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Aus der Transfusionsmedizinschen und Hämostaseologischen Abteilung der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-NürnbergLeiter: Prof. Dr. med. Reinhold Eckstein
Entwicklung einer standardisierbaren Methodik zur Dokumentation und Quantifizierung der Heterogenität und
Dynamik des thrombozytären Formwandels
Inaugural-Dissertationzur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
vorgelegt von
Max-Joseph Kraus
aus München
Gedruckt mit Erlaubnis derMedizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
Dekan: Prof. Dr. Dr. J. SchüttlerReferent: PD Dr. E.F. Strasser Koreferent: Prof. Dr. R. Eckstein
Tag der mündlichen Prüfung: 25.1.2012
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung: 71.1 Thrombozyten 71.2 Formwandel 111.3 Untersuchung von Thrombozyten 151.3.1 Aggregometrie nach Born 151.3.2 Impedanzaggregometrie 161.3.3 Laser Rheoaggregometrie 161.3.4 Quasi-elastische Licht-Streuung 171.3.5 Ausmaß der Formänderung 171.3.6 Hypotone Schock Reaktion 181.3.7 Plättchenvolumen 181.3.8 Thrombelastographie 181.3.9 Durchflußzytometrie 191.3.10 Plättchenfunktionsanalysator 191.3.11 Platte-Kegel-Analysator 201.3.12 Elektronenmikroskopie 201.3.13 Lichtmikroskopie 201.3.13.1 Dunkelfeld 211.3.13.2 Phasenkontrast 231.3.13.3 Differentialinterferenzkontrast 241.3.13.4 Fluoreszenz 241.4 Primärer und sekundärer Formwandel 251.5 Quantifizierung des Formwandels 28
2 Fragestellung 30
3 Methode 313.1 Präanalytik 313.1.1 Blutabnahme 313.1.2 Plättchenreiches Plasma 313.1.3 Präparation 323.2 Mikroskopie 333.2.1 Dunkelfeldmikroskopie 333.2.2 Versuchsaufbau 343.2.3 Untersuchungsgang 363.3 Bilderfassung 363.3.1 Digitalkamera 363.3.2 Bildbezeichnung 373.3.3 Zeiterfassung 383.3.4 Metadaten 383.3.5 Kameraadaption 393.3.6 Aufnahmeformat 393.3.7 Bildaufnahme 393.4 Bildvermessung 403.4.1 Klassifikation 403.4.2 ImageJ-Plugin 413.4.3 Export der Messdaten 443.5 Auswertung 45
3.5.1 Zielgrössen 453.5.2 Nullhypothesen 453.5.3 Testverfahren 46
4 Ergebnisse 474.1 Formen 474.2 Zeitliche Dynamik 504.3 Statistischer Vergleich 564.4 Kinetische Darstellung 594.5 Zweiteilung 594.6 Mikropartikel 634.7 Rekonstruktion 64
5 Diskussion 67
6 Literaturverzeichnis 79
7 Abbildungsverzeichnis 90
8 Verzeichnis der Vorveröffentlichungen 93
9 Anhang 949.1 Standardisierter Untersuchungsgang 949.2 Bildserie: Zweiteilung eines Thrombozyten 95
10 Danksagung 103
5
Zusammenfassung
Hintergrund und Ziele
Thrombozyten reagieren auf eine Vielzahl von Reizen mit einer Änderung ihrer scheib
chenförmigen Ruheform in eine Kugelform und mit der Ausbildung von Bläschen und
Fortsätzen. Dieser thrombozytäre Formwandel (TFW) zeigt eine auffällige Heterogenität
und eine protrahierte Dynamik, die bislang nicht quantitativ erfasst werden können. Es gibt
Hinweise, dass der Art und dem Ausmaß des TFW eine physiologische und evtl. auch pa
thophysiologische Bedeutung zukommen könnten.
Methoden
Wir stellen ein bereits in großen Teilen automatisiertes und somit standardisierbares
Verfahren vor, dass eine exakte und nachvollziehbare Dokumentation und Quantifizierung
von TFW-Prozesse ermöglicht. Thrombozytenreiches Plasma wird in den Strahlengang ei
nes Dunkelfeldmikroskops eingebracht. Mittels einer an das Mikroskop adaptierten, com
putergesteuerten Digitalkamera wird eine kontinuierliche Aufnahmeserie erfasst. Der TFW
wird kategorisiert und mittels eines computergestützten Vermessungsalgorithmus ausge
wertet.
Ergebnisse und Beobachtungen
Der TFW ist ein über viele Stunden anhaltender kontinuierlicher Prozess. Es konnte ein
kontinuierlich anhaltender TFW über einen Beobachtungszeitraum von maximal 145
Stunden dokumentiert werden. Hyalomerausdehnung, Pseudopodienausbildung und
Mikropartikelbildung können kontinuierlich quantitativ erfasst, visualisiert und ausgewertet
werden. In unterschiedlichen Proben zeigen sich signifikant unterschiedliche Ausprägungs
muster und zum Teil gegenläufige Entwicklungen des TFW.
Praktische Schlussfolgerungen
Der TFW kann jetzt auf Einzelzellbasis kontinuierlich erfasst werden. Hierdurch kann
zu einem besseren Verständnis thrombozytärer Funktionen in einer protrahierten Phase
nach der Aktivierung beigetragen werden. Es kann untersucht werden, ob sich spezifische,
vom umgebenden Milieu abhängige TFW-Muster zeigen. Hieraus könnten sich neue dia
gnostische und therapeutische Ansätze für Krankheiten wie Diabetes mellitus und entzünd
liche Systemerkrankungen, sowie für die Testung formwandelmodulierender Medikamente
ergeben.
6
Summary
Background and objectives
Blood platelets respond to many stimuli by changing shape from resting, discoid forms
into more rounded structures processing blebs and pseudopodia. Morphological change of
platelet structure during activation is generally referred as the platelet shape change (PSC)
reaction. PSC is a dynamic process and shows a remarkable heterogeneity. Until now the
dynamics and the heterogeneity of PSC could not be analyzed quantitatively. There is
evidence that the nature and extent of PSC might bear a physiological and probably also
pathophysioloigal meaning.
Materials and methods
We present a largely automated and thus for standardization suitable procedure for
accurate and traceable documentation and quantification of PSC. Platelet rich plasma from
anticoagulated whole blood was analyzed by dark field microspcopy. A computer
controlled digital camera was adapted to a dark field light microscope. A continiuous
series of recordings was captured. PSC was categorized and the recordings were evaluated
using a self-developed, computer-based algorithm for analysis of platelet shape.
Results
PSC continues for several hours after preparation. PSC can be monitored continuously
on a single-cell basis. We observed and documentated a continuing PSC for a maximum
period of 145 hours. The extension of the hyalomer, the formation of pseudopodia and
microparticles can be quantitatively analyzed and graphically visualized. Different samples
showed significantly different and even partly contrary expression patterns of hyalomer and
pseudopodia formation.
Conclusions
It is now possible to continuously monitor PSC on a single-cell basis. This could lead to
a better understanding of platelet function. PSC can exactly be examined after platelet
activation during a prolonged period regarding specific pattern of PSC depending on given
conditions. Therefore we might contribute to new diagnostic and therapeutic approaches
for detection of platelet dysfunction in diseases such as diabetes mellitus and systemic
inflammatory diseases. Furthermore the presented method could improve the testing of
drugs with effect on PSC.
7
1 Einleitung:
1.1 Thrombozyten
Thrombozyten entstehen als 3-5 µm breite und 0,5-1 µm dicke [37], zellkernlose Ab
schnürungen von Megakaryozyten im Knochenmark mit einem durchschnittlichen Volu
men von 6-8 x 10-15 l [37]. Sie haben eine Lebensdauer im Blut von etwa 10 bis 12 Tagen
[117]. Pro Mikroliter Blut zirkulieren 150.000 bis 450.000 Blutplättchen [38]. Auf Grund
ihrer kleinen Größe, dem Fehlen eines Zellkerns und eines farblosen Zytoplasmas haben sie
sich lange der mikroskopischen Darstellung entzogen und waren der letzte zelluläre Be
standteil des Blutes, der entdeckt wurde [117].
Morphologisch (siehe Abbildung 1.1) gliedert sich die thrombozytäre Struktur in drei
Zonen: eine periphere Zone mit einer extramembranösen Glykokalix und einer darunter
liegenden dreischichtigen Plasmamembran, eine submembranösen Sol-Gel-Zone mit ei
ner Matrix aus submembranösen Filamenten, Mikrotubuli und Mikrofilamenten und der
Organell-Zone, bestehend aus sekretorischen Granula wie α-Granula, δ-Granula (dense
bodies) und Lysosomen [79].
Lange Zeit dachten Forscher, Plättchen hätten nur eine einzige Funktion: unser Gefäß
system abzudichten und somit vor lebensbedrohenden Blutungen zu bewahren [64]. Nach
einer Verletzung der Gefäßwand akkumulieren Thrombozyten schnell am freigelegten Sub
endothel, um das Gefäß abzudichten. Sie binden initial über spezifische Rezeptoren an die
subendothelialen Matrixproteine von Willebrand-Faktor (vWF), Thrombospondin 1 (TSP-
1) und Kollagen [56]. Durch Interaktion des Glykoproteins (GP) Ib mit dem vWF und
dem TSP-1 werden die Thrombozyten im Blutstrom abgebremst [56] und durch weitere
Aktivierung des GP-Ib-V-IX-Komplexes fest verankert [56].
Durch Wechselwirkung von freigelegtem Kollagen und GP-IV wird eine aktivierende
Signalkaskade ausgelöst, die zu einem festen Anhaften der Thrombozyten am freigelegten
Subendothel führt [64]. Mittels Exozytose schütten Thrombozyten eine Vielzahl von Gra
nulatinhaltsstoffen wie Adenosindiphosphat (ADP), Thromboxan A2, Serotonin, Wachs
tumsfaktoren und Zytokinen aus, die durch Bindung an spezifische Rezeptoren entweder
die initiale Stimulierung der Thrombozyten autokrin verstärken oder weitere Thrombozy
ten aktivieren [56]. Aktiviertes GP-IIb-IIIa auf adhärenten Thrombozyten bindet lösliches
Fibrinogen aus dem Blut, welches wiederum weitere Thrombozyten aus der Zirkulation
8
über GP-IIb-IIIa bindet und rekrutiert [103]. Durch die thrombinvermittelte Spaltung des
Fibrinogens zu Fibrin wird das Thrombozytenaggregat zu einem Thrombus verfestigt
[103] und die Gefäßwandverletzung abgedichtet.
Blutplättchen greifen aber auch über eine Vielzahl von Mechanismen in die Entzün
dungsreaktion ein. Die Entzündungsreaktion ist der uniforme Reaktionsmechanismus des
Körpers auf eine Vielzahl von Reizen wie mechanische, thermische, chemische, aktinische,
biologische belebte oder unbelebte Noxen [23]. Eine Dysregulation der Entzündungsreak
tion ist bei der Entstehung einer Vielzahl von Krankheitszuständen beteiligt. Ein durch eine
gesteigerte Aktivierung oder eine gesteigerte Aktivierbarkeit von Thrombozyten mit verur
sachter pro-inflammatorischer Zustand konnte nach Gear [37] unter anderem bei akutem
Abbildung 1.1: Schematische Darstellung der Ultrastruktur eines ruhenden Thrombo-zyten.
Plättchen enthalten keinen Zellkern, aber eine Reihe von Organellen, Speicher-granula und Komponenten des Zytoskeletts. Modifiziert nach [44]
9
Koronarsyndrom, ischämischen cerebrovaskulären Erkrankungen, peripherer arterieller
Verschlusskrankheit, peripheren Venenerkrankungen, Diabetes mellitus, myeloproliferati
ven Erkrankungen, Morbus Alzheimer, Präeklampsie, Plazentainsuffizienz, nephrotischem
Syndrom, Sichelzellkrankheit, septischem Multiorganversagen, Antiphospholipid-Syn
drom, systemischen Lupus erythematodes, rheumatoider Arthritis, entzündlichen Darmer
krankungen und Asthma [37], sowie cystischer Fibrose [7] und Zigarettenrauchen [46]
nachgewiesen werden. Auch bei verschiedenen anderen Zuständen wie Depression [76],
Hyperglykämie [108], körperlicher Anstrengung, Hyperlipoproteinämie und emotionalem
Stress [64, 74, 77] sowie arterieller Hypertonie [37], bei denen eine Entzündungsreaktion
pathogenetisch nicht primär evident erscheint, konnte eine gesteigerte thrombozytäre Akti
vierung gezeigt werden.
Thrombozyten sind eine der ersten zellulären Bestandteile, die an der Stelle einer Ge
fäßschädigung [112], einer vaskulären Infektion oder fremden Oberflächen [124] akkumu
lieren. Membranständige Glykoprotein-Rezeptoren der Plättchen können an diverse Ligan
den, wie beispielsweise von aktiviertem oder verletztem Endothel exprimierten Kollagen,
Fibronectin, von Willebrand Faktor, Laminin, Vitronection und Thrombin binden [124].
Die Bindung von Thrombozyten, interzelluläre Aggregation, die Stimulierung durch am
Entzündungsort freigesetztes Thrombin oder auch die Interaktion mit Leukozyten [34, 64,
74, 102, 109, 112, 124] führt zur Aktivierung der Thrombozyten und in Abhängigkeit von
dem umgebenden Milieu [112] zur Freisetzung eines reichhaltigen Sortiments entzün
dungsmodulierender Substanzen [7, 34, 64, 74, 89, 102, 109, 112]. Dieses „Sekretom“
[124] beinhaltet unter anderem Histamin, Serotonin, Thromboxan A2, Plättchen aktivie
render Faktor (PAF), „transorming growth factor beta“ (TGF-β) und Interleukin 1 beta
(IL1β) [34, 51, 61, 102, 109, 111, 112], Chemokine wie RANTES („regulated upon acti
vation normal T cell expressed and secreted“), das epitheliale Neutrophilen aktivierende
Protein-78 (ENA-78), Plättchenfaktor 4 (PF-4), proangiogenetische Proteine wie VEGF
(„vascuar endothelial growth factor“), EGF („epidermal growth factor“), IGF („insulin like
growth factor“), PDGF („platelet-derived growth factor“) und Thymosin β4, sowie proan
giogenetische Phospholipide wie Lysophosphatidylsäure (LPA), Phosphatidylsäure und
Sphingosin 1-Phosphat [112].
Thrombozyten unterstützen Wundheilung und Infektabwehr [74], sie modulieren die
Immunreaktion [51, 64], fördern die Neubildung von Blutgefäßen [103] und spielen wohl
auch eine wichtige Rolle bei der Metastasierung von Tumoren [10, 20, 64, 74]. Auch in
10
der Frühphase der Arteriosklerose sind Thrombozyten an dem Wachstum der arterioskle
rotischen Läsion beteiligt [103, 117]. Die am Beginn der Atherogenese stehenden aktivier
ten Endothelzellen präsentieren auf ihrer Oberfläche P-Selektin, das an GP-1b- und P-Se
lektin-Glykoproteinliganden 1 auf zirkulierenden Thrombozyten bindet und diese somit
einfängt [56]. Die Bindung an das Endothel führt zur Sekretion chemotaktisch wirkender
Substanzen wie RANTES und PF-4, wodurch insbesondere Monozyten aus der Umge
bung angelockt und aktiviert werden [56]. Stark aktivierte Thrombozyten schnüren zudem
kleine zytoplasmatische Membranpartikel (sog. Mikropartikel) ab, die mit dem Endothel
und Monozyten interagieren und deren Aktivierung verstärken [56] und somit zu einem
weiteren Wachstum des arteriosklerotischen Plaques führen [56, 103] . Diese von aktivier
ten Thrombozyten abgesonderten Mikropartikel scheinen auch eine Rolle bei der Entwick
lung autoimmun bedingter entzündlicher Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis zu
spielen [64].
Thrombozyten stammen aus evolutionsbiologischer Sicht von einer zentralen Immun
vorläuferzelle ab [103]. Über Toll-like Rezeptoren erkennen sie sich wiederholende Muster
(beispielsweise Lipopolysaccharide) auf gramnegativen Bakterien, was zu der vermehrten
Bildung und Sekretion des entzündungsfördernden Tumornekrosefaktor α (TNFα) führt
[56]. Sie interagieren auch direkt über verschiedene Adhäsionsmoleküle mit Bakterien.
Durch die von bestimmten Bakterien wie beispielsweise Pneumokokken exprimierte
Neuraminidase verändern sich Zuckerreste auf der Oberfläche der Thrombozyten so, dass
diese Bakterien an den Thrombozyten anhaften und so zu geschädigtem Endothel trans
portiert werden können [56]. Dort infiltrieren und kolonisieren diese Bakterien dann das
Gewebe [56]. Auch Karzinomzellen können, sobald sie mit dem Blutstrom in Berührung
kommen, mit Thrombozyten und Leukozyten interagieren [56]. Es konnte gezeigt werden,
dass Thrombozyten den Abbau von zirkulierenden Tumorzellen durch natürliche Killerzel
len (NK-Zellen) hemmen [64]. Der genaue Mechanismus dieser Hemmung ist noch nicht
bekannt. Thrombozyten scheinen auch eine wesentliche Rolle beim Erhalt des labilen, für
den Tumor lebensnotwendigen Gefäßsystems des Tumors zu spielen [64]. Die Freisetzung
proteolytischer Enzyme aus aktivierten Thrombozyten erleichtert den über Thrombozyten
an das Endothel gebundenen Tumorzellen auch den für eine weitere Metastasierung exis
tentiellen Schritt der Extravasation [56, 64]. Nach stattgefundener Extravasation und Infil
tration des umgebenden Gewebes fördern Thrombozyten wiederum das Wachstum von
Tochtergeschwülsten durch die vermehrte Freisetzung proangiogenetischer Faktoren [64].
11
1.2 Formwandel
Thrombozyten reagieren auf eine Vielzahl von Reizen mit einer Änderung ihrer scheib
chenförmigen Ruheform in eine Kugelform und mit der Ausbildung von Bläschen und
Fortsätzen [37]. Diese morphologischen Veränderungen werden als der thrombozytäre
Formwandel (englisch shape change) bezeichnet. Die heterogenen morphologischen Ver
änderungen im Rahmen des Formwandel stellen einen hoch sensiblen Hinweis auf eine Ak
tivierung der Blutplättchen dar [37]. Der Formwandel wird im Allgemeinen als die erste
messbare physiologische Reaktion auf eine Aktivierung der Plättchen durch ADP oder
Thrombin angesehen [37]. Wichtige Stimuli des Formwandel sind das nach einer Gefäß
wandverletzung aus der subendothelialen Matrix präsentierte Kollagen und der von Wille
brand Faktor (vWF) sowie das durch Thrombozyten auto- und parakrin sezernierte ADP,
Abbildung 1.2: Fotomontage elektronenmikroskopischer Aufnahmen verschiedener Aktivierungsstadien von Plättchen.
Unten links die scheibchenförmige, zirkulierende Ruheform, mittig leicht formveränderte Plättchen kurz nach Beginn des Formwandels, rechts oben Bildung eines lockeren Aggregates. Modifiziert nach [26]. Mit freundlicher Genehmigung von John W. Weisl, Ph.D, University of Pennsylvania School of Medicine.
12
Thrombin, Thromboxan A2 und Lysophosphatidsäure (LPA) [37]. Formwandel kann aber
auch durch eine Vielzahl von Reizen wie zum Beispiel Kontakt der Partikel zu fremden
Oberflächen [39, 115], Umgebungstemperatur [73] oder Vibration [37] ausgelöst werden.
Wird aus antikoaguliertem Vollblut gewonnenes plättchenreiches Plasma (PRP) auf einen
Objektträger aufgebracht, sedimentieren die Plättchen gegen den Objektträger, und der
Formwandel wird durch den Kontakt mit der Glasoberfläche des Objektträgers ausgelöst
[1]. Die ersten Zeichen des Formwandels gehen der tatsächlichen Aggregation der Throm
bozyten voraus und treten tatsächlich auch ohne nachfolgende Aggregation auf [37, 72] .
Der thrombozytäre Formwandel wird je nach verwendeter Untersuchungsmethodik un
terschiedlich definiert [37]:
(1) Optische Messung der Veränderung des Absorptionsvermögens einer Thrombozy
tenlösung in der Absorptionsspektrometrie (Aggregometrie).
(2) Veränderungen der darstellbaren Morphologie der Plättchen in der Licht- und
Elektronenmikroskopie.
(3) Veränderungen von Plättchengröße und -Volumen, wie sie mit Teilchenzählern
oder Durchflußzytometern bestimmt werden können.
(4) Veränderungen der Oberflächenexpression von Plättchenantigenen, wie sie durch
immunologische und auch durchflusszytometrische Messungen detektiert werden
können.
Formwandel ist ein komplexer, auf der zytoplasmatischen Dynamik von Aktinfilamen
ten beruhender Prozess [45]. Die Aktinpolymerisation und Neuorganisation des Zytoske
letts läuft innerhalb weniger Sekunden nach der Aktivierung von Plättchen durch verschie
dene Agonisten ab und dient vermutlich vornehmlich der Vergrößerung der Membranober
fläche, der Zentralisation sekretorischer Granula und der Ausbreitung der Blutplättchen auf
der exponierten subendothelialen Matrix [37, 45]. Formwandel wird durch zwei Hauptsi
gnaltransduktionswege vermittelt: Calciumionen-abhängige Signaltransduktion über eine
Gq-vermittelte Aktivierung der Myosin-Leichte-Ketten-Kinase (englisch myosin light chain
kinase, MCLK) und Calciumionen-unabhängige Signaltransduktion über eine G12-13 vermit
telte Aktivierung der Rho-Kinase und Inhibierung der Myosin-Phosphatase [37]. Weiterhin
sind Mechanismen wie die Serin-und Threonin-Phoyphorylierung, die Tyrosin-Phosphory
lierung sowie die Phosphorylierung bzw. Dephosphorylierung von Moesin, Cofilin und
Adducin in die Vermittlung des Formwandels involviert [37].
13
Formwandel ist ein dynamischer und polymorpher Prozess. Der Formwandel kann zu
jedem Zeitpunkt teilweise rückgängig gemacht [1, 93, 127] oder ganz gestoppt [93] wer
den. Im Jahr 1976 zeigt Breddin die zeitabhängige Aktivierung von Plättchen anhand der
Kalkulation des Anteils Pseudopodien tragender Plättchen [15]. In den 1980er Jahren kate
gorisieren Rosenstein [93] und Allen [1] formgewandelte Plättchen in morphologische
Klassen: das initiale scheibchenförmige Stadium I, ein mehr kugelförmiges Stadium II, das
Stadium III mit der Ausbildung einiger kurzer Pseudopodien und das Stadium IV mit der
Ausbildung mehrerer und längerer Pseudopodien, ein Stadium V mit einer Fluktuation des
hyalinen Zytoplasmas, ein sogenanntes „Spiegelei“ (englisch fried egg)-Stadium VI mit der
Ausbildung eines zentralen, granulierten Hügels (das Granulomer) und das als Endstadium
bezeichnete „Pfannkuchen“ (englisch pancake)-Stadium VII. Im Jahr 2000 quantifizieren
Cenni und Mitarbeiter [19] den Formwandel fixierter und gefärbter Plättchen mittels einer
Analyse der Ausbreitungsfläche. Sie unterscheiden zwischen voll ausgebreiteten, runden
und dendritischen Plättchen.
Es sind bislang nur wenige Erkrankungen bekannt, die mit einer primär von Plättchen
verursachten Störung des Formwandels einhergehen. Dies legt nahe, dass eine Unfähigkeit
für einen effizienten Formwandel eine bereits intrauterin mit dem Leben unvereinbare Kon
dition darstellt [37]. Die seltene May-Hegglin-Anomalie geht mit abgerundeten Riesen
thrombozyten (durchschnittliches Volumen 12 x 10-15 l) einher und führt zu einer Throm
bozytopenie sowie einer leichten Blutungsneigung. Die durch ADP oder Kollagen aktivier
te Aggregation von Thrombozyten ist hierbei unverändert, wobei sich ein kompletter Ver
lust des Formwandels bei allen untersuchten Probanden zeigte [37]. Auch andere mit der
Bildung von Riesenthrombozyten einhergehenden Krankheitssituationen wie das Bernard-
Soulier-Syndrom gehen mit einer Störung des Formwandels einher [37, 45].
Häufiger sind sekundäre, vom umgebenden Plasma verursachte Störungen des Form
wandels [37]. Arterieller Bluthochdruck ist mit einem aggregometrisch gemessen verstärk
ten Formwandel assoziiert [37]. Bei der akuten oder kürzlich erfolgten cerebrovaskulären
Ischämie findet sich durchflußzytometrisch bestimmt eine erhöhte Expression von P-Selec
tin auf den Plättchen als Hinweis auf einen verstärkte Aktivierung von Thrombozyten [37].
Bei instabiler Angina ist der optisch gemessene Formwandel um das drei- bis vierfache ge
genüber einer Kontrollgruppe erhöht [37]. Formwandel kann auch durch im Plasma gelös
te Faktoren moduliert werden. So führen sowohl thrombotisch-thrombozytopenische Pur
pura als auch das hämolytisch-urämische Syndrom zu einer Störung des Formwandels über
14
gelöste Entzündungsfaktoren und einer Störung der Endothelfunktion [37]. Auch scheinen
die Plättchen von Patienten mit akuter oder chronischer Herzinsuffizienz überaktiviert zu
sein [37]. Hierfür können Faktoren wie oxidiertes LDL („low density lipoprotein“), plätt
chenaktive Amine wie Adrenalin oder Serotonin oder auch inflammatorische Zytokine ver
antwortlich sein [37]. Erhöhte Blutglukosespiegel führen zu einer vermehrten Aktivierung
von Thrombozyten, die sich in einer verstärkten Expression von P-Selectin nach Stimulati
on mit ADP und Thrombin-Rezeptor aktivierendem Peptid (TRAP) zeigt [106, 108]. Für
Diabetes-Patienten konnte eine signifikante Veränderung des Formwandels gegenüber ge
sunden Kontrollgruppen nachgewiesen werden. Bei Typ I Diabetikern scheint eine Überak
tivität von Plättchen eine chronische Entzündung zu unterstützen und einer Mikroangiopa
thie Vorschub zu leisten [125]. Bei Typ 2 Diabetikern fanden sich signifikant größere und
zahlenmäßig verminderte [108] sowie signifikant mehr [108] aktivierte Plättchen [47,
123]. Für Thrombozyten von Kindern mit Typ I Diabetes konnte eine gegenüber nicht
diabetischen Kindern signifikante Steigerung des mittels Differentialinterferenzkontrast-Mi
kroskopie gemessenen Formwandels im plättchenreichen Zitratplasma nach 15 Minuten
gezeigt werden [81]. Bei klinisch gesunden Verwandten ersten Grades von Typ I Diabeti
kern, bei denen durch den Nachweis von Inselzellantikörpern ein erhöhtes Diabetesrisiko
bestätigt worden war, konnte durchflußzytometrisch durch den Nachweis einer vermehrten
Expression von P-Selectin (CD62), Thrombospondin und lysosomalen GP53 eine signifi
kante Steigerung aktivierter Thrombozyten gegenüber einer gesunden Kontrollgruppe ge
zeigt werden [108]. Elektronenmikroskopische Untersuchungen zeigten eine Korrelation
einer veränderten thrombozytären Morphologie mit der zunehmenden Ausbildung langer,
dünner Filopodien in Abhängigkeit vom Schweregrad der Organkomplikationen von Pati
enten mit nicht insulinabhängigem Diabetes mellitus (Typ 2) [59].
Elektronenmikroskopische und immunhistochemische Verfahren legen nahe, dass sich
auch bei Patienten mit Phasen einer schweren Depression eine erhöhte Plättchenaktivie
rung und ein vermehrter Formwandel zeigen, was als Erklärung für das bei depressiven Pa
tienten erhöhte kardiovaskuläre Risiko herangezogen wird [75]. Weltweit verbreitete Me
dikamente mit hohem Marktanteil wie Acetylsalicylsäure und Clopidogrel [53] sowie Los
artan und Simvastatin [80] beeinflussen die Aktivierung von Thrombozyten und den Form
wandel. Naftidrofuryl, ein Medikament zur Behandlung arterieller Durchblutungsstörungen
bei peripheren Gefäßerkrankungen hemmt den durch Endothelin-1 und Serotonin vermit
telten Formwandel (gemessen als Vergrößerung des durchschnittlichen Plättchenvolumens)
15
[37]. Für die Aufbewahrung von Plättchenkonzentraten zu späteren Transfusion hat sich
eine gute Korrelation der Plättchenüberlebenszeit mit der optischen Messung des ADP-
vermittelten Formwandels gezeigt [37, 49], und elektronenmikroskopische Untersuchun
gen zeigen einen verminderten Formwandel bei Probanden, die mit höheren Dosen Vitamin
E supplementiert wurden [37].
1.3 Untersuchung von Thrombozyten
Seit den 1960er Jahren wurden zahlreiche Methoden zur Beurteilung der Plättchenfunk
tion beschrieben. Nur ein Teil der Verfahren hat Eingang in die Klinik gefunden, und nur
wenige Methoden zur Erfassung einer gesteigerten Plättchenfunktion wurden in prospekti
ven klinischen Studien geprüft [14]. Im folgenden werden die wichtigsten Thrombozyten
funktionstests insbesondere im Hinblick auf ihre Fähigkeit zur Erfassung des thrombozytä
ren Formwandels kurz beschrieben.
1.3.1 Aggregometrie nach Born
Bereits 1962 stellte Born [11, 12] ein Verfahren vor, das auch heute noch zu den welt
weit am weitesten verbreiteten Verfahren zur Funktionstestung von Plättchen zählt [25].
Nach Differentialzentrifugation von antikoaguliertem Vollblut wird plättchenreiches Plas
ma in eine lichtdurchlässige Küvette gegeben und turbidimetrisch die Änderung der Licht
transmission über die Zeit nach Zugabe verschiedener Agonisten der Thrombozytenfunkti
on gemessen [107]. Die Zunahme der Lichttransmission ist dabei direkt proportional zur
Thrombozytenaggregation [107]. Nach Zugabe eines Agonisten wie Adenosindiphosphat
(ADP) kommt es typischerweise zu einer initialen Zunahme der optischen Dichte des Prä
parates, die dann regelhaft von einer zweigipfligen Abnahme der optischen Dichte gefolgt
ist. Die initiale Abnahme der Transmission wurde durch die durch den Formwandel be
dingte Zunahme der Größe der Thrombozyten erklärt [12]. Als Beweis hierfür wurden
Thrombozyten zum Zeitpunkt der Abnahme der Transmission fixiert und licht- und elek
tronenmikroskopisch untersucht. Da sich bei den mikroskopischen Untersuchungen ein
eingetretener Formwandel zeigte, wurde rückgeschlossen, dass die Abnahme der Trans
mission durch den Formwandel bedingt sei [12]. Seitdem wird die initiale Abnahme der
Lichttransmission als Messwert für das Ausmaß der Formänderung verwendet [72]. Be
reits 1980 wiesen Kitek und Breddin jedoch darauf hin, dass die initiale Abnahme der
Lichttransmission auch mit vollständig formwandelgehemmten Plättchen gesehen werden
16
kann und die Abnahme der Transmission eher auf die Bildung von Mikroaggregaten zu
rückzuführen sei [60]. Auch neuere Untersuchungen, bei denen auch bei der Aggregome
trie von fibrinbeschichteten Latexkügelchen eine initiale Abnahme der Lichttransmission
gezeigt werden konnte, legen nahe, dass die in der Lichttransmissionsaggregometrie zu be
obachtende initiale Abnahme der Lichttransmission nicht dem thrombozytären Formwandel
zugeordnet werden kann, sondern auf die Bildung reversibler Mikroaggregate zurückgeht
[72]. Die Wertigkeit der Aggregometrie nach Born zur Beurteilung des thrombozytären
Formwandels muss im Licht dieser Erkenntnisse in Frage gestellt werden.
1.3.2 Impedanzaggregometrie
Die 1980 von Cardinal und Flower beschriebene Impedanzaggregometrie [17] beruht
auf der Messung elektrischer Widerstandsänderungen zwischen zwei Elektroden durch die
Anlagerung von Thrombozyten [16]. Zwei Platinelektroden tauchen in eine durch einen
Magneten gerührten Vollblutprobe ein. Im nicht aggregierten Zustand bilden sich um die
Elektroden Plättchenmonolayer aus. Dieser Widerstand entspricht dem Ausgangszustand.
Nach Zugabe von Agonisten wird die Aggregation ausgelöst, es bilden sich Plättchenag
gregate an den Elektroden, die eine Widerstandsänderung bewirken. Der Wert der Wider
standsänderung wird gemessen und gegen die Zeit aufgetragen [16].
Eine Weiterentwicklung der Impedanzaggregometrie ist das Multiplate®-System. Multi
plate steht hierbei für „multiple platelet function analyzer“. Durch die Anordnung von vier
Elektroden in einer Testküvette und die gleichzeitige Messung mehrerer Testküvetten in
einem Gerät sind interne Kontrollmessungen zur Qualitätskontrolle [110] sowie parallele
Messungen möglich. Das Multiplate®-System hat sich auf Grund der einfachen und schnel
len Messung aus Vollblut und der guten Standardisierbarkeit insbesondere bei der Testung
von Plättcheninhibitoren wie Acetylsalicylsäure, Clopidogrel, Prasugrel und Glykoprotein
IIbIIIa-Antagonsiten durchgesetzt [40].
Mit der Impedanzaggregometrie und dem Multiplate® - System wird die Fähigkeit von
Thrombozyten zur Aggregation erfasst, sie sind nicht auf die Erfassung des Formwandels
ausgelegt [18].
1.3.3 Laser Rheoaggregometrie
Die Laser Rheoaggregometrie stellt eine auf den Formwandel fokussierte Weiterent
wicklung der Aggregometrie nach Born dar [55]. Durch die Anordnung zusätzlicher Pho
17
tozellen und die Verwendung eines polarisierten Helium-Neon-Lasers als Lichtquelle kann
sowohl direkt transmittierendes Licht als auch Streulicht erfasst werden [55]. Diese An
ordnung erlaubt eine genauere Erfassung des Anteils formveränderter Thrombozyten in ei
ner Lösung nach Zugabe verschiedener Agonisten. Es kann sowohl die Intensität des
Formwandels als prozentualer Anteil formveränderter Thrombozyten als auch die Ge
schwindigkeit der Bildung formveränderter Thrombozyten in Sekunden erfasst werden.
Eine weitere Verfolgung oder Quantifizierung der Ausprägung des Formwandels ist nicht
möglich.
1.3.4 Quasi-elastische Licht-Streuung
Spurey, Glatter und Pfeiler entwickeln das Verfahren des „Quasi-Elastic Light Scatte
ring“ [101]. Es handelt sich hierbei um ein Verfahren zur Bestimmung der Verschiebung
der Doppler-Frequenzen von durch bewegte Partikel gestreutem Licht. Durch Schwellung
und Formation von Pseudopodien im Rahmen des Formwandels nimmt die elektrophoreti
sche Mobilität ab. Diese Abnahme der Mobilität kann durch die Ermittlung der Dopp
ler-Frequenz-Verschiebung erfasst werden. Laut den Autoren kann hierdurch zwischen
verschiedenen Stadien der Bläschen und Fortsatzbildung differenziert und die Transforma
tion der scheibchenförmigen Ruheformen zu den aktivierten kugeligen Thrombozytenfor
men erfasst werden.
1.3.5 Ausmaß der Formänderung
Für den Test zur Bestimmung des Ausmaßes der thrombozytären Formveränderung
(Extent of Shape Change, ESC) wird plättchenreiches Plasma in einer Küvette gerührt.
Nach Zugabe von Ethylen-Diamin-Tetra-Azetat (EDTA) zur Verhinderung einer Aggrega
tion und ADP zur Aktivierung der Plättchen wandeln sich die scheibchenförmigen ruhen
den Plättchen zu den mehr kugelförmigen, aktivierten Plättchen [49]. Diese Transformati
on kann photometrisch durch eine Abnahme der Lichttransmission erfasst werden [50]. Es
wird die relative Abnahme der Lichttransmission nach Zugabe von ADP erfasst und in Pro
zent angegeben. Der ESC-Test zeigt eine gute Korrelation zur Vitalität von Plättchen und
wird zur Qualitätskontrolle von zur Transfusion bestimmten Thrombozytenkonzentraten
verwendet [31, 49]. Sie unterliegt hinsichtlich der Beurteilung des Formwandels denselben
Einschränkungen, wie sie bereits oben zur Aggregometrie genannt wurden.
18
1.3.6 Hypotone Schock Reaktion
Die Hypotone Schock Reaktion (HSR) misst die Fähigkeit von Plättchen, ihr normales
Volumen nach einer Exposition gegenüber einer hypotonen Umgebung wiederzuerlangen
[49]. Plättchen werden gegenüber destilliertem Wasser exponiert, nehmen dieses auf
Grund des osmotischen Gradienten auf und schwellen an. Die Schwellung wird mit einem
Photometer registriert. Bei intakter Membranregulation und funktionierendem Energie
stoffwechsel kann das eingedrungene Wasser wieder aktiv aus den Thrombozyten heraus
transportiert werden. Die Volumenschwellung nimmt wieder ab, was wiederum in einem
Photometer registriert werden kann [24]. Die Ergebnisse der HSR werden üblicherweise
als der Prozentsatz der wieder vollständig regenerierten Plättchen angegeben und lassen
einen Rückschluss auf die Vitalität der Plättchen zu [49]. Eine genauere Analyse der Art
des Formwandels ist nicht vorgesehen.
1.3.7 Plättchenvolumen
Es konnte gezeigt werden, dass der Formwandel mit einer Zunahme des Plättchenvolu
mens abgeschätzt werden kann [37, 79]. Mit hochsensitiven Teilchenzählern wird eine Zu
nahme des Plättchenvolumens nach Aktivierung von etwa 6,0 x 10-15 l auf ca. 7,7 x
10-15 l registriert, die mittels elektronenmikroskopischer Untersuchungen mit dem Form
wandel assoziiert werden konnte [36, 69, 117]. Die korrekte und reproduzierbare Bestim
mung des Plättchenvolumens ist jedoch von einer Reihe von Umgebungsfaktoren wie bei
spielsweise Zeit der Analyse nach der Blutabnahme, verwendeter Methodik, Umgebungs-
temperatur und dem verwendeten Antikoagulanz abhängig [52]. Auch wenn moderne La
borautomaten häufig das durchschnittliche Plättchenvolumen automatisiert mit ausgeben,
konnte sich die Bestimmung des mittleren Plättchenvolumens zur Einschätzung des Akti
vierungsstatus von Plättchen kaum durchsetzen [4].
1.3.8 Thrombelastographie
Bei der Thrombelastographie nach Hartert bzw. dem hieraus weiter entwickelten Ver
fahren der Rotations-Elastographie (ROTEM®) bildet sich nach Zugabe von Agonisten an
einem in das Untersuchungsgefäß eingetauchtem bewegten Stempel ein Blutgerinnsel
[14] . Es wird die Zeit bis zur Gerinnselbildung und die Gerinnselfestigkeit erfasst. Der
thrombozytäre Formwandel kann mit diesem Verfahren nicht abgebildet werden. Throm
belastographie und Rotations-Elastographie erlauben vielmehr einen ganzheitlichen Blick
19
auf das gesamte Gerinnungssystem [40]. Sie eignen sich somit insbesondere als klinische
Tests zur Analyse der tatsächlichen Gerinnungsfähigkeit des Blutes zum Beispiel im Rah
men chirurgischer Eingriffe [43].
1.3.9 Durchflußzytometrie
Die Durchflußzytometrie erlaubt die schnelle Charakterisierung einer großer Anzahl
von Zellen [77]. Vollblut oder PRP werden mit fluoreszenzmarkierten monoklonalen Anti
körpern gegen Thrombozytenproteine inkubiert. Im Durchflußzytometer passieren dann
1000 bis 10000 Zellen pro Minute eine Laserlichtquelle. Die durch das Laserlicht zur Fluo
reszenz angeregten Proteine werden detektiert [77]. Für die Beurteilung des Formwandels
wird insbesondere der Nachweis der vermehrten Expression von P-Selectin (CD62P), dem
53 kD Protein (CD63) [57], αIIBβ3 und anionischen Phospholipiden verwendet [117, 125].
CD62P und CD63 sind in den Membranen von α-Granula und Lysosomen lokalisiert und
werden in Folge der thrombozytären Aktivierung und Sekretion auf der Plättchenoberflä
che exprimiert [94]. Der morphologische Formwandel von scheibchen- zu kugelförmigen
Plättchen kann durchflußzytometrisch auch durch die Analyse der Vor- und Seitwärtss
treuung von Laserlicht erfolgen [94]. Ruf und Patscheke (1995) konnten zeigen, dass der
durchflußzytometrisch erfolgte Nachweis des mittels Lichtstreuung erfassten morphologi
schen Formwandels um den Faktor 29 mal sensitiver eine Aktivierung durch ADP anzeigt
als der Nachweis von P-Selektin [94]. Die Durchflußzytometrie erlaubt durch die Möglich
keit einer Vollblutanalyse die Beurteilung des Formwandels in einer dem physiologischen
Milieu ähnlichen Umgebung [77].
1.3.10 Plättchenfunktionsanalysator
Kratzer und Born haben 1985 ein Verfahren zur Simulation der primären Hämostase in
vitro beschrieben [62], das die Grundlage für das zur Testung der Thrombozytenfunktion
eingesetzte PFA-100®-Gerät bildet. Auf 37°C vorgewärmtes Citratblut wird mittels eines
Vakuums durch eine Kapillare gezogen und trifft auf eine Membran mit einer fest definier
ten Öffnungsfläche von 150 µm Durchmesser [6]. Die Membran ist mit Kollagen Typ I
und ADP oder Epinephrin beschichtet. Die Thrombozyten haften an der Membran an und
bilden einen Plättchenpropf. Es wird die Zeit bis zum vollständigen Verschluß der Mem
branöffnung bestimmt und in Sekunden angegeben. Dieses Verfahren ist insbesondere zur
Bestimmung der Thrombozytenfunktion an einer prokoagulatorischen Oberfläche geeignet
20
[6] und dient vornehmlich zur Erfassung von Thrombozytenfunktions- und Gerinnungsstö
rungen [25]. Eine verzögerte Verschlusszeit findet sich neben tatsächlichen Thrombozy
tenfunktionsstörungen allerdings auch bei niedrigen Thrombozytenzahlen (< 100x109/l),
niedrigem Hämatokrit (< 30%) und bei der Anwesenheit von die Thrombozytenfunktion
hemmenden Medikamenten [25]. Eine Beurteilung des thrombozytären Formwandels ist
nicht möglich.
1.3.11 Platte-Kegel-Analysator
Von Varon und Mitarbeitern wurde ein Verfahren zur Messung der Plättchenhaftung
unter definierten Scherbedingungen beschrieben, der sog. Impact® Cone and plate analyzer
[95]. Es handelt sich um ein Kegel-Platten-System, in dem die Blutprobe 2 Minuten lang
definierten Scherbedingungen ausgesetzt wird [14]. Plättchenhaftung und Aggregation an
der Oberfläche werden von einem Bildanalysesystem registriert. Eine Erfassung des Form
wandels ist nicht möglich.
1.3.12 Elektronenmikroskopie
In zahlreichen Untersuchungen wurden die verschiedenen Aktivierungsstadien von
Thrombozyten dargestellt und mit anderen Verfahren zur Thrombozytenfunktionstestung
verglichen [1, 29, 36, 39, 48, 54, 59, 70, 75, 97, 100, 104, 114, 118, 122]. Die Elektro
nenmikroskopie erlaubt mit der etwa 1000fach größeren Auflösung als ein Lichtmikroskop
und einem Auflösungsvermögen von etwa 10 nm [33] eine für die Lichtmikroskopie uner
reichbare Darstellung von Detailstrukturen. Abbildung 1.2 zeigt eine Fotomontage elektro
nenmikroskopischer Aufnahmen der morphologischen Veränderungen von Blutplättchen
im Rahmen des Aktivierungsprozesses Die elektronenmikroskopische Untersuchung be
darf aber stets einer umfangreichen Aufbereitung der Probe, die Untersuchungen an leben
den, unfixierten Präparaten unmöglich macht.
1.3.13 Lichtmikroskopie
Thrombozyten sind nahezu transparent und weisen nur einen sehr geringen Eigenkon
trast auf. Trotz großer Vergrößerung bleiben sie bei Beobachtung im Durchlichtmikroskop
nahezu unsichtbar. Es wurden eine Vielzahl mehr oder weniger komplizierter Färbemetho
den entwickelt, um biologische Präparate der mikroskopischen Beobachtung zugänglich zu
machen. Die Einfärbung eines Materials zur Steigerung des Bildkontrastes setzt aber im
mer die vorherige Fixierung des Präparates und somit Abtötung aller Lebendvorgänge vor
21
aus. Dies betrifft alle mikroskopischen Beobachtungen im Hellfeld (dem „normalen“
Durchlichtmikroskop).
Um Lebendvorgänge an Zellen in Echtzeit beobachten zu können, müssen rein optische
Kontrastierungsverfahren gewählt werden, die eine Kontrastierung des Präparates ohne di
rekte Beeinflussung des Präparates ermöglichen. Hierzu wurden bereits in der ersten Hälfte
des 20. Jahrhunderts Verfahren entwickelt, die auch heute noch Anwendung finden.
1.3.13.1 Dunkelfeld
In der Dunkelfeldmikroskopie wird das Präparat mit einem hohlen Lichtkegel beleuch
tet, dessen innerer Durchmesser größer ist, als die numerische Apertur des Objektivs. Dies
hat zur Folge, dass bei einem leeren Präparat gar kein Licht in das Objektiv gelangt. Der
durch das Objektiv zu beobachtende Bildhintergrund bleibt also vollständig schwarz. Wird
nun ein Objekt in den Strahlengang eingebracht, wird insbesondere an den Kanten des Ob
jektes das Licht in alle Richtungen gebeugt und fällt zum Teil auch in das Objektiv ein. Die
Bildentstehung im Okular beruht also ausschließlich auf von dem Objekt gebeugtem Licht.
Dies führt zu einem hellen Aufleuchten insbesondere der Objektkanten auf einem sonst
völlig dunklem Hintergrund. Die Dunkelfeldmikroskopie ist nicht zur Darstellung von
Strukturen des Zellinneren , aber gut zur Darstellung von Zelloberflächen und Zellfortsät
zen geeignet.
Bereits 1914 stellt Stübel seine dunkelfeldmikroskopischen Untersuchungen an Blut
plättchen vor [105]. Er beschreibt die Beobachtung der Umwandlung der Blutplättchen
Abbildung 1.3: Handzeichnungen der von Ferguson 1934 beobachteten unter-schiedlichen Formen von Thrombozyten im Dunkelfeld.
Modifiziert nach [27]
22
von einer flachen Scheibchenform zu einer „Sternenform“ mit der Aussendung von feinen
Fortsätzen verschiedener Länge und Anzahl [105]. Wie in Abbildung 1.3 dargestellt, ver
öffentlicht Ferguson 1934 Zeichnungen seiner im Dunkelfeld gemachten Beobachtungen
der unterschiedlichen Formen von Thrombozyten [27].
Unter Berufung auf die von Ferguson vorgestellte Untersuchungsmethodik veröffentli
chen Best und Cowan 1938 eine Serie von Mikrofotografien [8] der frühesten von ihnen
im Dunkelfeld zu beobachtenden Thrombozytenformen (siehe Abbildung 1.4). Hier zeigt
sich deutlich die Vielgestaltigkeit aktivierter Thrombozyten und das Auflösungsvermögen
der Dunkelfeld-Mikroskopie im Hinblick auf die während des Formwandels entwickelten
Fortsätze.
Abbildung 1.4: Eine Serie von Mikrofotografien der frühesten von Best und Cowan 1938 im Dunkelfeldmikroskop erfassten Veränderungen von Thrombozyten.
Modifiziert nach [8].
23
Heute wird die Dunkelfeldmikroskopie im medizinischen Umfeld vornehmlich im Be
reich der Mikrobiologie im Rahmen der Frühdiagnostik von Treponema pallidum Infektio
nen eingesetzt.
1.3.13.2 Phasenkontrast
Durch die Einbringung eines Phasenringes in den Strahlengang wird die durch das
durchstrahlte Objekt auf Grund der unterschiedlichen optischen Dichte des Objektes er
folgte Phasenverschiebung des Lichtes in eine Abbildung mit Amplitudenkontrast gewan
delt. Regionen unterschiedlicher optischer Dichte werden also mit unterschiedlicher Hellig
keit und somit einem verstärkten Kontrast dargestellt. Phasenkontrast eignet sich insbeson
dere zur optischen Kontrastierung feiner und wenig strukturierter Phasenobjekte [67]. Bei
größeren Phasenverschiebungen, wie sie an Zellrändern oder größeren Objektstrukturen
wie beispielsweise dem Granulomer auftreten, kommt es zur Bildung eines hellen
Lichtsaums, dem sog. Halo-Artefakt [66]. Die Untersuchung von Plättchen kann hierdurch
erheblich gestört werden und zu einer Reihe von Fehlinterpretationen führen [1]. Wie in
Abbildung 1.5 dargestellt, zeigt sich in den von Brecher und Cronkite 1950 vorgestellten
Untersuchungen zu Plättchen im Phasenkontrast deutlich diese Artefakt-bedingte Ein
schränkung der Beurteilbarkeit [13].
Abbildung 1.5: Darstellung aktivierter Thrombozyten im Phasenkontrastmikroskop.
Deutlich sichtbar ist die Halo-Artefaktbildung um das Granulomer, die die Beurteilung der Pseudopodien erheblich erschwert. Modifiziert nach [13]
24
1.3.13.3 Differentialinterferenzkontrast
Durch die Einbringung eines doppelbrechenden Wolaston-Prismas in den Strahlengang
werden Unterschiede der optischen Weglänge im betrachteten Objekt in Helligkeitsunter
schiede gewandelt [120]. Es entstehen im Durchlicht plastische, reliefartige Bilder des un
tersuchten Objektes. Die Reliefstruktur kann hier einerseits Ausdruck einer tatsächlich be
stehenden Dickenzunahme im Präparat sein, aber auch Ausdruck einer Zunahme des Licht
brechungsindex [68]. Aufgrund seiner hohen Auflösung und der Möglichkeit auch dickere,
mehrschichtige Präparate zu untersuchen, gehört der Differentialinterferenzkontrast (DIC)
heute zu den Standard-Abbildungsverfahren in der Untersuchung lebender Zellen. 1979
veröffentlicht Allen eine grundlegende vergleichende Arbeit zu den Details des Formwan
dels [1], in der er differentialinterferenzmikroskopische Aufnahmen elektronenmikroskopi
schen Aufnahmen gegenüberstellt. Wie in Abbildung 1.6 dargestellt, erlaubt DIC eine gute
Auflösung von Pseudopodien, Hyalomer und Granulomer.
1.3.13.4 Fluoreszenz
Bei der Fluoreszenzmikroskopie wird die Eigenschaft von Fluorochromen genutzt, die
nach Anregung mit Licht einer Wellenlänge nach wenigen Nanosekunden Licht einer ande
ren Wellenlänge abstrahlen. Da Thrombozyten natürlicherweise keine Fluorochrome ent
Abbildung 1.6: Photomontage von Differential-Interferenz-Kontrast-Bildern dessel-ben Plättchens.
0,1,2,3,4,7,8 und 13 Minuten (a-h) nach Präparation. Ps = Pseudopodien. DB = dich-tes Granulum (dense body), Cr = Krater. Modifiziert nach [1]
25
halten, müssen die Plättchen zuerst mit Fluorochromen markiert werden. Dies gelingt
durch den Einsatz gegen spezifische Plättchenstrukturen gerichteter mit Fluorochrom be
setzter Antikörper. Diese Immunfluoreszenzmikroskopie ist insbesondere zur Darstellung
von Strukturen des Zytoskeletts sowie intrazellulärer Strukturen geeignet [21, 104, 116].
Zur Markierung mit spezifischen Antikörpern ist eine Fixierung des Präparates notwendig
[21], weshalb die Beurteilung der Dynamik des Formwandels eingeschränkt ist.
1.4 Primärer und sekundärer Formwandel
In der Literatur wird zwischen einem primären und einem sekundären, durch gezielte
exogene Stimulation verursachten Formwandel von Plättchen unterschieden [3, 119]. Der
primäre Formwandel stellt eine erste Reaktion von Plättchen auf eine Vielzahl unterschied
licher Reize dar. Der sekundäre Formwandel wird durch die gezielte Zugabe von Throm
bozytenagonisten wie ADP verursacht [3, 119]. Primärer und sekundärer Formwandel las
sen sich morphologisch unterscheiden. Der primäre Formwandel stellt sich licht- und elek
tronenmikroskopisch „feiner“ dar mit der Ausbildung von Pseudopodien, einer Zentralisie
rung von Granula und einer Ausbreitung der Membran [3]. Der primäre Formwandel ist
zunächst reversibel. Der sekundäre Formwandel geht mit einer schnellen und irreversiblen
Degranulation einher, die sich morphologisch durch die Ausbildung und Abschnürung gro
ber Bläschen aus dem Thrombozyten darstellt [15, 119]. Der sekundäre Formwandel wird
durch alle Verfahren untersucht, die mit einer gezielten exogenen Aktivierung arbeiten.
Hierzu gehören insbesondere die aggregometrischen Verfahren. Die Wertigkeit der dem
Formwandel zugeordneten Kurve in der Lichttransmissionsaggregometrie ist unsicher.
Wahrscheinlich handelt es sich hier eher um ein Phänomen der reversiblen Mikroaggregati
on, die auch völlig unabhängig von Formwandelprozessen nachgewiesen werden kann [60,
72]. Bei der erfolgten Assoziation von licht- und elektronenmikroskopisch nachgewiesenen
formveränderten Thrombozyten mit der initialen Verminderung der Lichttransmission kann
es sich einerseits um eine reine Koinzidenz des sowieso bei kleinsten Reizen auftretenden
Formwandels mit den initialen Formation von Mikroaggregaten handeln. Zum anderen
könnte es sich auch um eine Artefaktbildung bei der Präparation handeln. Spurej et al. wei
sen erstmalig 1992 auf die Bedeutung eines auf 37 °C vorgewärmten Fixativs hin, weil es
sonst bereits durch die bloße Zugabe des Fixationsmediums zur Auslösung von Formwan
delprozessen kommen kann [101]. Die fragliche Wertigkeit der Lichttransmissionsaggre
gometrie im Hinblick auf die Beurteilung des Formwandels ist deshalb von Bedeutung, da
26
zahlreiche Aussagen zum Formwandel und dessen Abhängigkeit von Einflussfaktoren mit
lichttransmissionsaggregometrischen Messungen begründet werden [12, 22, 30, 35, 65, 82,
92, 93].
Der durchflußzytometrische Nachweis von P-Selectin und CD 63, die zur Beurteilung
des Formwandels herangezogen werden, darf nicht als direkter Marker des Formwandels
gesehen werden [94]. Die Expression dieser Bestandteile von α-Granula und Lysosomen
ist Ausdruck einer bereits erfolgten vollständigen Aktivierung von Thrombozyten und de
ren Degranulation, die auch unabhängig von Formwandelprozessen erfolgen kann [94].
Bei differenzierteren Verfahren zum Nachweis des Formwandels wie der Laser-Rheo
aggregometrie und der quasi-elastischen Streuung wird der sekundäre Formwandel nach
direkter Aktivierung durch einen Agonisten durch Bestimmung des Zeitpunktes und des
Ausmaßes der Scheibchen zu Kugel-Transformation erfasst [55, 101] . Gleiches gilt für die
Formwandelanalyse durch den Nachweis der Lichtstreuung in der Durchflußzytometrie
[94].
Der primäre Formwandel geht nicht zwingend mit einer Degranulation oder einer an
schließenden Aggregation von Thrombozyten einher [2]. Die Aggregation von Thrombo
zyten, eine der Schlüsselfunktionen von Thrombozyten überhaupt, ist in der Tat auch völlig
ohne vorangehenden Formwandel möglich [72]. In vivo Untersuchungen konnten zeigen,
dass auch die Akkumulation von Thrombozyten an der Stelle einer Gefäßverletzung nicht
zwingend einen Formwandel voraussetzt [15, 119]. Der primäre Formwandel stellt zwar
eine erste empfindliche Reaktion von Thrombozyten dar, kann aber nicht mit deren Akti
vierung und irreversiblen Ausschüttung des thrombozytären Sekretoms gleichgesetzt wer
den. Primär formgewandelte Thrombozyten können sich auch wieder zu ruhenden Throm
bozyten zurückbilden oder aber auch weiter in eine Aktivierungskaskade übergehen [1, 15,
60, 93] .
Der primäre Formwandel kann unseres Wissens nach zur Zeit nur mit mikroskopischen
Verfahren erfasst werden. Elektronenmikroskopische Untersuchungen primär formgewan
delter Thrombozyten können die Zentralisation von Granula, die Polymerisation von
Aktinfilamenten und die Umstrukturierungen des Zytoskeletts nachweisen [1, 36, 39, 59,
75, 100, 114, 118, 122, 127, 128], sie sind aber praktisch nicht zur Analyse dynamischer
Vorgänge des Formwandelprozesses geeignet. Weiterhin besteht ein verbleibendes unbe
kanntes Risiko einer artifiziellen Steigerung des Formwandels durch die notwendigen auf
wendigen Fixierungsschritte. Phasenkontrastmikroskopische Untersuchungen können zwar
27
ausreichend genau zwischen ruhenden und formgewandelten Thrombozyten unterscheiden
und werden nach der Literatur tatsächlich auch wiederholt zum Nachweis des Anteils
formgewandelter Thrombozyten verwendet. Auf Grund der auch in den hierzu publizierten
Aufnahmen [72, 73, 127] deutlich sichtbaren Halo-Artefaktbildung, die basale Ansatz
punkte von Pseudopodien, kleinere Pseudopodien und eine beginnende Hyalomerbildung
komplett überstrahlt, ist die Phasenkontrastmikroskopie zu einer detaillierteren Analyse des
primären Formwandels aber nicht geeignet. Die DIC-Mikroskopie stellt in der Literatur
eine häufig angewandte Untersuchung zur Analyse formgewandelter Thrombozyten dar.
Tatsächlich können mittels DIC-Mikroskopie auch unfixierte Thrombozyten kontinuierlich
beobachtet werden und Pseudopodien, Hyalomer und Granulomer unterschieden werden.
Während die Dunkelfeldmikroskopie am Anfang der mikroskopischen Untersuchung von
Thrombozyten ein weit verbreitetes und häufig in Publikationen zitiertes Verfahren dar
stellt [9, 27, 28, 71, 99, 105], finden sich mit zunehmender Verbreitung der DIC-Mikro
skopie in der Literatur praktisch keine weiteren dunkelfeldmikroskopischen Untersuchun
gen mehr. Allen hatte 1979 der DIC-Mikroskopie eine bessere Darstellung thrombozytärer
Strukturen gegenüber der Dunkelfeldmikroskopie attestiert [1]. Unseres Wissens nach lie
gen aber zur Wertigkeit der Dunkelfeldmikroskopie im Vergleich zur DIC-Mikroskopie in
der Beurteilung des thrombozytären Formwandels keine systematischen Untersuchungen
vor. Der Vorteil der DIC-Mikroskopie stellt sich unserer Meinung nach in erster Linie
durch eine detailliertere Darstellung intrathrombozytärer Strukturen dar. Für die Darstel
lung von Oberflächen und insbesondere für die Darstellung von Pseudopodien und Membr
angrenzflächen, wie sie für eine Beurteilung des Formwandels notwendig ist, erscheint die
Dunkelfeldmikroskopie hingegen ausgesprochen gut geeignet zu sein.
28
1.5 Quantifizierung des Formwandels
In einem Übersichtsartikel zu Untersuchung und Quantifizierung der Plättchenaktivie
rung weisen Kamath, Blann und Lip (2001) darauf hin, dass bislang noch keine Methode
verlässlich zwischen in vivo und in vitro Formwandel unterscheiden kann [57]. Eine erheb
liche Einschränkung aller verfügbarer Plättchenfunktionstest ist die weitgehend ungelöste
Standardisierung der Untersuchungsabläufe [25, 77, 78].
Die meisten Verfahren zur Quantifizierung des Formwandels erfassen den prozentualen
Anteil formgewandelter Thrombozyten. Es wird also untersucht, wie viele Plättchen einer
gegebenen Untersuchungspopulation einen Formwandel zeigen. Hierbei liegt ein Fokus auf
der Erfassung des Zeitpunktes der Umwandlung der scheibchenförmigen Ruheform in die
aktivierte Kugelform. Eine differenziertere Analyse des thrombozytären Formwandels kann
mit mikroskopischen Untersuchungen erfolgen. Insbesondere in den 1960er bis 1980er
Jahren werden lichtmikroskopische [9, 19, 27, 28, 32, 41, 48, 49, 54, 58, 59, 62, 63, 69-
72, 83, 88, 91, 99, 104, 105, 114, 118] und elektronenmikroskopische [1, 22, 100, 119,
122, 127] Untersuchungen zum thrombozytären Formwandel vorgestellt. In zahlreichen
zur Untersuchung des Formwandels veröffentlichten Untersuchungen wird zur Beurteilung
von Plättchen und deren Formwandel die DIC-Mikroskopie eingesetzt [19, 48, 49, 54, 58,
59, 62, 63, 69, 70, 72, 91, 104, 114, 118].
Bamberg, Breddin und Kollegen zeigten 1978 mit DIC-mikroskopischen Untersuchun
gen, dass bereits in direkt nach der Blutabnahme fixiertem Blut 21% der Thrombozyten
formverändert sind. Sie unterscheiden bei ihren Auswertungen zwischen formveränderten
und nicht formveränderten Thrombozyten. Wiedemann und Breddin bestimmten 1978 im
DIC-Mikroskop den prozentualen Anteil formgewandelter Thrombozyten bei unterschied
lichen Inkubationstemperaturen. Bei Raumtemperatur inkubierte Plättchen zeigten nach 30
Minuten zu über 80% einen Formwandel, bei 37° Celsius inkubierte Plättchen zeigten nach
30 Minuten nur zu etwa 35% einen Formwandel, bei 10° Celsius waren nach 30 Minuten
bereits 100 % der Plättchen formverändert [119]. Ihnen gelang durch mit Laserstrahlen ge
setzten Mikroverletzungen der Mesenterialgefässe der Ratte der Nachweis formveränder
ter Thrombozyten am Ort der Mikroverletzung in vivo, die morphologisch den in vitro pri
mär formveränderten Thrombozyten gleichen [119]. 1983 korrelierten Leven und Mitar
beiter spektrophotometrische Messungen nach Born mit Phasenkontrast- und elektronen
mikroskopischen Aufnahmen und bestimmen hierbei den prozentualen Anteil formgewan
29
delter Plättchen [65]. Zobel zeigte 1983 durch rein qualitative Beschreibung von mittels
Elektronenmikroskopie und Interferenz-Reflexionsmikroskopie gewonnener Bilder einen
steigernden Einfluss von Calcium auf die Morphologie der Ausbreitung von Thrombozyten
auf Glas [127]. Nowak-Göttl und Kollegen bestimmten 1991 den Formwandel im plätt
chenreichen Zitratplasma in 6%iger Glutaraldehydfixation nach 15-minütiger Inkubation im
37° C warmen Wasserbad im DIC-Mikroskop als prozentualen Anteil formgewandelter
Thrombozyten [81]. Zahlreiche Untersuchungen zur quantitativen Untersuchung des
Formwandels von Thrombozyten wurden mittels der weit verbreiteten Aggregometrie
nach Born durchgeführt ([36, 42, 65, 128] und andere). Differenziertere photospektrome
trische Verfahren zur quantitativen Erfassung des Formwandels wie die Laser Rheoaggre
gometrie und die quasi-elastische Licht-Streuung werden bislang vornehmlich durch die
beschreibenden Autoren eingesetzt.
Die Durchflusszytometrie ist ein weit verbreitetes und allgemein akzeptiertes Verfahren
zum Nachweis der Plättchenaktivierung [35]. Der vermehrte Nachweis markierter Proteine
konnte zum Beispiel für Glykoprotein IIb-IIIa mit einer Aktivierung durch Agonisten und
einer Umordnung des Zytoskeletts, wie es im Rahmen des Formwandels auftritt, assoziiert
werden [35]. Insbesondere der Nachweis von P-Selectin wird in zahlreichen Studien zur
Bestimmung des Aktivierungsgrades von Plättchen eingesetzt [5, 74, 75, 80, 94, 108,
125].
30
2 Fragestellung
Der primäre Formwandel von Thrombozyten nach Aktivierung durch Glas kann mittels
dunkelfeldmikroskopischer Untersuchung erfasst und über mehrere Stunden und Tage
kontinuierlich beobachtet werden. Wir wollen eine standardisierbare Methodik zur Doku
mentation und Quantifizierung des gesamten Formwandelprozesses entwickeln und haben
uns hierzu folgende Fragen gestellt:
1. Welche präanalytischen und analytischen Bedingungen sollten für die Darstellung
von Thrombozyten im Dunkelfeldmikroskop erfüllt sein? Inwiefern beeinflussen
präanalytische und analytische Rahmenbedingungen die Darstellung des Formwan
dels und wie kann eine von äußeren Faktoren möglichst unbeeinflusste Darstellung
des Formwandels erfolgen?
2. Wie kann der mikroskopische Aufbau für die bestmögliche Darstellung des Form
wandels verbessert werden? Welche Untersuchungsschritte können automatisiert
und standardisiert werden, um eine möglichst weitreichende Unabhängigkeit vom
Untersucher zu erlangen?
3. Welcher Untersuchungsgang sollte eingehalten werden, um den gesamten Form
wandelprozess möglichst vollständig zu erfassen und das Ausmaß und die Dynamik
dieses Prozesses nachvollziehbar zu dokumentieren? Wie kann der dokumentierte
Formwandelprozess zytometrisch erfasst und quantifiziert werden?
4. In welcher Form kann der quantitativ erfasste Formwandelprozess ausgewertet und
statistisch verglichen werden und wie lassen sich die gewonnen Auswertungen
sinnvoll darstellen?
5. Welche weiteren nicht direkt dem Formwandel zuzuordnende Phänomene können
erfasst und dokumentiert werden? Sind mit dem gegebenen Versuchsaufbau noch
weiterführende Untersuchungen von Thrombozyten möglich?
31
3 Methode
3.1 Präanalytik
3.1.1 Blutabnahme
Um eine vorzeitige Aktivierung von Thrombozyten zu verhindern, soll die Blutabnahme
morgens, nüchtern, aus der ungestauten Vene ohne Sog direkt in ein mit Citrat versetztes
Blutabnahmeröhrchen erfolgen. Es wird 3,2%iges gepuffertes Natriumcitrat 0,105 mmol/l
verwendet. Entsprechende Proben stehen in Form der für die Blutsenkung gewonnenen
Probenröhrchen bereits in der Routinediagnostik reichlich zur Verfügung. Es wird darauf
geachtet, dass die zu untersuchende Probe das zweite abzunehmende Röhrchen ist.
3.1.2 Plättchenreiches Plasma
Nach der Blutabnahme kann Blut durch einfache oder forcierte Sedimentation durch
Zentrifugation in seine einzelnen zellulären Bestandteile aufgetrennt werden. Da die drei
Zellgruppen des Blutes eine unterschiedliche Größe und Dichte aufweisen, senken sie sich
mit der Schwerkraft oder der Zentrifugalkraft unterschiedlich schnell ab und bilden im Ab
nahmeröhrchen Zellschichten. Erythrozyten senken sich am schnellsten ab und bilden eine
Schicht am Boden des Röhrchens, direkt darüber findet sich eine dünne Schicht mit den
weißlich schimmernden Leukozyten, darüber findet sich eine an Thrombozyten reiche Zell
schicht, das sog. thrombozytenreiche Plasma (englisch Platelet rich plasma, PRP).
Es wird die einfache Sedimentation ohne Zentrifugation verwendet. Für die einfache Se
dimentation wird das Blutabnahmeröhrchen sofort nach erfolgter Blutabnahme senkrecht
in einem Blutsenkungsständer fixiert. Die roten Blutkörperchen senken sich in 60 Minuten
um ca. 10 mm, in 120 Minuten um ca. 20 mm ab. Direkt oberhalb der Schicht der roten
Blutkörperchen erkennt man eine etwa 1 mm dicke weißliche Schicht der weißen Blutkör
perchen. Direkt über dieser Schicht findet sich die Schicht des thrombozytenreichen Plas
mas, die mit einer Nadel Größe 1 (0,90 x 40 mm, 20 G x 1 ½´´ ) abpunktiert wird. Das
PRP wird 60 Minuten nach der Blutabnahme unter Raumtemperatur (22°C) bei Tageslicht
gewonnen und sofort nach Gewinnung präpariert.
32
3.1.3 Präparation
Ein Tropfen des PRP wird auf einen Objektträger aus Natron-Kalk-Glas der 3. hydroly
tischen Klasse (Paul Marienfeld GmbH & Co KG, Lauda-Königshofen) aufgebracht. Der
aufgebrachte Tropfen wird vorsichtig mit einem Deckglas aus reinweißem Glas der hydro
lytischen Klasse 1 (20x24 mm, Dicke 0,13 mm; Gerhard Menzel Glasbearbeitungswerk
GmbH & Co KG, Braunschweig) abgedeckt. Hierzu wird mit einer gewinkelten Kunst
stoffpinzette das Deckglas gefasst und langsam auf den Objektträger abgesenkt. Das PRP
verteilt sich mittels des Kapillareffektes unter dem Deckglas.
Für die weiteren Untersuchungsschritte spielt die Größe des auf den Objektträger auf
gebrachten Tropfens eine entscheidende Rolle. Ist der Tropfen zu groß, stellen sich in der
folgenden mikroskopischen Untersuchung mehrere Ebenen von Thrombozyten übereinan
der dar und verschlechtern die Bildqualität durch Überlagerung von Thrombozytenschich
ten erheblich. Ist der Tropfen zu klein, werden bereits beim Aufbringen des Deckglases alle
Thrombozyten aktiviert, und die weitere Untersuchung ist eingeschränkt. Ein ruhender
Thrombozyt hat einen Durchmesser von etwa 2,5 µm. Bei einer Deckglasgröße von 20x24
mm muss das Tropfenvolumen so gewählt werden, dass sich möglichst genau eine Ebene
von Blutplättchen darstellt, die eben Objektträger und Deckglas nicht berühren. Für die ge
gebene Grundfläche von 20x24 mm entspricht das einer Höhe des Flüssigkeitsfilmes von
etwa 4 µm und somit einem insgesamt anzustrebenden Tropfenvolumen von 20x24x0,04
mm³ = 19,2 mm³ entsprechend 19,2 µl. Die Tropfengröße ist abhängig von der Oberflä
chenspannung der Flüssigkeit, dem Luftdruck und dem Tropfenradius. Mit handelsüblichen
2, 5, oder 10 ml Spritzen wurden regelmäßig für die folgenden Untersuchungen zu große
Tropfen produziert, mit aufgesetzten Nadeln (0,90 x 40 mm, 20 G x 1 ½ ´´) wurden wie
derholt zu kleine Tropfen produziert. Eine für die weitere Untersuchungen gerade ausrei
chende Tropfengröße konnte gut mit Omnifix-F 1 ml Tuberkulin-Spritzen (Fa. Braun,
Melsungen) erreicht werden, in dem nach Verwerfen des ersten Teils die kleinste gerade
noch sich ablösende Tropfenmenge verwendet wurde.
33
3.2 Mikroskopie
3.2.1 Dunkelfeldmikroskopie
Wie in Abbildung 3.1 schematisch dargestellt, wird in der Dunkelfeldmikroskopie das
durch die Lichtaustrittsöffnung am Mikroskopfuß austretende Licht durch einen in den
Strahlengang eingebrachten Dunkelfeldkondensor so gebrochen, dass das Licht nach
zweimaliger Reflexion im Dunkelfeldkondensor in Form eines Hohlkegels weitergeleitet
wird. Der Dunkelfeldkondensor und der Objekttisch müssen so justiert werden, dass die
Spitze des Hohlkegels genau in der Präparatebene zu liegen kommt. Die Objektivlinse
muss dann soweit geschlossen werden, dass kein Teil des direkten Mikroskopierlichtes in
die Objektivfrontlinse aufgenommen wird. Die Strahlen des Hohlkegels laufen dann bei ei
nem leeren Präparat alle an der Objektivfrontlinse schräg vorbei. Bei einem leeren Präparat
Abbildung 3.1: Schematische Darstellung des Strahlengangs im Dunkelfeldmikroskop.
Das Licht der Lichtquelle wird durch den Dunkelfeldkondensor so gebrochen, dass das Präparat in Form eines Hohlkegels beleuchtet wird. Bei richtiger Einstellung der Aperturblende am Objektiv gelangt kein direktes Lichts in das Okular. Nur durch das Präparat in der Objektträgerebene gebrochenes Licht gelangt ins Okular. Modifiziert nach [113]
34
erscheint der Bildhintergrund dann komplett schwarz, d.h. keinerlei Licht erreicht das Oku
lar. Wird nun ein Objekt in den Strahlengang eingebracht, wird das Licht vornehmlich an
den Kanten in alle Richtungen gebeugt. Ein Teil dieses reflektierten Lichtes gelangt in die
Objektivebene und zeigt sich im Okular als eine hell aufleuchtende Struktur auf einem
komplett schwarzen Hintergrund.
3.2.2 Versuchsaufbau
Verwendet wird ein Mikroskop der Marke Leitz Laborlux (Wild Leitz GMBH, Type
020-505.030, 512859-105428, 110-120, 130-220, 230-240, 250V~, IC 280, 50-60 Hz,
P max. 30W, Birne 6V 20W, Made by Leitz Portugal) mit einem umgebauten Lampenhaus
(Leitz Wetzlar Germany, Type 307-150.001, 514 725, Birne 12V max. 100W) und einer
eingesetzten Halogenbirne (Narva Plauen made in GDR, HLWS 5-A, 12 V, 100 W, Py 24-
1,5, Lichtwurflampe mit Justiersockel). Als Stromquelle wird ein Trafo Marke Omag
(Wild Heerbrugg AG und Ernst Leitz Wetzlar GmbH, Type MTR 27, 0-12V~, Total max
100W) verwendet. Es wird ein Dunkelfeldkondensor der Firma Leitz (Leitz Wetzlar, 513,
Abbildung 3.2: Mikroskopischer Versuchsaufbau.
Untersuchungsmikroskop mit am Trinokulartubus montierter Kamera Leica DFC 295. Links im Bild ein über PC zu steuernder Elektromotor zur automatisierten Justierung des z-Triebes.
35
547, D 1.19-1.44 OEL S11) verwendet. Für die fotografischen Aufnahmen kommen fol
gende Objektive zum Einsatz: Olympus Japan 100 (A 100, 1.30 oil, 160-0.17), Carl-Zeiss
Jena 844419 (Apochromat HI 100-1,32, 160-0,17), Leitz Wetzlar Germany 519848
(*160-0,17, PL Fluotar, 100-1,32-060 Oil). Am Trinokular ist über einen C-Mount
(0,63X, 1/2"=11.6, 2/3"=17,5) eine Digitalkamera montiert. Die zu beobachteten Struktu
ren liegen mit einer Breite von 0,2 µm an der Grenze der lichtmikroskopischen maximalen
Auflösung. Eine Verstärkung der Kontrastierung ergibt sich durch die Verwendung mono
chromatischen Lichtes und der ausschließlichen Dokumentation in Graustufen. Es wird
hierzu ein Baader Planetarium Baader 1,25" Solar Continuum-Filter in den Strahlengang
eingebracht, das ausschließlich für Licht der Wellenlänge 540 nm durchlässig ist und für
eine maximale Kontrastierung im Graustufenbild optimal geeignet ist [84].
Ein Teil der Untersuchungen wird mit einem oszillierenden Fokus durchgeführt. Hierzu
wird an die Mikrometerschraube des z-Triebs auf der linken Seite des Mikroskops ein
Abbildung 3.3: Schematische Darstellung der automatisierten Ansteuerung von z-Trieb und Fotoauslösung.
Der z-Trieb wird manuell auf die Stelle des schärfsten Sehens eingestellt. Durch die sinusförmige Programmierung des Schrittmotors oszilliert der Fokus nun um die initial eingestellte Schärfe-Ebene. Durch die Synchronisation der z-Trieb-Oszillation mit der automatischen Fotoauslösung werden nach definierten Zeiträumen die selben Präparatebenen erfasst (Pfeile). Somit wird eine schichtweise Erfassung mehrerer Präparatebenen möglich.
36
Stirnzahnrad (40 Zähne) angebracht, das mit einem auf die Welle des an einem über den
Computer zu steuernden, elektrisch betriebenen Schrittmotors (EMIS® SM 42051) ange
brachten 12-zähnigen Stirnrad verzahnt wird (siehe Abbildung 3.2). Die Schrittfolgen des
Schrittmotors können durch Nutzung der Steuerungssoftware (KEMO® Stepper Version
1.0 von Nils Wedel) in einer Textdatei beliebig programmiert werden. Jeder Schritt des
Schrittmotors entspricht bei der angewandten Übersetzung einer Änderung des z-Triebes
um etwa 0,1 µm. Die Schrittfolgen des Schrittmotors werden mit dem angewandten Algo
rithmus zur automatisierten Auslösung der dokumentierenden Kamera (siehe Abschnitt
3.3.7) synchronisiert. Durch diese Anordnung wird die Erfassung mehrerer Ebenen des
Präparats ermöglicht (siehe Abbildung 3.3).
3.2.3 Untersuchungsgang
Das Präparat wird mittels des x- und y- Triebes auf das Zentrum des Deckglases einge
stellt. Es wird durch feine Bewegungen des x- und y-Triebes die erste Stelle in Zentrums
nähe gesucht, auf der sich mindestens fünf einzeln liegende Thrombozyten darstellen las
sen. Der Untersuchungstisch wird in dieser Position fixiert und verbleibt für den gesamten
restlichen Untersuchungsgang bei der gefundenen x- und y-Position. Die Positionen wer
den im Untersuchungsprotokoll vermerkt. Im weiteren Untersuchungsgang wird nur noch
eine Modifikation des z-Triebes zur Schärfeneinstellung durchgeführt. Für einen Teil der
durchgeführten Untersuchungen wurde ein automatisierter z-Trieb benutzt (Abbildung
3.2 und 3.3). Das Präparat wird manuell auf die zu untersuchende Ebene scharf eingestellt.
Dann wird der undulierende z-Trieb gestartet und nach einer definierten Anzahl von
Schritten automatisiert eine Mikrofotografie ausgelöst. Somit werden um eine scharf fo
kussierte Mittelpunktsebene höhere und tiefere Untersuchungsebenen dokumentiert.
3.3 Bilderfassung
3.3.1 Digitalkamera
Wie in Abbildung 3.2 gezeigt, wird an den Trinokulartubus des Untersuchungsmikro
skops über einen universellen C-Mount Adapter eine Digitalkamera adaptiert. Im Rahmen
der durchgeführten Untersuchungen kommen als Digitalkamera eine Canon Powershot
A95 (Anschluß an Computer über USB 2.0 und Steuerung über Software Canon Capture)
37
und eine Leica DFC 295 (Anschluß an Computer über Firewire und Steuerung über Soft
ware Leica Application Suite) zum Einsatz.
Die Aufnahmesteuerung erfolgt ausschließlich erschütterungsfrei durch eine software
gestütze Auslösung über den Steuerungscomputer. Hierzu wird in der jeweilig verwende
ten Steuerungssoftware eine Zeitraffer-Funktion implemetiert. Es erfolgt also softwarege
steuert eine Auslösung nach einem definierten Zeitintervall über einen definierten Zeitraum.
Im Rahmen der hier durchgeführten Untersuchungen wird mit unterschiedlichen Intervallen
und Zeiträumen experimentiert. Das kleinstmögliche Intervall ist abhängig von der Belich
tungszeit und der Zeit für die Übertragung der Bilddaten von der Kamera an den PC. Die
Belichtungszeit für eine qualitativ ausreichende Aufnahme ist wiederum abhängig von der
Beleuchtungsstärke im Mikroskop, die Datenübertragungszeit ist abhängig von der vorein
gestellten Bildgröße und Auflösung. Das kleinste in dieser Arbeit im Rahmen der gegebe
nen technischen Möglichkeiten realisierbare Aufnahmeintervall beträgt 18 Sekunden. Der
Aufnahmezeitraum wird technisch ausschließlich durch die auf dem Steuercomputer vor
handene Datenspeicherungskapazität eingeschränkt. Bei einer Bildgröße von 3072 x 2304
Pixel, einer Farbtiefe von 8 Bits per Pixel entsprechend 253 Farben und und einer Auflö
sung von 96x96 dot per Pixel ergibt sich ein Speicherbedarf von 13825 Kilobyte, entspre
chend ca. 14 Megabyte (siehe auch Abschnitt 3.3.6). Für einen Dokumentationszeitraum
von einer Stunde ergibt sich dann bei 3 Aufnahmen pro Minute ein Speicherbedarf von
2520 Megabyte, entsprechend etwa 2,5 Gigabyte. Praktisch ist der Untersuchungszeitraum
auch durch die Qualität des Präparates und das in vitro Überleben der untersuchten
Thrombozyten eingeschränkt. Der längste im Rahmen der hier durchgeführten Untersu
chungen realisierte Untersuchungszeitraum beträgt 8703 Minuten, entsprechend 6,04 Ta
gen.
3.3.2 Bildbezeichnung
In Folge der durchgeführten Zeitrafferuntersuchungen fallen eine große Anzahl an Da
teien an, die jeder Zeit wieder eindeutig dem untersuchten Präparat und dem Untersu
chungszeitpunkt zugeordnet werden müssen. Hierfür wird folgendes Vorgehen gewählt:
Bei der Blutabnahme wird das Blutabnahmeröhrchen mit einer vierstelligen aufsteigenden
Probennummer gekennzeichnet. Auf dem Untersuchungsprotokoll wird diese Nummer mit
Datum und Uhrzeit der Probenabnahme sowie Datum und Uhrzeit der Präparation des
PRP, Raumtemperatur, Datum und Uhrzeit der Präparation des Präparates und Datum und
38
Uhrzeit des Beginns der mikroskopischen Untersuchung vermerkt. Auf dem mit der Kame
ra verbundenen Dokumentations-PC wird ein mit der Probennummer bezeichneter Ordner
angelegt. Alle Bilder zu der untersuchten Blutprobe werden im weiteren in diesen Ordner
gespeichert. Die Bilddateien werden numerisch aufsteigend mit einer vierstelligen Nummer
bezeichnet. Die Bilddatei 0000 stellt immer die Fotografie eines Maßstabes bei den aktuel
len Mikroskopeinstellungen dar, die Bilddatei 0001 ist die erste Aufnahme des Untersu
chungsganges. Datum und Uhrzeit der Bilderstellung werden bei Erstellung auf zweierlei
Weise mit der Datei gespeichert. Zum einen zeigt das Betriebssystem an, zu welchem Da
tum und zu welcher Uhrzeit eine Datei angelegt wurde. Zum anderen werden je nach Typ
der verwendeten Kamera Datum und Uhrzeit der digitalen Fotografie in den sogenannten
EXIF („Exchangeable Image File Format“)-Daten als Metadaten mit der Bilddatei gespei
chert. Beide Datumsformate können ausgelesen werden und im weiteren Verlauf zur zeitli
chen Signatur der Bilddatei verwendet werden. Weiterhin kann auch bei Erstellung der Mi
krofotografie ein Datumsstempel in das Fotodokument eingebrannt werden, dieser Da
tumsstempel kann allerdings später nicht automatisiert ausgelesen werden und wird hier
nicht verwendet.
3.3.3 Zeiterfassung
Für die dynamische Analyse des thrombozytären Formwandels spielt die Zeiterfassung
eine wichtige Rolle. Datum und Uhrzeit der Blutabnahme, der Gewinnung des PRPs und
der Anfertigung des mikroskopischen Präparates werden auf dem Untersuchungsbogen er
fasst. Die Erfassung des Untersuchungsbeginns erfolgt durch die automatische Abspeiche
rung von Datum und Uhrzeit der ersten digitalen Fotografie. Im weiteren Verlauf werden
über eine Zeitraffer-Funktion der Kamera bzw. der die Kamera steuernden Software in fes
ten Abständen Verlaufsbeobachtungen digital dokumentiert. Der Zeitstempel der Dateier
stellung und die in den EXIF-Daten hinterlegten Zeitstempel können mittels des weiter un
ten beschriebenen ImageJ-Plugins (siehe Kapitel 3.4.2) automatisch ausgelesen und den
Messwerten zugeordnet werden.
3.3.4 Metadaten
Zu jedem Bilddokument werden als Metadaten Datum und Uhrzeit der Bilderstellung,
Maßstab, Kameratyp und Kameraeinstellungen erfasst. Der Zeitstempel der Bilderstellung
wird wie oben beschrieben erfasst. Der Maßstab wird durch die digitale Fotografie einer
39
geeichten Mikrometerskala als Bilddatei 0000 erfasst. Kameratyp und Kameraeinstellungen
werden automatisch durch die Kamerasoftware in den EXIF-Daten einzelbildbezogen hin
terlegt.
3.3.5 Kameraadaption
Die Adaptation der Kamera an das Mikroskop erfolgt über einen universellen C-Mount-
Adapter an den Trinokulartubus. Die verwendete Kamera Leica DFC 295 beinhaltet einen
½'' CCD-Chip entsprechend einer Chip-Größe von 4,8x6,4 mm und einer Chipdiagonale
von 8 mm. Durch die Verwendung eines Video-Objektivs mit 0,63-facher Vergrößerung
wird laut Herstellerempfehlung eine optimale Abbildung des Mikroskopbildes auf dem Ka
merachip erreicht.
3.3.6 Aufnahmeformat
Die Vermessung der aufgenommenen Bilder in ImageJ benötigt eine erhebliche digitale
Nachvergrößerung. Häufig angewendete Bildformate wie JPG, PNG oder komprimiertes
TIFF führen zu einem Verlust an Detailgenauigkeit bei großen Vergrößerungen. Für Ver
messung und automatisierte Auswertung wird das Bild auf Einzelpixel-Niveau bearbeitet,
jeder Verlust an Information durch Kompression ist zu vermeiden. Zur Dokumentation
und Vermessung der Bilder muss ein nicht komprimiertes Bildformat wie RAW oder nicht
komprimiertes TIFF verwendet werden. Für die Bilddokumentation in dieser Arbeit wird
das nicht komprimierte TIFF-Format verwendet.
3.3.7 Bildaufnahme
Die Aufnahme erfolgt PC-gesteuert aus der die Kamera steuernden Software heraus.
Beim Auslösen darf es zu keiner Erschütterung des Mikroskopaufbaus kommen, da bereits
feinste Erschütterungen, wie sie zum Beispiel durch das Schließen eines nicht gesteuerten
Spiegels einer Spiegelreflexkamera entstehen, zu einer deutlich sichtbaren Bewegung der
im Präparat beobachteten Filopodien und zu einem Verlust des Fokus führen können [86].
Es wird immer eine Aufnahme sofort nach Einlegen des Präparates und Abschluss der
Kameraeinstellungen gemacht (Aufnahme 0001, sog. Sofortadhärenz). Aufnahme 0001
stellt den Untersuchungsbeginn dar. Von dieser Aufnahme ab werden über eine Zeitraffer-
Funktion gesteuert Aufnahmen in festen Zeitabständen durchgeführt.
40
3.4 Bildvermessung
3.4.1 Klassifikation
Bei der Beobachtung des PRP mittels Dunkelfeld-Mikroskop zeigt sich eine verwirren
de Vielzahl von thrombozytären Aktivierungsstadien. Im Rahmen dieser Arbeit werden be
schreibende Grundparameter identifiziert, die in folgender morphologischen Klassifikation
der zu beobachtenden Strukturen eingeführt werden.
Grundsätzlich wird unterschieden zwischen Granulomer und Hyalomer. Als Hyalomer
wird ein deutlich sichtbarer Hof um eine zentrale Verdichtung von Zellmaterial (Granulo
mer) verstanden. Bei einem inaktivierten, ruhenden Thrombozyten existiert kein Hyalomer,
der größte Durchmesser eines inaktivierten Thrombozyten entspricht also dem größten
Durchmesser des Granulomers.
Ein aktivierter Thrombozyt zeigt eines oder mehrere der folgenden Merkmale:
A. Ausbildung eines Hofes: um eine zentrale Verdichtung von Zellmaterial (Granulo
mer) bildet sich in deutlichem Abstand ein um den Thrombozyten komplett ge
schlossener Hof aus (Hyalomer).
B. Ausbildung von Pseudopodien: aus der Zellmembran stülpen sich Pseudopodien
aus. Als Pseudopodie wird hier eine einläufige oder doppelläufige Ausstülpung der
Zellmembran verstanden, die entweder spitzwinklig oder abgerundet endet. Ein
einläufiger Fortsatz wird auch als Filopodie bezeichnet.
Es werden weiterhin Korpuskel klassifiziert: rundliche Partikel, die einen deutlich gerin
geren Durchmesser aufweisen als Thrombozyten und keinerlei Fortsätze aufweisen sowie
auch keine Hofbildung.
Des weiteren wird eine Kategorie „Sonstiges“ eingeführt. Hierunter fallen beispielswei
se die vereinzelt aufzufindenden Leukozyten oder Erythrozyten oder sonstige morphologi
sche Erscheinungen, die nicht mit den oben genannten Kategorien erfasst werden.
41
Die o.g. Klassifikation führt zu folgenden Messgrößen (siehe Abbildung 3.4 ):
1. Größter Durchmesser des Granulomers
2. Länge eines Fortsatzes
3. Größter Durchmesser des Hyalomers
4. Größter Durchmesser eines nicht aktivierten Thrombozyten (entfällt)
5. Breite des Fortsatzes an der Basis, also am Ort der Ausstülpung aus der Zellmem
bran.
6. Breite des Fortsatzes an der Spitze
7. Größter Durchmesser des Korpuskels
8. Sonstiges
3.4.2 ImageJ-Plugin
Für jeden Aufnahmezeitpunkt finden sich etwa 500 Messpunkte. Es muss eine schnelle
und praktikable Vermessungsmethode etabliert werden, die eine nachvollziehbare Doku
Abbildung 3.4: Schematische Darstellung eines Thrombozyten im Dunkelfeld-Mikroskop.
(1) Größter Durchmesser des Granulomers. (2) Länge eines Fortsatzes. (3) Größter Durchmesser des Hyalomers. (5) Breite des Fortsatzes an der Basis. (6) Breite des Fortsatzes an der Spitze.
42
mentation automatisiert oder teilautomatisiert gewährleisten kann. Es wird hierzu auf das
Softwareprodukt ImageJ zurückgegriffen und eine auf die Vermessung von Thrombozyten
im Dunkelfeld-Mikroskop spezialisierte Softwarelösung entwickelt und in Form eines
Plugins eingebunden. ImageJ steht als Akronym für „Image Processing and Analysis in
Java“. Es handelt sich hierbei um ein frei verfügbares („open source“) Bildbearbeitungspro
gramm, das von Wayne Rasband, Research Services Branch, National Institute of Mental
Health, einer Fraktion des US-amerikanischen National Insitute of Health (NIH) entwickelt
wurde [90]. ImageJ zeichnet sich durch eine offene Architektur aus mit der Möglichkeit,
einfach selbst entwickelte Funktionen als Plugin einzubinden. ImageJ hat insbesondere bei
wissenschaftlichen Bildbearbeitungsprojekten eine weltweite Verbreitung gefunden.
Für die Bearbeitung muss zuerst die zu untersuchende Bilderserie nach ImageJ impor
tiert werden. Der Bildimport erfolgt als Bildstapel (englisch stack). Der erfasste und ein
deutig bezeichnete Bildstapel wird über die ImageJ-Funktion „File -> Import -> Image Se
quence“ ausgewählt. Nach dem Import der ganzen Sequenz nach ImageJ steht diese sofort
zur Verfügung und kann durch einfaches Scrollen an dem Maus-Rad durchgemustert wer
den.
Direkt im Anschluss an den Import des Bilderstapels erfolgt die Skalierung der impor
tierten Bilder (siehe Abbildung 3.6). Hierzu wird auf dem ersten Bild jedes Stapels, das
laut Konvention eine Fotografie einer Mikrometerskala darstellt, eine bekannte Länge mit
dem „Straight Line Selection-Tool“ markiert. Über „Analyze -> SetScale kann der Skalie
rungsdialog aufgerufen werden. Der ausgewählten Länge in Pixel kann hier die korrekte
Distanz in der gewünschten Einheit zugewiesen werden. Es muss die Option „global“ ge
wählt sein, um die hier vorgenommene Skalierung auf alle Bilder des Stapels zu übertra
gen. Über das Menü „Analyze -> Tools -> Scale Bar“ wird der Dialog zur Bearbeitung des
Skalierungsbalkens erreicht. Es wird ein Skalierungsbalken von 5 µm Länge für alle Bilder
in der oberen linken Ecke ausgewählt.
Das Plugin wird als Textdatei im Ordner ImageJ\Macros\Toolsets gespeichert und über
das Menü Plugins → Macros → Install initialisiert. Im Toolset-Bereich der ImageJ-Konso
le findet sich dann ein Eintrag „ptx“. Das Plugin wird nach Import des Bilderstapels durch
einmaliges Klicken auf Toolsets → ptx aktiviert.
Mit dem Straight Line- oder dem Segmented-Line Tool wird auf dem Bild eine der
oben klassifizierten Strukturen markiert. Die Zuweisung der Kategorie erfolgt über das
43
Nummernfeld der Tastatur bei aktiviertem Num-Lock. Die Zahlen der Nummerntastatur
von 1-8 entsprechen den unter Kapitel 3.4.1 aufgeführten Kategorien.
Beim Durchmustern des Bildes werden alle den klassifizierten K