltsparen, Savedo oder Zinspilot). Stiftung Warentest kommentiert zu letzteren Portalen kritisch: „Im Moment kön-nen wir keines der Internetportale empfehlen, die Sparern bequem Zugang zu ausländi-schen Zinsangeboten verschaffen wollen ... nicht sicher genug ... .“84 Als verbrauchernah stuft Reifner die Web-Angebote der Verbraucherzentralen, der Stiftung Warentest und des Bundes der Versicherten ein.

Insgesamt ergibt sich damit bei einigen Geschäftsmodellen der Hinweis, dass Empfehlun-gen auf der Basis von (vereinfacht, standardisiert) erhobenen Kundeninformationen gege-ben werden und damit der Grundtatbestand der Beratung gegeben sein dürfte, z.B. für die Anlageberatung sowohl in der Definition nach Ausschlussverfahren gemäß 31 (4) WpHG als auch in direkter Definition gemäß § 2 (3) Nr. 9 des WpHG bei Vorliegen der entspre-chenden Informationen.85

Zur Wettbewerbssituation traditioneller Angebote zu den vorgestellten innovativen Lö-sungen kommentiert Habschick: „Wenn die Banken nicht schleunigst ihre Beratungskom-petenz in die neue Zeit transportieren und dabei Glaubwürdigkeit gewinnen, wird vielleicht auch dieses Geschäft bald besser von anderen Akteuren abgedeckt.“86 Mehr inhaltlich

81 Ratzesberger 2015, 25. Allerdings gibt es Hinweise auf den Informationsgehalt von in Sozialen Netzwerken verbreiteten Börseninformationen: „... we

find economically and statistically significant evidence that tweet sentiment contains distinct information that is not contained in the traditional pre-announcement variables such as Forecasts Error, Earnings Surprise, Bias, Coverage, Track Record, and Earnings Volatility.“ (Liew et al. 2015, 1).

82 Vgl. Paul 2014, 34, Toller 2015. 83 Reifner 2015b. 84 Stiftung Warentest 2015a. 85 § 31 (4) definiert Anlageberatung über das dritte Wertelement der Beratung, die Empfehlung, nach dem Ausschlussprinzip: „Erlangt das

Wertpapierdienstleistungsunternehmen die erforderlichen Informationen nicht, darf es im Zusammenhang mit einer Anlageberatung kein Finanzinstrument empfehlen oder im Zusammenhang mit einer Finanzportfolioverwaltung keine Empfehlung abgeben.“ Gemeint sind die oben bereits genannten Informationen aus der Exploration: Kenntnisse und Erfahrungen mit bestimmten Arten von Finanzinstrumenten oder Wertpapierdienstleistungen, Anlageziele, finanzielle Verhältnisse, die erforderlich sind, um den Kunden ein für sie geeignetes Finanzinstrument oder eine für sie geeignete Wertpapierdienstleistung empfehlen zu können. In direkter Form wird Anlageberatung in § 2 (3) Nr. 9 des WpHG definiert: „Abgabe von persönlichen Empfehlungen an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird (Anlageberatung).“

86 Habschick 2013.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

37

differenziert und weniger plakativ formuliert Penzel: „FinTechs können ... eine stärkere Rolle in der Anlageberatung in Selbstbedienung spielen. Für Banken lohnt sich die hochregulierte Anlageberatung bis zu einem Anlagevolumen von etwa 50.000 Euro nicht mehr ... es entwickelt sich Brachland ... Kunden müssen dringend in die Lage versetzt werden, in Selbstbedienung zu agieren ... .“87 Ein direkter Wettbewerb wird eher im Feld des persönlichen Finanz-Managements (PFM, siehe oben) gesehen, weil hier Margen möglich sein sollen, die interessant erscheinen. Penzel empfiehlt hier daher: „Bevor eine Bank eine zweitklassige Leistung produziert, sollte sie eine Lösung zukaufen oder mit ei-nem FinTech kooperieren. Umgekehrt könnten FinTechs versuchen, Kunden mit dem Versprechen der neutralen, Bank-übergreifenden Sicht dauerhaft an sich und von den Banken weg zu ziehen.“88 Diese Herausforderung scheint von traditionellen Finanzdienst-leistern erkannt worden zu sein, zum Beispiel in der Form, Start-ups durch Kooperationen zu binden, die allerdings davon nicht begeistert sein müssen.89 Ob daraus voreilig ein Fili-alsterben prognostiziert werden sollte90 oder gegebenenfalls eher eine personelle Verstär-kung für Beratungsprozesse folgt91, wird im Zweifel auch die Akzeptanz zeigen (vgl. nächstes Kapitel).

4 Zur Akzeptanz der Digitalen Finanzberatung als Ausdruck einer Einschätzung der Chancen und Risiken

Im Unterschied zu der im Vergleich zur Digitalen Finanzberatung weiter fortgeschrittenen Digitalisierung der Zahlungsdienste und der zugehörigen Innovationen gibt es bislang keine weitgehend unabhängige, flächendeckende Untersuchung wie diejenige der Deut-schen Bundesbank zum Zahlungsverhalten, die insbesondere methodisch nicht nur eine einfache Befragung, wie zum Beispiel die Standard-Befragungen der „Befragungsindust-rie“ oder auch der Panels wie SOEP oder Consumer Market Scoreboard/Consumer Conditions Scoreboard, verwendet. Zurückgegriffen werden kann jedoch auf verschiedene Studien der anbietenden Wirtschaft (oder solche in deren Auftrag) oder von Dritten, wie zum Beispiel Beratungsunternehmen oder Interessenverbänden der Finanzwirtschaft, bei denen allerdings grundsätzlich die jeweilige spezifische Interessenlage berücksichtigt werden muss.

Die vollautomatisierten und die beratergestützten Varianten der Digitalen Finanzberatung sowie die Informations- und Vergleichsportale scheinen grundsätzlich den Vorteil zu besit-zen und für deren Nutzer die Chance zu eröffnen, durch die Vereinfachung und die Ver-ständlichkeit der Informationen und Profile nicht nur einer möglichen unzureichenden intrinsischen Motivation zur Beschäftigung mit finanziellen Aspekten bei einigen Verbrau-cherinnen und Verbrauchern vorzubeugen und sie gegebenenfalls überwinden zu helfen.92 Vielmehr scheint der vereinfachte Zugang zu Exploration und Aufklärung zu bewirken, dass positive Erfahrungen mit einer Finanzberatung gesammelt werden, insbesondere bei denjenigen, die einer solchen gegenüber zuvor eher ablehnend waren, quasi als eine Form des „Anstubsens“.93

Fidelity kommentiert diese Entwicklung wie folgt: „In particular, some of these investors have embraced digital advice as a means of gaining greater clarity, as well as simplicity

87 Penzel 2015, 11 (Hervorhebungen/Fettdruck durch AOe). Vgl. zu einer solchen Einschätzung zunehmender Unwirtschaftlichkeit der traditionellen

Anlageberatung , insbesondere durch die MiFID II in Jakob 2015. Schiereck 2015, 4, hat hier den Satz geprägt „Geiz wird digital!“. 88 Penzel 2015, 12 (Hervorhebungen/Fettdruck durch AOe). 89 Vgl. Schreiber 2015a, 21. Vgl. auch EY 2015, 13; Dreher/Kurz 2015, Kühner 2015. 90 Vgl. zum Beispiel die Untergangsmeldungen wie „Finale für die Filiale“ (Freiberger/Schreiber 2015, 19), „Wenn die Zweigstelle leer bleibt“ (Terliesner

2015, 12) oder „Das große Sterben“ (Schreiber 2015b, 18). 91 Vgl. Kalinowski 2015, 35. 92 Vgl. zur guten Motivationslage in finanziellen Aspekten bei der deutschen Bevölkerung und insbesondere auch bei Jüngeren in Oehler 2011/2012. 93 Vgl. Oehler 2015g zum Instrumentenkasten des Nudging. Vgl. auch Stössel 2015.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

38

and accessibility, in managing their finances.“94 EY spricht dabei ausdrücklich auch die Rolle der Klarheit und Verständlichkeit von Informationen an, die zu einem leichteren „Zu-gang“ zum eigenen Finanzbereich führen können: „Technology is client-centric and improves the experience of financial advice for the investor. ... Compelling editorial content and financial education distributed openly online with focus on human connection; constant feedback on client’s financial health. ... Focusing on the human connection and financial education in plain language through digital means improves investor awareness and brings greater confidence, trust and engagement.”95 PFM- und Account Aggregation-Lösungen unterstützen das aus dem kartengesteuerten Zahlungsverkehr bekannte Bedürfnis von Nutzern, den Überblick über die eigenen Finanzen behalten zu wollen/zu können.

Das Interesse an Finanzen und Geld ist ausgesprochen hoch. In der Studie des WDR aus 2011 sind dies ca. drei Viertel der Bevölkerung (77%) und ebenso der 14-29-Jährigen (74%), die sehr interessiert sind oder interessiert.96 Die aktuelle Studie der Postbank aus 2015 bestätigt dies anschaulich (7,2 von 10). Dies gilt genauso für die in der Postbank-Studie separat erhobenen Werte für die sogenannten „Digitalen Deutschen“ (ebenfalls 7,2 von 10), auch die 18-34-Jährigen, die (angeblichen) „Digital Natives“, liegen ähnlich (7,1).97 Die Postbank wertet dies so: „Junge Menschen in Deutschland legen fast genauso viel Wert auf Geld wie ihre Eltern oder Großeltern.“98

Der Zugang zur Digitalen Welt allgemein wird dabei grundsätzlich von Laptop oder Note-book (68%) bestimmt, aber dicht gefolgt über die Zugänge Desktop-PC (60%) und Smartphone (57%) sowie Tablet (32%). Bei den „Digitalen Deutschen“ dominiert dagegen das Smartphone (84%) vor Laptop/Notebook (79%), Desktop-PC (54%) und Tablet (44%).99 In allen Gruppen ist also eine Multi-Kanal-Nutzung gut erkennbar, offen bleibt an dieser Stelle allerdings, ob die Befragten dies als Omni-Kanal-Angebot verstehen und nut-zen.

Exploration und Aufklärung als Teil der Beratung (Information)

Laut aktueller Studie der Postbank nutzen drei Viertel der Bankkunden Online-Banking (76%), die „Digitalen Deutschen“ unterscheiden sich kaum (79%). Trotzdem, oder deswe-gen?, „... schwören ... 87 Prozent der besonders digitalen Deutschen ... auf das persönli-che Gespräch und die Beratung in ihrer Bankfiliale.“100 Die Werte unterscheiden sich nicht von der Gesamtbevölkerung (88%) und beziehen sich auf ausführliche Informationen zu einem Bankprodukt (Abbildung 5).

94 Fidelity 2014, 12 (Hervorhebungen/Fettdruck durch AOe). 95 EY 2015, 5 (Hervorhebungen/Fettdruck durch AOe). 96 Vgl. Oehler 2011/12. 97 Vgl. Postbank 2015b: Auf die Frage „Wie wichtig ist Geld in Ihrem Leben“ mit einer Abstufung von 1 (überhaupt nicht wichtig) bis 10 (ausgesprochen

wichtig) ergibt der Durchschnitt eine 7,2. Als „Digitale Deutsche“ bezeichnet die Postbank-Studie solche Personen, die als „Digital Natives“ zwischen 18 und 34 Jahren alt sind (2/3 der Stichprobe) oder die als „Early Adopters“ technische Neuerungen früh nutzen.

98 Tobias Gansäuer, Bereichsleiter Produkte bei der Postbank, zitiert in Postbank 2015b. Auf die tradierte Komponente im Finanzverhalten verweist eine qualitative Studie von Lüde 2013, die einen familiären Mehrgenerationen-Ansatz methodisch direkt einsetzt.

99 Vgl. Postbank 2015d, 27. 100 Postbank 2015c; Antworten „ganz sicher“ und „wahrscheinlich“ zusammengefasst, bezogen auf die Frage zur ausführlichen Information zu einem

Bankprodukt.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

39

Abbildung 5: „Wie sich die Deutschen über konkrete Bankprodukte informieren“101

Welche Rolle Informationen zukommt, wird am Beispiel der Verständlichkeit der Informa-tionen zu Versicherungen deutlich. Einer aktuelleren Studie zufolge schätzen zwar Bürge-rinnen und Bürger mehrheitlich (56%) ihre Kenntnisse im Bereich Versicherungen, die sie persönlich betreffen, als sehr gut oder gut ein, und dies weitgehend unabhängig vom for-malen Bildungsgrad,102 jedoch wird die Verständlichkeit von Informationen im Bereich Ver-sicherungen als recht bescheiden eingeschätzt: Nur 5% meinen, Produktinformationen zu Versicherungen kann jeder verstehen, aber 65% sind der Auffassung, diese wären nur von denjenigen zu verstehen, die sich schon damit beschäftigt haben, und weitere 28% sind der Meinung, die Informationen verstehen fast nur Experten.103 Nach den Gründen gefragt, vermutet „... die deutliche Mehrheit ..., dass sich Informationen zu Versicherungen auch einfacher beschreiben lassen, dies aber nicht immer gewollt ist.“ (Abbildung 6).104

101 Postbank 2015e. 102 Vgl. ERGO 2012, 10. 103 Vgl. ERGO 2012, 15; auch dies weitgehend unabhängig vom formalen Bildungsabschluss (S. 21). 104 ERGO 2012, 24 („Basis: Befragte, die meinen, dass die Unterlagen von Versicherungen nicht für jeden verständlich sind.“).

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

40

Abbildung 6: „Gründe, weshalb Produktinformationen von Versicherungen schwer verständlich sind“105

Empfehlung als Teil der Beratung

Die Erörterung der Geschäftsmodelle der Digitalen Beratung hat bereits zeigen können, dass inzwischen auch digitale Beratung, also nicht nur Information als Selbst-Exploration oder Selbst-Aufklärung, sondern auch Empfehlung online möglich ist. Die Postbank spricht von den „... vielfältigen Möglichkeiten, die das Internet bei der Beratung und Anlage bietet ...“106 und Fidelity klassifiziert ganz direkt manche Leistungen als „recommendations“.107

Die Ergebnisse aus der analogen Informations- und Beratungspraxis sind mit dem Titel „Beraten und verkauft“ ernüchternd und deutlich beschrieben (Abbildung 7).

105 Vgl. ERGO 2012, 24. 106 Postbank 2015c. 107 Fidelity 2014, 2 und 4.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

41

Abbildung 7: Mangelnde Qualität der analogen Anlageberatung108

Hoechle et al. werten aus einer aktuellen Studie deutlich: „We document that advisors [analog, AOe] hurt stock trading performance. However, there is some evidence that they help to improve portfolio diversification and reduce the local bias as well as the disposition effect.“109

Trotzdem ziehen nach der jüngsten Studie der Postbank gerade auch junge (18-24 Jahre), (angeblich) technikaffine Menschen eine Beratung in einer stationären Einrichtung vor Ort (Filiale) vor, eine ausgesprochen deutliche Akzeptanzeinschätzung zu den bisherigen Angeboten der Digitalen Finanzberatung.110 Die Postbank sieht als Grund: „Bankgeschäfte sind für sie Vertrauenssache.“111 Mit von Lüde, der Bezug zu Beeger nimmt, kann man das Phänomen wohl eher so begründen: „Dabei unterliegen Bankkunden einer Ver-trauensillusion, ... ein Begriff, der gleichermaßen die Diskrepanz zwischen dem schwin-denden Vertrauen zu Banken als Institution bei gleichzeitiger Vertrauenskontinuität zum persönlichen Berater erklärt ...“.112

108 Oehler/Kohlert 2009, zitiert in Salzmann 2009; vgl. auch Oehler 2012e. 109 Hoechle et al. 2015, 1 (Hervorhebungen/Fettdruck durch AOe). 110 Vgl. Postbank 2015c. 111 Postbank 2015c. 112 Von Lüde 2013, 331/2.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

42

Die Ergebnisse der Postbank-Studie zeigen insgesamt jedoch keinen wesentlichen Unter-schied zwischen allen Kunden und den sogenannten „Digitalen Deutschen“. Scheinbar wird von einer ebenfalls nicht kleinen Gruppe jeweils die bereits weiter oben angespro-chene Omnikanal-Flexibilität geschätzt (Abbildung 8): „Online und offline ist für den mo-dernen Bankkunden kein Gegensatz, sondern eine sinnvolle Ergänzung zweier Möglich-keiten.“113

Abbildung 8: „Wie die Deutschen ihre Bankgeschäfte abwickeln“114

Interessant sind allerdings die Ergebnisse zur zusätzlich erhobenen Frage nach der Wich-tigkeit der persönlichen Beratung.115 In Abhängigkeit vom relevanten Finanzprodukt geben mindestens 60% und bis zu 73% der Befragten an, dass ihnen eine persönliche Beratung mit einem festen Ansprechpartner sehr wichtig oder eher wichtig ist. Die „Digitalen Deut-schen“ reklamieren dies durchweg stärker, mit einem Abstand von 5 Prozentpunkten oder mehr insbesondere bei Produkten der Altersvorsorge, der Immobilienfinanzierung, des Bausparens oder des Wertpapierhandels.116

Das erkennbare Phänomen einer gemischten und verschränkten Nutzung der analo-gen und der Digitalen Beratung wird inzwischen bei Anbietern, Beratungsunternehmen oder auch empirischen Untersuchungen stärker wahrgenommen und berücksichtigt. Grundlegend bekannt sind solche Verhaltensweisen zunächst aus der Einführung der Selbstbedienung rund um das Girokonto und den Zahlungsverkehr, indem Kunden beide Zugänge gleichermaßen nutz(t)en und damit manche Kostensenkungsüberlegungen konterkarier(t)en. Vergleichbar scheint auch der Trend, nach einigen Jahren der „bedin-gungslosen“ Direktbank eine Re-Anonymisierung zum Beispiel durch Schwerpunktfilialen oder personalisierte Hot-Lines vorzunehmen. Auch hat sich manche (angebliche) Binsen-weisheit erübrigt, nach der Kaufen und Verkaufen online im Internet zu einer Vernichtung des Einzelhandels führen würde. In der Finanz-, aber zum Beispiel auch in der Buch- oder Touristik-Branche (stationäre Buchläden oder Reisebüros) kann man seit einigen Jahren einen Offline-Trend erkennen, der mit der Digitalen Welt verschränkt und nicht gegen-sätzlich verläuft.117 Als Gründe werden zum Beispiel genannt, dass die Preiswürdigkeit der Internet-Angebote nur scheinbar vorliege, der persönlichen Information mehr Wert beige-

113 Philip Laucks, Bereichsvorstand Direktbank der Postbank, zitiert in Postbank 2015c. 114 Postbank 2015e; gefragt war nach einer Abwicklung der Bankgeschäfte und dem Kontakt zur Bank. 115 Vgl. Postbank 2015c. 116 Solches Verhalten mit der These mangelnden Finanzwissens zu unterlegen (Postbank 2015c: „Beratungsbedarf ... groß, weil ... Wissen ... weniger gut

ausgeprägt ...“) erscheint unter anderem methodisch sehr problematisch, da im Wege von einfachen Befragungen als Selbsteinschätzung „gemessene“ Financial Literacy nicht wesentlich mit tatsächlichem, angewendetem Finanzwissen zu tun haben muss; vgl. hierzu zum Beispiel Oehler 2012b, 2013a; vgl. auch Brugiavini et al. 2015.

117 Vgl. zum Beispiel ROPO Initiative 2008, Oehler 2011a, TUI 2013, Stiftung Warentest 2015b.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

43

messen werde, die Informationsvielfalt der Digitalen Welt auch zu einem „overload“ führen kann oder persönliches Vertrauen nicht (einfach) digital zu ersetzen sei. Innerhalb der Di-gitalen Beratungswelt ist dabei ein weiteres aktuelles Ergebnis interessant: 62% der be-fragten Smartphone- oder Tablet-Nutzer würden für Online-Informationen und Services ihrer Bank deren Homepage einer App vorziehen, bei Versicherungen sind es sogar 64%.118

Sicherheit und Datenschutz

Hinzu kommt die Bedeutung von Sicherheit und Datenschutz. „Sicherheit bleibt ein höchst kritisches Thema. Geld ist leichter umleitbar als jedes physische Gut. Jede Lösung trägt ihre Umgehungsversuche bereits in sich, der Kampf der Guten gegen die Bösen bleibt eine Daueraufgabe.“119 Ähnliches gilt wohl auch für die persönlichen Daten. Auf die Frage „Wie hoch schätzen Sie Ihr persönliches Risiko ein, Opfer der folgenden Gefahren zu werden?“ nennen als erste und häufigste Gefahr fast zwei Drittel die Gefahr des Weiterverkaufs ihrer Daten, auch eine deutliche Mehrheit der 14- bis 29-Jährigen (57%).120 Schneider ergänzt dazu mit Bezug zur DIVSI-Studie „Daten – Ware und Währung“: „75 Prozent der Befragten sind sich allerdings auch der Tatsache bewusst, dass sie für diese kostenlosen Online-Angebote in der Regel mit ihren persönlichen Daten bezahlen müssen.“121

Damit die Nutzung einer Digitalen Finanzberatung erfolgreich gelingen kann, wird der wahrgenommene Schutz der persönlichen Daten eine große Rolle spielen; und dies ist keineswegs ein Thema, was besonders Ältere oder weniger technikaffine Bürgerinnen und Bürger interessiert, im Gegenteil, wie die nachstehenden deutlichen Ergebnisse aus der Jugendstudie 2015 zeigen (Abbildungen 9 und 10).

Abbildung 9: Zum Schutz persönlicher Daten im Internet 1122

118 Steria 2014a, 28 und 36. 119 Penzel 2015, 9. Vgl. zu den wesentlichen Sicherheitsaspekten auch BIS 2012, 46-48. 120 Vgl. Initiative D 21 2014, 41; erst danach wird mit deutlichem Abstand (53%) Schadware genannt. 121 Schneider 2014, 14. Vgl. auch DIVSI 2014a. 122 Bankenverband 2015, 11: „Wie wichtig ist Ihnen die Sicherheit Ihrer persönlichen Daten im Internet?“, Basis: n=651 inkl. k.A.; Angaben in Prozent.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

44

Abbildung 10: Zum Schutz persönlicher Daten im Internet 2123

Damit ist jedoch nicht geklärt, inwieweit diese Nutzer tatsächlich und in vollem Umfang wissen, wer was und mit welchem Gewinn mit ihren Daten arbeitet: „Für die Nutzer bleibt oft unklar, was wann wo gespeichert wird.“124. So überrascht es daher nicht, wenn die-selbe Studie feststellt: „Allerdings lehnen 80 Prozent der Befragten diese Praxis entschie-den ab. Angst vor Datenmissbrauch und die Unklarheit darüber, was mit den eigenen Daten geschieht, sind hierfür die wichtigsten Gründe. ... Lediglich 16 Prozent haben ein gewisses Verständnis für das Geschäftsmodell. Sie begründen dies vor allem damit, dass die Online-Anbieter schließlich auch Geld verdienen müssten. Knapp jeder dritte Konsu-ment zeigt sich hingegen resigniert und gibt an, daran lasse sich so oder so nichts än-dern.“125 Dies klingt weniger nach vollem Einverständnis und Transparenz („Durchblick“). „Immerhin jeder dritte Internet-Nutzer wäre nach den Ergebnissen der DIVSI Studie bereit, für den Schutz der eigenen Daten zu bezahlen ... – unabhängig davon, ob er das Vorge-hen, Nutzerdaten zu Geld zu machen, ablehnt oder dafür Verständnis hat.“126 DIVSI-Di-rektor Kammer kommentiert dies so: „Diese Zahlungsbereitschaft von gut einem Drittel der Nutzer könnte ein Signal für solche Anbieter werden, die sich auf dem Markt mit einem besonderen Effekt etablieren wollen.“127 „Möglicherweise ließe sich mit einem solchen Mo-dell ein Markenvertrauen in Verbindung mit einem Gütesiegel kreieren.“128 Auch hinsicht-lich der (IT-) Sicherheit scheint es eine (beginnende) Zahlungsbereitschaft zu geben: „Generell sind vier von zehn Deutschen bereit, für eine Sicherheitsgarantie ihrer Daten zu bezahlen.“129

123 Bankenverband 2015, 12: „Wenn Sie im Internet bei einem Bestellvorgang oder an anderer Stelle Ihren Namen, Ihre Adresse, Telefonnummer und

vielleicht auch noch Ihr Geburtsdatum angeben müssen, wie fühlen Sie sich dann dabei?“ Basis: n=651 inkl. k.A.; Angaben in Prozent. 124 Demattio 2014, 8. Vgl. auch DIVSI 2014b. 125 Schneider 2014, 14. Vgl. auch DIVSI 2014a; Initiative D 21 2014, 43, nennt 78%. Etwas bessere Einschätzungen liefert die Studie von Steria 2014b,

7: „Knapp 40 Prozent der Verbraucher finden es zumindest teilweise in Ordnung, wenn Unternehmen auf private Informationen von Verbrauchern in sozialen Netzwerken achten, um ihren Kunden damit bessere Angebote machen zu können ... Immerhin würden 50 Prozent der Kunden ihre privaten Vorlieben und Aktivitäten für diesen Zweck an Unternehmen weitergeben – zumindest eventuell.“

126 Schneider 2014, 14. Vgl. auch DIVSI 2014a. 127 Schneider 2014, 14. Vgl. auch DIVSI 2014a. 128 Schneider 2014, 14. Vgl. auch DIVSI 2014a. 129 Initiative D 21 2014, 43.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

45

Damit Bürgerinnen und Bürger hier annähernd selbstverantwortlich handeln können, setzt dies als notwendige Bedingung volle Transparenz voraus. Noch wichtiger ist aber die hinreichende Bedingung, dass die Informationen eine hohe Qualität besitzen und nicht irgendwo und irgendwie transparent gemacht werden.130 Verbraucherinnen und Verbrau-cher lassen willentlich oder unbeabsichtigt und oft unbewusst persönliche Daten entste-hen, die Dritte, zum Beispiel die Eigentümer der Geschäftsmodelle der Unternehmen der anbietenden Wirtschaft oder Entscheidungsträger staatlicher Einrichtungen, verwerten können und wollen. Diese persönlichen Daten besitzen oft einen institutionellen, sozialen, und/oder ökonomischen Wert, den alle Akteure, grundsätzlich also auch die Verbrauche-rinnen und Verbraucher, individuell oder kollektiv als Verhandlungsgegenstand einsetzen können sollten. Entscheidend scheint hier aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bür-ger zu sein, wie einfach, verständlich und klar erkennbar ist, dass die genutzten Angebote aus den persönlichen Daten bezahlt werden (auch durch die Weitergabe an Dritte) und ob es im Ablehnungsfall Möglichkeiten der Vermeidung sowie Lösungsalternativen gibt. Hierzu gehört auch die einfache, klare und verständliche Kennzeichnung, inwiefern per-sönliche Daten zur direkten oder indirekten persönlichen, geografischen und technikab-hängigen (zum Beispiel abhängig vom genutzten Zugang/device) Preisdifferenzierung verwendet werden (sollen). Gleichermaßen betrifft dies die Kennzeichnung hinsichtlich der (IT-) Sicherheit einschließlich der Deklaration der erwarteten und verpflichtenden Mitwir-kung des Zahlers.

130 Vgl. Oehler 2006, 2011a, 2012a, 2015a, 2015b.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

46

5 Schlussfolgerungen und Ausblick

Zu personalisierten Daten, Datenschutz und (IT-) Sicherheit

Die ausführliche Erörterung der Chancen und Risiken und zur Einschätzung der Akzep-tanz der Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda zeigt sehr anschaulich, dass poten-tielle Nutzer wohl nur überzeugt werden können, wenn diese einfach, unkompliziert und verständlich zu handhaben sowie kostengünstig ist und einen erkennbaren Zusatznut-zen oder Mehrwert bietet. Noch viel deutlicher wird jedoch, dass solche Dienstleistungen vor allem sicher sein müssen, sowohl was die (IT-) Sicherheit und Zuverlässigkeit an-geht als auch den Schutz der persönlichen Daten. Die Digitale Finanzberatung mit Selbst-Exploration, Selbst-Aufklärung und modularen, standardisierten Empfehlungen zeigt grundsätzlich Potential, insbesondere hinsichtlich des Interesseweckens für die per-sönlichen Finanzen, der initiativen Stärkung der Beschäftigung mit den eigenen Finanzen oder der Vorinformation sowie eines potentiellen Vergleichs der Informationen und Em-pfehlungen für wesentliche Finanzentscheidungen.

Verbraucherinnen und Verbraucher lassen willentlich oder unbeabsichtigt und oft unbe-wusst persönliche Daten entstehen, die Dritte, zum Beispiel die Eigentümer der Ge-schäftsmodelle der Unternehmen der anbietenden Wirtschaft oder Entscheidungsträger staatlicher Einrichtungen, verwerten können und wollen. Diese persönlichen Daten besit-zen oft einen institutionellen, sozialen, und/oder ökonomischen Wert, den alle Akteure, grundsätzlich also auch die Verbraucherinnen und Verbraucher, individuell oder kollektiv als Verhandlungsgegenstand einsetzen können sollten. Entscheidend scheint hier aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger zu sein, wie einfach, verständlich und klar er-kennbar ist, dass die genutzten Angebote aus den persönlichen Daten bezahlt werden (auch durch die Weitergabe an Dritte) und ob es im Ablehnungsfall Möglichkeiten der Vermeidung sowie Lösungsalternativen gibt. Hierzu gehört auch die einfache, klare und verständliche Kennzeichnung, inwiefern persönliche Daten zur direkten oder indirekten persönlichen, geografischen und technikabhängigen (zum Beispiel abhängig vom ge-nutzten Zugang/device) Preisdifferenzierung verwendet werden (sollen). Gleichermaßen betrifft dies die Kennzeichnung hinsichtlich der (IT-) Sicherheit einschließlich der Dekla-ration der erwarteten und verpflichtenden Mitwirkung der Informations- und Ratsuchenden.

Bis zu einer wünschenswerten regulativen Lösung ist grundsätzlich eine Übergangslösung denkbar. Folgt man den im vorherigen Kapitel erörterten Angaben zur Akzeptanzeinschät-zung, dann könnte einer zumindest anfänglichen Zahlungsbereitschaft für hohe Stan-dards in Sicherheit und Datenschutz auch durch eine besondere Prämierung Rechnung getragen werden. Erwägenswert wäre hier ein Gütesiegel, welches einfach und verständ-lich dokumentiert, dass ein Anbieter Digitaler Finanzberatung (Exploration, Aufklärung oder Empfehlung) hinsichtlich Sicherheit und Zuverlässigkeit sowie bezogen auf den Schutz der persönlichen Daten mehr als die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt.

Damit ein solches Siegel überhaupt geeignet ist, das entsprechende Marktvertrauen auf-zubauen, sind nicht nur wesentliche Anforderungen bezüglich Identifizierung & Transpa-renz, Verifizierung sowie Relevanz & Nützlichkeit einzuhalten.131 Vielmehr müsste regel-mäßig vom Siegelgeber kontrolliert und (mit Beweislastumkehr) belastbar dokumentiert sein, dass

ein hohes Maß an Datensparsamkeit (bei Datenerfassung, Datenspeicherung) und Datenschutz (Weitergabe nur nach Aufklärung und Zustimmung, Offenlegung der ökonomischen Interessen, Möglichkeiten der Löschung) umgesetzt,

131 Vgl. zum Beispiel Oehler 2013c; vgl. auch Oehler 2014.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

47

eine sehr hohe Transaktionssicherheit und Zuverlässigkeit gewährleistet sowie

eine ausdrückliche Zustimmungspflicht zur Datenerfassung, Datenspeicherung und Datenweitergabe als „opt in“-Lösung ausschließlich mit dem gut sichtbaren Hin-weis auf den „Warenwert“ der persönlichen Daten und eine Möglichkeit zur Be-zahlung/Vergütung dieser angeboten wird. Alternativ wäre aber auch denkbar, gegen Bezahlung die Garantie zu erhalten, dass alle Daten nach einer Nutzungs-einheit (Session) komplett gelöscht werden.

Zur Produktinformation

Jenseits der inzwischen gut bekannten Argumente und Belege der weitgehenden Nutzlo-sigkeit einer Beratungsdokumentation,132 die für die Digitale Finanzberatung aufgrund der geschilderten Charakteristika in besonderem Maße zutreffen, aber durch die fortlau-fende Speicherung lösbar erscheinen, haben einfache, klare, verständliche und vergleich-bare Informationen zu Finanzprodukten in standardisiertem Format gerade bei der Digita-lisierung der Kundenbeziehung eine weiter steigende Bedeutung. So zeigt bereits die erste wissenschaftliche Evaluierung zur Gestaltung von sogenannten PIBs (Produktinfor-mationsblättern, oder auch short-form disclosure documents, key investor information) für Deutschland, dass eine mit klaren Mustertexten operierende Regulierung auf der Basis von Mindestanforderungen an die Kennzeichnung aller wesentlichen Finanzprodukte für Verbraucherinnen und Verbraucher einen hohen Nutzwert für diese hätten.133 Der Einsatz standardisierter Produktinformation ist also eng mit dem Nutzen der Anlageberatung verknüpft.

Bereits allein schon die mangelnde rechtzeitige und systematische Publikation der PIBs außerhalb konkreter Beratungsangebote stellt einen schweren Mangel der bestehenden Regulierung dar. Hinzu kommt die extrem zersplitterte, dringend zu entrümpelnde Regulie-rung zu Produktinformationen für Finanzdienstleistungen, die aus Kundensicht zur Lösung verwandter Problemlagen dienen sollen. Ein konkreter Lösungsvorschlag wäre greifbar:134

• Alle Anbieter, unabhängig von ihrem Unternehmenssitz, die in Deutschland eine Fi-nanzdienstleistung verkaufen wollen, sind verpflichtet, unabhängig vom Kaufzeit-punkt öffentlich zugänglich zu allen ihren Finanzdienstleistungen eine standardi-sierte Produktinformation bereitzustellen. Dies gilt einheitlich für alle Finanz-dienstleistungen von Banken, Sparkassen, Investmentfonds, Versicherungen sowie allen gleichartigen Anbietern, unabhängig vom Zugangskanal und vom Berater-typ.

• Seitens der zuständigen Finanzaufsicht werden konkrete standardisierte PIB-Mus-ter vorgegeben, von denen grundsätzlich nicht abgewichen werden darf. Solche Muster sollten sich durchaus an „best-practice“-Beispielen orientieren, wie sie in der zitierten Studie135 aufgenommen worden sind. Die entwickelte Benchmark kann als Mindestanforderung an den Vertrieb von Finanzdienstleistungen verstanden werden.

• Die von den Anbietern eingesetzten PIBs werden regelmäßig, zumindest kalender-jährlich, von der zuständigen Finanzaufsicht überprüft. Im Falle einer substantiellen

132 Oehler 2012a, 2011a. 133 Oehler 2012c, vgl. auch Oehler 2015f und Oehler et al. 2014. Vgl. auch international zum Beispiel in Godwin/Ramsay 2015. 134 Oehler 2012c. Für WpHG-Produkte gibt es zwar zwischenzeitlich weitere Ausführungshinweise, allerdings eben nur für diese und ebenso nicht als

klare, verständliche und vergleichbare Mustertexte. 135 Oehler 2012c.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

48

Abweichung hat die zuständige Finanzaufsicht den jeweiligen Anbieter mit kurzer Fristsetzung zur Nachbesserung aufzufordern. Kommt ein Anbieter einer solchen Aufforderung nicht nach, dann darf das entsprechende Produkt nicht weiter ver-trieben werden.

• Die Finanzierung eines solchen Systems der standardisierten PIBs als Mindestan-forderungen an den Vertrieb aller Finanzdienstleistungen kann durch Umlageverfah-ren bei allen Anbietern analog zum Beispiel der DPR oder durch PIB-spezifische Zulassungsgebühren erfolgen.

Damit gäbe es gute Chancen für eine klare, einfache, verständliche und vergleichbare Produktinformation für alle Finanzdienstleistungen, die Bürgerinnen und Bürger für die meisten Bedarfssituationen und Anlässe brauchen. Die einkehrende Transparenz würde es dann erlauben, dass Verbraucher tatsächlich an einem „Markt“ agieren und am „Wett-bewerb“ teilhaben. Die Idee der sozialen Marktwirtschaft bliebe nicht weiterhin für den Sektor der Finanzwirtschaft verschlossen.

Zu Informations- und Vergleichsportalen

Reifner argumentiert zu Vergleichsportalen für bestimmte Produkte und Leistungen, dass diese zwar hilfreich sein können. „Allerdings sollten Sie bedenken, dass die Betreiber die-ser Portale unter Umständen Provisionen erhalten, wenn Sie Produkte online darüber ab-schließen. In der jüngeren Vergangenheit sind solche Vergleichsportale aufgrund der In-transparenz der Empfehlungen und dieser Provisionspraxis in die Kritik geraten.“136

Eine Stellungnahme der Verbraucherkommission Baden-Württemberg widmet sich dieser Problematik tiefergehender. Mit Bezug zu Untersuchungen von ÖKO-TEST und Stiftung Warentest wird argumentiert, „...dass die Portale entgegen eigenen Aussagen keine Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher schaffen. ... In manchen Fällen ist die Vergleichsbasis ... inakzeptabel gering. ... Der wichtigste Grund für unvollständige und damit irreführende Vergleiche ist jedoch, dass die Portale keine neutralen Informations-quellen sind, sondern von Provisionen leben. Daher blenden sie zum Beispiel gezielt alle so genannten Nettotarife aus. Sie können nicht über die Vergleichsportale sondern nur beim Versicherer direkt abgeschlossen werden, sind ohne Maklergebühren kalkuliert und daher grundsätzlich günstiger als der entsprechende Maklertarif mit gleicher Leistung des gleichen Versicherers. Als irreführend erweist sich daher die auf fast allen Portalen zu fin-dende Werbung, es handele sich um einen kostenlosen Vergleich. Tatsächlich werden die Kosten des Vergleichs – die Provisionen, die ein Portal für einen Vertragsabschluss erhält – bereits in den Tarif einkalkuliert. Oftmals werden von den Vergleichsrechnern nicht nur Nettotarife ausgeblendet, sondern alle, für die das Portal keine Provisionen erhält.“137

Die daraus abzuleitenden Forderungen für brauchbare Informations- und Vergleichspor-tale liegen auf der Hand: vollständige Transparenz:138

Information über teilnehmende und nicht-teilnehmende Anbieter;

Information über Geschäftsmodell und finanzielle Beziehungen, insbesondere Provi-sionen (auch in Euro);

136 Reifner 2015c. 137 VK 2013, 2; vgl. auch ÖKO-TEST 2013. 138 Vgl. VK 2013, 3. Vgl. auch die vergleichbaren Forderungen zu Produkt- und Dienstleistungstests sowie zu Labeln in Oehler 2013c, Oehler 2014 sowie

VK 2011.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

49

Keine Werbung mit dem Stichwort „kostenlos“ oder ähnlich, wenn die Honorierung im Preis der verglichenen Produkte eingerechnet ist.

Keine Werbung mit dem Stichwort „preisgünstig“ oder ähnlich, wenn nicht alle Ange-bote am Markt einbezogen werden.

Hinzu kommen weitere Mindestanforderungen:139

Identifizierung: Ist klar erkennbar, wer den Vergleich durchführt? Gibt sich die dahin-ter stehende Organisation oder Institution klar zu erkennen? Wer finanziert einen Vergleich, in welcher wirtschaftlichen, insb. finanziellen Beziehung stehen Ver-gleichsportal und Anbieter?

Verifizierung: Sind die Kriterien und Vergleichsmethoden öffentlich zugänglich und durch Dritte nachprüfbar? Wird offengelegt, wie verglichen wird und welche Stan-dards für welche Untersuchung zugrunde gelegt werden?

Relevanz und Nützlichkeit: Sind die Aussagen eines Vergleichs maßgeblich für die wesentlichen Eigenschaften einer Finanzdienstleistung? Wird der Fokus nur auf einzelne Teilaspekte gelegt oder werden alle wesentlichen Eigenschaften gleicher-maßen berücksichtigt (Gewichtungsfaktoren offengelegt?)? Gehen die Vergleichs-Kriterien über staatliche Standards hinaus oder überprüfen sie im Wesentlichen nur deren Einhaltung?

139 Oehler 2014.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

50

Ausblick

Die Digitalisierung vieler Lebensbereiche in den letzten zwanzig Jahren stellt viele Ver-braucherinnen und Verbraucher vor immer neue Herausforderungen, auch und besonders angesichts der technisch bedingt immer größeren Beschleunigung der Entwicklung einer-seits und der Erfassung immer weiterer Lebensbereiche der Bürgerinnen und Bürger an-dererseits. Teilhabe und Zugang müssen technisch und inhaltlich ebenso sichergestellt werden wie Schutz und Transparenz. Die Digitale Welt erfordert Verbraucher, die sich nicht als Opfer der Veränderung begreifen, sondern sich bietende Chancen nutzen und die sich verändernde Welt mitgestalten und gleichzeitig mit angemessenem Risikoverständnis die veränderte Rendite-Risiko-Teilung einschätzen können. Wesentliche Grundlagen bleiben dabei Verbrauchervertrauen und Verbraucherkompetenz. Die Befähigung der Verbraucherinnen und Verbraucher zu aktiven Marktteilnehmern in der Digitalen Welt geht deutlich über den herkömmlichen Schutz- und Präventionsgedanken hinaus.140 Ver-braucherfragen zur Digitalen Welt ersetzen nicht solche der analogen Welt. Die analoge Welt bleibt parallel und teilweise verschränkt mit der Digitalen Welt erhalten. Der Wech-selwirkung von analoger und Digitaler Welt kommt dabei besondere Bedeutung zu, wenn zum Beispiel Heuristiken der analogen Welt ungeprüft in der Digitalen Welt genutzt werden und vice versa. Ein analoger „Anker“ wird stets verbleiben, Bürgerinnen und Bürger handeln als (analoge) Menschen.

Es bestehen gravierende Unterschiede zwischen der Digitalen Welt einerseits und der traditionellen oder analogen Welt andererseits hinsichtlich Zeit/Geschwindigkeit, Reich-weite/Menge, Unumkehrbarkeit/Speicherbarkeit sowie den damit verbundenen Transak-tionskosten. Dies gilt sowohl für den privaten Lebensbereich, als auch für die Arbeitswelt und die Zivilgesellschaft.141 Dem Vorteil der sehr preiswerten digitalen Produktion und Kommunikation steht die Notwendigkeit der technischen Ausrüstung gegenüber. Verbrau-cher sind einer Informationsvielfalt ausgesetzt, die grundsätzlich dazu zwingen würde, sich auf die wesentlichen Informationen zu konzentrieren, der Vorteil der gigantischen Infor-mationsvielfalt verkehrt sich gegebenenfalls sehr rasch in einen gravierenden Nachteil, wenn zum Beispiel die Informationsmenge stetig wächst und kaum mehr verarbeitet wer-den kann sowie die zwingend folgenden Wahrnehmungs- und Verarbeitungsheuristiken zu Fehlinformationen führen (information overload, choice overload). Funktionieren die Verhaltensmuster, Kompetenzen und Heuristiken der analogen Welt auch im digitalen Zeitalter? Welche jeweils besonderen Chancen und Risiken ergeben sich für vertrauende, verletzliche und verantwortungsvolle Verbraucherinnen und Verbraucher?142 In welcher Form und in welchem Ausmaß ändert sich die Rendite-Risiko-Teilung durch veränderte Anbieter-Nachfrager-Beziehungen in den neuen Geschäftsmodellen?

Schließlich spielen auch die bei der Nutzung und Verarbeitung der Informationen hinter-lassenen „Datenspuren“ eine wichtige Rolle. Hier ist die Privatsphäre einschließlich des Schutzes der persönlichen Daten direkt betroffen, insbesondere, wenn Daten unbemerkt ausgelesen und/oder weiterverarbeitet werden. Ein naheliegendes Beispiel ist die perso-nalisierte (individualisierte) Werbung, in der Informationen über eine Person aus dem Netz gezielt eingesetzt werden. Tiefgreifender sind jedoch E-Targeting und E-Profiling ver-schiedener Spielarten, sowohl mit Bezug zur technischen oder geografischen Preisdiffe-renzierung als auch mit der Folge der bewussten Nicht-Information und des absichtlichen Nicht-Angebotes. Die potentiellen Risiken reichen bis hin zum Identitätsdiebstahl. Nicht zuletzt sind die Chancen der Nutzung der digitalen Daten(spuren) ungleich verteilt. Zwar

140 Vgl. Micklitz/Oehler 2006, 1-2; vgl. auch Oehler et al. 2011, 28-31. 141 Vgl. Micklitz/Oehler 2006, 11-12; vgl. auch Oehler et al. 2011, 28-31. 142 Vgl. Oehler 2010. Vgl. auch Oehler 2011b, 2011c., Micklitz/Oehler/et al. 2010.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

51

sinken die Transaktionskosten für beide Marktseiten, die Angebotsseite gewinnt jedoch durch Data Mining und Data Tracking (Big Data) einen erheblichen Informationsvorteil, der einen Gewinn an Informationsmacht nach sich ziehen kann.143 Daher lässt sich in diesem Kontext auch von „Digitalen Schatten“ sprechen, die in der Verbraucherpolitik Berücksich-tigung finden sollten.144

Der Finanzbereich kann als prototypisch für die fortschreitende Digitalisierung der Ge-schäftsmodelle von Dienstleistungsanbietern gelten, deren Produkte die finanziellen Basis- und Zusatzbedarfe145 der meisten Bürgerinnen und Bürger unmittelbar und existentiell betreffen oder mittelbar tangieren. Mit einem Time Lag lassen sich diese Entwicklungen im Handel nachvollziehen und in jüngerer Zeit auch im Bereich Gesundheit und Mobilität, mit gut vergleichbaren (potentiellen) Strukturveränderungen.

Die im Zentrum dieser Studie stehende Erörterung der Chancen und Risiken der Selbst-information und Selbstberatung in digitaler Form erlaubt vielfältige vergleichbare Pro-zessanalysen in anderen wesentlichen Beratungs- und Dienstleistungsbereichen wie Handel, Gesundheit oder Mobilität. Der Fokus auf den finanzwirtschaftlichen Bereich be-schränkt also die Allgemeingültigkeit der Analysen und Aussagen grundsätzlich nicht.

Im Ergebnis sollen Verbraucherinnen und Verbraucher in der Lage sein, eine interessen-gerechte Entscheidung zu treffen. Nur braucht es dazu dann nicht allein alltagstaugliche Kompetenzen zur finanziellen Existenz und Vorsorge zumindest in Form einer Meta-Bil-dung146 (zum Beispiel wer weiß was in welcher Vertraulichkeit, Unabhängigkeit und auf welcher Vertrauensbasis?). Zusätzlich und gleichzeitig gilt es, diese alltagstauglichen Kompetenzen auch für die aktiven und passiven Prozesse unter einer Digitalen Agenda zu entwickeln und aktuell verfügbar zu haben.

Ein wesentliches existenzielles Bedarfsfeld für Bürgerinnen und Bürger stellt Gesundheit dar (inkl. Medizin und Gesundheitswesen). Geht es bei persönlichen Finanzen um die fi-nanzielle Existenz so ist hier die physische Existenz betroffen. Hier zeigen sich nicht nur sehr ähnliche Phänomene wie die Asymmetrien in Information, Gestaltung und Betroffen-heit, sondern auch zum Beispiel das Beratungsphänomen des Als-ob-Paradoxons.147 Die Problematik der Qualität der Informationen (Verständlichkeit, Vergleichbarkeit) als auch der Selbst-Exploration, der Selbst-Aufklärung oder der standardisierten Digitalen Em-pfehlung ist hier ebenso virulent (selbsterklärend oder „Übersetzung“, zum Beispiel via washabich.de). Auch die Entpersonalisierung und eine Diskussion zur Notwendigkeit von medizinischem Personal (Telemedizin, „Robo-Doktor“, „Dr. Digital“) sind hier genauso re-levant wie Bemühungen zur Re-Anonymisierung und zur persönlichen Beratung.

Allerdings ist gut zu beobachten, dass die verwandten Phänomene in anderen wesentli-chen Bedarfsfeldern wie zum Beispiel der Gesundheit in der Regel mit finanziellem Hin-tergrund (Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung, Haftpflichtversicherung, Kfz-Versicherung) anzutreffen sind, sowohl beispielsweise bei der Profilbildung mit personalisierten Daten aus Sozialen Netzwerken oder bei den soge-nannten Gesundheits-Apps als auch bei Telematik-Tarifen.148 Selbstverständlich liegt auch eine Verknüpfung zum Bereich Handel, unmittelbar vor. Leschs kabarettistisch-jour-nalistische Einlassung zeigt dies exemplarisch: Wir „kriegen ... alle „Bänder“ ans Handge-lenk ... diese „Bänder“ ... senden dann Informationen von und über uns an Big Brother & Friends ... die Weisen aus dem kalifornischen Morgenland die sagen uns dann, was wir 143 Vgl. Micklitz/Oehler 2006, 12; vgl. auch Oehler et al. 2011, 28-31. 144 Vgl. Micklitz/Oehler 2006, 5-10, 13-16; vgl. auch Oehler et al 2011, 28-31. 145 Vgl. Oehler 2015a,2015c. 146 Vgl. Oehler 2012d, Oehler 2013a, Oehler 2013b. 147 Vgl. Oehler 2011a, 2015a; vgl. auch Oehler et al. 2009 und die dort zitierte Literatur. 148 Vgl. z.B. Pigeot/Schauer 2014, Balser 2015, 17, Martin-Jung 2015a, 17.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

52

wann und wie viel zu essen haben ... ein ebenfalls im Kalifornischen angesiedelter Liefer-dienst liefert uns das alles per Drohne ins Haus ... wehe, wir essen etwas anderes, als das Befohlene ... dann werden Schränke, die Speisekammer und der Kühlschrank hermetisch abgeriegelt und es drohen harte Tage bei Tafelwasser, Koriander, Brot, Sellerie und Ing-wer-Tee ... wenn Sie dann im Supermarkt nach einer Tüte Kartoffelchips greifen, ertönt eine tiefe Stimme, die Sie verwarnt und um die Ecke kommt ein Roboter, der füttert Sie dann vor allen Leuten mit fünf großen Esslöffeln Wasabi ... wehe, Sie verdrücken auch nur eine Träne ...“.149

Das erkennbare Phänomen einer gemischten und verschränkten Nutzung der analogen und der Digitalen Beratung wird inzwischen bei Anbietern, Beratungsunternehmen oder auch empirischen Untersuchungen stärker wahrgenommen und berücksichtigt. Grundle-gend bekannt sind solche Verhaltensweisen zunächst aus der Einführung der Selbstbe-dienung rund um das Girokonto und den Zahlungsverkehr, indem Kunden beide Zugänge gleichermaßen nutz(t)en und damit manche Kostensenkungsüberlegungen konterka-rier(t)en. Vergleichbar scheint auch der Trend, nach einigen Jahren der „bedingungslosen“ Direktbank oder des Nur-Online-Handels eine Re-Anonymisierung zum Beispiel durch Schwerpunktfilialen, Abholstellen oder personalisierte Hot-Lines vorzunehmen. Auch hat sich manche (angebliche) Binsenweisheit erübrigt, nach der Kaufen und Verkaufen online im Internet zu einer Vernichtung des Einzelhandels führen würde. In der Finanz-, aber zum Beispiel auch in der Buch- oder Touristik-Branche (stationäre Buchläden oder Reisebüros) kann man seit einigen Jahren einen Offline-Trend erkennen, der mit der Digitalen Welt verschränkt und nicht gegensätzlich verläuft.150

Einige wichtige Fragen bedürfen der weiteren Diskussion.

Hierzu gehört zum Beispiel, wie Digitales Vertrauen entsteht, also etwa wieder aus analogen Komponenten der persönlichen Empfehlung und Erfahrung oder aus mehr oder weniger bewusst eingegangenen Risiken („Selbstversuche“)?

Welche Konsequenzen hat eine immer weiter fortschreitende Selbst-Exploration, Selbst-Aufklärung und Selbst-Empfehlung auf die immer stärker beanspruchten Zeitbudgets von Bürgerinnen und Bürgern (die Studien des Statistischen Bundes-amtes berücksichtigen solche Fragen zum Beispiel gar nicht, weil existenzielle Be-darfsfelder wie die persönlichen Finanzen fehlen)?

Führt die zunehmende zeitliche Beanspruchung in der immer weiter selbstbedienten analogen und Digitalen Welt zu einer veränderten Risiko-Rendite-Teilung, zum Beispiel in der Form, dass auf „eigene Kosten“ und in Selbstverantwortung immer mehr wesentliche Informationen selbst eruiert, akquiriert sowie verstanden werden müssen und gleichzeitig immer stärker die Folgen daraus ebenfalls selbst zu tragen sind, insbesondere bei den für Bürgerinnen und Bürger ohnehin schwer zu prüfenden Sachgütern und Dienstleistungen mit Vertrauensgutcharakter (Haftungsreduzie-rung)?

Führt zusätzlich die Digitalisierung der „Hilfe“- und „Kontakt“-Funktionen mit fort-schreitend beliebigen und häufig wechselnden Ansprechpartnern zu einer faktisch immer geringer werdenden Verfügbarkeit von validen und reliablen Auskünften?

149 Vgl. z.B. auch Martin-Jung 2015b, 17. 150 Als Gründe werden zum Beispiel genannt, dass die Preiswürdigkeit der Internet-Angebot nur scheinbar vorliege, der persönlichen Information mehr

Wert beigemessen werde, die Informationsvielfalt der Digitalen Welt auch zu einem „overload“ führen kann oder persönliches Vertrauen nicht (einfach) digital zu ersetzen sei. Vgl. zum Beispiel ROPO Initiative 2008, Oehler 2011a, TUI 2013, Stiftung Warentest 2015b.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

53

C Literatur

Balser, M., 2015, Die Neugier des Dr. App, Süddeutsche Zeitung, 3.8.2015, 17.

Bankenverband, 2015, Jugendstudie 2015, https://bankenverband.de/media/files/2015-07-22_Charts_Jugendstudie.pdf; zuletzt abgerufen am 4.9.2015.

Billen, G., 2015, Bargeldlose Gesellschaft? Wahlfreiheit statt Bevormundung und Überwachung!, https://www.bitkom.org/Presse/Blog/Bargeldlose-Gesellschaft-Wahlfreiheit-statt-Bevormundung-und-Ueberwachung.html; zuletzt abgerufen am 10.9.2015.

BIS, 2012, Innovations in retail payments, Committee on Payment and Settlement Systems, Bank for Inter-national Settlement, Basel.

BITKOM, 2013, Positionspapier Mobile Payments, https://www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Publikation_3623.html; zuletzt abgerufen am: 11.8.2015.

Blond, K. P., 2015, Mobile Payments – security, confidence, future market developments and the challenges for cash, Talk, ESTA, Berlin, June 1.

BMF, 2015, Zahlungskonto für Alle, http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Internationales_Finanzmarkt/20141219-Zahlungskonto.html; zuletzt abgerufen am 3.8.2015.

BMF, BMJV, 2015, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über die Vergleichbarkeit von Zah-lungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grund-legenden Funktionen, Referentenentwurf, Stand 29.7.2015, http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Gesetze/RefE_Zahlungskontenrichtlinie.html;jsessionid=6ECD3FFEA0CD987899C4A24533CCA909.1_cid334; zuletzt abgerufen am 3.9.2015.

Brugiavini, A., Cavapozzi, D., Padula, M., Pettinicchini, Y., 2015, Financial education, literacy and investment attitudes, Working Paper, University of Venice.

Danwerth, C., 2015, Mobile Payment – Innovation des Zahlungsverkehrs oder unkalkulierbares Risiko?; in: ZBB Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft 27, 119-136.

Demattio, H., 2014, Was geschieht mit meinen Daten?; in: DIVSI magazin, Heft 3/Oktober, 8-11.

Deutsche Bundesbank, 2012, Innovationen im Zahlungsverkehr, Monatsbericht, September, 49-62.

Deutsche Bundesbank, 2014, Der digitale Strukturwandel im Zahlungsverkehr, Geschäftsbericht 2014, 43-61.

Deutsche Bundesbank, 2015, Zahlungsverhalten in Deutschland 2014, Frankfurt.

DIVSI, 2014a, Daten - Ware und Währung, Hamburg.

DIVSI, 2014b, Wissenswertes über den Umgang mit Smartphones, Hamburg.

Doering, P., 2015, Vermögensverwaltung über Social-Trading-Plattformen; in: Paul, S., 2015, Wissen und Handeln 14, ifk, Bochum, 33-43.

Doering, P., Neumann, S., Paul, S., 2015, A Primer on Social Trading Networks, Working Paper, Bochum.

Dreher, C., Kurz, H., 2015, Externe Partner bringen frischen Wind; in: Bankmagazin 64, 26-29.

ERGO, 2012, Verständlichkeit von Informationen, Köln.

EU-Kommission, 2012, Ein integrierter europäischer Markt für Karten-, Internet- und mobile Zahlungen, Grünbuch, Brüssel.

EY, 2015, Advice goes virtual, http://www.ey.com/DLResults?Search=A&SF=Relevance&SO=Desc&Query=Advice+goes+virtual&ACTION=RequestPage&Page=2; zuletzt abgerufen am 22.9.2015.

Fidelity, 2014, Digging into Digital Advice White Paper, https://fidelityinstitutional.fidelity.com/app/literature/white-paper/9860626/digging-into-digital-advice.html#!; zuletzt abgerufen am 22.9.2015.

Freiberger, H., 2015, Die Freiheit nehm’ ich Dir, Süddeutsche Zeitung, 19.5.2015, 4.

Freiberger, H., Schreiber, M., 2015, Finale für die Filiale, Süddeutsche Zeitung, 1.6.2015, 19.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

54

Godwin, A., Ramsay, I., 2015, Financial Products and Short-form Disclosure Documents, Melbourne Legal Studies Research Paper No. 710, Melbourne Law School.

Gräber, G., 2015, Was Banken verlangen dürfen, Süddeutsche Zeitung, 24.8.2015, 19.

Gräber, G., Schreiber, M., 2015, Gebührenfalle Geldautomat, Süddeutsche Zeitung, 24.8.2015, 19.

Habschick, M., 2013, Traditionelle Beratung zur Altersvorsorge gerät ans Ende, DIA Quarterly 1/2013, http://www.dia-vorsorge.de/quarterly-ausgaben/dia-quarterly-1-2013/im-gespraech/digital-advice.html; zu-letzt abgerufen am 6.9.2015.

Hoechle, D., Ruenzi, S., Schaub, N., Schmid, M., 2015, The Impact of Financial Advice on Trade Perfor-mance and Behavioral Biases, Working Paper, Zurich University of Applied Sciences.

ibi research, 2014, Zukunft des Bezahlens – Einschätzungen und Trends aus Händlersicht, Regensburg.

Initiative D 21, 2014, D21 - Digital - Index 2014. Die Entwicklung der digitalen Gesellschaft in Deutschland, Berlin.

Issing, O., 2015, Editorial. No future for cash?, in: CFS Newsletter, 1/2015, http://scnem.com/a.php?sid=7yacj.1g26d38,f=5,u=34d9b5610e3e19461732d1b156c452f9,n=7yacj.1g26d38,p=5,artref=5031562,l=b325vq.21fnh4d; zuletzt abgerufen am: 5.7.2015.

Kalinowski, S., 2015, Wenn der Kunde alles besser weiß; in: Bankmagazin 64, 34-37.

Kelber, U., 2015; in: Bankenverband, 2015, interesse, Ausgabe 3, Berlin.

Kühner, A., 2015, Zwei Welten nähern sich an; in: Bankmagazin 64, 22-25.

Lesch, H., 2015, Leschs Kosmos, ZDF, 22.9.2015, http://www.zdf.de/ZDF/zdfportal/programdata/678e2f6f-a04f-38d0-913f-5f926d6f05e0/ece0e0cf-4809-44d9-bb5e-e94aedad6796?doDispatch=2; zuletzt abgeru-fen am 23.9.2015.

Lüde, R. von, 2013, Anlageverhalten auf Finanzmärkten; in: Wirtschaftsdienst 93, Heft 5, 328-336.

Martin-Jung, H., 2015a, Der vermessene Mensch, Süddeutsche Zeitung, 20.5.2015, 17.

Martin-Jung, H., 2015b, Datenschleuder am Handgelenk, Süddeutsche Zeitung, 7.8.2015, 17.

Micklitz, H.-W., Oehler, A., 2006, Verbraucherpolitik in der digitalen Welt, Stellungnahme des Wissenschaftli-chen Beirats Verbraucher- und Ernährungspolitik beim BMELV, Berlin.

Micklitz, H.-W., Oehler, A. et al., 2010, Der vertrauende, der verletzliche oder der verantwortungsvolle Ver-braucher? Plädoyer für eine differenzierte Strategie in der Verbraucherpolitik, Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats Verbraucher- und Ernährungspolitik beim BMELV, Berlin.

moneymeets, Digitale Prozesse ersetzen verstärkt klassische Finanzberatung, Pressemitteilung, 20.8.2014, http://www.pressebox.de/pressemitteilung/moneymeets-community-gmbh/Digitale-Prozesse-ersetzen-verstaerkt-klassische-Finanzberatung/boxid/696926; zuletzt abgerufen am 6.9.2015.

Oehler, A., 1990a, Die Akzeptanz der technikgestützten Selbstbedienung im Privatkundengeschäft der Uni-versalbanken, Poeschel-Verlag, Betriebswirtschaftliche Abhandlungen, Neue Folge Bd. 80, Stuttgart.

Oehler, A., 1990b, Btx-Banking und Geldausgabeautomaten: Ausgewählte Anmerkungen zur Preispolitik; in: bank und markt, 2/1990, 5-13.

Oehler, A., 1990c, Konsequenzen der Selbstbedienung für die Vertriebspolitik; in: geldinstitute, 1-2/1990, 4-12.

Oehler, A., 1995, Die Erklärung des Verhaltens privater Anleger – Theoretischer Ansatz und empirische Analysen, Poeschel-Verlag, Betriebswirtschaftliche Abhandlungen, Neue Folge Bd. 100, Stuttgart.

Oehler, A., 2000a, Auf dem deutschen Bankenmarkt gibt es kein generelles Problem mit Überkapazitäten. Großbanken haben jedoch ein langjähriges Auslastungsdefizit bei Filialen, Financial Times Deutschland, 14. März, 23.

Oehler, A., 2000b, Overbanking in Deutschland?; in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 53, 332.

Oehler, A., 2006, Zur ganzheitlichen Konzeption des Verbraucherschutzes – eine ökonomische Perspektive in: VuR Verbraucher und Recht 21, 294-300.

Oehler, A., 2010, Behavioral Economics meets Personal Finance: Ein „alter Hut“ in der forschungsgeleiteten Verbraucherpolitik?, Vortrag, Workshop des DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung und der

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

55

FES Friedrich Ebert Stiftung „Wissenschaft und Politik im Gespräch – Perspektiven forschungsgeleiteter Verbraucherpolitik“, Berlin.

Oehler, A., 2011/2012, Studie zum Finanzwissen junger Erwachsener „Ohne Moos nix los – Wie junge Men-schen über Geld und Finanzen denken“ / „Typen für die Sendung“, WDR, Köln 2011/12 (Vortrag, wiss. Begleitung, Gutachten).

Oehler, A., 2011a, Behavioral Economics und Verbraucherpolitik: Grundsätzliche Überlegungen und Praxis-beispiele aus dem Bereich Verbraucherfinanzen; in: BankArchiv 59, 707-727.

Oehler, A., 2011b, Check Verbraucherpolitik & Verbraucherverhalten: Mehr Realismus, mehr Verbraucher-beteiligung, mehr Unabhängigkeit?!; Parlamentarischer Abend, Berlin.

Oehler, A., 2011c, Wie entscheiden Verbraucher und welchen Einfluss haben sie auf den Markt?; Konferenz Verbraucherpolitik, Berlin.

Oehler, A., 2012a, Klar, einfach, verständlich und vergleichbar: Chancen für eine standardisierte Produktin-formation für alle Finanzdienstleistungen. Eine empirische Analyse; in: ZBB Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft 24, 119-133.

Oehler, A., 2012b, Anbieter- und verbrauchergerechte Beratung und Information, Mehr Anlegerschutz durch standardisierte Beratungsprotokolle und Produktinformationsblätter, Studie im Auftrag des MLR Ministe-rium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden Württemberg, des SparkassenVerband Baden-Württemberg, des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband e.V., Bamberg/Stuttgart.

Oehler, A., 2012c, Bei Abschluss: Verlust? Das Ende vom Anfang einer Vorsorge: Milliardenschäden durch fehlgeleitete Abschlüsse von Kapitallebens- und Rentenversicherungen; in: VuR Verbraucher und Recht 27, 429-433.

Oehler, A., 2012d, Verbraucherbildung ja!: Aber welche?, Eröffnungsvortrag, Zweite Netzwerkkonferenz: „Verbraucherbildung - Konsumkompetenz stärken“, Berlin.

Oehler, A., 2012e, Die Verbraucherwirklichkeit: Mehr als 50 Milliarden Euro Schäden jähr¬lich bei Altersvor-sorge und Verbraucherfinanzen. Befunde, Handlungsempfehlungen und Lösungsmöglichkeiten, Gutach-ten im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90 Die Grünen, Berlin/Bamberg.

Oehler, A., 2013a, Neue alte Verbraucherleitbilder: Basis für die Verbraucherbildung?, Vortrag, HaBiFo-Jah-restagung Ethik – Konsum – Verbraucherbildung, Paderborn, Februar 2013; zugleich erschienen in: HiBiFo Haushalt in Bildung und Forschung 2, 44-60.

Oehler, A., 2013b, Verbraucher und Wirtschaft: Modellwelten oder Realität? Lei d (t) bilder, Mythen und Lö-sungen, Vortrag, 1. Fachforum des Netzwerks Verbraucherforschung des BMELV „Alternativen zum In-formationsparadigma der Verbraucherpolitik“, zeppelin uni¬versität, Friedrichshafen, Januar 2013; zu-gleich erschienen in: JVL Journal für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit 8, 234-240.

Oehler, A., 2013c, Labeling & Co – Wegweiser, Irreführung oder Wettbewerbsanreiz?; in: EMF Spectrum 3, 31-34.

Oehler, A., 2014, Testen der Tester?: Grundsätze ordnungsgemäßen Testens!, Generally Accepted Testing Principles; in: Wirtschaftsdienst 94, Heft 6, 444-447.

Oehler, A., 2015a, Good consumer information: The information paradigm at its (dead) end? Invited Talk, Workshop Where is law going if it is not going behavioral?, European University Institute, EUI, Florence, Italy, January 22-23.

Oehler, A., 2015b, Privat vorsorgen: Wohnt jedem Anfang ein Zauber inne?, Interdisziplinärer Workshop Private Altersvorsorge, Universität Gießen / Universität Marburg, Schloss Rauischholzhausen, Invited Talk, 25./26. Juni.

Oehler, A., 2015c, Kontrollierte Mindestanforderungen für Verbraucher-Finanzprodukte!; in: 5. Forum für Verbraucherrechtswissenschaft, 11. Bayreuther Forum für Wirtschafts- und Medienrecht, Bayreuth (forthcoming).

Oehler, A., 2015d, Digitale Welt und Finanzen. No Cash? Chancen und Risiken im Zahlungsverkehr unter einer Digitalen Agenda, Bamberg.

Oehler, A., 2015e, Digitale Welt und Finanzen. (Nicht) Beraten und verkauft? Chancen und Risiken der On-line-Beratung und -Information am Beispiel Verbraucherfinanzen, Bamberg.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

56

Oehler, A., 2015f, Risiko-Warnhinweise in Kurzinformationen für Finanzdienstleistungen. Eine empirische Analyse, ZBB Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft 27, 208-212.

Oehler, A., 2015g, Nudging, WiSt Wirtschaftswissenschaftliches Studium 44, 589-593.

Oehler, A., 2015h, Alles digital? Zur Akzeptanz innovativer Geschäftsmodelle im Digitalen Zahlungsverkehr und Schlussfolgerungen für die Verbraucherpolitik; in: Wirtschaftsdienst 95, Dezember 2015 (forthcoming).

Oehler, A., 2015i, Beratung digital? Chancen und Risiken der Online-Beratung, Bamberg.

Oehler, A., Höfer, A., Wendt, S., 2011, Von Konsumenten & Anbietern. Herausforderungen der Verbraucher-politik im digitalen Zeitalter, in: uni.vers Forschung, Mai, 28-31.

Oehler, A., Höfer, A., Wendt, S., 2014, Do Key Investor Information Documents Enhance Retail Investors’ Understanding of Financial Products? Empirical Evidence; in: Journal of Financial Regulation and Com-pliance 22, 2014, 115-127.

Oehler, A., Kohlert, D., 2009, Financial Advice Giving and Taking - Where Are the Market´s Self Healing Powers and a Functioning Legal Framework When We Need Them?, in: Journal of Consumer Policy 32, 91-116.

Oehler, A., Kohlert, D., Jungermann, H., 2009, Zur Qualität der Finanzberatung von Privatanlegern: Pro-bleme des Beratungsprozesses und Lösungsansätze, Stellungnahme des wissenschaftlichen Beirats für Verbraucher- und Ernährungspolitik beim BMELV, Berlin.

ÖKO-TEST, 2013, Vergleichsportale. Vergleichen lohnt sich, 27.9.2013, http://www.oekotest.de/cgi/index.cgi?artnr=11939&gartnr=91&bernr=21; zuletzt abgerufen am 6.9.2013.

Paul, S., 2014, Wissen und Handeln 13, ifk, Bochum.

Penzel, H.-G., 2015, Kolumne, FinTechs: Fluch und Segen für die Banken; in: BIT Banking and Information Technology 16, 9-12.

Pigeot, I., Schauer, S., 2014, Bereits allgegenwärtig. Große Datensammlungen im Gesundheitswesen; in: Forschung & Lehre 21, 708-709.

Postbank, 2015a, Deutsche sind 40 Stunden pro Woche im Internet, https://www.postbank.de/postbank/pr_presseinformation_2015_08_07_postbank_deutsche_sind_vierzig_stunden_pro_woche_im_internet.html; zuletzt abgerufen am 30.9.2015.

Postbank, 2015b, Junge Deutsche geniessen hohen Lebensstandard, https://www.postbank.de/postbank/pr_presseinformation_2015_08_20_postbank_studie_junge_deutsche_geniessen_hohen_lebensstandard.html; zuletzt abgerufen am 23.9.2015.

Postbank, 2015c, Digitale Deutsche bei Finanzen konservativer als der Bundesdurchschnitt, https://www.postbank.de/postbank/pr_presseinformation_2015_09_10_postbank_studie_digitale_deutsche_bei_finanzen_konservativer_als_der_bundesdurchschnitt.html; zuletzt abgerufen am 23.9.2015.

Postbank, 2015d, Der digitale Deutsche und das Geld, August, Bonn.

Postbank, 2015e, Der digitale Deutsche und das Geld, Infografik Anlegerverhal-ten,https://www.postbank.de/postbank/docs/Postbank_Infografik_Anlageverhalten.jpg; zuletzt abgerufen am 23.9.2015.

PwC, 2014, Mobile Payment in Deutschland 2020, PricewaterhouseCoopers, München.

Raab, G., 1998, Kartengestützte Zahlungssysteme und Konsumentenverhalten, Beiträge zur Verbraucherforschung 34, Duncker & Humblot, Berlin.

Raab, G., Reisch, L. A., 2014, Kaufverhalten und Zahlungssysteme; in: Wirtz, M. A. (Hg.), Dorsch Lexikon der Psychologie, 17. Aufl., Huber, Bern, 857.

Ratzesberger, P., 2015, Ökonomie des Teilens, Süddeutsche Zeitung, 4.4.2015, 25.

Reifner, U., 2015a, Wegweiser Finanzberatung, http://www.wegweiser-finanzberatung.de/beratertypen/einleitung/was-dieser-teil-der-webseite-leisten-kann/; zuletzt abgerufen am 6.9.2015.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

57

Reifner, U., 2015b, Beratertypen, http://www.wegweiser-finanzberatung.de/beratertypen/vergleich/?check-1=1&check-2=1&check-3=1&check-4=1&check-5=1&check-6=1&no_cache=1; zuletzt abgerufen am 6.9.2015.

Reifner, U., 2015c, Links zu weiteren Webseiten und Vergleichsportalen, http://www.wegweiser-finanzberatung.de/beratung/uebersicht/weiterfuehrende-informationen/; zuletzt abgerufen am 6.9.2015.

Riedl, T., 2015, Mein Berater, der Computer, Süddeutsche Zeitung, 19.3.2015, 25.

ROPO Initiative, 2008, ROPO: Research Online - Purchase Offline in der Touristik, Ergebnisse Impulsstudie, www.v-i-r.de/download-mafo-ropo/ROPO_Impulsstudie_2008.pdf; zuletzt abgerufen am 30.9.2015.

Salzmann, B., 2009, Beraten und verkauft, Frankfurter Rundschau, 17.3.2009.

Schiereck, D., 2015, Digitale Dienstleistungen im Vormarsch; in: Wissenschaft für die Praxis – Mitteilungen 79, 2015, 4.

Schneider, M., 2014, DIVSI Studie „Daten – Ware und Währung“; in: DIVSI magazin, Heft 4/Dezember, 14-16.

Schneider, M., 2014, DIVSI Studie „Daten – Ware und Währung“; in: DIVSI magazin, Heft 4/Dezember, 14-16.

Schreiber, M., 2015a, Im Versuchslabor, Süddeutsche Zeitung, 5.6.2015, 21.

Schreiber, M., 2015b, Das große Sterben, Süddeutsche Zeitung, 24.7.2015, 18.

Schreiber, M., 2015c, Fremdgehen wird teuer, Süddeutsche Zeitung, 9.7.2015, 19.

Steria, 2014a, Potenzialanalyse Mobility, Hamburg.

Steria, 2014b, Potenzialanalyse Big Data Analytics, Hamburg.

Stiftung Warentest, 2015a, Fremde Welt für Sparer; in: Finanztest, Heft 9, 38-41.

Stiftung Warentest, 2015b, Kunden zahlen nicht mehr als im Internet und sparen Zeit, https://www.test.de/presse/pressemitteilungen/Reisebueros-Kunden-zahlen-nicht-mehr-als-im-Internet-und-sparen-Zeit-4808622-0/; zuletzt abgerufen am 30.9.2015.

Stössel, R., 2015, Willingness to be financially informed and the benefits of nudging investors to do so, Working Paper, University of Zurich.

Terliesner, S., 2015, Wenn die Zweigstelle leer bleibt; in: Bankmagazin 64, 12-18.

Toller, A., 2015, Die Banken rennen PayPal hinterher; in: Wirtschaftswoche, 27.3.2015, http://www.wiwo.de/unternehmen/banken/online-bezahlung-die-banken-rennen-paypal-hinterher/11567920.html; zuletzt abgerufen am 29.8.2015.

Toller, A., 2015, Die Banken rennen PayPal hinterher; in: Wirtschaftswoche, 27.3.2015, http://www.wiwo.de/unternehmen/banken/online-bezahlung-die-banken-rennen-paypal-hinterher/11567920.html; zuletzt abgerufen am 29.8.2015.

TUI, 2013, Jede zweite Buchung beginnt im Internet und endet im Reisebüro, http://unternehmen.tui.com/de/newsroom/pressemeldungen/2013/Oktober/02_google_studie; zuletzt ab-gerufen am 30.9.2015.

Vater, D., Bergmann, M., 2015, Die Zukunft gehört dem Omnikanal; in: ZfgK Zeitschrift für das gesamte Kre-ditwesen 68, 289-292.

VK, 2011, Vom Labelmissbrauch zu Vertrauenslabeln, Stellungnahme der Verbraucherkommission Baden-Württemberg, 18.2.2011, Stuttgart.

VK, 2013, Vergleichsportale im Internet – Transparenz schaffen, Verbrauchertäuschung verhindern, Stel-lungnahme der Verbraucherkommission Baden-Württemberg, 19.3.2013, Stuttgart.

Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), Stand: Neugefasst durch Bek. v. 2.1.2002 I 42, 2909; 2003, 738; zuletzt geändert durch Art. 16 G v. 29.6.2015 I 1042.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

58

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche BGBEG, Ausfertigungsdatum: 18.08.1896, vom 21. Sep-tember 1994 (BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061), Stand: Neugefasst durch Bek. v. 21.9.1994 I 2494; 1997, 1061; zuletzt geändert durch Art. 179 V v. 31.8.2015 I 1474.

Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz - KWG), in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), Stand: Neugefasst durch Bek. v. 9.9.1998 I 2776; zuletzt geändert durch Art. 339 V v. 31.8.2015 I 1474

Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz - VVG) vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631), Stand: Zuletzt geändert durch Art. 8 Abs. 21 G v. 17.7.2015 I 1245.

Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz - WpHG) in der Fassung der Bekanntma-chung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2708), Stand: Neugefasst durch Bek. v. 9.9.1998 I 2708; zu-letzt geändert durch Art. 192 V v. 31.8.2015 I 1474

Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz - ZAG) vom 25. Juni 2009 (BGBl. I S. 1506), Stand: Zuletzt geändert durch Art. 16 G v. 15.7.2014 I 934.

Gesetz über die Deutsche Bundesbank (BBankG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Oktober 1992 (BGBl. I S. 1782), Stand: Neugefasst durch Bek. v. 22.10.1992 I 1782; zuletzt geändert durch Art. 23 G v. 4.7.2013 I 1981.

Gesetz über Vermögensanlagen (Vermögensanlagengesetz - VermAnlG) vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2481), Stand: Zuletzt geändert durch Art. 8 Abs. 10 G v. 17.7.2015 I 1245

Gesetz zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente (Honoraranlagebe-ratungsgesetz) vom 15. Juli 2013.

Gesetz zur Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften der Zahlungsdiensterichtlinie (Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz) vom 25. Juni 2009 (BGBl. I S. 1506).

Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355).

Gewerbeordnung GewO in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202), Stand: Neugefasst durch Bek. v. 22.2.1999 I 202; zuletzt geändert durch Art. 275 V v. 31.8.2015 I 1474.

Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) vom 4. Juli 2013 (BGBl. I S. 1981), Stand: Zuletzt geändert durch Art. 8 Abs. 17 G v. 17.7.2015 I 1245.

Kleinanlegerschutzgesetz vom 3. Juli 2015 (BGBl. I S. 1114).

Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen, Entwurf für ein Finanzmarktnovellierungsgesetz, Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften aufgrund europäischer Rechtsakte (Finanzmarktno-vellierungsgesetz - FimanoG), 19.10.2015, http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Referentenentwuerfe/2015-10-19-novellierung-finanzmarktvorschriften-aufgrund-euorpaeischer-rechtsakte.html; zuletzt abgerufen am 25.10.2015.

Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie, 18.12.2014, http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Gesetze/RefE-Wohnimmobilienkreditrichtlinie.html;jsessionid=119E4E07732144695A99A5FFC767B78C.1_cid324?nn=1468620; zuletzt abgerufen am 28.9.2015.

Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zah-lungsdienste im Binnenmarkt.

Richtlinie 2009/110/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Auf-nahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten.

Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Fi-nanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (Neufassung).

Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler │ Digitale Welt und Finanzen. Zahlungsdienste und Finanzberatung unter einer Digitalen Agenda

59

Verordnung (EG) Nr. 974/98 des Rates vom 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro, Amtsblatt Nr. L 139 vom 11/05/1998 S. 0001 - 0005.

Verordnung über die Finanzanlagenvermittlung (Finanzanlagenvermittlungsverordnung - FinVermV) vom 2. Mai 2012 (BGBl. I S. Stand: Zuletzt geändert durch Art. 277 V v. 31.8.2015 I 1474.

Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVGInformationspflichtenverordnung - VVG-InfoV), vom 18. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3004), Stand: Zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 50 G v. 1.4.2015 I 434 das individuelle Produktinformationsblatt nach § 7 Absatz 1 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes.

Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapier-dienstleistungsunternehmen (Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung - WpDVerOV) vom 20. Juli 2007 (BGBl. I S. 1432), Stand: Zuletzt geändert durch Art. 7 G v. 3.7.2015 I 1114.

Vertrag über die Europäische Union (konsolidierte Fassung) - Vertrag über die Arbeitsweise der Europäi-schen Union (konsolidierte Fassung) - Protokolle - Anhänge - Erklärungen zur Schlussakte der Regie-rungskonferenz, die den am 13. Dezember 2007 unterzeichneten Vertrag von Lissabon angenommen hat - Übereinstimmungstabellen, Amtsblatt Nr. C 326 vom 26/10/2012 S. 0001 - 0390.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Zahlungsdienste im Binnen-markt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2013/36/EU und 2009/110/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG.