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THEMENSCHWERPUNKT PERSONALFÜHRUNG 4/2010 16 Autor dieses Beitrags ist Prof. Dr. habil. Wilhelm Schmeisser, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin. Seine Forschungs- schwerpunkte sind Personalmanagement und Organisation, Innovations-, Technologie- und strategisches Management. Humankapital verstehen, definieren und erfassen Einführung Bereits vor rund 40 Jahren wurde der Begriff Humankapital von dem Ökonomen und Nobel- preisträger Gary Stanley Becker als das ökonomisch verwertbare Wissen eines Menschen definiert (Be- cker 1993). Etwas weiter fasst ihn dagegen Theo- dore William Schultz (1986, 26) mit der Ansicht, dass Humankapital das Wissen und die Fähigkei- ten sind, die durch Ausbildung und Training er- worben wurden und dazu dienen, ökonomische Erträge zu erzielen. Wesentlich konkreter formuliert der Arbeits- kreis (AK) Immaterielle Werte im Rechnungswesen der Schmalenbach-Gesellschaft (SG) für Betriebs- wirtschaft e.V. (im Folgenden AK Immaterielle Wer- te) den Begriff Humankapital. Hiernach umfasst Humankapital „die immateriellen Werte eines Un- ternehmens im Personalbereich. Hierzu zählen das im Personal und Management inhärente Wissen (z. B. Ausbildung und Experten-Know-how der Mit- arbeiter), deren Kompetenz (z. B. Führungsqualität) sowie sonstige immaterielle Werte im Personalbe- reich, wie etwa ein gutes Betriebsklima oder eine Knowledge-Datenbank.“ (Schäfer / Lindenmayer 2004, 14). Im Vergleich zu der Definition von Humanka- pital des Arbeitskreises Immaterielle Werte versteht der Human-Capital-Club e.V. (HCC e.V.) auch die für die Entfaltung und Entwicklung des Humanka- pitals wichtigen Aspekte der Prozesse, Strukturen und Systeme unter dem Begriff Humankapital (Abb. 1). Dies verdeutlicht, dass die internen Pro- I n der Debatte um die Erfassung, Be- schreibung und Bewertung des Human- kapitals hat sich bislang noch kein ein- heitlicher Ansatz durchgesetzt. Als Synonyme für das Humankapital werden in der deutschsprachigen Literatur unter anderem Humanvermögen oder Humanpotenzial, in der angelsächsischen Literatur Human Capital oder Human Assets verwendet. Um ein grundlegendes und gemeinsames Verständnis von elemen- taren Termini zum Humankapital zu be- kommen, muss geklärt werden, was genau unter den Begriffen Humankapital, immate- rielle Vermögenswerte und Shareholder Value zu verstehen ist. In der wissenschaft- lichen Literatur gibt es keine einheitliche Definition von Humankapital. Wilhelm Schmeisser stellt deshalb in seinem einfüh- renden Beitrag 1 die wichtigsten Ansätze vor und nennt wesentliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten.

Einführung Humankapital verstehen, definieren und erfassen I · 18 THEMENSCHWERPUNKT PERSONALFÜHRUNG 4/2010 zesse, Strukturen und Systeme eines Unterneh-mens das Potenzial der Mitarbeiter

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THEMENSCHWERPUNKT PERSONALFÜHRUNG 4/201016

Autor dieses Beitrags ist Prof. Dr. habil. Wilhelm Schmeisser, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule

für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin. Seine Forschungs-schwerpunkte sind Personalmanagement und Organisation, Innovations-, Technologie- und strategisches Management.

Humankapital verstehen, definieren und erfassen

Einführung

Bereits vor rund 40 Jahren wurde der Begriff Humankapital von dem Ökonomen und Nobel-preisträger Gary Stanley Becker als das ökonomisch verwertbare Wissen eines Menschen definiert (Be-cker 1993). Etwas weiter fasst ihn dagegen Theo-dore William Schultz (1986, 26) mit der Ansicht, dass Humankapital das Wissen und die Fähigkei-ten sind, die durch Ausbildung und Training er-worben wurden und dazu dienen, ökonomische Erträge zu erzielen.

Wesentlich konkreter formuliert der Arbeits-kreis (AK) Immaterielle Werte im Rechnungswesen der Schmalenbach-Gesellschaft (SG) für Betriebs-wirtschaft e.V. (im Folgenden AK Immaterielle Wer-te) den Begriff Humankapital. Hiernach umfasst Humankapital „die immateriellen Werte eines Un-ternehmens im Personalbereich. Hierzu zählen das im Personal und Management inhärente Wissen (z. B. Ausbildung und Experten-Know-how der Mit-arbeiter), deren Kompetenz (z. B. Führungsqualität) sowie sonstige immaterielle Werte im Personalbe-reich, wie etwa ein gutes Betriebsklima oder eine Knowledge-Datenbank.“ (Schäfer / Lindenmayer 2004, 14).

Im Vergleich zu der Definition von Hu man ka-pital des Arbeitskreises Immaterielle Werte ver steht der Human-Capital-Club e.V. (HCC e.V.) auch die für die Entfaltung und Entwicklung des Humanka-pitals wichtigen Aspekte der Prozesse, Strukturen und Systeme unter dem Begriff Humankapital (Abb. 1). Dies verdeutlicht, dass die internen Pro-

In der Debatte um die Erfassung, Be-

schreibung und Bewertung des Human -

kapitals hat sich bislang noch kein ein-

heitlicher Ansatz durchgesetzt.

Als Synonyme für das Humankapital

werden in der deutschsprachigen Literatur

unter anderem Humanvermögen oder

Humanpotenzial, in der angelsächsischen

Literatur Human Capital oder Human

Assets verwendet. Um ein grundlegendes

und gemeinsames Verständnis von elemen-

taren Termini zum Humankapital zu be-

kommen, muss geklärt werden, was genau

unter den Begriffen Humankapital, immate-

rielle Vermögenswerte und Shareholder

Value zu verstehen ist. In der wissenschaft-

lichen Literatur gibt es keine einheitliche

Definition von Humankapital. Wilhelm

Schmeisser stellt deshalb in seinem einfüh-

renden Beitrag1 die wichtigsten Ansätze

vor und nennt wesentliche Unterschiede

und Gemeinsamkeiten.

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Alles eine Frage der Definition: Personenbezogenes Humankapital hat viele Facetten. Fachwissen ist ein Aspekt, Expertise ein anderer. Foto: Triebwerksmechaniker bei N3 Engine Overhaul Services im thüringischen Arnstadt, einem Gemeinschaftsunternehmen von Lufthansa Technik AG und Rolls-Royce plc.

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zesse, Strukturen und Systeme eines Unterneh-mens das Potenzial der Mitarbeiter unterstützen und fördern müssen (vgl. Schütte 2004, 100 f.).

Personenbezogenes Humankapital Unter per-sonenbezogenem Humankapital wird die im Indivi-duum gebundene Komponente des Hu mankapitals verstanden, die als Potenzial zur Schaffung von Mehrwerten im Unternehmen dient (vgl. Wuck-nitz 2002, 35).

Das intellektuelle Potenzial eines Einzelnen spiegelt sich in seinem Wissen, seinen Fähigkei-ten, seiner Erfahrung und Kreativität wider, wobei jeder Einzelne unter bewusster und unbewusster Zielsetzung darüber entscheidet, dieses Potenzial einzusetzen. Das motivationale Potenzial umfasst Motivation, Identifikation und Commitment so-wie Arbeitszufriedenheit. Das integrative Poten-zial wird maßgeblich durch die Führungskompe-tenz geprägt. Erst durch sie kann das individuelle Potenzial der einzelnen Organisationsmitglieder voll entwickelt und entfaltet und auf das kollekti-ve Interesse, Werte im und für das Unternehmen zu entwickeln, ausgerichtet werden. Dies setzt bei den Mitarbeitern voraus, dass sie kooperationsbe-reit, kommunikations- und teamfähig, loyal ge-genüber Kunden, Kollegen und dem Unterneh-men sind sowie persönliche Integrität und Wert-orientierung besitzen. Im Übrigen wird das Po-tenzial der einzelnen Mitarbeiter maßgeblich durch deren gesundheitlichen Zustand determiniert. In diesem Zusammenhang ist es zum Beispiel von zentraler Bedeutung, wie mit Stress und Belastun-gen auf individueller Ebene im Unternehmen um-gegangen wird.

Als besonderes Kriterium des personenbezo-genen Humankapitals ist hervorzuheben, dass es sich aus Perspektive des Unternehmens durch Fluktuation vermehrt (bei Personaleintritten) oder vermindert (bei Personalaustritten). Es ist daher unbedingt notwendig, das personenbezo-gene Humankapital durch gezielte Personalaus-wahl, optimale Rahmenbedingungen und ent-sprechende Vorsorgemaßnahmen zu fördern.

Prozessbezogenes Humankapital Das prozessbe-zogene Humankapital umfasst jene Komponenten des Humankapitals, die in den Abläufen gebunden

sind, also die Art und Weise, wie die Mitarbeiter zusammenarbeiten (vgl. Schütte 2004, 100).

Der Faktor Führung wird durch die Art und Weise beeinflusst, wie mit Konflikten umgegan-gen wird und wie Entscheidungen getroffen und kommuniziert werden, aber auch wie Zielverein-

barungsprozesse ablaufen und was für ein Füh-rungsstil bevorzugt wird. Die Kooperationspro-zesse werden maßgeblich durch das Betriebsklima und die Wertschätzung der betrieblichen Grup-pierungen (Zusammenarbeit) determiniert. Im Bereich der Kommunikationsprozesse ist es ent-scheidend, in welcher Form und über welchen Ka-nal (besonders unangenehme) Mitteilungen kom-muniziert werden. Der ständige Wandel von Un-ternehmensstrukturen in einem global umfassen-

Zahlen lügen nicht, aber sie blenden einen mitunter. Fehlende Nachhaltigkeit erinnert daran, dass Zahlen im Kontext gesehen werden müssen, seien es Aktienkurse oder Stückzahlen in der Produktion.

Foto diese Seite: Händler ander New Yorker Börse. Gegenüber: Montage vonGabelstaplern bei Linde in Aschaffenburg.

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den Wirtschaftssystem macht ein Change Management in vielen Unternehmen unverzichtbar. Dabei sollen Or-ganisationsprozesse, ein Innovationsmanagement, die Im-plementierung und Steuerung von Change-Prozessen und ein Qualitätsmanagement dafür sorgen, dass die Mitar-beiter auf Veränderungen vorbereitet und begleitet wer-

tals im Vergleich zu den anderen beiden Kapitalarten die größte Kraft und Ausdauer sowie den größten Aufwand.

Systembezogenes Humankapital Mit dem systembezo-genen Hu man kapi tal ist der Teil des Humankapitals ge-meint, der die Strukturen darstellt und diese festigt.

Die Unternehmensgrundsätze stellen dabei einen wich-tigen Faktor dar, der durch klar definierte und prio-risierte Werte und ein entsprechendes Menschenbild, eine Corporate Governance und festgelegte Regeln getragen wird. Darüber hinaus sind die unter dem Personalsystem gefassten Größen Personalcontrol-ling und -marketing, das Auswahl-, Entwicklungs-, Betreuungs- und Vergütungssystem sowie die Per-sonal- und Sozialpolitik weitere Bestandteile des sys-tembezogenen Humankapitals. Zu nennen ist aber auch die Human-Resources-Funktion, die die poli-tischen und systemischen Dimensionen zum Ge-genstand hat. Sie sollte in personeller Hinsicht quan-titativ und qualitativ so besetzt sein, dass sie trotz Veränderungen und steigenden Herausforderungen ihren Beratungs- und Gestaltungsaufgaben nach-kommt. Nicht zu vergessen ist, dass die Entwick-lung des Humankapitals auch von den Bedingun-gen der Branche, der Unternehmensgröße und von den wirtschaftlichen und rechtlichen Umständen abhängig ist (vgl. Friederichs / Labes 2006, 24).

Das systembezogene Humankapital zeichnet sich besonders durch seine Vielzahl von möglichen Mess-punkten aus. Dabei sollte jedoch darauf geachtet werden, welche Messgrößen, Messzeitpunkte und Vergleichsmaßstäbe Verwendung finden. Hinzu kommt, dass sich das Humankapital durch diverse systembezogene Maßnahmen verändern lässt, wie durch Einstellungen, Betriebsvereinbarungen oder durch gezielte Beeinflussung der Altersstruktur (vgl. Wucknitz 2002, 39 f.).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass jede der vier Definitionen über Humankapital ihren eigenen Bei-trag zur Auseinandersetzung mit dem Thema liefert. So sind die beiden erstgenannten Definitionen von Becker und Schultz oft als Grundlage für weitere Humankapital-definitionen anzusehen. Der AK Immaterielle Werte sieht in seiner Definition das Anliegen vertreten, das Humanka-pital bilanziell ansetzen zu wollen. Am ausführlichsten de-finiert jedoch der HCC e.V. den Begriff Humankapital, der dies nicht nur auf die Personen reduziert, sondern zu-

den. Aus der Unternehmenskultur eines Unternehmens wird deutlich, inwieweit die proklamierten Werte gelebt beziehungsweise wie nachhaltig sie umgesetzt werden, wie stark das Engagement des (Top-)Managements ist und wie konsequent Fehlverhalten sanktioniert wird.

Charakteristisch für das prozessbezogene Humankapi-tal ist zum einen, dass es nur indirekt durch statistische Zu-sammenhänge, Wahrscheinlichkeitsaussagen und indukti-ve Schlussfolgerungen zu erfassen ist. Zum anderen erfor-dert die Veränderung des prozessbezogenen Humankapi-

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sätzlich die Systeme und Prozesse als Be-standteile betrachtet.

Immaterielle VermögenswerteFür die Terminologie immaterielle Vermö-genswerte ist in der wissenschaftlichen Li-teratur ebenfalls kein einheitlicher Ober-begriff vorhanden. Es werden jedoch Be-griffe wie immaterielle Vermögensgegen-stände, immaterielle Güter, Intellectual Capital oder Property, Intangible Assets und Intangibles synonym verwendet (vgl. Schmeisser 2008, 171).

In der deutschen und angloamerikani-schen Literatur werden immaterielle Ver-mögenswerte durch die fehlende physische Substanz und den fehlenden monetären Wert lediglich negativ abgegrenzt. Imma-terielle Vermögenswerte stellen also wirt-schaftliche Vorteile dar, die weder durch materielle noch durch finanzielle Güter konkretisiert werden, aber dennoch ein Er-folgspotenzial für das Unternehmen dar-stellen. Die fehlende Stofflichkeit führte zu einer Vielzahl von Kategorisierungsver-suchen der immateriellen Vermögenswer-te. Diese Ansätze verfolgten das Ziel, den Bereich der immateriellen Werte zu struk-turieren und verständlicher zu machen. In Abbildung 2 sind fünf verschiedene An-sätze zur Kategorisierung von immateriel-len Vermögenswerten dargestellt.

Der Einteilung des AK Immaterielle Wer-te kommt in Deutschland eine große Be-deutung zu, da diese Gliederung vom Deut-schen Rechnungslegungs Standards Com-mittee e.V. (DRSC)2 im DRS 12 zu imma-teriellen Vermögenswerten übernommen wurde. Diese Einteilung besteht aus insge-samt sieben Teilen von immateriellen Ver-mögenswerten. Hierbei stellt das Humanka-pital neben dem Innovationskapital (z. B. Software, Patente, Filme oder ungeschützte

HC-Definition des Human-Capital-Clubs e.V.

1. Intellektuelles Potenzial Wissen Fähigkeiten Erfahrung Kreativität

2. Motivationales Potenzial Motivation Identifikation Zufriedenheit

3. Integratives Potenzial Führungskompetenz Kooperationsbereitschaft Loyalität Teamfähigkeit Kommunikationsfähigkeit Integrität / Wertorientierung

4. Gesundheit Körperlicher Status Psychophysische Belast- barkeit Work-Life-Balance

Quelle: Friederichs / Labes 2006, 25

Personen

1. Führung Praktischer Führungsstil Konfliktlösung Entscheidungsprozesse Zielvereinbarungsprozesse

2. Kooperation Betriebsklima Zusammenarbeit

3. Kommunikation Kommunikationsstil Kommunikationswege

4. Change Management Change-Prozesse Innovationsmanagement Qualitätsmanagement Organisationsentwicklung

5. Unternehmenskultur Gelebte Werte Engagement der Manager Sanktionsprozesse Nachhaltigkeits- management

Prozesse

1. Unternehmensgrundsätze Werte / Menschenbild Rules and Regulations Corporate Governance

2. Personalsysteme Strategy / Policy Controlling Marketing Auswahl Entwicklung / Ausbildung Betreuung Vergütung

3. HR-Funktion Personelle Ausstattung Professionalität der Funktion Handlungsbudget Politische und systemische Position

4. System des Unternehmens Branchenbedingungen Größenbedingungen Wirtschaftlichkeits- bedingungen

Systeme

Abb. 1

Ansätze zur Kategorisierung von immateriellen Vermögenswerten

AK Immaterielle Werte(2001)

Edvinson / Malone(1997)

Skandia(1995)

Quellen: Schäfer / Lindenmayer 2004, 12; Haller / Dietrich 2001, 1045

HumanCapital

CustomerCapital

SupplierCapital

ProcessCapital

InnovationCapital

LocationCapital

InvestorCapital

Syeiby(1997)

External Structure Internal Structure

Stewart(1997)

Structural Capital

Abb. 2

Humankapital als Bestandteil des Unternehmenswertes

Bilanzvermögen Humankapital Sonstiges immaterielles Vermögen

Immaterielle Vermögenswerte

Quelle: Scholz et al. 2006, 24

Shareholder Value Unternehmenswert Fremdkapital

Beziehungs-Kapital

FinanziellesKapital

PhysischesKapital

Human-kapital

Organi-sationales

Kapital

Beziehungs-kapital

Wissen /Intellekt

Fähigkeiten

Hardware

Kunden-beziehungen

Lieferanten-beziehungen

Allianzen /Netzwerke

Strukturkapital

Prozesskapital

Markenimage

GeistigesEigentum

LiquideMittel

Forderungen

Finanzanlagen

Gebäude

Maschinen

Hardware

= -

Abb. 3

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Reparaturen eines Unternehmens), dem Kundenkapital (z. B. Wissen über Kun-den, Kundenlisten, Kundenzufriedenheit, Marken und Abnahmeverträge), dem Lieferantenkapital (z. B. Verträge über den Bezug bestimmter Rohstoffe, die nur in knappen Ressourcen verfügbar sind), dem Investorkapital (z. B. Kreditwürdig-keit, günstige Konditionen für Eigen- und Fremdkapitalbeschaffung), dem Pro-zesskapital (z. B. funktionierendes Vertriebsnetz, hochwertige Qualitätssicherung, ein gut funktionierendes Kommunikationsnetz) und dem Standortkapital (z. B. Verkehrsanbindung, Steuervorteile) einen dieser immateriellen Vermögenswerte dar (vgl. Zawacki-Richter 2004, 306 f.).

Shareholder ValueDer Begriff des Shareholder Value ist auf Alfred Rappaport zurückzuführen, der ihn als den Anteil des Eigenkapitals am Unternehmenswert definiert. Der Wert eines Unternehmens setzt sich dabei aus dem Wert seines Fremdkapitals und aus dem Wert seines Eigenkapitals zusammen.

In einer Gleichung zusammengefasst lässt sich der Shareholder Value so dar-stellen (vgl. Rappaport 1999, 39 f.):

SHV = UW – FK (SHV = Shareholder Value, UW = Unternehmenswert, FK = Fremdkapital).

Ziel ist es dabei, den Unternehmenswert und damit den Shareholder Value zu steigern. Operationalisiert wird dies neben der Ertragswertmethode3 durch die Discounted-Cash-Flow-Methode (DCF-Methode) oder durch Kennzahlen wie den Economic Value Added (EVA) und den Cash Flow Return on Investment (CFROI) (vgl. Schmeisser 2008, 87). Gleichbedeutend zum Shareholder Value werden Formulierungen wie Wertsteigerungsansatz, Wertmanagement-Ansatz und wertorientierte Unternehmens führung verwendet.

Humankapital im Kontext des UnternehmenswertesIm Folgenden wird dargestellt, welchen Stellenwert immaterielle Vermögens-werte und insbesondere das Humankapital im Hinblick auf den Unterneh-menswert einnehmen und wie dies mit dem Gedanken des Shareholder-Value-Ansatzes in Einklang zu bringen ist.

Aus Sicht des Unternehmens stellt das Humankapital neben dem finanzi-ellen, physischen, organisatorischen und dem Beziehungskapital eine von fünf Kapitalkomponenten dar, die summiert den Unternehmenswert ausmachen (vgl. Scholz et al. 2006, 24). Der Abbildung 3 ist zu entnehmen, wie sich der Unternehmenswert zusammensetzt und welche Stellung das Humankapital und die immateriellen Vermögenswerte dabei einnehmen.

Im Gegensatz zu immateriellen Vermögenswerten existieren für die Messung und Bewertung des finanziellen und physischen Kapitals im Rechnungswesen anerkannte Verfahrensweisen.4 Aus diesem Grund wird im Rahmen dieses Bei-trages darauf nicht weiter eingegangen. www.persolog.de

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Durch die Einordnung des Humanka-pitals als ein Verfahren zur Ermittlung des Unternehmenswertes muss auf den Share-holder Value Bezug genommen werden, um die Rechenbarkeit zu gewährleisten. Damit lässt sich das Management von Humanka-pital in die Reihe der wertorientierten Ma-nagementansätze einordnen, die eine Un-ternehmenswertsteigerung und damit die Schaffung eines Shareholder Value verste-hen, so zumindest die Diktion der finanz-orientierten Personalwirtschaft und des Ber-liner Humankapitalbewertungsmodells.5

Ansätze zur HumankapitalbewertungDie Wissenschaft bietet inzwischen eine Vielzahl von Ansätzen an, mit denen das Humankapital bewertet werden kann. Die Abbildung 4 gibt einen Überblick über weitverbreitete theoretische Ansätze und dazugehörige Modelle zur Humankapital-bewertung, leider ohne praktische Anwen-

Ansätze zur Humankapitalbewertung

Quelle: Scholz et al. 2006, 11 ff

Indikatorenbasierte

CIPD-Framework

Humanatics

Value Explorer

HR-Scorecard

KennzahlenbasierteWissensbilanz

Balanced Scorecard(BSC)

Intellectual CapitalNavigator

Human Asset Worth(HAW)

Employee-Value-Index(EVI)

IC-Rating

Aries

Skandia Navigator

Human PotentialIndex (HPI)

Human CapitalIndikator

Competence xCommitment

Intellectual CapitalAudit (IC-Audit)

Summenmodelldes Humankapitals

Intangible AssetMonitor (IAM)

Intellectual CapitalIndex (IC-Index)

Value-Added

Originärer Value AddedIntellectual Coefficient

(VAIC)

Economic Value Added(EVA)

Market Value Added(MVA)

Workonomics

Human EconomicValue Added (HEVA)

Total Value Creation (TVC)

Kosten-Nutzen-Analyse(KNA)

Knowledge Capital

WeiterentwickelterOriginärer Value AddedIntellectual Coefficient

(VAIC)

Ertragsorientierte

ICM-Model

Calculated IntangibleValue (CIV)

Human Capital PricingModel (HCPM)

Human CapitalReturn on Investment

(HCROI)

Berliner BalancedScorecard (BBSC)

Ansatz als Alternative

Accounting-orientierte

Accounting For TheFuture (AFTF)

Human ResourceAccounting (HRA)

Entgeltbarwert-Ansatz

LernzeitbasierteWissensbilanz

Marktwertorientierte

Markt- / Buchwert-Differenz

Markt- / Buchwert-Relation

Investor AssignedMarket Value (IAMV)

Human Capital MarketValue (HCMV)

Marktwert /Mitarbeiter-Quotient

Tobin‘s q

Value CreationIndex (VCI)

Saarbrücker Formel (SFo)

Ansätze

dungen. Eine grundsätzliche Erklärung da-zu sind die fehlenden Kenntnisse des Rech-nungswesens bei den Autoren der Ansät-ze, die buchhalterische, kostenrechnerische und finanzwirtschaftliche und investiti-onstheoretische Argumentationen und Mo-delle nicht auseinanderhalten können oder deren rechnungswesensartige Zusammen-hänge nicht kennen. Im Folgenden refe-riert der Verfasser des Beitrages die Argu-mentationen der Verfasser dieser unten aufgeführten Modelle (siehe Abb. 4), ob-wohl sie einer betriebswirtschaftlichen Ar-gumentation nicht standhalten.

Marktwertorientierte Ansätze, durch die eine marktseitige Einschätzung über das Humankapital von Unternehmen vorge-nommen wird und die Ergebnisse zum größ-ten Teil monetär dargestellt werden, wer-den insbesondere von Analysten und Inves-toren verwendet (vgl. Scholz et al. 2006, 54). Durch diese Perspektive werden zwar die Probleme der Objektivierung und Be-rechnung des Personalwertes vermieden, al-lerdings ist zu hinterfragen, wie die Wer-

tigkeit der jeweiligen Einzelgruppen zu er-mitteln ist und wie diese in einer Gesamt-summe zusammengefasst werden. Dies lässt sich zum Beispiel durch eine Gewichtung der jeweiligen Gruppengröße, die jeweili-ge Bedeutung für den Unte rnehmens erfolg oder die jeweilige Summe der Personalkos-ten bewerkstelligen. Darüber hinaus stellt die Bildung von Personalsegmenten und die Zuweisung eines Marktwertes zu den einzelnen Segmenten eine denkbare Mög-lichkeit dar (vgl. Wucknitz 2002, 7 f.).

Durch die verhältnismäßig leichte Er-mittlung der Input-Daten sind die markt-wertorientierten Ansätze vergleichsweise unkom pliziert anzuwenden. Jedoch ist deren Genauigkeit infrage zu stellen, da der Markt- und Buchwert unabhängig vom Humankapi-tal durch diverse Faktoren beeinflusst werden. Der Marktwert ist beispielsweise durch die Volatilität der Aktien kurse und der Buch wert durch intensiv genutzte Abschreibungsmög-lichkeiten geprägt (vgl. Oechsler 2006, 182; Bühner 2005, 343 ff.; Scholz et al. 2006, 54 ff.). In diesen Ansätzen und Modellen fin-

Abb. 4

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23PERSONALFÜHRUNG 4/2010 THEMENSCHWERPUNKT 23

den sich viele betriebswirtschaftliche Ar-gumentationsfehler, sodass sich der Ein-druck verfestigt, die Autoren dieser Mo-delle haben wenig bis keine Kenntnisse des Rechnungswesens. Gleiches gilt auch für die folgenden Ansätze.

Accounting-orientierte Ansätze Be-reits in den 60er-Jahren wandte sich die Wissenschaft in den USA unter dem The-ma „Human Capital Accounting“ der Forschung des Personalwertes zu. Schon damals zielten die accounting-orientier-ten-Ansätze darauf ab, die Investitionen und Abschreibungen des Humankapitals in die traditionellen Rechnungslegungs- und Bilanzierungsverfahren zu integrie-ren (vgl. Scholz et al. 2006, 78). Als klas-sisches Beispiel ist die Humanvermögens-rechnung zu nennen, bei der die Bewer-tung nach dem Kosten- oder Wertprin-zip erfolgt. Beim Kostenprinzip wird das Personal nach den investiven Aufwen-dungen (z. B. Aufwendungen für Anwer-bung, Auswahl, Einstellung, Einarbei-tung, Weiterbildung und Ersatz) bewer-tet. Diese Aufwen dungen werden mone-tär dargestellt und über ihre Nutzungs-dauer hinweg ab geschrieben.

Dagegen erfolgt beim Wertprinzip eine Prognose der zukünftigen Leistungs-beiträge einzelner Mitarbeiter, die zum Beispiel über das abgezinste zukünftige Einkommen monetär bewertet werden. Dies erfordert die Entwicklung von kom-plexen Modellen, die auf der Grundla-ge diverser Faktoren (z. B. kognitive Fä-higkeiten, Persönlichkeitsmerkmale, Zu-friedenheit und Eigenschaft der Orga-nisation) den zukünftigen Karrierever-lauf des Mitarbeiters prognostizieren. Ein personalwirtschaftlicher Nutzen die-ser beiden Prinzipien ist allerdings nur bedingt vorhanden. Zum einen werden beim Kostenprinzip nur vergangenheits-bezogene Informationen buch halterisch erfasst, zum anderen sind beim Wert-

prinzip die zukünftigen Einkünfte nur sehr schwer zu prognostizieren (vgl. Oechsler 2006, 182; Bühner 2005, 343 ff.). Allerdings erfahren die accoun-ting-orientierten Ansätze eine starke Ak-zeptanz, da sie sich an die unterneh-mensinterne Sprache der Rechnungsle-gung anlehnen.

Indikatorenbasierte Ansätze Die bei Weitem größte Anzahl an Ansätzen sind den indikatorenbasierten Ansätzen zuzu-rechnen. Bezeichnend für sie ist die Tat-sache, dass sie am weitesten vom analyti-schen Messansatz entfernt sind (vgl. Wuck-nitz 2002, 8). Dafür können sie aber auf allen Unternehmensebenen angewandt werden und eignen sich auch für Non-Profit-Organisationen (vgl. Scholz et al. 2006, 95). Die indikatorenbasierten An-sätze lassen sich in zwei Ausrichtungen un-terteilen. Einerseits gibt es Ansätze, die das Humankapital ausschließlich mithilfe von nichtmonetären Größen (Kennzahlen) er-mitteln, und andererseits Ansätze, die das Personal im ganzheitlichen Kontext be-trachten und sowohl finanzielle als auch nichtfinanzielle Indikatoren zur Bewer-tung des Humankapi tals heranziehen (vgl. Schmeisser / Lukowsky 2006, 56; North 2002, 229).

Positiv anzumerken ist, dass die indi-katorenbasierten Ansätze große Daten-mengen des Personals zu aussagekräftigen Kennzahlen zu verdichten versuchen (vgl. Oechsler 2006, 182 f.). Darüber hinaus schaffen und fördern sie ein Bewusstsein für die Bedeutsamkeit und Notwendig-keit der Auseinandersetzung mit dem The-ma immaterielle Vermögenswerte und insbesondere mit dem Thema Humanka-pital. Negativ anzusehen ist, dass organi-sationsübergreifende Vergleiche der kon-textbezogenen Kennzahlen nur schwer möglich sind (vgl. Scholz et al. 2006, 95). Außerdem können die Erzeugung einer Kennzahleninflation, die mangelnde Kon-

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sistenz und die mögliche Beeinflussbarkeit der Kennzah-len sowie deren Fehlinterpretation durch messtheoretische und anwendungsbezogene Schwächen als nachteilig ange-sehen werden (vgl. Oechsler 2006, 183).

Value-Added-Ansätze Der Wert des Humankapitals nach den Value-Added-Ansätzen kann als Differenz zwi-schen einem Output und einem Input verstanden wer-den. Im optimalen Fall hat das Ergebnis ein positives Vorzeichen und stellt damit einen Mehrwert für das Un-ternehmen dar (vgl. Scholz et al. 2006, 161). Wie auch die marktwertorientierten und die ertragsorientierten Ansätze orientieren sich die Value-Added-Ansätze vor-nehmlich an den Interessen der externen Stakeholder (vgl. Stein 2004, 10 f.).

Nachteilig bei diesen Ansätzen ist, dass sie sich aus-schließlich an der Gegenwart orientieren und damit Chan-cen und Risiken über die Entwicklung des Humankapitals unberücksichtigt bleiben. Zudem bleiben qualitative Kom-ponenten, die unter Umständen einen entscheidenden Beitrag zur Wertprägung leisten, unberücksichtigt (vgl. Wucknitz 2002, 6). Der Vorteil ist hingegen, dass sich diese Ansätze einfach in die Unternehmen einführen las-sen, da die zur Berechnung benötigten Informationen durch die interne Rechnungslegung bereit gestellt werden (vgl. Scholz et al. 2006, 161).

Ertragsorientierte Ansätze Bei den ertragsorientierten Ansätzen wird die Summe der erzielten Erträge (bzw. der Nutzen für die Investoren bzw. Anspruchsgruppen) als zukünftiger Wert des Personals verstanden. Der Nutzen kann auf der einen Seite zielgruppenspezifisch ermittelt werden, aber auf der anderen Seite auch für ein ganzes Unternehmen beziehungsweise eine ganze Organisation. Zudem können sowohl materielle als auch immaterielle Größen in den Nutzen mit einfließen (vgl. Wucknitz 2002, 7). Die ertragsorientierten Ansätze zielen darauf ab, ermittelte Erträge für einen definierten Zeitraum auf den Netto-Gegenwartswert abzuzinsen. Im Ergebnis wird dann eine monetäre Größe des Humankapitals ausgewie-sen (vgl. Scholz et al. 2006, 192). Der Beginn des rele-vanten Zeitraumes ist in der Regel der Tag der Berech-nung. Dagegen wird das Ende entweder nach Maßgabe des Üblichen festgelegt (z. B. zehn Jahre bei der Unter-nehmensbewertung nach der Discounted-Cash-Flow-Methode) oder an einem bestimmten Ereignis festge-macht (z. B. Auflösung des Unternehmens oder Ausschei-den des Mitarbeiters).

Problematisch bei den ertragsorientierten Ansätzen ist allerdings, dass sowohl aufwands- als auch ertragssei-tige qualitative Komponenten mit in die Berechnung ein-fließen, die nur unter bestimmten Annahmen begründet sind. Ein Beispiel für einen solchen qualitativen Aufwand wären Opportunitätskosten, die durch die Investition von Zeit in die Einarbeitung des Personals entstehen wür-den. Qualitativer Ertrag wäre dagegen zum Beispiel ein Imagegewinn, den sich ein Unternehmen durch die Be-schäftigung eines außerordentlich kompetenten Mitar-beiters verspricht (vgl. Wucknitz 2002, 7).

Zu den beschriebenen Klassifizierungen der Humanka-pitalbewertungsansätze lässt sich abschließend konstatie-ren, dass sie alle die Diskussion zur Humankapitalbewer-tung vorangetrieben haben. Jedoch konnte sich bisher kein Ansatz geschweige denn ein Modell im allgemeingültigen Sinn durchsetzen. Auch die Synthese verschiedener dieser Ansätze zu neuen Modellen, wie die Saarbrücker Formel, stieß in Theorie und Praxis bislang auf ein größtenteils ab-lehnendes Echo.6 Erklärbar ist dies damit, dass Control-ling- oder Finanzvorstände derartige nicht tragbare betriebs-wirtschaftliche Argumentationen nicht akzeptieren.

Berliner Human -kapital bewertungsmodellDer modelltheoretische Hintergrund des Berliner Humanka-pitalbewertungsmodells basiert auf dem Gedanken, einen Mitarbeiterwert mithilfe der Balanced Scorecard und der Shareholder-Value-Philosophie in Form eines Unterneh-mensbewertungsmodells ableiten, entwickeln und errech-nen zu können , das heißt, dem Berliner Humankapitalbe-wertungsmodell liegt die Denkweise der finanzorientier-ten Personalwirtschaft zugrunde (s. Abb. 5) (Anm. d. Red.: vgl. zu diesem Ansatz ausführlich den Beitrag in dieser Aus-gabe ab S. 36).

SummaryUnderstanding, Defining, and Compiling Human CapitalUp to now, no uniform approach has been found in the debate about compiling, describing, and assessing human capital. In the German language literature, synonyms for human capital such as “Humanvermögen” and “Human-potenzial” are used, whereas in the Anglo-Saxon literature,

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the terms “human capital” and “human as-sets” are applied. To be able to reach a fun-damental and common understanding of el-ementary, human capital-related terms, one must first clarify what the terms “human cap-ital”, “intangible assets” and “shareholder val-ue” precisely mean. Scientific literature does not offer a standard definition of human cap-ital. For this reason, Wilhelm Schmeisser de-scribes the most important approaches and outlines essential differences and common-alities in his introductory article.

Anmerkungen

1 Der Beitrag lehnt sich an das dritte Kapitel des Buches „Modelle zur Humankapitalbewertung“ von Wilhelm Schmeisser et al. an, München / Mering, 2009, 26–35

2 Das DRSC wurde im März 1998 auf Grundlage des § 341 (1) HGB vom Gesetzgeber gegründet; vgl. Adam 2007, 16. Zu den Aufgaben des DRSC gehören nach § 341 (1) Nr. 1 bis 4 HGB die Aus-arbeitung von Vorschlägen für Grundsätze der Konzernrechnungslegung, die Beratung des Bun-desministeriums der Justiz bei Gesetzgebungsvor-haben zu Rechnungslegungsvorschriften sowie die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in internationalen Standardisierungsgremien

und die Erarbeitung von Interpretationen der internationalen Rechnungslegungsstandards.

3 Die Ertragswertmethode lehnt sich in ihrer Ver-fahrensweise an die Kapitalwertmethode an; vgl. Stiefl 2005, 207.

4 Die Bewertung des finanziellen und physischen Kapitals ist durch Rechnungslegungsvorschrif-ten (wie z. B. IFRS, US-GAAP und HGB) zum größten Teil klar geregelt.

5 Vgl. Dürndorfer / Nink / Wood 2005, 18; insb. auch Schmeisser 2008 und Schmeisser / Clausen 2009.

6 Vgl. Breuer / Kampkötter / Sliwka 2009, 19 f.; ausführliche Kritik dazu vgl. Becker / Labucay / Rieger 2007, 38–58.

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Logik der finanzorientierten Personalwirtschaft

Rechnungswesen (IFRS)

Konzernbilanz (IFRS)

Lohn- und Gehaltsabrechnung Jahresabschlussbilanz (IFRS)

Jahresabschlussbilanzanalyse mittels einzelner Instrumente / Techniken der finanzorientierten Personalwirtschaft

(freie Cash-Flows, Wertschöpfungsrechnung, Kapitalflussrechnung, ROI etc.)

Wertorientierte Unternehmenssteuerung / Performance-Rechnung

Berliner Balanced Scorecard Ansatz(Strategieberechnung)

Humankapital

Kennzahlen

Personalcontrolling

MitarbeiterdeckungsbeitragMitarbeiter Cash-Flow

Verhaltenssteuerung der Führungskräfte und Mitarbeiter

Innerbetriebliches Controlling

Intangibles (IFRS 38) Daten desRechnungswesens dienen optimalen

zukünftigen Innovationsentscheidungen

Entgeltsysteme, Aktienoptionsprogramme, Betriebliche Altersvorsorge

Abb. 5