5
Diskussion zu Teil ili WOLF, Bonn (Disk u,ssionsbeitra,g) Unsere Erfahrungen mit den Genta- mycin-PMMA-Ketten ur~d -Kugeln sind noch sehr jung, aber bisher durchaus als gut zu bezeichnen. So bestand bei d.iesem 55j~hrigen Patienten (Abb. 1) eine chronische Osteomyelitis nach Sch,ulterschu6bruch links w~hrend des Krieges. Es kam zur station/]ren Auf- nahme mit fief eingezogenem Fistel- gang an der Au6enseite tier linken Schul'ter, aus der sich massiv Eiter ent- leerte. Wir haben das Gelenk er6ffnet. Es fand sich eine groSe Absze6hShle im Be- reich des zerstSrten Schultergelenkes. Die Markh6hle des Oberarmschaftes war verschlossen, der Knochen selbst wurde nur angefrischt, dann eine Ket- te eingelegt. Die Wur~de heilte primer. Der Patient ist seitdem schmerzfrei. Er lehnte die Entfernung der Kette ab. Wir sind uns bisher noch nicht schliJs- sig, wann wir die Ketten wieder ent- fernen sollen, wenn vollst~ndige Be- schwerdefreihent besteht, wie z.B. bei einem 35j~ihrigen Mann mit h~mato- gener Osteomyetitis des Oberschen- kels, die nach 21 ]ahren aufflackerte, oder bei einer 56j~ihrigen Frau mit einer Osteomyelitis des Schienbein- schaftes nach Spanentnahme vor 16 Jah- ren, bei der wit das ganze Schienbein schlitzen mu6ten. Auch die F~lle, in denen wir tempor~ir Gentamycin-PMMA-Ketten und-Kugeln eingelegt haben, sind bisher zufrieden- stellend verlaufen. Es handelt sich je- weils um Fisteleiterungen bei posttrau- matischer Osteomyelitis. Eine erneute Fi.stelung ist nicht aufgetreten. NatiJr- Abbildung 1 Chronische Osteomyelitis nach Schulterschu6bruch links und Versorgung mlt Gentamycin-PMMA- Ketten. Abbildung 2 Ausfi~llung einer infizierten totalerl Kniegelenks- endoprothese mit Gentamycin-PMMA-Kugeln. Abbildung 3 Zustand nach prim~rer Wundheilung. ITch reicht die Beobachtungszeit noch nicht aus, um EndgLJltiges aussagen zu konnen. Zum Schlu6 m6chte ich Ihnen noch einen besonders sch6nen Fall zeigen, bei dem es sich um eine infizierte, to- tale Kniegelenksendoprothese han- delt (Abb. 2). Wir haben die Prothese entfernt, dann mangels Nachschubs eigene PMMA- Ketten gefertigt, mit diesen die Mark- h6hlen tamponiert und eine Arthrodese des Kniegelenkes mit Fixateur Externe durchgef(Jhrt. Die Arthrodese wurde ohne jeg liche Komplikation fest (Abb. 3) bei prim~rer Wundheilung. Auch in die- sere Fall beabsichtigen w ir, die Genta- mycin-PIMMA-Ketten zu belassen. Wir haben bisher noch in keinem Fall allergische Reaktionen beobachtet. KANTOR, Wi,en (Diskussionsbeitrag) Die von uns im orthop~dischen Spital bisher behandelten F~lle best~tigen das hier berichtete positive Ergebnis dieser Methode. Es kam auch bei uns in allen F~llen zur erwOnschten p.p. Heilung, und die Patienten sind - nach durchschnittlich 1/2 Jahr - rezidivfrei. Da aber sowohl die Fallzahl gering als auch die postoperative Nachbeobach- tungszeit (fOr die chron. Osteomyelkis) relativ kurz ist, ist derzeit eine Aus- sage, vor allem im Hinblick auf die durchgef0hrten Ma6nahmen, noch nicht endgOltig mSglich. Dazu einige Probleme zur Diskussion. Ein Problem i.st die Spongiosierung nach Einbringen der Ketten. Nach durchschnittlich 50 Tagen sahen wir in keinem Fall eine makroskopische Spon- giosierung. In 2 F~llen sahen wir ledig- lich Granulationsgewebe, und nur in einem Fall gab es histologische Anhalts- punkte for eine Spongiosierung (es wurde hier das Auftreten unreifer Fa- serknochen beschrieben). Meine Frage: Soil man nach Entfernung der Ketten eine vielleicht spontan auftretende Spongiosierung abwarten (Abb. 1) und sich erst dann zu einer Plastik ent- entschlie6en? Anschlief3end noch ein operationstech- nisches Problem (Abb. 2), Es bestand eine chronische Unterschenkelosteo- myelitis mit einem Herd im Schienbein- kopf, der durch eine deutliche Sklerose yon den distalen Qbrigen Ver~]nderun- gen abgegrenzt war. Soil man nun bei der Sanierung nur den Tibiakopfherd mit Ketten auffQIlen oder von hier auch nach distal in den pathologisch ver~n- derten Schaft vordringen? 54

Diskussion zu Teil III

  • Upload
    wolf

  • View
    218

  • Download
    6

Embed Size (px)

Citation preview

Diskussion zu Teil ili

WOLF, Bonn (Disk u,ssionsbeitra,g)

Unsere Erfahrungen mit den Genta- mycin-PMMA-Ketten ur~d -Kugeln sind noch sehr jung, aber bisher durchaus als gut zu bezeichnen. So bestand bei d.iesem 55j~hrigen Patienten (Abb. 1) eine chronische Osteomyelitis nach Sch,ulterschu6bruch links w~hrend des Krieges. Es kam zur station/]ren Auf- nahme mit fief eingezogenem Fistel- gang an der Au6enseite tier linken Schul'ter, aus der sich massiv Eiter ent- leerte.

Wir haben das Gelenk er6ffnet. Es fand sich eine groSe Absze6hShle im Be- reich des zerstSrten Schultergelenkes. Die Markh6hle des Oberarmschaftes war verschlossen, der Knochen selbst wurde nur angefrischt, dann eine Ket- te eingelegt. Die Wur~de heilte primer. Der Patient ist seitdem schmerzfrei. Er lehnte die Entfernung der Kette ab.

Wir sind uns bisher noch nicht schliJs- sig, wann wir die Ketten wieder ent- fernen sollen, wenn vollst~ndige Be- schwerdefreihent besteht, wie z.B. bei einem 35j~ihrigen Mann mit h~mato- gener Osteomyetitis des Oberschen- kels, die nach 21 ]ahren aufflackerte, oder bei einer 56j~ihrigen Frau mit einer Osteomyelitis des Schienbein- schaftes nach Spanentnahme vor 16 Jah- ren, bei der wit das ganze Schienbein schlitzen mu6ten.

Auch die F~lle, in denen wir tempor~ir Gentamycin-PMMA-Ketten und-Kugeln eingelegt haben, sind bisher zufrieden- stellend verlaufen. Es handelt sich je- weils um Fisteleiterungen bei posttrau- matischer Osteomyelitis. Eine erneute Fi.stelung ist nicht aufgetreten. NatiJr-

Abbildung 1 Chronische Osteomyelitis nach Schulterschu6bruch links und Versorgung mlt Gentamycin-PMMA- Ketten.

Abbildung 2 Ausfi~llung einer infizierten totalerl Kniegelenks- endoprothese mit Gentamycin-PMMA-Kugeln.

Abbildung 3 Zustand nach prim~rer Wundheilung.

ITch reicht die Beobachtungszeit noch nicht aus, um EndgLJltiges aussagen zu konnen.

Zum Schlu6 m6chte ich Ihnen noch einen besonders sch6nen Fall zeigen, bei dem es sich um eine infizierte, to- tale Kniegelenksendoprothese han- delt (Abb. 2).

Wir haben die Prothese entfernt, dann mangels Nachschubs eigene PMMA- Ketten gefertigt, mit diesen die Mark- h6hlen tamponiert und eine Arthrodese des Kniegelenkes mit Fixateur Externe durchgef(Jhrt. Die Arthrodese wurde ohne jeg liche Komplikation fest (Abb. 3) bei prim~rer Wundheilung. Auch in die- sere Fall beabsichtigen w ir, die Genta- mycin-PIMMA-Ketten zu belassen.

Wir haben bisher noch in keinem Fall allergische Reaktionen be obachtet.

KANTOR, Wi,en (Diskussionsbeitrag)

Die von uns im orthop~dischen Spital bisher behandelten F~lle best~tigen das hier berichtete positive Ergebnis dieser Methode. Es kam auch bei uns in allen F~llen zur erwOnschten p.p. Heilung, und die Patienten sind - nach durchschnittlich 1/2 Jahr - rezidivfrei.

Da aber sowohl die Fallzahl gering als auch die postoperative Nachbeobach- tungszeit (fOr die chron. Osteomyelkis) relativ kurz ist, ist derzeit eine Aus- sage, vor allem im Hinblick auf die durchgef0hrten Ma6nahmen, noch nicht endgOltig mSglich.

Dazu einige Probleme zur Diskussion.

Ein Problem i.st die Spongiosierung nach Einbringen der Ketten. Nach durchschnittlich 50 Tagen sahen wir in keinem Fall eine makroskopische Spon- giosierung. In 2 F~llen sahen wir ledig- lich Granulationsgewebe, und nur in einem Fall gab es histologische Anhalts- punkte for eine Spongiosierung (es wurde hier das Auftreten unreifer Fa- serknochen beschrieben). Meine Frage: Soil man nach Entfernung der Ketten eine vielleicht spontan auftretende Spongiosierung abwarten (Abb. 1) und sich erst dann zu einer Plastik ent- entschlie6en?

Anschlief3end noch ein operationstech- nisches Problem (Abb. 2), Es bestand eine chronische Unterschenkelosteo- myelitis mit einem Herd im Schienbein- kopf, der durch eine deutliche Sklerose yon den distalen Qbrigen Ver~]nderun- gen abgegrenzt war. Soil man nun bei der Sanierung nur den Tibiakopfherd mit Ketten auffQIlen oder von hier auch nach distal in den pathologisch ver~n- derten Schaft vordringen?

54

A

!;

W.R.~

J Akute Schienbeinkopfosteomyelitis. Kettenentfernung nach 6 Wochen, nach 4 Mo- naten spontane AuffLillung der H6hle

Abbildung 2 Chron[sche Unterschenkelosteomyelitis, Cavum im Tibiakopf. AufffJNen der HShle nach radikaler San(erung, nach 5 Wochen Entfernen der Ketten und sekund~re Spongiosaplastik - p. p. Verlauf und Heilung.

Abbildung 1

.

/

WILHELM, M~Jnchen 1. Mir ist beim Vortrag von Herrn

WOLF ganz besonders aufgefallen, da6 hier 2 verschiedene Osteomye- litisformen Behandlung finden, n~m- lich die intramedull~ire, d.h. die Markphlegmone, die abgeleitet wird, und zum anderen tier gro6e Defekt am Knochen, mit oder ohne Seque-

ster. Das sind 2 ganz verschiedene Dinge, denn bei der letzteren babe ich zus~tzlich einen Defekt, den ich nachher noch decken mu~. Zu wel- chem Zeitpunkt werden die Ketten bei den beiden genannten Osteo- myelitisformen entfernt und bei der letzteren die Spongiosaplastik durch- durchgef0hrt?

2. Mir ist nicht ganz klar, warum man eigentlich eine Kette subkutar~ legen soil, wie das heute auch im Vortrag yon Herrn KLEMM anklang. Mir ist bei Behandlung yon Osteomyeliti- den noch niemals vorgekommen, da6 die Wunde selbst infiziert war, wenn man sie mit Situationsn~hten verschlie6t. Die Infektion kommt

55

meist sp~ter und aus der Tiefe. Pri- m~ir kommt es eigentlich selten zu einer Infektion im Bereich der Wun- de.

3. Herr KLEMM sprach von einer so- genannten retrograden Infektion. M.ir ist der Begriff der retrograden Infektion in diesem Zusammenhang nicht ganz klar. Kommt es etwa zu einer emeuten Infektion, v o n d e r ich mir aber nicht erkl~ren kSnnte, woher diese kommen soil?

KLEMM, Frankfurt In den F~illen, wo es sich alarum han- delt, eine infizi,erte Osteosyn'~hese bzw. da.s Lager einer infizierten Osteosyn- these zu sanieren, da wird man eben die Kette nur sehr kurzfristig bis zu 14 Tagen belassen, wobei die letzte Kugel der Kette fiber das Hautniveau hinausragt. Wie schon gesagt, wenn Sie I~nger warten, dann haben Sie ein- fach Schwierigkeiten beim Herauszie- hen, und Sie m(Jssen eventuell ein.e er- neute Operation anschliegen. Wenn eine infizierte Pseu,darthrose oder ein gr66erer Knochendefekt mit Min.der- bela,stungsf~higkeit des Knochens vor- liegen, werden die Sequester ausge- r~iumt und die Ketten vollst~nd,ig hin- eingelegt. In solchen F~ll,en belassen wir die Kette meistens ca. 2 Monate.

Eine exakte Zeit ffir diese F~ille anzu- geben, ist nicht sinrwotl, da ja eine Re-Intervention durchgeffihrt wird und dadurch Schwierigkeiten beim Heraus- ziehen der Ketten nicht zur l)isku,s.sion stehen. Wir sind manchmal gezwun- gen, sie etwas l~nger zu betassen, well wir solche Wartelisten auf unserer Ab- teilung haben, da6 wir den Patienten gar nicht nach zwei Monaten wieder aufnehmen kBnnen, um diesen fiktiven Zeitpunkt einzuhalten. Ich wurde vor- hin, und das kann ich bei dieser Ge- legenheit vielleicht noch anschliegen, gefragt, was ich denn mache, wenn groBe Knochendefekte bestehen und eine Weichteildeckung nicht vorhan.den ist. Das sin.d ja auch die F~ille, die yon Herrn BURRI immer wieder publiziert werden, weil er hierbei prim~re Spon- giosaplastik durchfLihrt. Nun, in sotchen F~llen wird ausgehBhlt, d.er Knochen angefrischt und in den Defekt hinein wird die !<ette eingeiegt. Wit nehmen da noch zus~itzlich Thrombinpulver, um wirklich ein festes Blutkoagei zu schaffen und decken mit Aeroplast spezial ab. In dem entstehenden festen Koagulum entstehen wiederum hohe Antibiotikakonzentrationen, die durch die Folie nicht abfliegen kBnnen. Wir belassen diese Spezialfolie fLir ca. 14 Tage. In der Zwischenzeit hat sich mei- stens ein sehr gutes Granufat[onsge- webe ausgebildet, und man kann dann

eine Spalthautlappendeckung auf die- sem Granulationsgewebe und auf dem Knochen selbst ausfLihren. Die Spon- giosaplastik wird dann von einem an- deren Zugang, yon der Seite oder yon hinten, durchgeffihrt.

Zur zweiten Frage: Warum ein.e Sub- kutan-Kette. Nun, wir haben eben doch manchmal gesehen, daf3 man eine ln- fektion in der Subkutanloge hat, vor allen Dingen, wenn es ein sehr dicker Weichteilmantel ist. Es ist eine sehr einfache Prophylaxe, die man mit den Ketten betreiben kann. Ober retrogra- de Infektion habe ich fiberhaupt nur gesprochen, als ich die Nachteile einer Massivplombe am Anfan.g meines Vor- trags herausgestellt habe. Es ist ein groBer Hohlraum, der zu Beg,inn di.eser ganzen Entwicklung mit Refobacin ~- Palacos ® massiv ausgeffillt worden ist. Unter diesem grof3en FremdkBrper kam es zu einem erneuten Fistelauf- bruch. So bestand eben eine Kommu- nikation zwischen der Hautoberfl~che und dem RiesenfremdkBrper. Dadurch ist es zu einer retrograden, n~]mlich yon auBen kommenden Infektion ge- kommen.

Bei dieser Gelegenheit mSchte ich noch auf einen weiteren wichtigen Faktor zu sprechen kommen. Wenn Si.e mal eine Kostenanalyse der verschiedenen Behandlun.gsmBglichkeiten durchffihren, werden sie einen weiteren ganz we- sentlichen Vorteil bei der Behandlung mit den Ketten erkennen. Frfiher haben wir bei ausgedehnten Osteomye[itiden immer eine Spfildrainag,e komb,iniert mit einer systemischen antibiotischen Behandlung. Wir haben n,iemals Anti- b iotika der SpfilflLissigkeit zugesetzt. Eine solche systemi.sche Behandlung, auch nur kurzfristig durchgeffihrt, mit einem Antibiotikum, das spezifisch wirk- sam ist auf Pyocyaneus, kostet inner- halb yon 7 Tagen Liber DM 2000.--, wenn Sie dagegen 2 Ketten nehmen, ca. 270.-- DM, was sehr kostengfin- stig ist.

SCHMIDT, Hamburg

fch habe noch 2 Fragen an Herrn KLEMM.

1. Er sagt, dab er 1 Stun.de vor der Operation Disulphine Blue ®~) spritzt, Wir haben bei unseren Versuchen, wobei wit unterstreich.en m~ssen, dab wir alle 34 F~ille, die wit bisher mit Gentamycin-PMMA-Ketten be- handelt haben, ebenfalls unter Di- sulphin.e-Blue-F~rbung operierten, festgestetlt, dab bereits ca. 45 Mi- nuten nach Spritzen, wahrscheinlich aufgrund von Diffusionsverh~ltnis-

4) Registriertes Warenzeichen der Imperial Chemical Industries (ICI) Ltd. Pharmaceuticals Division Macclesfield, Eng!and.

2.

sen, die avitalen Knochen nicht mehr vollst~ndig zu L~bersehen sind, so dab wir der Ansicht sind, man sollte den Farbstoff nur kLirzere Ze.it ein- wirken lassen (maximal 30 min.).

Warum ist Herr KLEMM inzwischen yon der friJher ge~iuBerten Meinung abgekommen, dab die Kugeln nicht permanent I.iegen bleiben sollen. Wetche Gr(inde haben ihn zu dieser Anderung veranlaBt.

CONTZEN, Frankfurt Zur letzten Frage dad ich auf meine Eingang.sworte verweisen. Dort habe ich im Prinzip Ihre Frage schon beant- wortet, lm Zusammenhang mit der kla- ren chirurgi.sch.en Aus,sage, dab Fremd- kBrper im potentiell infizi.erten Gewe- be nichts zu suchen haben, haben wir uns auf die baldige Entfernung der Gentamycin-PMMA-Kugein nach ErfLil- lung ihrer Aufgabe festge]egt.

KLEMM

Wichtig erscheint mir bei der Benutzung von Disulphine-Blue ® vor allen Din,gen, dab man in totaler Blutteere operiert, denn gera,de wenn der Knochen schon ei.ne g,ewisse Eboni,sierung a,ufweist, dann spielen schon kleinste Farbnuan- cen eine Rolle, um zwischen devitalem und v]talem Gewebe zu unt.erscheiden. Nach unseren Erfahrungen und einer Dosierung von ca. 30 ml sehen wir nach ca. 1 Stunde eine optimale V,ital- f~rbung. Bei niedrigerer Dosi,erung mug eben fr(Jher opedert werden.

Zu der ersten Frage yon Herrn SCHMIDT mBchte ich aber noch eine kurze Anmerkung machen. Wir haben mit dieser Entwicklung 1972 ang,efan- gen. Was wir Ihnen heute im Laufe des Tages vorgetragen haben, war das Ergebnis einer fiber 4j/]hrigen Ent- wicklung. AIs wir angefangen haben, sind wir yon ganz anderen Voraus- setzungen a,usgegangen. Frfiher haben wir ja letzten Endes a.uch schon O,steo- myelitis behandelt und ja auch mi¢ Er- folg. Mit a,n,deren Methoden, aber auch mit Erfolg. Es ist gar keine Frage, daf3 die chirurgische Intervention nach wie vor das Wichtig.ste ist und die B.ehand- lung mit Gentamycin-PMMA-Kugeln eben eine der vielen mBgl'ichen Zu- satztherapien, aJJerdings in un.seren Augen eine sehr effektive, ist.

Zu Anfang hatten wir auch gegtaubt, mit diesem neuen Verfahren Osteo- myel,itiden ausheilen zu kBnnen, die au,s dem Zweiten Weltkrieg stammen. Auch bei solchen Patienten, die ja die Chiru'rgen leider immer wieder auf- suchen miJssen, haben wir die HShlen re.it Kuge[n ausgef5Ilt. H.eute kann ich nur dringend davor warnen. Patienten

56

mit solchen Osteomyelitiden k6nnen auch mit dieser Methode nicht ausge- heilt werden, wenn eine sehr erheb- liche Ebonisierung des Knochens in- zwischen eingetreten und keme Re- generationsf{ihigkeit mehr mBglich ist.

WAHLIG, Darmstadt

Ich m6chte auf die beiden Fragen aus dem Vortrag von Herrn WINKELMANN eingehen und versuchen eine Antwort zu geben.

1. Wie h~ufig ist mit Resistenzentwick- lungen zu rechnen?

2. Ist es sinnvoll, Gentamycin-PMMA- Kugeln bei prim~irer Gentamycin- Resistenz zu implantieren?

Die 2. Frage ist sicher zu verneinen. NatLirlich wird man bei einer nachge- wiesenen Resistenz gegen Gentamycin nicht in dieser Form behandeln. Ich m6chte noch einmal empfehlen, bei im Liblichen Antibiogramm resistenten St~immen eine MHK-Bestimmung zu machen und die Sensibi!it~tsbeurtei- lung an den in vivo erreichbaren Kon- zentrationen zu orientieren.

Nun zu Ihren theoretischen ~,u6erun- gen beztJglich der Resistenzentstehung unter der Therapi.e. Diesen kann ich mich nicht ganz anschliegen. Entschei- dend fiJr die Klinik ist ja nicht, dab irgendwann ein Keim mutiert, sondern vielmehr, dag es einen Selekfionsme- chanismus gibt, der eben diesen Keim so f6rdert, dab er zu einer resistenten Population heranwachsen kann. Erst dann wird die Resistenz zum klinischen Problem. Grunds~itzlich ist nicht auszu- schlieGen, dab es zu einer Mutation kommen kann. Allerdings lie gt die Mu- tationsf~ihigkeit nur etwa bei 10 ̀4 bis 10 -1°, d.h. in einer Population von z.B. 108 Keimen kann 1 Keim mutieren. Nur dieser eine Keim kann bei entsprechen- dem Selektionsdruck zu einer resisten- ten Population heranwachsen. D[eser Selektionsmechanismus tritt auf bei der Iokalen topischen Anwendung yon An- tibiotika und auch bei systemischer Gabe, die mit einem Wechsel zwischen hohen und niedrigen Konzentrationen einhergeht, wobei die hohen Konzen- trationen die resistenten Keime selek- tieren. Abet gerade bei der Freiset- zung sehr hoher Konzentrationen und iangsamem Ab~al~ fehit diese SeJek- tion. Weiterhin haben wir in experi- mentellen Untersuchungen zeigen k6n- hen, dab Konzentrationen um die MHK oder subinhibitorische Konzentrationen nicht zu einer Resistenzentwicklung fL~hren.

SOSSINKA, Murnau Ich m6chte noch eine kurze Bemerkung machen, was hier Liber m6gliche gegen

Refobacin: unempfmdl;che Keime und die Therapie mit Kugein gesprochen wurde. Bei unseren (Jber 100 ausge- werteten F~llen kam es einmal vor, dab wir klinisch einen Erfoig sahen bei einem, ,,angeblich" sage ich dazu, unempfindlichen Keim. Auf der anderen Seite haben wir einmal im Kugellager nach Entnehmen der Kugeln einen ge- gen Refobacin empfindlichen Keim nachweisen k6nnen. Ob da nicht auch Fehier in der Keimbestimmung vorlie- gen k6nnen, m6chte ich noch dahin- gestellt sein lassen.

WAHLIG Sicher, es kann auch Fehler in der Keim- bestimmung geben, es gibt aber auch einen Keimwechsel. Ich m6chte noch eine Frage an Herrn WINKFLMANN stellen: Sie haben bei 3 Patienten von resistenten Keimen odervon resisten- ten Mischinfektionen gesprochen. Um welche Keime handelte es sich, haben Sie die MHK bestimmt, und sind die angeblich unter der Therapie resistent gewordenen Keime typisiert worden? Wir wissen aus fr0heren Untersuchun- gen, zusammen mit BUCHHOLZ, dab es auch beim Austausch infizierter HLift- endoprothesen sp~ter zu einer Reinfek- tion oder Neuinfektion kam. Eine Resi- stenzentwicklung wurde dabei nicht beobachtet, leider sind die Keime aber auch nicht typisiert worden.

Es w~re nafiJrlich hochinteressant, wenn man Keime zu Beginn der Infek- tion und bei sp~iteren Rezidiven, sowie solche, die unter cler Therapie nach- weisbar blieben, isolieren und typi- sieren wLirde. Dann w~re ganz klar zu entscheiden, ob es noch der gleiche Keim ist und ob eine Resistenzentwick- lung erfolgte.

WINKELMANN, Heidelberg Es war einmal Staphylococcus, einmaI Proteus und einmal Pseudomonas. Zwei- mal lag hier vorher eine unterschiedli- che Mischinfektion vor. Die Keime sind zwar dutch Abstrich bestimmt, aber nicht typisiert worden, auch nachher nicht.

KAUSE, NOrnberg Wir haben !ediglich yon dem Kollegen aus Straf3burg geh6E, dab er auf einer septischen Station arbeitet. Ist es prin- zipiell so, da6 auch bei diesem Be- handtungsverfahren die Patienten auf einer septischen Station isoliert werden oder nach der Behandlung auf eine Normatstation L~berfLihrt werden, wenn man davon ausgeht, dab sie saniert sind. Wir sind n~mlich in NLirnberg ge- fade dabei, eine septische Station ein- zurichten mit KleiderschJeuse usw.

We]che Wertigkeit hat diese Einrichtung Oberhaupt ftJr diese neue Behandlungs- methode. Macht man das nebenbei auf einer Normalstation oder isoliert man dle Patienten?

CONTZEN Diese Patienten sind primer septisch. Sie haben ihren Knocheninfekt, werden also auf der septischen Abteilung be- handelt. Die Patienten, bei denen bak- teriologisch und kiinisch die Qsteo- myelitis nicht mehr faBbar ist, werden auf der aseptischen Station weiterbe- handelt.

KLEMM Zu Beginn der antibiotischen Aera wurden in den KrankenhBusern die septischen Stationen geschlossen bzw. nicht mehr errichtet. Das war ein fata- ler Trugschlu6, und es w~re noch fata- ter, wenn jetzt der Einbau einer septi- schen Station unterbliebe, nur unter dem Eindruck, da13 die Kugeln hier vielleicht eine neue antibiotische Thera- pie mit neuer groger Hoffnung brin- gen w0rden.

LOB, MLinchen Herr KLEMM, Sie haben gerade die In- dikation etwas eingeschr~nkt, indem Sie die alten Osteornyelitiden aus dem Krieg angesprochen haben. K6nnten Sie evtl. noch einmal pr~izisieren, bei threr gro6en Erfahrung, welchen Spie[- raum Sie der Methode geben. Und zum zweiten, w~ire es m6glich, bei Ihren 520 F~llen vielleicht kurz etwas Liber die Statistik zu sagen, ob die ~ihnlich liegt wie in Murnau?

KLEMM Wir bem~Jhen uns zur Zeit, unsere F~I- Je statistisch auszuwerten. Eine erste Auswertung yon 323 FB]]en yon insge- saint Liber 500 F~illen iiegt vor. Von den 323 Patienten sind 272 m~nnlich und 51 weiblich. Das Durchschnittsalter betr~gt 42 Jahre. Eine Fistel war bei 285 Patienten vorhanden. Die AufschILis- selung nach den einzelnen Diagnosen ergibt folgendes Bild:

1. Osteomyelitische H6hle, 165 F~ille 2. tnfizierte Osteosynthese, 68 F~lie 3. tnfizierte Pseudarthrose, 40 F~l!e 4. Weichteilinfektion, 29 F~ilIe 5. Sonstiges, 20 F~ille

Ein prim~rer Wundheilungserfolg konn- te in 65% der F~lle erziett werden. Sekund~irheilung konnte bei weiteren 33% der F~ille erreicht werden.

An dieser Stelie m6chte ich jedoch be- tonen, da6 der Wert der Methode sta- tistisch nur schwer zu ermitteln ist.

57

Wenn nach tempor~rer Implantation der Ketten fur die Dauer von 14 Tagen eine Fistel eintritt, dann ist zun~chst an verbliebene Sequester, die manchmal wegen ihrer geringen Gr6ge r6ntgeno- Iogisch gar nicht erfalgt werden, zu denken. Erh.ebliche Eburnisierung des Knochens mit ausgedehnter bakterieller Durchseuchung des nahezu devitalen Knochens kann eine weitere Ursache sein. Wie die Erfahrung gezeigt hat

und wie wir hier auch herausgestellt haben, ist das Verfahren als Alternative zur SpiJi-Saug-Drainage anzusehen. Ich kenne keine Statistik, in der der Wert der SpiJI-Saug-Dra;nage heraus- geste]lt, d.h. statistisch belegt wird, und doch hat die SpiJbSaug-Drainage re.it gutem Grund als wertvolles Be- handlungsverfahren eine weItweite Ver- breitung gefunden. Beide Verfahren ~ndern nichts an dem schicksaihaften

Vedauf der chronischen Osteomyelitis. Die Gentamycin-PMMA-Kugeln sind nicht die Steine des Weisen, aber sie stellen eine erhebliche Erleichterung in der Behandlung fiJr den Patienten und in der Pflege fiJr das Personal dar. Kostenersparnis und eine Verbesserung der Krankenhaushygiene durch Elimi- nierung der Na6keime sind weitere entscheidende Vorteile.

58