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DAS MAGAZIN FÜR ENTDECKER UND GENIESSER HEFT 2/2010 | 4€ GASTRONOMIE, HOTELLERIE & LEBENSART ANA E BRUNO | HOT SPOT | GSM SUSANNA KRAUS | CARMEN KRÜGER | PHILIPPE BUKA | WILLI LONGIN COLEDAMPF´S GEBURTSTAG | GALICISCHE REISE

Garcon 2-2010

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Garcon 2-2010

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Heft 2/2010 | 4€

gastrOnOMie, HOteLLerie & LeBensart

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3 GARÇON

mir sind Menschen sympathisch, die sich uneigennützig sozial engagieren. Die sich dabei weder als Wohl-

täter brüsten noch auf imagefördernde Schlagzeilen schielen. Die etwas anpacken, ohne auf Apparate und

Institutionen zu warten. Helmut Russ und seine Lebensgefährtin Mary Paluselli sind solche Menschen. Vor

vier Jahren starteten die beiden Berliner in Österreich ihr Projekt „Sommercamp Zillertal“.

Russ, gebürtiger Schleswig-Holsteiner, studierter Sozialpädagoge und in der Hauptstadt als Veranstalter

des Weihnachtsmarktes auf dem Gendarmenmarkt bekannt, bekam 2006 Kontakt zu Zillertaler Geschäfts-

leuten und Tourismusmanagern. Eine Idee entstand. Danach suchte er Partner in Berlin und fand sie in den

Köchen und Gastronomen Hartmut Guy, Kolja Kleeberg, Andreas Lanninger, Emerson Obojes, Franz Rane-

burger, Leander Roerdink-Veldboom und Hans-Peter Wodarz. Seitdem können Kinder der Weddinger Anna-

Lindh-Grundschule eine Woche lang kostenlos in der Tiroler Urlaubsregion Ferien machen.

31 Erst- bis Sechstklässler waren es in diesem Jahr, darunter viele aus Familien, die sich keinen Urlaub

leisten können. „Wer mitfährt, das diskutieren und entscheiden die Schüler selbst“, erklärte die Erzieherin

Julia Malchow, die gemeinsam mit vier Kollegen die Kindergruppe begleitete, ebenfalls kostenlos. Wolfgang

Russ und Mary Paluselli hatten schon Monate vor dem Termin weitere Berliner Sponsoren gefunden – darun-

ter die Künstler des Theaters am Potsdamer Platz und die Deutsche Bank der Zukunft in der Friedrichstraße

– die Reise geplant und ihren Ablauf mit den Partnern vor Ort organisiert.

Kochen mit Franz, Klettern auf dem Spieljoch, Bergwandern zur Berliner Hütte, Rafting auf der Ziller,

der Besuch einer Schaukäserei, die Fahrt mit der Dampfbahn, Baden, Fußball, Schnitzeljagd – es war ein

Programm, das Kinder glücklich macht. Kommentar Franz Raneburger: „Ich sehe in ihre Augen und weiß,

dass es richtig war, ein paar Tage Freizeit für dieses soziale Projekt zu opfern.“

Garcon sagt den Initiatoren „Chapeau!“

Liebe Leserinnen und Leser,

MISE EN PLACE

Yvonne Weinlich

[email protected]

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40 Mister Steiermark

4 GARÇON

INHALTMISE EN PLACE

TITEL Der Sous Chef -

Das unbekannte Wesen

LOKALTERMIN

Hot Spot 19 Riesling statt Reiswein

Ana e Bruno 22Istituzione Italiana in Berlin

Kreuzberg kochte 24 Eine Erfolgsgeschichte

Tour d Alsace 26Eine kulinarische Exkursion

KOPFSALAT

Andreas Langholz 34Anteilnehmen, dabeisein...

Willi Longin 40Ein Steirer in Berlin

Philippe Buka 44Der delikate Franzose

Heimat auf dem Teller 47Brandenburger Köche unter Dampf

Carmen Krüger 48Ein sehr persönliches Dankeschön

Reinhard Fischer 50Tabak & Pulver

GESCHMACKSSACHEN

Preussisch lecker 55Wie man in Berlin zur Zeit der Königin Luise kochte

GSM = Frische, Güte, Kompetenz 58Ein Unternehmen im Aufwind

Hammers Käsebrett 62Stubnitzer

Reise ins Regenland 64Berliner Foodscouts in Galicien

24 Kreuzberg hat gekocht

6 Der Sous Chef, das unbekannte Wesen

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58 GSM, die Fruchtriesen

64 Algenernte in Galicien

5 GARÇON

Fuhrmanns Früchtekorb 82Kresse

BOUQUET GARNI Nachrichten und Neuigkeiten 84

LEBENSART

Was gibt s? 92Es muss nicht immer Pizza sein

Die Kraus und ihre Köche 94Atelierimpressionen und Ausstellungsnotizen

RUBRIKEN

Herzogs Zigarren 100Notizen vom XII. Habanos Festival

Gastroquiz 102

Impressum 103

50 Tabak & Pulver

84 Wolfgang Müllers Schweine-Buch

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Die zweite ReiheDer Sous Chef - das unbekannte Wesenvon Jörg Teuscher

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Die namenlosen Figuren hinter den medienpräsenten Männern stehen für ihre wichtigsten Mitarbeiter - die Sous Chefs.

„Das sind die mit der notorischen Arschkarte, wenig Lohn, kaum Lob“, definiert einer die Berufsgruppe im Internet. Ein Zweiter setzt noch eins drauf: „Sous Chef ist so etwas wie die letzte Enklave der Sklaverei.“

Christian Lohse, Marco Müller, Ste-fan Hartmann, Michael Kempf, Thomas Kurt. Fünf Berliner Küchenchefs, die beigetragen haben, Berlin kulinarisch zu verändern. Ihre lebensgroßen Por-träts hängen derzeit in einer bemer-kenswerten Fotoausstellung der Berli-ner Künstlerin Susanna Kraus (Berliner Köche 1:1, Galerie im Einstein, Unter den Linden 42, siehe auch Seite 94).

Was ist dran an solchen Einschät-zungen? Sind die Stellvertreter der Kü-chenchefs - „sous“ ist französisch und heißt „unter“ - tatsächlich die, die als erste kommen und als letzte gehen, sich mit allen und jedem herumschla-gen müssen und dennoch als Küchen-deppen gelten? Garcon besuchte jene fünf Sous Chefs, die hinter Lohse, Kempf und Co. agieren.

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TITEL Italic

Susanne StuhlertRestaurant HartmannsBerlin-Kreuzberg

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Die zweite Reihe TITEL

„Ohne sie läuft nichts in meiner Kü-che. Sie ist da, wenn ich nicht da bin – und sie ist da, wenn ich da bin“, so erklärt Stefan Hartmann, Inhaber und Küchenchef des Kreuzberger Restau-rants Hartmanns, die Tätigkeit seiner Stellvertreterin Susanne Stuhlert.

Die wiederum entgegnet, mit Hart-manns Aussage konfrontiert, lakonisch: „Ich bin eben der Sous Chef.“ Tatsäch-lich, sie sagt „Sous Chef“, nicht „Sous Chefin“.

Das grammatische Geschlecht der Kü-che ist zwar weiblich, die im Speisenzu-bereitungsraum Beschäftigten allerdings tragen ausschließlich maskuline Bezeich-nungen. Frankreich lässt grüßen.

„Nur nicht ins Büro“, sagte sich Susan-ne Stuhlert, als sie mit dem Abschluss-zeugnis der 10. Klasse eine Lehrstel-le suchte. Das war im Sommer 1995 in Eberswalde.

Die damals 17-Jährige bewarb sich bei der Polizei und in einer Straßenmeisterei und las schließlich eine Anzeige: Koch-praktikanten in Heidelberg gesucht. Kurzentschlossen machte sie sich auf den Weg.

Nach vier Wochen wusste sie, was der Beruf ihr abverlangen würde. Trotz dieser Erkenntnis flossen während ihrer Lehre im Jagdschloss Hubertusstock li-terweise Schweiß und noch mehr Trä-nen. Dann, endlich, der Abschluss und der Wunsch, nach Berlin zu gehen. Be-werbung im first floor.

„Mama hat mich aufgeplüscht und Papa mich begleitet. Und dann stand da Matthias Buchholz, für mich damals ein Küchengott.“ Der stellte sie ein und an die Seite von Uli Horn. „Von ihm habe ich das meiste gelernt, fachlich und menschlich.“

Insgesamt sieben Jahre bleibt Susan-ne Stuhlert im Sternerestaurant, wech-selt dann als Sous Chef erst zu Andreas Staack ins Noiquattro und später zu Ste-fan Hartmann. „Er ist der Leithammel“, sagt sie, „er am Pass und ich am Herd - das ist die halbe Suppe wert.“

Ungereimtheiten haben bei Susanna Stuhlert keine Chance - nicht im Leben und nicht im Beruf.

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Marc OssowskiRestaurant e.t.a. hoffmannBerlin-Kreuzberg

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Die zweite Reihe TITEL

Das Restaurant e.t.a. hoffmann in Kreuzberg an einem Montagnachmittag. Inhaber und Küchenchef Thomas Kurt kocht für ein paar Tage im südspani-schen Marbella. In dieser Zeit Nummer 1 am Herd: Marc Ossowski, Sous Chef und Kurts Stellvertreter.

Seine erste Aufgabe an diesem Tag: Orthographie-Nachhilfe. Lehrling Luca sollte einen Wolfsbarsch (Loup de mer) pochieren und vakuumieren. Auf dem Tisch liegt eine Plastiktüte mit der Auf-schrift: „Ludemeer“. Wie man s spricht, so schreibt man s. Marc Ossowski refe-riert geduldig über den Sinn von Grund-kenntnissen des Französischen in der Küche. „Sous Chefs sind Mädchen für alles“, kommentiert er die außerplan-mäßige Lektion und verdonnert Lehrling Luca, das Personalessen zu kochen - Chili con carne. „Aber schreib s nicht dran!“ Die Spitze sitzt. Ansonsten ist Ossowski ein guter Lehrer. Er fordert Sauberkeit des Arbeitsplatzes, verlangt voraus-schauendes Denken und verkündet: „Das Wichtigste ist, dass Du die Speisenkarte kennst!“

Der Sous Chef weiß, was eine ordent-liche Ausbildung wert ist. Der Kreuzber-ger, Jahrgang 1981, absolvierte die Leh-re in einem „Riesenladen in Remscheid, NRW“. Die Feinheiten seines Berufes je-doch bekam er erst nach seiner Rückkehr beigebracht - von Andreas Lochner im Paris-Moskau. Lochner, einer der besten bodenständigen Köche der Stadt, prägte seinen Stil. Thomas Kurt, dem das glei-che Attribut gebührt, verpasste ihm den Feinschliff. Dafür ist er beiden dankbar. „Ohne gute Lehrer wirst du in diesem Beruf nichts“, resümiert er. Wann ist ein Lehrer gut? „Wenn er kein Brüllaffe und kein Schaumschläger ist“.

Um 19.00 Uhr sind im e.t.a. hoffmann bereits die meisten Tische besetzt. Ron-ny, Robert und Chantal, die drei vom Service, bringen Bon auf Bon. Marc Os-sowski lässt keine Hektik aufkommen. Bitte. Danke. Gerne. Der Ton ist freund-lich. Das Tempo zügig. Ein Gast lässt ein Lob an Küchenchef Kurt ausrichten. Marc Ossowski feixt. Er hatte die Idee zu diesem Beitrag.

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Régis LouviotRestaurant Fischers FritzBerlin-Mitte

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Die zweite Reihe TITEL

Christian Lohse hat, standesgemäß, gleich drei Sous Chefs. Gefragt, wel-chen wir interviewen sollten, antwortet der Zwei-Sterne-Koch: „Alter kommt vor Schönheit“. Der Modeltyp Christian Voß war damit aus dem Rennen, Alexander Mac hatte sowieso seinen freien Tag, also - Régis Louviot. Der, der am längs-ten an Lohses Seite schuftet und dabei alle Höhen und Tiefen im Leben eines Starkochs kennenlernen konnte. Sterne-partys, Totalschäden, Wiederauferste-hungswunder. Die Sinuskurve von Erfolg und Niederlage.

Régis Louviot, geboren 1976 in Vittel im südwestlichen Lothringen, rund 80 Kilometer von Nancy entfernt.

Koch, das war Louviots Traumberuf, schon als Kind wollte er nichts anderes werden. Nach dem Abitur besuchte er eine Berufsfachschule. Abschluss und erste Commisstelle in einem Landgast-haus in den Vogesen, das jedoch nicht besonders lief. Der Jungkoch wurde ar-beitslos.

Zufällig las er eine Anzeige. Ein Res-taurant in einem Ort mit unaussprech-lichem Namen - obwohl er acht Jahre Deutschunterricht hatte - suchte einen Koch. „Ich telefonierte am Mittwoch und war am Freitag dort“, erinnert er sich, „in Bad Oeynhausen, in der Detmolder Straße.“ Das war 1997.

Er lernte Christian Lohse kennen, der sich in seiner Heimatstadt nach fünf Lehr- und Wanderjahren in Frankreich mit einer alten flügellosen Windmühle und geschmacksintensiver Küche selbst-ständig gemacht hatte. Louviot erlebte den Aufstieg des Restaurants und die Pleite. Er ging mit Lohse nach Berlin, zu-erst in die Grunewald-Versenkung, dann nach Mitte, auf den hauptstädtischen Präsentierteller.

„Im Fischers Fritz dürfen wir uns keinen Fehler erlauben“, sagt er und redigiert die Speisenkarte. Der Service bringt den ersten Bon. „Onsenei, See-saibling“, annonciert der Sous Chef. „So lange mein Job hier sicher ist, ist alles okay“, erklärt Régis Louviot. Dann for-dert die Tellerparade am Pass seine gan-ze Aufmerksamkeit.

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Joachim GernerRestaurant FacilBerlin-Tiergarten

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Die zweite Reihe TITEL

Ein berufsgruppenspezifischer Kalau-er. Fragt ein Gast den Küchenchef: „Wer kocht denn, wenn Sie mal nicht da sind?“ Antwort: „Der, der immer kocht. Mein Sous Chef!“

Michael Kempf, Küchenchef im be-sternten Facil des Mandala-Hotels am Potsdamer Platz kann über das Witz-chen nur müde lächeln. Er steht selbst am Herd, täglich, zumindest fast täglich. Außer-Haus-Auftritte aller Art, ob im Fernsehen oder bei anderen gut zahlen-den Kunden, sind für ihn nur selten ein Thema. „Ich bin kein Showkoch“, sagt er.

Das gilt auch für Joachim Gerner, ge-nannt Jockel, Sous Chef im Facil. Der 30-Jährige, geboren in Braunau im ober-österreichischen Innviertel, kam nach Kochlehre und Wanderjahren nach Ber-lin. Er startete im Restaurant Quadriga, wechselte später ins Facil und stieg hier vor zwei Jahren zum Sous Chef auf. Ger-ners Definition der Funktion: „Der, der alles macht und nichts zu sagen hat.“

Ganz so heiß allerdings wird im Fa-cil nicht gegessen. Anders gesagt: Die Küchenbrigade praktiziert perfektes Teamwork. Joachim Gerner: „Ich bin der klassische Küchenbulle, Micha (Michael Kempf) eher der Ruhige, der Gelassene. Deshalb ergänzen wir uns bestens.“

Das Team tritt den Beweis an - ein neues Gericht auf dem Prüfstand: Bi-sonfilet mit Süßholzasche, Kompott von Morcheln und Nizza-Oliven, Wildkräuter-salat mit Sardellen und Kapern. Es wird angerichtet, die Köche testen. Ein zwei-ter Teller. Maître Manuel Finster und Sommelier Felix Voges testen ebenfalls. „Der Estragon im Salat ist zu stark“, sagt einer. „Einmal Salat ohne Estragon“ ruft Küchenchef Kempf. Ein kurzes Nicken, ein knappes okay. Elogen überlassen die Männer den Gästen. Das Prozedere wie-derholt sich alle zwei Wochen. Alle vier bis fünf Wochen schreibt Michael Kempf eine neue Speisenkarte. Nur was die kol-lektive Probe besteht, wird auch dem Gast serviert.

„In den Küchen, in denen ich bisher gearbeitet habe, gab es sowas nicht“, sagt Gerner und schaut auf die Uhr. „12.20 Uhr - so, es geht los!“

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Andreas SaulRutz-Wein-Bar (bis Juli 2010)Berlin-Mitte

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Die zweite Reihe TITEL

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Es gibt Küchenchefs, die hätten An-dreas Saul nie und nimmer eingestellt. Die Unterarme des knapp 30-Jährigen zieren riesige Tattoos, hinzu kommen auffällige Piercings und ein eigenwilliger Haarschnitt.

Marco Müller, seit acht Jahren erster Mann am Herd in der Weinbar Rutz, ließ sich von diesen Äußerlichkeiten nicht beeindrucken, er sah viel mehr das Ta-lent des jungen Berliners aus Prenzlauer Berg.

Saul startete 2004 als Commis und avancierte 2006 zum Sous Chef des mit einem Michelin-Stern und 17 Gault-Millau-Punkten geehrten Spitzenrestaurants.

Zum Kochen kam auch er mehr oder weniger zufällig. „Was Handwerkliches sollte es sein“, kommentiert Andreas Saul heute seine Lehrstellensuche, die damit endete, dass er zwei Zusagen auf seine Bewerbungen erhielt. Bäcker oder Koch hätte er werden können. „Teigaffe oder Suppenschmied“, hänselten seine Freunde. Ohne zu wissen, was ihn er-wartet, entschied er sich für die Suppe.

Im Restaurant Dressler am Kurfürs-tendamm lernte er die Grundlagen des Berufs.

„Begriffen, was wirklich Sache ist, habe ich aber erst zwei Jahre später“, sagt er und fügt hinzu: „Die Leidenschaft fürs Kochen hat Marco Müller in mir ge-weckt.“

Damit meint er jenen Drang, den Gästen etwas Besonderes zu bieten. Er spricht vom kulinarischen Aha-Erlebnis, von erstklassigen Produkten und von der Verantwortung, sie nicht zu verpfuschen, sondern zu veredeln. Sätze, die sein Chef so ähnlich formuliert. Überhaupt Marco Müller. „Er war für mich nicht nur der beste Lehrer, sondern auch eine Art zweiter Papa“, so Saul.

Wenn dieser Bericht erscheint, steht Andreas Saul schon nicht mehr am Rutz-Herd. „Im August wird geheiratet, und dann mache ich was Eigenes.“ Marco Müller, hat ihm zugeraten, aber Andy will noch nicht darüber reden. Er umschreibt es konjunktivisch: „In Prenzlauer Berg könnte ich mir durchaus noch mehr gute Gastronomie vorstellen.“

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Hot Spot LOKALTERMIN

Riesling statt ReisweinDAS CHINARESTAURANT HOT SPOTvON JöRG TEUSCHER

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Zuerst mal Entwarnung für alle Sake-Fans. Natürlich gibt es im Hot Spot, dem etwas anderen Chinarestaurant in Ku-dammnähe, auch Reiswein - zwei chine-sische und eine japanische Sorte. Und es gibt auch Tsingtao-Bier, Ginseng-Schnaps (60%ig !) und Pflaumenwein.

Das alles wäre allerdings noch kein Grund, durch die halbe Stadt zu fahren, um in der wahrlich nicht besonders ein-ladenden Eisenzahnstraße einen Terras-senstuhl zu drücken. Genau das aber tun immer mehr Leute, und sie tun es immer öfter.

Was ist nur der Grund dafür, dass das Hot Spot dermaßen angesagt ist? „Die Atmosphäre“, sagt Stammgast Christian Lohse, Zwei-Sterne-Koch und ein Mann, der keine Widerrede duldet. „Die Atmo-sphäre!“

Tatsächlich: Ein herzlicher Gruß, ein offener Blick, ein freundliches Lächeln und das ehrliche Interesse am Wohl des anderen - das sind die Gesten, die wahre Gastlichkeit ausmachen. Und diese Ges-ten gibt es im Hot Spot für jeden Besu-cher - gleich, ob er ein Mineralwasser für 2,90 oder einen G-Max Riesling für 179 Euro ordert.

Damit wären wir beim zweiten Grund, weshalb das Restaurant peu à peu zum Wallfahrtsort wird. Die Rede ist vom Weinangebot, das von Umfang, Menge und Preis her jedem Vergleich standhält - ausgenommen vielleicht dem mit dem Brandenburger Hof.

Rund 120 Positionen umfasst die Kar-te, darunter besonders viele halbtrocke-ne und süße Gewächse aus Deutschland und jede Menge große Namen: Weingut

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LOKALTERMIN Hot Spot

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Friedrich Becker, Weingut Egon Müller, Weingut Leitz, Weingut Markus Molitor...

Hinter der Tatsache des außerge-wöhnlichen Angebots steckt nun, was man vermuten könnte, nicht etwa ein mit allen Weinen gewaschener Somme-lier, sondern Jianhua Wu, kurz Wu.

Der 50-Jährige stammt aus Zhejiang, landete im Oktober 1984 in Berlin, stu-dierte Maschinenbau an der TU, bau-te sein Diplom und - eröffnete 1992 in Moabit ein Restaurant. „Bambus aus der Dose, Champignons aus der Dose und Glutamat“, sagt er.

Ein paar Jahre später kam ihm ein Buch in die Hände - Michael Broadbents Weinnotizen. Die Lektüre wirkte als Ini-

tialzündung. Mister Wu kaufte ein paar Flaschen - Chateau Latour, Chateau Mar-gaux. „Da war es um mich geschehen.“

Als er Ende 2007 an den Kudamm zog und gemeinsam mit seiner charmanten Frau Huiqin Wang das Hot Spot über-nahm, stand auch der Entschluss fest: Ein neues Konzept, frische Produkte in der Küche, Verzicht auf Glutamatzusatz, ein super Weinangebot.

Mister Wu hatte längst seine Liebe für deutsche Rieslinge entdeckt, deren rest-süße Vertreter so hervorragend mit der chinesischen Küche harmonieren. Im Hot Spot sind es Gerichte aus den Regionen Sichuan und Jiangsu sowie aus Shanghai. „Fuqi-Feipian“ heißt eine der Vorspei-

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Hot Spot LOKALTERMIN

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HOT SPOT

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sen - Rindfleisch, Rinderzunge und Rin-dermagen. Das Gericht ist zwar höllisch scharf, aber auch teuflisch lecker. Noch höllischer wirkt „Shuizo-Niurou“ - Rind-fleisch in einer Sauce aus Chilipulver, Chi-lischoten, Sichuan-Pfeffer, Knoblauch, Ingwer und Bohnenpaste. Wie lecker es wirklich ist, können wahrscheinlich nur

GARÇONFRAGEBOGENJianhua Wu

Ihr Lieblingsgericht?Hummer mit Salz undPfeffer, zubereitet von Christian Lohse Ihr Lieblingsgetränk?Wein Ihr Lieblingsgewürz?Chili Ihr Lieblingsfisch?Chinesischer Graskarpfen Ihr Küchenmotto?Ehrlich, ehrlich, ehrlich! Wen hätten Sie gern mal als Gast?Till Lindemann, den Sänger von Rammstein Welches Gericht mögen Sie gar nicht?Vanillepudding Welches Getränk mögen Sie gar nicht?Malzbier In welchem Restaurant - außer Ihrem eigenen - essen Sie am liebsten?Fischers Fritz Was halten Sie von Koch-büchern?Wichtig, aber nur, um mich zu orientieren

Gaumen beurteilen, die mit dem fünf-stelligen Bereich der Scoville-Skala ver-traut sind. Deswegen empfiehlt Mister Wu gern die mit Teeblättern geräucher-te Ente, eine Sichuan-Spezialität, deren feiner Rauchgeschmack durchaus erin-nernswert bleibt. Übrigens: Am Nach-bartisch saßen Chinesen und speisten begeistert. Kritik wegen des fehlenden Glutamats gab es nicht.

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„Es ist mir egal, ob Ihr einen schlechten Tag hattet.Es ist mir egal, ob Eure Frau/Euer Mann durchgebrannt ist.Es ist mir egal, ob Ihr pleite seid.Wenn Ihr in den Saal geht, LÄCHELT gefälligst!“(Serviceanweisung von Bruno Pellegrini - rechts neben ihm Küchenchef Andrea Girau)

AnA e BrunoISTITUZIONE ITALIANA IN BERLINvON MARC STEyER

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Ana e Bruno LOKALTERMIN

„Cucina creativa“. „Ein Feuerwerk mo-derner Mittelmeerküche, bis ins letzte Detail ausgefeilt“, jubelten die Kritiker. Tatsächlich blieb bei Gerichten wie Saint Pierre mit Calamaretti, Selleriepüree und Gänselebervinaigrette kein Auge trocken.

Grund genug für die Partner-für-Ber-lin-Jury, Bruno Pellegrini im Jahr 2000 den Titel „Berliner Meisterkoch“ zu ver-leihen - als erstem und bisher einzigem ausländischen Gastronomen übrigens, wenn man mal davon absieht, dass Kurt Jäger und Franz Raneburger Österreicher sind. Aber das ist ein anderes Thema.

Inzwischen war aus dem Ugo längst das Ana e Bruno geworden, einer Frau wegen. Als sich Ana und Bruno dann vor zehn Jahren wieder trennten, blieb der Name.

2004 schließlich wurde der Sarde An-drea Girau Küchenchef und beeindruck-te mit seiner kreativen und gleichzeitig ungeheuer geschmacksintensiven Küche.

Da ist zum Beispiel die gefüllte Kanin-chenroulade mit dicken Bohnen und Ros-

marinsauce - ein Gedicht, das Gericht. Oder der gegrillte Felsenoktopus mit Kaisergranat - verlässlicher Höhepunkt eines Menüs. Zumindest bei unserem letzten Besuch also - von Krise keine Spur, weder beim Essen und schon gar nicht bei Pellegrinis Weinkarte. Sie ge-hört seit Jahren zu den interessantesten und besten der Stadt.

23 Jahre Kampf in der kulinarischen Spitzengruppe und - mit Verlaub - auch nicht mehr der Jüngste: Keiner würde es Bruno Pellegrini übel nehmen, wenn er etwas kürzer treten würde. Das Ge-genteil ist der Fall. Der charismatische Vollblutgastronom legt noch einen Zahn zu. „Pellegrini Gusto Italiano“ wird ein Edelbistro auf dem neuen Flughafen in Schönefeld heißen. „Nichts gegen McDonald’s, Marché oder Starbucks“, kommentiert er seine Entscheidung, „aber zum Airport Berlin-Brandenburg gehört doch auch ein Stück Lokalkolo-rit.“ Typisch Pellegrini. Abwarten und Tee trinken, das ist nicht sein Ding. Voll-gas und Champagner, das schon eher.

www.a-et-b.de

ANA E BRUNO

Sophie-Charlotten-Straße 10114059 Berlin-Charlottenburg

Tel. 030 - 325 71 10

23 GARÇON

Mit Superlativen ist das so eine Sache. Der beste Italiener beispielsweise. Für die meisten ist es der, zu dem sie im-mer gehen. Il Conte, Il Monte, Il Ponte, der um die Ecke. Das sagen sie ihm auch, und es gibt einen Grappa gratis.

Das tatsächlich beste italienische Re-staurant Berlins allerdings befindet sich in Charlottenburg - selbst, wenn der Gault Millau nach Jahrzehnten lauter Lobeshymnen 2010 eine leichte kulinari-sche Krise konstatierte.

1979 kam Bruno Pellegrini aus dem norditalienischen Como nach Berlin, er-öffnete neun Jahre später ein Restaurant - das Ugo - und warb mit „italienischer Küche von heute“.

Der Padrone servierte Seezunge mit Rhabarbersauce, schwarze Pasta aus fri-schem Teig mit Sepia und hatte Erfolg. Der machte mutig, Pellegrinis Abkehr von der Einheitskost vieler - sicher durchaus respektabler - Italiener war vollzogen.

Seine Karte bot fortan neben der „Cucina regionale ritrovata“, der tradi-tionellen Küche Norditaliens, auch eine

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LOKALTERMIN Kreuzberg kochte

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Berliner Straßenfeste bieten nur selten kulinarisch Besonderes – gluta-mattriefende Chinapfannen, fettige Na-ckensteaks und fade Riesenbratwürste dominieren – gleich, in welchem Bezirk gefeiert wird.

Das war jahrelang auch auf dem Kreuzberger Bergmannstraßenfest so. Live-Musik vom Feinsten und Conveni-ence-Verpflegung vom Ärgsten, irgend-wie passte das nicht zusammen.

Diese Diskrepanz schlug nicht nur vie-len Festgästen, sondern auch einigen Kreuzberger Gastronomen auf Gemüt und Magen.

Eine Idee wurde geboren, Partner gesucht, ein Name gefunden. Herbert Beltle, der gastronomische Platzhirsch in Kreuzberg, avancierte zum Spiritus rector des Projektes. Im Juni 2003 hieß es dann zum ersten Mal „Kreuzberg kocht“.

Sechs Restaurants präsentierten am Chamissoplatz ihr kulinarisches Können, sechs Küchenchefs, die besten des Be-zirks, servierten selbst: neben Herbert

Beltle (Altes Zollhaus), Pasquale Cic-carelli (Bar Centrale), Dieter Kaldewey (Riehmer s), Thomas Kurt (e.t.a. hoff-mann), Sven Reschke (Svevo) und Stefan Wiegand (freßco).

„Wir hatten mit allem gerechnet, nur nicht mit diesem Ansturm“, erinnert sich Beltle. Entenlebermousse, Lachs-Zander-Roulade, Trüffelreispraline und Katalani-sche Crème trafen den Nerv der Gäste.

Obwohl die Besetzung in den folgen-den sieben Jahren einige Male wechsel-te, wuchs „Kreuzberg kocht“ vom kuli-narischen Experiment zur festen Größe, stieg vom fröhlichen Provisorium unter Rot-Kreuz-Planen zum perfekten Dinner im Haus-Zelt auf und war 2010 erfolgrei-cher denn je.

Herbert Beltle, Pasquale Ciccarelli und Thomas Kurt, drei aus der Gründer-truppe von 2003, waren auch in diesem Jahr noch dabei.

Hinzu kamen Stefan Hartmann (Hart-manns), Willi Longin (Riehmer s), Oliver Marzahn (Hof zwei im Mövenpick-Hotel am Anhalter Bahnhof), Andreas Staack

KREUZBERG KOCHTEEINE GASTRONOMISCHE ERFOLGSGESCHICHTE vON HANS-JüRGEN BERGS

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LOKALTERMINKreuzberg kochte LOKALTERMIN

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(Noiquattro) und Benjamin Stoeckel (Le Cochon bourgeois). Summa summarum: Die kulinarische Crème de la crème Kreuzbergs.

Vor drei Jahren versuchten Küchen-chefs anderer Bezirke, das Modell zu ko-pieren. Im Mai 2007 beispielsweise koch-te Prenzlauer Berg und im September des gleichen Jahres hieß es „Spandau kocht“.

Beide Veranstaltungen jedoch flopp-ten, ebenso übrigens wie der Versuch, im vorigen Jahr mit „Taste of Berlin“ nach dem Londoner Vorbild ein kulinari-sches Hauptstadt-Festival aufzuziehen.

Was macht „Kreuzberg kocht“ nur so erfolgreich?, fragten sich beispielswei-se die Taste-of-Berlin-Organisatoren. Die Antwort gibt Herbert Beltle: „Wir Kreuzberger Küchenchefs planen un-ser Fest selbst, ohne Agenturhilfe oder Managerunterstützung. Wir versuchen, mit unserem Angebot den Nerv der Gäs-te zu treffen – sowohl was die Speisen und Weine als auch was deren Preis an-geht.“

Mit vielsagendem Lächeln fügt er den vielleicht entscheidenden Satz hinzu: „Und wir sind keine zusammengewürfel-te Truppe, sondern ein Team.“

„Kreuzberg kocht“ ist keine Party auf Knopfdruck. Motto: Wir kochen – so, nun kommt und feiert mal.

An den drei Junitagen entsteht im Kü-chenzelt am Chamissoplatz eine authen-tische Stimmung, deren Ursache darin liegt, dass Köche und Gäste Spaß daran haben, in solcher Atmosphäre Teller an-zurichten, Gerichte zu testen und darü-ber zu reden. Das ist nicht austauschbar und schon gar nicht kulinarisch beliebig.

Ein mögliches Menü: Wiesenkräuter-suppe mit Schwammerlknödel, Bach-saibling mit Kartoffel-Apfel-Püree, Ge-sottenes Schulterscherzl vom Rind mit Senfgemüse und Rote-Bete-Schmand und zum Schluss natürlich Beltles Tra-ditionsdessert: Katalanische Crème mit Blaubeeren in Cassissauce. Preis 24 Euro und ein rundum gutes Gefühl. Kreuzberg hat gekocht und wieder mal bewiesen, dass die Gastronomie des Bezirkes ein Berliner Markenzeichen ist.

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LOKALTERMIN Elsass

TOUR D ALSACEEINE KULINARISCHE ExKURSION - ERSTER TEILvON LEE ANN DöRDRECHTER UND WOLFGANG SCHUHMACHER

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Wolfgang Schuhmacher, pensio-nierter Manager, jahrelang für Merci Storck im Schokoladengeschäft tätig, ist gebürtiger Saarländer, bekam also die Genussfreude sozusagen in die Wiege gelegt.

Lee Ann Dördrechter wuchs in Hamburg auf, studierte in Berlin Mo-dedesign und betrieb jahrelang am Klausenerplatz ein kleines Café. Beide leben in Charlottenburg, kulinarische Reisen zählen zu ihren Leidenschaf-ten.

Anfang Mai 2010 waren sie im Elsass und in Lothringen unterwegs – besuch-ten Dorfgasthöfe und Sterne-Restau-rants, waren bei Bauern und Winzern zu Gast und entdeckten schließlich ein kulinarisches Konzept, dass noch als Geheimtipp gehandelt wird.

Für Garcon dokumentierten sie ihre Tour in Wort und Bild. „Durchaus als Anregung zur Nachahmung empfoh-len“, erklärte Wolfgang Schuhmacher.Heute Teil 1 ihres Reiseberichts:

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LOKALTERMIN Elsass

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Mit allem Respekt: Illhaeusern ist ein Kaff. Ich brauche länger, um den Ort aufzuschreiben - a-e-u - als durch-zufahren. Illhaeusern, der Name steht für ein paar Häuser an der Ill. 711 Ein-wohner, ein Rathaus, immerhin, die Kirche.

Dennoch ist die Gemeinde im De-partement Haut-Rhin ein Wallfahrts-ort. Der Grund: das weltberühmte Re-staurant der Haeberlins, die Auberge de l Ill.

Es ist 12 Uhr mittags. Wir parken vor dem zweistöckigen Haus, direkt an der Departementsstraße D 106. Ein gu-tes Dutzend Autos stehen hier bereits, zumeist Luxuskarossen mit Kennzei-chen, die darauf hinweisen, dass ihre Besitzer nicht aus der Gegend kom-men. Der Beleg, dass Feinschmecker ihrem Wesen nach Pilger sind, für die

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Elsass LOKALTERMIN

Auberge de l Ill: volles Haus am Mittag

In memoriam: Paul Haeberlin

Der Chef: Marc Haeberlin

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Distanz kein Hindernis ist. Das Restau-rant im Innern - Luxus pur. Ein schwe-rer Ornamentteppichboden, Sand- und Steintöne dominieren, auf den Tischen traumhaft schönes Porzellan.

Allgegenwärtig: Monsieur Paul. Paul Haeberlin, der gemeinsam mit seinem Bruder Jean-Paul nach dem Krieg den zerstörten Gasthof ihrer Eltern auf-baute und ihn 1950 wieder eröffne-te. Der zwei Jahre später den ersten, 1957 den zweiten und 1967 den drit-ten Michelin-Stern erkochte.

Paul Haeberlin, der die traditionelle Elsassküche behutsam modernisierte. Im Mai 2008 starb er, 84-jährig.

viele der Auberge-Gäste besuchen auch sein Grab auf dem Friedhof in Ill-haeusern, immerhin war er einer der wichtigsten Köche des 20. Jahrhun-derts.

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LOKALTERMIN Elsass

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Marc Haeberlin, der von seinem Vater Paul dessen geniales Koch-Gen geerbt hat, ist einer der Größten in der franzö-sischen Gastronomie.

An der Hotelfachschule in Strasbourg und bei Bocuse, Lasserre und Troisgros ausgebildet, kam er 1976 an den Herd seines Elternhauses zurück – mit allen Voraussetzungen, die den großen Koch ausmachen: solide Grundkenntnisse, hervorragender Geschmackssinn, erst-klassiges Organisationstalent, ausge-prägtes Produktbewußtsein und gezü-gelte Phantasie.

Hinzu kommt sein natürlicher Charme, mit dem er seine Gäste begrüßt und de-nen, die nicht jeden Tag in einem Drei-Sterne-Restaurant essen, die Schwellen-angst nimmt.

Was mich noch mehr an dem Mann beeindruckt, zitiere ich aus dem Koch-buch „Die Küche des Elsass“, das Marc Haeberlin 1995 herausgab und das ein Jahr später auch in deutscher Sprache erschien: „Kochen ist ein wunderbarer Beruf, der Tag für Tag eine neue Infra-

gestellung erfordert. Begabung allein reicht nicht aus; man muss sich die Kri-tiken anhören können, kühlen Kopf be-wahren, bescheiden und hellsichtig sein. Wir sind nichts anderes als gute Hand-werker, genau wie Schreiner, Schmiede und Maurer – auch wenn die Presse uns zu Stars macht...“.

Marc Haeberlin fühlt sich der klas-sischen französischen Küche und der elsässischen Regionalküche gleicherma-ßen verpflichtet.

Wir probierten aus der „Erinnerungs-speisenkarte“ eine Vorspeise, die einst Paul Haeberlin schuf: La terrine de foie gras d oie, die weltberühmte Gänse-leberterrine.

Es folgten Kreationen von Marc Hae-berlin, dem übrigens sein Schwiegersohn Dirk Gieselmann am Herd assistiert: im Ganzen gebratene Kalbsnieren mit Kar-toffelkuchen und Senfsauce und die im Wirsingkleid gegarte Taube mit Gänse-leber und Trüffel. Das ist – vor allem, was die Tiefe der Aromen betrifft - gro-ßes kulinarisches Kino.

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Sie sind an jedem Tisch willkommen:

Die stilvollen Glasfl aschen von SpreeQuell zaubern frisches Berliner Ambiente in Ihre Gastronomie.

Berliner Lebensart mit Tischmanieren!

VOLLE PULLE LEBEN!

LOKALTERMIN Elsass

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Sie sind an jedem Tisch willkommen:

Die stilvollen Glasfl aschen von SpreeQuell zaubern frisches Berliner Ambiente in Ihre Gastronomie.

Berliner Lebensart mit Tischmanieren!

VOLLE PULLE LEBEN!

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ANTEILNEHMEN, DABEISEIN…10 JAHRE COLEDAMPF’S AM KOLLWITZPLATZvON MARC STEyER

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Andreas Langholz KOPFSALAT

Gute Küchenwerkzeuge sind seine Welt. Und weil Mitte der 1990er in Berli-ner Läden daran heftiger Mangel herrsch-te, gründete der Kommunikationswis-senschaftler Andreas Langholz 1995 mit 24 Freunden, die zu Kommandantisten wurden, die Coledampf’s CulturCentrum KG. Zweck des Unternehmens: der Han-del mit praktischen Küchenhelfern.

Dem Geschäft in der Wilmersdorfer Uhlandstraße folgte fünf Jahre später ein zweites am Kollwitzplatz in Prenz-lauer Berg.

Auch hier honorieren Herdprofis und Hobbyköche den Gebrauchswert und die Qualität der Messer, Pfannen, Reiben, Siebe und Töpfe ebenso wie die kulina-rische Kompetenz der Coledampf’s-Mit-arbeiter.

Andreas Langholz, 49, Typ Wikinger-anführer, am Telefon: „Hier ist der Kochtopfhändler ihres Vertrauens“. Ein flotter Spruch mit Hintergrund.

Da kommt zum Beispiel die junge Familie, Wochenendköche, denen eine sündhaft teure Kupferpfanne ins Auge

sticht. Langholz fragt nach, erklärt, zeigt. Am Ende sind die beiden mit ei-nem weit preisgünstigeren Exemplar glücklich. „Die Weisen braten mit Eisen“, ein Reim Marke Coledampf’s.

Oder der ältere Herr, der ein Ge-schenk für seine Tochter sucht. „Juicy Salif“ schwebt ihm vor, die wahrschein-lich bekannteste Zitronenpresse seit der Entdeckung des Vitamins C.

Langholz lächelt milde und zitiert einen Bauhaus-Leitspruch: „Die Form folgt der Funktion“. Der Mann verlässt den Laden schließlich mit einem press-gläsernen Entsaftungsgerät, dessen Life-stylefaktor zwar gegen Null tendiert, dessen Gebrauchswert dafür aber das Alessi-Spinnenbein-Produkt um Längen übertrifft.

Küchenwerkzeuge, die lediglich ein sichtbares Zeichen gehobenen Lebens-stils darstellen, sind für Andreas Lang-holz ein Graus.

„Ein Produkt muss das machen, wofür es gemacht ist“, sagt er. „Autorendesign hin, Autorendesign her.“

Rund 7000 Artikel zählt das Coledampf’s-Sortiment - darunter viele Küchenklassiker: Turk-Pfannen aus dem Sauerland, Windmühlenmesser aus So-lingen, Weingläser aus Weißwasser.

Plastik, nein danke - ebenso das, was keiner braucht: Capreseheber, Gemüse-aushöhler, Spargeltöpfe, Weißwurstlöf-fel, Zieseliermesser und all die anderen todschicken Dinge, die den hochgerüste-ten Küchen hierzulande den letzten Kick geben.

„Der Kunde soll das Gefühl haben, dass es sich bei Coledampf’s Cultur-Centrum um einen Treffpunkt handelt, an dem man sich informiert, anregen lässt, Gedanken austauscht“, erläutert Langholz sein Konzept. Natürlich, auch er will was verkaufen. Aber „andre-hen“, „aufschwatzen“, „einreden“ und ähnliche handelsaffine Verben sind bei ihm und seinen Leuten tabu. Im Gegen-teil. Da kommt es schon mal vor, dass einer einen Gratis-Messerschärfkurs be-kommt, ohne den Wetzstahl zu kaufen. Oder eine Anleitung, wie Marmorkuchen

Coledampf s CulturCentrum am Kollwitzplatz

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KOPFSALAT Andreas Langholz

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gemacht wird, ohne dass die notwendi-gen Geräte gleich den Besitzer wech-seln. Oder die Tatsache, dass Köche, wenn sie Werkzeuge für ihre Arbeit kau-fen, einen Rabatt erhalten. Coledampf’s ist eben anders.

Wenn es noch eines Beweises für die Richtigkeit dieser Behauptung bedürfte, die zehnte Geburtstagsfeier des Ladens am Kollwitzplatz lieferte ihn. Am 21. Mai lud Langholz zur Jubiläumsparty. Sterne-koch Kolja Kleeberg servierte Blutwurst mit Linsen, Zanderwirt Roland Albrecht Spezialitäten vom Grill, es gab Bier und

Wein, einen Clown für die Kinder und Jazz für die Eltern.

Das Wichtigste des Festes allerdings war das Ergebnis: 2000 Euro für die Kitas Flohkiste und Löwenzahn in Prenzlauer Berg, die damit eine Kinder-Küche ein-richten werden.

„Anteilnehmen, dabeisein“, noch so ein Langholz-Spruch, mit dem er Kun-den aufschreckt, die wortlos durch sein Geschäft wandeln. Die flapsige Anma-che birgt - was den Coledampf’s-Chef selbst betrifft - allerdings auch eine tie-fe Wahrheit.

Andreas Langholz nimmt Anteil, wenn es um die Belange des Kiezes geht, in dem er sein Geschäft betreibt. Und er ist dabei, wenn es etwas zu tun gibt.

Coledampf s-Gründer: Andreas Langholz

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Andreas Langholz KOPFSALAT

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KOPFSALAT Andreas Langholz

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Hartmut Horst, 58, geboren in Mar-burg, studierte in Berlin Publizistik, Erziehungs- und Musikwissenschaften sowie volkswirtschaftslehre. Danach Filmproduzent, Kultur- und Medien-manager. 2002 gründete er die HAN-NA gGmbH als Trägergesellschaft von inzwischen 4 Kitas in Prenzlauer Berg. In deren Konzept heißt es: „Wir ori-entieren uns an Erziehungsmodellen, die Eigenständigkeit fördern und eine ganzheitliche Entwicklung anstreben. Wir glauben, dass Lernen der Schlüssel für ein zufriedenes, erfülltes Leben ist. Deshalb setzen wir alle Kenntnisse ein, um mit den vorhandenen Mitteln größtmöglichen Nutzen für die Kinder zu erlangen.“

Herr Horst, bitte vervollständigen Sie den Satz: Kinderküchen sind …… genauso sinnvoll wie teuer.

Wieviel kostet denn eine Kinderkü-che?Rund 5000 Euro.

Eine stattliche Summe…Sicher, aber solche Küchen gibt es nicht von der Stange. Es sind Spezialanferti-gungen mit allem, was man heute zum Kochen und Backen braucht - lediglich in kindgerechten Dimensionen. Die Höhe der Möbel zum Beispiel beträgt rund 60 Zentimeter.

Warum investieren Sie ausgerechnet in solche Küchen?Wir haben die erste Kinderküche in unse-rer Kita Pinocchio in der Belforter Stra-ße bauen lassen und damit wunderbare Erfahrungen gemacht. 10 bis 12 Kinder bereiten dort gemeinsam mit einer Er-zieherin einfache Gerichte zu - Salate etwa, Suppen oder Omeletts. Mit Hilfe der großzügigen Coledampf’s-Spende werden wir nun eine zweite Kinderküche in der Knaack-Straße einrichten.

Wie reagieren die Kinder?Durchweg begeistert.

Und die Erzieher?Unwahrscheinlich engagiert. Besser als in der Kinderküche lässt sich kaum zei-gen, wie unkompliziert und trotzdem lecker eine gesunde Mahlzeit sein kann. Wir verarbeiten keine Lebensmittel aus Dosen oder Tüten, sondern benutzen ausschließlich frische Produkte und för-dern so auch die Kreativität der Kinder.

Nach der Kita folgt die Schule und meist das Ende solcher Art Kreativität - alles umsonst?Sicher, in vielen Fällen ist das so. Das gedanken- und pausenlose Einhand-Essen aus der Tüte nimmt automatisch zu, wenn sich niemand um die gesunde Ernährung der künftigen Generationen kümmert. Geschmacksunterricht an Grundschulen, wie in Frankreich schon lange üblich, wäre eine gute Gegenmaß-nahme.

KOCHEN... ...FÜR EINE... ...GUTE SACHE

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KOPFSALAT Willi Longin

...birthday...

...to you!

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Ein StEirEr in BErlinWILLI LONGIN, KüCHENCHEF IM RIEHMER'S

vON JöRG TEUSCHER

vor 60 Jahren veröffentlichte der österreichische Publizist Eugen Szat-mari ein „Buch von Berlin“. „Richtig wienerisch, mit Häuptelsalat, Back-hendel, Tafelspitz und Buttererdäp-fel“, notierte er damals, „wird nur im Wiener Burgrestaurant gekocht, wo die meisten in Berlin weilenden Wie-ner speisen und die Küche ganz genau kontrollieren.“

Aus der Zeit Anfang der 1980er ist die Pulvermühle in der Wilhelmstra-ße in Erinnerung. Und natürlich das Kreuzberger Exil. Im ältesten Szene-Treff Berlins kochte der Wiener Literat Oswald „Ossi“ Wiener gute österrei-chische Hausmannskost und servierte noch bessere Sprüche. „Bier ist die Lyrik des Klassenkampfes“, war einer davon. Anfang der 1990er schließlich wurde mit der Eröffnung des Alten-berg, später des Jolesch und weiterer

Restaurants etwas ins Rollen gebracht, dass Szenekenner Berliner Beisel-Blü-te nennen.

über 20 Austria-Restaurants zäh-len wir derzeit in der Hauptstadt, die meisten mit grundsoliden Angeboten Marke „Back to the Basics“. Während anfangs die Kritiker noch über die „kalorienhaltige Heimwehküche“ her-zogen, haben die Gäste inzwischen entschieden - Berlins österreich-Lo-kalitäten genießen weit mehr Zuwen-dung als etwa die Offerten der Zander-Zitronengras-Fusionisten.

Angeführt wird die rot-weiß-rote Seilschaft vom Riehmer s in Kreuz-berg, einem Wirtshaus mit Wohlfühl-Atmosphäre und vorzüglicher Alpen-landküche.

Dafür sorgt Willi Longin mit sei-nem Team. Kürzlich feierte er seinen 60sten. Glückwunsch, Willi.

Happy...

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Willi Longin KOPFSALAT

www.riehmers.at

RESTAURANT RIEHMER'S

Hagelberger Straße 910965 Berlin-KreuzbergTel. 030 - 78 89 19 80

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Ein bisschen wirkt Willi Longin wie Hans Albers. Blond, strahlend blaue Au-gen, ein muskulöser Körper. Nur mit der Reeperbahn hat er nichts am Hut, weder am Tag noch nachts um halb eins.

Willi Longin liebt die Berge, und das hört man. „Griaß di!“, sagt er. Schon weiß man, was Sache ist.

Der 60-Jährige stammt aus Schlad-ming im nordwestlichen Winkel der Stei-ermark. Hier ruft der Dachstein, knapp 3000 Meter hoch. Für Willi Longin aber offenbar nicht laut genug.

Nach der Kochlehre im elterlichen Ho-tel zog es ihn in die Welt. Bangladesh, China, Indien, Burma, Thailand, Venezu-ela, später Frankreich, 1994 dann Berlin. Café Möhring, Andechser Hof, Wiener Stüberl.

Bodenständige Küchenkonzepte, das lag dem Steirer. Sein Tafelspitz - zart, feinfasrig und kompakt. Das geschmor-te Lammhaxl - ein Treffer. Eierschwam-merlgröstl, Salonbeuschel, Zwiebelrost-braten - perfekte Alpenlandküche á la Longin. Das heißt, mit entschiedener Aversion gegen jede Form von Lieblosig-keit.

„Hier wird vernünftig und auf beste-chend hohem Niveau gekocht“, steht im Riehmer s-Gästebuch. Hier in Kreuzberg ist der Steirer seit 2007 Chef in der klei-nen offenen Küche.

Auf der Speisenkarte Esterházy-Schmorbraten vom Jungbullen und der Satz: „Wir verwenden ausschließlich Fleisch aus Brandenburger Freilandhal-tung!“

Das gilt natürlich auch fürs Wiener Schnitzel, das Longin serviert, wie es sein muss - außen staubtrocken, innen heiß und zart.

Die Zahl der Bons wird zweistellig, die Küchenbrigade schuftet, Willi Lon-gin ist gut drauf. „Wer s beim Arbeiten schwitzt, der konn s nich“, sagt er.

Personalessen: Restaurantleiterin Cordula Tausch mit Sohn Felix

Spezialität: Rindssuppe mit Grießnockerln

Riehmer s-Inhaber: Emerson Obojes

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Klaus-Peter Karnstedt, 50, Mecklenburger mit Geburtsort Schwerin, kam 1993 zur Offen-burger MEIKO-Gruppe und übernahm deren Berliner Niederlassung. Als sie 1996 zur MEIKO Werksvertretung Berlin GmbH avancierte, stieg Karnstedt zum Geschäfts-führer auf.

Qualität ist unser Maßstab

Herr Karnstedt, wofür steht MEIKO?Natürlich zuerst einmal für die Namen der Unternehmensgrün-der. Oskar Meier und Franz Konrad starteten 1927 mit einer 5-Mann-Werkstatt in Offenburg. Daraus wurde längst ein er-folgreiches Industrieunternehmen der Maschinenbau-Branche, das gewerbliche Spülmaschinen und -anlagen sowie Reinigungs- und Desinfektionsgeräte für den Pflegebereich in Krankenhäu-sern und Altenheimen entwickelt, fertigt und vertreibt. Die MEIKO-Gruppe beschäftigt über 1600 Mitarbeiter, der Umsatz liegt bei 200 Millionen Euro.

Wie hat sich MEIKO Berlin unter diesem Dachentwickelt?Es begann kurz nach der Wende. MEIKO eröffnete in Lichten-berg eine Niederlassung mit fünf Mitarbeitern, von denen vier übrigens immer noch an Bord sind. Drei Jahre später erfolgte die Umwandlung in die MEIKO Werksvertretung Berlin GmbH, die derzeit 34 Mitarbeiter beschäftigt und Aufträge im Wert von rund fünf Millionen Euro jährlich realisiert. Diese Zahlen beweisen wohl, dass wir in einem heiß umkämpften Markt deutliche Zeichen setzten konnten.

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ANZEIGE

Was heißt denn das konkret?Zwischen 1996 und 1999 haben wir natürlich vom Bauboom in Berlin und der Region profitiert. Die ersten Großkunden fan-den wir übrigens auf dem Markt der Gemeinschaftsverpfleger. Als der gesättigt war, haben wir uns der Hotellerie und gehobe-nen Gastronomie zugewandt.

Mit welchem Ergebnis?Es ist sicher nicht übertrieben wenn ich sage: mit einem be-eindruckenden. Hauptstädtische Luxushotels, etwa das Grand Hyatt, das Marriott, das Ritz-Carlton oder das InterContinental sind ebenso mit Spülautomaten aus der Offenburger Produk-tion bestückt wie das Estrel in Neukölln, das KaDeWe, der Friedrichstadtpalast und viele Berliner Restaurants. Besonders stolz sind wir natürlich darauf, dass auch in den Küchen des Bundeskanzleramtes und des Bundespräsidialamtes Spülmaschi-nen von MEIKO stehen.

Das von Ihnen betreute Gebiet beschränkt sich nicht auf Berlin. Sind Sie auch außerhalb der Hauptstadt so gut im Geschäft?Das ist richtig. Das Team der MEIKO Werksvertretung Berlin ist zuständig für Mecklenburg-Vorpommern, natürlich für die Hauptstadt und für den Norden von Brandenburg und Sach-sen-Anhalt bis zum südlichen Berliner Ring. Auch hier geht kaum was ohne MEIKO. So wird beispielsweise im Grand Ho-tel Heiligendamm, im Sport & Spa Resort A-Rosa Bad Saarow,

auf den Fluss-Kreuzfahrtschiffen der A-Rosa-Gruppe oder in der Ostseeresidenz Hohe Düne in Rostock-Warnemünde mit MEIKO-Technik Geschirr gespült, werden Gläser gereinigt. Ins-gesamt haben wir im vorigen Jahr 400 Programmautomaten, 25 Transportmaschinen und 200 Steckbeckenspüler installiert.

Ist damit das Ende der Fahnenstange erreicht? Mit Sicherheit nicht. Das war auch der Grund dafür, dass wir vor einem Jahr ein neues Gebäude im Industriepark Hoppe-garten bezogen. Dadurch erhielten wir nicht nur mehr Büros, sondern vor allem auch ein großes Lager und einen gut ausge-statteten Werkstattbereich, der es ermöglicht, den Service noch effektiver zu gestalten.

Stichwort Service. Wie ist MEIKO Berlin hier aufgestellt?Zuerst mal herrscht bei allen Mitarbeitern Klarheit darüber, dass ein guter Service wesentlicher Teil des Unternehmenserfolges ist. Deshalb unterhält unsere Werksvertretung auch eine Außen-stelle in Neubrandenburg sowie sogenannte Servicestellen in Rostock und Magdeburg. Das ist für unser Gebiet eine opti-male Struktur. Der Kunde ist nicht bereit, lange Anfahrtszeiten zu akzeptieren und erwartet im Fall der Fälle, dass ihm schnell geholfen wird – übrigens auch an Sonn- und Feiertagen.

Vervollständigen Sie bitte den Satz – MEIKO ist ...... ein hoch motiviertes Team und eine Marke, an der keiner vorbeikommt.

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KOPFSALAT Philippe Buka

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DER DELIKATE FRANZOSEPHILIPPE BUKA, FEINKOSTHäNDLERvON HEIKO GRALKI

Darin waren sich Josef Eder, Markus Herbicht und Hendrik Otto einig. Die Macarones, jene bunten Doppelkekse aus Frankreich, erleben ihren weltwei-ten Durchbruch. Einhellig auch die Mei-nung im Falle des Jambon de Paris. „Vive la France“, kommentierte der Küchendi-rektor des Grand Hyatt seine Kostprobe, während sich seine Kollegen aus dem Borchardt und dem Adlon ein zweites Stück gönnten. Danach folgte deren Ur-teil mittels Daumenzeichen. Szenen ei-ner Spezialitätenverkostung in der Bras-serie Desbrosses.

Eingeladen hatte Philippe Buka, ein Seiteneinsteiger ins harte Delikatessen-geschäft. Buka, 46 und passionierter Feinschmecker, stammt aus Dijon, stu-dierte in Reims und New York, machte Karriere in der Modebranche. 2007 kam

der Globetrotter nach Berlin, spürte, wie er sagt, „die kreative Energie der Stadt“ und beschloss, zu bleiben.

Was er mit zunehmender Dauer seines Hier-Seins immer schmerzlicher vermiss-te: ein gutes Baguette, Buttercroissants, die den Namen verdienen und andere erstklassige französische Produkte.

Philippe Buka, ein Mann schneller Ent-schlüsse, eines entsprechenden Netz-werkes und der Fähigkeit, geschäftliche Möglichkeiten und Risiken einzuschät-zen, nahm die Sache in die Hand.

Er fuhr nach Frankreich, fand Produ-zenten wie die Backmanufaktur in Be-ziere und gründete schließlich eine Fir-ma: Moulin Rouge 1855.

Ziel des Unternehmens: Import fran-zösischer Spezialitäten und deren Ver-kauf an Hotels, Restaurants , Caterer

und Ein-zelhändler. Das Besondere seines Projekts besteht darin, dass Philippe Buka nur sol-che Produkte nach Ber-lin holt, deren Qualität er selbst akzeptiert.

„Meine Zunge ent-scheidet“, sagt er. Die Verkostung in der Brasserie Desbros-ses bewies, dass Bu-kas Zunge nicht die schlechteste ist.

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Philippe Buka KOPFSALAT

www.moulin-rouge-1855.de

MOULIN ROUGE 1855

Hohenzollerndamm 8114199 Berlin-Wilmersdorf

Tel. 0178 - 441 65 44

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Brandenburger Köche KOPFSALAT

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Wer die beiden wichtigsten Gastro-Guides zu Rate zieht, um zu erfahren, wie sich Brandenburg in den letzten zehn Jahren kulinarisch entwickelt hat, erlebt eine Überraschung. Zwischen 2000 und 2010 hat sich - folgt man Michelin und Gault Millau - in der Restaurantland-schaft zwischen Prignitz und Fläming, was die Qualität der Speisen betrifft, kaum etwas getan.

Im Jahr 2000 funkelte ein Michelin-Stern in Brandenburg, 2010 waren es zwei. 19 Restaurants brachten es im Gault Millau 2000 auf 241 Punkte, eben-falls 19 Restaurants zehn Jahre später auf 267.

Wir behaupten dennoch: Brandenburg ist auch hier längst besser als sein Ruf. Im Lande regt sich kulinarischer Ehrgeiz, totgebratene Fische sind seltener gewor-den, alberne Gemüseschnitzereien und plumpe Saucenkreationen auch. Nicht überall, aber immer öfter.

Den größten Anteil daran, dass man heutzutage kein Essen mehr mitnehmen muss, wenn man nach Brandenburg fährt

- Rainald Grebes Lied wird auch nur noch selten gespielt - haben Dieter Kobusch, Frank Schreiber, Steffen Specker und Co.

2003 gründeten sie die Initiative Bran-denburg unter Dampf und trommeln seitdem für die gute märkische Küche. In diesem Jahr verfassten sie sogar eine Genuss-Charta - nichts Weltbewegen-des, aber Brandenburg Aufrüttelndes wohl schon.

Frische, Regionalität, Saisonalität, Tradition, Transparenz - ein Weckruf an die, deren Küchen noch immer arg mit-telmäßig sind.

Ein Köchetreffen im April im Däme-ritzseehotel war dann auch die beste Gelegenheit, die Charta vorzustellen und eine große Brandenburger Köchin zu ehren. Sie vollbrachte das „Wunder von Eichwalde“ und erhielt dafür das „Mär-kische Gaumengold“. Höhepunkt: Die Grande Dame des deutschen Food-Jour-nalismus würdigte die Grande Dame der Brandenburger Kulinarik. Renate Peiler über Carmen Krüger (S. 48/49).

HEIMAT AUF DEM TELLERBRANDENBURGER KöCHE UNTER DAMPFvON ANNA WEBER

Dämeritzseehotel in Köpenick

Carmen Krüger, li. und Renate Peiler

Galagäste

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KOPFSALAT Carmen Krüger

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Es ist die unverfälschte Natürlichkeit von Köchin und Gekochtem, die aus Car-men Krüger, kaum hatte sie nach der Wende den Sprung ins eiskalte Wasser kapitalistischer Gastronomie gewagt, eine Lieblingsköchin von uns allen ge-macht hat.

Es ist ihr Kochstil, dem wir verfallen sind. Der ist nämlich in keiner Weise mo-disch, hängt sich an keinen Trend, und er kann deshalb auch nicht aus der Mode kommen.

Ich bin damals gleich nach der Wende für meine Redaktion, das war die von Es-sen & Trinken, gern und ausgiebig durch Brandenburg getourt, weil ich als West-berlinerin meine Heimatkunde nachho-len wollte. Fontane und so ...

Landschaftlich war da viel Schönes, zum Essen gab es eher Fürchterliches. Ich will Sie nicht langweilen. Kurzum: Es gab in der frühen Nachwendezeit nur eine anständige kulinarische Zuflucht in der Brandenburger Streusandbüchse: Das war, schon 1990, Carmens schlichtes Stübchen mit dem komplizierten Namen. Das C+W Gourmet draußen in Eichwalde.

Dass es heute in Brandenburg mindes-tens genau so viele gute Köche gibt wie in Schleswig-Holstein, das ist auch die-ser großen Köchin zu verdanken.

Ich bin sehr froh, dass Carmen Krü-ger in all den Jahren meine kulinari-sche Weggefährtin gewesen ist. Ab und zu haben sie und ihr Partner Wolfgang Haase mich auch beim Testen begleitet. Ich sag’s Ihnen: Großartigere, weil unge-mein kenntnisreiche und fröhliche Mit-esser kann man nicht am Tisch haben. Auch die schäbigste, schon grün schil-lernde Wildpizza konnte uns da nicht schrecken.

Wie Sie sich sicher vorstellen können, kenne ich mich in meinem Beruf mit Kö-chen gut aus. Ich hab mit fast allen ge-arbeitet, die seit den frühen Achtzigern in Deutschland die anspruchsvolle Küche ausmachen. Die Witzigmanns und Wohl-fahrts, die Lafers und Schuhbecks, die Kammeiers und Raneburgers.

Aber bis auf letzteren ist auf dem Tel-ler – und auch sonst - keiner von denen so ehrlich wie die blonde Blauäugige, die stur - wie eine Brandenburgerin eben - in

JUBElEi AUF CArMEnEIN SEHR PERSöNLICHES DANKESCHöNvON RENATE PEILER

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Carmen Krüger KOPFSALAT

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höchster Qualität das Einfache kultiviert. Und das mit den besten Produkten ihrer Region. Carmen Krüger hat sich über die Jahre einen bemerkenswerten Kreis von Qualitätsmachern herangezogen, die ihr die Ware liefern, die sie für ihre extrem reduzierte Küche braucht. Fischer Lucas aus Niederlehme, Schlachter Nusche aus Lehme, die Spargel-und-Gemüse-Jacobs aus Beelitz – nur ein paar Beispiele.

Das alles heißt nicht etwa, dass Car-men Krüger eine biedere Traditionalistin wäre, der die Erkenntnisse zeitgenössi-scher Küche und deren Moden ein Buch mit sieben Siegeln geblieben sind.

Die Spitzenköchin weiß genau, wie und womit allerorten Schäumchen ge-schlagen werden. Es ist nur so: Sie will das nicht, sie hat das nicht nötig, sie will keine Pirouetten auf dem Teller drehen, sie will einfach nur mit guten Sachen gut kochen. Und so ragt sie mit ihrer grund-soliden, puristisch auf Qualität bedach-ten Kunst erfrischend aus der Masse der Schaumschläger und Türmchenbauer heraus.

Und davon mal ganz abgesehen: es ar-beiten ja alle Köche hart. Aber ich kenne niemanden in dieser Szene, der so hart arbeitet wie diese Frau. Putzen, Wa-schen, Bügeln, Kochen: Carmen macht alles „alleene“. Nur ihr Haase ist immer treu zur Seite, sorgt für den feinen, klei-nen Weinkeller und bedient – mit dem für viele sehr gewöhnungsbedürftigen

Charme des Brandenburgers – vorn die Gäste, während Köchin Carmen hinten mutterseelenallein in ihrer Winz-Küche schuftet, bis die Luft brennt. Den Schluck Champagner nach dem Service, den hat sie sich wirklich mehr als verdient.

Carmen Krüger ist glücklicherweise über all die Jahre die geblieben, die sie immer war. Eine Frau, die man einfach gern haben muss. Weil sie sich nicht ver-biegen lässt, treu und fast dickköpfig in der Spur bleibt.

Obwohl sie, wenn sie es sich so leicht gemacht hätte wie viele Gastronomen in den neuen Bundesländern, es viel einfa-cher hätte haben können mit dem Geld-verdienen. Sie kocht ihre Gäste nicht ab wie die, sie kocht für sie.

Carmen Krüger ist seit zwanzig Jahren die beste Köchin in Berlin und Branden-burg: handfest, klar und geradeaus. Und genauso kocht sie auch: selbstbewusst, entschieden pur und stilsicher. Frau Krü-ger ist im besten Sinne märkisch: mehr Sein als Schein.

Und so hat sie im Laufe der Jahre auch alle wichtigen Fress-Kritiker von sich überzeugt.

Ich kenne mindestens acht, die sich rühmen, die Eichwalderin als erste ent-deckt zu haben. Was – meiner unmaß-geblichen Meinung nach – die höchste Form von Wertschätzung ist.

Der Gault Millau ist voll des Lobes, Essen & Trinken und der Feinschmecker

auch. Bernd Matthies vom Tagesspiegel liebt sie. Jürgen Schiller vom Deutsch-landradio Kultur und Thomas Platt von der FAZ sind treue Fans.

Selbst den strengen Siebeck hat sie letztendlich überzeugt, nachdem der beim ersten Besuch doch sehr gelang-weilt tat. Nach dem zweiten wünschte er sich dann für Deutschland mehr Kö-chinnen von ihrem Kaliber.

2002 ist Carmen Krüger zur Berliner Meisterköchin gekürt geworden. Und heute bekommt sie für ihre vorbildliche kulinarische Heimatpflege das Märkische Gaumengold, den Preis für ihr Lebens-werk, obwohl sie dafür noch viel zu jung ist.

Ich jedenfalls möchte mit meinen Freunden noch viele Jahre zu ihr wall-fahrten, weil es bei ihr - ganz ohne Ge-döns, ohne Firlefanz, ohne Schickimicki - die schönsten Sachen in ihrer schönsten Form gibt: Spargel, Krebse und Morcheln im Juni, ihre sensationellen Fischgerich-te, egal ob Aal grün oder Zander im Kar-toffelschuppenmantel, immer wieder sonntags saftige Braten, schmeichelwei-chen Mändelchenpudding oder geniales Lebkuchenparfait.

Und letzten Martini hatte ich bei ihr, in einem rummsvollen Laden, das beste Gänsesüppchen meines Lebens.

Carmen, wir lieben dich. Bleib bitte noch lange so, wie du bist. Wir kommen auch alle helfen, wenn dir danach ist.

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KOPFSALAT Reinhard Fischer

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Tabak & PulverREINHARD FISCHER UND SEIN TRADITIONSHAUS vON MARC STEyER

Der tägliche Abstieg ist Reinhard Fi-schers liebster Gang. Zum einen kann er damit seine körperliche Fitness testen - Männer seines Alters brauchen diese Be-stätigung - zum anderen führt die steile Treppe in die Schatzkammer seines Ge-schäfts. „Wer ist nicht am liebsten bei

seinem Schatz?“, fragt er grinsend.Der von Reinhard Fischer ist sicher ver-

packt in Zedernholzkisten und bis unter die Decke gestapelt. Der Mann handelt mit Zigarren. Seine Berufsbezeichnung: Fachhändler für Tabakwaren. Einer der letzten seiner Branche in Berlin.

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Reinhard Fischer KOPFSALAT

Schatzkammer: Reinhard Fischer und seine Zigarren

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Wir treffen Reinhard Fischer, Inhaber des 1988 gegründeten Fachgeschäftes Tabak & Pulver, ein paar Minuten vor 10 in einer Steglitzer Seitenstraße. Er war mal wieder auf Parkplatzsuche. „Ich muss mich beeilen“, ruft er und eilt in Richtung Schloßstraße.

Fischer gehört zu jener Generati-on, nach der man die Uhr stellen kann. Pünktlichkeit ist eine Grundtugend des Einzelhändlers, diesen Satz aus seiner Lehre lebt er. Um 9.59 Uhr fährt er das Türgitter seines kleinen Ladens hoch, um 10 Uhr öffnet er.

In einer Zeit, in der Zigarren, Pfeifen und Tabake selbst an Zeitungskiosken verkauft werden, gilt einer wie Fischer für viele als Exot.

Der gebürtige Berliner absolvierte eine dreijährige Ausbildung zum Tabak-warenkaufmann und führte danach 17 Jahre die Geschäfte einer Filiale des da-maligen Branchenprimus Otto Boenicke. „Es war eine Zeit, in der Deutschland Weltmeister im Zigarrerauchen war und in der wir zehn Pfeifen am Tag verkauft

haben“, erinnert sich Fischer. Als Lehrling hat er Helmut Schmidt

und Herbert Wehner bedient. „Die kann-ten sich aus“, erzählt der 59-Jährige, „die konnten mit geschlossenen Augen eine Castello von einer Dunhill unter-scheiden.“ Die Traditionsmarken hat Fi-scher noch heute im Angebot, dazu 22 weitere.

Mit dem dänischen Pfeifenmacher Poul Winsløw ist er befreundet - kein Wunder, dass er in Berlin die größte Auswahl handgefertigter Unikate des Kopenhagener Künstlers präsentieren kann. Hinzu kommt die ganze Welt der Pfeifentabake, darunter 14 Hausmarken, eigene Mischungen also, deren genaue Zusammensetzung Fischers Geheimnis ist.

„Für die Wahl einer Pfeife und des richtigen Tabaks sollte man sich in der Stille eines friedlichen Raumes Zeit nehmen“, sagt Fischer. Kunden, die das können, bekommen dann eine in Zeiten fixen Geld-gegen-Ware-Wechselns selten gewordene Gegenleistung: Fachwissen

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KOPFSALAT Reinhard Fischer

Benzo | Montanstraße 25 | 13407 Berlin-Reinickendorf | Tel. 030 – 414 50 11/12 | www.benzo-berlin.deÖffnungszeiten: Mo - Fr 9.00 - 16.30 Uhr, Sa 9.00 - 15.00 Uhr

BENZO = BERLIN + ENZOSPEZIALITÄTEN ALL´ ITALIANA

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Groß- und EinzelhandelFrischetheke Mittwoch bis Samstag

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www.tabakundpulver.de

TABAK & PULvER

Rheinstraße 4212161 Berlin-SteglitzTel. 030 - 851 57 32

Genussberater: Reinhard Fischer und seine Frau Margit

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und Freundlichkeit. Reinhard Fischer: „Wir sehen uns in erster Linie als Ge-nussberater.“

Das gilt genauso für den Zigarrenkauf. 250 000 Stück lagern in Fischers Ge-schäft - in einem begehbaren Humidor und einem klimatisierten Keller.

Der Fachhändler spricht über Luft-feuchtigkeit, Temperatur und Belüftung - schon wieder eine Wissenschaft für sich. Fischer lächelt: „Wie willst du be-raten, wenn du nichts weißt?“

Wieviel er weiß, belegen Urkunden. Da ist eine über die Aufnahme in die John-Aylesbury-Gruppe, eine Art Kom-petenzpool der 50 wichtigsten deut-schen Tabakfachhändler. Eine zweite bestätigt Fischer besondere Kenntnisse in allen Bereichen des Habanos-Sorti-ments. Und schließlich bescheinigt ihm das Deutsche Zigarreninstitut den Titel „Experte für Cigarillos und Cigarren“.

Kein Wunder, dass die Nobelhotels

Adlon und Ritz-Carlton, ihre Zigarren bei Reinhard Fischer bestellen und ihr Per-sonal von ihm schulen lassen. Da geht es dann um Aromen, Formate, Brenneigen-schaften, Deckblätter, Geschmacksno-ten, und, und, und… Selbst der Top-Profi gesteht: „Ich bin jetzt 42 Jahre im Ge-schäft und lerne wie am ersten Tag.“

Das betrifft auch das Thema Spirituo-sen. Vor vier Jahren begann Reinhard Fi-scher - gemeinsam mit seiner Frau Mar-git - edle Single Malts und Rum-Sorten in sein Sortiment aufzunehmen. „Auch hier heißt unser Credo: Qualität vor Quanti-tät“, so Fischer.

Auf ein altes Ölbild angesprochen, das den Laden ziert, wird der Mann nach-denklich: „Der pfeiferauchende Fischer, so heißt es tatsächlich, denkt darüber nach, wie es mit unserer Branche wei-tergeht.“ Was das Fachgeschäft Tabak & Pulver betrifft, scheint die Zukunft je-denfalls gesichert.

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Benzo | Montanstraße 25 | 13407 Berlin-Reinickendorf | Tel. 030 – 414 50 11/12 | www.benzo-berlin.deÖffnungszeiten: Mo - Fr 9.00 - 16.30 Uhr, Sa 9.00 - 15.00 Uhr

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Preußens Küche GESCHMACKSSACHEN

Sebastian Marquardt, Mitte

Sven Albrecht

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PREUSSISCH LECKERWIE MAN IN BERLIN ZUR ZEIT DER KöNIGIN LUISE KOCHTE

Berlin 2010. Die Preußen-Fans feiern mit Ausstellungen und einem halben Dutzend neuer Bücher über Luise, die mit 21 Jahren Königin wurde und 1810, 34-jährig, starb.

Sie ist die populärste Frauengestalt der preussischen Geschichte und neben Friedrich dem Großen die herausragen-de Persönlichkeit der Hohenzollern-Dy-nastie.

Ihr Todestag am 19. Juli war für Gar-con-Autor Marc Steyer Anlass, Antwort auf die Frage zu suchen, wie zu Lebzei-ten der Preußenkönigin (1776-1810) ge-kocht wurde.

Sein Erstaunen muss erheblich gewe-sen sein, als er ein über 100 Jahre altes Kochbuch entdeckte, das genau diesen

Titel trägt: Wie man in Berlin zur Zeit der Königin Luise kochte.

403 Rezepte, aufgezeichnet 1795 von Friedérique Charlotte Fontane, heraus-gegeben 1903 von ihren Enkelinnen Jen-ny Sommerfeld und Eliese Weber.

Deren Hoffnung, dass „die deutsche Hausfrau manches dieser Gerichte ihrem Repertoire wieder einverleiben möge“, erfüllte sich damals allerdings nicht. Der Grund lag auf der Hand.

Berlin wuchs zwischen 1800 und 1900 von 170 000 auf 1,9 Millionen Einwoh-ner. Das Gros hatte anderes zu tun, als solchen Spezialitäten wie Hechtpastete und Hasenbraten nachzuspüren.

„Berlins kulinarische Gabe an die Na-tion besteht – trotz einer faszinierenden

Küchenvielfalt – weit eher aus vergrö-berter Budikenkost: Schnell- und Arme-leuteküche im Geist von Happenpappen und Hoppelpoppel“, beschreibt der Pub-lizist Peter Peter treffend die Kulinaria dieser Zeit.

Wiederum gut 100 Jahre später nah-men sich mit Sven Albrecht (“Zander“) und Sebastian Marquardt („Goldener Greif“) zwei Berliner Küchenchefs des Kochbuches von Friedérique Charlotte Fontane an.

Ihr Kommentar: „Ein kulinarisches Dokument von Wert und Rezepte, die belegen, dass die Berlin-Brandenburger Regionalküche sich nicht allein auf sim-plen Hackepeter und Stolzen Heinrich beschränkt.“

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GESCHMACKSSACHEN Preußens Küche

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Sven Albrecht, Küchenchef im Restau-rant Zander am Kollwitzplatz, gehört zu jenen jungen Berliner Köchen, die genau wissen, was sie wollen. „Regional, regi-onaler, am regionalsten“, beschreibt er sein kulinarisches Konzept.

Das Ergebnis ist eine feine bürgerliche Küche, anständig und preiswürdig. Und deren Basis wiederum sind frische Sai-sonprodukte aus bäuerlichen Betrieben vor allem in Brandenburg und Mecklen-burg-Vorpommern.

Das brachte dem 37-jährigen Thürin-ger, der sein Handwerk im längst ver-blichenen Hotel Adria lernte, später bei Kolja Kleeberg und René Conrad im Restaurant Am Karlsbad am Herd stand und im Haus am Dolgensee seine erste Küchenchef-Stelle innehatte, höchst ver-diente 14 Gault-Millau-Punkte ein.

Die hätte Albrecht allein schon für seine Hartnäckigkeit verdient, mit der er den guten alten Sonntagsbraten wie-der hoffähig gemacht hat. Eine ordent-liche Brühe ist die Basis der Suppen, die Wildschweinkeule wird im Ganzen geschmort, das Böfflamott (Bœuf à la mode) – gebeizter Rinderbraten mit Ge-müse und dunkler Sauce – feiert Wie-derauferstehung und die Perlhuhnbrust wird poêliert, also unter Zugabe von wenig Flüssigkeit im geschlossenen Topf schnell gebraten – wo gibt es das noch. Das Fleisch wird dadurch besonders saf-tig und behält seine an Wildgeflügel er-innernde Geschmacksnote.

Aus dem Kochbuch von Friedérique Charlotte Fontane wählte Sven Albrecht das Rezept Nr. 66 - „Eine angeschlagene Zunge“.

Sein Fazit: „Ein interessantes Gericht, dass, wenn man es ein wenig moderni-siert, durchaus auf meine Speisenkarte passen könnte.“

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Preußens Küche GESCHMACKSSACHEN

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Auch Sebastian Marquardt, gebürtiger Berliner und Nachfolger von Franz Rane-burger im Restaurant von Schloss Glie-nicke, das inzwischen Goldener Greif heißt, gehört zu jenen jungen Berliner Küchenchefs, die auf Regionales schwö-ren. Anstelle karierter Maiglöckchen kross gebratener Zander.

Viele Gerichte auf seiner Speisenkarte entstehen als Erinnerung an die deftige Küche von vorgestern, gekonnt verfei-nert durch das, was er bei Johann La-fer und Franz Raneburger gesehen und gelernt hat. An Ideen jedenfalls fehlt es dem 37-Jährigen nicht.

Das Kochbuch der Friederique Char-lotte Fontane betrachtet Marquardt als Fundgrube für neue kulinarische Kre-ationen. Er kochte das Rezept Nr. 78 - „Kalbfleisch mit Stachelbeeren“ - und kann sich auch vorstellen, das Gericht auf seine Speisenkarte zu setzen. Viel-leicht wird er sogar ein spezielles Köni-gin-Luise-Menü zusammenstellen. Keine schlechte Idee, finden wir.

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GESCHMACKSSACHEN GSM - exklusive Früchte

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BErlin, BEUSSElMArkt, 6.00 Uhr

GSM FriSChE, GütE, koMpEtEnzEIN UNTERNEHMEN IM AUFWINDvON yvONNE WEINLICH

Lange, bevor Berlin erwacht, herrscht auf dem Berliner Fruchthof an der Moa-biter Beusselstraße bereits Hochbetrieb. Dutzende Gabelstapler drehen in den 30 000-Quadratmeter-Hallen ihre hals-brecherischen Runden. Über 1000 Mit-arbeiter sorgen dafür, dass Tonnen von Obst und Gemüse auf den richtigen Platz kommen. Die Kommandos der Männer

sind laut und rauh, Zeit für Höflichkeits-floskeln gibt es hier nicht.

Zu denen, die auf dem Fruchthof den Ton angeben, gehört die GSM Import-Export GmbH. Das 1980 gegründete Fruchtgroßhandelsunternehmen ist zwar kein Riese seiner Branche, dafür aber ein Beispiel an Qualität, Kompetenz, Service und Zuverlässigkeit.

Gottfried Specker, Gastgeber in Spe-ckers Landhaus in Potsdam und immer noch ein Frühaufsteher, wenn es um erstklassige Ware geht, bestätigt, was viele seiner Kollegen sagen: „GSM weiß, was wir Köche wollen!“ Specker kauft an diesem Morgen Zucchini-Blüten, Tim Lanwerd ist sein Ansprechpartner. Der 26-jährige Berliner hat als Lehrling bei

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GSM - exklusive Früchte GESCHMACKSSACHEN

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BErlin, roSEnECk, 11.00 UhrGSM begonnen, Groß- und Außenhan-delskaufmann. Nach dem Abschluss ist er geblieben und aufgestiegen - zum Leiter Geschäftsentwicklung immerhin.

Kaum hat der Potsdamer Gastronom die Halle verlassen, bittet ein weite-rer Kunde um Audienz. Auch er ist so ein Fall, für den Tim Lanwerd selbst im

größten Stress Zeit hat. Schließlich ist Lutz Rockel Mitarbeiter bei Elias, einer Institution im Berliner Obst- und Gemü-sehandel.

Dessen Laden am Roseneck gilt unter Berlins Feinschmeckern als erste Adres-se, wenn es um Obst, Gemüse und Kräu-ter geht. 1996 hat Elias sein Geschäft

zwischen Udo Walz und dem Wiener Café eröffnet, und seitdem ist GSM auch der wichtigste Lieferant des umtriebigen Händlers.

Elias braucht Kumquats aus Südafrika, Limquats aus Spanien, Passionsfrüchte und Pomelos. Lanwerd zeigt die Ware. Die Miene des Mannes vom Roseneck

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GESCHMACKSSACHEN GSM - exklusive Früchte

www.gsm-berlin.com

GSM IMPORT-ExPORT GMBH

Beusselstrasse 44 n-q10553 Berlin-Moabit

Tel. 030 - 397 47 91-0

Probieren geht über studieren: Die GSM-Geschäftsführer Erdal Türker, re. und Hüseyin Akin, li. mit Tim Lanwerd, Leiter Geschäftsentwicklung

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verheißt Zufriedenheit. „Alles Top-Wa-re“, sagt er knapp. Etwas anderes würde er seinen Kunden auch nicht anbieten.

Ähnlich reagiert Maximilian Hauser, Obst- und Gemüsehändler in der Wil-mersdorfer Ludwigkirchstraße auf die Frage, weshalb er Aprikosen, Feigen, Melonen und anderes Obst ausgerechnet bei GSM kaufe. „Weil die Produkte gna-denlos frisch und die GSM-Mitarbeiter kompromisslos kompetent sind!“

GSM, das sind die Anfangsbuchstaben der türkischen Wörter für Lebensmit-tel, Obst und Gemüse – und damit auch Hinweis auf die Herkunft der Unter-nehmensgründer. Die starteten vor 30 Jahren auf dem Berliner Fruchthof und übergaben 1996 die Firma an die nächste Generation.

Erdal Türker und Hüseyin Akin führen heute die Geschäfte – 33 Mitarbeiter, 15 Lieferfahrzeuge, Kühl- und Lagerhallen, Büros.

Ein modernes mittelständisches Un-ternehmen. Rund 800 Produkte hat GSM im Angebot, aufgeteilt in neun Waren-

gruppen. Die Erzeuger kommen aus der ganzen Welt.

„Wo wir die beste Ware zu einem gu-ten Preis bekommen, kaufen wir ein“, sagt Erdal Türker, 37, Kaufmann mit TU-Diplom.

Und Hüseyin Akin fügt hinzu: „Gibt’s nicht, ist nicht! Kundenwünsche sind Aufträge, die wir schnell und in hoher Qualität erfüllen.“ Besonders wichtig ist den GSM-Geschäftsführern dabei der direkte Kontakt zu ihren Erzeugern – gleich, ob sie in Brandenburg oder Über-see zu Hause sind.

Türker und Akin haben ihre Hausauf-gaben gemacht, die GSM Import-Export GmbH ist auf einem guten Weg, weil sie die aktuellen Herausforderungen des Marktes meistert.

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GESCHMACKSSACHEN Hammers Käsebrett

Manuela Sporbert und Jürgen Ham-mer – sie Hotelfachfrau aus dem säch-sischen Rochlitz, er Sommelier aus

Würzburg – lernten sich in der Servi-cebrigade des Drei-Sterne-Restaurants von Dieter Müller in Bergisch Gladbach

kennen. Nach weiteren gemeinsamen Stationen, u.a. in der Weinbar Rutz, eröffneten sie im November 2007 ein eigenes Geschäft in der Kreuzberger Körtestraße. Hammers Weinkostbar mauserte sich schnell zu einer der ers-ten Berliner Wein- und Feinkostadres-sen. Die kulinarischen Seminare von Manuela Sporbert und Jürgen Hammer gelten als gleichermaßen lehrreich wie unterhaltsam. Das Stadtmagazin Zitty zeichnete die Weinkostbar dafür als „Beste Genussschule Berlins“ aus.

Im Garcon vermitteln die beiden Experten im Wechsel Wissenswertes über Käsesorten und deren Besonder-heiten, geben Tipps für den Einkauf und empfehlen zum Käse passende Weine.Heute: Stubnitzer

HAMMERS KäSEBRETTES MUSS NICHT IMMER FRANKREICH SEINvON MANUELA SPORBERT

www.hammers-wein.de

HAMMERS WEINKOSTBAR

Körtestraße 2010967 Berlin-KreuzbergTel. 030 - 69 81 86 77

Manuela Sporbert und Jürgen Hammer

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Nein, es muss wirklich nicht immer Frankreich sein. Weder beim Wein - das akzeptieren außer einigen Gastrokriti-kern inzwischen die meisten Feinschme-cker - noch beim Käse.

„Ich wünsche dieser ganz besonderen Straße möglichst viel Verkehr und dass alle Reisenden letztlich an ausgespro-chen genussvollen Zielen ankommen“, sagte Wolfram Siebeck im November 2006 zur Eröffnung der Deutschen Milch- und Käsestraße. Beim Klick auf www.milchundkaesestrasse.de kann man se-hen und staunen: über 600 kleine Mol-kereien und Käsereien in Deutschland bieten handgemachte Käse, individuelle Produkte, die die Minderwertigkeit der konfektionierten Gummikäse mit dem Einheitsgeschmack so richtig bloßstel-len. Allein in Nord- und Ostdeutschland gibt es dutzende Sorten, darunter den Stubnitzer, den wir schon ziemlich lange anbieten.

Er stammt - sein Name lässt es ver-muten - von der Insel Rügen. Das Bio-

land-Hofgut Bisdamitz auf dem oberen Jasmund betreibt „ladwirtschaftliche Urproduktion“. Eins der Ergebnisse sind 38 Tonnen Bio-Käse jährlich aus Kuh- oder Schafmilch mit natürlicher Rot-schmiere-Außenreifung.

Völlig klar, dass die Bisdamitzer Bau-ern für ihren Käse nur Naturlab ver-wenden und auf Farb- und Konservie-rungsstoffe sowie auf den Einsatz von Enzymen völlig verzichten.

Mein Favorit unter den 8 verschie-denen Sorten ist der Stubnitzer Bocks-hornklee Bio-Käse, ein Rohmilchkäse aus Kuhmilch. Sein mild-säuerlicher Ge-schmack mit einer leichten Butternote bekommt durch den Bockshornklee eine Art nussigen Touch.

Diese Aromen sollte ein Wein aufgrei-fen. Am besten kann das meiner Mei-nung nach der Grauburgunder.

Deshalb meine Empfehlung: Grau-burgunder Badacsony vom Plattensee. Übrigens: Ungarn ist durchaus noch ein Geheimtipp.

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GESCHMACKSSACHEN Galicien

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„vergiss den Regenschirm nicht“, sagte Pedro Homar vor unserer Abrei-se. „Und pack am besten noch Gummi-stiefel dazu“, ergänzte Jens Janßen. Ich hätte auf die beiden Spanien-Ken-ner hören sollen. Aber wie das so ist bei Leuten, deren iberische Erfahrun-gen sich weitgehend auf Mallorca und Marbella beschränken, sie setzen dann doch auf Sandalen und Sonnenbrille. Beides allerdings ist in Galicien ebenso unangebracht wie eine Pelzmütze in der Sahara.

Regen, Nebel und Wind prägen die Region im äußersten Nordwesten Spa-niens.

Die beiden Männer stört das nass-kalte Wetter nur wenig. Janßen sowie-so nicht - er wuchs in Bremen auf, und da ist es meist nicht besser. Homar stammt zwar von der Sonneninsel Mal-

lorca, aber auch ihm würde der me-lancholische Himmel wahrscheinlich nur dann aufs Gemüt schlagen, wenn ihre galicische Reise erfolglos verliefe. Alles andere jedoch war der Fall - das sei vorweggenommen.

Pedro Homar und Jens Janßen sind Geschäftsführer des Lebensmittel-großhändlers Andupez. Das 1990 ge-gründete Unternehmen mit Sitz auf dem Gelände des Westhafens ist der Spanien-Primus seiner Branche zu-mindest in Berlin, wahrscheinlich aber auch darüber hinaus.

Und damit das so bleibt, sind sei-ne Chefs fünf- bis sechsmal im Jahr zwischen Barcelona und Sevilla un-terwegs, immer auf der Suche nach Spezialitäten „Fabricado en España“. Auch ihre Reise ins Regenland Galicien diente diesem Zweck.

BERLINER FOOD-SCOUTS UNTERWEGS IN GALICIENvON JöRG TEUSCHER

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Galicien GESCHMACKSSACHEN

Andupez-Geschäftsführer: Pedro Homar, li. und Jens Janßen

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GESCHMACKSSACHEN Galicien

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Santiago de compoStelaDIE HAUPTSTADT GALICIENS

ERSTE STATION:

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Galicien GESCHMACKSSACHEN

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GESCHMACKSSACHEN Galicien

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Wer wissen will, wie die Gastronomie Galiciens tickt, reserviert bei Marcelo Tejedor. Der 42-jährige Sternekoch er-öffnete nach Wanderjahren durch die halbe Welt vor elf Jahren in Santiago de Compostela sein eigenes Restaurant (www.casamarcelo.net).

Im Schatten der imposanten Kathed-rale, in der jedes Jahr tausende Pilger dem Heiligen Jakobus ihre Reverenz er-weisen, serviert Tejedor seine fast aus-schließlich auf marktfrischen galicischen Produkten basierende Küche.

Sicher, die Menüs sind nicht so aus-geklügelt wie etwa die von Andoni Luis Aduriz in Renteria, Martin Berasategui in Lasarte oder Carme Ruscalleda in Sant

Pol de Mar, bemerkenswert kreativ aller-dings sind sie allemal - und bemerkens-wert klar und puristisch. Teilweise sogar sensationell.

Dem fabelhaften Seehecht mit Zit-ronensauce etwa folgte Kaninchen mit Wildkräutern. Das zarte Fleisch kam schön mürbe und eher zurückhaltend gewürzt auf die Teller, die entweder von Marcelo Tejedor selbst oder von seinem jungen Sous Chef Alberto Lareo zum Tisch gebracht wurden.

Überhaupt die offene Küche. Die Männer in Weiß agieren direkt vor den Gästen, nichts bleibt verborgen. Das ist einerseits der räumlichen Enge des Re-staurants geschuldet, andererseits wohl

aber auch ein Teil des Konzeptes, das mit dem Begriff „Erlebnisgastronomie“ durchaus treffend beschrieben ist. So-wohl die Qualität des Essens als auch das originelle Drumherum sind ein einmali-ges Erlebnis.

Viel Aufmerksamkeit bekommen die Köche, als sie dicke Kerzen anzünden - Tejedor nennt sie „Schlusslichter“. Es handelt sich um das Dessert - weiße Schokolade in Kerzenform, gefüllt mit Kokos-Mousse.

Pedro Homar und Jens Janßen, die Berliner Andupez-Geschäftsführer, reden allerdings nur noch über eine Vorspeise, die in einer Konservendose serviert wur-de - einen Salat aus frischen Algen…

vielgelobter Küchenchef: Marcelo Tejedor

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Galicien GESCHMACKSSACHEN

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GESCHMACKSSACHEN Galicien

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coSta de la muerteDIE KüSTE DES TODES

ZWEITE STATION:

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Galicien GESCHMACKSSACHEN

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GESCHMACKSSACHEN Galicien

Wir fahren von Santiago de Composte-la in Richtung Norden. Am Steuer Rosa Maria Mirás Antel. Gemeinsam mit ihrem Mann Antonio betreibt sie die Firma Por-to Muiños - Las Verduras del Mar.

Das Unternehmen ist der wichtigste Algenproduzent an der 1200 Kilometer langen Atlantikküste Galiciens. Der Be-griff „Produzent“ beschreibt allerdings ihre Tätigkeit nur unzureichend. Rosa, Antonio und ihr Team sind in Wirklichkeit Sammler, Jäger und Verarbeiter.

Die Scheibenwischer geben ihr Bestes. Links und rechts der Autobahn grünes, hügeliges Land - Wälder, Wiesen, Wei-den. Dazwischen immer wieder riesige Eukalyptushaine. General Franco hatte sie in den 1950er Jahren zur Holzgewin-nung anpflanzen lassen. „Eine ökologi-sche Katastrophe“, sagt Rosa. Die Mono-kulturen entziehen dem Boden extrem viel Wasser, so dass andere Bäume nicht mehr genügend Nährstoffe erhalten, der traditionelle Mischwald Galiciens ver-drängt wird.

Nach gut einer Stunde Fahrt erreichen wir die Costa del muerte im Nordwesten Galiciens. Steile Klippen. Rauhe Granit-felsen von bizarrer Schönheit. Hunderte Schiffe zerschellten hier bei Sturm. Die Seefahrer prägten auch den Namen - Costa del muerte, die Todesküste.

Es herrscht Ebbe, das heißt, der Mee-resspiegel ist um vier Meter gesunken. Wenn den Atlantik keine Stürme peit-schen, können Antonio und seine Mit-Taucher Javi und Julian Algen ernten. „Coger“, sagen sie, „pflücken“.

Die Wassertemperatur beträgt gerade mal 12 Grad, der Boden ist steinig, und um die Pflanzen dem Meer zu entrei-ßen, bedarf es viel Kraft. Kein Job für Weicheier. 40 bis 80 Kilogramm bringen Antonio und seine Männer an Land, 20 verschiedene Sorten.

In den Wintermonaten gehen sie hier auch auf Jagd nach Entenmuscheln, fin-gergroßen Krebstieren, die sich an den Felsen festsaugen.

Für die Delikatesse zahlen Feinschme-cker in aller Welt gern ein kleines Ver-mögen. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema…

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Galicien GESCHMACKSSACHEN

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GESCHMACKSSACHEN Galicien

cambreDIE MANUFAKTUR PORTO MUIñOS - LAS vERDURAS DEL MAR

DRITTE STATION:

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Galicien GESCHMACKSSACHEN

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GESCHMACKSSACHEN Galicien

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Galicien GESCHMACKSSACHEN

Cambre, ein Dorf fünf Kilometer land-einwärts der Todesküste. Hier starteten Rosa Maria Mirás Antel und ihr Mann 1982 ins Food-Geschäft. Was sie hatten, war nicht viel. Eine Idee, ein paar ausgedien-te Schweineställe und den unbedingten Willen, sich in der strukturschwachen Region etwas aufzubauen.

Es begann mit einer Champignon-zucht, 1988 kamen die Algen hinzu. Da-mit machen sie inzwischen 2 Millionen Euro Umsatz jährlich. „Wir wissen, dass diese Produkte Zukunft haben“, sagt Rosa selbstbewusst.

Inzwischen interessieren sich nicht nur Gastronomen und Großhändler in Spanien, sondern auch in anderen Län-

dern dafür. Ein vielsagendes Lächeln. Sie hofft, mit den Andupez-Männern aus Berlin ins Geschäft zu kommen.

Und sie hat eine Menge zu bieten: Unbehandelte Algen, Wakame und Mee-resspaghetti etwa, im Glas oder in der Dose, Tee mit Algen, Reis mit Algen, Al-genpesto, Algensalat, Algentatar, frische Algen in Salz, getrocknete Algen, Agar

agar. Dazu diverse weitere Konserven, Miesmuscheln beispielsweise und See-teufelleber.

Das größte Problem der Unternehme-rin: dass selbst Spitzenköche über Algen kaum etwas wissen, außer, dass man mit ihnen Austernauslagen und Fischbu-fetts dekorieren kann. So organisiert sie Kochseminare mit Algen in der eigenen Kochschule und schreibt an einem Algen-kochbuch.

„Was in Asien längst Alltagswissen ist, wollen wir auch in Europa popularisie-ren“, erklärt sie, „Algen sind nicht nur lecker, sondern auch gesund, reich an pflanzlichen Proteinen, Vitaminen, Poly-phenolen, Flavanoiden und Mineralstof-

fen. Und sie sind das älteste Antistress-mittel der Welt.“

Pedro Homar und Jens Janßen, die Geschäftsführer des Berliner Spanien-Spezialisten Andupez, hat sie jedenfalls mit ihrem galicischen Charme über-zeugt. Das Unternehmen wird einige der Produkte der Manufaktur importieren.www.portomuinos.com

Willkommen in Galicien: Antonio und Rosa Antel, Pedro Homar und Jens Janßen, v.re.

Die neue Halle... ...eine 3-Millionen-Euro-Investition

Alles aus Algen...

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GESCHMACKSSACHEN Galicien

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SilledaDIE GALICISCHE MESSESTADT - SALIMAT 2010

vIERTE STATION:

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Galicien GESCHMACKSSACHEN

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GESCHMACKSSACHEN Galicien

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Silleda ist eine Kleinstadt, rund 30 Kilometer südöstlich von Santiago de Compostela. Der Ort ist eigentlich zum Vergessen - wäre da nicht das 1996 fertiggestellte Messegelände. Seitdem findet hier jedes Jahr Anfang Juni die SALIMAT statt – eine beeindruckende Leistungsschau der galicischen Lebens-mittelbranche.

93 regionale Firmen präsentierten sich und ihre Produkte: Backwaren, Honig, Käse, Likör, Olivenöl, Wein und die be-rühmten galicischen Wurstspezialitäten, die ausschließlich aus lokalen Schwei-nerassen hergestellt werden. Für Hom-ar und Janßen ein stressreicher Besuch: Auswählen, testen, vergleichen, verhan-deln. Die Andupez-Geschäftsführer, die in Berlin bereits über 1000 verschiedene spanische Produkte verkaufen, suchen für ihre Kunden den kulinarischen Kick. Den bietet zum Beispiel das wunderbar marmorierte Fleisch des Rubia Gallego, einer alten galicischen Rinderrasse. Al-lerdings, auch der Preis ist heiß – 100 Euro pro Kilo. Kobe lässt grüßen.

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Galicien GESCHMACKSSACHEN

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GESCHMACKSSACHEN Fuhrmanns Früchtekorb

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FUHRMANNS FRüCHTEKORBMIKROGEMüSE AUS MONSTERvON MARCUS FUHRMANN

Wenn in Berlin oder Brandenburg ein weißer 7,5-Tonnen-Kühltransporter mit dem Zeichen der Kirsche ein Hotel, Krankenhaus, den Knast, eine Kantine oder ein Restaurant ansteuert, heißt es dort schlicht: Fuhrmann kommt. Dieter Fuhrmann, Chef des gleich-namigen Fruchtgroßhandels und der Grand Old Man seines Berufsstandes in Berlin, gehört zu den frischever-rücktesten, qualtitätsbesessensten und kenntnisreichsten Männern sei-ner Branche. Lieber klein, dafür fein – mit diesem Motto startete er 1977 auf einem Charlottenburger Hinterhof ins Obst- und Gemüsegeschäft. 1980 Umzug auf den Fruchthof an der Beus-selstraße, 1996 Eintritt seines Sohnes Marcus als Juniorchef in die Firma, 2007 übernahme einer neuen Kühl-

halle. Inzwischen beschäftigen die Fuhrmänner 28 Mitarbeiter, die mit 18 Kühltransportern rund 500 Produkte ausliefern, pünktlich, zuverlässig und

in hoher Qualität. Für Garcon stellen Dieter und Marcus Fuhrmann im Wech-sel ihre Früchte vor.Heute: Kresse

Die Obst- und Gemüsebranche ist, das wird jedem einleuchten, kein ausge-sprochen innovativer Bereich. Apfel ist Apfel, war Apfel und wird Apfel bleiben. Artischocke genauso. Sicher, dann und wann kommen einige neue Sorten oder andere Produzenten auf den Markt, aber das bleibt überschaubar.Deshalb war ich auch ziemlich skeptisch, als ich vor etlichen Jahren auf dem Ham-burger Süllberg eine Holländerin kennen-lernte, deren Visitenkarte selbstbewusst

verkündete: Architecture Aromatique. Liesbeth Boekestein, Marketingfrau des Gartenbauunternehmens Koppert Cress B. V., präsentierte damals Borage Cress, die salzig und nach Austern schmeckte und warb für weitere Produkte ihres Un-ternehmens: „Wir sind stets auf der Su-che nach innovativen Zutaten, die Köche verwerten können, um den Geschmack, das Erscheinungsbild oder auch das Aro-ma ihrer Gerichte zu verbessern.“ Das klang irgendwie spannend und wir

Firmenchef Dieter Fuhrmann, li. und Juniorchef Marcus Fuhrmann

Liesbeth Boekestein, Koppert Cress

Koppert Cress in Monster: 20 Kressesorten unter Glas

Page 83: Garcon 2-2010

beschlossen, Produkte der holländischen Firma in unser Programm aufzu-nehmen. Inzwischen stehen Affilla Cress (schmeckt nach frischen Erbsen), Atsina Cress (schmeckt nach süßem Anis), Mustard Cress (schmeckt nach Meerrettich), Rock Chives (schmeckt nach mildem Knoblauch), Shiso Purple (schmeckt nach Kümmel) und andere Sorten auf unseren Bestelllisten und erfreuen sich bei vielen Berliner und Brandenburger Küchenchefs erhebli-cher Beliebtheit, Tendenz steigend.Und offenbar nicht nur bei ihnen. Rund 25 000 Steigen des Mikrogemüses, so ist zu hören, verkauft die Firma in der Woche. Bei dem Unternehmen mit Sitz in Monster - der 14 000-Einwohner-Ort liegt im sogenannten Westland in der Nähe von Den Haag - handelt es sich um eine High-Tec-Gewächshausanlage, in der auf einer Fläche von 1,7 Hektar unter Glas ausschließlich Kressen herangezogen und verpackt werden - 20 Sorten mit 20 verschiedenen Geschmacksrichtungen derzeit.Zwei neue Sorten bringt Koppert Cress jährlich auf den Markt. Basis sind zumeist exotische Samen: Bei der Tahoon Cress etwa, die gut zu Käse und Wildgerichten passt, stammen sie von einer Pflanze aus dem Himalaya. Es wird also nichts in ein Gewächs „hineinmanipuliert“, sondern es werden weltweit essbare Pflanzen gesucht, die neue Geschmackserlebnisse ver-sprechen und deren Samen dann in einem Zellulosesubstrat aufgezogen. „Umweltfreundlich, ohne den Einsatz von Pestiziden und zertifiziert nach den hohen Standards des SQF-Programms der Global Food Safety Initia-tive für Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelqualität“, wie Liesbeth Boekestein betont. Uns jedenfalls hat das überzeugt.

Mit kulinarischen Grüßen

www.dieter-fuhrmann.de

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BOUQUET GARNI Nachrichten und Neuigkeiten

84 GARÇON

STRANDPARTy Xavier Naidoo röhrt aus dem Laut-

sprecher: „Dieser Weg wird kein leich-ter sein...“. Johanna Ismayr ist zufrie-den, der Kampf hat sich gelohnt. Die Betreiberin des BundesPresseStrandes hatte sich auf eine Kraftprobe mit der Fifa eingelassen und gewonnen. Der Weltfußballverband wollte der Berliner Strandbar-Wirtin die Public-Viewing-Genehmigung während der Fußball-WM verweigern.

Sie drohte dem Goliath juristische Schritte an, und der knickte tatsächlich ein. Nach der sonnigen Siegesserie der deutschen Kicker gegen Ghana, England und Argentinien hatte sich die Hartnä-

ckigkeit von Johanna Ismayr bereits ge-lohnt. Die Lizenzgebühren von 2000 Dol-lar waren da längst eingespielt und wohl auch die Kosten für Großleinwand und Gema-Gebühren.

Kein Wunder – 3000 bis 5000 Party-gäste kamen während der WM-Spieltage zum BundesPresseStrand. Die Welifa-Männer, Ismayrs Getränkelieferanten, mussten 50 bis 60 Fässer Bier und jede Menge sonstige Getränke herankarren. „Sonne von früh bis spät und die deut-schen Siege in Südafrika, das war schon traumhaft“, sagt Ismayr. Nicht nur für den BundesPresseStrand, sondern auch für den Rest der Hauptstadtgastronomie.

Deutschland - Ghana: Mesut, mach doch endlich das Ding rein!

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CLUBREISE Der Food Editors Club Deutschland

(FEC) wurde 1968 gegründet – als Ver-einigung der Journalisten, die sich in Deutschland mit dem leiblichen Wohl beschäftigen. Rund 150 Mitglieder sind eingetragen.

Die schreibende und sendende Promi-nenz, die sich Ende April zur Jahresta-gung in Brandenburgs Landeshauptstadt traf, wollte herausfinden, wie sich die Küche des Bundeslandes 21 Jahre nach dem Mauerfall präsentiert. Allerdings: Ein Potsdamtripp ist keine Brandenburg-reise, das wussten die kulinarischen Fachjournalisten natürlich.

Immerhin erklärte Peter Zöls, 1. Vor-

sitzender des Food Editors Club Deutsch-land: „Wir hatten in Brandenburg den Eindruck, dass vor allem junge Köche darin wetteifern, kreative Küche mit fri-schen Produkten aus der Region auf den Tisch zu bringen.“

Zwei der Angesprochenen bedankten sich artig – Steffen Schwarz, Küchen-chef im Potsdamer Hotel am Jägertor und Steffen Specker vom gleichnamigen Landhaus, der amtierende Brandenbur-ger Meisterkoch. Soviel Lob tut gut, al-lemal, wenn es von Deutschlands kulina-rischen Edelfedern versprüht wird, die - wer weiß das besser als Brandenburgs Köche – durchaus auch anders können.

Renate Peiler vom FEC, 1.v.re. dankt der Specker-Family...

...für ihre Gastfreundschaft

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BOUQUET GARNI Nachrichten und Neuigkeiten

86 GARÇON

RESTAURANTGEBURTSTAG Anton Stefanov, Berliner Maître des

Jahres 2008, ist stolz wie Bolle. Sein Restaurant Berlin-Sankt Moritz feiert 5. Geburtstag. Für den 46-jährigen Res-taurantfachmann und Sommelier Grund genug, Lieferanten und Stammgäste zur Feier einzuladen. „Es begann etwas holprig“, sagt er, „es folgten Festigung und Feinschliff. Wir sind sicher, dass wir uns weiter steigern können.“ Typisch Stefanov. Das Erreichte, 2010 immer-hin 15 Gault-Millau-Punkte, genügt ihm nicht. Und Kritik nimmt er ernst. Weil seine Fleischgerichte die Tester nicht unbedingt faszinierten, motivierte er sein Team, einen Zahn zuzulegen. Seit Anfang Februar 2010 steht Daniel Mattle im Berlin-Sankt Moritz am Herd. Der ge-bürtige Österreicher aus Vorarlberg kam nach Stationen in den Sternerestaurants Quadriga und Facil in die Regensburger Straße und startete beeindruckend. Gute Aussichten für die kulinarische Zu-kunft des Berlin-Sankt Moritz.

KURZNACHRICHTEN+++ Hotel Adlon +++

Das Personalkarussell in Berlins No-belherberge dreht sich weiter. Neuer Küchendirektor wurde Oliver Barda, ge-bürtiger Lüneburger, der aus dem Carl-ton Hotel St. Moritz ins Adlon wechselte.

+++ Altes Zollhaus +++Inhaber Herbert Beltle erklärte, dass

er das Traditionsrestaurant noch stärker als bisher auf die Küche der Region aus-richten will.

+++ Esswein +++Nomen est omen - das gilt für das

neue Restaurant am Fasanenplatz. Es bietet beste Pfälzer Regionalküche so-wie erstklassige Pfälzer Weine.

+++ Berlin +++25 Köche, Sommeliers und Maîtres aus

Berlin und Brandenburg wurden von ei-ner Jury aus Gourmet-Journalisten für die Ehrung in den Kategorien Berliner und Brandenburger Meisterkoch, Auf-steiger des Jahres, Berliner Sommelier und Berliner Maître nominiert.

+++ Brandenburg +++Die Ertragsaussichten für Kirschen

im Land Brandenburg liegen weit unter denen des Vorjahres. Bei Sauerkirschen rechnen die Obstbauern sogar mit einer Halbierung des Ertrags.Anton Stefanov und seine Frau Anett

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Nachrichten und Neuigkeiten BOUQUET GARNI

87 GARÇON

•••

,

LUNCHPAKET Fünf waagerecht: Essen im Freien = Picknick. Was jahre-

lang nur ein Kreuzworträtsel-Lösungswort war, liegt inzwi-schen wieder voll im Trend – vor allem bei naturhungrigen Großstädtern. Während die einen den unbedingt notwendi-gen Picknick-Korb mit Bouletten und Kartoffelsalat aus dem Supermarkt füllen, suchen die anderen das kulinarisch Beson-dere. Küchenchef Steffen Schwarz vom Potsdamer Restaurant Fiore am Jägertor entdeckte die Marktlücke und entwickelte ein Angebot „Delikates für Draußen“:

Dabei handelt es sich um ein Feinschmeckerlunchpaket in vier Varianten zum Preis von je 9,50 Euro. Entsprechend fein sind auch die Namen der Gourmet-Packages. Hinter „Gra-ved Salmon Pita“ etwa verbirgt sich getoastetes Pitabrot mit hausgebeiztem Lachs, Dill, Crème fraîche, Rucolasalat und Salatgurke, außerdem Weintrauben und Tomatensaft.

„Der Gast bestellt und bekommt binnen 15 Minuten Fein-kost statt Fastfood“, erklärt Küchenchef Steffen Schwarz. (Tel. 0331-2011-100)

Fiore-Küchenchef: Steffen Schwarz

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BOUQUET GARNI Nachrichten und Neuigkeiten

88 GARÇON

SCHWEINEREI Wolfgang Müller, geboren 1964 in

Lindenberg/Allgäu, absolvierte eine Metzger- und Kochlehre. Nach dem Abschluss als Küchenmeister war er Küchenchef im Restaurant „Imperial“ des Schlosshotels Bühlerhöhe. Dort erkochte er zwei Michelinsterne. 1999 kam er nach Berlin, ein Jahr später erneut Michelin-Ehren im Adermann. von 2005 bis 2009 Küchenchef im Re-staurant Horvàth. Autor eines Buches, das im Juni im Umschau-verlag er-schien: Schwein - Das große Kochbuch.

Wie sind Sie auf das Schwein gekom-men?Zuerst: Schweinefleisch ist das meist-gekaufte Fleisch in Deutschland. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei 39 Kilogramm, bei Geflügel z. B. nur bei rund 11 Kilogramm. Zweitens gehört das Schwein zur kulinarischen Tradition und Kultur unseres Landes – ja, und dann bin ich außer Koch auch Metzger von Be-ruf, habe selbst Schweine gehalten, ge-schlachtet und verarbeitet.

Andererseits ist Schweinefleisch nir-gendwo so günstig, aber auch nirgend-wo so minderwertig wie in Deutsch-land …Leider. 99 Prozent des hierzulande ge-handelten Schweinefleisches kommt aus der Turbomast. Das ist wie beim Body-building, Sojaschrot und Aminosäuren übernehmen die Rolle der muskelma-chenden Anabolika. Das Ziel: schnelle

Gewichtszunahme und möglichst magere Fleischberge. Ein Kotelett aus der Turbo-mast z. B. hat im schieren Muskelfleisch nur noch ein Gramm Fett – kein Wun-der, dass es beim Braten schnell trocken wird.

Welche Alternativen hat der verbrau-cher denn?Erstmal bedarf es der eigenen Einsicht. Ich sag’s mal so: In das Auto muss das beste Öl, aber der eigene Motor, der Körper, soll mit dem größten Dreck funk-tionieren. Also plädiere ich für mehr Aufklärung, am besten schon im Kindes-alter. Wer sich mehr mit den Lebensmit-teln beschäftigt, wird sich und seiner Familie weniger Ramsch auf dem Teller zumuten.

Also dann, bitte ein paar Tipps!Im Supermarkt gilt: billig, billiger, am billigsten. Da kann die kleine Metzgerei nicht mithalten. Dafür weiß man dort al-lerdings genau über das Produkt, seine Herkunft und seine Besonderheiten Be-scheid. Also, suchen Sie sich den Metz-ger Ihres Vertrauens. Und: Prüfen Sie die Ware! Das Fett sollte fest und nicht schwabbelig sein, nussig und nicht säu-erlich riechen. Außerdem besteht das Schwein nicht nur aus Eisbein, Filet und Schnitzel.

Ihr Lieblingsschwein?Ich will das mal nicht auf eine Rasse be-grenzen. Natürlich das frei laufende spa-nische Ibérico-Schwein, das ungarische

Mangalitza, das Angler Sattelschwein, das Bunte Bentheimer. Last but not least: Das Havelländer Bio-Apfelschwein, das Peter de Fries auf seinem Hof im brandenburgischen Schmergow mästet, artgerecht und ohne Soja, dafür mit Ap-feltrester-Zufütterung.

Alle diese Rassen werden in Ihrem Buch beschrieben. Was fehlt, ist das Saalower Kräuterschwein. Weshalb?Sicher ist das Saalower Kräuterschwein eine regionale Spezialität. Auch ich hat-te das Fleisch jahrelang in der Pfanne. Nachdem ich allerdings die Bedingungen gesehen habe, unter denen die Tiere ge-halten werden und die schon stark an in-dustrielle Mast erinnern, habe ich mich entschlossen, diese Rasse nicht in mein Buch aufzunehmen.

Schwein – Das große Kochbuch, UMSCHAU Buchverlag, 39,90 Euro, ISBN: 978-3-86528-706-9

Metzger unter sich: Jörg Staroske, li. und Wolfgang Müller

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Ein Herd, ein Topf, ein Quirl - das war einmal. Der „Arbeitsplatz Küche“ wird zunehmend zum Leitstand des modernen Restaurants.

“Natürlich kann man auch mit an-tiquierter Technik braten, backen, kochen und kühlen“, sagt Andreas Staack, Küchenchef im Kreuzberger

Restaurant Noiquattro, „allerdings nicht mehr zeitgemäß.“ Bedienkom-fort, Energieeffizienz, Sicherheit und Hygiene gehören heute zu den wich-tigsten Anforderungen, die Küchenge-räte, zumal im professionellen Einsatz, erfüllen müssen. Staack zählt dazu au-ßerdem deren variable Möglichkeiten,

Page 91: Garcon 2-2010

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vielfältige Produckte schonend zu ver-edeln. Alles das waren gute Gründe, dass sich der Noiquattro-Küchenchef für einen Hochleistungs-Lift-Salaman-der entschied.

Geräte dieser Generation werden mit neu entwickelten Halogenleuch-ten beheizt. Herkömmliche Geräte

erzeugen mittel- bis langwellige Strah-len, die bei Fleisch oder Fisch nur die äußere Schicht garen.

Hochleistungs-Lift-Salamander der Serien ECO-HALOGEN oder LUx-TOUCH erzeugen mittelwellige Strahlen, die ein Durchgaren ermöglichen.

Weitere vorteile sind das schnelle

as-Gastro GmbHHolzmarktstraße 34

10243 Berlin-Friedrichshain

www.as-gastro.de

Erreichen hoher Temperaturen (nach 3 Sekunden ca. 400°C), der extrem reduzierte Energiebedarf, die Warm-haltefunktion und die einfache Bedie-nung.

So gesehen ist der Hochleistungs-Lift-Salamander eine Investition in die Zukunft professioneller Küchen.

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LEBENSART Kulinarischer Dienstag

92 GARÇON

Sie bevölkern die Lokalitäten in Kreuzberg, Mitte und Prenzlauer Berg. Erkennungszeichen: iPhone oder iPod im Permanentbetrieb. Immer gibt es etwas zu bloggen, zu googeln, zu messagen. Gegessen wird nebenbei. Pasta und Piz-za, vietnamesische Frühlingsrollen und russische Sushi. Restaurants, die das

bieten, gelten bei der Generation 30 als angesagt.

Die Schwestern Kathrin und Mareike Schippel, Erzieherin und Innenarchitek-tin, der Account-Manager Felix Schönherr und der IT-Dienstleister Simon Hirsch-mann, alle vier knapp unter 30, gehören zu jener Generation. Eins unterscheidet

sie allerdings von vielen ihrer Altersge-nossen: sie interessieren sich für solche in ihren Kreisen alltägliche Banalitäten wie Kochen, Essen und Trinken.

Irgendwann im August 2008 hatten sie deshalb die Idee mit dem kulinarischen Dienstag. „Wir wollten Berlins kulinari-sche Vielfalt kennenlernen“, bringt Felix Schönherr die Sache auf den Punkt.

Der 28-jährige Zwei-Meter-Mann stammt aus dem baden-württember-gischen Rottweil, schwankte nach dem Abitur zwischen Kochlehre und BWL-Studium, entschied sich schließlich für den Computer und gegen den Herd und arbeitet heute im Vertrieb der Berliner IBM-Niederlassung. Das Kochen wurde zu seinem wichtigsten Hobby und der kuli-narische Dienstag zu einer festen Größe seiner Freizeit.

„Einer von uns wählt ein Restaurant aus, reserviert die Plätze und jeden ers-ten Dienstag im Monat treffen wir uns dann. Jeder bestellt nach eigenem Gus-to, den Wein teilen wir uns meist“, er-gänzt Kathrin Schippel, stellvertretende Leiterin einer Kita im Bezirk Tiergarten.

Ihre Schwester Mareike, Innenarchi-tektin, erinnert sich noch gut an das ers-te Treffen: „Ich hatte in Lin s Mandarin gebucht, einem Restaurant mit mongo-lischem Grill. Der Abend war, was das Essen und den Service betraf, schlicht grausig.“

Inzwischen ist die Test-Gruppe auf 13 Mitglieder angewachsen. Zu den vier gesellten sich Christos, der Wirtschafts-ingenieur, die Schauspielagentin San-drella, Thomas, UX-Designer, die Jour-nalistin Anja, die Marketingassistentin Annette, Torsten, Praktikant, Christian, Veranstaltungstechniker, die Studentin Britta und Nina, Marketingmanagerin von Beruf.

Seit sie ihren kulinarischen Dienstag startete, hat die Gruppe über zwanzig Restaurants getestet. „Berlin wird kuli-narisch zunehmend internationaler und interessanter“, fasst Felix Schönherr die Erfahrungen zusammen und fährt fort: „Auch jenseits der sauteuren Sternelä-den gibt es inzwischen eine respektable Gastroszene, die sich auf die Bedürfnis-

WAS GIBT’S?ES MUSS NICHT IMMER PIZZA SEINvON MIA JäMMRICH

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Kulinarischer Dienstag LEBENSART

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se eines jüngeren Publikums eingestellt hat.“

Welche Bedürfnisse sind das? Mareike Schippel erklärt: „Der Preis muss der Leistung entsprechen. Die Hauptsache ist lecker. Außerdem legen wir großen Wert auf die Atmosphäre und einen net-ten Service.“

Am ersten Maidienstag war die Test-gruppe im Noto (www.noto-berlin.com) in Mitte. Neben dem Internet sind die beiden Stadtillustrierten tip und Zitty übrigens ihre wichtigsten Informations-quellen. „Bei den Gastrokritiken in ei-nigen Berliner Tageszeitungen hat man häufig den Eindruck, die Damen und Herren Restauranttester gehen mit Lupe und Skalpell zum Essen“, erläutert Kath-rin Schippel ihre Vorliebe für die Magazi-

ne. Das Noto steht für „North of Torstra-ße“ und ist, so jedenfalls schätzen es die Schippel-Schwestern und ihre Mit-Tester ein, ein guter Ort, um in entspannter At-mosphäre ordentlich zu essen. „Das war bodenständige Küche, vier solide Gänge für rund 30 Euro, da kann man nicht me-ckern“, fügt Hobbykoch Felix Schönherr hinzu.

Tatsächlich: Im Noto gibt es ein täg-lich wechselndes Menü, eine vegetari-sche Alternative und die Möglichkeit, mit den Köchen darüber zu reden, denn ein großer Tisch, an dem zwölf Leute Platz finden, steht vis-à-vis der offenen Küche. Das Restaurant liegt im Trend und ist offensichtlich ein Produkt klu-ger Marktbeobachtung. Frische Küche, fröhliche Bedienung, kleine Karte, faire

Preise - die kulinarische Dienstagstruppe vergibt eine glatte Zwei.

Irgendwann wollen deren Mitglieder ihre Testergebnisse ebenso ins Netz stellen wie die Antworten der Köche auf ihre Fragen nach der Herkunft der Produkte, denn längst ist ihr Blick auch dafür geschärft.

Und so reden sie über die Turbomast von Schweinen, über nitratverseuchte Äcker und pestizidbelastetes Gemüse und darüber, dass weniger häufig besser wäre. Beim Kotelett ebenso wie bei der Kartoffel. Und, dass der gesunde Men-schenverstand vor allem beim Lebens-mittelkauf nicht außer Kraft gesetzt werden sollte.

Gut so etwas zu hören - erst recht von der Pizzageneration.

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LEBENSART Berliner Köche 1:1

94 GARÇON

diE krAUSUnd ihrE kÖChEATELIERIMPRESSIONEN UND AUSSTELLUNGSNOTIZENvON ANNA WEBER

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Berliner Köche 1:1 LEBENSART

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Glückliche Susanna: Die Fotokünstlerin am Abend ihrer vernissage

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LEBENSART Berliner Köche 1:1

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AUSStEllUnGSnotizEn

Äußerlichkeiten weisen auf das Be-sondere. Susanna Kraus, sonst meist in Jeans, trägt an diesem Montagabend das keine Rote. Und Stephan Falke statt eines schwarzen T-Shirts weißes Hemd. Wer die beiden besser kennt, sieht ihnen auch die Mühen der letzten Zeit an, in denen Kraus und Falke selbst die Nächte zu Tagen machten. Der Grund ihres kör-perlichen und geistigen Kraftaktes: die Ausstellung „Berliner Köche 1:1“.

Stephan Falke, Küchenarchitekt von Beruf und ein guter Kenner der haupt-städtischen Gastronomie, hatte die Idee dazu. Susanna Kraus, Schauspielerin und Fotokünstlerin, realisierte sie mit Hilfe

der weltweit einzigen begehbaren Ka-mera, der Imago 1:1 (Garcon berichtete) in der letzten Ausgabe).

Die abgegriffene Formulierung vom Ergebnis, das sich sehen lassen kann, beschreibt in diesem Fall äußerst zutref-fend, was den Gästen der Vernissage am zweiten Maimontag in Gerald Uhligs Ga-lerie Einstein Unter den Linden vor Augen kam: lebensgroße Schwarz-Weiß-Port-räts von 25 Köchen und zwei Köchinnen. Beeindruckend in ihrer Konzentriertheit, bestechend in ihrer Ausstrahlung.

„Ein Fest für die Szene“, nannte Bernd Matthies, Tagesspiegel-Restauranttester und Szenekenner die Ausstellung. Deren

Organisator Stephan Falke sagte zur Er-öffnung: „Die Berliner Gastronomie ist ein Aushängeschild der Metropole.“

Und die Künstlerin Susanna Kraus er-gänzte: „Weil das nicht immer so war, wollten wir denen ein Denkmal setzen, die Berlin kulinarisch verändert haben.“

Im Frühjahr 2010 starteten die beiden ihr künstlerisch-dokumentares Projekt, recherchierten, konzipierten, telefo-nierten und organisierten.

26 Ganzkörperfotos entstanden, zwei Meter hoch, 60 Zentimeter breit, 26 Uni-kate, 26 Selbstinszenierungen „durch die Augen in die Seele“, wie es Berlins ein-ziger Zwei-Sterne-Koch Christian Lohse

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Berliner Köche 1:1 LEBENSART

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poetisch formulierte. Tatsächlich, diese Selbstporträts sind von außerordent-licher Authentizität und eigenwilliger Schönheit.

Peter Frühsammer, gemeinsam mit seiner Frau Sonja auf einem trauten Doppelporträt, schilderte die Entstehung des Fotos so: „Wir sahen uns im Spiegel. Kochen, das ist Glück und Liebe, dachte ich. Dann habe ich den Selbstauslöser betätigt.“

„Diese Bilder sind von Bestand“, lob-te ein Ausstellungsbesucher. Ein zweiter sprach sogar von einem „fotografischen Monument der Ewigkeit“.

Und selbst die, die sprachlos blieben, applaudierten der Künstlerin und dem Architekten. Denen stand der Stolz auf das gemeinsam Erreichte ins Gesicht ge-schrieben.

„Erfolg braucht Leidenschaft“, blickte Susanna Kraus auf die vergangenen Wo-chen zurück.

„Wir haben leidenschaftlich gestrit-ten, uns leidenschaftlich zusammenge-rauft und selbst in Situationen Lösungen

gefunden, in denen andere aufgegeben hätten.“

Die vielsagende Bemerkung der 53-jährigen Münchnerin bezieht sich - so jedenfalls ist es hinter vorgehaltener Hand aus ihrem Team zu hören - vor al-lem darauf, dass nur wenige Partner der Berliner Gastronomie bereit waren, das Projekt zu unterstützen.

Darüber reden allerdings wollen we-der Susanna Kraus noch Stephan Falke. Weitermachen allerdings schon. So ha-ben sie beispielsweise neben Jürgen Fehrenbach, Karlheinz Hauser und Wolf-gang Nagler auch Altmeister Henry Levy ins Imago-Atelier eingeladen.

Bis zum 25. Juli hängt die beeindru-ckende Ausstellung „Berliner Köche 1:1“ noch in der Galerie Einstein Unter den Linden 42.

Am 23. August bitten dann Susanna Kraus, Stephan Falke und ihre Köche zur Finissage und zum Sommerfest ins Schloss Glienicke. Karten für die Veran-staltung gibt es ab 10. Juli 2010 unter www.berlinerkoeche.de

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LEBENSART Berliner Köche 1:1

98 GARÇON

AtEliEriMprESSionEn

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Berliner Köche 1:1 LEBENSART

99 GARÇON

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RUBRIKEN Herzogs Zigarren

HERZOGS ZIGARRENNOTIZEN vOM xII. HABANOS FESTIvAL 2010vON MAxIMILIAN HERZOG

Maximilian Herzog, um korrekt zu sein, Dr. phil. habil. Maximilian Herzog, kam 1988 aus Zürich nach Berlin, um an der Technischen Universität seine Ha-bilitationsschrift fertigzustellen. Ein Jahr hatte der Schweizer dafür ein-geplant. Ein Jahr wurde es auch. Was der Psychologe allerdings nicht planen konnte, war der Faktor Liebe. Herzog hatte sich in Berlin verliebt und blieb, wurde Privatdozent und Unterneh-mensberater. Im März 1997 schließlich eröffnete er am Wilmersdorfer Lud-wigkirchplatz das erste Zigarrenhaus der deutschen Hauptstadt. 2008 kam ein zweites hinzu, in der Stralauer Al-lee, direkt am Hafen. Außerdem steht Maximilian Herzog als Presidente der Zigarrenlounge La Casa del Habano im Savoy-Hotel vor. Für Garçon schreibt der Connaisseur regelmäßig über sein Lieblingsthema. Zigarrenkönig: Maximilian Herzog

100 GARÇON

Seit 1999 ist die letzte Februarwoche für jeden Aficionado der Höhepunkt des Zigarrenjahres. Dann zieht das Habanos Festival in der kubanischen Hauptstadt regelmäßig mehr als tausend Zigarren-liebhaber aus aller Welt an den Malecon. Mit 1500 Teilnehmern verzeichnete die Auflage 2010 übrigens einen Rekord.

Rekordverdächtig auch die Welcome-Night mit einem Jazzkonzert von Chucho Valdez im Gran Teatro de la Habano, das die Festival-Teilnehmer zu Beifallsstür-men hinriss. Der Reigen neuer Havanas begann dann mit der Romeo y Julieta

"Wide Churchill" (55/130). Es folgten die Damen-Havana Romeo y Julieta "Julieta" in einer eleganten Blechdose, die Monte-cristo Limitada Grand Edmundo und die Cohiba/Behike mit ihren drei Formaten.

Einem ausgesuchten Kreis wurde au-ßerdem eine der beiden neuen Regional-Zigarren für Deutschland präsentiert: eine Allones Belicoso, die im Stil der vorrevolutionären Zigarren aus den 50er Jahren kräftig komponiert ist. Ich jeden-falls war von dieser Zigarre begeistert.

Auch 2010 hatte ich das Vergnügen, in der internationalen Jury zu sitzen, deren Aufgabe es ist, den weltbesten Somme-lier mit der Zusatzqualifikation im Zigar-renservice zu küren. Philipp Illi aus Chile gewann die Weltmeisterschaft souverän. Die Plätze zwei und drei belegten Star-ter aus Spanien und den Vereinigten Ara-bischen Emiraten.

Übrigens: es ist bemerkenswert, wie sich der Habano-Sommelier-Contest in

den letzten Jahren entwickelt hat. Ich bin mir sicher, dass davon sowohl die Bar- als auch die Zigarrenkultur profitie-ren werden.

Neben der Jurytätigkeit gab es auch die Möglichkeit, Plantagen im reizvollen Anbaugebiet rund um Pinar del Rio und verschiedene Manufakturen in Havanna zu besichtigen.

Das abschließende Gala-Dinner stand im Zeichen der neuen "Behike", von der jeder Teilnehmer drei Vorausexemplare rauchen durfte. Diese Zigarre gibt es seit Mitte Mai auch in Deutschland.

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Herzogs Zigarren RUBRIKEN

www.zigarren-herzog.com

ZIGARREN HERZOG

Ludwigkirchplatz 1-210719 Berlin-Wilmersdorf

Tel. 030 - 88 68 23 40

WM-Teilnehmerin: Manuela Sporbert

101 GARÇON

Zahlungskräftige Zigarrenliebhaber konnten während der Gala wertvolle Humidor-Unikate ersteigern. Spitzenrei-ter war diesmal der Cohiba-Humidor, der für 400 000 Euro wegging. Der Gesamt-erlös der Auktion von 805 000 Euro kam dem kubanischen Gesundheitswesen zu Gute.

Besonders geehrt wurde der deut-sche Havana-Importeur Heinrich Villiger. Einer der bedeutendsten kubanischen Gegenwartskünstler schuf zum 80. Ge-burtstag des Chefs von 5th Avenue ein Ölbild, das in Anwesenheit der Botschaf-ter der Schweiz und Deutschlands feier-lich üverreicht wurde.

Manuela Sporbert von Hammers Wein-kostbar in Kreuzberg startete beim Sommelier-Wettbewerb des xII. Ha-banos Festivals 2010 für Deutschland. Besonders beim Thema „Zigarre und Wein“ konnte die 34-Jährige punkten. „Zur Montecristo Open Eagle habe ich einen feinherben Riesling Kabinett von der Mosel empfohlen, das kam bei der Jury an“, erinnert sich Manuela Sporbert. Dennoch reichte es nicht für einen Platz auf dem Podest. „Trotz-dem, es war eine tolle Erfahrung“.

Page 102: Garcon 2-2010

chenwunder die Rede war, in einem Atemzug mit Eckart Witzigmann ge-nannt. Logische Konsequenz - das Maître gehör-te zu den ersten Restaurants in Deutsch-land, die mit zwei Michelin-Sternen ge-ehrt wurden.

Wir wollen heute wissen, wann das war

A 1974 ?

B 1976 ?

C 1978 ?

102 GARÇON

Berlin-Charlottenburg, Meinekestraße Nummer 10. Wo heute belanglose Aller-weltsküche serviert wird, befand sich von 1964 bis 1982 die für Gourmets da-mals einzige lohnenswerte Adresse in Berlin - das Maître.„Hier ist eine geniale Kreativität am Werk, beschränkt nur durch den untrüg-lichen Instinkt für das Mögliche - ein Ko-chen abseits von verkrampfter Originali-tät und kulinarischem Firlefanz“, schrieb 1979 der Hamburger FEINSCHMECKER.Chef de Cuisine im Maître: der damals 45-jährige Franzose Henry Levy. Sein Name wurde, wenn vom deutschen Kü-

Ihre Antwort bitte an:

Bildart Media verlag GmbH Redaktion GARÇONMarzahner Promenade 2612679 BerlinE-Mail: [email protected]

Die Gewinne, drei Kochbücher deut-scher Spitzenköche, werden unter den Teilnehmern verlost, die unsere Frage richtig beantwortet haben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsen-deschluss ist der 25. August 2010. Die Gewinne werden von der Redaktion per Post zugesandt.

GASTROQUIZ

RUBRIKEN Gastroquiz

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HERAUSGEBERBild Art Media Verlag GmbHMarzahner Promenade 26, 12679 BerlinFon 0 30 / 28 86 79 70Fax 0 30 / 28 86 79 69www.bildart-verlag.dewww.berliner-garcon.deinfo@bildart-verlag.de

REDAKTIONYvonne Weinlich (V.i.S.d.P.),Jörg Teuscher, Hans-Jürgen Bergs, Heiko Gralki, Marc Steyer, Anna Weber, Jens Weiß, Enrico Crispin (Praktikant), Mia Jämmrich (Praktikantin)

AUTOREN DIESER AUSGABELee Ann Dördrechter, Marcus Fuhrmann, Maximilian Herzog, Andreas Langholz, Renate Peiler, Manuela Sporbert, Wolfgang Schuhmacher

GRAFIKMaik Kleinhanns/davin-c

TITELKarin Baetz

FOTOSHeiko Gralki, Jörg Teuscher, Susanna Kraus, Mareike Schippel, Florian Bolk/UMSCHAU, Hofgut Bisdamitz, Garcon Archiv, Koppert Cress B.V.

ANZEIGEN Yvonne Weinlich, Henriette Jü[email protected]

BEZUGSHINWEISEZu beziehen in Zeitschriftenhandlungen oder im Abonnement über den Verlag. Einzelheftbestellung: Jedes Heft kostet 4,00 € zuzüglich 1,80 € anteilige Versandkosten pro Sendung. Bezahlung nach Erhalt der Rechnung oder im Lastschriftein-zugsverfahren.

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Page 104: Garcon 2-2010

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