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54 MOBIL u DIGITAL Donnerstag, 11. Februar 2010 u Nr. 34 Neuö Zürcör Zäitung META-TAG Von Menschen und Affen Stefan Betschon u Die Informatik pro- duziert laufend neue Wörter, nicht ein- fach nur Akronyme und Fachbegriffe, die niemanden etwas angehen, sondern auch Wörter, die wichtige neue Aspekte des Menschseins fassbar machen. Die meisten dieser Wörter verschwinden rasch wieder, weil die Technik und ihr sozialer Gebrauch sich verändern. «Da- tenfernübertragung» ist so ein Wort, das zusammen mit dem Zischen und Krei- schen der Analogmodems und den Bulletin Board Systems dem Vergessen anheimgefallen ist. Es gibt aber auch Wörter, die bleiben. «Unfriend» könnte so ein Wort sein. Dieses Tätigkeitswort habe das Zeug, lange zu überleben, glauben die Sprachwissenschafter des «New Oxford American Dictionary». Sie haben es deshalb zum Wort des Jah- res 2009 gewählt. Es bedeutet, in einem sozialen Netzwerk jemandem die Freundschaft zu kündigen. Interessant ist an diesem Wort nicht nur die Negation, nicht nur die Ände- rung der Wortart – das englische Sub- stantiv verwandelt sich in ein Verb –, sondern auch die Veränderung der Semantik: Freund ist nicht mehr ein Mensch, den man persönlich kennt, son- dern ein Hyperlink und ein daumen- nagelgrosses Bildchen, das für alle sicht- bar die eigene Facebook-Seite schmückt, ein Statussymbol, das öffent- lich die eigene Bedeutung demonstriert. Deshalb gibt es auch Progrämmchen wie Friendflood, die einem – gegen Ent- gelt – viele virtuelle Freunde beschaf- fen. Facebook-Mitglieder haben eine Widerstandsgruppe gegründet, um ge- gen die auf 5000 angesetzte Limitierung der Zahl der Freunde zu protestieren. Der britische Wissenschafter Robin Dunbar, bis 2007 Professor für evolutio- näre Psychologie in Liverpool, hat bei der Beschäftigung mit Affen heraus- gefunden, dass das Gehirn von Prima- ten nicht beliebig viele Sozialkontakte verarbeiten kann. Menschen hält er für fähig, mit 150 Freunden, Bekannten und Verwandten umzugehen. «Unfriend» hilft uns jetzt, aus dem Cyberspace wie- der zurück in die Wälder zu kommen. Bilder als Brücke vom Papier zum Web Mit ähnlichen Verfahren verlinken das Startup Kooaba und Google geknipste Fotos mit Informationen Apps für Handys erlauben mit- tels fotografierter Strichcodes Informationen aus dem Web ab- zurufen. Die Technik ist nicht neu, hat sich aber nicht durch- gesetzt. Nun setzt eine Schweizer Firma auf Bilder statt Codes, diesen Ansatz testet auch Google. Claude Settele Mit einer Technik des ETH-Spin-off Kooaba erhält das Sprichwort «Ein Bild sagt mehr als tausend Worte» eine neue Bedeutung. Es können nämlich leicht auch zweitausend und mehr Wörter sein. Diese braucht es nicht, um das Bild zu beschreiben, das Bild ist vielmehr Vehikel, um eine Brücke zu Inhalten im Internet zu schlagen. Kooaba heisst nicht nur die Firma, die Herbert Bay und Till Quack in Zürich gegründet haben, sondern auch eine kleine An- wendung für das iPhone und Android- Mobiltelefone. Barcodes haben Grenzen Mittels dieser App fotografiert man Vorlagen wie Buchdeckel, CD- und DVD-Covers oder Filmplakate, um dann im Web Informationen zu erhal- ten. Aus einem Haufen von Pixeln wer- den Worte. Die Verknüpfung von grafi- schen Zeichen mit Informationen nutzt die Industrie über Strichcodes, QR- Codes und DataMatrix-Codes seit Jah- ren. Es wurden schon verschiedene An- läufe unternommen, solche Codes für Konsumenten attraktiv zu machen. Kei- nes der Projekte, die geknipste Codes mit Inhalten verknüpfen, hat bisher aber den Durchbruch geschafft. Immer- hin gibt es inzwischen eine Reihe von Apps wie QuickMark, Beetaag, Shop- Savy oder RedLaser, die das mobile Scannen einfacher machen. Für Herbert Bay, Geschäftsführer von Kooaba, hat dieser Ansatz eine ent- scheidende Schwäche: Barcodes muss man mit Aufwand in Objekte integrie- ren, damit diese lesbar werden. Koo- abas Verfahren setzt allein auf Bild- erkennung, um ein Objekt via eine Datenbank zu identifizieren. Wie die Anbieter von Code-Scannern liefert Kooaba von erkannten Objekten Links etwa zu Google, zu Wikipedia oder zu einem Shop. Doch Kooaba geht einen Schritt weiter. Jeder Anwender erhält auch ein kostenloses Konto mit eigener Datenbank in der Cloud. Fotografiert man unterwegs einen Buchdeckel oder ein CD-Cover, er- scheint das Objekt innert Sekunden im virtuellen Büchergestell im Web – vor- ausgesetzt, Kooaba hat es erkannt. Die Fundstücke kann man per Mausklick via Facebook und Twitter mit Freunden teilen, und sie bleiben archiviert. Ohne grossen Aufwand kann man so auch eine Datenbank seiner DVD-Samm- lung erstellen, samt automatisch gene- rierten Zusatzinformationen. Automatische Bilderkennung Die Objekterkennungstechnologie, die Kernkompetenz von Kooaba, arbeitet bei ausreichend belichteten Fotos zu- verlässig, die Erkennung funktioniert auch, wenn nur ein grosser Ausschnitt fotografiert wird. Ebenso entscheidend ist die Qualität der Datenbank. Diese umfasst heute 10 Millionen erfasste Objekte, den Hauptanteil haben Bü- cher, darauf folgen CD, DVD sowie Games und Filmplakate. Nun beackert Kooaba ein neues Feld, das den Vorsprung dieser Technik gegenüber der Barcodeerkennung zeigt. Unter dem Schlagwort Interactive Print speichert das Unternehmen ganze Aus- gaben von Zeitungen und Magazinen, was dem Anwender wie den Verlagen Nutzen bringt. Interessiert man sich für einen Zeitungsartikel, knipst man ihn mit dem Handy, kurz darauf steht er im Web-Büchergestell, und dies nicht als Foto, sondern in Form einer perfekten PDF-Datei. Kooaba arbeitet mit Verlagen zu- sammen, welche die PDF ihrer Aus- gaben für die Datenbank zur Verfügung stellen. Im Gegenzug werden Verlage an Werbeeinnahmen beteiligt, welche Kooaba in der interaktiven Web-Aus- gabe zu placieren versucht. So kann bei- spielsweise der Autotest einer Zeitung mit einem Video des Herstellers ergänzt werden oder mit einer Einladung zur Probefahrt. Bis heute hat das Startup unter anderem Kooperationen mit «Blick» und «Weltwoche», den deut- schen Titeln «Focus» und «Chip» sowie dem US-Magazin «Wired». Auch Google setzt auf Bilder Seit zwei Monaten testet Google mit einem Projekt namens Googels die visu- elle Suche per Bilderkennung. Eine App für Android-Handys versucht Bil- der mit Googles Datenbank zu ver- knüpfen, die mehrere Millionen Objek- te umfasst, darunter Orte, Bücher, Ge- mälde oder Weinetiketten. Google führt den Anwender über das Bild zu seiner Suchmaschine, die Resultate zum The- ma liefert. Wie uns Matthias Meyer, Unterneh- menssprecher von Google Schweiz, mit dem vom Unternehmen entwickelten Handy Nexus One vorführte, kann Googels fotografierte Objekte auch mit der Anwendung Maps verknüpfen und mit Hilfe des Handy-Kompasses den Benutzer zu einem Standort navigieren. Google räumt zwar ein, dass die visuelle Suche noch am Anfang steht, doch die Projekte von Kooaba und Google lassen das Potenzial erahnen. Pixelfrühling Die ersten Wochen des Jahres brachten rund 60 neue Kompaktkameras Die jüngsten Kameramodelle von Olympus, Nikon, Sony und anderen haben zahlreiche kleine, aber meist sinnvolle Verbesse- rungen zu bieten. Aufgetrumpft wird mit einer höheren Auf- lösung, Video-Funktionen und extremen Zoom-Faktoren. Markus Zitt In den ersten Wochen des Jahrs pflegen die grossen Kamerahersteller ihre Neu- heiten vorzustellen. Bereits gibt es heu- er über 60 neue Kompaktkameras zu verzeichnen. Gut die Hälfte der neusten Kompaktkameras hat einen 14-Mega- pixel-Bildsensor zu bieten, obwohl die- se hohe Auflösung wenig nützt. Fotokameras für HD-Video Wenn nun 14 Millionen lichtempfind- liche Sensorelemente statt wie bisher 10 oder 12 Millionen auf der kaum Finger- nagel-grossen Fläche des Sensors unter- kommen sollen, so müssen diese ent- sprechend kleiner sein und können da- durch weniger Licht aufnehmen. Diese reduzierte Empfindlichkeit äussert sich in den Fotos als störendes «Rauschen». Auch bei der Aufnahme bewegter Bilder ist eine hohe Auflösung angesagt, wobei diese hier jedoch willkommen ist. Inzwischen filmt die Mehrheit der Foto- apparate in High Definition, beschränkt sich dabei jedoch auf das kleine HD- Format 720p. Die höherwertigen Mo- delle – wie die Nikon Coolpix P100 oder die Sony Cyber-shot HX5 – beherrschen sogar Full-HD 1080p. Im Trend sind berührungsempfind- liche Bildschirme. Beinahe jeder Her- steller führt heute mindestens eine Ka- mera mit Touchscreen im Sortiment. Aktuelle Beispiele sind die Canon Ixus 210, die Fujifilm Finepix Z700EXR und die Nikon Coolpix S4000. Besonders sinnvoll sind Touchscreens bei den klei- nen, flachen Ultrakompaktkameras, wo der Bildschirm beinahe die ganze Rück- seite beansprucht und kaum mehr Platz für die Bedienelemente lässt. Eine interessante neue Funktion ist der integrierte GPS-Empfänger, wie er etwa in der neuen Panasonic Lumix TZ10 oder Sony Cyber-shot HX5 ver- baut ist. Die Positionsdaten werden mit den Aufnahmen gespeichert. Sinnvolle Verbesserungen Typischerweise besitzen Kompaktka- meras Objektive mit 4- bis 5-fachem Zoombereich, inzwischen offerieren auch kleine Kameras einen 12- oder gar 14fachen Zoombereich, etwa die Canon Powershot SX210. Bei den geringfügig grösseren sogenannten Bridge-Kame- ras gibt es sogar 30-fach-Zooms. Die Nikon Coolpix P100 hat ein 26-fach- Zoom, das Objektiv der Fujifilm Fine- pix HS10 reicht von 24 bis 720 Milli- meter, bei der Olympus SP-800UZ sind es 28 bis 840 Millimeter. Die neuen Kameras bieten sinnvolle Verbesserungen. Doch grundlegende oder herausragende Neuerungen sind ausgeblieben. Zu den vielverspre- chendsten Entwicklungen gehörten kompakte Systemkameras, die sich wie Spiegelreflexkameras mit Wechselob- jektiven bestücken lassen. Nach Olym- pus und Panasonic hat Samsung mit der NX10 hier ihr erstes Modell vorgestellt. DIGITAL IN KÜRZE ................................................................................. Eine Dekade «The Sims» upp. u In diesen Tagen feiert die Com- puterspielserie «The Sims» ihr zehn- jähriges Bestehen. Im Februar 2000 stürmte der erste Teil von Will Wrights Lebenssimulation die Charts. Plötzlich waren nicht mehr – wie so oft in Video- spielen – stahlharte Superkrieger und mächtige Magier die Stars der Stunde, sondern Durchschnittsmenschen. «The Sims» handelt nicht von kriegerischen Auseinandersetzungen in weit entfern- ten Galaxien, sondern spiegelt das ba- nale Alltagsleben im Hier und Jetzt. Darin ist die Serie äusserst erfolgreich. Vier Jahre in Folge war «The Sims» das meistverkaufte PC-Spiel, ehe es 2005 von «The Sims 2» abgelöst wurde. 2009 folgte mit «The Sims 3» der bisher letzte Teil. Diese Spiele wurden erweitert etwa mit «H&M Fashion Accessoires» oder «Ikea Home Accessoires». Insge- samt wurden mit der Marke über 2,5 Milliarden Dollar umgesetzt, was «The Sims» zur bestverkauften PC-Spielserie macht. «The Sims» ist ein kulturelles Phänomen, das auch in die Pop-Musik hineinwirkt. Songs auf Simlisch – die Kunstsprache der virtuellen Figuren – gibt es von Lily Allen, The Black Eyed Peas und auch von Stefanie Heinzmann. Boom in Barcelona S. B. u Nächste Woche, anlässlich des Mobile World Congress in Barcelona (15. bis 18. 2. 10), dürften zahlreiche neue Produkte für die Mobiltelefonie angekündigt werden. Die Branche ist im Umbruch, deshalb sind die Trends schwer vorauszusehen. Neue Mitbewer- ber markieren Präsenz (Google), es gibt neue Technologien zu verhandeln («Long Term Evolution») und neue Ge- schäftsmodelle («App Economy). Bei den Endgeräten sind es vor allem die ganz billigen und die ganz teuren Ge- räte, die boomen. Die teuren Geräte locken mit Multimedia-Möglichkeiten oder als Smartphones mit Fähigkeiten bei der Büroautomation. Der Absatz von Smartphones hat sich nach An- gaben der Marktforschungsfirma IDC im vergangenen Jahr um 15,1 Prozent auf 174,2 Millionen ausgelieferte Geräte erhöht. Der Anteil der Smartphones an allen ausgelieferten Handys sei von 12,7 Prozent im Jahr 2008 auf 15,4 Prozent gestiegen. Nokia (mit einem Markt- anteil von 38,9 Prozent), Research in Motion (19,8) und Apple (14,4) domi- nieren den Markt. Nokia beginnt dieser Tage mit der Auslieferung des Modells N900, einem Smartphone auf der Basis des Linux-Betriebssystems Maemo. Noch im Verlauf des ersten Quartals will Nokia zudem mit dem Modell X6 ein Mobiltelefon auf den Markt brin- gen, das sich als Entertainer bei der Wiedergabe von Fotos, Songs oder Vi- deos bewähren soll. Mobilfunknetz wird aufgebohrt S. B. u Die Swisscom wagt sich an die vierte Mobilfunkgeneration «Long Term Evolution» (LTE) genannt – her- an. Im April beginnen Labortests und Feldversuche. Bereits ab 2011 könnte LTE im Mobilfunknetz der Swisscom deutlich höhere Übertragungsraten er- möglichen. Derzeit verdoppelt sich im Swisscom-Netz das übertragene Volu- men alle acht Monate. LTE verspricht Entlastung: LTE erlaubt vorerst die Übertragung von bis zu 150 MBit pro Sekunde beim Herunterladen; später sollen sogar Datenraten von bis zu 300 MBit/s erreichbar sein. Das bildet die Voraussetzung für immer anspruchsvol- lere Multimediaanwendungen, etwa Live-TV in hoher Auflösung. LTE-fä- hige Endgeräte sind zurzeit nicht kom- merziell verfügbar; sie werden frühes- tens für Ende 2010 erwartet. Olympus SP-800UZ Nikon Coolpix P100 Samsung NX10 BILDER: PD Sony Cyber-shot DSC-HX5V PD

Eine Brücke von Print zu Web

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Kooaba und Google setzen auf Bilderkennung statt Barcodes, um Print-Objekte mit Infos im Web zu verlinken.

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54 MOBIL DIGITAL Donnerstag, 11. Februar 2010 Nr. 34Neuö Zürcör Zäitung

META-TAG

Von Menschenund Affen

Stefan Betschon Die Informatik pro-duziert laufend neue Wörter, nicht ein-fach nur Akronyme und Fachbegriffe,die niemanden etwas angehen, sondernauchWörter, die wichtige neue Aspektedes Menschseins fassbar machen. Diemeisten dieser Wörter verschwindenrasch wieder, weil die Technik und ihrsozialer Gebrauch sich verändern. «Da-tenfernübertragung» ist so einWort, daszusammen mit dem Zischen und Krei-schen der Analogmodems und denBulletin Board Systems dem Vergessenanheimgefallen ist. Es gibt aber auchWörter, die bleiben. «Unfriend» könnteso ein Wort sein. Dieses Tätigkeitsworthabe das Zeug, lange zu überleben,glauben die Sprachwissenschafter des«New Oxford American Dictionary».Sie haben es deshalb zumWort des Jah-res 2009 gewählt. Es bedeutet, in einemsozialen Netzwerk jemandem dieFreundschaft zu kündigen.

Interessant ist an diesem Wort nichtnur die Negation, nicht nur die Ände-rung der Wortart – das englische Sub-stantiv verwandelt sich in ein Verb –,sondern auch die Veränderung derSemantik: Freund ist nicht mehr einMensch, denman persönlich kennt, son-dern ein Hyperlink und ein daumen-nagelgrosses Bildchen, das für alle sicht-bar die eigene Facebook-Seiteschmückt, ein Statussymbol, das öffent-lich die eigene Bedeutung demonstriert.Deshalb gibt es auch Progrämmchenwie Friendflood, die einem – gegen Ent-gelt – viele virtuelle Freunde beschaf-fen. Facebook-Mitglieder haben eineWiderstandsgruppe gegründet, um ge-gen die auf 5000 angesetzte Limitierungder Zahl der Freunde zu protestieren.

Der britische Wissenschafter RobinDunbar, bis 2007 Professor für evolutio-näre Psychologie in Liverpool, hat beider Beschäftigung mit Affen heraus-gefunden, dass das Gehirn von Prima-ten nicht beliebig viele Sozialkontakteverarbeiten kann. Menschen hält er fürfähig, mit 150 Freunden, Bekannten undVerwandten umzugehen. «Unfriend»hilft uns jetzt, aus dem Cyberspace wie-der zurück in die Wälder zu kommen.

Bilder als Brücke vom Papier zum WebMit ähnlichen Verfahren verlinken das Startup Kooaba und Google geknipste Fotos mit Informationen

Apps für Handys erlauben mit-tels fotografierter StrichcodesInformationen aus dem Web ab-zurufen. Die Technik ist nichtneu, hat sich aber nicht durch-gesetzt. Nun setzt eine SchweizerFirma auf Bilder statt Codes,diesen Ansatz testet auch Google.

Claude Settele

Mit einer Technik des ETH-Spin-offKooaba erhält das Sprichwort «Ein Bildsagt mehr als tausend Worte» eine neueBedeutung. Es können nämlich leichtauch zweitausend und mehr Wörtersein. Diese braucht es nicht, um das Bildzu beschreiben, das Bild ist vielmehrVehikel, um eine Brücke zu Inhalten imInternet zu schlagen. Kooaba heisstnicht nur die Firma, die Herbert Bayund Till Quack in Zürich gegründethaben, sondern auch eine kleine An-wendung für das iPhone und Android-Mobiltelefone.

Barcodes haben GrenzenMittels dieser App fotografiert manVorlagen wie Buchdeckel, CD- undDVD-Covers oder Filmplakate, umdann im Web Informationen zu erhal-ten. Aus einem Haufen von Pixeln wer-den Worte. Die Verknüpfung von grafi-

schen Zeichen mit Informationen nutztdie Industrie über Strichcodes, QR-Codes und DataMatrix-Codes seit Jah-ren. Es wurden schon verschiedene An-läufe unternommen, solche Codes fürKonsumenten attraktiv zu machen. Kei-nes der Projekte, die geknipste Codesmit Inhalten verknüpfen, hat bisheraber den Durchbruch geschafft. Immer-hin gibt es inzwischen eine Reihe vonApps wie QuickMark, Beetaag, Shop-Savy oder RedLaser, die das mobileScannen einfacher machen.

Für Herbert Bay, Geschäftsführervon Kooaba, hat dieser Ansatz eine ent-scheidende Schwäche: Barcodes mussman mit Aufwand in Objekte integrie-ren, damit diese lesbar werden. Koo-abas Verfahren setzt allein auf Bild-erkennung, um ein Objekt via eineDatenbank zu identifizieren. Wie dieAnbieter von Code-Scannern liefertKooaba von erkannten Objekten Linksetwa zu Google, zu Wikipedia oder zueinem Shop. Doch Kooaba geht einenSchritt weiter. Jeder Anwender erhältauch ein kostenloses Konto mit eigenerDatenbank in der Cloud.

Fotografiert man unterwegs einenBuchdeckel oder ein CD-Cover, er-scheint das Objekt innert Sekunden imvirtuellen Büchergestell im Web – vor-ausgesetzt, Kooaba hat es erkannt. DieFundstücke kann man per Mausklickvia Facebook und Twitter mit Freundenteilen, und sie bleiben archiviert. Ohne

grossen Aufwand kann man so aucheine Datenbank seiner DVD-Samm-lung erstellen, samt automatisch gene-rierten Zusatzinformationen.

Automatische BilderkennungDie Objekterkennungstechnologie, dieKernkompetenz von Kooaba, arbeitetbei ausreichend belichteten Fotos zu-verlässig, die Erkennung funktioniertauch, wenn nur ein grosser Ausschnittfotografiert wird. Ebenso entscheidendist die Qualität der Datenbank. Dieseumfasst heute 10 Millionen erfassteObjekte, den Hauptanteil haben Bü-cher, darauf folgen CD, DVD sowieGames und Filmplakate.

Nun beackert Kooaba ein neuesFeld, das den Vorsprung dieser Technikgegenüber der Barcodeerkennung zeigt.Unter dem Schlagwort Interactive Printspeichert das Unternehmen ganze Aus-gaben von Zeitungen und Magazinen,was dem Anwender wie den VerlagenNutzen bringt. Interessiert man sich füreinen Zeitungsartikel, knipst man ihnmit dem Handy, kurz darauf steht er imWeb-Büchergestell, und dies nicht alsFoto, sondern in Form einer perfektenPDF-Datei.

Kooaba arbeitet mit Verlagen zu-sammen, welche die PDF ihrer Aus-gaben für die Datenbank zur Verfügungstellen. Im Gegenzug werden Verlagean Werbeeinnahmen beteiligt, welche

Kooaba in der interaktiven Web-Aus-gabe zu placieren versucht. So kann bei-spielsweise der Autotest einer Zeitungmit einemVideo des Herstellers ergänztwerden oder mit einer Einladung zurProbefahrt. Bis heute hat das Startupunter anderem Kooperationen mit«Blick» und «Weltwoche», den deut-schen Titeln «Focus» und «Chip» sowiedem US-Magazin «Wired».

Auch Google setzt auf BilderSeit zwei Monaten testet Google miteinem Projekt namensGoogels die visu-elle Suche per Bilderkennung. EineApp für Android-Handys versucht Bil-der mit Googles Datenbank zu ver-knüpfen, die mehrere Millionen Objek-te umfasst, darunter Orte, Bücher, Ge-mälde oderWeinetiketten. Google führtden Anwender über das Bild zu seinerSuchmaschine, die Resultate zum The-ma liefert.

Wie uns Matthias Meyer, Unterneh-menssprecher von Google Schweiz, mitdem vom Unternehmen entwickeltenHandy Nexus One vorführte, kannGoogels fotografierte Objekte auch mitder Anwendung Maps verknüpfen undmit Hilfe des Handy-Kompasses denBenutzer zu einem Standort navigieren.Google räumt zwar ein, dass die visuelleSuche noch am Anfang steht, doch dieProjekte vonKooaba undGoogle lassendas Potenzial erahnen.

PixelfrühlingDie ersten Wochen des Jahres brachten rund 60 neue Kompaktkameras

Die jüngsten Kameramodellevon Olympus, Nikon, Sony undanderen haben zahlreiche kleine,aber meist sinnvolle Verbesse-rungen zu bieten. Aufgetrumpftwird mit einer höheren Auf-lösung, Video-Funktionen undextremen Zoom-Faktoren.

Markus Zitt

In den ersten Wochen des Jahrs pflegendie grossen Kamerahersteller ihre Neu-heiten vorzustellen. Bereits gibt es heu-er über 60 neue Kompaktkameras zuverzeichnen. Gut die Hälfte der neustenKompaktkameras hat einen 14-Mega-pixel-Bildsensor zu bieten, obwohl die-se hohe Auflösung wenig nützt.

Fotokameras für HD-VideoWenn nun 14 Millionen lichtempfind-liche Sensorelemente statt wie bisher 10oder 12 Millionen auf der kaum Finger-nagel-grossen Fläche des Sensors unter-kommen sollen, so müssen diese ent-

sprechend kleiner sein und können da-durch weniger Licht aufnehmen. Diesereduzierte Empfindlichkeit äussert sichin den Fotos als störendes «Rauschen».

Auch bei der Aufnahme bewegterBilder ist eine hoheAuflösung angesagt,wobei diese hier jedoch willkommen ist.Inzwischen filmt die Mehrheit der Foto-apparate in High Definition, beschränktsich dabei jedoch auf das kleine HD-Format 720p. Die höherwertigen Mo-delle – wie die Nikon Coolpix P100 oderdie Sony Cyber-shot HX5 – beherrschensogar Full-HD 1080p.

Im Trend sind berührungsempfind-liche Bildschirme. Beinahe jeder Her-steller führt heute mindestens eine Ka-mera mit Touchscreen im Sortiment.Aktuelle Beispiele sind die Canon Ixus210, die Fujifilm Finepix Z700EXR unddie Nikon Coolpix S4000. Besonderssinnvoll sind Touchscreens bei den klei-nen, flachen Ultrakompaktkameras, woder Bildschirm beinahe die ganze Rück-seite beansprucht und kaum mehr Platzfür die Bedienelemente lässt.

Eine interessante neue Funktion istder integrierte GPS-Empfänger, wie eretwa in der neuen Panasonic Lumix

TZ10 oder Sony Cyber-shot HX5 ver-baut ist. Die Positionsdaten werden mitden Aufnahmen gespeichert.

Sinnvolle VerbesserungenTypischerweise besitzen Kompaktka-meras Objektive mit 4- bis 5-fachemZoombereich, inzwischen offerierenauch kleine Kameras einen 12- oder gar14fachen Zoombereich, etwa die CanonPowershot SX210. Bei den geringfügiggrösseren sogenannten Bridge-Kame-ras gibt es sogar 30-fach-Zooms. DieNikon Coolpix P100 hat ein 26-fach-Zoom, das Objektiv der Fujifilm Fine-pix HS10 reicht von 24 bis 720 Milli-meter, bei der Olympus SP-800UZ sindes 28 bis 840 Millimeter.

Die neuen Kameras bieten sinnvolleVerbesserungen. Doch grundlegendeoder herausragende Neuerungen sindausgeblieben. Zu den vielverspre-chendsten Entwicklungen gehörtenkompakte Systemkameras, die sich wieSpiegelreflexkameras mit Wechselob-jektiven bestücken lassen. Nach Olym-pus und Panasonic hat Samsung mit derNX10 hier ihr erstes Modell vorgestellt.

DIGITAL IN KÜRZE.. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .

Eine Dekade «The Sims»upp. In diesen Tagen feiert die Com-puterspielserie «The Sims» ihr zehn-jähriges Bestehen. Im Februar 2000stürmte der erste Teil von Will WrightsLebenssimulation die Charts. Plötzlichwaren nicht mehr – wie so oft in Video-spielen – stahlharte Superkrieger undmächtige Magier die Stars der Stunde,sondern Durchschnittsmenschen. «TheSims» handelt nicht von kriegerischenAuseinandersetzungen in weit entfern-ten Galaxien, sondern spiegelt das ba-nale Alltagsleben im Hier und Jetzt.Darin ist die Serie äusserst erfolgreich.Vier Jahre in Folge war «The Sims» dasmeistverkaufte PC-Spiel, ehe es 2005von «The Sims 2» abgelöst wurde. 2009folgte mit «The Sims 3» der bisher letzteTeil. Diese Spiele wurden erweitertetwa mit «H&M Fashion Accessoires»oder «Ikea Home Accessoires». Insge-samt wurden mit der Marke über 2,5Milliarden Dollar umgesetzt, was «TheSims» zur bestverkauften PC-Spielseriemacht. «The Sims» ist ein kulturellesPhänomen, das auch in die Pop-Musikhineinwirkt. Songs auf Simlisch – dieKunstsprache der virtuellen Figuren –gibt es von Lily Allen, The Black EyedPeas und auch von Stefanie Heinzmann.

Boom in BarcelonaS. B. Nächste Woche, anlässlich desMobile World Congress in Barcelona(15. bis 18. 2. 10), dürften zahlreicheneue Produkte für die Mobiltelefonieangekündigt werden. Die Branche ist imUmbruch, deshalb sind die Trendsschwer vorauszusehen. NeueMitbewer-ber markieren Präsenz (Google), es gibtneue Technologien zu verhandeln(«Long Term Evolution») und neue Ge-schäftsmodelle («App Economy). Beiden Endgeräten sind es vor allem dieganz billigen und die ganz teuren Ge-räte, die boomen. Die teuren Gerätelocken mit Multimedia-Möglichkeitenoder als Smartphones mit Fähigkeitenbei der Büroautomation. Der Absatzvon Smartphones hat sich nach An-gaben der Marktforschungsfirma IDC

im vergangenen Jahr um 15,1 Prozentauf 174,2Millionen ausgelieferte Geräteerhöht. Der Anteil der Smartphones anallen ausgelieferten Handys sei von 12,7Prozent im Jahr 2008 auf 15,4 Prozentgestiegen. Nokia (mit einem Markt-anteil von 38,9 Prozent), Research inMotion (19,8) und Apple (14,4) domi-nieren den Markt. Nokia beginnt dieserTage mit der Auslieferung des ModellsN900, einem Smartphone auf der Basisdes Linux-Betriebssystems Maemo.Noch im Verlauf des ersten Quartalswill Nokia zudem mit dem Modell X6ein Mobiltelefon auf den Markt brin-gen, das sich als Entertainer bei derWiedergabe von Fotos, Songs oder Vi-deos bewähren soll.

Mobilfunknetz wird aufgebohrtS. B. Die Swisscom wagt sich an dievierte Mobilfunkgeneration – «LongTerm Evolution» (LTE) genannt – her-an. Im April beginnen Labortests undFeldversuche. Bereits ab 2011 könnteLTE im Mobilfunknetz der Swisscomdeutlich höhere Übertragungsraten er-möglichen. Derzeit verdoppelt sich imSwisscom-Netz das übertragene Volu-men alle acht Monate. LTE versprichtEntlastung: LTE erlaubt vorerst dieÜbertragung von bis zu 150 MBit proSekunde beim Herunterladen; spätersollen sogar Datenraten von bis zu 300MBit/s erreichbar sein. Das bildet dieVoraussetzung für immer anspruchsvol-lere Multimediaanwendungen, etwaLive-TV in hoher Auflösung. LTE-fä-hige Endgeräte sind zurzeit nicht kom-merziell verfügbar; sie werden frühes-tens für Ende 2010 erwartet.

Olympus SP-800UZ Nikon Coolpix P100

Samsung NX10 BILDER: PDSony Cyber-shot DSC-HX5V

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