21
Eine Anerkennung für professionelle Leistungen in den Bereichen Stoma • Kontinenz • Wunde Sarah Fabisch Weiterbildung zur Pflegeexpertin Stoma, Kontinenz und Wunde Wannsee-Akademie Berlin Abschluß der Weiterbildung 2015 Das Konzept der Mikroschulungen am Beispiel eines Ileostomapatienten – umgesetzt in einer Rehabilitationsklinik flege reis

flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

  • Upload
    lydien

  • View
    215

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Eine Anerkennung für professionelle Leistungen in den Bereichen

Stoma • Kontinenz • Wunde

Sarah FabischWeiterbildung zur Pflegeexpertin Stoma, Kontinenz und WundeWannsee-Akademie BerlinAbschluß der Weiterbildung 2015

Das Konzept der Mikroschulungen am Beispiel eines Ileostomapatienten – umgesetzt in einer Rehabilitationsklinik

flegereis

Page 2: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

2

Page 3: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

3

Eine Anerkennung für professionelle Leistungen in den Bereichen

Stoma • Kontinenz • Wunde

Sarah FabischWeiterbildung zur Pflegeexpertin Stoma, Kontinenz und WundeWannsee-Akademie BerlinAbschluß der Weiterbildung 2015

Das Konzept der Mikroschulungen am Beispiel eines Ileostomapatienten – umgesetzt in einer Rehabilitationsklinik

Page 4: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis

Page 5: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis5

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 5

2. Das Konzept der Mikroschulungen 5

2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6

2.2. Erforderliche Kompetenzen des Fachpersonals 6

2.3. Rahmenbedingungen 7

2.4. Erstellen einer Mikroschulung 7

2.5. Ablauf einer Mikroschulung 7

3. Vorstellung Reha-Zentrum und der Einsatz von

Mikroschulungen im Alltag 8

4. Unterschied zwischen Anleitung, Beratung, Schulung

und Mikroschulungen 9

5. Anwendung Konzept der Mikroschulungen an einem

rehabilitativen Ileostomapatienten 9

5.1. Vorstellung des Patienten 9

5.2. Voraussetzungen 10

5.3. Sachanalyse/Theoretischer Hintergrund 10

5.3.1. Anatomie und Physiologie des Dünndarms 10

5.3.2. Grundlagen zum Ileostoma 10

5.3.3. Anforderungen an moderne Stomaversorgungssysteme 11

5.3.4. Systemvarianten 11

5.3.5. Hilfsmittel 12

5.3.6. Stomakomplikationen 13

5.3.7. Pflege der peristomalen Haut 13

5.3.8. Ernährungsempfehlung für Ileostomaträger 13

Page 6: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis

5.4. Schulungsablauf 14

5.4.1. Vorwissen und Haltung von Herrn G. 14

5.4.2. Festlegung der Zielvorstellungen sowie

Zusammenstellung des Schulungsmaterials 14

5.4.3. Mikroschulungstag 1 14

5.4.4. Mikroschulungstag 2 15

5.4.5. Mikroschulungstag 3 15

5.4.6. Mikroschulungstag 4 16

5.4.7. Mikroschulungstag 5 16

5.4.8. Mikroschulungstag 6 16

5.4.9. Überprüfung der Zielerreichung 16

5.4.10. Fazit 16

5.5. Vorstellung des Einschätzungs- und Dokumentationsbogens 17

6. Schlusswort 18

Page 7: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis7

Diese Facharbeit soll dem Leser einen Einblick in das Konzept der Mikroschulungen verschaffen.

Der Unterschied zu herkömmlichen Schulungsprogrammen besteht zum einen darin, dass sich das Konzept der Mikroschulungen nicht auf große Gruppen bezieht, sondern ausschließlich die individuelle Betreuung im Vorder-grund steht. Zum anderen erfolgt die Überprüfung des vermittelten Wissens durch eine abschließende Ergebnis-sicherung. Das Patientenvolumen besteht aus ein bis zwei Adressaten. Hierbei geht es darum, diesen Adressa-ten unter geplanten Bedingungen Wissen, Verhaltensweisen und auch Fertigkeiten zu vermitteln. Die zwei übergeordneten Ziele sind die Förderung der Eigenverantwortung und der Selbst-pflegekompetenz. Sie spielen eine große Rolle, da die Krankenhausaufenthalte immer kürzer werden und die Patienten beizeiten auf sich allein gestellt sind. Es ist die Aufgabe der Pflegenden, sie mittels Anleitung, Beratung und Schulung auf ihre Rückkehr nach Hause vorzubereiten. Für diese Zielerreichung bietet sich das Konzept der Mikroschu-lungen an. (vgl. Tolsdorf M., Abt-Zegelin, Dr. A. (2008), S.2) „Mikroschulungen können gut Bestandteil des Pflegepro-zesses sein, sie ermöglichen ein indivi-dualisiertes Vorgehen und sind durchdie zeitliche Begrenzung in den Arbeits-ablauf plan- und integrierbar.“ (Tolsdorf M., Abt-Zegelin, Dr. A. (2008), S. 2) Die zeitliche Begrenzung beträgt zehn bis dreißig Minuten. Das Konzept derMikroschulungen wurde von Frau Dr. A. Abt-Zegelin (Pflegewissenschaftlerin) an

der Universität Witten/Herdecke begleitet und am Beispiel der subcuta-nen Injektion veröffentlicht. Dieses Konzept soll einen Beitrag zur Transpa-renz, wie auch zur Qualitätssicherung leisten. Beratung, Information und Anleitung sind Inhalte des Pflegealltags, leider geschehen diese häufig eher zufällig. Mit Hilfe von geplanten Schulungen soll dem entgegengewirkt werden. Um die Schulungsinhalte zu vermitteln, sind vier Kompetenzen erforderlich - die persönliche-, fachli-che-, soziale- und Methodenkompetenz.Die Pflegefachkraft muss vor Beginn der Mikroschulungen über das Thema informiert sein und sich mit Hilfe einer Sachanalyse evidence basiertes Wissen aneignen. Demzufolge wird das entspre-chende Schulungsmaterial erstellt und der grobe Schulungsablauf geplant. Ebenfalls muss sich die Pflegefachkraft über die Art der Erfolgssicherung im Klaren sein. Beispiele hierfür sind Fragebögen oder auch Checklisten. Nachdem die Schulungsstruktur durchdacht wurde, folgt im Anschluss die individuelle Abwandlung auf den jeweiligen Patienten. Hierbei steht der Patient im Mittelpunkt, denn sein Wissen, seine Verhaltensweisen sowie Fähigkeiten sollen ergänzt werden, sodass er ein Experte in eigener Sache wird. (vgl. Tolsdorf M., Abt-Zegelin, Dr. A. (2008), S.2) In dieser Facharbeit wird das Konzept der Mikroschulungen am Beispiel eines rehabilitativen Ileostoma-patienten verdeutlicht. So lautet die zentrale Frage folgendermaßen: Kann ein Ileostomaträger mit Hilfe von Mikro-schulungen die selbstständige Versor-

gung seines Stomas erlernen? Die dazugehörigen Einschätzungs- undDokumentationsbögen, wie auch die Handouts, sind im Anhang beigefügt.

2. Das Konzept der Mikroschulungen

Das Konzept der Mikroschulungen wurde über Jahre im Netzwerk Patien-ten- und Familienedukation e.V. entwickelt und an der Universität Witten/Herdecke begleitet. Die Pflege-wissenschaftlerin Dr. Abt-Zegelin setzte dieses Konzept erstmals am Beispiel der subcutanen Injektion um und veröffent-lichte ihre Erkenntnisse darin. Die Förderung der Eigenverantwortung sowie der Selbstpflegekompetenz spielen eine wichtige Rolle, da der Aufenthalt im Krankenhaus immer kürzer wird und die Patienten frühzeitig auf sich allein gestellt sind. Den Patienten beziehungsweise derenAngehörige werden immer mehr Aufgaben übertragen. Durch eventuell neu aufgetretene Erkrankungen müssen die entsprechenden Verhaltensweisen in den Alltag integriert werden. Die Pflegenden haben die große Aufgabe, jeden Patienten individuell mittels Anleitung, Beratung und Schulung auf ihr privates Umfeld vorzubereiten. Um dieses Ziel zu erreichen, bietet sich das Konzept der Mikroschulungen an. (vgl. Tolsdorf M., Abt-Zegelin, Dr. A. (2008), S.2) „ Mit dem Konzept der „Mikroschu-lung“ soll Pflegenden eine Grundlage zur systematischen und qualitätsgesicherten pädagogischen Begleitung der Patienten ermöglicht werden.“ (Tolsdorf M., Abt- Zegelin, Dr. A. (2008), S. 2).

1. Einleitung

Sarah [email protected]

Page 8: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis Pflegepreis8

2.2. Erforderliche Kompetenzen des Fachpersonals

Das Fachpersonal benötigt vier Kompe-tenzen, um eine Schulung erfolgreich durchzuführen:

1. Persönliche Kompetenz2. Fachliche Kompetenz3. Sozialkompetenz4. Methodenkompetenz

1. Persönliche Kompetenz

Die persönliche Kompetenz setzt voraus, dass von Seiten des Fachpersonals eine emotionale Stabilität sowie persönliche Reife vorhanden sind. Das ist von großer Bedeutung, da die zu Schulenden teilweise eine emotionale Labilität aufweisen. Fähigkeiten, wie persönliche Reife, Empathie, Einfühlungsvermögen und Standfestigkeit sind Grundvoraus-setzungen, um von Ängsten bis hin zu Aggressionen abzulenken. Ebenso zählt die Abgrenzungsfähigkeit zur persönli-chen Kompetenz. Hierbei sollte die Pflegefachkraft in der Lage sein, sich von den Krankheitsverläufen zu distanzieren und nicht das Gefühl von Mitleid überhandnehmen zu lassen. Es geht ausschließlich um das Begleiten und Unterstützen des zu Schulenden (vgl. Wiesinger, G., Stoll-Salzer, E. (2012), S.5).

2. Fachliche Kompetenz

Zu der fachlichen Kompetenz zählen die Qualifikation, Verantwortungsbereitschaft und rhetorische Repräsentationsfähigkeit. Die Qualifikation wird mit der Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin oder auch durch zusätzliche Weiterbil-dungen, wie beispielsweise zum Pfle-geexperten Stoma-Inkontinenz-Wunde erlangt. Eine langjährige Praxiserfahrung im Umgang mit zu schulenden Patienten ist in jedem Fall hilfreich. Dem Fach-personal sollte bewusst sein, dass das Schulen von Patienten ein sehr eigenver-antwortlicher und auch interdisziplinärer Bereich ist. Daher spielt die Verant-wortungsbereitschaft in der fachlichen Kompetenz eine große Rolle. Bei der rhetorischen Repräsentationsfähigkeit geht es darum, wie sich die Pflegefach-kraft vor den zu Schulenden präsentiert. Beispielsweise sollte der Schulungsinhalt verständlich und wertungsfrei übermittelt oder auch Mimik und Gestik entspre-chend angepasst werden. (vgl. Wiesinger, G., Stoll-Salzer, E. (2012), S.5)

3. Sozialkompetenz

Das Konfliktlösungspotential und die Problemlösungskompetenz sind die ersten Voraussetzungen der Sozialkom-petenz. Diese Fähigkeiten umfassen ein angemessenes, rechtzeitiges Umgehen mit Widerständen und Konflikten, sowie das Anbieten von bedürfnisgerechten Lösungen. Eine weitere Voraussetzung ist eine hohe Flexibilität. Sie ist erfor-derlich, um den immer wieder neuen Situationen gerecht zu werden. Keine Schulung gleicht einer anderen, da jeder Patient andere Erfahrungen und Vorkenntnisse mitbringt. Ziel sollte es sein, den Anforderungen jedes Patienten gerecht zu werden und die Schulungen nach aktuellstem Wissen zu leiten. Das ist aber nur dann möglich, wenn diePflegefachkraft Bereitschaft zu Fort- und Weiterbildung aufzeigt, wodurch vorhandenes Wissen vertieft und aktualisiert werden kann. (vgl. Wiesin-ger, G., Stoll-Salzer, E. (2012), S. 5).

4. Methodenkompetenz

Die Methodenkompetenz „beinhaltet die Fähigkeit, erlernte, spezielle pflegerische Methoden und Techniken in die Praxis umzusetzen“. (Wiesinger, G., Stoll-Salzer, E. (2012), S. 5). Für diese Umsetzung ist es wichtig, wie unter dem vorherigen Thema der Sozialkompetenz bereits erwähnt, Weiterbildungen zu nutzen, „um mit dem neu angeeigneten Wissen individu-elle Problemlösungen zu finden“. (Wiesinger, G., Stoll-Salzer, E. (2012), S. 5) Das neu angeeignete Wissen kann aber nur weitergegeben werden, wenn die Pflegefachkraft eine Edukations- und Beratungsfähigkeit besitzt.Nur so können Kollegen, wie auch Patienten, von dem Wissen profitieren. (vgl. Wiesinger, G., Stoll-Salzer, E. (2012), S. 4-5). Die vier soeben aufgezählten Kompeten-zen sind sehr entscheidend für den Ausgang einer Schulung. An erster Stelle steht immer der Patient mit seinen Fragen und Bedürfnissen. Unser Ziel sollte es stets sein, den Patienten als Experten in eigener Sache in sein privates Umfeld zu entlassen. Keinesfalls dürfen die vier Kompetenzen einzeln betrachtet werden, denn nur zusammen sind sie erfolgversprechend. Ebenfalls einen hohen Stellenwert haben die Rahmenbedingungen, unter denen die Schulungen erfolgen.

2.1. Merkmale von Mikroschulungen

Bei Mikroschulungen besteht der Grundgedanke darin, Wissen, Fertigkei-ten sowie Verhaltensweisen in kleinen Lerneinheiten zu vermitteln. Der Begriff Mikro sagt bereits aus, dass diese Schulungen ein Thema nur kurze Zeit fokussieren. Die Zeitdauer beträgt ungefähr zehn bis dreißig Minuten und kann je nach Bedarf wiederholt werden (vgl. Tolsdorf, M. (2010), S. 1). Für diese Art der Schulungen eignen sich zahlreiche Themen, wie beispielsweise der Umgang mit Fatigue bei Patienten mit Krebserkrankungen oder auch das Anziehen von Kompressionsstrümpfen. Das Konzept bei jeder Mikroschulung besteht aus einer Sammelmappe von ungefähr fünfzehn Seiten, worin die zu schulenden Inhalte unter pädagogi-schen Gesichtspunkten in kleinen Schritten portioniert werden.Nachdem diese Sammelmappe erstellt wurde, folgt eine Sachanalyse, welche das Thema, mit Hilfe von Recherchen und Expertenbefragungen, umfassend erarbeitet. Ziel sollte es sein, die Schulungen aufgrund von gesichertem Wissen durchzuführen. (vgl. Abt-Zege-lin, Dr. A. (2006), S. 62) Die Mikroschu-lungen richten sich an ein bis zwei Adressaten, meist dem Patienten und seiner Bezugsperson. Bei der Übermitt-lung muss auf Systematik und Logik geachtet werden, da es nicht Zielsein sollte, dem Patienten „mal eben etwas zu zeigen“ (Abt-Zegelin, Dr. A. (2006), S. 62). Bei den einzelnen Schulungen existiert immer ein schriftliches Handout, damit die zu Schulenden eine Orientierung über die an dem Tag vermittelten Inhalte erlangen. Da in den Schulungs-einheiten nur maximal zwei Personen anwesend sind, können die Inhalte individuell angepasst, sowie vorhande-ne Erfahrungen und Fähigkeiten berücksichtigt werden. Dies ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber herkömmlichen Konzepten. (vgl. Tolsdorf, M. (2010), S. 1). Jede Lerneinheit muss zur Qualitätssi-cherung, dem Leistungsnachweis sowie der Transparenz dokumentiert werden. Die abschließende Evaluation am Ende jeder Schulungseinheit ermöglicht zum einen die Überprüfung der Ergebnissi-cherung und zum anderen ein Feedback zur Schulung und Atmosphäre. (vgl. Tolsdorf M., Abt-Zegelin, Dr. A. (2008), S.6).

Page 9: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis9

2.3. Rahmenbedingungen

Für die Durchführung einer Mikroschu-lung sind verschiedenste Orte denkbar, die Entscheidung sollte in Absprache mit dem Patienten erfolgen (vgl. Tolsdorf M., Abt-Zegelin, Dr. A. (2008), S. 3). Ein separater Raum mit Sitzgelegenhei-ten wäre vorteilhaft, um eine angeneh-me Atmosphäre zu schaffen. Hier ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sich der Patient gegenüber der Pflegefachkraftöffnet und seine Fragen, Ängste oder auch Bedenken äußert. Findet die Schulung in einem Patientenzimmer statt, kann es von Seiten des Patienten zu Hemmungen kommen, da Mitpatien-ten das Gespräch verfolgen könnten. Ebenso sind klingelnde Telefone oder intervenierendes Fachpersonal störend. Dies führt zu häufigen Unterbrechun-gen, aufgrund dessen der Patient Unsicherheiten entwickelt. Der Vorteil von geplanten Schulungen ist, dass ein gewisses Zeitfenster zur Verfügung steht. So kann die Pflegefachkraft die Mikroschulungen planen und in denArbeitsablauf problemlos integrieren. Diese Planung ermöglicht, eine Informa-tionssammlung, über den Patienten, bereits vor der Mikroschulung. (vgl. Hummel-Gaatz, S., Doll, A. (2007), S. 25-26). Die Dauer, der Zeitpunkt und die Häufigkeit der Mikroschulungen richten sich individuell nach dem Patienten und seinem Krankheitsbild.

2.4. Erstellen einer Mikroschulung

Wie bereits unter dem Punkt 2.1. Merkmale von Mikroschulungen kurz erwähnt, hat die Sachanalyse einen hohen Stellenwert bei der Erarbeitung dieses Konzeptes. Bevor die Mikroschu-lungen mit dem Patienten beginnen können, muss weitestgehend sicherge-stellt werden, dass die Themen evidencebasiert erarbeitet wurden. Daher ist der erste Schritt die Nachforschung in Datenbanken, wissenschaftlichen Büchern, wie auch Interviews mit Experten. (vgl. Tolsdorf M., Abt-Zegelin, Dr. A. (2008), S. 3-4) Diese Nachfor-schungen sind leider nicht immer erfolgsversprechend, da „die evidenzba-sierte Pflege noch in den Kinderschuhen steckt“ (Tolsdorf M. (2010), S. 2) Je nachThemengebiet können die Expertenstan-dards des Deutschen Netzwerks für Qualität in der Pflege eine große Hilfe sein. Die Sachanalyse sollte nur als

Orientierung gesehen werden, da sich der Gesprächsverlauf individuell an dem Patienten und deren Lebenssituation orientiert (vgl. Tolsdorf, M. (2010), S.2). Bei der Erstellung des Schulungsmateri-als steht an erster Stelle die gemeinsa-me Festlegung der Richt- und Feinziele. Während das Richtziel für den gesamten Schulungszyklus erstellt wird, gelten Feinziele ausschließlich für eine Schulungseinheit (vgl. Tolsdorf, M. (2010), S.4). Es ist wichtig, dass diese Zielstellungen folgender Maßen formuliert werden: realistisch, positiv,überprüfbar, terminiert, schriftlich und patientenorientiert. Die Zielformulierung erfolgt gemeinsam mit dem Patienten, damit er seine Wünsche und Bedürfnisse äußern, sowie bei seinem gewünschtenLernzuwachs mitwirken kann (vgl. Quernheim, G. (2009), S. 13). „Zeitpunkt, Vorwissen, manuelle/kognitive Möglich-keiten des Patienten, seelische Verfas-sung/Motivation, Seh- undLesefähigkeit, individuelle Alltagssitua-tionen sowie Lernstile sind einige der Aspekte, die bei der Erstellung von Arbeits- und Informationsmaterial berücksichtigt werden müssen.“ ( Tolsdorf M., Abt-Zegelin, Dr. A. (2008), S. 4) Günstig ist es, sich eine Sammlung von Anschauungsmaterial zu den gleichen Schulungsinhalten zu erstellen. Somit kann die Pflegefachkraft je nach Erfordernissen des Patienten aus dieser wählen, um das Passende auszuhändi-gen. (vgl. Tolsdorf M., Abt-Zegelin, Dr. A.(2008), S. 4) Abhängig vom Thema kann die Sammlung vielfältige Dinge enthal-ten, wie beispielsweise Materialien zum praktischen Üben, Tafeln zur Erläuterung oder auch Checklisten. (vgl. Tolsdorf, M.(2010), S. 2) Umfassende Themen ziehen mehrere Schulungssitzungen nach sich. Da diese aber planbar und zeitlich begrenzt sind, lassen sie sich ohne Probleme in den Alltag integrieren. Einethematische Aufteilung der Schulungs-einheiten ist ratsam, damit der Patient einen roten Faden und eine gewisse Logik erlangt. Notwendig wird eine neue Ausarbeitung des Schulungsmaterials, wenn das Handout zu allgemein gehalten und eventuell entscheidende Gesichtspunkte nicht berücksichtigtwurden. Im Vorfeld muss ebenfalls feststehen, mit welchen Instrumenten der Erfolg überprüft und das Feedback des Patienten eingeholt werden kann. Beispiele für Instrumente sind die Beobachtung, Checklisten oder das Interview. Die Dokumentation der

jeweiligen Mikroschulungen spielt ebenfalls eine große Rolle, da sie der Rechtssicherheit, der Qualitätssicherung und auch der Transparenz interdiszipli-när dient. Hierbei sollten folgende Punkte ersichtlich sein: Schulungsinhal-te, benötigte Zeit, der derzeitige Schulungsstand des Patienten/ Angehö-rigen und eventuelle Besonderheiten (vgl. Tolsdorf M., Abt-Zegelin, Dr. A. (2008), S. 5).

2.5. Ablauf einer Mikroschulung

Die Schulungseinheiten sowie die daraus resultierenden Termine werden im Zusammenschluss mit dem Patienten und/oder Angehörigen vereinbart, sodass sich der Patient und die Pflege-fachkraft darauf zeitlich einstellen können. In der Literatur gibt es verschie-denste Schulungsabläufe, die jedochausschließlich der Orientierung dienen. Wichtig ist, dass die Vorgehensweise kleinschrittig erfolgt.Die folgende Tabelle soll die einzelnen Schritte einer geplanten Mikroschulung aufzeigen.

Tabelle 1: Mikroschulungsablauf

Schulungsablauf

• Vor der Mikroschulung° Vorwissen feststellen° Haltung erkennen° Festlegen des Richtziels mit dem

Patienten/Angehörigen° Festlegen der Feinziele mit dem

Patienten/Angehörigen

• Während der Mikroschulung° Wissen ergänzen° Anschauungsmaterial vorstellen

und erklären° Demonstration der jeweiligen

Technik° Übungen mit dem Adressaten

durchführen° Fragen beantworten° Infomaterial aushändigen° Überprüfung der Zielerreichung

(Ergebnissicherung, ggf. mit Wissenscheck)

° Feedback zur Schulung/Atmo-sphäre (Patient/Angehörige)

• Nach der Mikroschulung° Dokumentation

(vgl. Tolsdorf M., Abt-Zegelin, Dr. A. (2008), S. 6)

Page 10: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis Pflegepreis10

Bevor eine Mikroschulung beginnen kann, ist ein Erstgespräch mit dem Patienten sehr hilfreich.Dieses Gespräch sollte genutzt werden, um bereits vorhandenes Wissen mit Hilfe von kurzen Fragestellungen zu ermitteln. Beispiele hierfür sind:

• Haben Sie diese Tätigkeit bereits in der Vergangenheit schon einmal durchgeführt?

• Haben Sie noch Fragen bezüglich ihrer Grunderkrankung oder fühlen Sie sich ausreichend aufgeklärt?

• Wie fühlen Sie sich dabei, diese Tätigkeit durchzuführen?

Diese drei Fragen sind sehr allgemein gehalten und müssen je nach Thematik individuell angepasst sowie erweitert werden. Sie sollen ausschließlich der Orientierung dienen. Ebenso wird das Erstgespräch für die Ermittlung der Bedürfnisse von Seiten des Patienten genutzt. Die daraus resultierenden Feinziele, wie auch das große Richtziel, werden gemeinsam formuliert und notiert.Beispiel für ein Richtziel ist: Der Patient ist bis zum Ende des Rehaklini-kaufenthaltes selbstständig in der Lage, sein Kondomurinal anzulegen, Hilfsmit-tel zu nutzen, Komplikationen rechtzei-tig zu erkennen und dementsprechend zu handeln. Beispiel für ein Feinziel ist: Der Patient weiß bis zum Ende der Mikroschulungseinheit, was ein Kondomurinal ist. Die Feinziele werden von Mikroschu-lung zu Mikroschulung gemeinsam mit dem Patienten neu formuliert. Je nachdem, wie sich der Gesprächsver-lauf entwickelt, erhält der Patient und/oder Angehörige bereits das erste Informationsmaterial. Das können beispielsweise ein allgemeiner Stoma-ratgeber oder auch Informationen zu einem Medikament sein. Wurde das Erstgespräch erfolgreich durchgeführt, kann nun je nach Vorwissen, Lerntyp, Seh- und Lesefähigkeit des Patienten aus der Handoutsammlung das Passende gewählt werden. Ob Wissen ergänzt werden muss oder Übungen wiederholt werden, hängt individuell vom Patienten ab. Wichtig ist, dass sich die Pflegefachkraft an den einzelnen Feinzielen sowie an dem großen Richtziel orientiert und das Thema in kleinen Schritten vermittelt.

Nach jedem Schritt muss dem Patien-ten die Möglichkeit geschaffen werden, eventuell aufgetretene Fragen zu stellen (vgl. Tolsdorf M., Abt-Zegelin, Dr. A. (2008), S. 5-6, S. 9-10). In Abhängig vom Patienten sowie der Rahmenbedingungen können durch die Mikroschulungen drei verschiedene Wissenstiefen erreicht werden.

• Faktenwissen, oberflächliches Wissen - Patient kann die geschulte Hand-lung nur eins zu eins in den Alltag übertragen

• Prinzipienwissen - Patient versteht die Hintergründe seiner geschulten Handlung und kann diese mit kleinen Abweichungen in den Alltag integrie-ren

• Optionales Wissen - Patient versteht die Hintergründe seiner geschulten Handlung und kann diese unter Verwendung verschiedenster Optio-nen ohne Probleme in den Alltag integrieren

Um das optionale Wissen zu erreichen, erfordert es von Seiten des Patienten Motivation, seine Fähigkeiten auszu-bauen, vorhandene Fertigkeiten zu nutzen und viel Geduld. Die Pflegefach-kraft muss die negativen Barrieren sowie die Ressourcen und Lernmöglich-keiten seines Patienten kennen.Die Mikroschulungen können nur dann positiv verlaufen, wenn sich beide Gesprächspartner aufeinander einstel-len und eine Beziehung zueinander aufbauen (vgl. Tolsdorf, M. (2010), S. 3). Der Patient hat vielfältige Erwartungen an die Pflegefachkraft, wenn er sich auf eine Schulungssituation einlässt. Zum einen soll ihm die Pflegefachkraft aufmerksam zuhören, ihn verstehen, ihn ernst nehmen und ihn zum anderen nicht bewerten oder sogar zensieren. Der Patient möchte, dass seine Proble-me vertraulich behandelt werden und die letztendlichen Entscheidungen durch ihn erfolgen.All das muss eine professionelle Beratung, Anleitung und/oder Schulung aus der Sicht eines Patienten mit sich bringen. Ebenfalls sollte die Pflegefach-kraft wissen, wie deren Reaktion auf den Patienten wirkt. Anderenfalls könnte eine Störung der Beziehung sowie der Kommunikation die Folge sein (vgl. Krause, C. et al (2003), S. 28-40).

Werden all diese Punkte beachtet, steht einem positiven Schulungsverlauf nichts mehr im Wege. Daher folgen im nächsten Abschnitt die Vorstellung des Reha-Zentrums und der Einsatz von Mikroschulungen im Alltag.

3. Vorstellung des Arbeitsplatzes der Pflegeexpertin SKW im Reha-Zentrum

Das Reha-Zentrum in dem die Pflege-expertin SKW beschäftigt war, wurde 1996 erbaut und stellt aktuell für 220 onkologische und orthopädische Patienten Platz zur Verfügung. Es bietet ein breites Therapiespektrum von medizinscher Diagnostik, Ergo-, Sport-, und Physiotherapie sowie Psychologie,Diätberatung und dem Sozialdienst an. Die ganzheitliche Betreuung jedes einzelnen Patienten steht an erster Stelle und wird durch die interdiszipli-näre Zusammenarbeit täglich gewähr-leistet. Die durchschnittliche Aufent-haltsdauer beträgt 21 Tage, welche die Patienten in idyllischer Lage genießen können. Durch ein Aufnahmemanage-ment wird die Anreise der Patienten im Reha-Zentrum geregelt. Es gliedert sich in die pflegerische und in die ärztliche Aufnahme. Die pflegerische Aufnahme beginnt mit dem Empfang des Patien-ten im Schwesternstützpunkt. Hier wird zuerst der Therapieplan für den Anreisetag erstellt. Ist dies erfolgt, ziehen sich Patient und Pflegekraft in einem separaten Raum zurück, um in ruhiger Atmosphäre den Lageplan der Reha-Klinik sowie verschiedenste Therapieangebote zu besprechen. Im Anschluss folgen Erläuterungen zum Therapieplan sowie zu deren Ablauf. Wurden alle Fragen von Seiten des Patienten geklärt, finden nun die ersten diagnostischen Maßnahmen statt. Dazu zählen:

• Blutdruck- und Pulsmessung

• Ermittlung von Größe und Gewicht und

• das Schreiben eines Elektrokardio-gramms

Der Einsatz von Mikroschulungen im Alltag

Nachdem der Patient von pflegerischer Seite aufgenommen wurde, erfolgt nun die ärztliche Aufnahme. Dabei wird das

Page 11: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis11

Richtziel für den Reha-Klinik-Aufent-halt formuliert. Der zuständige onkologische oder orthopädische Arzt bespricht mit dem Patienten die wesentlichen Sachverhalte, wie beispielsweise deren Medikamente und Vorbefunde. Eine körperliche Untersu-chung ist bei jeder Aufnahme ein wichtiger Bestandteil, da der Arzt hierbei eventuelle pathologische Abweichungen feststellen kann. Alle gewonnenen Informationen werden in der Patientenakte notiert. Wurde dasAufnahmemanagement erfolgreich durchgeführt, vermerkt der Arzt die entsprechenden Anordnungen, wie beispielsweise einmal täglich Augen-tropfen verabreichen, zweimal täglich einen Salbenverband anlegen oder auch den täglichen Stomaversorgungs-wechsel durch die Pflegeexpertin SKW, in der Akte. Die Pflegekräfte arbeiten diese Anordnungen aus und setzen sich mit dem Patienten in Verbindung. Oftmals wird eine interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig, um eine optimale Informationsvermittlung zu gewährleisten, sowie widersprüchliche Aussagen zu vermeiden.Ein Beispiel für die Umsetzung von Mikroschulungen im Reha-Zentrum ist das Erlernen von subcutanen Injektio-nen zur Antithromboseprophylaxe bei orthopädischen Patienten. Dabei habendiese 21 Tage Zeit, um die bestmög-lichste Wissenstiefe zu erreichen und sich selbst ohne Bedenken spritzen zu können. Dafür benötigen sie die Hilfe, Zeit und das Wissen der Pflegekräfte. Im Reha-Zentrum werden die subcuta-nen Injektionen im Schwesternbereich verabreicht, was bedeutet, dass die Patienten täglich eine Mikroschulung zu dem Thema „Selbstständige subcu-tane Injektion eines Antikoagulans“ erhalten. Ebenso werden alle anderen Themen individuell mit dem Patienten gemeinsam erarbeitet. Bei allen Tätigkeiten wird immer das Ziel ver-folgt, die „Beeinträchtigungen zu verringern, ggf. eine Stabilisierung des gegenwärtigen Zustandes zu erreichen“ (Lauber, A., Schmalstieg, P. (2007), S. 40). Die Patienten sollen mit Hilfe des medizinischen Personals Experte ineigner Sache werden, damit sie in der Häuslichkeit das erworbene, optionale Wissen anwenden können. Um das zu erreichen, spielen Anleitung, Beratung, Schulung und Mikroschulungen im Reha-Zentrum eine große Rolle.

4. Unterschied zwischen Anleitung, Beratung, Schulung und Mikroschu-lungen

Die Unterschiede zwischen diesen Begriffen zu finden, scheint in der Theorie leicht. In der Praxis jedoch werden diese häufig sogar als Synonym verwendet. Daher folgen nun die entsprechenden Definitionen.

Definition von Anleitung, Beratung, Schulung

Die Anleitung

„Bei der Anleitung geht es darum, den Pflegeempfänger (Pflegebedürftigen/Angehörigen) bestimmte Pflegetechni-ken zu lehren, die nötig sind, um möglichst selbstbestimmt handeln zu können“ (Schewior-Popp, S., Sitzmann, F., Ullrich, L. (2009), S. 194).

Die Beratung

„Beratung ist ein Beziehungsprozess zwischen Pflegekräften und Patienten bzw. seinen Bezugspersonen (Familien-angehörige und/oder Freunde) mit dem Ziel, sie bei der Krankheits- und Krisenbewältigung zu unterstützen.“ (Hummel-Gaatz, S., Doll, A. (2007), S. 16).

Die Schulung

„Unter einer Schulung kann ein didaktisch strukturierter und geplanter Unterricht in Gruppen verstanden werden“ (Hummel-Gaatz, S., Doll, A. (2007), S. 15).

Weder Anleitung, Beratung noch Schulung können den kompletten Praxis- und Theorieanteil abdecken. Je nach Thema oder Wissensdefizit des Patienten kann eine dieser dreiInformationsübermittlungen ausrei-chend sein. Daher sind diese weiterhin anerkannte Therapieverfahren, wenn es beispielsweise um die Krankheitsbewäl-tigung oder auch Ernährung geht.Besteht bei einem Patienten aber ein sehr großes Wissensdefizit, das sich durch mangelnde Aufklärung wie auch fehlende Fertigkeiten äußert, reicht eines dieser Informationsübermittlun-gen nicht aus. Damit sich der Patient als Experte in eigener Sache versteht, benötigt er eine Mischung aus Anlei-tung, Beratung und Schulung.

Diese drei Therapieverfahren werden ausschließlich im Konzept der Mikro-schulungen zusammengeführt. Der Begriff Mikroschulung wurde nicht erwähnt, da er folglich als Überbegriff zählt. Mikroschulungen enthalten somit Elemente aus Anleitung, Bera-tung und Schulung und zwar immer in genau dem Ausmaß, das den individu-ellen Bedürfnissen des Patienten entspricht.

5. Anwendung Konzept der Mikro-schulungen an einem rehabilitativen Ileostomapatienten

Im Reha-Zentrum erhalten alle Patienten mit einer Stomaanlage über die Terminplanung einen Termin bei der Enterostomatherapeutin des Hauses. Demnach entscheidet sie individuell je nach Patienten, wie oft die Ansicht des Stomas erfolgt. Mit selbstständigen Patienten wird einmal pro Woche ein Termin vereinbart, um zu erfragen, ob Material benötigt wird oder Fragen aufgetreten sind. Die Patienten, die beim Stomaversor-gungswechsel noch Hilfe benötigen, erhalten je nachVersorgungswechselintervall Termine durch die Enterostomatherapeutin. Dabei ist das angestrebte Ziel immer der selbstständige Stomaversorgungs-wechsel durch den Patienten. Aufgrund dessen werden alle Fragen sofort beantwortet und einzelne Schritt genauestens erklärt. Wie schnell das Ziel erreicht wird, hängt individuell vom Patienten, dem Allgemeinzustand und dem Krankheitsbild ab.

5.1. Vorstellung des Patienten

Die folgenden Daten wurden unter Wahrung der Anonymität und mit dem Einverständnis des Patienten übermit-telt. Herr G. ist 67 Jahre alt und bekam am 11.05.2014, aufgrund eines im Rahmen der Vorsorge diagnostizierten Colonkarzinoms, eine doppelläufige Ileostomaanlage. Die postoperative Gewichtsabnahme betrug 14kg und er gab aufgrund dessen starke Schwäche und Müdigkeit an. Zusätzlich wies er links neben dem Stoma eine entzündete Narbe, auf-grund des Nahtmaterials, sowie eine Wunddehiszenz auf. Seine Richtziele für den Reha-Klinik-Aufenthalt lauteten: Verbesserung des Allgemein-zustandes, Abheilung der entzündeten

Page 12: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis Pflegepreis12

Wundverhältnisse sowie die selbststän-dige Versorgung seines Ileostomas bis zum Ende des Rehaklinikaufenthaltes. Herr G. stellte sich bereits am Anreise-tag bei der angehenden Pflegeexpertin für Stoma-Inkontinenz-Wunde vor und äußerte den Wunsch, sein Stoma am Ende der Reha allein versorgen zu können. Daraufhin folgte eine Inspekti-on seiner Stomaanlage, wobei ein gut durchblutetes Ileostoma mit geröteter peristomaler Haut, aufgrund einer bisher zu groß ausgeschnittenen einteiligen Stomaversorgung, ersicht-lich wurde. Der Wechsel der Stomaver-sorgung wurde zusätzlich durch den naheliegenden Verband erschwert. Herr G. wirkte trotz seines geschwäch-ten Allgemeinzustandes hoch motiviert und erhielt von seiner Ehefrau, die ihn den kompletten Reha-Klinik-Aufenthalt begleitete, die nötige Unterstützung.

5.2. Voraussetzungen

Alle Mikroschulungen wurden in Absprache mit dem Patienten und aufgrund der ruhigen Atmosphäre in einem separaten Stomaraum durchge-führt. Die Schulungen erfolgten täglich, jedoch nicht zur selben Zeit, da das angesichts der Terminvergabe durch die Terminplanung nicht möglich war. Im Vorfeld wurde mit Herrn G. besprochen, dass seine Ehefrau jederzeit an denMikroschulungen teilnehmen konnte.

5.3. Sachanalyse/Theoretischer Hintergrund

Für die Sachanalyse zum Thema Das Konzept der Mikroschulungen, umge-setzt an einem rehabilitativen Ileos-tomapatienten, wurden ausschließlich Recherchen aus Datenbanken sowieFachliteratur verwendet. Zuerst folgen anatomische und physiologische Erläuterungen zum Dünndarm. Diese Basis ist wichtig, um ein Verständnis beispielsweise für den dünnen Stuhlgang zu erlangen oder auch, warum ein erhöhtes Augenmerk auf die Flüssigkeitszufuhr gelegt werden sollte.

5.3.1.Anatomie und Physiologie des Dünndarms

Der Dünndarm ist ein Verdauungsrohr, das direkt an den Magen anschließt. Er ist das größte endokrine Organ und weist eine Länge von ungefähr 4 bis 5

Metern auf. Die Hauptaufgabe desDünndarms ist es, den vorverdauten Speisebrei endgültig zu verdauen und die dabei entstehenden, lebenswichti-gen Moleküle über die Darmschleim-haut in den Kreislauf abzugeben. Durch den Dünndarm fließen täglich 8 Liter Flüssigkeit (Speichel, Magensaft, Galle, Bauchspeicheldrüsensaft sowie Dünndarmsekret), die größtenteils rückresorbiert werden müssen. Der Dünndarm untergliedert sich in drei Abschnitte, die fließend ineinander übergehen:

• Duodenum (ungefähr 25cm des Dünndarms)

• Jejunum (ungefähr 2/5 des Dünndarms)

• Ileum (ungefähr 3/5 des Dünndarms)

Das Duodenum ist der erste Abschnitt des Dünndarms. Er ist C-förmig und umschließt somit den Kopf der Bauch-speicheldrüse. In das Duodenum mündet der Ausführungsgang der Vater´schen Papille, worüber Säfte der Bauchspeicheldrüse, der Milz sowie der Leber abgegeben werden. Die Aufgabe des Duodenums besteht darin, den Speisebrei zu durchmischen und weiter in das anschließende Jejunum zu transportieren. Das Jejunum befindet sich größtenteils im linken Oberbauch, grenzt an Milz, Bauchspeicheldrüse, linke Niere sowie den Dickdarm und geht fließend in das Ileum über. Die Aufgaben des Jejunums und teilweise des Ileums bestehen darin, den Speisebrei aus dem Duode-num zu verdauen und Eiweiße, Kohlen-hydrate, Fette, Vitamine und Wasser je nach Bedarf in den Körper zurück zu resorbieren (vgl. Menche, N. (2007), S. 296). Die Wasserresorption gehört größten-teils zum Aufgabengebiet des Dick-darms, weshalb der Speisebrei bei der Anlage eines Ileostomas dünn bis breiig ist (vgl. Trebsdorf,M. (2006), S. 256). Aufgrund der Falten, Einstülpungen (Krypten) und Ausstülpungen (Zotten) in der Schleimhaut wird dem Jejunum und dem Ileum ermöglicht, sich je nach Menge des Speisebreies, um 200 Quadratmeter zu vergrößern. Zum Ende des Ileums werden die Falten, Krypten und Zotten immer weniger. Dafür ist das Ileum reich an Lymphfollikeln – sogenannten Peyer-Plaques, deren

Aufgabe die Abtötung der Krankheits-erreger ist. Der Transport des Speise-breies erfolgt durch unterschiedliche Bewegungen, zum einen durch die Eigenbewegung der Zotten. Diese werden vom Nervenfasergeflecht der Darmschleimhaut (Plexus submucosus) gesteuert und ermöglichen somit eine Verbesserung des Kontaktes zwischen Speisebrei und Epithel.Eine weitere Bewegungsart ist die Mischbewegung, die durch Dehnung der Dünndarmwand aktiviert wird. Dabei kommt es zu rhythmischen Einschnürungen der Muskulatur sowie zu Pendelbewegungen. Ebenfalls wird der Speisebrei durch peristaltische Bewegungen weiter befördert.Diese drei Bewegungen der Dünndarm-wand geschehen automatisch und sind nicht willkürlich beeinflussbar (vgl. Menche, N. (2007), S. 297). Die Blutversorgung findet durch die obere Gekrösearterie (Arteria mesente-rica superior) statt. Der Abtransport vom sauerstoffarmen Blut erfolgt durch die Gekrösevene (Vena mesenterica) über die Leber in den Pfortaderkreis-lauf. So können eventuelle Giftstoffe in der Leber zuerst abgebaut werden, bevor sie in den Blutkreislauf gelangen (vgl. Trebsdorf, M. (2006), S. 242-243). Nachdem die Anatomie und Physiologie des Dünndarms erläutert wurden, folgen nun die Grundlagen zum Dünndarmstoma (Ileostoma).

5.3.2. Grundlagen zum Ileostoma

Als Ileostoma wird die Ausleitung des Ileums im rechten Unterbauch bezeich-net (vgl. Wiesinger, G., Stoll-Salzer, E. (2012), S. 33). Ein Ileostoma kann auf zwei Arten angelegt werden, entwederendständig oder doppelläufig. Bei einer endständigen Ileostomaanlage wird der komplette Dickdarm entfernt und es besteht keine Möglichkeit, die physio-logische Kontinenz wieder herzustellen. Die doppelläufige Ileostomie wird auch als Schutz- oder Entlastungsstoma betitelt und weist größtenteils eine ovale Form auf. Bei dieser Operation wird eine Dünndarmschlinge freipräpa-riert und die Vorderseite durchtrennt, so dass zwei Öffnungen entstehen. Dabei ist zu beachten, dass ausschließ-lich ein Darmschenkel Stuhl produziert, da der Zweite stillgelegt ist. Bei dem zweiten, stillgelegten Darmschenkel kann es möglicherweise weiterhin zu

Page 13: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis13

kleinen Stuhl- beziehungsweise Schleimabsonderungen kommen, die dann über den After ausgeschieden werden. Das Ziel eines doppelläufig angelegten Ileostomas ist es, die nachkommenden Darmabschnitte sowie eventuelle Darmnähte zu schützen, um eine potentielle Rückver-legung zu ermöglichen. Ein ideales Ileostoma ist gut durchblutet, rot und ragt ungefähr 2-4 cm über das Hautniveau. Diese Eigenschaften sind äußerst wichtig, um zum einen die umliegende Haut vor aggressiven, dünnflüssigen Stuhlausscheidungen zu schützen, sowie zum anderen das ungehinderte Abfließen in den Ileosto-maversorgungsbeutel zu gewährleisten. Wie bereits in der Anatomie und Physiologie des Dünndarms erwähnt, gehört es nicht zu den Aufgaben des Dünndarms, den Stuhlgang einzudi-cken. Daher entleert sich der dünnflüs-sige bis breiige Stuhl kontinuierlich über den ganzen Tag. Schon allein diese Tatsache zeigt deutlich auf, wie wichtig eine passende, dichte Stoma-versorgung für die umliegende Haut ist (vgl. Deutsche ILCO e.V.: Ileostomie – künstlicher Darmausgang). Für die Anlage einer Ileostomie gibt es verschiedene Indikationen, die folgend aufgezählt und erläutert werden (vgl. Wiesinger, G., Stoll-Salzer, E. (2012), S. 34):

• Schutz- oder Entlastungsstoma

Mit Hilfe eines Schutz- oder Entlas-tungsstomas sollen die folgenden Darmabschnitte geschützt und entlas-tet werden. Diese Stomaanlage wird notwendig, wenn eine sphinktererhal-tende tiefe Rektumresektion durchge-führt wurde, was heißt, dass in diesem Fall Abschnitte aus dem Dickdarmentfernt werden, aber der Schließmus-kel erhalten bleibt. Der Schließmuskel ist äußerst wichtig, um bei einer eventuellen Rückverlegung des Ileostomas einer Stuhlinkontinenz vorzubeugen. Ein Schutz oder Entlas-tungsstoma wird ebenfalls häufig in der Notfallchirurgie, aufgrund von Traumata, angelegt (vgl. Klinik, C.D. et al (2010)).

• Familiäre Polyposis

Aufgrund einer erblichen Erkrankung bilden sich bei der familiären Polyposis unzählige Polypen (Schleimhautvorwöl-

bung) im Dickdarm. Hierbei besteht die große Gefahr der Entartung, weshalbteilweise schon prophylaktisch be-stimmte Abschnitte oder sogar der gesamte Dickdarm entfernt werden. Ist es bei dieser Operation nicht möglich, den Schließmuskel zu erhalten, erhält der Betroffene ein Ileostoma (vgl. Deutsche ILCO e.V.: Familiäre Polyposis).

• Morbus Crohn

Beim Morbus Crohn kann es zu entzündlichen Veränderungen des gesamten Verdauungstraktes kommen. Eine Ileostomaanlage wird notwendig, wenn beispielsweise die Entzündungs-prozesse am Ende des Dickdarms den Schließmuskel zerstören oder es zu hochgradigen Fistelbildungen (unna-türliche, röhrenförmige Verbindung zwischen einem Hohlorgan und der der Körperoberfläche) kommt. Sind aber nur begrenzte Darmabschnit-te entzündet und der Schließmuskel ist intakt, wird dem Betroffenen lediglich ein Schutz- oder Entlastungsstoma gelegt. (vgl. Deutsche ILCO e.V.: Chronisch entzündliche Darmerkran-kungen).

• Colitis ulzerosa

Anders als beim Morbus Crohn ist bei der Colitis ulzerosa ausschließlich der Dickdarm von chronischen Entzündun-gen befallen. Auch hier ist es entschei-dend, ob die Entzündungen denSchließmuskel beeinflussen und ihn somit funktionsunfähig machen. Bei bereits fortgeschrittenen Entzün-dungen kann durch die Entfernung des Dickdarms und die Anlage eines Ileostomas von einer Heilung gespro-chen werden (vgl. Deutsche ILCO e.V.: Chronisch entzündliche Darmerkran-kungen).

Bei all diesen Indikationen muss nicht zwangsläufig ein Ileostoma angelegt werden. Je nach Grad der Erkrankung entscheidet der behandelnde Arzt im Zusammenschluss mit dem Betroffe-nen, welches die beste Option ist. Erhält der Betroffene aufgrund einer der genannten Erkrankungen ein Ileostoma, muss er mit den grundle-genden Informationen vertraut gemacht werden. Der folgende Unterpunkt soll daher aufzeigen, welche Anforderungen an

die heutigen Stomaversorgungssysteme gestellt werden.

5.3.3. Anforderungen an moderne Stomaversorgungssysteme

Die Aufgabe einer Stomatherapeutin besteht darin, für jeden Patienten die passende, optimale Stomaversorgung zu finden. Dies kann nur dann gewähr-leistet werden, wenn sie alle auf dem Markt vorhandenen Stomaversorgun-gen kennt. Jedoch sind nicht nur an die Stomathe-rapeutin hohe Anforderungen gestellt, sondern ebenso an die Stomaversor-gungssysteme. Diese Anforderungen werden im Folgenden genannt:

• hautschonend und hautverträglich• individuell anpassbar• abdichtend, weich, anschmiegsam,

flexibel• knisterarm• hoher Tragekomfort• in unterschiedlichen Größen und

Ausführungen erhältlich• diskret• geruchssicher• belastbar bei Kontakt mit aggressiven

Ausscheidungen oder Wasser

(vgl. Gruber, G., Droste, W. (2009), S. 30-31)

Nur, wenn diese Kriterien erfüllt werden, sollte ein Produkt für den Patienten in Erwägung gezogen werden. Der nächste Punkt, welcher für eine Stomatherapeutin äußerst wichtig ist, ist die Kenntnis über die verschiedenen Systemvarianten (vgl. Gruber, G., Droste, W. (2009), S. 30-31).

5.3.4. Systemvarianten

Für die Versorgung eines Stomas stehen zwei Systemvarianten zur Verfügung, die sogenannten einteiligen und zweiteiligen Systeme. Ein einteiliges Stomaversorgungssytem besteht aus einer Hautschutzplatte, die direkt mit dem Stomabeutel verbunden ist. Anders ist es beim zweiteiligen System, hier ist die Hautschutzplatte vom Stomabeutel getrennt. Die folgende Tabelle soll die unterschiedlichen Ausführungen der jeweiligen Stoma-versorgungssysteme schematisch darstellen.Die Tabelle verdeutlicht, dass bei den

Page 14: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis Pflegepreis14

einteiligen wie auch zweiteiligen Stomaversorgungssystemen kaum Unterschiede zu verzeichnen sind. Der Rastring ist ein Zusatz, den die zweiteilige Stomaversorgung aufweist, da über ihn der Stomabeutel mit der Basisplatte verbunden wird. Derzweite Unterschied ist die Häufigkeit des Versorgungswechsels, welcher aufgrund der Zusammensetzungen des Hautschutzes auf den Hautschutzplat-ten bestimmt wird. Die Hautschutzplatten weisen eine hydrokolloide Wirkung auf, was bedeutet, dass sie die physiologischen Funktionen der Haut unterstützen und einen hohen Anteil an der Abdichtung der Stomaversorgung haben. Die Hauptbestandteile sind Gelatine, Pektin, Carboxylcellulose sowieBaumwollfasern. Die zweiteilige Stomaversorgung kann auf Grund des stärker ausgeprägten Hautschutzes länger auf der Haut verbleiben. Ein weiteres Kriterium, wonach die optimale Stomaversorgung ausgewählt werden sollte, sind die unterschiedli-chen Beutelformen. Hierbei wird ingeschlossene und ausstreifbare Stomabeutel sowie Urostomiebeutel unterschieden. Die geschlossenen Beutel sind beson-ders für Betroffene mit einem Dick-darmstoma (Colostoma) geeignet. Sie müssen je nach Menge des Stuhl-gangs komplett gewechselt werden und besitzen einen integrierten Aktivkohle-filter. Anders ist es bei den Ausstreif-beuteln, die je nach Füllmenge amunteren Ende des Beutels entleert

werden können, ohne dass ein kom-pletter Wechsel erforderlich wird. Sie besitzen ebenfalls einen integrier-ten Aktivkohlefilter. Die Ausstreifbeutel eignen sich für Dünndarmstomapatien-ten (Ileostoma), aber auch für Colosto-maträger, welche breiige sowieunregelmäßige Stuhlgänge aufweisen. Die Urostomabeutel sind ausschließlich für Betroffene mit einem Urinstoma (Urostoma) zu verwenden. Sie besitzen eine integrierte Rücklaufsperre, einenAblasshahn sowie eine Verbindungs-möglichkeit für die passenden Ablei-tungssysteme. Je nach Belieben des Patienten können alle Beutelformen in transparent oder beige zur Verfügung gestellt werden. Aufgabe einer Stoma-therapeutin ist es ebenfalls, individuell benötigte Hilfsmittel sach- undfachgerecht zu erklären und einzuset-zen (vgl. Gruber, G., Droste, W. (2009), S. 31-32).

5.3.5. Hilfsmittel

Zu den vielfältigen Hilfsmitteln in der Stomatherapie zählen Adhäsivprodukte, Hautpflegemittel, Stomagürtel, Filterabdeckplättchen, Deodorantien, flüssigkeitsbindene Hilfsmittel, wie auch Stomabandagen. Folgend werden die soeben genannten Hilfsmittel kurz erläutert.

Adhäsivprodukte sind „hautfreundliche Materialien, die sehr gut abdecken und entzündete Hautreizungen zur Regene-ration anregen“ (Wiesinger, G., Stoll-Salzer, E. (2012), S. 165). Beispiele

hierfür sind Stomaringe, Stomapasten oder auch Stomapulver. Zu den moder-nen Hautpflegemitteln zählen Salben, getränkte Tücher, Sprays, Gele und Pasten. Wichtig ist zu wissen, dass neuangewendete Hautpflegemittel zuerst auf einer geeigneten Stelle, beispiels-weise am Unterarm, getestet werden sollten, da diese Allergien auslösen können. Die Nutzung von ausschließlichfettfreien Hautpflegemitteln ist äußerst wichtig, um eine negative Beeinflussung der Haftfähigkeit zu vermeiden. Der Stomagürtel besteht aus haut-freundlichen sowie elastischen Materia-lien und dient der zusätzlichen Fixierung von Stomaversorgungen. Die Filterab-deckplättchen sind kleine Aufkleber,mit denen vor dem Duschen oder Baden der Aktivkohlefilter abgeklebt wird. Der Aktivkohlefilter ermöglicht das Entwei-chen von Darmgasen der, wenn er in Berührung mit Wasser kommt, zumFunktionsverlust führt. Heutzutage muss dieser Vorgang nicht mehr bei allen Stomaversorgungen durchgeführt werden, darüber geben die entsprechen-den Hersteller Auskunft. Die Deodoran-tien dienen ausschließlich der Geruchs-bindung, die in Form von Tabletten, Stäbchen, Pulver oder Sprays in den Stomabeutel gegeben werden. Ebenso wie die Deodorantien werden dieflüssigkeitsbindenden Hilfsmittel in den Stomabeutel hineingegeben. Deren Aufgabe besteht darin, die Ausscheidungen anzudicken, um ein Überschwappen beim Stomaversor-gungswechsel zu verhindern. Zusätzlich wirken sie, wie die Deodoran-

Ausführungen

Hautschutz

Form der Haut-schutzplatte

Individuelle Größenanpassung

Rastring

Versorgungs-wechselintervall

Einteiliges Stomaversorgungssystem

durchgehender Hautschutz oder in Kombination mit einer Haft- oder Klebefläche

plan, leicht konvex, konvex

ausschneidbar, vorgefertigt oder modellierbare Öffnung der Hautschutzplatte

kein Rastring

geschlossene Stomaversorgungssysteme: mind. 1x am Tag / ausstreifbare Stomaversorgungs-syteme: mind. 1x am Tag

Zweiteiliges Stomaversorgungssystem

durchgehender Hautschutz oder in Kombination mit einer Haft- oder Klebefläche

plan, leicht konvex, konvex

ausschneidbar, vorgefertigt oder modellierbare Öffnung der Hautschutzplatte

untergreifbar, fest an der Hautschutzplatte oder ohne Rastringverschluss dafür werden Hautschutzplatte und Stomabeutel mittels Klebeverschluss verbunden

Hautschutzplatte kann bis zu 2-3 Tagen auf der Hautverbleiben, den Stomabeutel dennoch 1x täglich wechseln

Tabelle 2: Unterschiede zwischen einteiligen und zweiteiligen Stomaversorgungssytemen

(vgl. Gruber, G., Droste, W. (2009), S. 31)

Page 15: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis15

Im folgenden Unterpunkt werden die wesentlichen Merkmale zur Reinigung der peristomalen Haut erläutert.

5.3.7. Pflege der peristomalen Haut

Die Gesunderhaltung der peristomalen Haut kann durch eine gründliche Pflege beziehungsweise Reinigung gewährleis-tet werden. Um dieses signifikante Ziel zu erreichen beziehungsweise zu erhalten, müssen folgende Grundregeln beachtet werden.

An erster Stelle steht die Verwendung von Einmalmaterialien bei der Reinigung der peristomalen Haut, um Brutstätten für Bakterien, beispielsweise durch einen Waschlappen, zu vermeiden. Diese Einmalmaterialien müssen weich und saugfähig sein. Auf Materialien wie Zellstoff, Einmaltaschentücher oder Papiertaschentücher sollte verzichtet werden, da diese stark fusseln undso ihre Spuren auf der peristomalen Haut hinterlassen. Desweiteren ist der Verzicht von Pflegehilfsmittel wie Waschbenzin, Öl, Pflegeschaum oder Enthaarungscreme zu empfehlen, um ein frühzeitiges Ablösen der Stomaver-sorgung oder auch Hautschäden zu vermeiden. Die Stomaumgebung sollte lediglich mit warmem Wasser gereinigt werden. Eine zusätzliche Verwendungvon Waschzusätzen, wie beispielsweise Duschgel oder Seife, ist nicht erforder-lich, ausschließlich kann bei Bedarf ph-neutrale sowie parfümfreie Seife verwendet werden. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Stomaumgebung komplett trocken, ist bevor eine neue Stomaver-sorgung geklebt wird. Andernfalls kann es zu einer vorzeitigen Ablösung kommen. Ebenso zählt zur Pflege der peristomalen Haut die regelmäßige Enthaarung. Hierbei ist die Verwendung von Einmalrasierern zu empfehlen. Die Rasur hat einen hohen Stellenwert, da sie ein Ausreißen der Behaarung beim Stomaversorgungswechsel vermeidet. (vgl. Wiesinger, G., Stoll-Salzer, E. (2012), S. 74). Werden diese einzelnen Grundregeln bei jedem Versorgungswechsel eingehalten, können so einige Komplikationenverhindert werden.

Im nächsten Unterpunkt geht es um das Thema der Ernährung. Ernährungsemp-fehlungen sind von großer Bedeutung, da gerade dabei, die größten Ängste und

Bedenken seitens der Patienten auftre-ten.

5.3.8. Ernährungsempfehlung für Ileostomaträger

Nach einer Ileostomaanlage muss der Patient keine spezielle Diät einhalten. Trotzdem sollte sich jeder Ileostomaträ-ger darüber im Klaren sein, dass er, aufgrund der flüssigen bis breiigenAusscheidung, sehr viel Flüssigkeit verliert. Ein Flüssigkeitsausgleich durch eine orale Zufuhr von ungefähr 2 Litern pro Tag sollte das angestrebte Ziel sein. In der ersten Zeit ist es hilfreich, einErnährungsprotokoll zu führen, um die Verträglichkeit verschiedenster Lebens-mittel herauszufinden. Hierbei werden das Nahrungsmittel sowie die dement-sprechende Stuhlkonsistenz und –häu-figkeit vermerkt. Desweiteren gibt es grundlegende Ernährungshinweise, die folgend genannt werden:

1. Nahrungsmittel gut kauen2. Zeit nehmen zum Essen3. 5-6 kleine Mahlzeiten über den Tag

verteilt4. Faserreiche Nahrungsmittel, die

zum Darmverschluss führen können sind beispielsweise Spargel, Pilze oder Ananas

5. Blähende Lebensmittel: frisches Obst, Kohl, Zwiebeln, kohlensäure-haltige Getränke

6. Blähungshemmemde Lebensmittel: Joghurt, Preiselbeeren, Kümmel

7. Geruchserzeugende Lebensmittel: Eier, Fisch, Knoblauch, Zwiebeln, Spargel, Bohnen

8. Geruchshemmende Lebensmittel: Blaubeeren, grüner Salat, Joghurt, Preiselbeeren

9. Abführende Lebensmittel: Cola, Bohnen, Kaffee, Zucker, Kohl, scharfe Gewürze, Erbsen

10. Stopfende Lebensmittel: Bananen, Kartoffeln, dunkle Schokolade, Schwarztee, Weißbrot

11. Milchprodukte beeinflussen die Stuhlkonsistenz

12. Letzte Mahlzeit nicht zu spät zu sich nehmen, um nächtliche Entleerungen des Stomabeutels zu vermeiden

13. 1,5 – 2 Liter Trinkmenge pro Tag14. 30 Minuten nach den Mahlzeiten

erst wieder trinken, um eine bestmögliche Aufbereitung der

Nahrungsmittel zu gewährleisten15. Medikamenteneinnahme mit dem

tien, geruchsbindend. Die Stomabanda-gen sind elastisch und werden individu-ell, beispielsweise von einem Sanitätshaus, angepasst. Das Tragen dieser Bandage wird empfohlen, um die Bauchwand zu unterstützen und einer Hernie vorzu-beugen (vgl. Wiesinger, G., Stoll-Salzer, E. (2012), S. 164-168). Die Hernie ist eine von vielen Stoma-komplikationen, welche eine Stomathe-rapeutin rechtzeitig erkennen muss, um entsprechend handeln zu können. Im nächsten Unterpunkt wird auf die Stomakomplikationen näher eingegan-gen.

5.3.6. Stomakomplikationen

Die Stomakomplikationen gliedern sich in Früh- und Spätkomplikationen. Frühkomplikationen können bereits kurz nach einer Stomaanlage auftreten, Spätkomplikationen erst nach Jahren. In der folgenden Tabelle werden die Früh- und Spätkomplikationen erwähnt.

Tabelle 3: Stomakomplikationen

Frühkomplikationen

° Kontaktekzem° Hautirritation° Hautmazeration° Follikulitis° Stomaretraktion° Pararstomaler Abszess° Pyoderma gangraenosa° Ichthyose° Stomablutung° Stomanekrose° Postoperatives Stomaödem

Spätkomplikationen

° Pseudoepitheliale Hyperplasie° Stomaprolaps° Parastomale Hernie° Stomablockade beim Darmkonduit° Urinkristallbildung (beim Urostoma)

(vgl. Wiesinger, G., Stoll-Salzer, E.(2012), S. 110,117)

Wenn es darum geht, diese Komplikatio-nen rechtzeitig zu erkennen sowie fachlich richtig einzuschätzen, sollte eine Stomatherapeutin jede dieser definieren können. Nur mit diesenKenntnissen ist es möglich, ein Stoma sach- und fachgerecht einzuschätzen und dementsprechend zu handeln.

Page 16: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis Pflegepreis16

Arzt besprechen, da die Resorption einiger Tabletten erst im Dickdarm stattfindet

(vgl. Wiesinger, G., Stoll-Salzer, E. (2012), S. 140)

Es ist die Aufgabe einer Stomatherapeu-tin, jeden Ileostomapatienten über die Ernährungshinweise aufzuklären. Diese sollen lediglich Empfehlungen für die Betroffenen sein.Nach der nun durchgeführten Sachana-lyse sind die Grundlagen gelegt, um mit dem nächsten Schritt der Mikroschulun-gen fortzufahren - der Beschreibung des Schulungsablaufs.

5.4. Schulungsablauf

Bevor die Schulung begann, wurde mit Herrn und Frau G. ein ausführliches Erstgespräch geführt. Dies war von großer Bedeutung, da

• es eine vertrauensvolle Basis schaffte,• deren Haltung bezüglich der Schulun-

gen eingeschätzt werden konnte,• das vorhandene Wissen bezüglich

seines Ileostomas eingeschätzt werden konnte,

• die ersten Zielvereinbarungen notiert werden konnten und

• alle aufgekommenen Fragen beant-wortet wurden.

Durch dieses Gespräch verlor Herr G. seine Unsicherheit, da er nun wusste, was Inhalt der folgenden Mikroschulun-gen sein wird.

5.4.1. Vorwissen und Haltung von Herrn G.

Herr G. sah ein bis zweimal bei dem Wechsel seiner Stomaversorgung im Krankenhaus zu und bekamerstmalig die einzelnen Schritte dessen erklärt. Da jedoch sein Allgemeinzustand nach der Operation reduziert war, konnte er aus der Anleitung im Kran-kenhaus nichts Lehrreiches mitnehmen. Nach dem Krankenhausaufenthalt bekam Herr G. nicht sofort einen Platz in der Reha-Klinik, was bei dem Ehepaar große Bedenken verursachte. Herr G. war mit dem Wechsel seiner Stomaver-sorgung keineswegs vertraut, weshalb die Übergangszeit zu Hause für beide eine echte Qual war. Keine Versorgung hielt länger als fünf Stunden und das Erythem, welches sich auf der parasto-

malen Haut befand, breitete sich immer weiter aus. Als Herr G. seinen Reha-Klinik-Aufenthalt antrat, wirkte er emotional sehr angespannt und freute sich über fachliche Hilfe. Herr und Frau G. wollten alles zu dem Thema Ileosto-ma wissen, waren hoch motiviert und sehr interessiert.

5.4.2. Festlegung der Zielvorstellun-gen sowie Zusammenstellung des Schulungsmaterials

Wie bereits im Punkt 2.4. Erstellen einer Mikroschulung erwähnt, ist die Festle-gung des Richtziels sowie der Feinziele ein wichtiger Teil, der vor Beginn einer Mikroschulung mit dem Patientenbesprochen werden muss. Bereits in dem ersten Gespräch mit Herrn G. konnten diese Ziele schriftlich festgehalten werden. Im Punkt 5.1. Vorstellung des Patienten wurden bereits mehrereZielvorstellungen von Herrn G. genannt. Da es hierbei ausschließlich um sein Ileostoma ging, lautete das Richtziel von Herrn G.: Selbstständige Versorgung seines Ileostomas sowie das rechtzeitigeErkennen von Komplikationen bis zum Ende des Rehaklinikaufenthaltes. Die Feinziele wurden von Mikroschulung zu Mikroschulung gemeinsam mit dem Patienten neu formuliert. Herrn G. war es in der ersten Mikroschulung wichtig, über Grundlagen zum Thema Ileostoma informiert zu werden.Aufgrund seines Interesses wurde ihm vorab ein allgemeiner Ileostomaratgeber ausgehändigt. Die angehende Pflegeex-pertin für Stoma-Inkontinenz-Wunde erarbeitete Handouts für die jeweiligenMikroschulungen, welche im Anhang ersichtlich sind. Alle Informationen für die Handouts stammen aus Fachbüchern und die Bilder aus dem Internet. Zusätzlich wurden für die visuelle Wahr-nehmung Bilder, Lehrtafeln und auch Abbildungen verwendet.

5.4.3. Mikroschulungstag 1

Herr G., seine Ehefrau und die angehende Pflegeexpertin für Stoma-Inkontinenz-Wunde trafen sich, wie vereinbart, im Stomaraum zu der ersten Schulungsein-heit. Für die Schulungseinheiten wurde von der Terminplanung eine Zeitspanne von 30 Minuten eingeplant. Am ersten Schulungstag ging es darum, Herrn G. über die Grundlagen zu seinem Ileostoma aufzuklären. Dieses Gespräch beinhaltete:• Definition zum Ileostoma

• Erläuterung zur veränderten Anatomie• Erläuterung zur doppelläufigen

Ileostomaanlage.

Das Richtziel, welches mit dem Patien-ten am Vortag notiert wurde und für die gesamten Mikroschulungen galt, lautete:

Selbstständige Versorgung seines Ileostomas sowie das rechtzeitige Erkennen von Komplikationen bis zum Ende des Rehaklinikaufenthaltes.

Die Feinziele, die ebenfalls am Vortag besprochen wurden, lauteten wie folgt:

• Herr G. weiß, was ein Ileostoma ist.• Herr G. weiß, warum sein Ileostoma

dünnen Stuhl produziert.• Herr G. versteht, was eine doppelläufi-

ge Ileostomaanlage bedeutet.

Herr G. wusste bereits, dass sein Ileostoma auch als Dünndarmstoma bezeichnet wird, konnte sich aber nicht erklären, warum es permanent dünne Stühle ausscheidet. Nachdem ihm die folgende Definition vorgelesen und diese nochmals mit ihm besprochen wurde verstand Herr G., was das WortIleostoma im Ganzen bedeutet. Eine Ileostomie ist eine operativ geschaffene Verbindung zwischen dem Dünndarm und der äußeren Haut. Es dient der Ableitung von Stuhl. (vgl. Schewior-Popp, S., Sitzmann, F., Ullrich, L. (2009), S. 1013). Um die Anatomie verständlich zu erläutern, kamen Bücher und anatomi-sche Lehrbilder zum Einsatz. Herrn G. wurde erklärt, dass es die Aufgabe des Dickdarms ist, den Stuhl einzudicken. In seinem Fall aber ist die Passage zwi-schen Dünn- und Dickdarm unterbro-chen, aufgrund dessen sei der Stuhl in seinem Stomabeutel so flüssig. Ebenfalls kam die doppelläufige Ileostomaanlage zur Sprache. Herr G. wusste, dass eine eventuelle Rückverlegung des Darms für ihn eine Option wäre, da bei ihm nur ein Teil des Dickdarms entfernt wurde. Da sich Herr G. jedoch nicht auf die Rückverlegung seines Ileostomas versteifen wollte, war die selbstständigeVersorgung sein Ziel. Herr und Frau G. waren sehr motiviert und aufmerksam. Aufkommende Fragen von Herrn G. und seiner Ehefrau wurden immer sofort beantwortet, um Unklarheiten gar nicht erst entstehen zu lassen. Das für diese Mikroschulung angefertigte Handout

Page 17: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis17

erhielt Herr G., um sich bei Bedarf die Schulungsinhalte nochmals durchlesen zu können und eventuell daraus resultierende Fragen bei der nächsten Schulungseinheit zu stellen. Zum Schluss dieser ersten Mikroschulungkonnte Herr G. gestellte Fragen zu den soeben geschulten Themen richtig beantworten. Der Wechsel der Ileosto-maversorgung erfolgte ausschließlich durch die angehende Pflegeexpertin, da es sonst zu einer Überforderung des Patienten hätte kommen können. Der Grundgedanke bei diesen Mikroschulun-gen bestand darin, Herrn G. zuerst mit den theoretischen Grundlagen vertraut zu machen und danach mit ihm den Stomaversorgungswechsel zu üben. Das Feedback von Herrn und Frau G. war, dass sie mit der ersten Mikroschulung äußerst zufrieden waren und sie den nächsten Tagen zuversichtlich entgegen sahen. Die Dokumentation erfolgte in einem für diese Mikroschulungen angefertigtem Einschätzungs- und Dokumentationsbogen, der unter Punkt 5.5. erläutert wird.

5.4.4. Mikroschulungstag 2

Auch am zweiten Schulungstag trafen sich Herr und Frau G. sowie die angehende Pflegeexpertin, nach Absprache, im Stomaraum. Herr G. fühlte sich an diesem Tag etwas geschwächt, da ihn die vielen, neuen Therapien körperlich belasteten. Vor Beginn der nächsten Mikroschulung wurde sich nach eventuell aufgetrete-nen Fragen zur gestrigen Mikroschu-lung erkundigt. Da Herr und Frau G. keine Fragen bezüglich der vorangegangenen Themen hatten, war nun der nächste Schritt, die folgenden Feinziele für den zweiten Schulungstag gemeinsam zu formulieren:

• Herr G. kennt mögliche Komplikatio-nen bezüglich seines Ileostomas.

• Herr G. kennt vorbeugende Maßnah-men.

• Herr G. weiß, worauf er bei der Ernährung achten muss.

Demzufolge lauteten die Themen für diese Mikroschulung:

• Stomakomplikationen sowie deren Vorbeugung

• ErnährungDamit Herr G. die verschiedensten

Komplikationen nicht nur mit seiner auditiven Wahrnehmung zur Kenntnis nahm, kamen zusätzlich zahlreiche Bilder zum Einsatz. Um eine Überforde-rung des Patienten zu vermeiden, wurden ausschließlich die wichtigsten Komplikationen besprochen. Diesewaren das Kontaktekzem, die Hautma-zeration, die Pilzinfektion, die Haarbalg-entzündung, die Retraktion, die Nekrose, der Prolaps und die Hernie. Zu jeder Komplikation wurden gleich dieentsprechenden Prophylaxen bespro-chen. Herr G. äußerte, dass es für ihn sehr schwierig werden wird, seiner Ehefrau nicht mehr beim Tragen der Einkäufe helfen zu können. Die ange-hende Pflegeexpertin versuchte Alterna-tiven aufzuzeigen, wie beispielsweise statt 6 x 1,5l Wasserflaschen nur die 6 x 0,5l Wasserflaschen zu kaufen. Herr G. verstand die Denkweise und war einsichtig. Das Thema Ernährung war Herrn G. besonders wichtig. Hierbei hatte er große Bedenken, da es seineSchlussfolgerung war, auf vieles verzichten zu müssen. Anhand des ausgehändigten Ileostomaratgebers sowie intensiver Gesprächsführung erkannte Herr G., dass sein Alltag auch in Zukunft realisierbar ist. Empfehlens-wert wäre, folgende Hinweise bezüglich der Ernährung unbedingt zu beachten:

• 5-6 kleine Mahlzeiten am Tag• Gründlich kauen• 2l pro Tag trinken• Führen eines Ernährungstagebuch• Blähende Lebensmittel: Frisches Obst,

Hülsenfrüchte, Kohl, kohlensäurehalti-ge Getränke, Zwiebeln, Pilze, Eier

• Abführende Lebensmittel: Cola, fette Speisen, Kaffee, Zucker

• Geruchserzeugende Lebensmittel: Eier, Zwiebeln, Fisch, Hülsenfrüchte, Knoblauch, Spargel

• Stopfende Lebensmittel: Bananen, schwarzer Tee, dunkle Schokolade, fein geriebener Apfel

• Spargel und Apfelsine sehr gut schälen und nur in Maßen verzehren

• Alkohol kann zu vermehrter Ausschei-dung führen

Jeder einzelne Punkt wurde mit Herrn und Frau G. besprochen. Die angehende Pflegeexpertin betonte vor allem die Trinkmenge von 2 Litern pro Tag. Dabei wurde Herrn G. erklärt, dass aufgrundder flüssig bis breiigen Stuhlausschei-dung der Körper sehr viel Flüssigkeit verliert. Diese muss mit Hilfe einer festen

Trinkmenge von ungefähr 2 Litern ausgeglichen werden, da es sonst schnell zu einer Austrocknung des Körpers kommen kann. Herr und Frau G. waren sehr erleichtert und nahmen die Hin-weise gern an. Das Führen eines Ernäh-rungstagebuchs sollte Herrn G. eine Hilfestellung bieten, um herauszufinden, wie seine Stuhlausscheidungen auf bestimmte Nahrungsmittel reagieren.Am Ende der zweiten Mikroschulung wurde das entworfene Handout ausgehändigt und nochmals mit einer kleinen Zusammenfassung besprochen. Da keine Fragen mehr offen waren, legten wir den nächsten Schulungster-min sowie die folgenden Schulungsthe-men fest. Gleich im Anschluss erfolgtedie Dokumentation durch die angehende Pflegeexpertin.

5.4.5. Mikroschulungstag 3

Auch der dritte Schulungstag zwischen Herrn G. und der angehenden Pflegeex-pertin erfolgte im Stomaraum. Frau G. war an diesem Tag aufgrund von Behandlungen verhindert. Heute ging es Herrn G. körperlich besser und er wirkte sehr motiviert. Die letzten beiden theoretischen Themen für die dritte Mirkoschulungseinheit waren:

• Stomaversorgungssysteme• Hautreinigung

Demzufolge lauteten die vereinbarten Feinziele:

• Herr G. erkennt die Vor- und Nachteile von zweiteiligen und einteiligen Stomaversorgungen.

• Herr G. weiß, worauf er bei der Reinigung seines Ileostomas achten muss.

Da das Ileostoma von Herrn G. schon mit einer einteiligen Stomaversorgung versorgt war, kannte er dieses System bereits. Um einen besseren Unterschied zwischen den einteiligen und zweiteili-gen Stomaversorgungen aufzuzeigen, wurden die jeweiligen Versorgungen vor Herrn G. ausgebreitet und mit ihm besprochen. Herr G. verstand die Gegensätzlichkeiten ziemlich schnell und entschied, bei der einteiligen Ileostomaversorgung zu verbleiben. Auf die Frage, was für die Reinigung der umliegenden Haut benötigt wird, konnte Herr G. schon einiges antworten. Er wusste, dass ausschließlich Einmal-

Page 18: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis Pflegepreis18

materialien verwendet werden sollten, um die Keimbelastung der Haut so gering wie möglich zu halten. Ebenso wusste er, dass Salben oder Cremes zu einem Nichthalten der Stomaversorgungführen können. Die angehende Pflegeex-pertin war über das bereits vorhandene Wissen sehr erfreut.Zusätzlich wurden Herrn G. weitere Hinweise mitgeteilt:

• Einmalmaterialien (z.B. Kompressen) sollten weich und saugfähig sein

• mittels feuchter Kompresse - Reini-gung kreisförmig von außen nach innen

• festes Reiben oder Wischen vermeiden• mittels Einmalrasierer regelmäßige

Entfernung der Haare um das Stoma• bei leichten Rötungen um das Stoma

Hautschutzspray aufgetragen

Alle diese Materialien lagen vor Herrn G. und konnten ausführlich mit ihm besprochen werden. Herr G. war für diese Erläuterungen sehr dankbar und legt immer mehr Zweifel, die für einenselbstständigen Stomaversorgungs-wechsel sprachen, ab. Auch für diese Mikroschulung erhielt Herr G. ein Handout. In Absprache mit Herrn G. wurde für die nächste Mikroschulung der Stomaversorgungswechsel unter Anleitung vereinbart. Dafür händigte ihm die angehende Pflegeexpertin eine laminierte Checkliste aus, damit er sich auf den Versorgungswechsel vorbereitenkonnte. Herr G. verstand die theoreti-schen Hintergründe und hatte diesbe-züglich keine Fragen.

5.4.6. Mikroschulungstag 4

Herr G. und die angehende Pflegeexper-tin trafen sich zum vierten Schulungs-tag erneut im Stomaraum. Herr G. wirkte etwas nervös, aber wie an den anderen Tagen auch sehr motiviert. Die Feinziele an diesem Schulungstag lauteten:

• Herr G. fühlt sich sicher im Umgang beim Stomaversorgungswechsel.

• Herr G. fühlt sich sicher bei einer eventuell auftretenden Komplikation.

Begonnen wurde mit der Überprüfung der Checkliste auf Verständlichkeit. Da keinerlei Fragen auftraten, konnte der Versorgungswechsel beginnen. Zuerst wurden alle benötigten Materialen aneinem Spiegel bereitgelegt. Daraufhin

stellte sich Herr G. so an den Spiegel, dass er sein Ileostoma ohne Einschrän-kungen einsehen konnte. Herr G. nahm hilfreiche Tipps sehr gern an und bewältigte den Stomaversorgungswech-sel genau nach den Anweisungen auf der Checkliste. Die Entfernung der alten Stomaversorgung, die Reinigung und Inspektion der peristomalen Haut erfolgten ohne Probleme. Die zu Beginn vorhandenen Erytheme waren bereits abgeheilt. Eine Rasur der peristomalen Haut war nicht notwendig. Um die Größe des Ileostomas zu ermitteln erhielt Herr G. eine Schablone, welche die zukünftli-che Pflegeexpertin hielt. Sein Ileostoma wies einen Durchmesser von 25 mm auf, sodass Herr G. die Stomaversorgung nicht zuschneiden musste. Bei der Anlage der neuen Stomaversorgung war Herr G. noch etwas unsicher und erhielt Hilfe-stellung. Im Fazit hat Herr G. den Stomaversorgungswechsel für das erste Mal recht souverän gemeistert. Weder der unwillkürliche Stuhlabgang als auch die angrenzende Wunde störten ihn. Herr G. war sehr froh und erleichtert, als der Stomaversorgungswechsel erfolgreich abgeschlossen war. Herr G. erhielt aufgrund seiner Leistung eine positive Rückmeldung. Auf die Frage, wie sich Herr G. bei dem Stomaversorgungswech-sel fühlte antwortete er, dass er noch etwas unsicher sei, aber die Checkliste und die Anwesenheit der angehenden Pflegeexpertin ihm große Sicherheit verschafften. Zum Schluss wurde der nächste Termin vereinbart und daraufhin folgte die entsprechende Dokumentation.

5.4.7. Mikroschulungstag 5

Am fünften Mikroschulungstag trafen sich Herr und Frau G. sowie die ange-hende Pflegeexpertin im Stomaraum. Herr G. verkündete sehr erfreut, dass seine angelegte Stomaversorgung noch immer hielt. Die Feinziele zu dieser Mikroschulung waren die gleichen wie am Tag vier, da Herr G. am Vortagdie Ziele noch nicht selbstständig erreichte.

• Herr G. fühlt sich sicher im Umgang beim Stomaversorgungswechsel.

• Herr G. fühlt sich sicher bei einer eventuell auftretenden Komplikation.

Am heutigen Schulungstag legte Herr G. seine Materialien selbstständig bereit und begann motiviert, seine alte Stoma-versorgung zu entfernen. Die Versorgung

war nicht durch Stuhl unterwandert und demzufolge die peristomale Haut reizlos. Herr G. reinigte sein Ileostoma und klebte die neue Stomaversorgung auf. Alle dazu gestellten Fragen konnte Herr G. beant-worten. Da das Wochenende vor der Tür stand, wurde Herr G. befragt, ob er sich den Versorgungswechsel selbstständig auf dem Zimmer zutraute. Da Herr G. und seine Ehefrau die Frage bejahten, wurde der nächste Termin für den folgenden Montag vereinbart. Beide bekamen die Information, dass sie sich bei Problemen während des Stomaversorgungswech-sels jederzeit im Pflegebereich melden können. Eine ausreichende Menge an Kompressen, Stomaversorgungen und Müllbeuteln bekam Herr G. mit auf sein Zimmer. Die Dokumentation erfolgte zeitnah.

5.4.8. Mikroschulungstag 6

Als Herr und Frau G. am Montag den Stomaraum mit einem freundlichen Lächeln betraten war das ein gutes Zeichen. Herr G. bewältigte den Stoma-versorgungswechsel am Samstag- und Sonntagmorgen selbstständig. Die angehende Pflegeexpertin schaute sich den Stomaversorgungswechsel noch-mals an und war sehr erfreut, dass sich Herr G. so gut mit der jetzigen Situation arrangiert hatte. Der Stomaversorgungs-wechsel verlief reibungslos, was Herrn G. sehr freute. Nach einem letzten Gespräch wurde gemeinsam beschlossen, dass das Konzept der Mikroschulungen bei Herrn G. als erfolgreich abgeschlossen galt.

5.4.9. Überprüfung der Zielerreichung

Im Fall von Herrn G. war das Konzept der Mikroschulungen sehr erfolgreich. Alle Feinziele sowie sein großes Richtziel wurden erreicht. Mit Hilfe von kleinen Wissenschecks wurde immer wieder ermittelt, ob Herr G. die Themen ver-standen hatte. Ebenso war es von großer Bedeutung, dass wir uns amAnfang einer neuen Mikroschulung stets Zeit für Fragen aus der vorherigen Mikroschulung nahmen. Eine weitere Bestätigung der Zielerreichung war, dass Herr G. den Stomaversorgungswechsel schnell und sicher erlernte.

5.4.10. Fazit

Bei den Mikroschulungen von Herrn G. wurde zuerst die Theorie ausführlich behandelt, bevor es zur eigentlichen

Page 19: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis19

praktischen Tätigkeit überging. Der angehenden Pflegeexpertin war es wichtig, dass der Patient, bevor er praktisch tätig wird, die theoretischen Hintergründe versteht. Ob diese Herangehensweise bei jedem Patienten so erfolgreich ist, ist eher unwahr-scheinlich. Daher ist es bevor Mikro-schulungen geplant werden, enorm wichtig, ein Erstgespräch mit dem Patienten zu führen, um so seine Haltung und seinen Charakter kennen-zulernen. Es ist ratsam, die theoreti-schen Themen mit Hilfe von Bildern, Lehrtafeln oder auch Büchern hervorzu-heben. Bekannt ist, dass es unterschied-liche Lerntypen, die über verschiedene Wahrnehmungskanäle Wissen aufneh-men, gibt.Zu den Wahrnehmungskanälen zählen:

• Auditiv - durch Hören• Visuell - durch Sehen• Kinästhetisch-Haptisch - durch

Anfassen• Olfaktorisch - durch Geruch

• Gustatorisch - durch Schmecken

(vgl. Khalil,A. (2013), S.4)

Je mehr Wahrnehmungskanäle angespro-chen werden, desto höher ist die Wahr-scheinlichkeit, dass die einzelnen Mikro-schulungen bei Patienten einen bleiben-den Eindruck hinterlassen. Bei Herrn G. wurden drei Wahrnehmungskanäle aktiviert - der auditive, der visuelle sowie der kinästhetischhaptische.Zuerst wurden alle genannten Themen mit Herrn G. besprochen, wobei er aktiv zuhörte. Eine visuelle Unterstützung erfolgte mit Hilfe von Bildern und auch Lehrtafeln. Die kinästhetischhaptische Wahrnehmung wurde ausschließlich am Mikroschulungstag drei aktiviert. An diesem Tag konnte Herr G. die verschie-denen Stomaversorgungen, sowie die Utensilien zur Reinigung der peristomalen Haut anfassen und somit die Unterschiede wie auch Merkmale selbst herausfinden.Anhand der Feedbacks von Herrn und Frau G. wurde ersichtlich, dass sie mit der

Entwicklung sowie dem Aufbau der Schulungseinheiten zufrieden waren. Sie schätzten die ruhige, entspannte Atmosphäre und das Fachpersonal, mit dem auftretende Probleme und Fragen jederzeit besprochen werden konnten.Die verwendeten Einschätzungs- und Dokumentationsbögen werden im Anschluss näher erläutert.

5.5. Vorstellung des Einschätzungs- und Dokumentationsbogens

Die Dokumentationsbögen besitzen eine hohe Wertigkeit bei dem Konzept der Mikroschulungen. Sie müssen nach jeder Schulungseinheit ausgefüllt werden, um zum einen eine gewisse Transparenz fürandere Berufsgruppen zu schaffen und zum anderen eine Erfolgs- und Qualitäts-sicherung zu gewährleisten. Im Folgenden ist ein Musterexemplar des für diese Mikroschulungen erstelltenEinschätzungs- und Dokumentations-bogen ersichtlich.Beim Aufbau dieses Einschätzungs- und

Einschätzungs- und Dokumentationsbogen

Patient: Anleitender: Datum:

Alter: körperliche Einschränkungen:

Vorkenntnisse: Bemerkung:

Lerneigenschaften des Patienten: gut mittelmäßig gering Unterstützung durch Angehörige:

Motivation:

Aufnahmefähigkeit: Eventuell zu erwartende Probleme:

Aufmerksamkeit:

Orientierungsgespräch zur Einschätzung des Schulungsbedarfs durchgeführt:

Richtziel für die Mikroschulungen lautet: Feinziele für durchgeführte Schulungseinheit:

Schulungsmaterial ausgegeben:

folgenden Schulungstermin vereinbart:

Datum Dauer Rahmenbedingungen Schulungsinhalte Fazit

Tabelle 4: Einschätzungs- und Dokumentationsbogen

(vgl. Tolsdorf M., Abt-Zegelin, Dr. A. (2008), S. 22)

Page 20: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis Pflegepreis20

Dokumentationsbogens habe ich mich an dem Konzept zur Erstellung von Mikroschulungen, am Beispiel der subcutanen Injektion von Dr. Angelika Abt-Zegelin, orientiert. Dieser Doku-mentationsbogen beinhaltet alle wichtigen Punkte, um einen Überblick zur vergangenen Schulungseinheit zu erlangen. Die ersten vier Punkte (Patient, Alter, Anleitender, Datum) geben allgemeine Informationen. Dadurch kann der Dokumentationsbo-gen einem Patienten wie auch dem Anleitenden zugeordnet werden. Ebenfalls von Bedeutung ist, ob eine körperlich Einschränkung seitens des Patienten vorliegt, da dies zu einer anderen Herangehensweise imSchulungsverlauf führen kann. Wurde der Patient bereits im Kranken-haus angeleitet und hat schon gewisse Vorkenntnisse, kann der Anleitende darauf aufbauen. Bei den Bemerkungen können eventuelle Besonderheiten notiert werden. Darunter zählt beispiels-weise, ob der Patient die Tätigkeit selber erlernen möchte oder ob er sich lieber auf seinen Ehepartner verlässt. Anhand der Lerneigenschaften wird ersichtlich, wie sich die Einstellung des Patienten zu dem Lernprozess verhält.Da die Mikroschulungen an einen beziehungsweise zwei Adressaten gerichtet sind muss ebenso dokumen-tiert werden, ob der Patient Unterstüt-zung durch einen nächsten Angehörigen erhält. Bei dem Punkt Eventuell zu erwartende Probleme können Fakten aufgrund der vorliegenden Erkrankung oder der psychischen Situation notiert werden. Das Orientierungsgespräch kann auch als Erstgespräch bezeichnet werden. Dabei geht es darum, den Schulungsbe-darf einzuschätzen sowie die Zusam-menstellung des Schulungsmaterials zu planen. Die Zielvorstellungen besitzen eine hohe Wertigkeit und müssen auf jedem Einschätzungs- und Dokumenta-tionsbogen vermerkt werden, was im Zusammenschluss mit dem Patienten und dem Anleitenden erfolgt. Hierbei ist es wichtig, dass das Richtziel sowie die Feinziele separat notiert werden, da sich die Feinziele von Mikroschulung zuMikroschulung verändern. Unter den letzten beiden Punkten soll ausschließ-lich dokumentiert werden, ob dem Patienten das entsprechende Schulungs-material ausgehändigt und ob ein folgender Schulungstermin vereinbart wurde. Am Ende ist eine Tabelle ersicht-

lich, in dessen Kopf Datum, Dauer, Rahmenbedingungen, Schulungsinhalte und Fazit notiert sind. Hier werden stichpunktartig grundlegenden Fakten festgehalten, wie beispielsweise behandelte Themen oder eine Einschät-zung bezüglich der Zielerreichung.

6. Schlusswort

Das Konzept der Mikroschulungen ist ein Konzept, das durchaus in der Praxis erfolgsversprechend angewendet werden kann. Der Grundgedanke, Wissen, Fertigkeiten sowie Verhaltens-weisen zu vermitteln, ist bereits ein großer Bestandteil in der täglichen Arbeit einer Pflegekraft. Nur zeigt dasKonzept der Mikroschulungen eine andere Herangehensweise auf. Hierbei ist es sehr wichtig, kleinschrittig vorzu-gehen, Entscheidungen gemeinsam mit dem Patienten zu treffen sowie indivi-duelles und evidence basiertes Wissen zu vermitteln. Die Schulungen richten sich an ein bis zwei Adressaten, denn nur so ist eine individuelle Vorgehens-weise möglich. Da jede Mikroschulungeine begrenzte Zeitdauer von zehn bis dreißig Minuten hat, ist eine Integration in den Arbeitsablauf planbar. Bevor die Mikroschulungen beginnen können, muss mit Hilfe einer Sachanalyse weitestgehend sichergestellt werden, dass das Thema evidence basiert erarbeitet wurde. Daher ist der erste Schritt die Nachforschung in Datenban-ken, wissenschaftlichen Büchern oder auch das Führen von Interviews mit Experten. Die Sachanalyse sollte nur als Orientierung gesehen werden, da sich der Gesprächsverlauf individuell an dem Patienten und deren Lebenssituation orientiert. Die Dauer, wie auch die Häufigkeit der Mikroschulungseinheiten, richten sich ebenso personengebundennach der Patientensituation. Zu jeder Mikroschulung wird ein zusammenfas-sendes Handout für den Patienten erstellt. Hierbei ist es günstig, eine Sammlung von Anschauungsmaterialien zu den gleichen Schulungsinhalten zu erstellen. So kann die Pflegefachkraft, je nach Erfordernissen des Patienten, ausdieser Sammlung wählen. Eine schema-tische Aufteilung der Schulungseinhei-ten ist ratsam, damit ein roter Faden sowie eine gewisse Logik erkennbar sind. Um das Konzept der Mikroschulun-gen erfolgreich umzusetzen, benötigt die Pflegefachkraft vier Kompetenzen, die als - persönliche-, fachliche-,

soziale- und Methodenkompetenzen bezeichnet werden. Die Rahmenbedin-gungen, unter denen die Mikroschulun-gen erfolgen, spielen ebenfalls eine große Rolle und müssen bei der Wahldes Ortes bedacht werden. Zwar können diese an jedem Ort durchgeführt werden, jedoch ist in einem separaten Raum mit Sitzgelegenheit die Wahr-scheinlichkeit höher, dass sich der Patient öffnet und seine Probleme oder Bedenken äußert. Die Dokumentation jeder Mikroschulung ist unerlässlich,da sie der Qualitätssicherung, dem Leistungsnachweis und der Transparenz für Beteiligte dient. Am Beispiel von Herrn G., dem Ileostomaträger, wurde das Konzept der Mikroschulungen aufgezeigt. Er erlernte viele Fakten zu seiner Situation, sowie den selbstständi-gen Ileostomaversorgungswechsel.Demzufolge wurde die zentrale Frage eindeutig mit „Ja“ beantwortet: Kann ein Ileostomaträger mit Hilfe von Mikro-schulungen die selbstständige Versor-gung seines Stomas erlernen? Das Erlernen der Ileostomaselbstversorgung ist mit Hilfe von Mikroschulungen zu erreichen. Herr G. fühlte sich sehrgut beraten und war mit der privaten sowie personenbezogenen Betreuung sehr zufrieden. Zum Abschluss schrieb Herr G. sein Feedback zu den Schulungen nochmals nieder.

Page 21: flege reis - fgskw.org · 5 Pflegepreis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Das Konzept der Mikroschulungen 5 2.1. Merkmale von Mikroschulungen 6 2.2. Erforderliche Kompetenzen

Pflegepreis

FgSKW e.V.Geschäftsstelle

Nikolaus-Groß-Weg 659379 Selm

Tel.: 0 25 92 - 97 31 41Fax: 0 23 06 - 3 78 - 39 95www.fgskw.org