Enterprise 2.0 - Social Software in Unternehmen

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  • 8/14/2019 Enterprise 2.0 - Social Software in Unternehmen

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    Enterprise 2.0 ...

    Social Software in Unternehmen

    Prof. Dr. Michael Koch

    Universitt der Bundeswehr Mnchen

    Forschungsgruppe Kooperationssysteme

    http://www.kooperationssysteme.de/

    September 2008

    1 Web 2.0

    Nachdem bereits im Jahr 1982 der PC (Personal Computer) vom Time-Magazin als Person of theYear ausgezeichnet worden war, wurde diese Ehre Ende des Jahres 2006 dem Web 2.0 zu Teil. DenTime-Autoren gelang es eine der lautenden Devisen des Web 2.0 in den Titel zu integrieren. Ausge-zeichnet wurde: You (Du). Damit ist jeder Benutzer gemeint, der sich ber Weblogs, Wikis oderanderweitig im World Wide Web (WWW) einbringt. Denn im Web 2.0 ist der Benutzer nicht mehrnur noch Konsument, er selbst wird zum Gestalter, indem er Inhalte bereitstellt. Das in diesem Zu-sammenhang oft genannte Schlagwort lautet participation Partizipation oder Beteiligung (derBenutzer) bzw. user generated content (benutzergenerierte Inhalte). Diese freiwillige und aktiveMitwirkung eines groen Anteils der Benutzer stellt das Hauptcharakteristikum des Web 2.0 dar. Der

    Nutzer steht im Vordergrund bzw. im Mittelpunkt des Geschehens.

    Um das freie (Mit-)Wirken mglichst vieler ohne Zwnge von Organisationen, Prozessen, Technolo-

    gien, bestimmter Plattformen zu ermglichen, haben sich einige wenige weitere Grundcharakteristikavon Web 2.0-Anwendungen herausgebildet:

    Ich-Zentriertheit und Netzwerke: Eine Eigenschaft von Web 2.0 Anwendungen (im Gegensatz zubisherigen Groupware, Community-, Wissensmanagement-Anwendungen) ist es, dass zuerst die Be-drfnisse des einzelnen Nutzers betrachtet werden und erst dann ber den Austausch der ErfasstenInformationen und die Organisation in Netzwerken ein Gruppennutzen angestrebt wird.

    Datenzentriertheit: Die mglichst freie Interaktion erfordert den Abschied von bestimmten Plattfor-men. Wichtiger als aufwndig gestaltete Startseiten sind im Web 2.0 die Daten hinter diesen Angebo-ten. Die Daten werden auf verschiedenen Wegen zur besseren Integration verfgbar gemacht (z.B.ber RSS, Web Services).

    Benutzbarkeit / Usability: Natrlich stellen auch einfach zu bedienende Benutzungsschnittstellen

    eine wichtige Sule des Web 2.0 dar. Ein Aspekt der Benutzbarkeit ist die mit Desktop-Anwendungenvergleichbare Interaktivitt, ein anderer die Bereitstellung im Web, d.h. die Mglichkeit der Nutzungder Anwendungen ber Web-Browser von berall her ohne Installation von Programmen.

    Modularitt: Einen weiteren Schub fr die Benutzbarkeit und Motivation erhalten Web 2.0 Anwen-dungen dadurch, dass sie einfach erstellt, rekombiniert und angepasst werden knnen. Dadurch wirdes einfach mglich neue Spezialanwendungen (auch fr kleine Anwendergruppen) zu erstellen, waswiederum die Nutzerbasis und Partizipation verstrkt.

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    2 Social Software

    Unter Social Software versteht man Anwendungen, die menschliche Interaktion untersttzen unddazu grtenteils oben genannte Technologien ntzen. Coates beschreibt Social Software beispiels-weise als Software that supports, extends, or derives added value from human social behaviour1.

    Das breite Spektrum von Social Software Anwendungen lsst sich auf verschiedene Weise strukturie-ren. Wir bevorzugen eine Strukturierung nach drei Funktionalittsdimensionen (siehe Abbildung 1):

    - Informationsmanagement: Ermglichung des Findens, Bewertens und Verwaltens von (on-line verfgbarer) Information.

    - Identitts- und Netzwerkmanagement: Ermglichung der Darstellung von Aspekten seinerselbst im Internet, sowie der Verwaltung von sozialen Netzwerken

    - Kommunikation: Direkte und indirekte Kommunikation mit Partnern im Netzwerk

    Abbildung 1: Das Social Software Dreieck

    Zur Charakterisierung dessen, was genau unter Social Software genau zu verstehen ist kann man auchdie Anwendungsklassen aufzuzhlen, die sich aktuell herauskristallisiert haben. Wir unterscheidendabei

    - Weblogs- Wikis und Gruppeneditoren- Social Tagging (-Anwendungen) / Social Bookmarking(-Anwendungen)- Social Networking (-Anwendungen)- und schlielich Instant Messaging und Prsenz-Awareness Anwendungen.

    In Abbildung 1 wurden die Klassen gem der Ausprgung der zuvor genannten Einsatzintentionen

    bei Social Software eingeordnet.Neben der Charakterisierung anhand von Anwendungsklassen kann man Social Software schlielichauch noch anhand der Mglichkeiten charakterisieren, welche die Anwendungen bereitstellen. Mc-Afee fasst diese Charakteristika beispielsweise im Wort SLATES (search, links, authoring, tags, ex-tensions, signals) zusammen2. Nachfolgend finden Sie unsere Interpretation der Charakteristika vonSocial Software, die sehr gut zu den SLATES-Charakteristika von McAfee passt:

    - So einfach wie mglich selbst Beitrge verffentlichen oder Inhalte editieren knnen (autho-ring)

    - Durch Tagging einfach strukturierende Metadaten beitragen knnen (tags)

    1 Coates (2005): An addendum to a definition of Social Software.http://www.plasticbag.org/archives/2005/01/an_addendum_to_a_definition_of_social_softwareLetzter Zugriff am 11.05.20072 McAfee (2006): Enterprise 2.0: The Dawn of Emergent Collaboration. MITSloan Management Review 47(3).

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    - Durch Annotations- und Verlinkungsmglichkeiten einfach zustzliche Inhalte und Metadatenbereitstellen knnen (authoring, links)

    - Durch Abonnierungsmglichkeiten einfach auf neue Inhalte aufmerksam gemacht werdenknnen (signals)

    - Beigetragene Inhalte einfach auffindbar machen (search, tags)- Modularer, dienstorientierter und datenzentrierter Aufbau der Anwendungen (extensions)

    3 Enterprise 2.0 - Social Software im Unternehmen

    In seinem schon zuvor erwhnten Artikel Enterprise 2.0: The Dawn of Emergent Collaboration be-schreibt Andrew McAfee von der Harvard Business School wie Social Software im Unternehmens-kontext eingesetzt werden kann, um die Zusammenarbeit der Mitarbeiter zu untersttzen. McAfeeverwendet dabei den Begriff Enterprise 2.0, um im Bereich Web 2.0 auf Plattformen zu fokussieren,die von Unternehmen eingesetzt werden, um die Praktiken und Ergebnisse ihrer Wissensarbeitersichtbar zu machen.

    Das erste sichtbare Zeichen fr die Adoption von Social Software in Unternehmen waren unterneh-

    mensinterne Weblogs und Wikis. Insbesondere in Software-Projekten wurden Wikis frh als zustzli-che Mglichkeit der Kommunikation ohne groe Formalismen eingefhrt. Unternehmen wie Social-text bieten seit Jahren Wiki-Lsungen an, die sowohl auerhalb des Unternehmens gehostet werdenknnen als auch hinter der Firewall im Intranet installiert werden knnen. Durch die Verbreitung vonWeblogs haben sich auch die Syndizierungsformate RSS und Atom in den Unternehmen ausgebreitet.

    Gegenber anderen Werkzeugen zur Kommunikationsuntersttzung oder zum Wissensmanagementbietet Social Software laut McAfee bessere Mglichkeiten implizites Wissen (tacit knowledge) undBest Practices unternehmensweit verfgbar zu machen. In diesem Zusammenhang nennt McAfee sei-ne Anforderungen, damit Enterprise 2.0 funktionieren kann:

    - Das Schaffen einer offenen Unternehmenskultur- Eine Plattform (im Intranet) auf der die Zusammenarbeit mglich wird- Change Management, das auf die Bedrfnisse der Nutzer eingeht,statt an formalen Prozessen festzuhalten- Commitment von der Unternehmensfhrung

    Social Software (und die sich verndernden Unternehmenskulturen) bieten einen ausgezeichnetenAusgangspunkt, um die Zusammenarbeit in einem Unternehmen zu verbessern. Ein Unternehmenkommt jedoch nicht umhin, sich mit seinen Strken und Schwchen auseinander zu setzen. Enterprise2.0 bedeutet nicht: Installieren wir ein Wiki hier und zwei Weblogs da und dann schauen wir einmal.Das kann auerhalb eines Unternehmens funktionieren im Unternehmen muss die Einfhrung aberklarer in den Unternehmenskontext eingebettet sein und mit organisatorischen oder kulturellen Ma-nahmen begleitet werden.

    Ein Artikel in der Zeitschrift Information Week beschreibt dies sehr anschaulich:

    Enterprise 2.0 cant just be about a wiki here, a blog there forever. Taken together, theemergence and convergence of Web 2.0 and IP communications is what will determinewhether theres truly an Enterprise 2.0. Its a new architecture defined by easier, faster, andcontextual organization of and access to information, expertise, and business contactswhether co-workers, partners, or customers. And all with a degree of personalization

    sprinkled in. (aus der Information Week, Ausgabe 34, 26.2.2007)

    4 Erfolgsfaktoren beim Einsatz von Social Software

    Als Erfolgsfaktoren fr den Einsatz von Social Software (sowohl in als auch auerhalb von Unter-

    nehmen) kristallisieren sich aktuell hauptschlich heraus- Einfache Nutzung (geringe Nutzungshrden, sowohl technisch als auch organisatorisch)- Fokus auf Nutzen fr den Einzelnen (Herstellen und auch klar kommunizieren)

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    Beides zusammen lsst sich mit der Herstellung eines mglichst positiven Verhltnisses von Aufwandund Nutzen fr den einzelnen Benutzer zusammenfassen.

    Dabei hat sich gezeigt, dass die in Abschnitt 3 genannten Charakteristika mageblich dazu beitragen z.B. die einfache Auffindbarkeit / Abonnierbarkeit von Inhalten.

    Als ein weiterer Erfolgsfaktor fr die Einfhrung von Social Software in Unternehmen hat sicher her-ausgestellt den Benutzern mglichst wenig (am besten gar keine) Alternativen zu bieten. Hintergrunddazu ist, dass alternative Mglichkeiten eine Sache zu machen erstens Medienwahlkosten generierenund zweitens dazu fhren, dass wichtige Information auf verschiedene Medien verteilt wird und hhe-re Kosten bei der Suche anfallen. Natrlich muss man nicht alle Alternativen abschalten um diesesProblem in Griff zu bekommen. Hufig reicht auch schon eine klare Anleitung welche Medien frwelche Information/Kommunikation benutzt werden sollten.

    Als Hemmschuh zeigt sich aktuell auch die (notwendige) Struktur in den Inhalten, mit denen gearbei-tet (zu denen beigetragen) werden soll. Die Einhaltung der Struktur und das sich Orientieren in derStruktur verursacht zustzliche Kosten fr die Beitragenden, was deren Motivation verringert.

    Als Lsungsansatz dazu schlt sich momentan erstens die Reduktion von (zwingend vorgeschriebener

    und notwendiger) Struktur auf ein Minimum sowie der Einsatz sogenannter Grtner, die fr dieBenutzer Struktur wieder herstellen, heraus. Insbesondere im Zusammenhang mit Wikis zeigt sich das hier sind Unternehmensanwendungen selten so einfach/klar strukturiert wie die erfolgreiche Wiki-pedia.

    Die berlegungen des letzten Punktes lassen sich sehr schn in der Empfehlung zusammenfassen,dass nicht nur die Erstellung von Inhalten mglichst einfach sein soll, sondern auch die Pflege / dieReparatur des Mediums, bzw. dass wenigstens die Kosten fr letzteres auch bercksichtig werdenmssen.

    ... zum Weiterlesen

    Dieser Beitrag stellt eine um Erkenntnisse aus aktuellen Fallstudien angereicherte Kurzfassung derEinleitung aus dem Buch Enterprise 2.0 von Koch und Richter dar (siehe unten).

    Eine Sammlung von Fallstudien zum Thema Enterprise 2.0 findet sich unterhttp://www.kooperationssysteme.de/case/

    Bcher, die sich mit dem Thema praxisnah beschftigen (und auch jeweils verschiedene Fallstudienund Empfehlungen prsentieren):

    Koch, Richter:Enterprise 2.0,Oldenbourg, 2008

    Buhse, Samer (Hrsg.):Enterprise 2.0 - Die Kunstloszulassen,Rhombos-Verlag, 2008

    Back, Gronau, Tochtermann (Hrsg.):Web 2.0 in der Unternehmenspraxis,Oldenbourg, 2008