59
EINE PRICKELNDE GESCHICHTE 1856-2006

EINE PRICKELNDE GESCHICHTE - rotkaeppchen-mumm.de · eute ist die Rotkäppchen Sektkellerei Teil eines größeren Ganzen: Unter dem Namen „Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien“ arbeiten

  • Upload
    vanlien

  • View
    214

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

E I N E P R I C K E L N D E G E S C H I C H T E

1 8 5 6 - 2 0 0 6

Umschlag Rotkäppchen_für PDF_2 02.05.2006 16:21 Uhr Seite 1

1856Freyburg

RZ_150JahreBuch_innen_07 02.05.2006 14:32 Uhr Seite 1

E I N E P R I C K E L N D E G E S C H I C H T E

Die Rotkäppchen Sektke l lere i

1856 - 2006

Ralf Kahmann

Herausgegeben von der Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien GmbH

Freyburg/Unstrut

Copyright © 2006 Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien GmbH, Freyburg/UnstrutAlle Rechte vorbehalten.

Redaktion: Peter O. ClaußenGestaltung: Friederike Dornieden, M28 Markenwerbung GmbH, DüsseldorfLektorat: Michael Lesjak Text und Redaktion, DüsseldorfSatz, Druckvorstufe: orange office GmbH, Düsseldorf

Printed in GermanyISBN-10: 3-00-018731-6ISBN-13: 978-3-00-018731-5

Die Schrift basiert in Teilen auf der wissenschaftlichen Arbeit von Prof. Dr. Helmut Arntz in denMitteilungen der Gesellschaft für Geschichte des Weines Nr. 111, Arntz, Helmut: Die Geschichte der Sektkellerei Kloss & Foerster 1856-1948/Rotkäppchen 1948-1994. Wiesbaden 1994.

Bildnachweis:Umschlagseite innen, historische Karte: © Klett-Perthes Verlag GmbH, Gotha. S. 12: Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt, Museum Schloss Neuenburg, Freyburg/Unstrut. S. 13 unten rechts: Privatbesitz Michael Kloss, Rüdesheim. S. 45, Bronzeplatte und S. 52, Anzeigen Audi: Hans-Joachim Jasiulek, Freyburg/Unstrut. S. 74: © dpa Picture-Alliance.S. 98 unten und S. 108/109: Photo-Tempel, Naumburg.

RZ_150JahreBuch_innen_07 02.05.2006 14:32 Uhr Seite 2

DI E C U V É E D E R K A P I T E L :

1856

2006

150 Jahre deutsche Sektgeschichte.Ein Blick zurück nach vorn.

1856Die Handlung beginnt.Mit Wein.

1858 Der erste Sekt:Aus gutem Hinterhause.

Die Zeit nach 1870Prinz, Kanzler, Kaiser:Ganz oben macht man sich für deutsches Prickeln stark.

1887Eine Zeit stolzen Wachstums.Auch in die Tiefe.

1893 Es werde Schatten!Der Lichthof entsteht.

1894 Schluss mit dem Monopol.Ab jetzt gibt’s Rotkäppchen.

1896 Zeit, ein Fass aufzumachen.Und zwar ein riesengroßes.

Um die Jahrhundertwende.Eine prickelnde Zeit:Man ist in aller Munde.

bis 1906Fünfzig Jahre und kein bisschen leise.

bis 1918 Ein Schuss geht nach hinten los.Und dann der Krieg.

1918 bis 1945 Es gärt in Wirtschaft undGesellschaft:Von der Krise in den Krieg.

1945 bis 1948Besitz wechselt,Tradition bleibt.

Die 50er und 60er JahreNicht aus Ruinen,aber auferstanden:Es wird wieder Sekt gemacht.

Die 70er JahreAufschwung Prost.

Die 80er JahreMan feiert offiziell und privat.Und Rotkäppchen Sekt ist immer dabei.

1989/90 Jetzt feiert zusammen,was zusammengehört.

1991 bis 1993Die Wende zum Guten:Das Unternehmen hat wiederUnternehmer.

1993 bis 2000Aufschwung Ost,Wachstum West.

2000 bis 2006Die Überraschung trägt Rot.Und in Freyburg baut manDeutschlands Haus aus Sekt.

Evolution statt Revolution.Aber immer einen roten Kopf.

Sekt braucht Heimat. Und einen großen Parkplatz.

Wir heben das Glas.Die Leitung des Unternehmens.

Cuvées, die den Geschmack treffen.Das Rotkäppchen Sekt Sortiment 2006.

6

8

12

17

20

26

30

34

38

44

48

50

56

58

64

70

74

78

84

92

104

106

108

110

RZ_150JahreBuch_innen_06 28.04.2006 18:55 Uhr Seite 4

eute ist die Rotkäppchen Sektkellerei Teil eines größeren Ganzen:

Unter dem Namen „Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien“ arbeiten mehr

als 300 Mitarbeiter an vier traditionsreichen Standorten daran, Sekt in

höchster Qualität herzustellen. In Deutschlands Haus aus Sekt entstehen

aus Tradition, Können und Kennerschaft Produkte, die den Menschen

genussvolle Stunden geben. Ein Anspruch,

dem sich alle Beteiligten jeden Tag

aufs Neue stellen müssen. Dazu

gehören Mitarbeiter, Führungskräfte

und Inhaber, die sich der Tradition genauso verpflichtet fühlen wie dem

Ehrgeiz, die Zukunft zu gestalten.

ber Vergangenheit und Gegenwart soll dieses Buch Zeugnis ablegen –

und zwischen den Zeilen ein wenig von unserer Vision für die Zukunft

vermitteln. Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre. Am

besten natürlich in Begleitung dieses einzigartigen Prickelns, das Sekt so

belebend macht.

H

Ü

Gu

nte

r H

eise

ist

Ges

chäf

tsfü

hre

nde

r G

esel

lsch

afte

r

un

d Sp

rech

er d

er G

esch

äfts

füh

run

g de

r

Rot

käpp

chen

-Mu

mm

Sek

tkel

lere

ien

Gm

bH.

150 JA H R E D E U T S C H ESE K T G E S C H I C H T E .

Ein B l ic k zurück nach vorn.

2006

s e k t k e l l e r e i e n

it Stolz auf das Erreichte und mit Freude an dem, was wir alle

gemeinsam Tag für Tag tun, werfen wir zum 150. Jubiläum der Gründung

einen Blick auf die Geschichte unseres Unternehmens. Was im Sommer

1856 zwei Brüder mit einem Freund ins Leben riefen, hat zwei Weltkriege,

vier Währungssysteme und vier Gesellschaftsordnungen erlebt. Nach der

Vereinigung Deutschlands hat die Rotkäppchen Sektkellerei dann eine

Entwicklung genommen, die zu einer prickelnden Erfolgsgeschichte

geworden ist.

M

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:41 Uhr Seite 6

09

1856

ir schreiben das Jahr 1856.Napoleon III. ist Kaiser in

Frankreich, der Krimkrieg ist gera-de zu Ende, es herrscht Frieden inPreußen. Überall im Land machensich tatkräftige Bürger Gedankenum Wirtschaft und Wohlergehen.Auch in Freyburg, einem kleinenStädtchen an der Unstrut, ganz imSüden der preußischen ProvinzSachsen. Dort machen sich just zudieser Zeit zwei Brüder zusammenmit einem Freund daran, eine viel-versprechende Geschäftsidee zukultivieren. Heute würde mansagen, sie hätten einen Trend er-kannt: Sie setzen darauf, den Mit-bürgern Genuss und Sinnenfreudezu verkaufen. Folglich gründen sieeine Weinhandlung, durchaus nahe-liegend, weil mitten im Weinbau-gebiet Saale-Unstrut.

s ist nicht überliefert, wie stil-voll die Herren die Geburts-

stunde des Hauses Kloss &Foerster zu feiern vorlieb nahmen.Aber man darf annehmen, dassam 26. September 1856 ein distin-

guiertes Knallen den mutigenSchritt betonte. Denn man beliebteschon damals mit prickelnd schäu-mendem Wein anzustoßen, gernemit Champagner, amliebsten aus Frank-reich. Und genau hierlag wohl der eigentli-che Kern der Kloss& Foerster’schenGeschäftsidee: In denJahren zuvor wurde es in besserenKreisen zunehmend „en vogue“,die besonderen Momente desLebens mit feinem Schaumweinaus Frankreich zu feiern.

Am 26. September 1856 gründen Moritz und Julius Kloss mit ihrem Freund

Carl Foerster ein Weingeschäft.

1856

DI E HA N D L U N G B E G I N N T.Mit Wein.

W

E

Juli

us

Klo

ss u

nd

Car

l Fo

erst

er

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:41 Uhr Seite 8

1856

ie Nachbarn im Westen hat-ten ihn erfunden, seit rund

150 Jahren wurde Champagnerhergestellt, im Jahr 1850 warenes 6,5 Millionen Flaschen, davonzwei Drittel für den Export.Warum sollte also nicht mit derkontrollierten zweiten Gärungheimischer Weine ein einträglichesGeschäft zu machen sein?

un lässt sich aus heutigerSicht strategische Unter-

nehmensplanung in damaliger Zeitnicht schlüssig nachweisen. Abergeschäftstüchtig müssen sie schongewesen sein, die Herren Klossund Foerster. Hatten sie sich doch,früher im Jahr, bereits an derGründung der ersten FreyburgerChampagner-Fabrik-Gesellschaftbeteiligt.

N

Julius Kloss, 1856/57:„Im Winter des ersten Geschäftsjahres gelangte unserEntschluss zur Reife, neben dem Weingeschäft eineChampagner-Fabrik zu errichten.“

Im Duden gleich nach Prosperität:

PRO S T!

ine Investition, die damalskein allzu großes Risiko war.

Etwas Kapital, ein guter Kellerund als wichtigstes Accessoire einKönner als Kellermeister – allesandere war die Arbeit vieler fleißi-ger Hände. Dies im Sinn, reifte in

den Köpfen der drei jungenUnternehmer der Entschluss, ihreWeinhandlung durch eine eigeneChampagner-Fabrik auszubauen.Gesagt, getan: Man suchte undfand mit Herrn Lewalder einenerfahrenen Kellermeister, der als-bald seine Arbeit begann. Und inFreyburg an der Unstrut entstandfortan feiner Sekt von Kloss &Foerster.

E

D

1856

Freyburg

11

Unstrut

Saale

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:41 Uhr Seite 10

13

1858

ie es sich für richtige Grün-derväter gehört, fängt man

klein an. Die ersten 6.000 Sekt-flaschen der noch jungen FirmaKloss & Foerster wurden in einerWohnung im Hinterhaus der Fami-lie Kloss gefüllt. Zwei Arbeitergingen dem Kellermeister Lewalderdabei zur Hand, das richtige Rüt-teln der wertvollen Bouteillen über-nahm er anfangs noch selbst,gelernt ist gelernt. Herr Lewaldersollte 13 Jahre lang den Unterneh-mern in Freyburg „ein treuer undtüchtiger Helfer“ sein, wie sichJulius Kloss zum 25-jährigen Jubi-läum in der großväterlichen Spra-che der damaligen Zeit zitierenließ.

So reifte dann der Weinvon Saale und Unstrutzum ersten Mal zu feinem

Kloss & Foerster-Sekt, ganz wie esdas vorbildliche Champagner-Ver-fahren verlangt. Wir erinnern uns:Man mische die Grundweine zurgewünschten Cuvée. Dazu gebe

man Zucker und Hefe, auf dass inder gut verschlossenen Flasche diezweite Gärung in Gang komme.Die dabei entstehende Kohlensäurebindet sich mit der Zeit fein ein

und wird schlussendlich zumbegehrten, zart prickelndenMousseux. Die Flaschen werden,kopfüber im Rüttelpult, in schönerRegelmäßigkeit ganz sanft bewegt(immer nur ein kleines Rückchen),was die Hefe zum Hals befördert.Beim Degorgieren wird dieserPfropf entfernt, eine Wein-Zucker-Lösung füllt die Flasche wieder aufund bestimmt zugleichdie Dosage des Sekts, jemehr, desto milder.

W

DE R E R S T E SE KT:Aus gutem Hinterhause.

Die Lithographie von 1860 zeigt Freyburg

von Nordwesten. Und die Champagner-Fabrik

unten links, neben den Türmen der alten

Stadtverteidigung.

Damit es richtig was zu Feiern gibt, lässt Julius Kloss an

seinem Hochzeitstag die ersten Korken knallen:Fröhliche Premiere für Kloss & Foerster Sekt.

Am 17. Juni 1858 heiratet

Julius Kloss seine geliebte

Emma, geborene Gabler.

1858

RZ_150JahreBuch_innen_07 02.05.2006 14:33 Uhr Seite 12

15

1866

... und ließen die Menschen aufden Geschmack kommen. ZumBeispiel im Jahr 1861, auf derThüringischen Gewerbeausstellungin Weimar, nicht weit entfernt vonFreyburg.

eil das begehrte Originalaus französischer Herkunft

mehr Prestige versprach, setzteman übrigens, wie viele Konkur-renten zu dieser Zeit, auf dieZugkraft französisch klingenderMarkennamen: „Monopol“,„Crémant Rosé“, „LemartinFrères“ oder „Sillery GrandMousseux“ stand auf den stolzenEtiketten, allerdings – und immer-hin – wurde bei Kloss & Foersterstets der deutsche Firmennamenebst Firmensitz mit aufgeführt.

ieser Firmensitz sollte sich imJahr 1866 aufs Schönste

(und ziemlich endgültig) ver-lagern. Wir erinnern uns,dass sich die handelndenHerren unserer kleinenGeschichte im Jahr ihrereigenen Gründung bereits ander ersten Freyburger Cham-

pagner-Fabrik beteiligt hatten. Einnicht wirklich erfolgreiches Enga-gement, denn diese Firma schlossirgendwann zwischen 1859 und1862 ihre Tore. Nach erstenfruchtlosen Kaufverhandlungenkam im September 1866 das Fabrikgebäude samt Einrichtungenund Materialien – von der Fuß-winde bis zum Geldschrank –unter den Hammer. Und flugs in neuen Besitz.

D

W

1859 Was hier so einfach klingt, istgleichwohl hohe Kunst, die mehrals nur ein glückliches Händchenerfordert. Womit wir wieder beiden unabdingbaren Qualitäten desKellermeisters angelangt wären.

er treue Helfer Lewald mussvom ersten Tag an ganze

Arbeit geleistet haben, mit vielSachverstand und gutem Gespürfür den Geschmack der wertenKundschaft. Denn die Geschäftegehen gut – so gut, dass sich dieFirma schon 1859 einen erstenHandlungsreisenden leisten kann.Franz Ferdinand (F. F.) Knabe, einalter Freund des Hauses, wirdzum ersten Verkäufer der Sekt-kellerei Kloss & Foerster. Derstattliche Herr mit dem fulminan-ten Rauschebart trägt das zeitlosunternehmerische Motto „Still-stand ist Rückgang“ vor sich her.Und engagiert sich dermaßen

erfolgreich für den Verkauf seinerprickelnden Ware, dass er schon1860 in den Kreis der Gesell-schafter aufgenommen wird. Mitihm als erstem Vertriebsleiter stehtdie Führungsmannschaft derersten Jahre – Carl Foerster wirktals Kellerfachmann, Julius Klosskümmert sich ums Kaufmän-nische. Und Moritz Kloss wirdkrank, so sehr, dass er schon 1863stirbt.

Französische Mode war schondamals erfolgreich: Als Freyburger Champagner.Zur erfolgreichen Sektherstellunggehört bereits Mitte des vorletztenJahrhunderts ein gerüttelt Maß anVermarktungs-Kompetenz. Kloss& Foerster schlugen den richtigenWeg ein: Sie pflegten Ihre Produk-te hochwertig zu präsentieren ...

Fran

z Fe

rdin

and

Kn

abe

DDie 1. Freyburger Champagner-Fabrik,

kurz vor Kloss & Foerster.

Die stolze Belegschaft vor der Champagner-

Fabrik. Zeitgenössisch falsch ins Bild

retuschiert: der Name Foerster.

Klingende Namen verkaufen sich besser:

Man geht à la mode.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:42 Uhr Seite 14

PR I N Z , KA N Z L E R , KA I S E R :Ganz oben macht man s ich

für deutsches Pr ic ke ln s tark .

1870

eit 1870 wurden von Kloss &Foerster sogar aus der Cham-

pagne Weine importiert, um dersteigenden Nachfrage Herr zuwerden. Die Jahresproduktion inFreyburg betrug zu der Zeit120.000 Flaschen. Erste Pläne fürneue Gebäude und Keller wurdengemacht, da kam im Sommer derDeutsch-Französische Krieg da-zwischen. Im nächsten Frühjahrherrschte schon wieder Frieden, imSpiegelsaal des Versailler Schlosses

hatte sich König Wilhelm I. vonPreußen zum deutschen KaiserWilhelm I. proklamieren lassen.Der Schwung des Sieges, dazudie Entschädigungszahlungen ausFrankreich, führten zu einemgehörigen Wirtschaftsaufschwungin Deutschland. Und der steigendeWohlstand vergrößerte die Zahlderer, die sich feinen Genuss leistenmochten. Dazu noch die bewusstepolitische Abgrenzung gegen daskonkurrierende Genussmittel ausFrankreich – und schon erfreutesich deutscher Sekt zunehmenderBeliebtheit.

S

17

ndlich konnte die aufstrebendeSektkellerei Kloss & Foerster

aus dem Hinterhaus der FamilieKloss ausziehen. Und sich in statt-liche Räumlichkeiten verbessern.Jetzt hat man Platz – und der wirdauch gebraucht. Denn die Nach-frage steigt. Schon 1867 könnendie Winzer an Saale und Unstrutnicht mehr genug fertigen Weinund Most liefern. Dazu kommendie ganz natürlich schwankendenErntemengen.

lso beginnen Kloss & Foers-ter mit dem Kauf größerer

Mengen von Most und Weinen inBaden und Württemberg. AuchTrauben werden mehr und mehr

in anderen Weinbaugebieten ge-kauft und zum Teil schon dort,aber auch in allen zur Verfügungstehenden Keltern und Kellern inund um Freyburg weiter verarbei-tet. Auf den Versteigerungen derKönigl. Preußischen Domänen inEberbach, auf dem legendären Jo-hannisberg und an vielen anderenOrten an Rhein, Main und Moselwerden die Einkäufer von Kloss &Foerster gern gesehene Gäste. Dennsie zahlen gut für gute Qualitäten– was den Sekt immer besser undimmer beliebter macht.

Und so weiter.A

E

„Nicht Kunst und Wissenschaft allein,Geduld will bei dem Werke sein;Ein stiller Geist ist jahrelang geschäftig;Die Zeit nur macht die feine Gärung kräftig.“

Goethe, Faust I.

In der Champagne

arbeitet man fleißig

für den Wein-Export.

Die Zeit nach

1867

RZ_150JahreBuch_innen_06 28.04.2006 17:11 Uhr Seite 16

1885

achdem der Sieg gegenFrankreich das National-

gefühl gestärkt hat, wird auch derdeutsche Sekt immer be-

liebter. Nicht ganzohne Schützenhilfe

von ganz oben:ReichskanzlerBismarck war

so frei, zumSchutz der deutschen

Sektwirtschaft den Einfuhr-Zollauf Champagner kräftig zu erhö-hen, 1879 zum Beispiel von 16 auf 48 Mark pro damals üblicherVerrechnungseinheit. Nur adäquat,dass Sekt von Kloss & Foerster imganzen Land immer populärerwurde. Und mag man aus heutigerSicht zumindest eine Augenbraueheben – der Erfolg kam durchdie zunehmende Beliebtheit inOffizierskreisen erst so richtig inSchwung. Waren doch die höchs-ten Militärs höchst angesehen imVolk, quasi die Meinungsbildner

anno dazumal. Passend dazu konn-te im Jahr 1885 ein exklusiverLiefervertrag mit dem DeutschenOffizier-Verein, Betreiber der preu-ßischen Offizierkasinos, abgeschlos-sen werden – nach inoffiziellenMeldungen übrigens persönlichbefördert vom feschen PrinzenWilhelm, dem späteren KaiserWilhelm II. Was neben dem ingroßem Maße garantierten Ab-satz-Volumen damals allerbesteWerbewirkung versprach.

N

H Ö C H S T E R F R E U L I C H ! 1886 KO N N T E

K L O S S & F O E R S T E R 250.000 F L A S C H E N SE K T V E R K AU F E N !

1885 eröffnet F. F. Knabe an der Mauerstraße inBerlin das Deutsche Sekthaus.

Sekt gab’s dort selbstverständlich nur von Kloss & Foerster.

1871

ie aufstrebendeSektkellerei im idylli-

schen Winzerstädtchen ander Unstrut prosperierte mit.Man mietete weitere Keller an,kaufte Bauland, investierte inWeinberge. Und in gute Mitar-beiter: Am 3. Februar 1871 hatteAdam Feldmann, ein geborenerMainzer, seine Stelle als neuer Kel-lermeister bei Kloss & Foersterangetreten. Als Nachfolger vonHerrn Lewalder wird er der Sekt-kellerei 30 Jahre lang bis überdie Jahrhundertwende die Treuehalten.

Seine Arbeit trägt raschFrüchte. Der Erfolg auf der

ersten Reichstags-Weinprobe1876 trägt zum schnellen

Wachstum dieser Jahre bei. Auchauf den Ausstellungen in Han-nover 1877 und Magdeburg 1878schneidet Kloss & Foerster sehrgut ab – man darf nicht vergessen,dass diese Art des direktenMarketings damals ein zentralerBaustein der Vermarktung war.1880 sind schon drei Reisende fürdie Firma aktiv, dazu eine Reihevon Handelsvertretungen im gan-zen Land. Besonders stolz ist manauf die Große Preußische Staats-medaille in Gold, die dem Unter-nehmen auf der Gewerbe-Ausstel-lung Halle 1881 verliehen wird.

Ada

m F

eldm

ann

D

Schöner konnte man damals kaum für eine Markewerben: Der Kloss & Foerster Pavillon auf einer der damals so beliebtenGewerbeausstellungen.

19

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:42 Uhr Seite 18

n Freyburg platzen derweil dieKeller aus allen Nähten. 1887

ist es endlich so weit, die Bauplänekönnen verwirklicht werden. Dazuerwirbt man das direkt nördlichder Kellerei gelegene „Restaura-tions-Etablissement“ (man könnteauch sagen: Restaurant) „ZurChampagnerfabrik“ nebst Grundund Boden. Und dann wird in denMuschelkalk des Berghangs gegra-ben: 5 Stockwerke tief entsteht der„Große Keller“, wunderbar tro-cken, mit ideal funktionierendernatürlicher Belüftung – und, wie

die Kreidekeller der Champagne,perfekt geeignet, noch mehr nochbesseren Sekt herzustellen. NeueKontor- und Empfangsgebäudewerden gleich mitgebaut, 1890ein großer „Hofkeller“. Wennnicht für die Ewigkeit, so doch fürlange Zeit: Der Große Keller unddie stattlichen Gebäude vondamals bilden auch heute nochdas Herz der Sektkellerei in Freyburg.

1887

I

1887

EINE ZEIT STOLZEN WACHSTUMS.Auch in die T iefe.

Auch hier wird ausgebaut:

Das Restaurant „Zur Champagner-

fabrik“ in Freyburg,

vor und nach dem Umbau.

21

1887

tau

cht

die

gem

ein

e R

ebla

us

in d

en W

ein

berg

en

des

Saal

e-U

nst

rut-

Geb

iets

au

f u

nd

begi

nn

t ih

r Wü

ten

.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:42 Uhr Seite 20

1

2

3

4

5

5 Der fünfte Keller:

Herstellung des Tirage-Likörs, der

gemeinsam mit der Reinzuchthefe

die zweite Gärung in der Cuvée

auslöst.

4 Der vierte Keller,

genannt Weinsaal: Hier lagern in

langen Reihen die Eichenholzfässer

mit den Weinen, aus denen

die Cuvée gemischt wird.

3 Im dritten

und größten Keller werden die

Cuvées gemischt und die

Sektflaschen gefüllt.

2 Der zweite

und erste Keller sind Reife- und

Rüttelkeller, in denen in vielen tau-

send Flaschen der Sekt in Ruhe auf

der Hefe reift und anschließend nach

der klassischen Methode von Hand

gerüttelt wird. .1

5Stockwerke tief, 13.000 m2 Fläche:

Der „Große Keller“ der Rotkäppchen

Sektkellerei ist seit 1887 in Betrieb.or Ort wächst also heran,was auch heute noch das

Stadtbild prägt. Was fehlt, ist einedem Aufschwung entsprechendeVerkehrsanbindung. Im Unstrut-Tal sind die Straßen oft unpassier-bar, Brücken fehlen und der Sektmuss mit viel Mühe und vierspän-nigen Fuhrwerken rund 10 kmzum Naumburger Bahnhof gekarrt

werden. Nach vielen Briefen undBeschwerden an die Obrigkeitenwird am 30. September 1889 end-lich die Unstrut-Eisenbahn eröff-net. Die stolze Sektkellerei ist ansinternationale Verkehrswegenetzangeschlossen. Und wie feiert mandieses Ereignis in Freyburg? Miteinem standesgemäßen Sektmahlund passendem Liedgut.

VDie 1. Bauphase des Großen Kellers, von unten nach oben:

„Jetzt in Freyburg angekommen,

wird das Sektmahl eingenommen;laßt dazu die Gläser klingen,

laßt uns trinken, laßt uns singen:Hoch die

Unstrut-Eisenbahn!“

A

1889

23

m 30. September 1889:

Die Unstrut-Eisenbahn wird eingeweiht.

Und in festlichem Rahmen besungen.

RZ_150JahreBuch_innen_06 28.04.2006 17:13 Uhr Seite 22

25

1889

eil sich F. F. Knabe, imvorigen Kapitel eingeführt,

neben der Leitung der Geschäfteauch um die Reklame kümmert,ist anzunehmen, dass er die fol-gende clevere Idee auf die Räderstellte: Deutschlands erster „Sekt-waggon“ fuhr für Kloss &Foerster Reklame. Und die Ware

zur Kundschaft, gut geschützt vondoppelt gepolsterten Wänden. Miteingebaut war eine technische Sen-sation: Die Görlitzer Eisenbahn-waggongesellschaft hatte extraeine Heizung konstruiert, die denInhalt auch im tiefsten Wintersachgerecht temperierte.

W 1889 erwirbt F. F.Knabe das WeingutSt. Nicolas in Scybei Metz, fortaneine wichtige Quellefür die heimischeSektkellerei.

1892

Der Kloss & Foerster

Sektwaggon ist heute

wieder erhältlich.

Als Modell.

Bernhard Otto ist für Kloss & Foerster dabei,

als am 2. März 1892 die 15 wichtigsten SektkellereienDeutschlands das „Syndikat der

Schaumweinfabrikanten“ gründen – heute bekannt als

„Verband Deutscher Sektkellereien e.V.“.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:42 Uhr Seite 24

ie Generation der Gründersegnete innerhalb weniger

Jahre das Zeitliche: Ende 1888Carl Foerster, der Kellerfachmann,dann Ende 1890 Julius Kloss, derKaufmann, und am 26. Juni 1891starb F. F. Knabe, der energischeVerkäufer. Die Leitung der Geschäf-te lag fortan bei Rudolf Foerster,dem ältesten Sohn des Gründers,gemeinsam mit Bernhard Otto(Schwiegersohn des alten Knabe)und Ewald Kloss, dem drittenSohn von Julius.

ie beschließen gemeinsam eineganz besondere von vielen

Baumaßnahmen dieser Jahre: DerHof der Sektkellerei wird 1893mit einem freitragenden Dachüberdeckt, das von Glasbändernquer durchzogen wird. Damit entstand der Lichthof – damalseine architektonische Sensation,heute ein Denkmal der deutschenIndustriegeschichte.

D S

27

1893

Die

Ges

chäf

tsle

itu

ng

in d

en 9

0er

Jah

ren

des

19.J

ahrh

un

dert

s.

E S W E R D E SC H AT T E N! Der L ichthof ents teht .

Ber

nh

ard

Ott

o

Ewal

d K

loss

Ru

dolf

Foe

rste

r

Man achte aufs Detail – und vergleiche

Foto links mit Zeichnung hier: Die

Bauherren bauten in Wirklichkeit

höher, als der Entwurf zeigt.

1893

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:42 Uhr Seite 26

1893

ie neue große Halle wurdenatürlich von Anfang an

auch als Veranstaltungsraum ge-nutzt, das Städtchen Freyburghatte endlich einen schönen Fest-saal. Das gesellschaftliche Lebenbereichert sich in der Folge umEreignisse wie den DeutschenRadfahrer-Bundestag, der dreiJahre später mit mehr als 1.100Radlern dort tafelt und feiert.

er eigentliche Grund für dasaufwändige Bauwerk war

aber ein viel näher liegender: DasDach sollte Schatten spenden. Undso die Keller unter dem Hof auchan heißen Sommertagen ein wenigkühler halten. Denn schon wenigeGrad über dem Erträglichen ver-ändern den Gärprozess im wert-vollen Lagergut dergestalt, dass esScherben gibt: Flaschenbruch warin der guten alten Zeit ein durch-aus kostspieliges Problem.

D D

Julius Kloss, gestorben 8.8.1890, galt als kluger Kaufmann:

„Erst wäg’s, dann wag’s!“ war sein Wahlspruch.

Der historische Lichthof:

1.060 m2 Platz, gut beschattet, trotzdem hell.

Auch Maurer könnenFeinarbeit: die Giebelwanddes Lichthofes.

Viel Platz. Auch für die

Probe eines Messeaufbaus.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:42 Uhr Seite 28

31

1894

SC H LU S S M I T D E M MO N O P O L.Ab je tz t g ibt ’s Rotkäppchen.

itte derNeunziger erfreuten sich die Sekteaus dem Hause Kloss & Foersterhöchster Beliebtheit, auch in aller-höchsten Kreisen: Kaiser WilhelmII. pflegte bei jeder sich bietendenGelegenheit den deutschen Sekt zu protegieren. Und seine Lieb-lingssorte war – wir ahnen es –Monopol aus dem Hause Kloss &Foerster. Dem Zeitgeist entspre-chend eine ideale Kombination ausfranzösischem Image und deutscherWertarbeit, obendrein fürs Volkpreiswerter erhältlich als die bisherso beliebte französische Alternative.

Allerdings war die Recht-sprechung damals schon weiter, alsman heute vermuten mag: Kaumwird am 12. Mai 1894 das neuedeutsche „Gesetz zum Schutz derWarenzeichen“ veröffentlicht,macht die Konkurrenz mobil. Dasfranzösische ChampagnerhausWalbaum-Heidsieck will seine seit1846 erfolgreiche StandardmarkeMonopole schützen. Geht vorGericht. Und gewinnt mit Paukenund Trompeten. Nur noch Cham-pagner von Heidsieck & Co. inReims darf ab sofort die Bezeich-nung „Monopole“ tragen.

M

1894

Die erste Erfolgsmarke aus dem

Hause Kloss & Foerster: Monopol.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 21:06 Uhr Seite 30

1894

Sage keiner, man hätte

keine neuen Ideen für neue Sektmarken!

Am 28. Juni 1895 meldet Kloss & Foerster

fünf neue Marken beim Handelsregister an:

Talisman, Matador, Imperator,Triumph, Fortuna.

Ewal

d K

loss

:Lei

ter

der

Rek

lam

e u

nd

Ein

käu

fer

alle

r M

ater

iali

en.

Kein Märchen, sondern Sekt-

Geschichte: Seit 1894 gibt

es die Marke Rotkäppchen.

Die geflügelte Sektflasche mit fliegendem Korken und spritzigem Sekt: Das erste

Markenzeichen der Sektkellerei.

eherzt macht dieGeschäftsleitung in

Freyburg aus der Noteine Tugend. Und fällt

eine Entscheidung von be-trächtlicher Tragweite: Die

schon traditionell rote Kapselder Freyburger Sekte wird zumNamensgeber der neuen Marke.Seit 1894 gibt es RotkäppchenSekt. Und nur ein Schelm könntevermuten, dass diese Namenswahl

eine ebenso bewusst wie raffiniertausgeführte Retourkutsche gegendie Marke „Red Top“ des Cham-pagnerhauses Heidsieck gewesensein könnte. Die Moral von derGeschicht: Unterschätz das Rot-käppchen nicht!

B

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 21:06 Uhr Seite 32

35

1896

ei Kloss & Foerster hat dieHerstellung von Sekt mittler-

weile solche Ausmaße angenom-men, dass die Kellerei immer grö-ßere Mengen Grundweine aufVorrat einlagern muss. Zitierenwir dazu aus einer Festschrift derJahrhundertwende: „... so sindKloss & Foerster gezwungen, imInteresse ihres Weltgeschäftes zugeeigneten Zeiten die großen Trau-benvorräte zu erstehen, deren siebenötigen, um durch ungünstigeHerbste nicht in Verlegenheitgesetzt zu werden.“

Der langen Rede kurzer Sinn: Zeitfür eine neue Investition. Und auchin diesem Fall verstehen es die Ent-scheider in der Sektkellerei wieder,die wirtschaftliche Notwendigkeitmit einem höchst werbewirksa-men Zusatznutzen zu verbinden: Sie lassen nicht einfach ein sehr

großes Fass zum Mischen von sehrviel Wein bauen. Sie lassen einRiesenfass bauen. Und gleich nocheinen Domkeller darum herum.

m 3. Februar 1896, pünktlichzum 25-jährigen Dienstjubi-

läum des Kellermeisters AdamFeldmann, wird die Fertigstellungdes gewaltigen Fasses gefeiert. DerSohn des Kellermeisters, Georg,hat es mit Hilfe der Küfer in derhauseigenen Küferei gebaut. DasHolz von 25 mächtigen Eichenaus den Wäldern der FreyburgerGegend wurde verarbeitet, pracht-volle Schnitzereien verzieren dasMeisterwerk der Küferkunst.Fortan können 120.000 LiterWein vermischt werden – so ent-stehen besonders große MengenSekt von gleichem Geschmack,Cuvées, die jeweils 160.000Flaschen einer Sektmarke füllen.

1896

ZE IT, EIN FASS AUFZUMACHEN.Und zwar e in r iesengroßes.

B A

Georg Feldmann

ist stolz auf sein Werk.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 21:06 Uhr Seite 34

37

1897

Was ist eigentlich eine Cuvée?

ekt wird aus Wein gemacht,und der schmeckt – selbst

wenn er vom gleichen Weinbergkommt – Jahr für Jahr ein weniganders. Das Geheimnis einer erfolg-reichen Sektmarke ist aber einstets annähernd gleich bleibenderCharakter. Viel Erfahrung undbesonders gut ausgeprägte Sinnefür Geruch und Geschmack sinddaher das wichtigste Handwerks-zeug der Kellermeister. Sie müssenaus der Vielfalt unterschiedlicherRebsorten, Lagen und Jahrgänge

immer wieder aufs Neue die richti-gen Grundweine zu einer Mischungkomponieren, die den Erwartun-gen der Genießer entspricht. EinVorgang höchster Raffinesse, dendie Erfinder des Verfahrens treff-lich in der Sprache der Liebebeschrieben haben: DieVermählung der Weine wird „Marriage“ genannt.

1897

wir

d K

loss

& F

oers

ter

Hof

lief

eran

t de

r Fü

rste

nh

äuse

r

Sch

war

zen

burg

-Ru

dols

tadt

un

d A

nh

alt-

Ber

nbu

rg.

Hochkultur trifft Sektkultur:

Die Inschrift auf dem Großen Fass

zitiert Friedrich Schillers

„Lied von der Glocke“.

Arbeit ist des Bürgers ZierdeSegen ist der Mühe Preis

Ehrt den König seine WürdeEhret uns der Hände Fleiss.

S

1896

eutschlands größtes ge-schnitztes Cuvéefass steht

seit seiner Fertigstellung in einemeigens dafür gebauten Keller,erreichbar aus der dritten Ebenedes fünfstöckigen Großen Kellers.Fast sakral wirkt der Raum aufden Betrachter – durch farbigesGlas in der Kuppel fällt das Lichtauf die umlaufenden Säulengängeund die vielen im Halbdunkelruhenden kleineren Fässer an denSeiten. Die Atmosphäre im Dom-keller ist unweigerlich feierlich.Die Besucher sind ebenso zahlreichwie beeindruckt.

chon zwei Jahre später bringtelektrischer Strom dann

zuverlässig Licht ins dämmrigeDunkel: Die Sektkellerei Kloss &Foerster lässt sich ein eigenes Elek-trizitätswerk bauen. Jetzt herrschtLicht in allen Kellern und die ver-schiedensten modernen Maschinenwerden elektrisch angetrieben.Gut für die Arbeiter, besser für dieArbeitssicherheit, am besten fürsPrestige.

D S

So ein Meisterwerk hat

nicht jeder im Keller:

Aus 25 Eichen entsteht ein Cuvéefass mit

120.000 Liter Fassungsvermögen – gut

für 160.000 Flaschen besten Sekts.

Besitzerstolz und Kennerblick: Im Domkeller

verkostet eine illustre Runde den neuen Sekt.

V.l.n.r.: Rudolf Foerster, Hermann Kanzler (Küfer),

Georg Feldmann (Kellermeister) und Ewald Kloss.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 21:06 Uhr Seite 36

39

1899

ach schönster Art des Hausesüberrascht man die Öffent-

lichkeit auch 1899 mit einer spek-takulären Werbe-Inszenierung:Zum 25. Jahrestag seiner Firmen-zugehörigkeit lässt der Prokuristund Handelsvertreter Emil Russakam 1. Oktober einen Sonderzugdurchs Land rollen: 25 Doppel-waggons transportieren exakt die78.500 Flaschen Kloss & Foerster-Sekt, die er in seinem Bezirk ver-kauft hat! Übrigens der erste Son-dergüterzug, den je eine deutscheEisenbahnverwaltung abgefertigthat. Kein Wunder, dass alle „Illus-trierten Zeitungen“ das Bild desfestlich geschmückten Zugesdruckten.

in anderes enorm öffentlich-keitswirksames Thema dieser

Zeit waren wissenschaftliche Expe-ditionen, die mit viel Nationalstolzin den entlegensten Gegenden derWelt nach Neuland suchten. Kloss& Foerster gelang es tatsächlich,die erste deutsche Südpolarexpe-dition unter Erich Dagobert von

Drygalski mit hochwertig prickeln-dem Proviant auszurüsten. Manwar von 1901 bis 1903 unterwegs,speditierte zwei Kisten Sekt um diehalbe Welt, entdeckte (dem eigent-lichen Hauptsponsor Reverenzerweisend) Kaiser-Wilhelm-II-Landund feierte den Erfolg. Für Letztereswurde eine Kiste Sekt verbraucht.Die andere zum gelungenen Be-weise der Haltbarkeit wieder mit-gebracht. Was die Herren Forscherdie Geschäftsleitung in einerDankes-Depesche wissen ließen.Die wiederum das Schreibenganz nüchtern abdruckten. AlsZeitungs-Anzeige zur ganz und

gar uneigennützigen Eigenwerbung.

1900

E I N E P R I C K E L N D E ZE I T :Man i s t in a l ler Munde.

N

Um die Jahrhundertwende

E

Imm

er g

ut

für

ein

e gu

te W

erbe

-Ide

e:

Emil

Ru

ssak

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 21:06 Uhr Seite 38

41

1904

m Jahr 1903 hält das preußi-sche Militär in der Gegend um

Freyburg ein so genanntes Kaiser-manöver ab. Dementsprechendanwesend, sagt Kaiser Wilhelm II.den denkwürdigen Satz: „Die Sekte von Kloss & Foerstersind sehr bekömmlich. Ich kannmit vollem Recht behaupten, dassich es gewesen bin, der sie in vie-len Offizierkasinos eingeführthat!“ Vor diesem Hintergrund istes den Reklametreibenden aus

Freyburg/Unstrut kaum zu verden-ken, dass die Werbung dieser Zeitgern Soldatisches zeigt. Sektkübel-weise werden die Rotkäppchen-Flaschen den Galanen in Uniformzugeführt.

esagter Kaiser Wilhelm II. führtam 1. Juli 1902 zur Finanzie–rung

esagter Kaiser Wilhelm II.führt am 1. Juli 1902 zur Fi-

nanzierung der kaiserlichen Flottedie Schaumweinsteuer (vulgo:Sektsteuer) ein. Ihre Höhe beträgt50 Pfennig pro Flasche. Ihr Effektfür den kriegsgerechten Schiffbaurechnet sich. Denn die Sektindus-

trie prosperiert ungebrochenweiter. 1905 werden über

11 Millionen Flaschendeutschen Sektes versteuert.

B

An

no

1901

ver

leih

t de

r H

erzo

g vo

n S

ach

sen

der

Sekt

kell

erei

den

Tit

el d

es H

ofli

efer

ante

n.

I

Der Personalwechsel zum

Jahrhundertwechsel: Adam Feldmann,

der 30 Jahre lang als Erster Kellermeister die Cuvées der Freyburger Sektmarken

verantwortete, tritt in den Ruhestand. Die Verantwortung bleibt in der Familie:

Seine Söhne Georg und Wilhelm treten nach langer, fundierter Ausbildung

in aller Welt seine Nachfolge an. .

Kloss & Foerster gehört zu den 10 erfolgreichsten Sektkellereien im Deutschen Reich.

1901

Georg Feldmann Adam Feldmann

Wilhelm Feldmann

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 21:07 Uhr Seite 40

YKleine Feinheit am Rande: Kurzvor 1900 wird amtlich, dassFreyburg mit y geschrieben wird.

Eine Entscheidung ganzim Sinne des größten

Arbeitgebers am Platze. Es sol-len fortan weniger Waren-lieferungen versehentlich imBreisgau landen.

1904

kauft die Stadt Freyburg

das Elektrizitätswerk,

um allen Einwohnern

die Annehmlichkeiten

des elektrischen Lichtes

zu verschaffen.

Freyburg

Freiburg

1904

Nach einer historischen Vertriebskarte

der Sektkellerei Kloss & Foerster.

RZ_150JahreBuch_innen_06 28.04.2006 19:07 Uhr Seite 42

501906

F Ü N F Z I G JA H R Eund kein bi s schen le i se.

as 50. Jubiläum der Firmen-gründung feiert man in Frey-

burg mit großem Vergnügen undebensolchen Feierlichkeiten. EineFestschrift erscheint, verdienteMitarbeiter werden geehrt, groß-zügige Spenden der Geschäftslei-tung kommen dem Bau einesKrankenhauses zugute. Stolz be-richtet man von den Handelsstättenin aller Welt, an denen die Firmaeigene Niederlassungen unterhält.Und kämpft mit allem, was derZeitgeist an Argumenten erlaubt,um Reputation.

Eine wuchtige Plakette

erinnert an die gute Tat:

Zum 50. Jubiläum der Sektkellerei stiften die

Inhaber 60.000 Mark für die

Beamten und Arbeiter des

Hauses. Erstere sind übrigens

keineswegs Staatsdiener, sondern

Angestellte.

D1906

Es g

ibt

sie

noc

h:D

ie S

onde

r-C

uvé

e

zum

50.

Jubi

läu

m d

er S

ektk

elle

rei.

Herzlichen

Glückwunsch:

Die Jubiläumsgabe

der Mitarbeiter

an die

Firmenleitung.

bis

45

Das Beste vom Besten

RZ_150JahreBuch_innen_07 02.05.2006 14:40 Uhr Seite 44

47

1906

azu gehört auch die öffent-lichkeitswirksame Versor-

gung deutscher Soldaten bei ihrenEinsätzen: „Für unsere bravenTruppen, die in Südwestafrika un-ter vielfachen Beschwerden einengefahrvollen Kampf kämpfen,durften Kloss & Foerster im Jahre1905 viele Tausende ganze und

halbe Flaschen Rotkäppchen-Sektzur Stärkung kranker und verwun-deter Krieger liefern, nachdem sichauch im China-Feldzuge die Halt-barkeit dieser Sekte so glänzenderwiesen hatte.“

D

ingegen aus Amerika kom-mend, erreicht in diesen

Jahren die „neuzeitige Art derReclame“ die deutsche Wirtschaft.Man lässt mehr und mehr Werbe-schilder malen, man plant gezieltdie Verbreitung ansehnlicherPostkarten mit beliebten Werbe-motiven. Grafisch ansprechendgestaltete Annoncen in den wich-

tigsten Zeitungen und Zeitschrif-ten erinnern die Leser immer wie-der an den feinen Sekt aus Frey-burg. Und mag man sich aus derheutigen Perspektive geizig-geilerZeiten auch wundern, so galtdamals die vielfache Verwendungdes Begriffes „preiswert“ alsPrädikat. Im schönsten Sinne desWortes war es nämlich etwaswert, wenn der Wert eines Pro-duktes seinem Preis entsprach.Eine Auszeichnung, die man na-türlich in Sachen Sekt als willkom-mene Abgrenzung gegenüber derteuren französischen Champagner-Konkurrenz verstanden wissenwollte.

H

Die schönsten Anzeigen für

Rotkäppchen erschienen in der

Trendzeitschrift der Jahrhundert-Wende:

Jugend - Münchner illustrierte

Wochenzeitschrift für Kunst und Leben.

RZ_150JahreBuch_innen_06 28.04.2006 17:15 Uhr Seite 46

49

EIN SCHUSS GEHT NACH HINTEN LOS.Und dann der Kr ieg.

1918

olitik pflegt nicht immer zuerreichen, was im Sinne der

Erfinder war. Ein direkt den Ver-lauf unserer Geschichte beeinflus-sendes Beispiel ist die erst kürzlicheingeführte Sektsteuer. Zur forcier-ten Finanzierung der KaiserlichenFlotte überlegt man sich eine neueVariante. In den Jahren 1909 bis1918 wird sie im Deutschen Reichals Staffelsteuer erhoben, je teurer,desto mehr. Sekt mit einem Fla-schenpreis bis 4 Mark wird mit 1 M Steuer belegt, Sekt in der Preis-lage zwischen 4 und 5 M mit 2 MSteuer – und bei einem Verkaufs-preis von über 5 M pro Flascheverlangt der Gesetzgeber 3 MSteuer.

chlagartig finden die an-spruchsvolleren Sektsorten

kaum noch Käufer. Die Konse-quenz ist unerquicklich, beiQualität und Quantität, und diesnatürlich auch für Kloss & Foers-ter: In Deutschland werden kaumnoch hochwertige Sektsorten pro-duziert. Hier die Zahlen von 1910:

Unterste Preisklasse:11.247.196 Flaschen.

Mittlere Preisklasse:12.971 Flaschen.

Obere Preisklasse:406 Flaschen.

In Freyburg stellt man dieProduktion der teureren Sortendeshalb schlichtweg ein.

P Sie Geschäftsleitung sorgt sich derweil um das Wohl-

verhalten der Mitarbeiter. Manführt zum 1. Juli 1909 eine neue„Arbeits-Ordnung“ ein. Demnachist es den Arbeitern fortan unter-sagt, in der Fabrik Schnaps oderBier zu trinken. Oder aber starkriechende Esswaren wie Hering,Bückling, Zwiebeln mitzubringen.Die ausgleichende Gerechtigkeitmaterialisiert sich in Form von

einer halben Flasche Wein zumFrühstück. Pro Tag und proerwachsenem Arbeiter.

ach der Generalmobil-machung 1914 werden

Ewald Kloss, Paul Knabe und einTeil der Belegschaft zum Kriegs-dienst eingezogen. Der Erste Welt-krieg führt rasch zur Verknappungvon Zucker und Korken, zweinicht unwesentlichen Produktions-mitteln für guten deutschen Sekt.Die Produktion in Freyburg wirdallerdings nur unwesentlich einge-schränkt, die Nachfrage ist unge-brochen – wir erinnern uns an diestrategisch günstige große Beliebt-heit in Militärkreisen.

N

Hans Rudi Erdt gestaltet 1912 ein heute

noch ansprechendes Plakatmotiv

im damals zeitgemäß mondänen Stil.

Je schlechter die Zeiten,

desto frivoler die Werbung.

D

1914

bis

Das Weingut St. Nicolas geht mit dem Krieg ebenfalls

verloren.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 21:07 Uhr Seite 48

51

1929

ie Folgen des Ersten Welt-krieges schlagen mit aller

Härte auf die Geschäfte der Sekt-kellerei durch. Das Weingut inScy bei Metz ist verloren, Elsaß-Lothringen gehört jetzt zu Frank-reich, die Einfuhr der wichtigenfranzösischen Grundweine wirdwegen knapper Devisen immerschwieriger. Die finanziellen Folgendes Krieges belasten das Unter-nehmen, man muss Schuldenmachen, das eingesetzte Kapitalverliert an Wert. Beim AmtsgerichtFreyburg wird am 20. Juli 1919die Herabsetzung der Einlagen derKommanditisten im Handels-register vermerkt.

er Mangel an Devisen unddie beginnende Inflation ver-

schärfen die wirtschaftlichenProbleme. Kloss & Foerster muss– wenn schon nicht den Wein –Korken und Zucker im Auslandkaufen, die Kosten laufen davon,das Geld wird immer wenigerwert. Im Herbst 1923 beträgt derPreis für eine Flasche Rotkäppchen

Sekt 1.928.000 Mark. Der Stun-denlohn eines Arbeiters liegt bei210 Mark. Die Inflation frisst ihreKinder.

eil die Geschäfte in diesenJahren so schlecht gehen,

müssen die Kaufleute mit denBankiers um Kredite feilschen.Und dann passiert der Welt eineWirtschaftskrise, die natürlichauch auf die deutschen Sektkel-lereien durchschlägt: Von 1929bis 1931 sinkt der Absatz derBranche um mehr als die Hälfteauf nur noch 4,5 MillionenFlaschen.

1929

sch

eide

t de

r K

elle

rmei

ster

Geo

rg F

eldm

ann

au

s de

n

Die

nst

en d

er S

ektk

elle

rei

Klo

ss &

Foe

rste

r au

s.N

ach

folg

er w

ird

Geo

rg F

eldm

ann

– d

er S

ohn

.

1918

ES GÄRT IN WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT:Von der Kr ise in den Kr ieg.

bis 1945

W

D

DTraurigeAussichten:Die Inflationsteht vor derTür.

Da steht der ganze Stolz.

Der Mann heißt Charles.

Steht jedenfalls auf der Rückseite der

historischen Postkarte.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 21:09 Uhr Seite 50

19331931

zur Sicherstellung ihrer Kredite dieÜbereignung von Reichsschuld-buchforderungen. Dann muss dieSektkellerei im Oktober 1931 derDeutschen Bank 50.000 FlaschenRotkäppchen Sekt als Sicherheitüberschreiben. Die Zentrale inBerlin bittet ihre Filiale in Halle zu erwägen, „... ob man nicht derFirma Kloss & Foerster dieEinstellung der Produktion ...empfehlen soll“. Anfang 1932 verhandelt Berlin mit einem Unter-nehmen aus der Spirituosenbran-che, das in ganz Deutschland Sekt-firmen übernehmen will. Aber„die Kundin“ lehnt ab – in einemschicksalhaften Schreiben vom26. Februar informiert die BerlinerZentrale die vor Ort zuständigeFiliale in Halle über die vermeint-

liche Minderwertigkeit der Markeals Grund der Entscheidung.

ie Inhaber tun, was sie unter-nehmerisch tun können. Sie

reduzieren die Arbeitszeiten, ver-kleinern die Belegschaft, drosselnalle Kosten, schaffen es mühsam,die Schulden zu drücken. Mit derMachtergreifung der National-sozialisten Anfang 1933 lässt derDruck der Banken ein wenig nach.Die Kreditinstitute spekulieren aufdie baldige Abschaffung der Sekt-steuer. Und verschaffen der Sekt-kellerei in Freyburg ein wenig Luftzum Überleben.

loss & Foerster überlebt.Aber das 75-jährige Beste-

hen der Sektkellerei wird am 31.Oktober 1931 ganz sicher nur inkleinem Rahmen gefeiert. Zitierenwir aus einem Schreiben derIndustrie- und HandelskammerHalle: „Das Jubiläum fällt in eineZeit schwerster wirtschaftlicherNot, die eine ungetrübte Freudenur schwer aufkommen lässt.Wir geben aber gern dem WunschAusdruck, dass Ihre Firma die ausder Zeit entstandenen Schwierig-keiten überwindet und ihr auch inZukunft eine glückliche Entwick-lung beschieden ist.“

or dem Glück stehen dieBanken. Die Wirtschaftslage

hat das Unternehmen in die Ab-hängigkeit von zwei Geldinstitutenmanövriert. Die „Dresdner Bank“und die „Deutsche Bank undDisconto-Gesellschaft“ fordern

Qualität muss sein.

Auch in harten Zeiten

wird sorgsam gerüttelt.

DK

Zwei Top-Marken werben gemeinsam.Und beim Kauf einer Edelkarosse Marke

Audi gibt’s zur Feier des Tages eineFlasche Sekt Marke Kloss & Foerster.

V

53

RZ_150JahreBuch_innen_07 02.05.2006 14:44 Uhr Seite 52

55

1945

eit diesem Jahr herrscht dannwieder Krieg in Europa. Die

Produktion bei Kloss & Foersterläuft weiter, das größte Problemist die immer schlechter werdendeTransportkapazität. Sogar diePferde werden eingezogen. DieVersorgung mit Grundweinen istgut, Flaschen werden allerdingsMangelware. 1943 stirbt RudolfFoerster, die Leitung des Unter-nehmens liegt nun allein beiGünther Kloss, dem Enkel desGründers. Ende 1944 muss erTeile des Betriebs der Rüstungs-industrie zur Verfügung stellen.Die National-Krupp-Registrier-kassen GmbH hält Einzug. Unddann die Amerikaner: Am 12.April 1945 rücken die Soldatenmit Kaugummis und Kippen inFreyburg ein. Sie bleiben nichtlange – die Stadt wird der sowje-tischen Militärverwaltung unter-stellt.

1933

ach der Ernennung Hitlerszum Reichskanzler am 30.

Januar 1933 versinkt Deutschlandin eine Zeit der unsäglichen Ge-waltherrschaft. Vor dem düsterenHintergrund der Greueltaten undVerfolgungen des Jahres 1933wird die Abschaffung der Schaum-weinsteuer am 30. November zueiner Nebensächlichkeit. Als his-torischer Fakt muss sie in dieserGeschichte trotzdem erwähntwerden. Denn kaum vom Steuer-zuschlag befreit, kommt derAbsatz deutschen Sekts wieder inSchwung: Die gleichen 77 Sekt-kellereien, die 1933 nur 5,3 Milli-onen Flaschen verkaufen konnten,bringen schon 1934 rund 10 Milli-onen Flaschen an Mann und Frau.

ine Entwicklung, die auchKloss & Foerster wieder pro-

sperieren lässt. Das Unternehmenerholt sich langsam, aber stetig.Von 1933 auf 1934 nimmt derUmsatz um ein Drittel zu. 1936setzt ein richtiger Boom ein, 1937werden schon wieder 275.000

Flaschen verkauft, man erklärtsich zum ersten Mal seit langenJahren mit dem Verlauf einesGeschäftsjahres ausdrücklichzufrieden. Es ist das Jahr, in demPaul Knabe stirbt, im Jahr daraufauch Ewald Kloss. KommerzienratRudolf Foerster ist mit 76 Jahrender einzige persönlich haftendeGesellschafter. Der KaufmannGünther Kloss tritt in der Nach-folge seines Vaters mit 34 Jahrenin das Unternehmen ein, er wird1939 Prokurist.

N

E

S

1935

wir

d zu

m l

etzt

en M

al e

ine

Cu

vée

im

Rie

sen

fass

im

Dom

kell

er g

emis

cht.

1937 kostet Rotkäppchen

schon wieder RM 4,-.

Auch in schlechten Zeiten gibt es „Sekt für verwöhnte Kenner“.

Ein Teil der Belegschaft

vor der Gaststätte, 1938/39.

Der Herr mit Hut in der Hand ist

Kommerzienrat Rudolf Foerster,

rechts neben ihm Günther Kloss.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 21:09 Uhr Seite 54

57

1946

ie Begründungen zur Ent-eignung sind konstruiert.

Die angeordnete Einrichtung desWehrwirtschaftsbetriebes wirddem Eigentümer ebenso zur Lastgelegt wie das angebliche Verste-cken von 280.000 l „Wehrmachts-wein“ und pauschal die persönli-che Bereicherung. Obwohl sich inallen Verfahren herausstellt, dasskein Gesellschafter belastet ist undsogar der Landtag von Sachsen-Anhalt eine Rückgabe des Unter-nehmens beschließt, wird die FirmaKloss & Foerster nach vielen wei-teren Denunziationen im 91. Jahrihres Bestehens aus dem Handels-register gestrichen.

ünther Kloss ist seiner Exis-tenzgrundlage beraubt und

geht in den Westen Deutschlands.Nach langen Bemühungen findeter 1949 eine Anstellung als Tech-nischer Betriebsleiter der Sekt-kellerei Schultz Grünlack. Undgründet 1952/53 in Rüdesheim dieSektkellerei Kloss & Foerster neu,die seit 1959 mit der SektkellereiOhlig & Co. eng zusammenarbei-tet. Im Osten bleibt die einzigeenteignete Sektkellerei des Landesim idyllischen Freyburg an derUnstrut zurück. Von wo wir nochviel hören werden.

BE S I T Z WE C H S E LT,Tradi t ion ble ibt .

m November 1945 rücken dieamerikanischen Truppen ab,

die sowjetische Armee marschiertin Freyburg ein. Günther Klossarbeitet weiter in der Sektkellereiund wird am 16. November vomSchreibtisch weg verhaftet. DieVorwürfe sind die üblichen zu die-ser Zeit, zu diesem Zweck: Er sollFremdarbeiter misshandelt haben.Das Verfahren zieht sich bis in denFrühsommer 1948. Der Freispruchfür Herrn Kloss belegt nicht nur dieUnschuld des zu Unrecht Ange-klagten. Das Gericht hält in seinerBegründung auch noch fest, dassdie Stadt Freyburg unter anderemGünther Kloss ihre Unversehrtheitin den letzten Kriegstagen zu ver-danken hat. Im April 1945 hatte erbei einem ihm bekannten Wehr-machtsoffizier eine Verteidigung derStadt und die Sprengung von

Brücken (und der Sektkellerei) ver-hindert.

arallel dazu läuft das unwürdi-ge Verfahren der Enteignung

ab. Laut Befehl Nr. 76 der Sowje-tischen Militär-Administration vom18.12.1945 wird die SektkellereiKloss & Foerster unter Zwangsver-waltung gestellt. Der Präsident der Provinz Sachsen setzt am 20.Februar 1946 einen Treuhänder ein.Am 31. Juli 1948 wird die Enteig-nung des Betriebes imHandelsregister beimAmtsgericht Querfurtregistriert. Die Sektkel-lerei ist damit in dasVolkseigentum übernom-men und heißt von Stundan Volkseigener BetriebRotkäppchen-SektkellereiFreyburg/Unstrut.

1945

Nach dem Krieg

wird aufgeräumt.

Und das Dach

des Lichthofes

erneuert.

Die Belegschaft bleibt.

Links außen: Kellermeister

Georg Feldmann.

IP

D G

Ein Drucker aus Gera hält seinem guten Kunden die Treue und gratuliert zum Neunzigsten.

Kei

n g

ute

s Ja

hr

für

ein

e N

eun

zig-

Jah

r-Fe

ier.

1945bis 1948

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 21:09 Uhr Seite 56

59

1955

ie traditionsreiche Sektkel-lerei in Deutschlands nörd-

lichstem Weinbaugebiet hatte denzweiten Krieg im laufenden Jahr-hundert, sachlich betrachtet, weit-gehend unbeschadet überstanden.Der bisherige Inhaber war nachder Enteignung in den Westen ge-flohen. Und im nunmehr volks-eigenen Betrieb gärte und reiftedas wie immer prickelnde Genuss-mittel seiner sozialistischen Zu-kunft entgegen. Die Menschen inFreyburg machten sich an dieArbeit, so gut es ging. Und es gingsehr gut.

an wirtschaftet nach Plan,immer fünfjahresweise, mit

fest vorgegebenen Zielen für

Kosten, Aufwand und zu produ-zierende Mengen. In den Kellernund an den Rüttelpulten sind diebewährten Fachkräfte am Werk.Der Sekt entsteht, wie in all denvielen Jahren vorher, nach demklassischen Flaschengärverfahren.Im Oktober 1955 schickt dieEinheitspartei einen bewährtenKader zur weiteren Bewährung ineine Leitungsfunktion: JoachimWorch tritt mit 28 Jahren seinAmt als Betriebsleiter der Frey-burger Kellerei an. Er ahnt an die-sem Tag noch nicht, dass er seinLebenswerk beginnt.

Okt

ober

195

5:Jo

ach

im W

orch

tri

tt s

ein

Leb

ensw

erk

als

Leit

er

des V

EB R

otkä

ppch

en S

ektk

elle

rei

an.

50er und 60er Jahre

NICHT AUS RUINEN, ABER AUFERSTANDEN:Es wird wieder Sekt gemacht.

Die

D

M

Die Werbung geht

mit der Zeit:

Jetzt auch in der

Sprache des großen

Brudervolkes.

Das fröhliche Winzerfest in Freyburg, September 1954.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 21:09 Uhr Seite 58

61

19571956

n diesem Jahr entstehen in denkühlen Kellern 3.677 hl Sekt.

Rüttelmeister Walter Rothe undseine beiden rüttelnden Mitar-beiterinnen schaffen es, pro Tag60.000 Flaschen zu bewegen.Das genügt allerdings nicht zurErfüllung der steigenden Produk-tionsvorgaben des Arbeiter- undBauernstaates. Es beginnt ein ehr-geiziger Wettbewerb – nicht gegeneine Konkurrenz. Sondern um dieErfüllung der Planvorgaben durchmehr Leistung, weniger Aufwand,höhere Produktionszahlen. Schwer

zu schaffen, denn die Hälfte derKeller ist mit Rüttelpulten belegt.Mehr als rund 600.000 FlaschenSekt pro Jahr können nicht herge-stellt werden. Was 1957 bereitsder Fall ist.

hrgeiz und Plan treiben dieKellermeister an: Wie kann

mehr Sekt mit weniger Aufwandhergestellt werden – aber immernoch als edle Flaschengärung,ebenso beliebt wie begehrt?

I ie Lösung liegt im Trans-vasierverfahren, hier in der

so genannten „Kupferberg-Vari-ante“, gemeinsam erarbeitet mitder entsprechenden Sektkellerei inMainz. Bei diesem Umfüll-Ver-fahren reift der Sekt in speziellenGärflaschen ganz klassisch auf derHefe. Aber statt jede Flasche ein-zeln wochenlang zu rütteln unddann zu degorgieren, wird der feinprickelnde Inhalt in große Tanksumgefüllt, entheft, dosiert, inFlaschen gefüllt – fertig ist dieFlaschengärung.

an führt das Verfahren ein.Und feine Nasen und alte

Hasen sind sich bald einig: DerFlaschengärsekt nach der neuenMethode ist von vorzüglicherQualität. Die meisten Rüttelpultewerden entfernt, der Platz für grö-ßere Fässer und Behälter genutzt –und wie in vielen anderen tradi-tionsreichen Sekthäusern inDeutschland beginnen in Freyburgan der Unstrut die modernenZeiten der Sektherstellung.

Zur Qualitätssicherung muss der Sektab und zu probiert werden. Hier im

Quarantänelager, in dem die Flaschennach der Abfüllung zeigen müssen,

dass sie dicht bleiben.

Degorg ie ren , das : Den gefrorenen Hefepfropf

bei der Schaumweinherstellung aus dem

Flaschenhals entfernen.

E

Fällt täglich ins Auge:

Werbung, die mit der

Zeit geht.

Übrigens heute noch in

Betrieb im Betrieb.

D

M

DEGORGIEREN

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:26 Uhr Seite 60

63

1965

egen Ende der sechzigerJahre wird in der Sekt-

kellerei eine Forschungs- undEntwicklungsstelle eingerichtet.Von nun an geht man dieVerbesserung von Qualitätund Menge systematisch an.Junge Forscher aus allen Tei-len des Landes kommen nachFreyburg, erstklassige Fach-kräfte werden ausgebildet.

Das in über hundert Jahrengewachsene hauseigene Wis-sen um die Herstellung vonSekt wird mit modernsten

Methoden und Techniken kombi-niert. Der VEB Rotkäppchen

Sektkellerei führt neue Ver-fahren ein, erhöht die Pro-

duktion, darf investieren, wirdstolzer Musterbetrieb derDDR.

Auch im Westen Deutschlands gibt esRotkäppchen Sekt – von Kloss & Foerster,Rüdesheim. Denn die dortigen Rechte am

Warenzeichen liegen bei Günther Kloss.Links im Bild: die Jubiläumsflasche von 1966.

1968

1967

/68

wir

d da

s G

roßr

aum

gärv

erfa

hre

n e

inge

füh

rt.

Jetz

t kö

nn

en p

ro J

ahr

bis

zu 3

Mil

lion

en F

lasc

hen

Sek

t h

erge

stel

lt w

erde

n.

1965 dreht das „Filmstudio für

wissenschaftlich-technische

Filme, Erfurt“ einen Werbefilm

im VEB Rotkäppchen

Sektkellerei.

G

Rotkäppchen

Sekt in der

Variante für Diabetiker erfreut sich seit

1966 in der entsprechenden Zielgruppe

großer Beliebtheit. Zuckeraustauschstoffe

bestimmen seine trockene Dosage.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:26 Uhr Seite 62

65

1973

ährend sich der WestenDeutschlands für die Olym-

piade 1972 und die Fußballwelt-meisterschaft 1974 warmläuft,schwingt sich im Osten die Wirt-schaft zu immer neuen Erfolgenauf. Die DDR gehört Anfang derSiebziger zu den 10 erfolgreichstenIndustrienationen der Welt. DieSektkellerei im Süden des Landesträgt ihren Teil dazu bei – mit erst-klassigem Sekt, der sich allergröß-ter Beliebtheit erfreut.

ie Konsequenzen der steigen-den Nachfrage werden plan-

wirtschaftlich umgesetzt – underöffnen prickelnde Perspektivenfür die Zukunft: Die Bezirkslei-tung der Partei beschließt dieErweiterung des Betriebes. Investi-tionen in Millionenhöhe fließen ab1972 in den Bau neuer Produk-tions- und Lagerhallen für Sekt-gärung und Grundwein-Lagerung.Die automatisierten Maschinen-linien für Abfüllung, Ausstattungund Verpackung werden kräftig

vergrößert und modernisiert. DasHeizhaus entsteht neu, die Kälte-anlage wird erweitert.

ber auch bei Forschung undTechnik geht es immer wei-

ter: 1973 wird einer der erstenGas-Chromatographen in der DDRangeschafft. Ein echtes Hightech-Gerät, mit dem die Biochemikerdie angelieferten Grundweine ausFrankreich, Italien, Spanien undden Weinbaugebieten Südost-europas penibel analysieren kön-nen. Eine lohnende Investition,mit der die Qualitätssicherung systematisiert wird. Selbst kleinsteAbweichungen von der gewünschten Qualität können aufgedeckt werden.

70E R

AU F S C H W U N G PRO S T.

Die

Zu einem gelungenen Abendgehörte schon immer eineFlasche Rotkäppchen Sekt.

W

D

A

Der

VEB

Rot

käpp

chen

Sek

tkel

lere

i ge

win

nt

im L

aufe

der

Jah

re 1

0 G

oldm

edai

llen

au

f Le

ipzi

ger

Mes

sen

.

Es wird viel gebaut in diesen Tagen. Immer dabei: Herr Worch, rechts im Bild.

Jahre

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:26 Uhr Seite 64

67

1976

an feiert viel und fröhlichin dieser Zeit, denn das

Kollektiv ist erfolgreich. Betriebs-leiter Worch versteht es, seineMitarbeiter zu motivieren. Er hatnicht nur immer ein offenes Ohrfür alle – und einen freundlichenHandschlag für jeden. Er sorgtauch dafür, dass sich die Leistungaller für alle lohnt. So wird 1976

ein modernes, großes Sozialgebäu-de gebaut. Hier gibt es Freund-schaftszimmer, in denen geselligeRunden feiern können. EinenSportraum, eine Kaufhalle, denBetriebsarzt, Ruheräume – undeinen großen Saal für bis zu 350Menschen. An der Kegelbahn(automatisch!) wird nicht nurSekt genossen.

1975

wir

d di

e Fo

rsch

un

gs-

un

d En

twic

klu

ngs

stel

le d

er R

otkä

ppch

en

Sekt

kell

erei

un

ter

der

Leit

un

g vo

n D

r.Lu

tz L

ange

zu

r ze

ntr

alen

For

sch

un

gs-

ein

rich

tun

g fü

r di

e W

ein

- u

nd

Sekt

indu

stri

e in

der

DD

R e

rnan

nt.

ine aufregende Zeit für dieSektkellerei, die zum begehr-

ten Arbeitsplatz hochqualifizierterFachkräfte wird. So tritt zumBeispiel am 1. Oktober 1973 einjunger Diplom-Ingenieur seineerste Arbeitsstelle in Freyburg an:Gunter Heise hat an der Techni-schen Universität Dresden Verar-beitungs- und Verfahrenstechnikstudiert. Jetzt arbeitet der Techno-loge als Abteilungsleiter Wein undSekt bei der Rotkäppchen Sekt-

kellerei. Es ist der Beginn einer aufregenden Karriere.

1973

Am

1.O

ktob

er 1

973

ist

der

erst

e A

rbei

tsta

g de

s ju

nge

n D

ipl.

-In

g.

Gu

nte

r H

eise

in

der

Rot

käpp

chen

Sek

tkel

lere

i.Vo

n i

hm

wer

den

wir

spä

ter

noc

h e

inig

es l

esen

.

E

M

Man genoss den Sekt

gern zeitgemäß: eher süß.

Immer in guter Gesellschaft mit dem sozialistischen

Brudervolk.

Die Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft

sollte den Bürgern der DDR Kenntnisse über Kultur

und Gesellschaft der UdSSR vermitteln.

Diesem Zweck dienende Kulturveranstaltungen

fanden auch in Freyburg statt.

RZ_150JahreBuch_innen_07 02.05.2006 14:58 Uhr Seite 66

Mocca-Sekt, die Spezialität aus

Freyburg/Unstrut: Kaffeehaltiger

Schaumwein, erfrischend

und belebend. Heute noch

im Programm!

ZWISCHEN 1959 UND 1980 GEWINNT DIESEKTKELLEREI BEI INTERNATIONALEN WETTBEWERBEN: 20 GOLD-, 45 SILBER-, 5 BRONZE-MEDAILLEN.

Die Spezialität des Hauses.

Einem Forschungsprojekt der besonderen Art ent-

sprang 1971 der einzigartige Mocca-Sekt. Zum

liebenswerten Ritual der wöchentlichen

Verkostung traf sich stets eine illustre Runde aus leitenden

Mitarbeitern. Nach getaner Arbeit gönnte man sich traditionell

Kaffee und ein Zigarettchen. Es kam der Tag, an dem Rüdiger Pietz

(Leiter der Qualitätskontrolle) die Runde rasch verlassen musste –

und seinen Kaffee mit einem Schuss Sekt zur Trinkbarkeit herunterkühlte.

Neugieriger Sachverstand probierte mit. Und am Ende langwieriger

Versuchsreihen ging die Innovation in Serie.

Der kleine Unterschied, hier mal im Herrengedeck.

Im Westen Deutschlands versteht der

Herr von Welt unter diesem Begriff

1 Bier und 1 Schnaps. Im Osten 1 Pils

und 1 Sekt. Letzteres inspiriert die innovationsfreudigen Forscher und

Entwickler der Rotkäppchen Sektkellerei 1978 zu einer einzigartigen

Neuheit: Sekt-Pils. Das Gemeinschaftsprodukt mit

der Dessauer Bierbrauerei mischte Sekt mit Pils

gebrauchsfertig vor. Und hatte schnell seinen

Namen weg. Erhältlich in den Delikat-Läden

des Landes.

69

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:27 Uhr Seite 68

71

1981b 1980 entstehen in denKellern, Gär- und Lager-

hallen in Freyburg jedes Jahr mehrals 10 Millionen Liter Sekt, der inrund 15 Millionen Flaschen abge-füllt wird. Beliebtheit und Nach-frage steigen weiter. Auf denMessen und in den Interhotelswerden mit Rotkäppchen Sekt invielen feinen Sorten wertvolleDevisen verdient. Ob in Politikoder Gesellschaft – bei offiziellenAnlässen gehörte der kultivierteKlang eines gekonnt entferntenSektkorkens zum guten Ton.

ber auch der Durchschnitts-bürger im Arbeiter- und

Bauernstaat gönnt sich gern seinPrickeln im Privaten. Die Nach-frage übersteigt das Angebot.Weshalb der Sekt mit demZeichen der traditionel-

len Flügelflasche meist mit einemgeflügelten Wort im Mund gehan-delt wird: als Bückware. Sinnbild-lich gesprochen, greift die geneigteVerkäuferin dafür unter ihrenLadentisch. Praktisch verstanden,kauft oder tauscht man in kleinenMengen, immer wenn in Kaufhalleoder HO-Laden ein Kontingent er-reichbar ist. Denn wenn mit Freun-den und Familie etwas zu feiernist, dann soll es oft und gern vomFeinsten sein. Abgesichert in derGrundversorgung, war der privateKonsum den Menschen lieb undteuer. Man leistet sich Preise von17 bis 23 Mark der DDR – unddamit gern ein bisschen Luxus.

D I E 80E R

M A N F E I E RT O F F I Z I E L L U N D P R I VAT.Und Rotkäppchen Sekt i s t immer dabei .

Jahre

A

A

Zur Feier des Tages: reihenweise fein eingedeckt.

125 JA H R E

RZ_150JahreBuch_innen_07 02.05.2006 14:59 Uhr Seite 70

73

1988

m März 1982 findet in derRotkäppchen Sektkellerei ein

internationaler Kongress statt.Fachleute aus allen Ländern desRats für gegenseitige Wirtschafts-hilfe (RGW) tauschen sich überden technisch-wissenschaftlichenStand der Wein- und Sektherstel-lung aus. Gemeinsam mit denKoryphäen aus den sozialistischenFreundesländern stoßen die Frey-burger auf ihren exzellenten Rufin Sachen Forschung und Entwick-lung an.

n den 80er Jahren entstehen inder Sektkellerei bis zu 38 ver-

schiedene Sektmarken pro Jahr.Eine Vielfalt, die aus heutigerSicht unwirtschaftlich scheint – zudamaliger Zeit allerdings einendurchaus ökonomischen Zweckerfüllte. Das Phänomen ist leichterklärt:

Im streng geplanten Wirtschafts-system der DDR waren die Preisefestgeschrieben. Kam ein Produktzu einem bestimmten Preis in denHandel, blieb der so. Wollte manhöhere Einnahmen erwirt-schaften, mussten neue Pro-dukte entstehen, die teurer verkauft werden konnten.

1963

-19

88:2

5 M

al i

n F

olge

erri

ngt

die

Sek

tkel

lere

i im

pla

nw

irts

chaf

tlic

hen

Wet

tbew

erb

den

Tit

el „

Bet

rieb

der

au

sgez

eich

net

en Q

ual

ität

sarb

eit“

.

ISeit seiner Einführung 1980 wird die Sorte Grand Mousseux zum zentralen Umsatzträgerder Rotkäppchen Sektkellerei. Falls erhältlich,ist die Flasche im Lebensmittel-handel für M 22,- erhältlich.

Berlin 1825, abends im November: Der berühmte Schauspieler Ludwig Devrient hat

wieder einmal den Falstaff in Shakespeares Heinrich IV. gespielt. Wie nach jeder

Vorstellung besucht er auch an diesem Abend sein Stammlokal, das Weinhaus

Lutter & Wegner am Gendarmenmarkt. Üblicherweise trinkt er Champagner –

und ruft dem Kellner, noch ganz in seiner Rolle des trinkfesten Falstaff, zu:

„Bring er mir Sekt, Schurke – ist keine Tugend mehr auf Erden?“. Nun war Sekt zu

dieser Zeit das Wort für vino seco, trockenen spanischen Sherry. Der Kellner jedoch

brachte den gewohnten Champagner. Und schon wurde aus dem Rollenspiel des

prominenten Schauspielers ein geflügeltes Wort.

Woher kommt das Wort „Sekt“?

Dreharbeiten im Domkeller: Die DEFA lässt Arien singen. Für den hellen Hintergrund sorgt ein frischer Anstrich mit guter sozialistischer Farbe.Die leider den Kellerpilz zerstört.

I

RZ_150JahreBuch_innen_06 28.04.2006 17:18 Uhr Seite 72

75

1989m Abend des 9. November1989 wird in Berlin die

Mauer geöffnet. Die Welt hält denAtem an, ganz Deutschland feiertvor Glück. Die Korken knallen inOst und West, nicht nur in dieserNacht – und der wilde Rausch derVereinigung beginnt. In den Mo-naten danach lernt sich ein Volkwieder kennen, das 40 Jahre langgetrennt gehalten wurde.

s gibt viel zu feiern in dieserZeit, und natürlich prickelt oft

Sekt in den vielen Gläsern, diegehoben werden. Aber die Mitar-beiter der Rotkäppchen Sektkel-lerei müssen rasch feststellen, dasses immer weniger ihre Produktesind, mit denen die Menschenihren Lebenswandel fröhlich be-gleiten. Im Osten des Landes wen-det man sich mit Schwung denlange begehrten Marken derMarktwirtschaft zu. Die Glitzer-welt der fernsehbeworbenen

Prestigeprodukte verlockt mitFreiheit und Abenteuer, mit Glanzund Glamour.

er Dezember 1989 gibt einerstes Warnsignal, mit nur

979.000 verkauften Flaschen ist erder umsatzschwächste Monat desJahres, trotz Weihnachten undSilvester. In der ersten Hälfte desJahres 1990 bricht dann derAbsatz von Rotkäppchen Sektpraktisch ein. Die DDR-Struk-turen der Warenverteilung existie-ren nicht mehr – und in denRegalen der neuen ausWestdeutschland kommen-den Handelsketten gibt esRotkäppchen Sekt nochnicht. Die Marke droht inder Versenkung zu ver-schwinden.

9.N

ovem

ber

1989

:In

gan

z D

euts

chla

nd

knal

len

die

Kor

ken

.

In g

anz

Deu

tsch

lan

d?

A

1989/90

J E T Z T F E I E RT Z U S A M M E N,WA S Z U S A M M E N G E H Ö RT.

E

D

RZ_150JahreBuch_innen_06 28.04.2006 21:13 Uhr Seite 74

77

1990

er 3. Oktober 1990 wird zumTag der Deutschen Einheit.

Für die Rotkäppchen Sektkellereiwird die Lage immer dramatischer.Im 2. Halbjahr 1990 werden nurnoch 1,8 Mio. Flaschen Sekt ver-kauft. In Riesenschritten geht dieAnpassung an die Rahmenbedin-gungen der Marktwirtschaft weiter:Am Ende dieses Jahres hat dasUnternehmen die Belegschaft auf

205 Mitarbeiter reduziert, Tendenzstark abnehmend. Zum Jahres-wechsel gibt es einen kleinenLichtblick: Seit dem 7. Novemberhat die Sektkellerei wieder dasRecht am eigenen Namen. DieHolding hatte das Warenzeichen„Rotkäppchen“ von MichaelKloss, dem Sohn von GüntherKloss, erworben.

Am

1.J

anu

ar 1

990

hat

der

VEB

Rot

käpp

chen

Sek

tkel

lere

i

noc

h 3

64 B

esch

äfti

gte

un

d 13

Au

szu

bild

ende

.

1990

ie erste freie Wahl der Volks-kammer im März ermöglicht

die Verhandlungen zum Beitritt,am 1. Juli 1990 tritt die Wirt-schafts-, Währungs- und Sozial-union zwischen den beidenDeutschlands in Kraft. Die Treu-handanstalt nimmt ihre Arbeit auf– noch unter der letzten DDR-Regierung gegründet, soll sie dierund 8.500 volkseigenen Betriebein die Marktwirtschaft überfüh-ren. Auch in Freyburg an derUnstrut tut sich was: Die Sektkel-lerei wird aus dem VEB-KombinatSpirituosen, Wein und Sekt (Berlin)herausgelöst. Und unter der HoldingMitteldeutsche Getränke GmbH alsRotkäppchen-Sektkellerei GmbHneu gegründet. Erster Geschäfts-führer ist der bisherige Betriebs-direktor Joachim Worch, seinUnternehmen gehört zu 100% derTreuhand.

etzt fallen die letzten Handels-schranken. Die Sektmarke ausFreyburg steht im scharfen

Wettbewerb um die Verbraucher.Und die wollen Neues ausprobie-ren. Es trifft nicht nur Rotkäpp-chen Sekt – fast alle Produkte, dieden Menschen im Osten Deutsch-lands lange Jahre ein und alleswaren, landen plötzlich nicht mehrin den Einkaufskörben. Die Lagerin Freyburg sind voll, aber es gibtkeine Absatzkanäle mehr. Die Mit-arbeiter handeln: Sie fahren aufdie Märkte und Feste, vom Erzge-birge bis an die Ostsee.

Direkt von der Ladefläche undaus dem Kofferraum heraus wirdverkauft – nur damit die Menschenihren Lieblingssekt nicht ganzvergessen.

D J

D

WAS SAGT DAS TREUHANDGESETZ DAZU?

§ 2 Abs. 6: „Die Treuhandanstalt hat die Strukturanpassung

der Wirtschaft an die Erfordernisse des Marktes zu fördern,

indem sie insbesondere auf die Entwicklung sanierungsfähi-

ger Betriebe zu wettbewerbsfähigen Unternehmen und deren

Privatisierung Einfluss nimmt. Sie wirkt darauf hin, dass sich

durch zweckmäßige Entflechtung von Unternehmensstruk-

turen marktfähige Unternehmen herausbilden und eine

effiziente Wirtschaftsstruktur entsteht.“

Im Mai 1990 ist die Rotkäppchen Sektkellerei erst-

mals wieder beim deutschen Sektverband vertreten.

Dr. Lutz Lange referiert über die Sektindustrie der DDR. Es

bewegt ihn, Michael Kloss zu begegnen – der 4. Generation der

Gründerväter der Freyburger Sektkellerei.

Dr.

Lutz

Lan

ge

Noc

h m

ehr

Jube

l:

Am

8.J

uli

199

0 w

ird

Deu

tsch

lan

d du

rch

das

1:0

geg

en A

rgen

tin

ien

in R

om z

um

dri

tten

Mal

Fu

ßbal

lwel

tmei

ster

.

Der Lack ist ab:

Werbung auf einer

Leipziger Brandmauer.

RZ_150JahreBuch_innen_07 02.05.2006 15:02 Uhr Seite 76

79

1991

m Januar 1991 wird die Mit-teldeutsche Getränke GmbH

wieder entflochten, die einzelnenUnternehmen in die Selbständig-keit entlassen, freilich immer nochunter der Hoheit der Treuhand.Die Rotkäppchen Sektkellereikämpft weiter mit der Anpassungan das neue Wirtschaftssystem. Esist ein steiniger Weg: Im März ver-kauft man im Vergleich zu denletzten Jahren DDR nur noch einZehntel der üblichen Flaschen-menge. Das Unternehmen mussschnell die Kosten senken.Betriebsteile, die nicht direkt zurHerstellung und Vermarktung vonSekt beitragen, werden ausgelagert.Immer mehr Kollegen bekommendie berüchtigten blauen Briefe mitden Entlassungspapieren. DieBelegschaft wird noch einmal fasthalbiert, Ende des Jahres werdennur noch 112 Beschäftigte dazuge-hören.

m Frühsommer 1991 wird eineneue Hochleistungs-Abfüll-

Linie aufgebaut. Die hochmoderneAnlage war noch zu DDR-Zeiten

beim westdeutschen Weltmarkt-führer Krones AG bestellt worden.Jetzt könnten 12.000 FlaschenSekt pro Stunde gefüllt werden,die Kapazität läge bei 12 Millio-nen Flaschen pro Jahr, im Zwei-schichtbetrieb gelänge sogar eineVerdoppelung. Aber die lange vorder Wende getroffene Investitions-entscheidung wird aus der Sichtvieler potenzieller Investoren zumKlotz am Bein: Kann die Anlageje ausgelastet werden? Kanndas Unternehmen die finanzielleBelastung erwirtschaften?

er Tiefpunkt soll zum Wende-punkt werden. Die leitenden

Mitarbeiter versuchen, die Weichenin die richtigen Richtungen zu stel-len. In dieser Phase treffen sie vieleEntscheidungen, die mutig scheinen– und sich später als goldrichtigherausstellen werden.

DI E WE N D E Z U M GU T E N :Das Unternehmen hat wieder Unternehmer.

I

I

D

Im g

anze

n J

ahr

1991

kön

nen

nu

r 2,

96 M

io.F

lasc

hen

Rot

käpp

chen

Sek

t ve

rkau

ft w

erde

n.

Im Herbst 1991 zeigt Rotkäppchen Sekt erstmals wiederFlagge: Dr. Lange vertritt die Marke mit einem winzigenStand auf der Kölner ANUGA, der weltgrößten Fachmessefür Nahrungsmittel und Getränke.

1991bis 1993

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:27 Uhr Seite 78

8.O

ktob

er 1

991:

Das

War

enze

ich

en „

Rot

käpp

chen

“ ge

hör

t

wie

der

der

Rot

käpp

chen

Sek

tkel

lere

i.Pr

ost!

81

19921991

ei der Berliner Treuhand-anstalt kümmert sich

Dr. Jürgen Haag, Direktor für denBereich Nahrungs- und Genuss-mittel, um die Rotkäppchen Sekt-kellerei. Er weiß, dass in Freyburgüber 100 Jahre Sekttradition zuHause sind. Er ist überzeugt vonder Marktfähigkeit des Unter-nehmens – vor allem aber setzt erVertrauen in das Potenzial der lei-tenden Mitarbeiter, die in denJahren vor der Wende unter oftschwierigen Bedingungen erstklas-sige Arbeit geleistet hatten.

eren schon seit 1990 ein-geleitete Maßnahmen zur

Stabilisierung des Unternehmensbeginnen endlich zu greifen. DieAbsatzzahlen verbessern sich wei-ter, man bekommt langsam dasGefühl, dass die Verbraucher imOsten „ihr Rotkäppchen“ wiederfür sich entdecken. Zum 1. August1992 vermittelt Dr. Haag von derTreuhand einen zweiten Geschäfts-führer in die Sektkellerei: Hans-Jürgen Krieger, ein Unternehmens-

berater mit langjähriger Erfahrungim westdeutschen Sektmarkt, sollsich um Marketing und Vertriebkümmern.

chon im 3. Quartal startet diezweite Privatisierungs-Runde,

es geht um die Produktionsan-lagen und -gebäude. Der histori-sche Teil der Kellerei wird vorerstabgespalten. Das Unternehmen hatnur noch 66 Mitarbeiter. Dasgeplante Ziel hingegen, 4,5 Mio.Flaschen zu verkaufen, wird amJahresende mit 5,7 Mio. deutlichübertroffen.

Die überlebenswichtige Distribu-tion steht dabei im Fokus: Rot-käppchen Sekt muss in die neuenHandelskanäle aufgenommen wer-den, also schließt man Verträgemit Handelsagenturen, die sich fürdie Marke ins Zeug legen. DasSortiment wird auf die wichtigstenCuvées gestrafft. Die Ausstattungder Flaschen wird deutlich demneuen Zeitgeschmack angepasst.Die Preis-Positionierung reihtRotkäppchen Sekt bei den Tradi-tionsmarken ein, eine Flasche solldem Verbraucher im Schnitt runde8 DM wert sein.

erweil geben sich das ganzeJahr über potenzielle Inves-

toren die altehrwürdigen Klinkenan der Sektkellereistraße in dieHand. Zu den Bewerbern zählentraditionelle Konkurrenten ebensowie windige Glücksritter aus allerHerren Länder. Smarte Unter-nehmensberater wechseln sich mitschillernden Adligen ab. Die Ge-schäftslage scheint sich derweil zubessern, ab dem Sommer greifen

die Bemühungen um neue Ver-triebskontakte, der Absatz erholtsich peu à peu.

um 1. August 1991 wird eineneue Geschäftsleitung gebil-

det. Joachim Worch, der 36 Jahrelang ebenso engagiert wie erfolg-reich den Betrieb geleitet hat, gehtaus gesundheitlichen Gründen mit64 Jahren in den Ruhestand. SeinNachfolger wird der bisherigeTechnische Leiter, Gunter Heise.Die Treuhand bricht die Privati-sierungsgespräche zum Jahres-wechsel erst einmal ab, im Februar1992 wird das Verfahren ausge-setzt, man will das Unternehmenzuerst wieder richtig auf die Beinekommen lassen.

Z

D

Am

31.

Juli

199

1 h

at J

oach

im W

orch

sei

nen

let

zten

Arb

eits

tag.

Er h

at d

ie S

ektk

elle

rei

36 J

ahre

lan

g ge

leit

et.

B

Ganz bescheiden, aberfreundlich: Mit den erstenWerbe-Auftritten nach derWende sagt RotkäppchenSekt seinen langjährigen

Freunden Hallo.

D

S

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:27 Uhr Seite 80

83

1992

im August 1991 begegnete HaraldEckes-Chantré der mitfeierndenLeitung der Rotkäppchen Sekt-kellerei. Auf der Heimreise ergabsich spontan ein erster Besuch imnur 90 km entfernten Freyburg. In der Folge lernte man sich ken-nen und schätzen. Und rasch warHarald Eckes-Chantré davonüberzeugt, dass die traditionsrei-che Sektmarke eine erfolgreicheZukunft haben würde. Anfang1993 stand dann sein Angebot, als Privatinvestor Miteigentümerzu werden.

etzt geht alles ganz schnell.Das zweite Angebot zumManagement-Buy-out setzt

sich durch. Am 4. März 1993 istdie Privatisierung erfolgreich abge-schlossen. Der damalige Bundes-wirtschaftsminister Dr. GünterRexrodt unterschreibt den Kauf-vertrag. Zu den Gesellschafterngehören die schon lange leitendenMitarbeiter Jutta Polomski, Ulrich Wiegel, Dr. Lutz Lange und Gunter Heise, dazu

Hans-Jürgen Krieger. Zurmehr als nur finanziellenBeteiligung an der Gründungwird der Anteil, den HaraldEckes-Chantré gemeinsam mit sei-nen Töchtern Petra Roller undChristina Oelbermann zeichnet.

as so nüchtern als Manage-ment-Buy-out bezeichnet

wird, ist für die einen eine mutigeEntscheidung zum Unternehmer–sein. Für den erfahrenen Unter–nehmer Eckes-Chantré ist der Ent–schluss, hier mit ins Risiko zu ge-hen, eine weitsichtige Investition.Die Rotkäppchen Sektkellerei hatendlich wieder Inhaber. Ihr Be-kenntnis zu fast 140 Jahren Sekt-tradition wird zur Vision für dieZukunft einer großen deutschenSektmarke. Und sichert letztlichdie Existenz des StandortesFreyburg.

Rotkäppchen hat eine Vision: Das Management-Buy-out.

Ein guter Sekt will reifen. Und soist es auch mit manchen Entschei-dungen in den Köpfen der Men-schen. Keiner kann heute mehrsagen, wann genau es so weit war– aber irgendwann im Sommer1992 stellte Gunter Heise einigenseiner Mitstreiter eine der berühm-ten Gretchenfragen: Warum nichtwir? Schließlich hatten sie alle inden vergangenen Monaten vielgesehen, erlebt und gelernt, man-ches hatte sich relativiert. Immerklarer kristallisierte sich der pri-ckelnde Gedanke heraus, selbst zuversuchen, das eigene Unternehmenzu übernehmen.

m historischen Erkerzimmerdes Kontor-Gebäudes kommt

es am runden Tisch zur entschei-denden Runde. Gunter Heise hatdie leitenden Mitarbeiter zusam-mengerufen, die Ehepartner sindmit dabei. Der berühmte „Ruck“,den Roman Herzog fünf Jahre

später für ganz Deutschland for-dern wird, geht an diesem Tagzumindest durch ein ehrwürdigesGemäuer in Freyburg an derUnstrut. Man ist sich schnell einig,dass man es zusammen schaffenmüsste. Alle glauben fest an dieZukunft des Unternehmens, an dieQualität ihres Produktes, an dieKraft der Marke RotkäppchenSekt. Es folgen die Gespräche mitden Banken, man rechnet scharf,setzt Hab und Gut ein – und gibtam 11. November bei der Treu-hand ein erstes Angebot ab.

och reicht es nicht gegen diemitbietende Konkurrenz.

Aber im Frühjahr 1993 passierteiner der seltenen Glücksfälle, dieso oft die Zeitläufte zu verändernpflegen. Der Hintergrund istschnell erzählt: Das westdeutscheTraditionsunternehmen Eckes AGhatte 1991 die ostdeutsche Spiritu-osenfirma Nordbrand Nordhausenübernommen (die mit dem Nord-häuser Doppelkorn). Bei einerGeburtstagsfeier in Nordhausen

I

Auch in Freyburg gibt es einenrunden Tisch. Gestern und heute

reifen hier Entscheidungen,die man auch in Zukunfthistorisch nennen wird.

N J

1993

Har

ald

Ecke

s-C

han

tré

Gu

nte

r H

eise

Es g

eht

aufw

ärts

:10

Mil

lion

en v

erka

uft

e Fl

asch

en

Rot

käpp

chen

Sek

t fü

hre

n 1

993

zu e

inem

Um

satz

von

40

Mio

.DM

(oh

ne

Sekt

steu

er).

Klar und deutlich: Die neueFlaschenausstattung desgestrafften Traditionsmarken-Sortiments.

Lange in der Leitung, jetzt schnell zum Unternehmer.

Sie waren schon zu VEB-Zeiten dabei –und haben 1993 in die Zukunft ihreseigenen Unternehmens investiert: Jutta Polomski, GeschäftsführerinControlling, ist seit 1981 im Betrieb. Ulrich Wiegel, Geschäftsführer Technik,hat 1985 angefangen. Dr. Lutz Lange, GeschäftsführerMarketing, startete 1975. Gunter Heise, Sprecher der Geschäftslei-tung, hatte 1973 seinen ersten Arbeitstagin der Rotkäppchen Sektkellerei.

W

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:27 Uhr Seite 82

85

1993

ach dem Management-Buy-out starten die frisch

gebackenen Unternehmer und ihreMitgesellschafter in eine Erfolgsge-schichte, wie sie die Sektkellerei inden bald 140 Jahren ihres Bestehensnoch nicht erlebt hatte. Eine Ge-schichte, deren Pointen aus der da-maligen Perspektive allerdings nochnicht zu erahnen waren. Weshalbman sich nach guter alter Kauf-manns Sitte mit Vorsicht – aber mitNachdruck – ans Werk machte.

eflügelt wird die positive Ent-wicklung durch die Tatsache,

dass der blendende Reiz der West-produkte rasch verblasst. Die Men-schen in Ostdeutschland besinnensich wieder auf ihre eigenen Werte– jedenfalls auf die, die es nochgibt. Rotkäppchen Sekt ist mittler-weile fast überall wieder erhält-lich, die rote Kappe strahlt wie

früher – und der harmonisch-fruchtige Geschmack trifft immernoch den der Menschen. WennFreunde sich treffen, wenn Familienfeiern, dann steht RotkäppchenSekt auf dem Tisch. Eine kleineFröhlichkeit im Alltag, die sich1993 schon wieder mehr als 10Millionen Mal ereignet.

it westdeutschen Werbe-fachleuten macht sich

Hans-Jürgen Krieger daran, dieMarke Rotkäppchen behutsam fürden Wettbewerb im Supermarkt-regal aufzubauen. Ganz genauhört man zu, was der ostdeutscheVerbraucher über „sein Rotkäpp-chen“ sagt. Dann werden dieEtiketten neu gestaltet, angemes-sen wertvoll und traditionell. Undso, dass die Menschen zwischenRügen und Zwickau ein kleinesbisschen stolz auf eines der wenigenüberlebenden Ost-Produkte seinkönnen. Die Werbung demonstriertvorsichtig wachsendes Selbst-bewusstsein.

AU F S C H W U N G OS T,Wachstum West .

M

N

B

1993bis 2000

RZ_150JahreBuch_innen_06 28.04.2006 17:20 Uhr Seite 84

87

19951994

on dieser beeindruckendenMenge wird noch der weit-

aus größte Anteil im Osten desLandes an Mann und Frau ge-bracht. Die Menschen haben ihrenLieblingssekt wieder für sich ent-deckt – und halten ihm die Treue.In den neuen Bundesländern istRotkäppchen Sekt schon Anfang1995 der meistverkaufte Sekt.

Die tiefe Verbundenheit zumprickelnden Produkt deutscherSekttradition bildet die Basis fürdie erfolgreiche Entwicklung derRotkäppchen Sektkellerei in denkommenden Jahren. Und wirdzum wirtschaftlichen Fundamentfür das Wachstum in den Westen.Denn man hat noch einiges vorsich.

ei aller Freude über den begin-nenden Aufschwung Ost:

Investiert wird mit aller Vorsicht.Man macht das, was notwendig ist – nicht das, was möglich ist.Schulden bei der Treuhand müssenabgetragen werden. Aber manmuss auch der glücklich steigendenNachfrage Rechnung tragen: Schonim Juli 1993 werden neue großeGärbehälter angeschafft. Sie findenihren Platz auf dem Hügel über derSektkellerei.

m Juni 1994 kann die Rot-käppchen Sektkellerei von der

Treuhand die historischen Gebäudemit Domkeller, Riesenfass, Licht-hof und Kontor-Gebäuden wieder

zurückkaufen. Damit istdie Privatisierung

vollständig abgeschlossen – höchstwillkommen zum großen Jubiläumder Marke „Rotkäppchen“ Sekt.Am 7. Oktober 1994 wird mithunderten von Gästen im Lichthofgroß gefeiert, was vor 100 Jahrenaus einer juristischen Not geborenschien. Eine Festschrift erscheint,ein Bundesminister auch. Manredet beschwingt – und hinter denKulissen freut man sich auf dieAussicht, am Jahresende mit 17Millionen Flaschen mehr denn jeverkauft zu haben.

B

VI

In der größten deutschen

Sonntagszeitung führt

1994 diese bemerkenswert

mystische Anzeige die Nation

in Versuchung.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:27 Uhr Seite 86

89

19971995 b 1997 kleidet eine neueAusstattung die Cuvées des

Traditionsmarken-Sortiments. Einkühler Perlmuttschimmer erhöhtdie Wert-Anmutung, die Hals-schleife wirkt so markant wie diefeine Serviette eines Sommeliers.Rotkäppchen Sekt steht in denHandels-Regalen jetzt nicht nurauf Augenhöhe mit dem Verbrau-cher. Sondern auch fein da: imVergleich mit der traditionellenKonkurrenz der etablierten Mar-ken aus dem Westen. Der Absatzwächst nach wie vor Jahr für Jahrzweistellig. Zum Ende desJahrzehnts wirdRotkäppchen Sektunter den drei stärks-ten Marken in ganzDeutschland sein.

itte 1995 gehört die MarkeRotkäppchen Sekt zu den

zehn meistverkauften in ganzDeutschland, der Absatz wächstgeradezu stürmisch – um 60%allein in den ersten acht Monaten.Ein prickelndes Gefühl für dieMacher in Freyburg, vor allemweil die Lust auf Sekt im ganzenLand ganz generell eher stagniert.Am Jahresende 1995 zeigt dieMarke Flagge: Zum ersten Malläuft in ganz Deutschland einFernsehspot, mit prickelndemSektgenuss, subtiler Erotik undsanft wölfischer Düsternis.

m historischen Lichthof geht1996 eine neue Tradition in ihr

drittes Jahr: Unter dem plakativenTitel „Sektival“ bietet eine

Konzertreihe musikali-sche Finessen jeglicher Provenienz.Die „Philharmonie der Nationen“unter Justus Frantz begeistert mithochkarätiger Klassik, aber auchJazz, Operette und Musical tragenzu einer vielfältigen Cuvée derMusikstile bei. Und mehr undmehr Freunde kultivierten Sekt-Genusses kommen von nah undfern, um die Kellerei zu besichtigen(und die Feinheiten zu verkosten).Wie schon vor mehr als hundertJahren wird das idyllische Freyburgzum touristischen Ziel.

M

Kei

ne

Zau

bere

i:Se

kt v

erza

ube

rt d

ie S

inn

e.Pr

ompt

wir

d

Rox

ann

e au

s St

utt

gart

im

Au

gust

199

6 in

der

Rot

käpp

chen

Sek

tkel

lere

i zu

r „Z

aube

rfee

des

Jah

res“

gek

ürt

.

A

Im November 1995 entdeckt Prince Charlesin Berlin-Hellersdorf den Osten

Deutschlands. Die Familie Kunz begrüßtihn in ihrer Plattenbauwohnung, stilecht

mit einem Glas typischem deutschemSparkling Wine.

I

Im Spiegel ganz hinten.

Die Unikat-Kampagne mit

skurrilen Textabenteuern

pflegt von 1997 bis 2000

vierzehntägig die geneigte

Intelligenzija mit amüsant-

abwegig konstruierten

Geschichten zu Themen

von aktueller Relevanz

zu begeistern. Prickelnder-

weise gelingt jeder genia-

lisch glitzernden Glosse der

Kurvenschlag hin zum zu

bewerbenden Produkt.

Sektival

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:27 Uhr Seite 88

20001999

Noch eine Wende. Diesmal in derganzen Welt: Der Jahrtausend-wechsel steht bevor. In Freyburgbereitet man sich auf einen großenSilvesterball vor. Eine streng limi-tierte exklusive Cuvée reift in denhistorischen Kellern ihrer Bestim-mung entgegen. Die klassischeFlaschengärung schmückt sich mitzeitlosen Zitaten großer deutscherKlassiker.

Höchst modern hingegen die Prä-senz im Internet, rechtzeitig zumJahrtausendwechsel. Die Rotkäpp-chen Sektkellerei ist fortan imMedium der Zukunft zu Hause –und präsentiert sich auf ihrerneuen Homepage unter anderemmit einem virtuellen Rundgangdurch die historischen Räume.Hans-Jürgen Krieger scheidet Ende1999 aus dem Unternehmen aus.

1.000 Jahre Wein wollen gefeiert sein.

Deutschlands dreizehntesund nördlichstes zusammen-hängendes Weinbaugebiet Saale-Unstrut feiert im Oktober 1998seine 1.000-jährige Geschichte.Von der erstmaligen Erwähnung indes Kaisers Otto III. Schenkungs-Urkunde anno 998 bis zur Krö-nung der 50. Deutschen Weinköni-gin reicht der historisch-aktuelleSpannungsbogen, der sich in vielenFestivitäten in und um Freyburgmanifestiert. Wobei die unter ihrembürgerlichen Namen SusanneVölker zu erwähnende Königin ihrRegentschaftsjahr im festlichenLichthof der Sektkellerei antritt.Und diese Feier des Tages natür-lich nicht mit Wein, sondern mitSekt krönt.

1998

1.Ju

li 1

997:

Nac

h e

inem

Kar

rier

e-A

usf

lug

in e

in w

estd

euts

ches

Sekt

hau

s ke

hrt

rgen

Kot

sch

i zu

r R

otkä

ppch

en S

ektk

elle

rei

zurü

ck

un

d w

ird

im J

ahr

dara

uf

Ver

kau

fsle

iter

.

Im September 1999 erhält

Gunter Heise als Sprecher

der Geschäftsleitung das

Bundesverdienstkreuz.

Er nimmt es im Namen

seiner Mitarbeiter

entgegen.

Die Welt feiert das Millennium.Und Deutschland kommt auf den Geschmack.

Die historischen Gebäude derSektkellerei im Querschnitt.

91

1998 macht sich Rotkäppchen Sektauf den langen Marsch nach China.Unter dem Namen „Little Red Cap“

soll westliche Genusskultur für prickelndenUmsatzzuwachs sorgen. Trotz aufwändig gestalteten chinesischen Etiketts wird dieExport-Expedition kein nachhaltiger Erfolg.

Stil

voll

wir

d di

e Ja

hrt

ause

ndw

ende

mar

kier

t:

Die

Mil

len

niu

m-E

diti

on m

it Z

itat

en v

on

Goe

the,

Sch

ille

r,Fr

iedr

ich

dem

Gro

ßen

.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:29 Uhr Seite 90

93

2000

ür unsere gar nicht mehrso kleine Sektkellerei in

Freyburg an der Unstrut beginntdas neue Jahrtausend, wie das altesich verabschiedet hat: mit vielArbeit. Denn die Genießer im Landwollen immer mehr RotkäppchenSekt. In den ostdeutschen Bundes-ländern ist die Marke nicht nurheiß geliebt, sondern meistverkauftund das mit weitem Abstand vor

jeglichen Mitbe-werbern. Um die Menschen auchim alten Teil des Landes für dieErfolgsmarke zu begeistern, mussRotkäppchen Sekt noch faszi-nierender wirken. So eigen-ständig wie möglich, andersals alle anderen, fern allerSektwerbeklischees.

DIE ÜBERRASCHUNG TRÄGT ROT.Und in Freyburg baut man

Deutschlands Haus aus Sekt.

F

Ein glänzender neuer

Auftritt: Deutschlands heute

erfolgreichste Sektmarke.

Die Überraschung

trägt den Ausschnitt

hinten. Und

einen schönen

klassischen Namen:

Maria.

Am

1.M

ärz

2000

beg

inn

t Pe

ter

O.C

lau

ßen

sein

e A

rbei

t a

ls M

arke

tin

g-Le

iter

der

Rot

käpp

chen

Sek

tkel

lere

i.

2000bis 2006

RZ_150JahreBuch_innen_07 02.05.2006 15:02 Uhr Seite 92

m dieses hoch gesteckte Zielzu erreichen, erarbeitet Peter

O. Claußen mit den Kreativen undBeratern der Düsseldorfer Werbe-agentur FGK, die schon seit 1992Rotkäppchen Sekt betreut, einneues Kommunikationskonzept.Der attraktive Rücken mit derselbstbewusst „versteckten“ Sekt-flasche wird das Schlüsselbild fürdie Marke Rotkäppchen Sekt –und zum zentralen Baustein allerWerbemittel. Klassische Erotikkokettiert mit einer kleinen, feinen

Überraschung: Rotkäppchen Sektist ganz selbstverständlich mitdabei. Und macht aus alltäglichenSituationen Momente, an die mansich gern erinnert. Ein prickelnderWerbefilm präsentiert zum Jahres-wechsel das neue Konzept – unddie neue, wiederum wertigereFlaschenausstattung, jetzt mit gol-denem Wappen und erhabenemSchriftzug. Ab Januar 2001 imHandel. Das Ergebnis: Ende 2001ist Rotkäppchen Sekt die erfolg-reichste aller deutschenSektmarken.

Rotkäppchen Sekt ist ausgezeichnet. Mit jeder Menge Auszeichnungen.

Wer im Wettbewerb der Marken bestehen will, muss

Werbung machen, die wirkt. Wenn es eine Marke in die

Herzen der Verbraucher schafft, wird der Erfolg zum

Betriebsergebnis. Zusammenhänge, die sich überprüfen las-

sen. Mit harten Fakten und bekundeter Meinung. Ergo

wird der Markenaufbau für Rotkäppchen Sekt 1996 mit dem Marketing-

Preis Ostdeutschland honoriert. Der silberne Effie des Gesamtverbandes

Werbeagenturen GWA belohnt 2002 die professionelle Effizienz der kom-

munikativen Leistung. Und seit 2002 wird die

Erfolgsmarke im deutschen Sektmarkt Jahr für Jahr

von den Verbrauchern zur vertrauenswürdigsten

aller Sektmarken gewählt. Danke.

Bundespräsident Rau besucht am 19. 9. 2002 .mit dem diplomatischen Korps aus Berlin auf einGlas Sekt die damit weltbekannte Sektkellerei.

Seit dem Jahr

2000 feiern die Gäste des phantasievollen

Circus Roncalli ihre Träume, ihr Staunen, ihr

Lachen ... mit Rotkäppchen Sekt!

2000

Phan

tasi

e au

s ta

use

nd

Perl

en.M

an m

uss

hör

en,w

ie e

s kl

ingt

.

U

95

RZ_150JahreBuch_innen_07 02.05.2006 15:03 Uhr Seite 94

2002 Deutschlands Haus aus Sekt.

Am 16. Januar 2002 wird besie-gelt, was sich den Unternehmernin Freyburg Monate zuvor als eineder Gelegenheiten eröffnete, dieman tunlichst nicht verstreichenlassen darf. Die SektmarkenMumm, Jules Mumm und MMExtra des kanadischen Getränke-konzerns Seagram waren samt derProduktionsstandorte in Eltvilleund Hochheim zum Verkauf ange-boten worden. Mit dem mutigen Schritt zur Übernahme dieser klin-

genden Namen im deutschen Sekt-markt eröffnen sich auf einenSchlag erstklassige Möglichkeitenfür ein langfristiges, profitablesWachstum des Unternehmens.Nicht nur zwei komplette Sekt-kellereien kommen hinzu. Sondernauch ein weit verzweigtes Distri-butionsnetz mit einer besonders imWesten des Landes bestens etablier-ten Außendienst-Mannschaft.

Nicht reden, machen: Wer Mumm

hat, kann sich einen kleinen Appell

an die Menschen im Lande leisten.

2003

och während dieIntegrationsteams

der verschiedenenAbteilungen den jeweils besten Wegaus beiden Unternehmens-Weltenerarbeiten, entscheiden sich dieGesellschafter für eine kleine, feineErgänzung: Die Übernahme derGeldermann Privatsektkellerei inBreisach zum 27. Januar 2003rundet das Marken-Portfolio vonDeutschlands nunmehr größterSektkellerei aufs Geschmackvollsteab.

etzt ist Deutschlands Haus ausSekt komplett. Von der klassi-schen Traditionsmarke MM

Extra bis zum MarkenklassikerMumm, vom jugendlichen Aufstei-ger Jules Mumm über die exklusi-ven Supérieure-Varianten vonGeldermann bis zu Deutschlandserfolgreichstem Sekt mit der cha-rakteristischen roten Kappe: EinDrittel aller in Deutschland ver-kauften Sektflaschen kommen auseinem der vier Standorte derRotkäppchen-Mumm Sektkelle-reien. Über 300 Mitarbeiter arbei-ten erfolgreich zusammen – ineinem modernen Unternehmen ineinem der faszinierendsten Ge-schäftsfelder der Marktwirtschaft.

N

Edler Sekt und edle Autos: Gab es in den wilden

Zwanzigern zu jedem Audi eine Flasche feinen

Kloss & Foerster Sekt, so kennt man im Ländle

heute die Hausmarke von Porsche, Made by

Geldermann.

J

So einzigartig wie einzig adäquat:Geldermann ist der Sekt für die ganz

besonderen Momente der TV-Werbung.

97

RZ_150JahreBuch_innen_07 02.05.2006 15:04 Uhr Seite 96

99

Ein leichtes Prickeln, hart erarbeitet.

Sekt gehört zu den feinsten Ver-feinerungen der Genuss-Kultur.Aber vor der belebenden Wirkungdes perlenden Prickelns steht vielharte Arbeit. Erfahrung und Enga-gement aller Mitarbeiter habenin den Jahren nach der Wende –und in großen Schritten nach den

Übernahmen – in allen Unter-nehmens-Bereichen der Rotkäpp-chen-Mumm Sektkellereien dieEntwicklung zur heutigen Markt-führerschaft erst ermöglicht.

ach der Übernahme derSeagram-Marken konnte

unter der Leitung von JürgenKotschi die Distribution auf einneues Niveau gebracht werden.Der Wechsel von den Handels-agenturen, die den Aufbau in denersten Jahren begleitet hatten, aufeine neu strukturierte Außen-dienst-Mannschaft sorgte für einelandesweit flächendeckende Ver-breitung der Marke RotkäppchenSekt. Die erfreuliche Konsequenz:Bei den Partnern im Handel steigtdie Akzeptanz, bei den Genießernim Westen wächst die Begeisterung.

N m der steigenden Nachfragegerecht zu werden, entsteht

in den Kellern, den Gär- und Reife-hallen von Deutschlands Haus ausSekt immer mehr Sekt. Besondersin Freyburg gärte es in den Jahrennach der Wende gewaltig – hierstiegen unter der Leitung vonHannelore Jankowa, die schon seit1980 für die Rotkäppchen Sektkel-lerei arbeitet, die zu verarbeiten-den Mengen in großen Sprüngen.Aber auch heute gilt es, den ge-wachsenen Dimensionen desUnternehmens Rechnung zu tra-gen. Für reibungslose Abläufe

in der Produktion an den vierStandorten zeichnet seit 2002Karl-Josef Lauzi verantwortlich.Von den ausgewählten Weinen ausDeutschland und den klassischenAnbauländern Europas überFlaschen, Etiketten und Versand-kartons: In beeindruckendenQuantitäten kauft HanneloreJankowa für fünf erfolgreicheSektmarken alles ein, was nachder gekonnten „Verwandlung“zu hochwertigen Markenar-tikeln seine Käufer finden soll.

U

Harald Eckes-Chantré begleitet als Gesellschafter alle strategischen Entscheidungen mit seiner großenunternehmerischen Erfahrung.

Wieder sind viele

Flaschen Rotkäppchen Sekt

unterwegs zu den Genießern

in ganz Deutschland.

Eine erfolgreiche Marke aus dem Osten,im ganzen Land bekannt und beliebt:

Prominenz aus Politik und Gesellschaftschaut gerne mal auf ein Schlückchen

in Freyburg vorbei.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:29 Uhr Seite 98

llein in Sachwerte wurden inFreyburg seit 1993 mehr als

40 Mio. Euro investiert. Koordi-niert von Ulrich Wiegel hat mandie historische Sektkellerei liebe-voll und detailgetreu restauriert.Der Ausbau der Gärkapazitätenauf über 18 Millionen Liter folgteder steigenden Nachfrage genausowie die Installation modernsterGär- und Abfüllanlagen. Und inden historischen Kellern wird im-mer noch der Weißburgunder Sektin klassischer Flaschengärung vonHand zur Vollendung gerüttelt ...

b in limitierter Auflage hand-gerüttelt oder millionenfach

auf Flaschen gezogen dem guten

Geschmack der Verbraucher fol-gend: Produktsicherheit spielt beider Herstellung des Nahrungs-und Genussmittels Sekt eine ent-scheidende Rolle. Das permanente,umfassende Kontrollieren der Qua-lität schützt nicht nur die Genießer,sondern sichert den wirtschaft-lichen Erfolg des Herstellers. Unterder Leitung von Dr. Lutz Langewird das hauseigene Qualitäts-managementsystem seit 1997 nachISO 9001 zertifiziert und erfülltseit Dezember 2004 die Anfor-derungen des International FoodStandard IFS.

A

O

ie wohl gravierendstenSystemveränderungen machte

über die Jahre der Finanz- und IT-Bereich mit. Warenwirtschaft,Datenverarbeitung, Buchhaltung –in Riesenschritten sprang man vomSozialismus direkt in die Markt-wirtschaft. Aus der Buchführung inHandarbeit wurde bald eine kom-plett vernetzte Ressourcenplanungmit ERP-(Enterprise-Resource-Planning-)Software. Während sichJutta Polomski noch gut an dieersten Unternehmensberater mitihren Excel-Tabellen erinnert, ist sieheute stolz auf ein hochmodernesWarenwirtschaftssystem, das nichtnur Einkauf, Produktion undVertrieb verbindet, sondern auchden direkten Datenaustausch mitdem Handel erlaubt. Nach demEinstieg von Dr. Klaus J. Kühn, derdie Bereiche Finanzen, Personalund IT von Deutschlands mittler-weile größtem Sekthersteller leitet,und der gelungenen Integration derübernommenen Unternehmen stehtjetzt der nächste große Schritt an:

Die seit 2005 laufende Umstellungauf ein SAP-System wird die Rot-käppchen-Mumm Sektkellereien fitfür die Herausforderungen der Zu-kunft machen.

eben all diesen Veränderun-gen, die Wachstum und Er-

folgsentwicklung mit sich bringen,bleibt das Unternehmen seinenWurzeln treu. Das schon tra-ditionelle Engagement inKultur und Soziales erfülltdie Standorte mit Leben. Injedem Jahr wird derDeutsche Sekttag gefeiert,viele Festivitäten in denHeimatgemeinden wer-den begleitet. Mitbürgerund Mitarbeiter pflegenihre Verbindungen. InFreyburg zum Beispiel trifft sich in den Räumen der Sektkellerei einmal im Monat der „Veteranen-

Club“, eine ebensofröhliche wie geselligeRunde ehemaligerMitarbeiter.

D

N

Tradition will gut

gepflegt sein. Weshalb

man liebevoll zu

restaurieren pflegt.

101

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:29 Uhr Seite 100

2006

Zum Jubiläum eine neue Cuvée:

Im Mai 2006 feiert

Rotkäppchen Sekt Rosé Trocken

Premiere!

Kloss & Foerster

Im Jahr 2006 entstehen in den Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien

Tag für Tag aus Tradition, Können und Kennerschaft Produkte, die den

Menschen genussvolle Stunden bereiten. Und zur Feier dieses

Jubiläumsjahres kommt dann auch wieder zusammen, was zusammen-

gehört: Am 21.12.2005 wurde der Vertrag zum Kauf der Marke Kloss &

Foerster unterschrieben! Heute gehört dieser Name wieder zu dem

Unternehmen, das zwei Brüder mit ihrem Freund vor 150 Jahren in

Freyburg, einem kleinen Städtchen an der Unstrut, gegründet haben.

103

ZUR FEIER DES JAHRES.

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:29 Uhr Seite 102

EVOLUTION STATT REVOLUTION.Aber immer einen roten Kopf.

1906

1945

1956

1988

1991

1993

1997

2000

2006

ontinuität ist der Charakterzug, mit dem eine Marke das Zeug zum

Klassiker bekommt. Weshalb die Wurzeln der meisten großen Marken weit

in der Vergangenheit liegen. Wie auch hier: Die schon traditionell rote

Kappe der Freyburger Sekte wurde zum Namensgeber einer neuen Marke.

Woraufhin Rotkäppchen Sekt sich treu geblieben ist – über alle Zeitläufte

K hinweg, durch alle Fährnisse von Wirtschaft, Politik, Gesellschaft. Neben der

immer roten Kappe hat sich die Ausstattung mit der Zeit zwar stets verän-

dert. Aber immer nur so weit, dass eine zweckmäßig zeitgemäße

Aktualisierung die kontinuierliche Wiedererkennung garantierte.

Ein Zeichen der

Marke im Wandel

der Zeit:

Die geflügelte

Sektflasche.

105

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:29 Uhr Seite 104

107

chon gegen Ende des 19. Jahrhunderts freut

man sich in der SektkellereiKloss & Foerster über den regenBesucherstrom aus aller HerrenLänder. Der Große Keller, dasRiesenfass im Domkeller, derLichthof ... und natürlich das pri-ckelnde Vergnügen einer abschlie-ßenden Verkostung dessen, wasman soeben im Herstellungspro-zess bestaunt hatte: „Von dieserErlaubnis machen denn auch all-jährlich zahlreiche Besucher-

gruppen Gebrauch, um vollaufbefriedigt in dem Bewusstsein vonhinnen zu gehen, dass das kleineFreyburg an der Unstrut sich einerFabrik rühmen kann, die inDeutschland seinesgleichen sucht!“

Am

üsa

nt

pric

keln

die

Den

kan

stöß

e,w

enn

im

uri

gen

Kel

lert

hea

ter

der

his

tori

sch

en S

ektk

elle

rei

die

Kab

aret

tist

en

wid

er d

en S

tach

el l

öcke

n.

SE K T B R AU C H T HE I M AT.Und e inen großen Parkplatz .

eute besuchenJahr für Jahr

mehr als 100.000 Besucher ausaller Herren Bundesländer die lie-bevoll restaurierte Sektkellerei imSüden Sachsen-Anhalts. Sie liegtmitten im Saale-Unstrut-Gebiet,einem Landstrich mit rebstockbe-pflanzten Steillagen und sanftenHügeln, seit Jahrhunderten vomWeinbau geprägt. Vor Ort gönntman sich eine inspirierende

Führung durch die historischenKeller und Gebäude, Verkostunginklusive. Oder man genießt diehervorragende Akustik des Licht-hofes bei einem der beschwingtenEreignisse der musikalischen Artim Rahmen des Sektivals. Herzlichwillkommen in der „Jahn-, Wein-und Sektstadt Freyburg“!

Der wohl berühmteste Bürger der Stadt Freyburg ist Friedrich Ludwig Jahn(1778 – 1852), erster Vorturner der Nation und deshalb liebevoll „Turnvater Jahn“tituliert. Er hatte 1811 in der Berliner Hasenheide den ersten öffentlichenTurnplatz errichtet. Und in Freyburg die erste Turnhalle Deutschlands bauen las-sen, in der man heute noch sein Grabmal besichtigen kann. Sein ehemaligesWohnhaus in der Schloßstraße 11 ist heute das Jahn-Museum.

Frisch, frei, fröhlich, fromm!

S H

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:30 Uhr Seite 106

WI R H E B E N DA S GL A S .In bes ter Gese l l schaf t .

Kar

l-Jo

sef

Lau

zi

Dr.

Kla

us

J.K

üh

n

Petr

a R

olle

r

Ch

rist

ina

Oel

berm

ann

Har

ald

Ecke

s-C

han

tré

Gu

nte

r H

eise

Han

nel

ore

Jan

kow

a

Jutt

a Po

lom

ski

Ulr

ich

Wie

gel

Dr.

Lutz

Lan

ge

Jürg

en K

otsc

hi

Pete

r O

.Cla

uße

n

Christina OelbermannGesellschafterin

Petra RollerGesellschafterin

Dr. Klaus J. KühnGeschäftsführer Finanz-ressort, Personal, IT

Hannelore JankowaDirektorinZentraleinkauf

Peter O. ClaußenMarketingdirektor

Jürgen KotschiDirektor Vertrieb undLogistik

Karl-Josef LauziDirektor Produktion

Jutta PolomskiGesellschafterinDirektorin Controlling und Finanzen

Ulrich WiegelGesellschafterDirektor Technik

Dr. Lutz LangeGesellschafterDirektor ZentralesQualitätsmanagement

Gunter HeiseMitglied des BeiratsGeschäftsführender GesellschafterSprecher der Geschäftsführung

Harald Eckes-ChantréMitglied des BeiratsGesellschafter

109

2006

Meine Damen und Herren: ZumJubiläum blicken die Gesellschaf-ter und die erweiterte Geschäfts-führung der Rotkäppchen-MummSektkellereien mit Stolz auf dasErreichte. Und freuen sich gemein-sam auf eine erfolgreiche Zukunftihres Unternehmens. Genauso, wievor 150 Jahren Moritz und Julius

Kloss, als sie mit ihrem FreundCarl Foerster ein Weingeschäftgründeten. Die heute handelndenPersonen haben DeutschlandsHaus aus Sekt gebaut, getragenvon mutigen Entscheidungen,inspiriert von unternehmerischerWeitsicht. Und sie entwickeln esweiter: in enger Zusammenarbeitzwischen Beirat und Gesellschaf-tern, zwischen den Geschäfts-führern und den Direktoren deserweiterten Führungskreises.

s e k t k e l l e r e i e n

RZ_150JahreBuch_innen_07 02.05.2006 15:05 Uhr Seite 108

111

Rotkäppchen klassische Flaschengärung Sekt b.A.

Sekt mit exklusivemCharakter.

Rotkäppchen SektFlaschengärung.

Sekt vollendeter Eleganz.

Mocca Perle.Die Spezialität.

Rotkäppchen SektTraditions-Sortiment.

Sekt feinster Komposition.

CU V É E S,D I E D E N GE S C H M A C K T R E F F E N.

Das Rotkäppchen Sekt-Sortiment 2006.

eine Qualitäten, hohe Qualität,unverwechselbarer Geschmack:

Die Cuvées der erfolgreichstendeutschen Sektmarke bereiten im-mer mehr Menschen immer wieder

ein ganz besonders prickelndesVergnügen. Unter der MarkeRotkäppchen freuen sich echteLiebhaber über die prickelndeQual der Wahl – von den sechs

F Varianten des Traditionssortimentsüber die Feinheiten des Flaschen-gärsortiments bis zur raren klassi-schen Flaschengärung.

Phan t a s i e a u s t a u s e n d Pe r l e n .

Mild

Hal

btro

cken

Troc

ken

Ros

é Tr

ocke

n

Rub

in

Troc

ken

für

Dia

beti

ker

Rie

slin

g Tr

ocke

n

Extr

a Tr

ocke

n

Brut

Wei

ßbur

gund

er

2006

RZ_150JahreBuch_innen_05 27.04.2006 20:30 Uhr Seite 110

Die Standorte der Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien GmbH 2006.

RZ_150JahreBuch_innen_06 28.04.2006 18:29 Uhr Seite 112

Umschlag Rotkäppchen_für PDF_2 02.05.2006 16:10 Uhr Seite 2