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01 / 2018 Mehr als das Kleingedruckte AGB lauern überall und können für Unternehmen zu teuren Stolperfallen werden. Komplizierte Sanierungsklausel Der Fiskus präzisiert die Folgen von § 8c KStG bei Konzernübernahmen und für stille Reserven. Gewinner und Verlierer der US-Steuerreform Amerika mischt die Karten im internationalen Standortwettbewerb neu. Eine Analyse. 100 Jahre DIN

Gewinner und Verlierer der US-SteuerreformFILE/...Umbenennungen : Kalkutta wurde zu Kolkata, Madras zu Chennai, Bombay zu Mumbai. ieD Metropole entstand durch andauernde Landgewinnung

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01 / 2018

Mehr als das KleingedruckteAGB lauern überall und können für Unternehmen zu teuren Stolperfallen werden.

Komplizierte SanierungsklauselDer Fiskus präzisiert die Folgen von § 8c KStG bei Konzernübernahmen und für stille Reserven.

Gewinner und Verlierer der US-Steuerreform Amerika mischt die Karten im internationalen Standortwettbewerb neu. Eine Analyse.

100 Jahre DIN

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2 EY TAX & LAW Magazine 01 / 2018

EY in Mumbai

EY

Mitarbeiter in Mumbai 4.892

TAX 1.287

Advisory 1.871

Assurance 1.266

Transaction 468

• Auf Seite 62 finden Sie einen Rundgang mit Hermann Mühleck.

Stadt auf sieben Inseln

Mumbai ist mit 26.000 Menschen pro Quadratkilometer einer der am dichtesten besiedelten Ballungsräume der Welt ( Berlin 3.800 ). Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich die ­­Bevölkerungszahl­auf­offiziell­18­Millionen­Einwohner­verzehnfacht.­

Mit einem Anteil von 25 Prozent an der indischen Industrieproduktion und 70 Prozent am ­Seehandel­ist­Mumbai­das­wirtschaftliche­Zentrum­des­Landes.­Dennoch­lebt­mehr­als­die­ ­Hälfte­der­Einwohner­in­Slums.­

­Das­173­Meter­hohe­Gebäude­„Residence­Antilia“­gilt­als­das­teuerste­Einfamilienhaus­der­ Welt und gehört dem Unternehmer Mukesh Ambani.

­Der­International­Airport­fertigte­laut­„The­Times­of­India“­am­24.­November­2017­rekord­-­ mäßige 969 Flüge in 24 Stunden ab.

Um die koloniale Vergangenheit abzuschütteln, kam es in den neunziger Jahren zu ­Umbenennungen­:­Kalkutta­wurde­zu­Kolkata,­Madras­zu­Chennai,­Bombay­zu­Mumbai.­ ­

­Die­Metropole­entstand­durch­andauernde­Landgewinnung­über­sieben­Inseln.­

EY Mumbai

Babulnath-Tempel

Rajiv Gandhi Sea Link

Chhatrapati Shivaji Terminus

Taj Mahal Palace Hotel

Rajabai Clock Tower

Crawford Market

Gateway of IndiaMumbai

I N D I E N

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3EY TAX & LAW Magazine 01 / 2018

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,was­für­ein­Start­in­ein­spannendes­Jahr­2018­!­Die­USA­haben­die­größte­Steuerreform­seit­30­Jahren­verabschiedet,­Deutschland­ringt­derweil­um­eine­neue­Regierung.­Unternehmenslenker­sind­in­Zeiten­wie­diesen­gefordert,­die­richtigen­Entscheidungen­zu­treffen.

In­der­vorliegenden­Ausgabe,­die­wegen­der­Ereignisse­in­Washington­und­­Berlin­diesmal­etwas­verspätet­erscheint,­berichten­wir­Ihnen­in­einem­Schwer-punkt­von­der­US-Steuerreform­;­Sie­erhalten­einen­ersten­Überblick­über­die­Konsequenzen.­Diese­reichen­weit­über­die­Grenzen­der­Vereinigten­Staaten­hinaus­und­werden­zukünftig­voraussichtlich­Einfluss­auf­globale­Lieferketten,­Investitionsentscheidungen und Finanzierungsstrukturen haben.

Leider­gab­es­bis­zum­Redaktionsschluss­immer­noch­kein­finales­Ergebnis­zur­endgültigen­Bildung­einer­neuen­Bundesregierung,­allerdings­treten­CDU,­CSU­und­SPD­nun­in­die­Koalitionsverhandlungen­ein.­Im­aktuellen­Heft­stellen­wir­Ihnen­die­Ergebnisse­der­Sondierungsgespräche­zwischen­CDU,­CSU­und­SPD­dar.­Justiz­und­Verwaltung­ruhen­nicht,­die­Rechtsprechung­und­-auslegung­entwickeln­sich­weiter,­angefangen­von­der­Abzugsteuer­und­den­AGB­bis­zur­Sanierungsklausel­und­dem­Umgang­mit­stillen­Lasten.

Das­Tax­&­Law­Magazine­widmet­sich­ferner­der­fortschreitenden­Digitalisie-rung und ihren steuerlichen und rechtlichen Folgen für verschiedene Sektoren. Gleichwohl­erlauben­wir­uns,­gelegentlich­auch­einen­Blick­zurück­zu­werfen,­diesmal­zu­100­Jahren­DIN.­Rund­34.000­Normen­sind­seither­für­sämtliche­Lebensbereiche­entstanden.­Eine­kleine,­natürlich­willkürliche­Auswahl­finden­Sie ab Seite 58.

Ich­wünsche­Ihnen­ein­großartiges­Jahr­2018­!

Ihre Ute BenzelManaging­Partner­Tax­/­Germany­Switzerland­Austria

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12 US-Präsident­Donald­Trump­hat­die­größte­Steuerreform seit den achtziger Jahren unterzeichnet.­International­tätige­Unter-nehmen müssen sich nun auf ein neues Kräfteverhältnis­im­weltweiten­Steuerwett-bewerb­einstellen.

20 Verlustvorträge können beim Verkauf

von Unternehmensanteilen leicht verlorengehen.­Ein­BMF-Schreiben­

soll für mehr Klarheit sorgen.

2­ EY­in­Mumbai

3­ Editorial­Ute­Benzel

4 Inhaltsverzeichnis

Spots 6 Globaler­Informationsaustausch

8­ Digitalisierung­/­Steuerfahnder­/­greylist

9­ Lizenzschranke­/­Steuerschätzung

10­ Vermögensteuer­/­Personalien

11­ Steuereinnahmen­/­Europa­/­Schweiz

Top12 US-Reform­Wie­Unternehmen­auf­die­umfang-

reichen Änderungen des amerikanischen Steuer-

rechts reagieren sollten

Tax20 Sanierungsklausel BMF-Schreiben­zu­§­8c­KStG

24 GroKo III Stand der Sondierung

26 Stille Lasten Kaum zu heben

27 Verzugszins­Sechs­Prozent­vor­Gericht

28 Österreich Steuerreform

29 F&E-Förderung Beihilferechtliche Hürden

30 Verpflegungspauschale­Speisen­und­Getränke­

31 Umsatzsteuerbetrug­EU-Pläne­

32 Expats­Globales­Reporting­

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58 Seit 100 Jahren sorgt das

Deutsche­Institut­für Normung­hierzulande­für­

Ordnung­–­vom­DIN-A4-Blatt­bis­zum­korrekten­Zwischen-

abstand­beim­Grillrost.

42TMT

52 Allgemeine­Geschäftsbedingungen­tauchen­an­allen­(­un-­)­möglichen­ Stellen auf und können Unternehmen viel­Geld­kosten.­

34 Arbeitszimmer­Rechtliche­Änderungen

35 Betriebsprüfung Abzugsteuer im Visier

36 Quellensteuer­Software­und­Datenbanken

38 Controversy Kosten von Fusionen

39 Controversy Simultane Außenprüfung

40 Digital Tax­Geänderte­Steuerfunktion

Sektoren 42 TMT Technischer Fortschritt

44 TMT­Steuer­auf­digitale­Dienstleistungen

46 Industrie 4.0 Quellensteuer

47 Consumer Products & Retail Blockchain

48 Automotive Umsatzsteuerliche Herausforderungen

50 Health­Gleicher­Rabatt­für­alle

Law52 AGB Stolperfallen für Unternehmen

54 Musterfeststellungsklagen Vorteil für Verbraucher

55 Compliance­CMS­lohnt

56 Durchsuchung­Notfallpläne­

360°58 DIN­Ein­Jahrhundert­genormte­Ordnung

62 Mein Mumbai

63­ Publikationen­/­Impressum

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6 EY TAX & LAW Magazine 01 / 2018

Spots

Kleine Auskunfts-klausel

­ ­Große­ Auskunfts-klausel

DBA-KlauselnNach­Artikel­26­OECD-Musterabkommen­beinhalten­viele­deutsche­Doppelbesteue-rungsabkommen­(­DBA­)­Klauseln­zum­automatischen und spontanen Informa-tionsaustausch­und­TIEA.­Während­die­sogenannte kleine Auskunftsklausel nur zur­Vermeidung­einer­Doppelbesteuerung­nach Abkommen vorgesehen ist, stellt die große Auskunftsklausel auch auf die Zwecke­der­Besteuerung­ab.

Country by Country ReportingAls Werkzeug gegen internationale Steuer-vermeidung­und­Gewinnverschiebung­ soll­die­Ermittlung­länderbezogener­Unter-nehmensberichte­dienen.­Das­Country­by­Country­Reporting­(­CbCR­)­ist­nicht­öffent-lich und erstmalig für Wirtschaftsjahre ab­2016­zu­erstellen­und­ab­2017­auszu-tauschen.

Bonn – Schnitt- stelle zur Steuerwelt

­ ­CbCR­ Austausch mit­Deutschland­ (­Stand­10­/­2017­)

­ ­zum­CbCR­ verpflichtet­ (­Stand­12­/­2017­)

Bundeszentralamt für Steuern

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Spots

Digitalisierung­und­Diplomatie­erhöhen­die­globale­Transparenz­in­Steuer-angelegenheiten.­Die­Finanzbehörden­vernetzen­sich­im­Rahmen­bi-­und­multilateraler­Abkommen.­Für­Deutschland­spielt­das­Bundeszentralamt­für­Steuern­(­BZSt­)­die­Rolle­eines­zentralen­Verbindungsbüros.­Die­Bonner­Behörde­sammelt­einerseits­steuerrelevante­Daten­aus­Deutschland­und­gibt­diese­an­die­ausländischen­Behörden­weiter.­Andererseits­empfängt­sie­entsprechende­Informationen­aus­dem­Ausland,­um­diese­entweder­selbst­auszuwerten­oder­an­die­jeweils­zuständigen­Finanzämter­weiterzuleiten.­Für­international­aktive­Unternehmen­und­andere­Rechtsträger­kann­es­durchaus­von­Bedeutung­sein­zu­wissen,­mit­welchen­Staaten­Deutschland­welche­Informationen­austauscht.

Austausch zu Tax RulingsTax­Rulings­mit­grenzüberschreitendem­Bezug,­wozu­in­Deutschland,­insbeson-dere verbindliche Auskünfte, verbindliche ­Zusagen­und­unilaterale­Vorabzusagen­über Verrechnungspreise (APA ) zählen, ­werden­innerhalb­der­EU­automatisch­und­mit­Drittstaaten­spontan­ausgetauscht.­Der­Austausch­gilt­spätestens­für­neue­oder geänderte steuerliche Vorbescheide ab April 2017.

Automatischer Informations- austauschIm­Rahmen­des­Common­Reporting­Standards­(­CRS­)­der­OECD­tauscht­sich­Deutschland­seit­Ende­September­2017­mit­49­Staaten­aus,­die­Zahl­soll­sich­in­Kürze­verdoppeln.­Die­Daten­umfassen­Kontoinformationen von natürlichen und juristischen­Personen­samt­Rechts­trägern­wie­Trusts­und­Stiftungen.­Die­USA­­nehmen­am­OECD-System­zwar­nicht­Teil,­haben­aber­mit­Deutschland­und­zahlrei-chen anderen Staaten ein vergleich bares FATCA-Abkommen­abgeschlossen.

­ Nur­Fatca

­ Nur­CRS

­ Fatca­&­CRS

seit 2017 mit Deutschland­ auf­Basis­CRS­durchgeführt

Quellen­:­OECD,­Bundesministerium­der­Finanzen,­US­Treasury

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Spots

Deutschland digital eher NullDie­Bundesregierung­will­Vorbild­bei­der­Digitalisierung­in­der­öffentlichen­Verwaltung­sein.­So­heißt­es­im­Mitte­2017­ver-öffentlichten­Evaluierungsbericht­2016­zur­Umsetzung­des­­E-Government-Gesetzes­in­der­Bundesverwaltung.­Ein­Bericht­der­OECD­zeichnet­dagegen­ein­völlig­anderes­Bild.­Während­in­Deutschland­beispielsweise­nur­ungefähr­2,5­Millionen­Bürger­einen­digitalen­Personalausweis­haben,­um­sich­online­bei­Behör-den­auszuweisen­oder­im­Internet­einzukaufen,­nutzen­fast­fünf­der­knapp­sechs­Millionen­Dänen­die­NemID­(­zu­Deutsch­:­Einfach-ID­).­Viele­dänische­öffentliche­und­pri­vate­Dienste­sind­bereits­mit­der­NemID­verknüpft.­Das­spart­Zeit­und­lässt­in­Kombination­mit­einer­Art­TAN-Block­eine­Authentifizierung­auch­für­in­Deutsch-land sensible Behördengänge zu, bei denen sich die Bürger sonst vor­Ort­ausweisen­müssten.­Die­Esten­gelten­als­noch­Internet-­affiner­und­wählen­sogar­ihr­Parlament­online.

Quelle­:­OECD

Wurden in den letzten 12 Monaten E-Government-Angebote genutzt ?

2016 in ProzentAnstieg­2006­–­2016,­

in Prozentpunkten

35,6

60

29

48

55

71

26

48

35

19

12

49

33

32

34

17

OECD­

FIN

PRT

IRL

NLD

DNK

GRC

SWE

BEL

POL

ITA

FRA

AUT

ESP

GBR

DEU

20,9

45

17,5

7,6

15,4

33,7

54,1

27,6

16

37,2

23,9

23,5

25,3

25,2

23,7

7

#greylistNach­langem­Ringen­haben­die­EU-Finanzminister­Ende­2017­eine­„Schwarze­Liste“­mit­17­unkooperativen­Staaten­in­Steuersachen­verabschiedet.­Nun­wird­die­Zahl­auf­neun­verringert,­denn­Barba-dos,­Grenada,­Tunesien,­Südkorea,­Macau,­Panama,­Mongolei­sowie­die­Vereinigten­Arabischen­Emirate­haben­sich­nach­der­Veröffent-lichung­zur­Kooperation­verpflichtet­und­erfüllen­damit­von­der­EU­entwickelte­Kriterien.­Somit­stehen­nun­55­Staaten­auf­einer­Beob-achtungsliste­und­sollen­ihre­Steuerpraktiken­bis­Ende­2018­nach-bessern.­Auf­dieser­„grauen­Liste“­befinden­sich­auch­die­Schweiz,­Isle­of­Man,­Liechtenstein­und­die­Türkei.­Auf­der­„schwarzen­­Liste“­verbleiben­folgende­Staaten­und­Territorien­:­Amerikanisch-­Samoa,­Bahrain,­Guam,­Marshallinseln,­Namibia,­Palau,­St.­Lucia,­Samoa,­Trinidad­und­Tobago.­Insgesamt­hat­die­EU-Kommission­zuvor­92­Drittstaaten­untersucht,­und­zwar­nach­den­Kriterien­Steuer-transparenz ( automatischer Informationsaustausch, Amtshilfe in Steuerfragen ), faire Besteuerung ( keine schädlichen Praktiken der Unternehmensbesteuerung­nach­der­EU-­oder­der­OECD-­Definition­)­und­Umsetzung­der­von­der­OECD­empfohlenen­Maßnahmen­gegen­Gewinnkürzung­und­Gewinnverlagerung­(Anti-BEPS­).­Die­EU­hat­­keine­Strafmaßnahmen­definiert,­sondern­setzt­vorerst­auf­die­„Prangerwirkung“­und­den­Imageverlust­durch­die­Listen.­

Ertragreiche SteuerfahnderDie­etwa­2.000­Steuerfahnder­der­Länder­haben­2016­für­zusätz-liche­Staatseinnahmen­von­3,2­Milliarden­Euro­gesorgt.­Damit­haben­sie­ihr­vorjähriges­Ergebnis­um­rund­150­Millionen­Euro­übertroffen.­Die­höchsten­Mehreinnahmen­kamen­bei­der­Umsatz-steuer­zustande,­gefolgt­von­der­Einkommensteuer.­

Quelle­:­Bundesfinanzministerium

Ergebnisse der Steuerfahndung im Jahr 2016Angaben­in­Milliarden­Euro

1,4Umsatzsteuer

0,8Einkommensteuer

0,1Körperschaftsteuer

0,1Lohnsteuer

0,2Gewerbesteuer

0,3Zinsen­nach­ §­233a­AO1

0,4Sonstige Steuern

5 7

57 8

19

4

Steuer- transparenz

Faire Besteuerung

Anti-BEPS

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Spots

Besser als „Pi mal Daumen“Gemäß­der­Schätzung­im­November­2017­kassiert­der­deutsche­Staat­dieses­Jahr­rund­734,2­Milliarden­Euro.­Gegenüber­ihrer­Schätzung­vom­November­2016,­welche­Grundlage­für­die­Verab-schiedung­des­Bundeshaushaltes­2017­war,­hoben­die­Schätzer­aus­Bund,­Ländern­und­Wissenschaft­die­Einnahmen­um­rund­10­Milli-arden­Euro­an.­Bis­2022­summieren­sich­die­prognostizierten­Mehr-einnahmen gegenüber der letztjährigen Steuerschätzung gar auf 889,6­Milliarden­Euro.­Auch­in­den­vergangenen­Jahren­entwickel-ten sich die Steuereinnahmen positiver als zunächst an genommen. Insbesondere­die­Entwicklung­der­gewinnabhängigen­Steuern­

­wurde­unterschätzt.­Dafür­können­laut­BMF­verschiedene­Ursachen­in­Betracht­kommen­:­Die­gesamtwirtschaftliche­Bemessungsgrund-lage­der­volkswirtschaftlichen­Gesamtrechnungen­unter­zeichnet­die­­tatsächliche­Gewinnentwicklung­im­gewerblichen­Bereich,­die­während­der­Finanzkrise­vor­knapp­zehn­Jahren­aufgebauten­­Verlustvorträge­der­Unternehmen­sind­teilweise­aufgebraucht,­und­die Steuerehrlichkeit nimmt zu. Allerdings neigen die Schätzer in ­Zeiten­des­Abschwungs­zu­übertriebenen­Prognosen.­Im­langfristi-gen­Durchschnitt­addieren­sich­die­Schätzfehler­zu­nahe­null.

Gefährliche SchrankeDie­Hälfte­der­EU-Staaten­buhlt­mit­Lizenzboxen­und­besonders­günstigen­Steuersätzen­darum,­dass­multinatio-nale Unternehmen ihre Marken und Patente bei ihnen registrieren lassen. Die­Italiener­locken­mit­16,­die­Iren­mit 6,25 und die Malteser mit null Pro-zent.­Deutschland­wehrt­sich­gegen­die­Steuerrabatte mit einer sogenannten Lizenzschranke­seit­Beginn­des­Jahres.­Ab­nächstem­Jahr­sollen­konzerninter-ne­Ausgaben­für­Patente,­Lizenzen­und Markenrechte nicht mehr oder nur noch zum Teil als Betriebsausgaben abziehbar­sein,­wenn­diese­in­Länder­mit­einer­Präferenzregelung­abfließen.­

Patente deutsche UnternehmenEinnahmen­und­Ausgaben­der­Unternehmen­in­Deutschland­durch­­Schutzrechte­wie­Urheberrechte,­Patente­und­Lizenzen­in­Millionen­Euro

Quelle : Institut der deutschen Wirtschaft

2003

3.6403.152

14.961

9.181

2005 2007 2009 2011 2013 2015

Ausgaben ­ Einnahmen

Schätzfehler ( Fehler = Steuerschätzung abzüglich des tatsächlichen Aufkommens )1973­bis­2017,­in­%­des­Steueraufkommens

Quelle­:­Bundesministerium­der­Finanzen,­Arbeitskreis­„Steuerschätzungen“

1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017

­ Schätzabweichung­ ­ gleitender­Durchschnitt­(­3­Jahre­)

8

6

4

2

0

−­2

−­4

−­6

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Personalia InternTobias Lüpke­ist­der­Markets­&­Business­Development­Leader­für­die­Tax­&­Law­­Praxis­in­Deutschland,­Österreich­und­die­Schweiz­(GSA)­und­mitverantwortlich­für­die­strategi-schen­Wachstumsziele­von­EY­in­der­Region.­Ein­Instrument­ist­hierbei­die­Tax­Agenda,­wel-che­­globale­Steuerthemen­(z.­B.­BREXIT­oder­US-Steuer­reform)­mit­der­digitalen­Transfor-mation­der­Steuerabteilung­verbindet.­Zuvor­war­er­u.­a.­zehn­Jahre­in­Moskau­Leiter­der­EY­Tax­&­Law­Transaktionspraxis­der­GUS-­Staaten­und­maßgeblich­am­Aufbau­des­Russland-geschäfts beteiligt.

Personalia ExternReinhold Hilbers­(­53,­CDU­)­ist­neuer­nieder-sächsischer Finanzminister und folgt damit auf Peter-Jürgen­Schneider­(­SPD­),­der­der­neuen­Landesregierung­nicht­mehr­angehört.­Hilbers­ist­seit­2003­Mitglied­des­Landtags.­Von­2009­bis­2013­war­er­haushaltspolitischer­Sprecher­der­CDU-Fraktion­und­anschließend­stellvertre-tender Fraktionsvorsitzender für die Bereiche Haushalt, Finanzen und Soziales.

Vermögensteuer bringt wenig, kostet vielDie­Einführung­einer­Vermögensteuer­würde­Investitionen,­Beschäf-tigung,­Ersparnis­und­Wirtschaftswachstum­in­Deutschland­­dämpfen.­Auch­das­Steueraufkommen­selbst­würde­insgesamt­sinken,­da­die­Einnahmen­aus­der­Vermögensteuer­mit­größeren­Verlusten­bei­Ertrag-­und­Konsumsteuern­einhergehen­würden.­Das­ist­das­Ergebnis­einer­Studie,­die­das­ifo­Institut­und­EY­für­das­Bundes-wirtschaftsministerium­verfasst­haben.­„Die­Einführung­einer­Ver-mögensteuer­wirkt­wie­eine­massive­Erhöhung­der­Ertragsteuer-sätze,­mit­dem­zusätzlichen­Nachteil,­dass­die­Vermögensteuer­auch­dann­gezahlt­werden­muss,­wenn­der­Ertrag­aus­dem­Vermögen­negativ­ist“,­sagt­ifo-Präsident­Clemens­Fuest.­

Eine­Wiedereinführung­der­1996 ausgesetzten Ver-mögensteuer­würde­selbst­bei hohen Freibeträgen und einer Privilegierung von Unternehmensver-mögen­sowohl­Produk­tion­als auch Beschäftigung in Deutschland­langfristig­beeinträchtigen. Bei einem Vermögensteuersatz von beispielsweise­einem­Prozent­wäre­mit­einer­Dämpfung­der­jährlichen­Wachstumsrate­des­Brutto-inlandsprodukts ( BIP ) um 0,30 bis 0,35 Prozent-punkte in den ersten acht

Jahren­zu­rechnen.­Grund­ist,­dass­die­Vermögensteuer­die­Anreize­für­Investitionen­und­zur­Kapitalbildung­spürbar­mindern­­würde­–­mit­entsprechend negativen Folgen für die Produktionskapazitäten. Ins-besondere­bei­ausländischen­Investoren­ist­nach­Einführung­einer­Vermögensteuer­mit­einer­Kapitalflucht­aus­Deutschland­zu­rechnen.­Darauf­hinzuweisen­ist,­dass­eine­rein­konsumtive­Verwendung­der­Einnahmen­aus­der­Vermögensteuer­ohne­weitere­Effekte­unter-stellt­wurde. Bei einem Vermögensteuersatz von 0,4 Prozent auf Unternehmens-vermögen,­einem­Prozent­auf­Immobilien-­und­Finanzvermögen­und­einem­Freibetrag­von­einer­Million­Euro­(­2­Millionen­bei­Zusammen-veranlagung­)­würde­der­Fiskus­14­Milliarden­Euro­an­Vermögen-steuern­einnehmen.­Dem­stünden­aber­Verluste­bei­anderen­Steuern­in­Höhe­von­44­Milliarden­Euro­gegenüber.­Das­Steuerauf-kommen­wäre­damit­um­30­Milliarden­Euro­niedriger.­Die­Investitio-nen­würden­langfristig­um­knapp­neun­Prozent­niedriger­ausfallen,­die­Beschäftigung­um­1,9­Prozent­und­das­Niveau­der­Wirtschafts-leistung­wäre­um­4,5­Prozent­niedriger­als­ohne­eine­solche­Steuer.­

Die­Studie­„Ökonomische Bewertung verschiedener Vermögensteuerkonzepte“ steht Ihnen auf der Seite des­BMWi­zum­Download­zur­Verfügung.­

Dr. Annedore Streyl­verstärkt­den­M&A­Bereich­an unserem Standort Berlin. Als erfahrene und international­anerkannte­M&A­Expertin­beriet­die­promovierte­Rechtsanwältin­u.­a.­kom­plexe­Infrastrukturprojekte,­Restrukturierungen,­ Privatisierungen und Transaktio nen in regulier-ten­Industrien,­wie­der­Energiebranche­oder­ der­öffentlichen­Hand.­Bei­EY­Law­wird­Streyl ­diese­sektorspezifische­Beratung­und­ihre­Erfahrung­in­der­internationalen­Zusammen-arbeit fortsetzen.

Neuer­österreichische­Finanzminister­in­der­neuen­türkis-blauen­Regierung­ist­Hartwig Löger.­Löger­ist­ein­anerkannter­Vertriebs­ex-perte,­der­einen­Großteil­seines­Berufs­lebens­im­Versicherungsgeschäft­tätig­war.­Er­folgt­Hans Jörg Schelling als Finanzminister auf einem­ÖVP-Ticket.

Matthias Haß­(­CDU­)­ist­seit­Dezember­2017­Staatsminister der Finanzen des Frei staates Sachsen.­Zuvor­war­er­u.­a.­Leiter­der­Unter-abteilung­„Grundsatzfragen­der­Finanz­politik“­im­Bundesministerium­der­Finanzen.­Er­folgt­auf­Georg­Johannes­Unland­(­CDU­),­der­auf­eigenen­Wunsch­nicht­mehr­der­neuen­Landes-regierung unter Ministerpräsident Michael Kretschmer­(­CDU­)­angehört.

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Spots

In­insgesamt­20­von­33­OECD-Ländern­ist­die­Steuer-­und­Abgaben-quote 2016 gegenüber dem Vorjahr gestiegen, darunter in Deutschland,­Österreich­und­der­Schweiz.­Seit­2009,­dem­Jahr­der­Weltfinanz­krise,­haben­alle­OECD-Staaten­bis­auf­fünf­Länder­–­Kanada,­Estland,­Irland,­Luxemburg­und­Norwegen­–­ihre­Steuer-quote erhöht und zuletzt einen historischen Höchststand erreicht. Deutschland­liegt­mit­einer­Steuerquote­von­37,6­Prozent­deut-lich­über­dem­OECD-Durchschnitt­von­34,3­Prozent,­wird­allerdings­noch­erheblich­von­Frankreich­und­Dänemark­übertroffen.

Abgaben steigen, besonders in EU-Staaten

45,9DNK

27,8CHE

42,9ITA

20,4CHL

44,2BEL

33,2GBR

26USA

45,3FRA

37,6DEU

26,3KOR

42,7AUT

17,2MEX

44,1FIN

25,5TUR

44,1SWE

23IRL

Einnahmen aus Steuern und Abgaben in Prozent des BIPPrognose für 2016

Quelle­:­OECD, Revenue­Statistics­November­2017

34,3OECD

33,6 %2013

34,3 %2016

Are you happy living in the EU ?Die­große­Mehrheit­der­Europäer­lebt­gern­in­der­EU.­Dabei­sind­die­Luxembur-ger,­Iren,­Niederländer­und­Dänen­die­glücklichsten­Europäer.­Zu­diesem­Ergeb-nis­kommt­die­EU-Kommission­nach­einer­Befragung von fast 30.000 Bürgern. ­Jüngere­fühlen­sich­demnach­in­der­EU­noch­wohler­als­Ältere.­Selbst­die­Briten­antworten­auf­die­Frage­„Are­you­happy­living­in­the­EU­?“­zu­mehr­als­zwei­­Dritteln­mit­Yes,­so­zumindest­das­Ergebnis­­dieser­­Umfrage.­Die­geringste­Begeisterung­­zeigen­Griechen,­Rumänen,­­Tschechen­und­Ungarn.

Zustimmung zum Statement „You are happy living in the EU“

Quelle­:­Europäische­Kommission,­basierend­auf­Umfrage­September­/­Oktober­2017 An­100­fehlende­Prozent­:­Weiß­nicht­/­Keine­Angabe

DEU EUIRL HUNNLD BGRDNK ROUFRA ITALUX

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2 4

94

10

85

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7

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36

58

33

57

6

89

SWE ESP GBR GRCAUT CZE

„Stimme zu“

„Stimme nicht zu“

Schweiz senkt die MehrwertsteuerWeil­eine­Zusatzfinanzierung­für­die­Altersvorsorge­ausgelau-fen­ist,­sinkt­in­der­Schweiz­der­Mehrwertsteuersatz­um­0,3­Prozentpunkte. Fast zehn Jahre zuvor, ab 2009, hatten die eid-genössischen Wähler für die Sanierung der Invalidenversiche-rung­0,4­Prozent­zusätzliche­Mehrwertsteuer­bewilligt.­Dass­der­Steuersatz­nun­nicht­um­genau­diesen­Anteil­wieder­sinkt,­liegt­an­einer­Zusatzabgabe­zur­Sanierung­der­Bahninfrastruk-tur.­Damit­beträgt­der­reguläre­Mehrwertsteuersatz­seit­dem­1.­Januar­2018­in­der­Schweiz­7,7­Prozent,­der­Sondersatz­für­die Hotellerie 3,7 Prozent und der reduzierte Satz 2,5 Prozent.

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Es­war­seine­vielleicht­folgenreichste­Unterschrift­für­die­Weltwirtschaft,­die­US-Präsident­Donald­Trump­am­22.­Dezember­2017­leistete.­Im­Oval­Office­des­

Weißen­Hauses­setzte­der­Staatschef­seinen­Namen­unter­den­„Tax­Cuts­And­Jobs­Act“.­Mit­dieser­Reform­sollen­die­USA­als­Wirtschaftsstandort­attraktiver­werden­und­Kapital­sowie­Investitionen­aus­der­ganzen­Welt­anziehen.­Gleichzeitig­soll­es­schwerer­werden,­Einkünfte­aus­den­USA­heraus­zu­verlagern.­Es­ist­ein­konsequenter­Schritt­zur­Umsetzung­des­Wahlversprechens­„America­First“,­das Trump vor gut einem Jahr maßgeblich ins Präsiden-tenamt der Vereinigten Staaten beförderte.

Die­größte­US-Steuerreform­seit­über­30­Jahren­­dürfte­die privaten Haushalte und Unternehmen in der Spitze um­jährlich­rund­280­Milliarden­US-Dollar­entlastet.­Das­sind 1,3 Prozent des amerikanischen Bruttoinlandspro-dukts.­Die­Reform­hat­zudem­das­Potential,­den­­globalen­Steuerwettbewerb­weiter­anzuheizen,­weil­sie­andere­Länder­zu­Reaktionen­zwingt,­damit­ihre­Unternehmen­nicht ins Hintertreffen geraten.

Die­Reform­betrifft­drei­Bereiche­:­die­persönliche­Ein-kommensteuer,­die­Erbschaftsteuer­und­die­Unterneh-mensbesteuerung.­Letztere­hat­die­größten­Auswir-kungen­auf­Deutschland­und­Europa.­Die­Kernelemente­dieses­Reformbereichs­sind­:­Reduzierung­des­Körper-schaftsteuersatzes von 35 auf 21 Prozent ( auf Bundes-ebene­),­Entlastungen­für­Personenunternehmen,­Sofort-abschreibungen­für­Investitionen­sowie­die­Abkehr­vom­Welteinkommensprinzip hin zu einer Freistellung von ­Auslandsgewinnen­in­Form­von­Dividenden.­Dem­­stehen­ einige steuerverschärfende Maßnahmen gegenüber, ­darunter­eine­Beschränkung­des­Zinsabzugs­und­eine­Mindestbesteuerung­(­Übersicht­auf­Seite­19­).

Die­deutsche­Wirtschaft­ist­indirekt­und­auch­direkt­betroffen.­Zum­einem­stärkt­die­Reform­ganz­allgemein­Unternehmen,­Forschung­und­Entwicklung­sowie­Inves-toren in den USA und setzt damit die Konkurrenz in aller Welt­generell­unter­Druck.­Zum­anderen­schafft­der­Tax­Cuts­And­Jobs­Act­spezifische­Anreize­für­aus­ländische­Unternehmen, Teile ihrer Wertschöpfungsketten in die

America First in der Steuerwelt

Mit­dem­„Tax­Cuts­And­Jobs­Act“­schafft­ Präsident Trump starke Anreize für Investitionen in den USA. Auch deutsche Unternehmen sind betroffen und müssen sich neu aufstellen.

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USA zu verlagern. Tatsächlich fühlt sich die deutsche Wirtschaft­herausgefordert.­In­einer­EY-Umfrage­unter­Führungskräften Anfang Januar erklärte die Hälfte, dass die­US-Reform­ihr­Unternehmen­direkt­betreffe­(­39­Pro-zent­waren­noch­unsicher­und­elf­Prozent­antworteten­mit­einem­klaren­nein­).­Noch­mehr­befragte­Manager­rechnen mit einer Verschlechterung der deutschen Wett-bewerbsfähigkeit.­Auf­die­Frage­“Fördert­die­US-Steuer-reform­Investitionen­in­den­USA­?“­antworteten­58­Pro-zent mit ja und 18 mit nein ( siehe Kasten ).

Klar­ist,­dass­sich­ein­Großteil­der­deutschen­Wirtschaft­intensiv­mit­der­US-Steuerreform­und­den­Folgen­für­ihre­eigenen Unternehmen auseinandersetzen und gegebe-nenfalls Konsequenzen ziehen muss. Betroffen sind zahl-reiche­Bereiche,­die­wir­im­Folgenden­nur­kursorisch­und­ohne Anspruch auf Vollständigkeit skizzieren möchten.

US-Finanzierungsstruktur

Wegen­des­hohen­US-Steuerniveaus­war­es­für­Unter-nehmen bislang interessant, durch umfangreiche Fremd-finanzierung­ihre­Steuerlast­zu­senken.­Auch­deutsche­Konzerne­haben­in­der­Regel­ihre­US-Aktivitäten­im­bis-her­zulässigen­Umfang­fremdfinanziert.­Durch­die­­neuen­

gesetzlichen­Regelungen­müssen­viele­Unternehmen­ihre­Finanzierungsstruktur anpassen. Allerdings gibt es spezi-elle­Regeln­zur­Klassifizierung­von­Finanzinstrumenten­als­Fremd-­oder­Eigenkapital,­die­in­der­Praxis­Probleme­auf-werfen­können­und­eine­sorgfältige­Dokumentation­erfor-dern.­Diese­werden­durch­die­neue­Zinsschranke­nicht­ersetzt­oder­aufgehoben,­sondern­sind­weiterhin­zu­beach-ten.­Wer­nach­der­Reform­Fremd-­in­Eigenkapital­umwan-deln­möchte,­muss­besondere­Vorsicht­walten­lassen,­zumal­–­ähnlich­wie­in­Deutschland­–­die­Gefahr­besteht,­ungewünschte­steuerpflichtige­Erträge­auszulösen.

In­Einzelfällen­kann­es­für­Unternehmen­erwägenswert­sein,­Zinseinkünfte­in­den­USA­zu­erhöhen,­wenn­ansons-ten­dort­die­Zinsschranke­greift­-­jeder­Zinsertrag­in­den­USA­würde­dann­keine­zusätzliche­laufende­US-Steuerbe-lastung­auslösen.­Die­neuen­US-Regeln­ähneln­stark­der­deutschen­Zinsschranke­:­Ein­Nettozinsaufwand­–­gleich-gültig,­ob­an­Dritte­oder­andere­Konzernunternehmen­gezahlt­–­ist­nur­noch­bis­zu­einer­Höhe­von­30­Prozent­des­(­US-steuerlichen­)­Ergebnisses­vor­Zinsen,­Steuern­und­Abschreibungen­(­„EBITDA“­)­sofort­abzugsfähig.­Ab­2022­würde­die­30-Prozent-Grenze­bezogen­auf­EBIT­berechnet,­also­noch­enger­gefasst­und­wäre­damit­noch­viel­schärfer­als­die­deutsche­Zinsschrankenregelung.

Finanzminister Steven Mnuchin arbeitete ein dreiviertel Jahr intensiv an der Steuerreform

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Verrechnungspreise, Lieferketten und IP

Aus­steuerlicher­Sicht­waren­die­USA­bisher­nicht­beson-ders­attraktiv,­um­internationale­Investitionen­anzu-locken­und­neue­immaterielle­Wirtschaftsgüter­vor­Ort­zu­­schaffen.­Dass­dies­dennoch­geschah,­war­vor­allem­auf­die Anziehungskraft des größten Markts der Welt und die technologische Vorherrschaft in vielen Bereichen zurück-zuführen.­Das­ändert­sich­mit­der­Steuerreform­radikal.­Für diejenigen Unternehmen, die Vertrauen haben in die Beständigkeit­der­neuen­Gesetzgebung,­stellen­sich­die­USA­nun­in­einem­komplett­neuen,­reizvolleren­Licht­dar.

Zuckerbrot …

Neben­den­bekannten­kommerziellen­und­operativen­Gesichtspunkten­sprechen­nun­auch­steuerliche­Argu-mente­dafür,­unternehmerische­Funktionen­und­Aktivitä-ten in den USA anzusiedeln. Schon die Absenkung des allgemeinen Körperschaftsteuersatzes von 35 auf 21 Pro-zent ( auf Bundesebene ) sorgt für eine beachtliche Wettbe-werbsfähigkeit­im­Vergleich­zu­anderen­Standorten,­auch­gegenüber­Deutschland,­das­mit­seinen­rund­30­Prozent­Körperschaft-­und­Gewerbesteuern­ins­Hintertreffen­gerät.

Für innovative Unternehmen beinhaltet das Steuerpaket zusätzliche­Anreize,­um­Technologien­und­geis­tiges­Eigen-tum­(­IP­)­in­Amerika­zu­entwickeln­und­von­dort­aus­welt-weit­zu­vermarkten.­So­gilt­für­Gewinne­aus­der­ausländi-schen­Verwertung­immaterieller­Wirtschaftsgüter­durch­US-Unternehmen­eine­weitere­Absenkung­des­Körper-schaftsteuersatzes auf zunächst 13,125 Prozent ( 16,406 ab­2026­).­Beim­„Foreign-derived­­Intangible­Income“­(­FDII­)­kann­es­sich­um­Dienstleistungs-,­Lizenz-­oder­Ver-kaufserlöse­handeln.­Dahinter­steht­das­politische­Ziel,­Forschungs-­und­Entwicklungs-Hubs­aus­aller­Welt­in­den­USA anzusiedeln.

Ein­weiteres­Schmankerl­für­Investoren­sind­die­großzügi-gen Sofortabschreibungen. Anlageinvestitionen können in den nächsten fünf Jahren sofort voll von der Steuerbemes-sungsgrundlage­abgezogen­werden.­Dies­gilt­sogar,­wenn­die­Wirtschaftsgüter­gebraucht­erworben­werden,­also­zum­Beispiel­bei­einem­Unternehmenserwerb­als­„Asset­Deal“.­Vor­allem­wachstumsorientierte­Investoren­erhalten­so­einen­beträchtlichen­Liquiditätsvorteil­und­damit­einen­zusätzlichen Anreiz, sich in den USA anzusiedeln.

… und Peitsche

Auf­der­anderen­Seite­werden­Konzernunternehmen­in­den­USA,­die­Leistungen­von­verbundenen­Unternehmen­aus dem Ausland beziehen, einer Art Mindestbesteuerung unterworfen.­Die­„Base­Erosion­Anti-Abuse­Tax“­(­BEAT­)­soll verhindern, dass in den USA steuerlich abzugs fähige Zahlungen­an­ausländische­verbundene­Unternehmen­zu sehr das heimische Steueraufkommen beeinträchti-gen.­Das­hat­für­große­Konzerne­zur­Folge,­dass­sie­kon-zerninterne­Zahlungen­für­Lizenzen,­Dienstleistungen­und­Zinsen­unter­Umständen­in­den­USA­nicht­mehr­

Wird Ihr Unternehmen seine Geschäftstätigkeit in den USA durch die US Tax Reform intensivieren ?

Erhöht sich der Druck auf Deutschland, die Steuerlast für Unternehmen zu senken ?

Verschlechtert sich dadurch die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen ?

Macht die US-Steuerreform die USA als Produktions- standort attraktiver ?

Welche Auswirkungen hat dieUS-Steuerreform auf Ihr Unternehmen ?Wir­haben­die­Leser­unseres­eNewsletter­Tax­und­unseres­Tax­&­Law­ Magazine­Anfang­Januar­befragt.­Die­170­Teilnehmerinnen­und­Teilnehmer­kamen­überwiegend­aus­international­ausgerichteten­Unternehmen­in­ leitender­Position­aus­Steuer-­oder­Finanzabteilungen.

Werden durch die US- Steuerreform Lieferungen in die USA erschwert ?

Fördert die US-Steuerreform Investitionen in den USA ?

Wird die US-Steuerreform Ihr Unternehmen direkt beeinflussen ?

20 %

75 %

Ja

­ Nein

Keine Angabe

5 %

28 %15 % 20 %

53 %

57 %

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11 %

39 %

50 %

27 % 27 %

46 %

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58 %

14 %

24 %

57 %29 %

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ganz als Betriebsausgabe abziehen können, diese aber im­Ursprungsland­weiterhin­voll­versteuert­werden,­was­zu­einer­Doppelbelastung­führt.­Damit­setzt­Washington­in­den­USA­tätige­Unternehmen­unter­Druck,­einen­mög-lichst hohen Wertschöpfungsanteil in Amerika zu schaffen.

Effekte auf die deutsche Besteuerung

Der­„Tax­Cuts­and­Jobs­Act“­kann­über­die­USA­hinaus­in­bestimmten­Fällen­auch­die­Besteuerung­in­Deutschland­beeinflussen.­Nach­deutschem­Recht­können­nämlich­die­USA als Niedrigsteuerland­eingestuft­werden.­US-Ein-künfte­würden­bei­deutschen­Gesellschaftern­dann­einer­Hinzurechnungsbesteuerung­unterliegen.­Diese­Regelung­wurde­ins­Leben­gerufen,­um­die­Verlagerung­„mobiler“­Einkünfte­ins­niedrig­besteuernde­Ausland­unattraktiv­zu­machen. Technisch geschieht dies dergestalt, dass soge-nannte­passive­Einkünfte­einer­von­Deutschen­beherrsch-ten­Auslandgesellschaft­den­deutschen­Gesellschaftern­wie­steuerpflichtige­Dividenden­zugerechnet­werden,­wenn­diese­im­Ausland­effektiv­zu­weniger­als­25­Prozent­besteuert­werden.­Durch­die­Absenkung­des­US-­(­Bundes-­)Steuersatzes auf 21 oder sogar 13,125 Prozent besteht die­Gefahr,­dass­US-Einkünfte­nunmehr­als­niedrig­besteu-ert gelten. Unternehmen sollten sehr genau prüfen, ob zusätzliche­lokale­und­Bundesstaaten-Steuern­den­effek-tiven Steuersatz doch noch auf 25 Prozent heben und ob­sie­in­den­USA­passive­Einkünfte­(­z.­B.­Zinsen,­Lizenz-erträge­aus­erworbenem­IP­)­erzielen.­

Zwar­gibt­es­derzeit­innerhalb­der­deutschen­Finanzver-waltung­eine­Diskussion,­die­Niedrigbesteuerungsschwelle­abzusenken,­so­dass­sich­die­Problematik­möglicher­weise­reduzieren­würde.­Jedoch­ist­keineswegs­sicher,­dass­eine­Rechtsänderung­rückwirkend­ab­2018­gelten­würde.­Davon­abgesehen­würde­eine­Absenkung­der­deutschen­Niedrigbesteuerungsschwelle­wohl­niemals­das­Niveau­von­13,125­Prozent­erreichen,­so­dass­bei­FDII-Einkünf-ten stets mit einer Hinzurechnungsbesteuerung zu rech-nen­ist.­Dann­käme­es­entscheidend­darauf­an,­dass­die­in­den­USA­ausgeübten­Tätigkeiten­als­„aktiv“­im­Sinne­des­Außensteuergesetzes gelten, um nicht die neuen steuer-lichen­US-Vorteile­durch­Hinzurechnungsbesteuerung­im­Inland­gleich­wieder­zu­verlieren.­Dies­wird­in­vielen­­Fällen­gegeben sein.

Seit­Anfang­2018­gilt­mit­dem­§­4j­EStG­eine­neue­Regel­im­deutschen­Steuerrecht,­wonach­Lizenzzahlungen­an­ausländische­verbundene­Unternehmen,­die­mit­den­Ein-künften­einer­niedrigen,­nicht­OECD-konformen­Präferenz-besteuerung unterliegen, nur beschränkt abzugsfähig sein sollen. Man anderen Worten, es gilt ein Sondersteuer satz für Einkommen aus immateriellen Wirtschaftsgütern, die­im­Ausland­durch­ein­–­nach­OECD-Maßstäben­–­schäd-liches­Präferenzregime­erzielt­werden.­Es­wird­vom­jewei-ligen­Unternehmen­im­Einzelfall­zu­prüfen­sein,­ob­die­­neuen­US-Regeln­derartige­Abzugsbeschränkungen­aus-lösen,­und­damit­der­US-Steuervorteil­auf­entsprechende­Lizenzeinnahmen­aus­Deutschland­verloren­geht.

­ DEU­

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Die neue Landschaft der GewinnbesteuerungGewinnbesteuerung­in­ausgewählten­Ländern­und­ angekündigte­Änderungen­bei­der­Gewinnbesteuerung

0­% 20­%5­% 25­%10­% 30­% 40­%15­% 35­% 45­%

angekündigt aktuell

* seit 1.1.2018, inkl. durch-schnittlicher­State-Tax­von­5,5­Prozent,­keine­Gewinn-besteuerung erfolgt in South­Dakota­oder­Wyoming

Frankreich, u. a.:• Stufenweise­Senkung­des­Körperschaft-

steuersatzes­(­KSt­)­von­33­¹⁄³ auf 25 Prozent bis 2022, reduzierter Satz von 15 Prozent für kleine und mittlere Unternehmen bleibt bestehen

• Aber­:­Zuschläge­für­KSt-pflichtige­Groß­-unternehmen ab bestimmten Umsätzen von über­einer­Milliarde­Euro­zur­Gegenfinan-zierung­der­Abschaffung­der­3-Prozent-Steuer­auf Ausschüttungen

Belgien, u. a. :• Stufenweise­Senkungen­des­KSt­von­33,99­

auf 25 Prozent bis 2020• 100­%­Beteiligungsfreistellung­für­Dividenden­

und­Veräußerungsgewinne• Einführung­einer­Gruppenbesteuerung­ab­

2019­und­Reform­des­Eigenkapital-Zinsabzugs• Einführung­einer­Minimum-Bemessungs-

grundlage

USA, u. a. ( siehe auch S. 19 ) :• Senkung des KSt von 35 auf 21 Prozent• Sofortige Vollabschreibung für bestimmte und

bis­Ende­2022­angeschaffte­Wirtschaftsgüter• Einschränkung­diverser­Abzugsmöglichkeiten­

und­Tax­Credits

Norwegen, u. a. :• Senkung von 24 auf 23 Prozent• Erhöhung­des­unteren­MwSt-Satzes­von­10­

auf 12 Prozent• Änderungen­beim­Zinsabzug

UK :• Stufenweise­Senkung­des­KSt­von­aktuell­19­

auf 17 Prozent ab 1. April 2020• Erhöhung­F&E-Förderung­von­11­auf­

12 Prozent• Änderungen­beim­Zinsabzugs­und­bei­hybri-

den­Gestaltungen

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Unternehmen,­die­ihre­Lieferkette­zugunsten­der­USA­ändern­wollen,­müssen­überdies­aufpassen,­ob­es­dadurch­zu­einer­gewinnrealisierenden­(­Re-­)Alloka­tion­von­Funktionen­im­Konzern­kommt.­Deutschland­hat­nämlich­strikte­Regeln­zur­Funktionsverlagerung.­Die-se sollen verhindern, dass Unternehmen immate rielle Wirtschaftsgüter­aus­Deutschland­ins­Ausland­ver­lagern,­ohne­dass­deren­Gewinnchancen­besteuert­werden.­Anpassungen­von­Konzernfunktionen­und­-verantwort-lichkeiten­als­Reaktion­auf­die­gestiegene­steuerliche­Attraktivität des Standorts USA sind daher mit großer Sorgfalt­zu­planen,­um­nicht­hohe­„Exit“-Steuerbelastun-gen­in­Deutschland­auszulösen.

Jahresabschlüsse 2017

Da­der­„Tax­Cuts­and­Jobs­Act“­durch­die­Unterschrift­von­Präsident­Trump­am­22.­Dezember­2017­bereits­ver-abschiedet­wurde,­sind­die­Auswirkungen­auch­schon­in­den­Jahresabschlüssen­2017­zu­berücksichtigen.­Dies­ist­insbesondere für die Unternehmen relevant, die erheb-liche­(­latente­)­Steuerpositionen­mit­US-Bezug­in­ihren­Bilanzen­halten­oder­die­von­der­Einmalsteuer­auf­nicht­repatriierte­Gewinne­unterhalb­ihrer­US-Struktur­betrof-fen­sind.­Entsprechende­Ad­hoc-Mitteilungen­haben­zahl-reiche­börsennotierte­Unternehmen­zum­Jahreswechsel­schon veröffentlicht.

Auch Ronald Reagan konnte mit dem Wahlversprechen „Let’s make America great again“ punkten und wurde 1981 zum 40. Präsident der Vereinigten Staaten gewählt. Während seiner Amtszeit wurden zahlreiche Änderungen im Steuerrecht umgesetzt. Z. B. gab es seit 1988 noch zwei Einkommen-steuersteuersätze von 15 und 28 Prozent. Außerdem wurde die Körper-schaftsteuer der Unter nehmen stark von 46 auf 34 Prozent gesenkt.

Wirtschaftsmotor USAUS-Warenhandel­mit­ausgewählten­Ländern, Angaben­in­Milliarden­Dollar

Import ­ Export

Quelle­:­US-Handelsministerium­ (­Januar­–­November­2017­)

117

461China

259

394EU

49

107davon Deutschland

259275

Kanada

235,8303,3

Mexiko

U S A

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So verliert bei einem Konzern, der für Verlustvorträge in den USA bisher eine positive latente Steuerposition aus-gewiesen­und­diese­mit­dem­alten­Steuersatz­von­35­Pro-zent berechnet hat, die zukünftige Steuerersparnis ana-log­zur­Steuersatzsenkung­an­Wert.­Den­umgekehrten­Fall­erleben Unternehmen, die momentan latente Steuerver-bindlichkeiten­bezogen­auf­ihre­US-Aktivitäten­ausweisen­;­hier­können­sich­unerwartete­Sondererträge­ergeben.

Fazit – der Druck auf Deutschland steigt

Mit­der­drastischen­Senkung­des­Unternehmensteuer-satzes katapultieren sich die USA im internationalen Steuer­wettbewerb­weit­nach­vorne.­Die­Maßnahmen­zur­Verbreiterung­der­Bemessungsgrundlage­bringen­zwar­Mehrbelastungen, dennoch ergibt sich unter dem Strich

für­viele­Unternehmen­eine­erhebliche­Verbesserung.­Die­effektive­Steuerbelastung­von­Erträgen­aus­Investi­tionen­in­den­USA­sinkt­von­rund­36,5­auf­etwa­23­Prozent.­Deutschland­kann­mit­einer­effektiven­Besteuerung­von­28­bis­30­Prozent­in­die­Defensive­gerät.­Zudem­gewinnt­der­US-Standort­durch­die­FDII-Regelungen­zusätzlich­an­Attraktivität.

Es­ist­zu­erwarten,­dass­auch­deutsche­Unternehmen­­dieses­Investitionsangebot­wahrnehmen­und­sich­in­ver-stärktem­Maße­in­den­USA­engagieren­werden.­Die­US-Reform­erhöht­den­steuerpolitischen­Handlungsdruck,­der­seit­mehreren­Jahren­ohnehin­schon­in­Deutsch-land­besteht.­Die­nächste­Bundesregierung­wird­hierauf­­Antworten­finden­müssen.

Ihre Autoren

Oliver WehnertPartnerInternational­Tax­&­Transfer­ Pricing­Leader­für­Deutschland,­ Österreich­und­die­Schweiz

[email protected]

Christian EhlermannPartner

[email protected]

Kräftevergleich USA vs DE

Quellen­:­IWF,­Statista,­OECD,­Laenderinfo.net

Erwerbstätige

44 Millionen

153 Millionen

Fläche

357.022 km²

9.826.675 km²

Einwohner

82 Millionen

323 Millionen

Durchschnittseinkommen

39.615 €51.324 €

F&E Investitionen der Top 100 Unternehmen

58 Milliarden €

171 Milliarden €

BIP-Wachstumsrate 2017

2,3 %2,2 %

USA ­ Deutschland

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19EY TAX & LAW Magazine 01 / 2018

TOP

Tax Cuts And Jobs ActWesentliche Punkte der Steuerreform

Massive Senkung des Körperschaftsteuersatzes

Absenkung des Körperschaftsteuersatzes von 35 auf 21 Prozent.Geringere­Besteuerung­bestimmter­transparent­besteuerter­Unternehmenseinkünfte­(­„pass-throughs“­).Abschaffung­der­Alternative­Minimum­Tax­(AMT­)­für­Unterneh-men.­Natürliche­Personen­erhalten­erhöhte­AMT-Freibeträge.

Abschreibungen

Sofortige­Vollabschreibung­für­bestimmte­und­bis­Ende­2022­angeschaffte Wirtschaftsgüter. Anschließender Abbau der ­Sonderabschreibung­in­jährlichen­20-Prozent-Schritten­bis­auf­null in 2027.

Steuervergünstigungen

Einschränkung­diverser­Abzugsmöglichkeiten­und­Tax­Credits­unter­Beibehaltung­der­steuerlichen­F&E-Förderung.

Ausländische Dividendeneinkünfte

Ausländische­Dividendeneinkünfte­von­US-Körperschaften­­sollen­künftig­steuerfrei­sein,­wenn­die­Beteiligung­mindestens­zehn­Prozent­beträgt.­Gewinne­aus­der­Veräußerung­einer­solchen­Beteiligung­wären­von­der­Befreiung­nicht­erfasst.

Gewinne ausländischer Tochtergesellschaften

Einmalige­Nachversteuerung­der­seit­1986­noch­nicht­besteu-erten­Gewinne­ausländischer­Tochtergesellschaften­von­­US-­Muttergesellschaften.­Die­Sätze­liegen­mit­15,5­Prozent­(­­Finanzmittel­)­bzw.­acht­Prozent­(­illiquide­Assets­)­etwas­höher­als­zuvor­diskutiert.­Die­Steuerzahlung­kann­in­acht­Jahresraten­geleistet­­werden.

Zinsschranke

Einführung­einer­Zinsschranke­mit­einer­Abzugsbeschränkung­des­Netto-Zinsaufwands­auf­maximal­30­Prozent­des­­EBITDA­bzw.­ab­2022­des­EBIT­für­Unternehmen­ab­einer­Umsatz-schwelle­von­25­Millionen­US-Dollar.­Ein­Zinsvortrag­ist­ohne­­zeit­liche­Beschränkung­möglich.­Die­in­den­Gesetzesversionen­zuvor enthaltene, darüber hinausgehende Abzugsbeschränkung für­internationale­Unternehmensgruppen­wurde­fallen­gelassen.

Grenzüberschreitende Betriebsausgaben : „Base erosion anti-abuse tax ( BEAT )“

Keine­„Excise­Tax“­(­Vorschlag­Repräsentantenhaus­)­auf­bestimmte­Importe­und­Zahlungen­ins­Ausland.­Für­Unterneh-men­ab­einem­Jahresumsatz­von­500­Millionen­US-Dollar­statt-dessen­Aufnahme­des­Senatsvorschlags­einer­„Base­erosion­anti-abuse­tax­(­BEAT­)“.­Die­US-Steuer­auf­eine­für­BEAT-­Zwecke­verbreiterte­Bemessungsgrundlage­darf­durch­Zahlungen­an­ ausländische Konzerngesellschaften nicht unter zehn Prozent ( in 2018­fünf­Prozent,­ab­2026­12,5­Prozent­)­fallen­und­wird­ggf.­durch­die­BEAT­auf­diesen­Wert­aufgefüllt.

Für­Banken­gelten­etwas­höhere­Steuersätze.­Warentransaktio­nen­sowie­bestimmte­Derivatgeschäfte­und­Dienstleistungen­werden­von­der­BEAT­grundsätzlich­nicht­erfasst.

Erbschaftsteuer

Beibehaltung­der­Erbschaftsteuer­mit­erhöhten­Freibeträgen.

Immaterielle Wirtschaftsgüter

Einführung­eines­Präferenzregimes­für­Einkünfte­aus­der­Verwer-tung­immaterieller­Wirtschaftsgüter­durch­US-Unternehmen­im­Ausland­(­es­kann­sich­hierbei­um­Dienstleistungs-,­Lizenz-­oder­Verkaufserlöse handeln ). Für diese gilt ein effektiver Steuersatz von 13,125 Prozent ab 2018 und 16,406 Prozent ab 2026.

Im­Gegenzug­Ausweitung­der­Hinzurechnungs­besteuerung­(­CFC-rules­)­auf­bestimmte­Einkünfte­aus­­immateriellen­ Wirtschaftsgütern. Steuersatz 10,5 Prozent ( ab 2026 : 13,125 Prozent ).

Betriebsausgabenabzug bei hybriden Gestaltungen

Maßnahmen­zur­Verweigerung­des­Betriebsausgabenabzugs­für­bestimmte­hybride­Transaktionen­oder­für­bestimmte­Zahlungen­an­hybride­Rechtsträger.

Mindestbesteuerung und Verlustvortrag

Einführung­einer­Mindestgewinnbesteuerung.­Verlust­vorträge­dürfen­maximal­mit­80­Prozent­des­steuerlichen­Gewinns­­verrechnet­werden.­Von­Ausnahmen­abgesehen­wird­der­Verlust-vortrag unbegrenzt gestattet.

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Das­neue­BMF-Schreiben­zu­§­8c­KStG­präzisiert­die­ Folgen­bei­Konzernübernahmen­und­für­stille­Reserven.

Wenn eine Kapitalgesellschaft über steuerliche Verluste­bzw.­Verlustvorträge­verfügt,­ist­beim­Kauf oder Verkauf viel Vorsicht und Sorgfalt

geboten, damit diese nicht untergehen. Um mehr Klarheit und­Rechtssicherheit­zu­schaffen,­hat­das­Bundesfinanz-ministerium in einem neuen Schreiben die Sicht der Ver-waltung­zu­§­8c­KStG­präzisiert.­Wertvolle­Hinweise­gibt­das­BMF-Schreiben­insbesondere­zur­Konzern-­und­zur­Stille-Reserven-Klausel.­Grundsätzlich­haftet­dem­Schrei-ben­eine­unverändert­restriktive­und­profiskalische­Aus-legung­des­Gesetzes­an.­Die­detaillierte­Verwaltungs-anweisung­könnte­sich­jedoch­am­Ende­im­Ergebnis­als­ohne­Anwendungsbereich­erweisen,­sollte­das­Bundes-verfassungsgericht­§­8c­KStG­insgesamt­als­unvereinbar­mit­dem­Grundgesetz­einstufen.

Grundzüge

Wegen­der­großen­Auslegungsschwierigkeiten­und­Streit-anfälligkeit­der­Vorgängerregel­(­§­8­Abs.­4­KStG­a.F.­)­­hatte­die­damalige­große­Koalition­2008­die­Regelung­des­§­8c­KStG­eingeführt,­um­eine­„einfachere­und­ziel-genaue­Verlustabzugsbeschränkung“­zu­ermöglichen.­Seither gilt : Werden innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 Prozent der Anteile oder Stimmrechte­einer­Körperschaft­an­einen­Erwerber­oder­diesem nahe stehende Personen übertragen, gehen die steuer­lichen­Verlustvorträge­der­Körperschaft­teil­weise­unter. Bei mehr als 50 Prozent gehen die steuerlichen Verlustvorträge vollständig unter.

Allerdings­hat­sich­§­8c­KStG­bereits­kurz­nach­seiner­

­Einführung­keinesfalls­als­einfach­und­zielgenau­erwie-sen.­Gerade­vor­dem­Hintergrund­der­mangelnden­Ziel-genauigkeit­wurden­immer­wieder­verfassungsrecht-liche­und­auch­europarechtliche­Bedenken­laut.­Geklärt­ist heute, dass zumindest bei unmittelbaren Beteiligungs-erwerben­von­mehr­als­25­und­nicht­mehr­als­50­Prozent­der­quotale­Verlustuntergang­nach­§­8c­KStG­nicht­mit­dem­verfassungsrechtlichen­allgemeinen­Gleichheitssatz­zu vereinbaren ist, da dieser eine unzulässige typisierende Missbrauchsvermeidungsnorm­darstellt.­Das­Bundes-verfassungsgericht­hat­dem­Gesetzgeber­im­März­2017­­aufgegeben,­diesen­Verfassungsverstoß­rückwirkend­zu­beseitigen. Aber auch bezüglich der Anteilsübertragun-gen von über 50 Prozent gibt es eine Vorlage beim Bun-desverfassungsgericht mit bislang unbekanntem Ausgang.

Von 6 auf 21

Ursprünglich­hatte­die­Finanzverwaltung­ihre­Interpretati-on­des­§­8c­KStG­in­einem­sechs­Seiten­langen­BMF-Schrei-ben­niedergelegt.­Seither­wurde­der­Paragraph­mehr-fach­modifiziert,­insbesondere­durch­die­Einführung­einer­­Konzernklausel­und­die­Stille-Reserven-Klausel.­Dies­machte­zusammen­mit­Rechtsprechung­des­Bundesfinanz-hofs­eine­Änderung­des­BMF-Schreibens­notwendig.­Das­am­28.­November­2017­veröffentlichte­Schreiben­ist­dabei­auf­21­Seiten­angewachsen.­Es­befasst­sich­explizit­mit­dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ( zu unmit-telbaren­Beteiligungserwerben­von­mehr­als­25­und­nicht­mehr­als­50­Prozent­)­und­erkennt­die­Verfassungswidrig-keit­der­Norm­mit­Geltung­von­2008­bis­Ende­2015­grund-sätzlich­an.­Da­die­Karlsruher­Richter­nur­über­den­vor-

Komplizierte Klauseln

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: dpa

gelegten Sachverhalt entscheiden konnten, blieb die Frage einer­Verfassungswidrigkeit­für­mittelbare­Beteiligungs-erwerbe­offen.­Des­Weiteren­fällt­auf,­dass­auf­das­Verhält-nis­zur­Regelung­des­fortführungsgebundenen­Verlust-vortrags­(­§­8d­KStG­),­die­ab­dem­Veranlagungszeitraum­2016­anwendbar­ist,­an­keiner­Stelle­eingegangen­wird.­

Erwerbergruppe

Bisher­legte­die­Finanzverwaltung­die­„Übertragung­auf­Erwerber­mit­gleichgerichteten­Interessen“­sehr­weit­aus.­So versagten Betriebsprüfer den Verlustabzug zum Teil bereits­dann,­wenn­ein­Treuhänder­Unternehmens­anteile­für­Investoren­erwarb,­die­nicht­bekannt­werden­­wollten,­wenn­sich­verschiedene­Firmengruppen­etwa­in­Form­eines­Joint-Ventures­an­einer­Verlustgesellschaft­beteilig-ten­oder­gar,­wenn­im­Rahmen­von­einer­Verschmelzung­von Publikumsgesellschaften indirekt die Mehrheit der Anteile­von­Verlustgesellschaften­wechselte.

Der­Bundesfinanzhof­stellte­daraufhin­klar,­dass­­reine­Absprachen,­die­sich­auf­den­Anteilserwerb­„als­­solchen“­beziehen,­nicht­ausreichen,­sondern­die­­Erwerbergruppe­auch­später,­nach­Anteilserwerb­in­der­Zukunft­als­„­Gruppe“­auftreten­müsse­und­hierbei­die­konkrete­Mög-lichkeit haben muss, die Verlustgesellschaft zu beherr-schen.­Die­Möglichkeit­des­Beherrschens­genügt­laut­BFH­nicht,­die­Feststellungs-­und­Beweislast­trägt­nach­Ansicht­der­Münchner­Richter­die­Finanzbehörde­(­Urteil­vom­22.­November­2016,­I­R­30/15­).­Erfreulich­wäre­es­gewe-sen,­wenn­das­neue­BMF-Schreiben­das­Urteil­in­dieser­Klarheit­wiedergegeben­hätte.­Allerdings­begnügt­es­sich­

mit­einem­Verweis,­dass­die­Abstimmung­nicht­nur­auf­Absprachen­beschränkt­sein­darf,­die­sich­auf­den­Erwerb­als­solchen­beziehen­–­z.­B.­mit­Blick­auf­die­Preisfindung­oder­das­Bewahren­eines­bisher­vorliegenden­Verhältnis-ses im Anteilsbesitz.

Unterjähriger Beteiligungserwerb

Aufgrund­der­BFH-Rechtsprechung­(­Urteil­vom­30.­November­2011,­I­R­14/11­)­war­die­Finanzverwal-tung­gezwungen,­ihre­bisherige,­sehr­profiskalische­Auf-fassung­zum­unterjährigen­Beteiligungserwerb­aufzu-geben.­Dem­alten­BMF-Schreiben­war­zu­entnehmen,­dass­ein­bis­zum­Beteiligungserwerb­erzielter­Gewinn­nicht­mit­noch­nicht­genutzten­Verlusten­verrechnet­werden­­könne.­Zwar­sieht­das­neue­BMF-Schreiben­nun­vor,­dass­ein­bis­zum­schädlichen­(­unterjährigen­)­Beteiligungserwerb­erzielter­Gewinn­grundsätzlich­mit­noch­nicht­­genutzten­Verlusten­verrechnet­werden­kann.­Allerdings­stellt­sich­hier­das­Problem,­in­welchem­Verhältnis­die­Verlust-abzugsbeschränkung­des­§­8c­KStG­zu­der­sogenannten­Mindestbesteuerung­steht.­Das­BMF-Schreiben­sieht­ein­Nebeneinander­der­beiden­Regelungen­wie­folgt­vor­:­Der­nicht­nach­§­8c­KStG­untergehende­Verlustvortrag­wird­auf­den­Zeitpunkt­des­schädlichen­Beteiligungserwerbs­ermittelt,­während­über­die­Mindestbesteuerung­erst­im­Rahmen­der­Jahresveranlagung­entschieden­wird.­Ob­­diese­Auffassung­auch­vom­BFH­geteilt­wird,­für­den­laut­obigem Urteil der schädliche unterjährige Beteiligungs-erwerb­eine­Zäsur­darstellt­und­ein­bis­dahin­­erzielter­Gewinn­mit­dem­bisher­noch­nicht­genutzten­Verlust­ver-rechnet­werden­darf,­bleibt­abzuwarten.­

Das Detlev-Rohwedder-Haus, im historischen Regierungsviertel Berlins an der Wilhelmstraße gelegen, ist seit August 1999 Hauptsitz des Bundesministeriums der Finanzen, welches sich nicht nur der Sanierung des Staats-haushalts stellte. Trotz Abrissempfehlung wurden rund 2.000 Räume aufwändig modernisiert.

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TAX

Pragmatisch­löste­das­BMF-Schreiben­die­Frage,­wie­das­Ergebnis­des­Wirtschaftsjahres,­in­dem­unterjährig­der­schädliche­Beteiligungserwerb­stattgefunden­hat,­auf­den­Zeitraum­vor­und­nach­dem­Beteiligungserwerb­aufzu-teilen­ist­–­nämlich­nach­wirtschaftlichen­Kriterien.­Dies­kann­durch­einen­Zwischenabschluss­(­nebst­Einkommens-aufteilung ) auf den Stichtag des schädlichen Beteiligungs-erwerbs­erfolgen,­oder­durch­sachlich­und­wirtschaftlich­begründete Schätzung.

Organschaft

Eingehend­befasst­sich­das­BMF-Schreiben­mit­der­Ver-lustabzugsbeschränkung­im­Organschaftsfall.­Dabei­ist­§­8c­KStG­grundsätzlich­auf­Ebene­der­Organgesellschaft­und­des­Organträgers­getrennt­anzuwenden.­Im­Fall­des­unterjährigen­schädlichen­Beteiligungserwerbs­ist­die­obige­Berechnung­auf­Ebene­von­Organgesellschaft­und­Organträger­gesondert­vorzunehmen.­Eine­Zwischenkon-solidierung­der­bis­zum­Übertragungsstichtag­erzielten­Ergebnisse­lässt­das­BMF-Schreiben­nicht­zu.­Negative­Einkommen­sind­bei­einem­unterjährigen­Beteiligungs-erwerb­vor­der­Einkommenszurechnung­auf­der­jeweili-gen­Ebene­der­Organgesellschaft­bzw.­des­Organträgers­zu kürzen.

Konzernklausel

Bei­der­Veröffentlichung­des­alten­BMF-Schreibens­im­Jahr 2008 gab es noch keine Sonderregelung für kon-zerninterne­Beteiligungserwerbe,­welche­einen­Verlust-untergang­im­Rahmen­konzerninterner­Umstrukturierun-gen­verhindert­hätte.­Die­ab­dem­Veranlagungszeitraum­2009­eingeführte­Konzernklausel­ist­sehr­komplex­formu-liert­und­soll­letztlich­nur­schädliche­Beteiligungs­erwerbe­innerhalb­von­100-prozentigen­Beteiligungsketten­aus­dem­Anwendungsbereich­des­§­8c­KStG­heraus­nehmen.­Die­Klausel­ist­dabei­auf­sämtliche­Rechtsvorgänge­anwendbar,­die­zu­einem­schädlichen­Beteiligungserwerb­führen­können,­unabhängig­davon,­auf­welchem­Rechts-grund­(­z.­B.­Kauf-,­Schenkungsvertrag,­Einbringung,­­verdeckte­Einlage,­Umwandlung­usw.­)­diese­­beruhen.­D.­h.,­eine­Einschränkung­der­Konzernklausel­auf­Ver-äußerungsgeschäfte­findet­nicht­statt­und­es­sind­auch­unentgeltliche­Vorgänge­mit­umfasst.­Deutlich­wird­die­Komplexität­der­Konzernregel­anhand­der­nachfolgenden­Beispiele :• Ist­der­übertragende­oder­übernehmende­Rechts-

träger­eine­Kapitalgesellschaft­mit­mehreren­Anteils-eignern,­etwa­eine­börsennotierte­Aktiengesellschaft,­so­­findet­die­Konzernklausel­keine­Anwendung.­Dies­ist­die­­Folge,­wenn­mehr­als­ein­Beteiligter­am­übertragen-

Verlustverrechnungsbeschränkungen in den EU-Staaten

Verlustrücktrag Verlustvortrag

Möglich Zeitlich­und­betragsmäßig­unbegrenzt

Zeitlich­unbegrenzt, jedoch Mindest besteuerung

Zeitlich­begrenzt,­aber­ betrags mäßig unbegrenzt

Sowohl­zeitlich­als­auch­ in der Höhe beschränkt

DEU ­ BEL ­ DNK ­ BGR SVK

­ FRA ­ EST DEU ­ FIN ­ POL

­ IRL ­ IRL ­ FRA ­ GRC ­ PRT

­ NLD ­ LVA ITA ­ HRV ­ HUN

­ GBR ­ LUX ­ LTU ­ NLD

­ MLT AUT ­ CZE

­ SWE ­ SVN ­ ROU

­ GBR ­ ESP ­ CYP

­ HUN

USA

Quellen : Bundesministerium der Finanzen,

eigene­Recherche(­im­Zuge­der­ US-Steuerreform­)

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den­oder­übernehmenden­Rechtsträger­vorhanden­ist­und­durch­die­Zusammenrechnung­von­unmittelbaren­und­mittelbaren­Beteiligungen­keine­100-prozentige­­Beteiligung­am­übertragenden­und/oder­übernehmen-den­Rechtsträger­erreicht­wird.

• Die­Voraussetzungen­der­Konzernklausel­sind­­dagegen­erfüllt,­wenn­dieselbe­Person­zu­100­Prozent­am­über-tragenden­und­am­übernehmenden­Rechtsträger­beteiligt ist, die Beteiligung an der Verlustgesellschaft jedoch­(­mittelbar­)­zu­weniger­als­100­Prozent­besteht.

Stille-Reserven-Klausel

Nach­der­Stille-Reserven-Klausel­sollen­die­Verlustvor-träge­erhalten­bleiben,­soweit­diese­durch­im­Inland­steuerpflichtige­stille­Reserven­der­Verlustgesellschaft­gedeckt­sind,­wobei­bei­Beteiligungserwerben­von­mehr­als­25­bis­50­Prozent­ein­anteiliger­Erhalt­und­bei­Erwer-ben­von­mehr­als­50­Prozent­ein­vollständiger­Erhalt­erfolgt.­Die­Anwendung­dieser­Klausel­setzt­einen­schäd-lichen­Beteiligungserwerb­voraus,­auf­den­insbeson­dere­nicht die Ausnahmeregelung der Konzernklausel anzu-wenden­ist.­Das­Gesetz­definiert­die­im­Rahmen­der­Vor-schrift­relevanten­stillen­Reserven­als­Unterschieds­betrag­zwischen­dem­in­der­steuerlichen­Gewinnermittlung­aus-gewiesenen­Eigenkapital­und­dem­darauf­entfallenden­(­anteiligen­oder­gesamten­)­gemeinen­Wert­der­erworbe-nen Beteiligung. Auch­im­Rahmen­der­Stille-Reserven-Klausel­ergeben­sich­aus­dem­unterjährigen­Beteiligungserwerb­praktische­Schwierigkeiten,­worauf­das­BMF-Schreiben­eingeht.­Im­

Falle­eines­entgeltlichen­Erwerbs­entspricht­der­gemeine­Wert­von­Anteilen­grundsätzlich­dem­Entgelt.­Bei­einem­unangemessenen­Entgelt­(­z.­B.­durch­gesellschafts-rechtliche­Veranlassung­),­oder­wenn­der­Wert­der­Anteile­aus­einem­Entgelt­nicht­abzuleiten­ist,­ist­eine­Unterneh-mensbewertung­vorzunehmen.­ Zu­beachten­ist­aber,­dass­im­Rahmen­der­Klausel­nur­im­Inland­steuerpflichtige­stille­Reserven­berücksichtigt­­werden.­Von­besonderer­Bedeutung­ist­diese­Regelung,­wenn­die­stillen­Reserven­einer­Verlustgesellschaft­ganz­oder zum Teil in Beteiligungen an Kapitalgesellschaften ruhen.­Denn­Gewinne­aus­der­Veräußerung­dieser­Anteile­sind, vorbehaltlich von Sonderregelungen für Banken und Versicherungen, steuerfrei und daher nicht in die Berech-nung­der­relevanten­stillen­Reserven­einzubeziehen.­ Besonders­praxisrelevant­ist­diese­Regelung­beim­Verkauf­von­Holding-Kapitalgesellschaften­mit­steuerlichen­Ver-lustvorträgen.­Die­wesentlichen­stillen­Reserven­der­Hol-dinggesellschaft ruhen in ( steuerfreien ) Beteiligungen an Kapitalgesellschaften,­weshalb­die­Stille-Reserven-­Klausel­nach­Auffassung­des­BMF­nicht­anwendbar­ist.­Dabei­ist­zu­berücksichtigen,­dass­bei­einem­mehrstufigen­Betei-ligungserwerb­(­d.­h.­im­Beispielsfall­beim­Verkauf­der­­Holding­mit­ihren­Tochterkapitalgesellschaften­),­die­Stille-­Reserven-Klausel­auf­Ebene­jeder­Gesellschaft­(­d.­h.­bei­der­Holding­selbst­und­auf­Ebene­jeder­Tochterkapital-gesellschaft­)­gesondert­und­auf­Basis­des­auf­die­Tochter-gesellschaft­entfallenden­Entgelts­zu­prüfen­ist.­Last­but­not­least­ist­zu­beachten,­dass­stille­Reserven­einer­Organ-gesellschaft­nicht­dem­Organträger­zuzuordnen­sind.

Ihre Ansprechpartner

Prof. Dr. Jürgen Haun [email protected]

Prof. Dr. Hartmut Winkler [email protected]

Dr. Patriz Ergenzinger patriz.ergenzinger @de.ey.com

Blick auf den leeren Balkon des Bundesfinanzhofs in München. Rund 2.700 Verfahren werden jährlich von den elf Senaten erledigt.

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Die­USA­haben­es­gerade­getan.­Die­Franzosen­­wollen­ihre­Körperschaftsteuer­ebenfalls­senken,­bis zum Jahr 2022 von gut 33 auf 25 Prozent.

Belgien, das Unternehmen bisher mit 33,99 Prozent zur Kasse­bittet,­will­die­25­Prozent­sogar­schon­2020­errei-chen.­Nur­Deutschland­bewegt­sich­in­die­entgegenge-setzte­Richtung.­Da­etliche­Gemeinden­immer­wieder­an­der­Gewerbesteuer­schrauben,­schultern­deutsche­Unter-nehmen­inzwischen­eine­steuerliche­Belastung­von­30­bis­35 Prozent. Von Jahr zu Jahr entscheiden sich deshalb mehr Unternehmen gegen Investitionen hierzulande. Wer allerdings­im­Sondierungsergebnis­von­Union­und­SPD­Antworten­auf­diese­Entwicklung­sucht,­wird­enttäuscht.­Allein die mögliche steuerliche Förderung von Forschung und­Entwicklung­gibt­Anlass­zur­Hoffnung.

Forschungsförderung

Dennoch­ist­zur­Zeit­schwer­einzuschätzen,­wie­ernsthaft­die­nächste­Regierung­eine­steuerliche­Förderung­von­For-schung­und­Entwicklung­(­F&E­)­einführen­will.­Zwar­heißt­es, dass insbesondere kleine und mittelgroße Unterneh-men­profitieren­sollen­und­die­Förderung­an­den­Perso-nal-­und­Auftragskosten­ansetzen­soll.­Im­Finanztableau­ist dieser Maßnahme allerdings kein Betrag direkt zuge-wiesen.­Womöglich­soll­ein­Teil­der­von­2018­bis­2021­eingeplanten­Mittel­in­Höhe­von­zwei­Milliarden­Euro­zur­Erhöhung­der­gesamtwirtschaftlichen­F&E-Ausgaben­auf­insgesamt 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für ­diesen­Zweck­eingesetzt­werden.­Der­enge­Finanz­rahmen­lässt befürchten, dass es bei einer eher symbolischen Maßnahme­bleibt,­die­dem­internationalen­Standortwett-

Union­und­SPD­sind­beim­Steuerwettbewerb­wenig­ambitioniert.­Es­drohen­Standortnachteile.

GroKo mit kontrolliertem Kompromiss

Dauer der Regierungsbildung in DeutschlandAnzahl­der­Tage­von­der­Bundestagswahl­bis­zur­Vereidigung­des­Kabinetts

1990

CDU / CSUFDP

47

SPDGrüne

30

1998

CDU / CSUSPD

65

2005

CDU / CSUFDP

32

1994

SPDGrüne

30

2002

CDU / CSUFDP

31

2009

CDU / CSUSPD

86

2013 Quelle : Datenhandbuch­ des Bundestags

CDU / CSUSPD?

bisher mind.

100

2017

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bewerb­nicht­gerecht­wird.­Daneben­sollen­Investitionen­von­Unternehmen­in­die­Digitalisierung­durch­steuerliche­Anreize­unterstützt­werden.­Möglicherweise­sind­darunter­verkürzte steuerliche Abschreibungsdauern zu verstehen, die­auch­in­den­Jamaika-Sondierungen­diskutiert­wurden.

Soli und Abgeltungsteuer

Die­wichtigste­steuerpolitische­Vereinbarung­bezieht­sich­auf­den­Solidaritätszuschlag­;­der­Abbau­soll­in­einem­­ersten­Schritt­erfolgen,­„durch­den­rund­90­Prozent­aller­Soli-Zahler­durch­eine­Freigrenze­(­mit­Gleitzone­)­vollstän-dig­vom­Soli­entlastet­werden“.­Ob­damit­nur­Personen­oder­auch­Unternehmen­gemeint­sind,­ist­offen.­Die­Son-dierer­kamen­ferner­überein,­im­Zuge­der­Etablierung­des automatischen Informationsaustauschs die Abgel-tungsteuer­für­Zinseinkünfte­abzuschaffen­werden­und­statt­dessen­wieder­den­persönlichen­Einkommensteuer-satz­greifen­zu­lassen.­Dies­hätte­auch­Auswirkungen­für­die Finanzierung von Unternehmen und Investitionen, da­die­Rendite­der­Anlage­(­z.­B.­Unternehmensanleihen­)­gegenüber anderen Finanzierungsformen aus Anleger-sicht­durch­die­höhere­Steuerbelastung­geringer­werden­­würde.­Für­Dividenden­und­Veräußerungserlöse­soll­dage-gen­die­Abgeltungsteuer­weiterhin­gelten.

Europäische Vorstöße

Europapolitik­steht­im­Sondierungspapier­an­erster­­Stelle.­Steuerpoltisch­bedeutet­das­dreierlei.­Erstens­sol-len­Steuer­dumping,­-betrug­und­-vermeidung­sowie­Geld-wäsche­bekämpft­werden.­Dass­in­diesem­Zusammen-hang­vier­bekannte­IT-­/­Internetkonzerne­namentlich­genannten­werden,­könnte­als­Zustimmung­zur­aktuell­auf­EU-Ebene­diskutierten­Besteuerung­digitaler­Dienst-leistungen­gedeutet­werden.­Zweitens­stellt­sich­eine­mögliche­GroKo­erneut­hinter­die­Finanztransaktion­steuer­( FTS ). Unklar ist, ob es sich dabei um ein reines Bekräf-tigen handelt oder ob man den Verhandlungen zu der Steuer­ernsthaft­neuen­Schwung­verleihen­will.­Drittens­sprechen sich die Sondierer für eine gemeinsame, kon-solidierte­Bemessungsgrundlage­sowie­Mindestsätze­bei­den Unternehmensteuern aus.

Fazit : Insgesamt­drängt­sich­der­Eindruck­auf,­dass­die­angehenden­Großkoalitionäre­trotz­prall­gefüllter­Kassen­steuerpolitisch eher vorsichtig agieren. Auf steuerpoliti-schen­Rückenwind­darf­die­Wirtschaft­nicht­hoffen.­

Ihre Ansprechpartner

Hermann Gauß hermann.gauss @de.ey.com

Roland Nonnenmacher roland.nonnenmacher @de.ey.com

Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und der SPD-Vorsitzende Martin Schulz auf einer gemeinsamen Pressekonferenz nach Abschluss der Sondierungsgespräche

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B ei­der­Realisierung­stiller­Reserven­und­Lasten­nutzt­die­Finanzverwaltung­komplizierte­Gesetzes-formulierungen­profiskalisch­aus­und­betätigt­sich­

als­Rosinenpicker.­Während­stille­Reserven­immer­sofort­gewinnerhöhend­und­damit­steuermehrend­wirken,­gilt­

für­stille­Lasten­grundsätzlich­eine­Stre-ckung­über­15­Jahre.­Das­Rosinenpi-cken beruht dabei auf den besonderen Bilanzierungsvorschriften­der­§§­4f­und­5­Abs.­7­EStG,­wenn­es­um­die­Übertra-gung passivierungsbeschränkter Ver-pflichtungen­zwischen­zwei­Unterneh-men geht. Beim Altschuldner ist der Betriebsausgabenabzug aus realisierten stillen­Lasten­stur­auf­15­Jahre­zu­stre-cken,­während­der­Neuschuldner­eine­verbliebene Verteilungsrücklage sofort gewinnerhöhend­auflösen­muss,­wenn­die­Verpflichtung­bereits­vor­Ablauf­des­gesetzlichen­Auflösungszeitraums­nicht­mehr­besteht.­Eine­profiskalische­Ausle-gung der Steuerfolgen einer Schuldüber-nahme, eines Schuldbeitritts oder einer Erfüllungsübernahme­bestätigt­auch­ein­Schreiben­der­Finanzverwaltung,­das­das­Bundesfinanzministerium­am­30.­November­2017­veröffentlichte.­

Mehrfachübertragungen

Der­entgegen­der­ursprünglichen­Rechtsprechung­des­Bundesfinanzhofs­fingierte­Fortbestand­steuerlicher­Pas-sivierungsbeschränkungen­des­„ursprünglich­Verpflich-teten“­führt­bei­mehrfacher­Übertragung­einer­Verpflich-tung­zu­der­Frage,­ob­die­Bilanzierung­des­jeweiligen­Rechtsvorgängers­maßgebend­oder­ob­in­der­Kette­auf­den­erstmaligen­Schuldbegründer­abzustellen­ist.­Nach­Verwaltungsmeinung­soll­unter­dem­„ursprünglich­Ver-pflichteten“­immer­das­Steuersubjekt­zu­verstehen­sein,­welches­die­Verpflichtung­erstmalig­begründet­hat.­Wie­allerdings­der­aktuelle­Schuldner­erfahren­soll,­wie­der­„ursprünglich­Verpflichtete”­seinerzeit­bilanziert­hätte,­verrät­auch­das­BMF-Schreiben­nicht.­So­wird­einem­Neu-schuldner­in­der­Praxis­wohl­nicht­viel­anderes­übrig­blei-ben,­als­selber­Schattenwerte­zu­ermitteln.­Dies­betrifft­

neben­der­mehrfachen­Übertragung­einer­Verpflichtung­insbesondere­auch­Fälle­einer­einstufigen­Übertragung,­in­denen der Altschuldner zu einer anderen Unternehmens-gruppe gehört oder aus dem Ausland stammt.

Erfreulich­ist­zumindest­die­Klarstellung,­dass­eine­Ver-teilung­nach­§­4f­EStG­nur­zur­Anwendung­kommt,­wenn­die­Verpflichtung­an­dem­der­Übertragung­vorangegan-genen­Bilanzstichtag­bestand.­Zudem­kommt­die­Bildung­einer­Gewinnrücklage­nach­§­5­Abs.­7­Satz­5­EStG­für­übernommene­Verpflichtungen­nicht­in­Betracht,­wenn­diese bereits vor dem folgenden Bilanzstichtag aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind. Anders herum gewendet­sind­stellenweise­erhebliche­Steuerfolgen­zu­erwarten,­wenn­eine­Weiterübertragung­vor­Ablauf­des­15­Jahres-Auflösungszeitraums­geschieht.­Hinzu­kommt,­dass­unterjährige­Erhöhungen­einer­Verpflichtung­im­Übertragungsjahr­nur­über­15­Jahre­verteilt­zu­Betriebs-ausgaben­führen.­Eine­Zugrundelegung­des­auf­den­Über-tragungsstichtag­fortentwickelten­Passivpostens­gestattet­die­Finanzverwaltung­in­diesen­Fällen­nicht.

Pensionsverpflichtungen

Besonders­fallen­Pensionsverpflichtungen­ins­Gewicht.­Zu­begrüßen­sind­daher­einige­Klarstellungen­im­aktuel-len­BMF-Schreiben.­So­fällt­ein­Durchführungswegwech-sel­nach­expliziter­Verwaltungsauffassung­nicht­in­den­Anwendungsbereich­der­§§­4f­und­5­Abs.­7­EStG.­Bei­einem­Unternehmenswechsel­eines­Arbeitnehmers­mit­gleichzeitiger­Übernahme­der­Pensionszusage­unterbleibt­die­Verteilung­der­aufgedeckten­stillen­Last­für­den­alten­Arbeitgeber­auf­15­Jahre­(­§­4f­Abs.­1­Satz­3­EStG­).­Der­neue­Arbeitgeber­hat­den­besonderen­Teilwert­gemäß­§­5­Abs.­7­Satz­4­EStG­anzusetzen.­Diese­Erleichterung­greift­nach­Meinung­der­Finanzverwaltung­dabei­grundsätzlich­unabhängig von der Anzahl der übergehenden Pensionen. Zudem­soll­die­Ausnahmeregelung­des­§­4f­Abs.­3­Satz­1­EStG­auch­für­Jubiläums-,­Altersteilzeit-­und­ähnliche­Verpflichtungen­gelten.­Weder­die­Verlustverteilungsaus-nahme­des­§­4f­Abs.­3­Satz­1­EStG­noch­der­besondere­Teilwertansatz­nach­§­5­Abs.­7­Satz­4­EStG­entlastet­aller-dings Pensionsübertragungen im Wege des Betriebsüber-gangs­gemäß­§­613a­BGB.

Bei­der­Übertragung­von­bilanziellen­Verpflichtungen­forciert der Fiskus seine Ungleichbehandlung von stillen Lasten­und­Reserven.

Kaum zu heben

Ihre Ansprechpartner

Dr. Andreas Bolik [email protected]

Carolin Selig-Kraft carolin.selig-kraft @de.ey.com

Pensionsrückstellungen sind besonders von stillen Lasten betroffen

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BVerfG­und­BFH­müssen­über­die­Verfassungsmäßigkeit­des­hohen­Zinssatzes­im­Steuerrecht­entscheiden.­

Sechs Prozent vor Gericht

Zinsraten im Vergleich

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15­ ­Einheitlicher­Zinssatz­ der Finanzbehörden ¹

Konsumentenkredite Spareinlagen ²

¹­ ­Pro­Monat­0,5­%­ (­=­6,0­%­p.­a.­)

² Bis 2002 Habenzinsen für Spareinlagen­mit­Mindest-/ Grundverzinsung­und­drei-monatiger Kündigungsfrist, ab­2003­Effektivzins­im­ Neugeschäft­für­Einlagen­ privater­Haushalte­mit­Kün-digungsfrist bis 3 Monate

Quellen­:­GDV,­Deutsche­Bundesbank1961 2017

5,9 %

0,2 %

6,0 %

Fragen an [email protected]

I n­der­Eurozone­befinden­sich­die­Zinsen­auf­histori-schem­Tief,­doch­im­Steuerrecht­gelten­wie­eh­und­je­sechs Prozent. Je länger aber die Marktzinsen in der

Nähe­von­null­Prozent­verharren,­desto­schwieriger­lässt­sich­der­hohe­Steuerzins­rechtfertigen.­Nun­gibt­es­neue­juristische­Anläufe,­dagegen­vorzugehen.­Sowohl­beim­Bundesfinanzhof­(­BFH­)­als­auch­beim­Bundesverfas-sungsgericht­(­BVerfG­)­liegen­derzeit­entsprechende­Ver-fahren vor.

Nachforderungen und Erstattungen

Die­Verzinsung­von­Steuernachforderungen­folgt­dem­Grundgedanken,­beim­Steuerpflichtigen­den­liquiditäts-bedingten­Nutzungsvorteil­abzuschöpfen.­Deshalb­sieht­§­233a­i.­V.­m.­§­238­Abs.­1­AO­eine­Verzinsung­von­0,5 Prozent monatlich vor, also sechs Prozent pro Jahr, und dies seit mehr als 50 Jahren. Setzt eine Finanzbe-hörde­im­Rahmen­einer­Betriebsprüfung­Mehrsteuern­für­Vorjahre­fest,­kommen­in­der­Praxis­schnell­30­Prozent­des­jeweiligen­Steuerbetrags­durch­Nachzahlungs­zinsen­hinzu.­Aufgrund­des­anhaltenden­Niedrigzinsniveaus­kann man faktisch nicht mehr von einem Abschöpfen liquiditätsbedingter Vorteile sprechen, sondern von einer Strafbesteuerung.

Musterverfahren

Zwar­haben­der­BFH­und­das­BVerfG­mehrfach­gegen­eine­Dynamisierung­der­steuerlichen­Verzinsung­ent­schieden,­doch­ist­dies­schon­einige­Jahre­her.­Mittler­weile­hat­sich­die­Niedrigzinsphase­verstetigt.­Der­Bund­der­Steuer-zahler ( BdSt ) unterstützt deshalb ein Musterver fahren gegen­die­hohen­Steuerzinsen.­Gegen­ein­­abschlägiges­Urteil des Finanzgerichts Münster legten die Kläger ­Revision­beim­Bundesfinanzhof­ein.­Der­muss­nun­­klären,­ob­der­Zinssatz­von­sechs­Prozent­pro­Jahr­für­Nachzah-lungs-­und­Erstattungszinsen­noch­verfassungskonform­ist.­Das­Verfahren­wird­unter­dem­Az.­III­R­25/17­geführt.­Für Steuerzahler, die die hohen Steuerzinsen nicht ­akzeptieren­wollen,­besteht­die­Möglichkeit,­mit­Verweis­darauf­Einspruch­gegen­ihren­Steuerbescheid­einzulegen­und­so­das­Ruhen­ihres­Verfahrens­zu­beantragen.

Pensionsverpflichtungen

Dringender­Handlungsbedarf­besteht­auch­bei­der­steuer-lichen­Bewertung­von­Pensionsverpflichtungen­gemäß­ §­6a­EStG.­Der­seit­1982­unveränderte­Rechnungszinsfuß­führt­bereits­seit­geraumer­Zeit­zu­einer­massiven­steuer-lichen­Unterbewertung­von­Pensionsverpflichtungen­und­hätte­bereits­dringend­vom­Gesetzgeber­überprüft­­werden­müssen.­Nach­Auffassung­des­Finanzgerichts­Köln­führt­die­fehlende­Überprüfung­und­Anpassung­zur­Verfassungs-widrigkeit.­Der­10.­Senat­hat­deshalb­am­12.­Oktober­2017­beschlossen,­das­Klageverfahren­10­K­977/17­auszu-setzen­und­eine­Entscheidung­des­BVerfG­über­die­Verfas-sungsmäßigkeit­des­Rechnungszinsfußes­einzuholen.

Forderung an die nächste Regierung

Das­Problem­ist­nicht­auf­Pensionsverpflichtungen­begrenzt.­Der­steuerliche­Abzinsungszinssatz­liegt­für­Rückstellungen­und­Verbindlichkeiten­mit­5,5­­Prozent­auf­ähnlich­hohem­Niveau.­Faktisch­müssen­fast­alle­Unternehmen­durch­die­marktfernen­Zins­typisierungen­­Steuern­auf­Gewinne­zahlen,­die­sie­nicht­erzielt­haben.­Das­ist­ein­Verstoß­gegen­das­Gebot­einer­Besteuerung­nach­der­Leistungsfähigkeit.­Die­Senkung­steuerlicher­Abzinsungszinssätze zählt auch zu den steuerpolitischen Forderungen­der­Wissenschaftlichen­Beirates­von­EY­für­die­nächste­Legislaturperiode.

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D ie­von­ÖVP­und­FPÖ­neu­gebildete österreichische Bundesregierung nimmt

sich­zum­Jahr­2022­eine­Reihe­von­finanzpolitischen­Aufgaben­vor.­Im­Regierungsprogramm­stehen­vor­allem eine Senkung der Abgaben-quote aus Steuern und Sozialabga-ben­in­Richtung­40­Prozent­und­eine­Vereinfachung des Steuerrechts. Wichtig­ist­der­Regierung­von­Bun-deskanzler Sebastian Kurz auch die Sicherung des nationalen Steuer-substrats­bei­digitalen­Dienstleistun-gen und mit Blick auf Umsatzsteuer-betrügereien, ohne dabei einen nationalen Alleingang zu planen. Auf­internationale­Zusammen­arbeit­setzt­die­Regierung­auch­bei­der­Betriebsprüfung.

Digitale Präsenz reicht

Um digitale Betriebsstätten besteuern zu können, strebt Wien­internationale­Regelungen­auf­EU-­und­OECD-­Ebene­an,­die­dann­in­Doppelbesteuerungsabkommen­umzuset-zen­sind.­Multinationale­Konzerne­sollen­ihre­­Gewinne­dort­versteuern,­wo­die­Wertschöpfung­erzielt­wird.­Ein­Besteuerungsrecht­soll­schon­alleine­durch­eine­signifi-kante­digitale­Präsenz­in­Österreich­begründet­werden,­ohne­dass­eine­physische­Betriebsstätte­erforderlich­wäre.­EU-Kommission­und­OECD­arbeiten­derzeit­an­Konzepten­zur­Besteuerung­digitaler­Dienstleistungen,­die­im­April­veröffentlicht­werden­sollen.

Ab dem ersten Euro

Auf­Brüssel­angewiesen­ist­Österreich­auch­beim­Kampf­gegen Umsatzsteuerbetrügereien. Hier plant Wien die Umstellung­auf­ein­generelles­Reverse-Charge-System­zwischen­Unternehmern.­Dafür­bedarf­es­einer­­Änderung­der­Mehrwertsteuersystemrichtlinie­auf­europä­ischer­Ebene.­Bis­dahin­will­sich­die­Wiener­Regierung­für­die­Etablierung­eines­langjährigen­Reverse-Charge-­Pilotprojekts­allein­in­Österreich­stark­machen.­Ein­Zeit-

raum­von­zehn­Jahren­ist­hierfür­im­Gespräch.­Darüber­­hinaus­drängt­Österreich­darauf,­dass­bei­allen­Geschäf-ten­ab­dem­ersten­Euro­Umsatzsteuer­fällig­wird,­um­inländische Unternehmen nicht zu benachteiligen. Bisher unterliegen­Lieferungen­aus­Drittländern­in­die­EU,­die­weniger­als­22­Euro­betragen,­nicht­der­Umsatzsteuer.­Ein­entsprechender­Richtlinienvorschlag­wird­bereits­auf­europä­ischer­Ebene­in­Ratsarbeitsgruppen­diskutiert.

Verbindliche Auskunft

Eine­Reform­der­Auskunftsbescheide­steht­ebenfalls­auf­der­Wiener­Agenda.­Seit­Einführung­des­Auskunfts-bescheids­(­„Advance­Ruling“­gemäß­§­118­BAO­)­kön-nen­Steuerpflichtige­bei­wichtigen­Vorhaben­eine­rechts-verbindliche Auskunft bei der Finanzbehörde erlangen. Derzeit­gilt­dies­aber­nur­für­Sachverhalte­zu­Verrech-nungspreisen,­Gruppenbesteuerung­und­Umgründungen.­Der­Anwendungsbereich­soll­auf­weitere­Themengebiete­wie­internationales­Steuerrecht­und­Umsatzsteuerrecht­ausgedehnt­werden.­Darüber­hinaus­soll­eine­angemesse-ne­und­praxisgerechte­Frist­zur­Entscheidungspflicht­ver-ankert­werden.­Eine­zumindest­einmalige­Rückfragemög-lichkeit­mit­der­anfragebeantwortenden­Abgabenbehörde­für­etwaige­Klarstellungen­soll­ermöglicht­werden.

Ein bunter Strauß

Zu­den­zahlreichen­Vorhaben­der­Regierung­Kurz­zählt­auch­eine­Optimierung­des­Datenaustausches­auf­Basis­international anerkannter Standards. Für Unterneh-men, insbesondere kleine und mittlere, soll die techni-sche­Möglichkeit­zur­Übermittlung­der­Daten­des­Rech-nungswesens­für­digitale­Prüfung­geschaffen­werden.­Die­begleitende­Kontrolle­zwischen­Unternehmen­und­Betriebsprüfung­(­„Horizontal­Monitoring“­)­will­Wien­basierend auf Vertrauen und Transparenz ausbauen. Ins Visier gerät schließlich auch die Plattformökonomie (Airbnb­etc.­),­hier­geht­es­um­die­Verankerung­steuer-,­sozial-­und­gewerberechtlicher­Verpflichtungen­und­spezi-ell­um­eine­Anmeldeverpflichtung.

Die­Regierung­von­Kanzler­Kurz­will­das­Steuerrecht­vereinfachen­und­auf­das­digitale­Zeitalter­vorbereiten.

Wien modernisiert

Ihre Ansprechpartner

Klaus Pfleger [email protected]

Dominik Novak [email protected]

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I n ihren Wahlprogrammen hat sich die Mehrzahl der Parteien­dafür­ausgesprochen,­Forschung­und­Entwick-lung­(­F&­E­)­in­Unternehmen­steuerlich­zu­fördern.­Vor­

der­Einführung­einer­steuerlichen­F&­E-Förderung­muss­die Politik aber die Ausrichtung genauer bestimmen. Neben­der­Effizienz­eines­solchen­Instrumentariums­geht­es­auch­um­die­politische­Zielsetzung,­um­beihilferechtli-che Fragestellungen und um die Praktikabilität gegenüber dem­Fiskus.­Zu­berücksichtigen­ist­zudem­der­finanzielle­Rahmen.­In­der­politischen­Diskussion­werden­gegenwär-tig­steuerliche­Ausfälle­zwischen­ein­und­drei­Milliarden­Euro­genannt.­Schätzungen­der­Expertenkommission­For-schung und Innovation beim Bundesforschungsministeri-um­gehen­von­einem­jährlichen­Steuerausfall­–­abhängig­von­der­genauen­Ausgestaltung­–­von­fünf­bis­acht­Milli-arden­Euro­aus­(­bei­Einbeziehung­von­Großunternehmen­)­bzw.­von­500­bis­700­Millionen­Euro,­wenn­nur­kleine­und­mittlere Unternehmen vom neuen Förderinstrumentarium profitieren­sollen.­

Wenn­Deutschland­im­internationalen­F&­E-Standort-wettbewerb­insgesamt­attraktiver­werden­will,­müssen­neben­Mittelständlern­auch­Großunternehmen­einbezo-gen­werden.­Falls­indes­nur­eine­Mittelstandsförderung­politisch­gewünscht­ist,­müsste­zunächst­die­Frage­der­KMU-­Definition­geklärt­werden.­Die­im­bisherigen­Förder-kontext­angewandte­Definition­mit­maximal­249­Mitar-beitern­und­50­Millionen­Euro­Umsatz­wäre­jedoch­zu­eng­gefasst,­weil­damit­die­typischen­deutschen­Mittelständler­und­Hidden­Champions­nicht­mehr­erfasst­wären.­Dabei­sind es gerade diese Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb­auf­die­Förderung­angewiesen­wären.

Brüssel prüft

Eine­steuerliche­F&­E-Förderung­muss­im­Einklang­mit­dem­EU-Beihilferahmen­stehen,­sie­darf­insbesondere­nicht­selektiv­wirken­und­keinen­Einfluss­auf­den­Wett-bewerb­zwischen­den­einzelnen­Mitgliedstaaten­haben.­Angesichts­der­Erfahrungen­in­anderen­EU-Ländern­dürf-te­dies­keine­großen­Schwierigkeiten­bereiten.­Notwendig­ist­dabei­eine­sorgfältige­Abstimmung­mit­der­EU-Kom-mission.­Da­die­Prüfung­in­Brüssel­längere­Zeit­dauern­kann,­wäre­die­neue­Bundesregierung­gut­beraten,­die­steuer­liche­F&­E-Förderung­zügig­anzustoßen.

Das­Antragsverfahren­soll­für­Unter-nehmen­zwar­möglichst­einfach­sein.­Jedoch­müssen­sie­ihre­F&­E-Aktivi-täten für die Finanzbehörden trans-parent und nachvollziehbar darstel-len. Hierfür ist eine entsprechende Dokumentation­erforderlich,­um­die­entstandenen Kosten zu belegen. Als­Referenz­für­das­Vorliegen­von­F&­E-Aktivitäten­werden­grundsätzlich­die­Definitionen­des­Frascati-­Manuals­herangezogen. Auf Seiten des Fis-kus bedarf es eines ausreichenden technischen Verständnisses, um die F&­E-Aktivitäten­und­damit­die­steuer-liche­Entlastung­nachvollziehen­zu­können.­In­anderen­Ländern,­wo­es dieses Förderinstrument bereits gibt, haben die Steuerbehörden aus ­diesem­Grunde­Wissenschaftler­und­Ingenieure eingestellt.

Wichtig­ist­auch­die­Frage,­wann­der Fiskus die vom Unternehmen ­geltend­gemachten­F&­E-Aufwendun-gen­prüft.­Geschieht­dies­im­Rahmen­der regulären Betriebsprüfung, hätte ein­Unternehmen­lange­Zeit­­keine­Rechtssicherheit­und­müsste­bei­einem negativen Bescheid Steuern in beachtlicher Höhe nachzahlen.­Hinzu­kommt,­dass­Betriebsprüfer­gegenwär-tig­nicht­über­die­notwendige­technische­Ausbildung­ver-fügen,­um­F&­E-Kosten­zweifelsfrei­bestimmen­zu­können.

Modell Österreich

Hier­lohnt­ein­Blick­nach­Österreich.­Dort­müssen­Antrag-steller­jährlich­ein­Gutachten­über­die­österreichische­Forschungsfördergesellschaft­einholen.­Dieses­beinhal-tet­eine­Darstellung­der­Forschungsschwerpunkte,­die­einer­kurzen­Projektskizze­bei­der­deutschen­Zuschuss-förderung­ähnelt.­Die­Antragstellung­wird­so­zwar­etwas­aufwendiger,­der­Antragssteller­erhält­aber­zügig­eine­Rückmeldung,­ob­seine­Innovationstätigkeiten­die­Förder-voraussetzungen erfüllen.

Die­steuerliche­Förderung­von­Forschung­und­ Entwicklung­rückt­näher.­Doch­es­gibt­beihilferechtliche­und erfassungstechnische Hürden.

Was und Wie bei F& E

Die erste Version des Frascati-Handbuchs entstand 1963. In der gleichnamigen Gemeinde in der Nähe von Rom trafen sich damals Vertreter der OECD und die NESTI- Gruppe, ein Expertgremium für Wissen-schafts- und Technologieindikatoren.

Ihre Ansprechpartner

Kerstin Haase [email protected]

Kristian Kuen [email protected]

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Manche Unternehmen kümmern sich auf beson-dere Art um das Wohl ihrer Mitarbeiter. Mal sind es Brötchen am Morgen, andere stellen gefüllte

Obstschalen­bereit­oder­in­der­Pantry-Küche­steht­ein­Kaffeevollautomat zur freien Verfügung. Allerdings müs-sen Unternehmen hier auch die lohnsteuerliche Seite beachten.­Denn­das­Finanzamt­vermutet­dahinter­gern­geldwerte­Vorteile.­Das­zeigt­ein­aktueller­Fall,­den­das­Finanzgericht­Münster­zu­entscheiden­hatte.­Für­die­Rich-ter reichten trockene Brötchen und Kaffee nicht für ein Frühstück­im­(­lohn-­)steuerlichen­Sinne­aus.­Allerdings­landete­der­Fall­inzwischen­beim­Bundesfinanzhof­und­es­bleibt­abzuwarten,­welche­kulinarischen­Anforderungen­die­obersten­Steuerrichter­an­ein­„steuerliches­Frühstück“­stellen­(­VI­R­36/17­).

Im konkreten Fall stellte der Arbeitgeber morgens eine Auswahl­verschiedener­Brötchen­ohne­Aufschnitt­oder­andere­Beläge­zur­Verfügung.­Gleichzeitig­konnten­Mit-arbeiter,­Kunden­und­Gäste­einen­Heißgetränkeautoma-ten­nutzen.­Die­Lohnsteueraußenprüfung­sah­darin­einen­Sachbezug­in­Form­eines­Frühstücks­i.­S.­v.­§­8­Abs.­2­Satz­6­EStG­i.­V.­m.­§­2­Abs.­1­Sozialversicherungsentgeltver-ordnung­(­SvEV­)­und­unterwarf­den­jeweils­entsprechen-den­Sachbezugswert­der­Lohnsteuer­und­erließ­gegen­das­Unternehmen­entsprechende­Lohnsteuerhaftungs-bescheide.

Was gehört zum Frühstück ?

Das­FG­Münster­widersprach­zugunsten­des­Unterneh-mens.­Begründung­:­Ein­Frühstück­in­Form­von­­Brötchen­oder­Backwaren­in­Kombination­mit­Kaffee­oder­Tee­erfordert­nach­allgemeiner­Lebensauffassung­und­all-gemeinem Sprachgebrauch auch einen entsprechenden Brotaufstrich­(­Urteil­vom­31.­Mai­2017,­11­K­4108/14­).­Für­das­Finanzgericht­fallen­die­Zuwendungen­in­Form­der­trockenen Brötchen und Heißgetränke unter den allge-meinen­Begriff­der­„Kost“­i.­S.­d.­§­8­Abs.­2­Satz­1­EStG.­Da­im­betreffenden­Fall­die­dafür­maßgebliche­Sach-bezugsgrenze­von­monatlich­44­Euro­pro­Arbeitnehmer­nicht­überschritten­wurde,­hoben­die­Richter­den­Nach-forderungs-­und­Haftungsbescheid­insoweit­auf.

Verpflegungspauschale

Der­Begriff­des­Frühstücks­ist­auch­im­Reisekostenrecht­von­Bedeutung.­Die­einem­Arbeitnehmer­grundsätzlich­bei­Auswärtstätigkeit­zu­gewährende­Verpflegungspau-schale ist um ihm zur Verfügung gestellte Mahlzeiten zu kürzen.­Hier­geht­die­Finanzverwaltung­davon­aus,­dass­ein gestellter Snack oder Imbiss ( z. B. belegte Brötchen, Kuchen­oder­Obst­)­eine­Mahlzeit­sein­kann­(­BMF-Schrei-ben­vom­24.­Oktober­2014­).­Das­spricht­zumindest­dafür,­dass­hier­die­Finanzverwaltung­ebenfalls­einen­Belag­(­„belegtes­Brötchen“­)­für­ein­Frühstück­fordert.

Was­Arbeitgeber­beachten­müssen,­wenn­sie­Speisen­und­Getränke­kostenlos­zur­Verfügung­stellen.

Brötchen, Butter, Belag

Essensmarken und Kantinenmahlzeiten Übersteigt­der­Zuschuss­den­amtlichen­Sachbezugswert­einer­Mittagsmahlzeit­um­nicht­mehr­als­3,10­Euro­und­auch nicht den tatsächlichen Preis der Mahlzeit, gilt nicht der­Zuschuss­als­Arbeitslohn,­sondern­der­amtliche­Sach-bezugswert.­Der­Sachbezugswert­kann­pauschal­lohnver-steuert­werden.­Das­funktioniert­nicht­nur­mit­klassischen­Papier-Essensmarken,­sondern­auch­via­App.Kostenlos im Betrieb

zur Verfügung gestellte Getränke oder Kekse gehören nach allgemei-ner­Lesart­der­Finanzver-waltung­als­sogenannte­Aufmerksamkeiten nicht zum zu versteuernden Arbeitslohn.

Ihr Ansprechpartner

Christoph Ackermann christoph.ackermann @de.ey.com

Höhe der amtlichen Sachbezugswerte für eine Mahlzeit§­8­Abs.­2­Satz­6­EStG­i.­V.­m.­§­2­Abs.­1­SvEV

Mittag-/ Abendessen

Frühstück

2017

1,70 €

3,17 €2018

1,73 €

3,23 €

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31EY TAX & LAW Magazine 01 / 2018

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S eit­Jahren­brütet­die­Europäische­Kommission­an­einer­umfassenden­Mehrwertsteuerreform.­Ziel­ist es, rund 25 Jahre nach der Schaffung des

­Binnenmarktes­das­als­Übergangsregelung­eingeführte­Besteuerungssystem­des­innergemeinschaftlichen­Waren-und­Dienstleistungsverkehrs­vollständig­neu­zu­struktu-rieren­und­endgültig­zu­regeln.­Bisher­werden­inner-gemeinschaftliche­Lieferungen­im­Abgangsland­steuerfrei­gestellt­und­der­Kunde­muss­im­Zielland­einen­inner-gemeinschaftlichen­Erwerb­erklären.­Dieses­System­gilt­gemeinhin als betrugsanfällig und verursacht nach Mei-nung­der­Kommission­bis­zu­50­Milliarden­Euro­pro­Jahr­an­Steuerausfällen.­Die­Brüsseler­Verwaltungsbehörde­will­2018­detaillierte­Papiere­zum­neuen­Modell­veröffent-lichen, die Umsetzung durch die Mitgliedstaaten soll bis spätestens zum Jahr 2022 erfolgen.

Im endgültigen System sollen innergemeinschaftliche Warenlieferungen stets im Bestimmungsland umsatz-steuerpflichtig­sein.­Steuerschuldner­bleibt­der­Lieferant.­Ohne­weitere­Änderungen­hätte­dies­erhebliche­Nach­teile­zur­Folge­:­Unternehmen­müssten­sich­in­allen­EU-­Staaten,­in die sie Waren liefern, umsatzsteuerlich registrieren ­lassen.­Die­EU-Kommission­schlägt­daher­einen­„One­Stop­Shop“­vor,­dass­also­der­Unternehmer­alle­Auslands-umsätze in seiner heimatlichen Umsatzsteuererklärung angibt­und­die­Mitgliedstaaten­das­Geld­dann­untereinan-der­ausgleichen.­Ein­entsprechendes­System­gibt­es­–­wenn­auch­in­kleinem­Maßstab­–­als­„Mini­One­Stop­Shop“­bereits­seit­dem­1.­Januar­2015­für­die­Digitalwirtschaft.­Dieses­wird­nach­einem­Beschluss­des­ECOFIN­im­Dezem-ber­2017­auch­für­Warenverkäufe­an­Nichtsteuerpflich-tige ab 2021 gelten.

Für­innergemeinschaftliche­Dienstleistungen­zwischen­Unternehmen­greift­seit­2010­bereits­das­Empfänger-ortsprinzip, also auch eine Besteuerung im Bestimmungs-land.­Allerdings­gilt­weiterhin­die­Steuerschuldnerschaft­des­Leistungsempfängers,­d.­h.­der­Abnehmer­meldet­die­Umsatzsteuer­an.­Die­Kommission­plant­in­der­letzten­Umsetzungsstufe­der­Reform­die­gleiche­Regelung­wie­für­die­innergemeinschaftlichen­Lieferungen,­also­Meldung­durch den leistenden Unternehmer mit Steuersatz des Ziellandes­im­One­Stop­Shop.

Problem der Einstimmigkeit

Bei­Steuern­gilt­in­der­EU­das­Einstimmigkeitsprinzip­unter den Mitgliedstaaten. Das­erschwert­Reformen.­So scheiterte kürzlich der Versuch, digitale Bücher dem ermäßigten Steuer-satz­zu­unterwerfen,­am­Nein­eines­einzigen­Mit-gliedstaates.­Das­von­der­Kommission nun vorge-schlagene System führt zu fundamentalen Ände-rungen bei der Besteue-rung grenzüberschreiten-der Transaktionen. In der Vergangenheit­waren­ein-zelne­Mitglied­staaten,­wie­Deutschland,­mit­dem­Kon-zept­des­One­Stop­Shop­nicht­besonders­glücklich.­Eine­entsprechende­Idee­war­bereits­Teil­des­„Mehrwertsteuer-pakets­2010“­;­sie­scheiterte­und­heraus­kam­nur­der­„Mini­One­Stop­Shop“.­Ebenso­stellt­sich­die­­Frage,­ob­alle­Mitgliedstaaten­tatsächlich­bereit­sein­werden,­die­Zerti-fizierung­von­Steuerpflichtigen­durch­jeden­anderen­Mit-gliedstaat als rechtsverbindlich anzuerkennen.

Was heißt das für Unternehmen ?

Trotzdem­gilt­das­aktuelle­Mehrwertsteuersystem­als­reformbedürftig.­Daher­sollten­Unternehmen­davon­aus-gehen,­dass­die­Kernelemente­der­Reform­früher­oder­später­kommen­werden.­Sie­sollten­sich­insbesondere­mit­den­Anforderungen­an­den­zertifizierten­Steuerpflichti-gen auseinandersetzen, um gegebenenfalls rechtzeitig Maßnahmen­zu­implementieren.­Dazu­gehört­unter­ande-rem ein internes Kontrollsystem für die entsprechenden Prozesse­und­die­allgemeine­steuerliche­Zuverlässigkeit.­Unternehmen,­für­die­zollrechtliche­Prozesse­wichtig­sind,­dürften­es­etwas­einfacher­haben.­Denn­wer­bereits­den­ZWB-Status­hat,­sollte­relativ­einfach­auch­zertifizierter­Steuerpflichtiger­werden­können.

Im Kampf gegen den Umsatzsteuerbetrug bereitet die EU-Kommission­eine­Bestimmungsland-Reform­vor.

Brüssel plant den großen Wurf

Ihr Ansprechpartner

Robert Prätzler [email protected]

Bei der Vorstellung der Mehrwertsteuerreform im Oktober 2017 sagte der zuständige EU-Kommissar Pierre Moscovici : „25 Jahre nach der Schaffung des Binnenmarkts sehen sich Unternehmen und Bürger, die grenzüberschreitenden Geschäften nachgehen möchten, noch immer 28 unterschiedlichen Mehrwertsteuer systemen gegenüber“.

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D ie Anforderungen an das Vergütungsmanage-ment der ins Ausland entsendeten Mitarbeiter ­nehmen­erheblich­zu.­Um­Doppelbesteuerungen­

und­­empfindliche­Strafzahlungen­zu­vermeiden­und­die­Ausgaben­für­Expats­zu­kontrollieren,­benötigen­Unter-nehmen­ein­systematisches­und­weitgehend­automati-siertes­­Global­Compensation­Management­:­Die­Daten­aus­allen­­Ländern­werden­zentral­eingesammelt,­überprüft­und­so­aufbereitet,­dass­sie­von­den­Payroll-Experten­in­den­einzelnen­Ländern­verstanden­und­weiterverar­beitet­werden­können.­Darüber­hinaus­erhalten­die­Payroll-­Verantwortlichen­weltweit­genaue­Anweisungen,­wie­sie­mit­den­­einzelnen­Lohnkomponenten­verfahren­müssen­und­wie­sich­die­Daten­in­ihre­eigenen­Payroll-Systeme­ein­speisen­lassen.­Schließlich­hakt­das­Global­Compen-sation Management nach, ob Steuern oder Sozialabga-ben­wirklich­abgeführt­werden,­denn­auch­hier­fallen­oft­Versäumnisse­auf.­Zu­einem­systematischen­­Global­­Compensation­Management­zählen­ebenfalls­regel-mäßige­soge­nannte­Cost­Reports,­in­denen­die­globalen­

Gehaltsdaten­ausgewertet­und­Übersichten­unter­ande-rem­­darüber­erstellt­werden,­wie­viel­ein­entsendeter­­Mitarbeiter­in­einem­Land­durchschnittlich­kostet.­Last­but not least lassen sich Benchmarks mit anderen Unter-nehmen durchführen.

Unzureichender Status quo

Bisher­erfolgt­der­Datenaustausch­über­die­Gehalts-zahlungen­in­vielen­Unternehmen­schlicht­über­Excel-­Tabellen,­die­von­Land­zu­Land­und­von­einem­Payroll-­Mitarbeiter­zum­anderen­geschickt­werden.­Dabei­bestehen­in­unzähligen­Länderkombinationen­Sprach-barrieren­sowie­Unkenntnis­der­aktuellen­Steuerrechts-regelungen­im­jeweils­anderen­Staat.­Häufig­wissen­die­zuständigen­Mitarbeiter­in­den­Unternehmen­nicht,­wie­sie­mit­dem­erhaltenen­Datenmaterial­umgehen­­sollen.­Hinzu­kommen­besondere­Regelungen­in­einzelnen­­Ländern,­die­durch­die­verstärkten­Prüfungen­und­höhe-ren­Strafen­immer­schwerer­ins­Gewicht­fallen.­

Andere Länder, andere Sitten

In­den­USA­müssen­Unternehmen­beispielsweise­sämt-liche­Gehaltsdaten­eines­Kalenderjahres­in­nur­­wenigen­Tagen­bis­Anfang­Januar­vollständig­in­einem­W2-­Formular­eintragen­und­versteuern­–­ein­Tatbestand,­der­Kopfzerbrechen bereitet und in vielen Fällen hohe Ver-säumniszuschläge­kostet.­In­China­wiederum­müssen­die­Gehaltsdaten­auf­Monatsbasis­in­einer­Steuerer­klärung­vorliegen,­im­Vereinigten­Königreich­werden­nor­male­Gehaltsbestandteile­und­geldwerte­Vorteile­monatlich­getrennt erfasst und versteuert.

Vorteil für den Fiskus

Dank­Digitalisierung­können­sich­die­Finanzbehörden­im­In-­und­Ausland­immer­häufiger­direkt­in­die­Buch­haltung­der Firmen einloggen und mit einer entsprechenden ­Prüfsoftware­mögliche­Unstimmigkeiten­bei­Lohn­steuer­und Sozialversicherungsabgaben auf Knopfdruck heraus-filtern.­Wo­früher­ein­Finanzbeamter­von­der­internen­Buchhaltung­gezielt­Antworten­erfragen­musste,­spuckt­heute­ein­Algorithmus­reihenweise­alle­auffälligen­Kenn-zahlen aus.

Das­Vergütungsmanagement­wird­immer­anspruchs-voller.­Dafür­bietet­sich­ein­spezielles­System­an.

Globales Reporting für Expats

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Interne Herausforderungen

Herausforderungen an das Vergütungsmanagement stellen auch die Unternehmen selbst. Viele ändern den Vergütungsansatz,­um­ihre­Mitarbeiter­während­der­Auslandsentsendung­in­Bezug­auf­Steuer-­und­Sozialversi-cherungsabgaben nicht besser oder schlechter zu stellen. Es­wird­eine­hypothetische­Steuer­ermittelt,­die­der­Mit-arbeiter bei Verbleib im Heimatland hätte zahlen müssen, und­vom­Gehalt­abgezogen.­Die­tatsächlich­im­Ausland­entstehenden Steuern und Sozialabgaben übernimmt dafür­der­Arbeitgeber.­Dabei­muss­das­Unternehmen­in­der­Lage­sein,­die­Gehälter­sowie­die­entsendebedingten­Zahlungen­an­die­Mitarbeiter­vorschriftsgemäß­zu­ver-steuern.­Dazu­benötigt­es­umfangreiches­Spezialwissen,­das­in­den­Mobility-Einheiten­der­Unternehmen­oft­nicht­vorgehalten­werden­kann.

Beispiel BASF

Genau­dies­muss­aber­ein­systematisches­und­in­weiten­Teilen­automatisiertes­Global­Compensation­Management­leisten.­So­beschäftigt­zum­Beispiel­der­Chemie­konzern­BASF­circa­1.500­Expatriates­in­65­verschiedenen­­Ländern.­Um­sich­für­das­globale­Reporting­für­alle­mög-

lichen­Vergütungsbestandteile­zu­wappnen,­mussten­allein­in­Deutschland­4.000­verschiedene­Lohnarten­im­SAP-System­überprüft­und­für­die­Personaler­anderer­Länder­übersetzt­und­verständlich­gemacht­werden.­Für­jedes­weitere­Land­kommen­ähnlich­viele­Lohnarten­hin-zu.­Nach­diesem­einmaligen­Aufwand­herrscht­jedoch­Klarheit,­Übertragungsfehler­werden­durch­eine­automa-tisierte Verarbeitung minimiert.

Kostenkontrolle

Die­systematische­Auswertung­der­Daten­schafft­Kosten-transparenz.­So­fällt­auf,­wenn­Mitarbeiter­ihr­Gehalt­­doppelt­erhalten.­Oder­wenn­Kosten­anfallen,­die­weit­über dem in der Policy festgeschriebenen Budget liegen. So hatte zum Beispiel ein Unternehmen die Höhe der ­Mieten­in­Hongkong,­wo­Wohnungen­besonders­teuer­sind,­in­ihrer­Policy­begrenzt.­Dennoch­wohnte­ein­nicht­unerheblicher Teil der entsendeten Mitarbeiter für mehr als­das­Doppelte­der­zulässigen­Obergrenze­zur­­Miete.­Dem­Unternehmen­entstand­jährlich­ein­sechsstelliger­Mehraufwand­durch­die­überzogenen­Mieten,­aber­auch­für­die­Provisionen­an­den­Relocation­Provider.

Ihr Ansprechpartner

Jochen Reinig [email protected]

Einblicke­in­das­Global­Compensation­Management–System­von­EY

Expats on Track

DEU 19 %

14 %

42 %

25 %USA

CHN BRA

USA DNK

HKG FRA

SGP DEU

DNK SGP

BRA CHN

MYS ESP

ARE CHE

JPN HKG

24,8

13,6

9,9

6,2

5,3

3,9

3,7

3,1

2,2

1,2

73,93

62,14

39,49

33,23

15,33

10,78

9,27

7,75

4,2

1,5

Top 10 Expats-Länderin­Millionen­Euro

Top 10 Gesamtkosten Landeskombinationen mit Deutschlandin­Millionen­Euro

Aufteilung Rechtsfolgekostenfür Deutschland

Steuern

Sozialversicherung

­ ­Grundvergütung

Kosten des Mobilitätsprogramms

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D ie­Finanzverwaltung­hat­ihren­Anwendungs­erlass­zum­häuslichen­Arbeitszimmer­überarbeitet.­Das­BMF-Schreiben­vom­6.­Oktober­2017­gilt­für­alle­

offenen­Fälle­ab­dem­Veranlagungszeitraum­2007.­Dabei­übernimmt­das­BMF­die­aktuelle­Rechtsprechung­des­Bundesfinanzhofs.­Der­Höchstbetrag­von­1.250­Euro­(­für­den­begrenzten­Abzug­)­ist­danach­nicht­mehr­objekt-,­sondern­personenbezogen­anzuwenden.­Das­­bedeutet­:­Bei­gemeinsamer­Nutzung­eines­Arbeitszimmers­durch­mehrere­Steuerpflichtige­kann­jeder­den­Höchstbetrag­ausschöpfen, sofern bei ihm die Voraussetzungen für den begrenzten Abzug erfüllt sind. Allerdings muss in dem Raum­für­jeden­ein­Arbeitsplatz­zur­Verfügung­stehen,­so­dass­er­ihn­für­seine­betriebliche­bzw.­berufliche­Tätig-keit in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret­erforderlichen­Art­und­Weise­nutzen­kann­(­BFH-­Urteil­vom­15.­Dezember­2016,­VI­R­53/12­).­Das­erfor-dert­im­Regelfall­für­jeden­einen­Stuhl,­Schreibtisch­etc.­Ob­auch­eine­zeitlich­versetzte­Nutzung­von­nur­einem­Arbeitsplatz­ausreicht,­hat­der­BFH­offengelassen.­Die­Kehrseite der personenbezogenen Betrachtung lautet : Nutzt­ein­Steuerpflichtiger­mehrere­Arbeitszimmer,­steht­ihm­der­Höchstbetrag­auch­nur­einmal­zu.­Bei­Nutzung­eines Arbeitszimmers für verschiedene Tätigkeiten ist der Höchstbetrag entsprechend aufzuteilen.

Ecke reicht nicht

Grundsätzlich­gilt­für­die­Anerkennung­eines­Arbeits-zimmers­:­Steht­für­die­betriebliche­oder­berufliche­Tätig-keit­kein­anderer­Arbeitsplatz­zur­Verfügung,­können­Auf-wendungen­für­ein­häusliches­Arbeitszimmer­bis­zu­einem­Höchstbetrag­von­1.250­Euro­als­Betriebsausgaben­bzw.­Werbungskosten­abgezogen­werden.­Die­Begrenzung­gilt­nicht,­wenn­das­Arbeitszimmer­den­Mittelpunkt­der­gesamten­betrieblichen­und­beruflichen­Betätigung­­bildet.­Die­Anforderungen­an­den­Abzug­eines­häuslichen­Arbeits-zimmers­sind­hoch.­So­muss­der­Raum­in­die­häusliche­Sphäre­des­Steuerpflichtigen­eingebunden­sein­und­sei-ner Ausstattung und Funktion nach einem Arbeitszimmer entsprechen­;­der­Raum­muss­ausschließlich­oder­nahezu­ausschließlich­zu­beruflichen­bzw.­betrieblichen­Zwecken­genutzt­werden,­eine­Arbeitsecke­reicht­nicht­aus.

Lange Liste

Zu­den­berücksichtigungsfähigen­Aufwendungen­für­ein­häusliches­Arbeitszimmer­gehören­beispielsweise­die­raumzugehörige­Ausstattung­wie­Tapeten,­Teppiche,­Vor-hänge­und­Deckenlampen­sowie­die­jeweils­anteilige­Mie-te­oder­AfA,­Kreditzinsen,­Energiekosten,­Grund­steuer,­Müllgebühren­oder­Gebäudeversicherungen.­Davon­unab-hängig­sind­Aufwendungen­für­Arbeitsmittel,­wozu­Büro-möbel,­Aktenschrank,­Schreibtisch,­Stuhl,­­Laptop,­Schreib-tischlampe,­Aktenordner­oder­Druckerpapier­­zählen.­Diese­können­–­sofern­beruflich­oder­betrieblich­veranlasst­–­als­Werbungskosten­bzw.­Betriebsausgaben­steuermindern­abgesetzt­werden,­ohne­dass­die­strengen­Anforderungen­eines häuslichen Arbeitszimmers erfüllt sein müssen.

Die­Finanzverwaltung­passt­sich­an­die­aktuelle BFH-Rechtsprechung­an.

Ein Arbeitszimmer für zwei

Fragen an [email protected]

GWG-Grenze erhöht

Seit­dem­01.01.2018­erhöhte­sich­die­Grenze­für­gering-wertige­Wirtschaftsgüter­(­GWG­)­von­410­auf­800­Euro­­netto.­Liegen­die­Kosten­für­Arbeitsmittel­innerhalb­­dieser­Grenze,­können­die­Kosten­sofort­in­voller­Höhe­im­Jahr­der Anschaffung als Werbungskosten berücksichtigt ­werden.­Liegt­der­Kaufpreis­darüber­(­also­ab­2018­über­952­Euro­brutto­),­verteilen­sich­die­Kosten­über­die­regel-mäßige­Nutzungsdauer­des­Arbeitsmittels­(­z.­B.­bei­einem­PC­über­drei­Jahre­).

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Wir bitten um Vorlage einer Beschreibung der internen­Abläufe­für­die­Erfassung­und­Bearbei-tung­der­nach­§­50a­EStG­relevanten­Sachver-

halte.“­Mit­dieser­brisanten­Anfrage­zum­Quellensteuer-abzug­überraschen­Betriebsprüfer­in­jüngster­Zeit­viele­Unternehmen. Können diese darauf nicht durch Vorlage einer­entsprechenden­(­Prozess-­)­Dokumentation­ant-worten,­wertet­der­Fiskus­das­als­Indiz­dafür,­dass­dieser­Prüfbereich risikobehaftet sein dürfte.

Offene und verdeckte Leistungen

Bei­grenzüberschreitenden­Zahlungen­müssen­Unterneh-men beachten, dass diese dem deutschen Steuerabzug unterliegen­können.­Und­zwar­dann,­wenn­die­Leistung­beispielsweise­in­der­Nutzungsüberlassung­von­Rechten­(­vor­allem­gewerbliche­Schutz-,­Urheber-­und­Persönlich-keitsrechte­)­und­Know-how­oder­in­der­Ausübung­oder­Verwertung­einer­Darbietung­im­Inland­besteht­und­der­Zahlungsempfänger­keine­Freistellungsbescheinigung­vor-gelegt hat.

Bei­offensichtlichen­Lizenzzahlungen­–­wie­für­Herstel-lungsrechte,­Vertriebsrechte,­Patente­–­sind­sich­Unter-nehmen­in­der­Regel­der­Abzugsteuerpflicht­bewusst­und­verfügen­zumindest­über­einen­gelebten,­wenn­auch­nicht unbedingt dokumentierten Prozess. Anders verhält es­sich­jedoch­teilweise­bei­nicht­ganz­so­offen­kundigen­Sachverhalten,­die­eine­Steuerabzugsverpflichtung­­aus­lösen,­wie­sie­beispielsweise­vorkommen­können­bei­:

• Rechteüberlassungen­der­Regisseure,­Komponisten­und­Darsteller­für­Image-­und­Werbespots­und­ YouTube-Videos,

• Firmen-/­Marketingevents­mit­Auftritten­von­Künstlern­oder Sportlern,

• Sponsoring von und Werbung mit Sportlern oder Sportteams,

• Cross-Licensing­bzw.­Bartergeschäften,• Rechteüberlassungen­im­Rahmen­von­Forschungs-/

Entwicklungskooperationen­und­bei­Auftragsent-wicklungen,

• Produkt-­und­Verpackungsdesign,• Verträgen­mit­Werbe-,­PR-,­und­Bild-Agenturen.

Diese­Fälle­finden­oftmals­unterhalb­des­Radars­der­Steuer-abteilung­statt­–­mit­der­Konsequenz,­dass­es­für­diese­ keine gelebten und dokumentierten Steuerpro zesse gibt und­keine­Abzugsteuern­einbehalten­werden.­Dies­kann­in­Betriebsprüfungen­aufgegriffen­werden.

Der Bund greift ein

Für Fälle ab 2014 hat das Bundeszentralamt für Steuern (­BZSt­)­die­Zuständigkeit­für­den­Steuerabzug­nach­§­50a­EStG­von­den­lokalen­Finanzämtern­übernommen.­Seit­dem ersten Quartal 2014 müssen Unternehmen daher die­vierteljährlichen­Steueranmeldungen­beim­BZSt­ein-reichen und die angemeldeten Abzugsteuern dorthin abführen.­Mit­diesem­Zuständigkeitswechsel­sind­Sach-verhalte­nach­§­50a­EStG­in­einen­besonderen­Fokus­der­Betriebsprüfung­gerückt.­Nun­nehmen­­speziali­sierte­ Bundesbeamte regelmäßig an den Prüfungen der lokalen Finanzämter­teil.­In­der­Praxis­führt­dies­zu­einer­sehr­detaillierten­und­effizienten­Prüfung.­Zudem­bedeuten­die verbesserten, automatisierten datenanalytischen Möglichkeiten, dass Unternehmen zunehmend transpa-renter­werden.

Teil I : § 50a EStG Unternehmen müssen sich auf eine intensive Prüfung des Fiskus vorbereiten.

Augenmerk auf Abzugsteuer

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S ind­Zahlungen­ins­Ausland­für­Software-­und­Daten-bank-Nutzungen­quellensteuerpflichtig­oder­nicht­?­Viele Unternehmen stellen sich diese Frage und

haben­sich­immer­wieder­gezwungen­gesehen,­Rechts-sicherheit­durch­das­Einholen­von­Freistellungsbescheini-gungen­zu­suchen.­Nun­haben­sich­aber­die­zuständigen­Finanzbeamten­aus­Bund­und­Ländern­auf­ein­BMF-Schrei-ben­mit­dem­Titel­„Beschränkte­Steuerpflicht­und­Steuer-abzug­bei­grenzüberschreitender­Überlassung­von­Soft-ware­und­Datenbanken“­verständigt,­das­für­eine­gewisse­Klärung­sorgen­dürfte.­Danach­soll­es­keine­beschränkte­Steuerpflicht­und­damit­keine­Quellensteuerpflicht­geben,­wenn­die­Funktionalität­der­Software­im­Vordergrund­des­Vertrages­steht,­d.­h.­wenn­lediglich­der­bestimmungs-gemäße­Gebrauch­einer­Software­Vertragsgegenstand­ist.­Ähnliche Prinzipien gelten für die grenzüberschreitende Überlassung­von­Datenbankinhalten.­Eine­Quellensteuer-pflicht­besteht­dagegen­dann,­wenn­inländische­­Nutzer­umfassende­Rechte­zur­wirtschaftlichen­Weiterver-wertung­erhalten­–­insbesondere­für­eine­Vervielfältigung,­Bearbeitung, Verbreitung und Veröffentlichung.

Beispiele

Das­BMF-Schreiben­beseitigt­in­vielen­Fällen­Zweifel­und­beendet­in­der­Praxis­langwierige­und­auch­kostspielige­Diskussionen­über­eine­Quellensteuerpflicht.­Dabei­geht­das­Bundesfinanzministerium­selbst­auf­eine­Reihe­von­Zweifelsfällen­ein­:

• Erhält­ein­deutsches­Unternehmen­Vervielfältigungs-,­Bearbeitungs-,­Verbreitungs-­und­Veröffentlichungs-rechte­durch­eine­ausländische­Gesellschaft,­um­deren­Software­zu­übersetzen­und­in­einem­Softwarepaket­weiter­zu­vertreiben,­löst­dies­eine­Quellensteuerpflicht­aus.

• Ein­inländisches­Unternehmen­bezieht­eine­Software­von einem ausländischen Unternehmen zur eigenbe-trieblichen­Verwendung.­Der­Lizenzvertrag­erlaubt­es,­5.000­Kopien­im­eigenen­Unternehmen­zu­­verwenden­und­zusätzlich­die­Software­an­die­Unternehmens-abläufe­anzupassen.­Die­Anpassung­erfolgt­über­beste-hende­Erweiterungsmöglichkeiten.­Es­kommt­zu­keiner­Quellen steuerpflicht für die gezahlten Vergütungen.

• Eine­Einkaufsgesellschaft­erwirbt­eine­Konzernlizenz­

Teil II : § 50a EStG Ein­BMF-Schreiben­schafft Klarheit­bei­Entgelten­für Software­und­Datenbanken.

Nutzen oder Weiterverwerten

Handlungsbedarf

Derzeit­gibt­es­keine­Vorschrift,­die­Unternehmen­zu­einer­Dokumentation­ihres­Steuerprozesses­für­Sachverhalte­nach­§­50a­EStG­verpflichtet.­Den­neuen­Prüfansatz­der­Finanzverwaltung­und­die­damit­einhergehende­Verände-rung­des­Risikoprofils­sollten­Unternehmen­jedoch­zum­Anlass nehmen, ihre Steuerprozesse zu überprüfen, gege-benenfalls anzupassen und auch hinreichend zu dokumen-tieren.­Ein­besonderes­Augenmerk­sollte­auf­die­Identifizie-rung­und­Analyse­der­„verdeckten“­abzugsteuerrelevanten­Sachverhalte­gerichtet­werden.­

Tax Compliance Management System

Idealerweise­integrieren­Unternehmen­den­Bereich­der­Abzugsteuer in ihr innerbetriebliches Kontrollsystem. Um den­Prozess­effizient­zu­gestalten,­ist­auch­die­­Einbettung­in­das­bestehende­ERP-System­möglich,­um­letztlich­die­Automatisierung von abzugsteuerrelevanten Prozessen in­einem­Tax­Compliance­Management­System­(­Tax­CMS­)­zu­erreichen.­Sofern­das­Tax­CMS­die­Anforderungen­des­IDW-Prüfstandards­980­erfüllt,­kann­es­nicht­nur­für­die­gewünschte­steuerliche­Transparenz­und­Erfüllung­steuer-licher­Pflichten­sorgen,­sondern­für­die­Geschäftsfüh-rung­auch­persönlich­eine­haftungs-­und­strafbefreiende­ Wirkung entfalten.

EY-Services im Zusammenhang mit dem Steuerabzug nach § 50a EStG :

• Identifizierung und Analyse von quellensteuer relevanten Sachverhalten­nach­§­50a­EStG­in­allen­Unternehmens-bereichen und falls erforderlich

— Erstellung/Berichtigung­von­Steuer­anmeldungen — Beratung bei strafbefreienden Selbstanzeigen

• Prozessoptimierung : — Design­und­Dokumentation­von­Prozessen­zur­ Erfassung­und­Bearbeitung­von­Sachverhalten­nach­ §­50a­EStG

— Erstellen­von­(­Konzern-­)Richtlinien

• Beratung bei der Implementierung eines Steuerlichen Kontrollsystems­(­TAX­CMS­)­i.­S.­d.­IDW­PS­980

• Maßgeschneiderte Schulungen und Workshops zu §­50a­EStG

Ihre Ansprechpartner

Tino Boller [email protected]

Carola Wehling [email protected]

Tax­CMS­: Stephan Ludwig [email protected]

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37EY TAX & LAW Magazine 01 / 2018

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für­eine­Software,­die­es­erlaubt,­den­Konzerngesell-schaften­Lizenzen­zu­übertragen.­Die­Software­darf­nur­für­eigenbetriebliche­Zwecke­verwendet­werden.­Die­entsprechenden­Kosten­werden­an­die­jeweiligen­Tochtergesellschaften­weitergereicht.­Die­Zahlung­an­den­ausländischen­Softwarehersteller­unterliegt­keiner­Quellensteuerpflicht.

• Ein­inländisches­Unternehmen­vertreibt­Software­eines­ausländischen­Unternehmens­gegen­eine­Lizenzzah-lung­pro­Kopie­(­bzw.­pro­Lizenzcode,­mit­dem­die­Soft-ware­heruntergeladen­werden­kann­).­Das­inländische­Unternehmen­darf­selbst­keine­weiteren­Vervielfälti-gungen­von­der­Software­anfertigen,­sie­bearbeiten­oder­umgestalten.­Die­Vergütungen­sind­nicht­quellen-steuerpflichtig.

• Ein­ausländisches­Unternehmen­stellt­einem­deutschen­Unternehmen­Buchhaltungs-­und­Warenwirtschafts-software­über­das­Internet­zur­Verfügung­(ASP­).­Die­Software­verbleibt­auf­dem­Rechner­des­Anbieters,­der­Kunde­zahlt­ein­monatliches­Nutzungsentgelt­für­die­Software­und­Serviceleistungen­(­Programm­pflege,­Updates­etc.­).­Die­Vergütungen­unterliegen­keiner­Quellensteuerpflicht.

• Eine­ausländische­Ratingagentur­stellt­einer­Bank­Marktdaten­zur­Verfügung.­Die­Bank­hat­im­Rahmen­der­End-User-Lizenz­das­Recht,­Einsicht­in­die­Daten-banken­zu­nehmen­und­Echtzeit-­sowie­historische­Daten­per­App­über­das­Internet­abzurufen.­Es­fällt­hier­keine­Quellensteuer­an.­Erhält­die­Bank­allerdings­das­Recht,­ihren­Kunden­umfassenden­Zugriff­auf­wesent-liche­Datenbankinhalte­zu­geben,­unterliegen­die­­Zahlungen­der­Quellensteuer.

Erleichterung

Besonders in den beschriebenen Fällen sollten Unterneh-men­ohne­weitere­Bestätigung­des­zuständigen­Bundes-zentralamts­für­Steuern­(­BZSt­)­vom­Quellensteuereinbe-halt absehen können, ohne ein Haftungsrisiko befürchten zu­müssen.­Unsicherheiten­werden­damit­auf­die­Fra-ge reduziert, ob ein konkreter Sachverhalt mit den im BMF-Schreiben­genannten­Beispielen­vergleichbar­ist.­Es­bleibt­zu­hoffen,­dass­dadurch­die­Überlastung­des­BZSt­abnimmt­und­die­(­dann­weniger­häufigen­)­Freistellungs-­und­Erstattungsanträge­schneller­bearbeitet­werden.

Offene Fragen

So­sehr­die­Aussagen­im­BMF-Schreiben­zu­begrüßen­sind,­bleiben­dennoch­einige­praxisrelevante­Fragen­offen.­So­wird­eine­Übertragung­auf­ähnlich­gelagerte­Fäl-le­wie­die­Überlassung­von­Bildrechten­oder­Zahlungen­für­Online-Werbung­explizit­ausgeschlossen.­Keine­Aussa-gen­gibt­es­auch­zur­Abgrenzung­zwischen­(­quellensteu-erpflichtiger­)­Überlassung­und­(­nicht­quellensteuerpflich-tiger­)­Übertragung­von­Rechten.­Hier­sind­derzeit­zwei­Verfahren­zu­sogenannten­Total-Buy-out-Verträgen­beim­Bundesfinanzhof­anhängig.­Schließlich­trifft­das­BMF­auch­keine­Aussage­für­Fälle,­in­denen­die­Verwendung­

der­Software­bedingt,­dass­z.­B.­Bestell-­oder­Beschaf-fungssoftware­auch­externen­Zulieferern­zur­Verfü-gung­gestellt­wird­(­also­Unternehmen,­die­nicht­mit­dem­Lizenznehmer­verbunden­sind­).

Verträge überprüfen

Was­ist­nun­zu­tun­?­Wenn­Software-­oder­Datenbankin-halte in grenzüberschreitenden Transaktionen an deut-sche­Kunden­überlassen­werden,­sollten­die­ausländischen­Unternehmen bestehende Verträge dahingehend über-prüfen,­dass­nicht­mehr­Rechte­gewährt­werden,­als­der­Kunde tatsächlich benötigt, um eine versehentliche Quel-lensteuerpflicht­zu­vermeiden.­Soweit­in­Verträgen­die­Überlassung­umfassender­Nutzungsrechte­zur­wirtschaft-lichen­Weiterverwertung­im­Vordergrund­steht,­sollten­so­schnell­wie­möglich­Freistellungsbescheinigungen­bean-tragt­werden,­um­Liquiditätsnachteile­aus­einem­mögli-chen Quellensteuereinbehalt durch den Kunden zu vermei-den.­Bei­Altfällen,­die­sich­nun­als­zu­vorsichtig­erweisen­(­weil­gerade­keine­Vervielfältigungs-,­Bearbeitungs-,­Ver-breitungs-­und­Veröffentlichungsrechte­gewährt­wurden­),­sollten­betroffene­Unternehmen­Erstattungsmöglichkei-ten­prüfen.­Lizenznehmer­sollten­das­BMF-Schreiben­zum­Anlass­nehmen,­ihre­Compliance-Prozesse­für­Quellen-steuern­zu­überprüfen,­da­Lizenzverträge­häufig­dezentral­in­den­einzelnen­Fachabteilungen­abgeschlossen­werden.­In diesen Fällen kann eine Sensibilisierung der betroffe-nen Mitarbeiter für das Thema Quellensteuern über Schu-lungen oder schriftliche Handlungsempfehlungen ( z. B. im Rahmen­einer­Quellensteuer-Richtlinie­)­erfolgen,­so­dass­auch in diesen Fällen sichergestellt ist, dass die Vorgaben des­BMF-Schreibens­beachtet­werden.

Ihre Ansprechpartner

Christian Ehlermann christian.ehlermann @de.ey.com

Katja Nakhai [email protected]

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Controversy

38 EY TAX & LAW Magazine 01 / 2018

TAX

Foto

: dpa

Wenn ein Unternehmen ein anderes kaufen oder fusionieren­will,­fallen­Kosten­für­­Berater­an­–­für­Akquisitionsexperten,­Rechtsanwälte,­Wirt-

schaftsprüfer,­Steuerberater,­Gutachter­etc.­Bei­externen­Beratern stellen die Kosten regelmäßig Anschaffungs-nebenkosten dar und sind zusätzlich zum Kaufpreis als Beteiligungsbuchwert­zu­aktivieren.­Was­aber­ist­mit­internen Kosten, die rund um eine Fusion oder Akquisition anfallen­?­Was­ist­mit­den­Lohn-,­Reise-­oder­Raumkosten,­wenn­statt­externer­Berater­eigene­Angestellte­prüfen,­verhandeln,­durchführen­?­Hier­stellt­sich­die­Betriebs-prüfung­in­jüngster­Zeit­zunehmend­auf­den­Standpunkt,­dass diese internen Kosten steuerbilanziell ebenfalls als Anschaffungsnebenkosten zu aktivieren sind und damit keinen­abziehbaren­Aufwand­darstellen.

Verweis auf ERP-Erlass

Ihre­Vorgehensweise­begründen­die­Prüfer­damit,­dass­interne Kosten in diesen Fällen nicht anders zu beur-teilen­seien­als­externe­Kosten.­Sie­stützen­sich­dabei­auf­ein­älteres­BMF-Schreiben­zur­Implementierung­von­ERP-Software.­Dieser­ERP-Erlass­definiert­betriebliche­Aufwendungen­für­die­Einrichtung­entsprechender­Soft-ware­umfassend­als­aktivierungspflichtig.­Neben­Perso-

nalkosten­werden­z.­B.­auch­Raum-­und­Reisekosten­expli-zit genannt und es sind auch die Planungskosten dabei, soweit­sie­nach­der­Kaufentscheidung­anfallen.

Einzelkosten-Kriterium

Die­Finanzverwaltung­übersieht­hierbei­jedoch,­dass­das­BMF-Schreiben­nur­zur­Implementierung­von­ERP-Soft-ware­ergangen­ist.­Zur­Behandlung­anderer­Wirtschafts-güter­trifft­es­keine­Aussage.­Die­Frage,­ob­bei­Fusionen­oder Akquisitionen Anschaffungsnebenkosten vorliegen, muss­sich­deshalb­nach­allgemeinen­Grundsätzen­rich-ten.­Für­die­Qualifizierung­von­internen­Kosten­als­aktivie-rungspflichtige­Erwerbsnebenkosten­oder­als­sonstigen­betrieblichen­Aufwand­stellt­die­Rechtsprechung­darauf­ab,­ob­Einzel-­oder­Gemeinkosten­vorliegen.­Nur­Einzel-kosten sind demnach als Anschaffungsnebenkosten zu aktivieren. Personalkosten zum Beispiel können nur dann Einzelkosten­(­Stundenlöhne­)­sein,­sofern­klar­differenziert­werden­kann,­welcher­Mitarbeiter­sich­wie­viele­Stunden­dem­Unternehmenskauf­gewidmet­hat.­Wenn­diese­gleich-zeitig noch andere Tätigkeiten ausgeführt haben und nicht klar­ersichtlich­ist,­wie­viele­Stunden­für­welche­Tätig-keit angefallen sind, gehören die Personalkosten zu den Gemeinkosten.­Auch­Kosten,­die­im­Rahmen­der­allge-meinen­Verwaltung­anfallen­und­etwa­Raummieten­oder­Material­betreffen,­gelten­als­Gemeinkosten.

Inhaltliche Abgrenzung

Davon­abgesehen­ist­ohnehin­fraglich,­inwieweit­eine­ERP-Implementierung­mit­einem­Beteiligungserwerb­ver-gleichbar­ist.­Während­eine­ERP-Software­ohne­Imple-mentierung schlicht nicht nutzbar ist, kann eine Betei-ligung allein durch Managemententscheidung und Vereinbarung­eines­Kaufvertrags­durch­die­Geschäfts-führung­erworben­werden,­so­dass­die­interne­Akquisiti-onsberatung­für­den­Beteiligungserwerb­nicht­entschei-dend­sein­muss.­Darüber­hinaus­ist­ein­ERP-System­im­Gegensatz­zur­Beteiligung­abnutzbar.­Dies­verstärkt­den­Eindruck,­dass­die­Betriebsprüfung­hier­auf­Biegen­und­Brechen­versucht,­Aufwand­in­aktivierungspflichtige­Anschaffungsnebenkosten von Beteiligungen umzuquali-fizieren,­um­kurzfristig­höhere­zu­versteuernde­Gewinne­zu generieren.

Sind­Aufwendungen­für­interne­Anwälte­oder­­Prüfer­beim­Erwerb­von­Unternehmen­als­Anschaffungs-nebenkosten­oder­betrieblicher­Aufwand­zu­behandeln­?

Kosten von Fusionen

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Controversy

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D ie­Wirtschaft­wird­global­und­die­Finanzverwal-tungen reagieren mit einer verstärkten grenz-überschreitenden­Zusammenarbeit.­Neben­einem­

spontanen­Informationsaustausch­in­Einzelfällen­gibt­es die Möglichkeit, koordinierte steuerliche Außenprü-fungen­durchzuführen.­Dabei­findet­insbesondere­die­simultane­Betriebsprüfung­vermehrt­Anwendung,­wobei­nationale Betriebsprüfer gleichzeitig und für diesel-ben­Veranlagungszeiträume­die­jeweiligen­lokalen­Kon-zerngesellschaften­unter­die­Lupe­nehmen.­Während­der­(­getrennten­)­Prüfungen­finden­regelmäßige­Bespre-chungen statt, in denen die beteiligten Finanzbeamten Informationen und Prüfungsergebnisse untereinander austauschen, um sich so ein vollständiges Bild der grenz-überschreitenden Transaktionen und Konzernstruktur zu verschaffen.

Grenzen wahren

Dennoch­hat­jede­simultane­Außenprüfung­ihre­Grenzen,­was­Mitwirkungs-­und­Auskunftspflichten­angeht.­Auch­im­grenzüberschreitenden­Kontext­gilt,­dass­Finanzbe-amte­nur­Dokumente­und­Informationen­anfragen­dürfen,­die­für­die­Ermittlung­des­steuerlichen­Einkommens­rele-vant­sind.­Ebenfalls­muss­durch­eine­simultane­Außen-prüfung­das­Steuergeheimnis­gewahrt­werden­und­sie­darf­nicht­dazu­missbraucht­werden,­Beweisausforschun-gen­(­„­Fishing­Expeditions“­)­zu­betreiben­oder­um­Infor-mationen­zu­ersuchen,­bei­denen­es­unwahrscheinlich­ist,­dass sie für die Steuerangelegenheiten eines bestimmten Steuer­pflichtigen­erheblich­sind. In­diesem­Licht­ist­ein­Beschluss­des­Finanzgerichts­Köln­vom­23.­Mai­2017­kritisch­zu­beurteilen­(­2­V­2498/16­).­Im­betreffenden­Fall­hatte­die­deutsche­Finanzverwaltung­auf­Grundlage­einer­nationalen­Betriebsprüfung­Zwei-fel, ob die Verrechnungspreise mit einer in Hong Kong ansässigen­Schwestergesellschaft­angemessen­waren,­und­beanstandete­deshalb­die­Gewinnverteilung­im­Kon-zern.­Den­Prüfern­fehlten­jedoch­eindeutige­Hinweise,­weshalb­sie­für­die­bereits­in­der­lokalen­Prüfung­betrach-teten Veranlagungszeiträume eine simultane Betriebs-prüfung­mit­den­Niederlanden­initiierten.­Man­erhoffte­sich dadurch, die erforderlichen Informationen über die nieder ländische Muttergesellschaft beschaffen zu können.

Mehraufwand

Das­FG­Köln­hat­diese­Vorgehensweise­gebilligt.­Danach­soll die Initiierung einer Simultanprüfung nach dem Aus-schöpfen aller Mittel der lokalen Betriebsprüfung zulässig sein.­Das­FG­Köln­hat­insoweit­klargestellt,­dass­Simultan-prüfungen­nicht­in­den­beteiligten­Ländern­gleichzeitig­beginnen müssen, und dass auch ein Amtshilfeersuchen bei einer ausländischen Finanzbehörde vor Beginn einer geplanten gemeinsamen Außenprüfung nicht unzulässig ist.­Eine­Zustimmung­des­Steuerpflichtigen­ist­für­diese­Vorgehensweise­laut­FG­Köln­nicht­erforderlich.

Für­die­Steuerpflichtigen­bedeutet­der­Beschluss­des­FG­Köln,­dass­Prüfungen­noch­längere­Zeit­in­Anspruch­neh-men­können,­Mitarbeiter­noch­mehr­gebunden­werden­und­die­Rechtsunsicherheit­bei­grenzüberschreitenden­Transaktionen­steigt.­Steuerpflichtige­sollten­daher­gege-benenfalls­von­der­Möglichkeit­Gebrauch­machen,­selbst­Simultanprüfungen über die lokale Betriebsprüfung anzu-stoßen und so grenzüberschreitende Sachverhalte im ­Vorfeld­prüfen­zu­lassen.­So­kann­zumindest­die­Rechts-sicherheit­erhöht­werden.

Die­koordinierte­steuerliche­Außenprüfung­eröffnet­ den­Finanzbeamten­neue­Optionen.­Das­Kölner­ Finanzgericht hilft dabei.

Globalisierung zugunsten des Fiskus

Ihre Controversy- Ansprechpartner

Dr. Jürgen Schimmele juergen.schimmele @de.ey.com

Alexander Vetten alexander.vetten @de.ey.com

Das Finanzamt der Niederlande in Amsterdam

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40 EY TAX & LAW Magazine 01 / 2018

Tax Technology & Transformation

A lle­Welt­spricht­von­den­erwarteten­Veränderun-gen­durch­die­Digitalisierung­und­in­der­Tat­wird­sich auch der Arbeitsalltag in den Steuerabteilun-

gen­signifikant­wandeln.­Doch­trotz­des­digitalen­Wandels­werden­die­drei­zentralen­Aufgaben­einer­Steuerabtei-lung­unverändert­bleiben­:­Werte­schaffen,­Risiken­mini-mieren und dabei Kosten managen. Jedes Unternehmen wird­weiterhin­entscheiden­müssen,­wie­es­seine­Steuer-abteilung im Hinblick auf diese drei zentralen, miteinan-der­konkurrierenden­Ziele­ausrichtet­und­wie­es­dabei­ein­für­das­jeweilige­Unternehmen­angemessenes­Gleich-gewicht­findet.

Künftig­wird­der­Arbeitsfokus­in­den­Steuerabteilungen­stärker­auf­höherwertigen­Tätigkeiten­liegen.­Dies­bedeu-tet­für­die­Mitarbeiter­insbesondere­:­Entscheidungen­der­operativen­Einheiten­und­des­Managements­unter-stützen, standardisierte risikomitigierende Prozesse ent-wickeln,­Kontrollfunktionen­übernehmen­und­dadurch­als­geschätzter­Business­Partner­für­die­operativen­Ein-heiten und das Management auftreten. So entsteht eine „­Connected­Tax­Function“.

Digitalisierung der Steuerfunktion

Der­technologische­Fortschritt­eröffnet­der­Steuerabtei-lung eine Vielzahl neuer Möglichkeiten auf die gestiege-

nen­Anforderungen­zu­reagieren.­Die­Datenmenge­steigt­und­auch­die­Qualität­der­verfügbaren­Daten­­verbessert­sich kontinuierlich. So ermöglichen zum Beispiel die unternehmensweite­Einführung­von­SAP­S/4­HANA­der­Steuerabteilung­ganz­neue­Möglichkeiten­der­Daten-analyse.­Der­Steuerabteilung­stehen­darüber­hinaus­vie-le­neue­Software-Lösungen­am­Markt­zur­Verfügung.­Zu­nennen­sind­hier­beispielsweise­die­SAP­Tax­Compliance-­Lösung,­Lösungen­zum­Management­von­Betriebsveran-staltungen­(­§­37b-EStG­)­oder­auch­Frühwarnsysteme­für­die­real-time­Erkennung­von­Betriebsstätten.­

Dabei­werden­„Tax­Bots“­bereits­heute­erfolgreich­für­die­Erstellung­von­Umsatzsteuervoranmeldungen­oder­Körper­schaftsteuererklärungen­eingesetzt.­Der­Einsatz­von­automatisierender­und­lernfähiger­Software­(­­Robotic­­Process­Automation,­kurz­:­RPA­)­in­Steuerabteilungen­wächst­und­sorgt­besonders­bei­einfachen­Arbeiten­zeit-gleich­für­eine­hohe­Datenqualität.­

Steuerliches Risikomanagement

Mit­der­Implementierung­eines­Steuerlichen­Kontroll-systems können Unternehmen steuerstrafrechtliche Kon-sequenzen­vermeiden,­wenn­etwa­eingereichte­Steuer-erklärungen­und­-anmeldungen­korrigiert­werden­müssen.­Auch­auf­internationaler­Ebene­erlangt­das­Thema­der­

Die­Steuerfunktion­ändert­sich­im­Zeitalter­ der­Digitalisierung.

Connected Tax

Growth enablement

objective

Quality objectives

Compliance/risk

objective

Speed/ efficiency objective

Lower cost

objective

Best in Cost

Best in Class

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41EY TAX & LAW Magazine 01 / 2018

Tax Technology & Transformation

Steuerlichen Kontrollsysteme an Bedeutung : Mit dem OECD­Paper­„Co-Operative­Tax­Compliance­:­Building­­better­tax­control­frameworks“­vom­Mai­2016­zeigt­die­internationale­Organisation­ihr­Bemühen,­eine­koopera-tive­Compliance-Beziehung­zwischen­Unternehmen­und­Finanzverwaltung­zu­entwickeln.

Zudem­wächst­die­Zahl­der­internationalen­Transparenz-initiativen.­BEPS­und­der­automatische­Informations-austausch­über­Finanzkonten­sind­nur­zwei­Beispiele.­Finanzverwaltungen­teilen­sich­steuerrelevante­Informa-tionen­über­Grenzen­hinweg­und­fordern­direkte­(­real-­time­)­Datenzugänge­bei­den­Steuerpflichtigen.­Dadurch­steigen­die­Anforderungen­an­ein­steuerliches­Risiko-management.­Der­Fokus­liegt­dabei­zunehmen­auf­steuer-relevanten­Informationen,­die­nicht­im­Verantwortungs-bereich der Steuerabteilung selbst liegen sondern z. B. im Accounting,­der­Personalabteilung­oder­im­Einkauf.­Ohne­ein­wirksames­Kontrollsystem,­das­auch­diese­­Prozesse­umfasst,­wird­die­Steuerabteilung­künftig­kaum­in­der­Lage­sein,­den­Überblick­zu­behalten.

Geänderte Rolle der Steuerabteilung – „new ways of working“

Häufig­wiederkehrende­Tätigkeiten­wie­die­Datenauf-bereitung­für­die­Erstellung­der­Steuererklärung­oder­für­Management­Reportings­werden­durch­automati-sierte­Prozesse­ersetzt.­Zeitgleich­werden­Tätigkeiten­im­Zusammenhang­mit­der­Unterstützung­der­operativen­Bereiche­im­Unternehmen­immer­wichtiger.­Steuerabtei-lungen­werden­daher­immer­öfter­als­„Business­Partner“­verstanden,­z.­B.­bei­der­steuerlichen­Optimierung­der­Supply-Chain­oder­bei­der­Steuerplanung­von­M&A-Trans-aktionen.

Im­Spannungsfeld­„Best­in­class“­vs.­„Best­in­cost“­wird­die Herausforderung für die Steuerfunktion darin liegen, Kapazitäten­in­wertsteigernde­Tätigkeiten­zu­investieren­und zeitgleich die Kosten der Steuerfunktion insgesamt stabil­zu­halten­und­möglicherweise­zu­senken.

Ihre Ansprechpartner

Stephan Ludwig [email protected]

Marco Strootmann marco.strootmann @de.ey.com

Value

Cost Risk

Connected Tax

Operational risk landscapeDig

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New ways of working

Connected Tax Function – Neuausrichtung Ihrer Steuerfunktion

Verstehen wir, welche Auswirkungen die Digitalisierung unserer Geschäftsmodelle auf die Steuerfunktion haben und nutzen wir die Chancen der Digitalisierung für unsere Steuerfunktion ?

Wie stellen wir sicher, dass steuerliche Risiken im Unternehmen erkannt und geeignete ( Kontroll- ) Maßnahmen durchgeführt werden ?

Welche Prozesse können automatisiert werden ?

Sind meine Prozesse effizient, standardisiert und stellen sicher, dass richtige Steuer erklärungen / -anmeldungen abgegeben werden ?

Welche Dienstleistungen sollten wir einkaufen, um uns auf wertsteigernde Tätigkeiten konzentrieren zu können ?

Welche ( weiteren ) Kompetenzen benötigen wir zukünftig in der Steuerabteilung und worin sollten wir weiter investieren ?

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42 EY TAX & LAW Magazine 01 / 2018

Schneller, länger, kleiner

T onbänder,­Kassetten,­Floppy­Disks­sind­ausgestor-ben,­heute­beherrschen­Terabyte-Festplatten­und­gigantische­Clouds­die­Speicherwelt.­Revolutionär­

ist­die­Entwicklung­auch­beim­Kommunizieren,­Wählschei-bentelefone­wurden­erst­durch­Tastenapparate­ersetzt,­inzwischen­liefern­hosentaschengroße­Mobilfunk­geräte­mehr­Rechenleistung­als­die­­einstigen­Nasa-­Computer­während­der­Mondfahrtmissionen.­Fernseh­serien­­kommen­per Streaming, Schuhe per Internethandel. Kaum ein Bereich­ist­derart­im­Wandel­wie­die­Telekommunikations-,­Medien-­und­Technologiebranche.­Die­­Entwicklung­zieht­Nutzer­und­Unternehmer­in­den­Bann,­ändert­den­Lebens-alltag­und­schafft­völlig­neue­Indus­trien­und­Dienstleis-tungen.

Auch­die­Steuerwelt­ändert­sich,­ja­muss­sich­ändern.­„Es­lässt­sich­nicht­leugnen“,­sagte­EU-Steuer­kommissar­Pierre­Moscovici­unlängst,­„dass­unser­steuerlicher­­Rahmen­angesichts­der­Entwicklung­der­digitalen­Wirt-schaft­und­der­neuen­Geschäftsmodelle­einfach­nicht­mehr­passt.“­Tatsächlich­versuchen­EU­und­OECD­­derzeit,­Konzepte zur effektiveren Besteuerung von digitalen Dienstleistungen­zu­entwickeln.­Die­her­gebrachte­Besteu-erung nach dem Betriebsstättenprinzip erodiert im Internetzeitalter. Für die digitale Wirtschaft ist es dabei wichtig,­in­einer­fairen­und­innovationsfreundlichen­­Weise­­besteuert­zu­werden.­Auf­den­Folgeseiten­widmen­wir­uns­den­jüngsten­Entwicklungen.

TELECOMMUNICATION, MEDIA AND TECHNOLOGY

TMT

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43EY TAX & LAW Magazine 01 / 2018

EY Sektoren

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44 EY TAX & LAW Magazine 01 / 2018

EY Sektoren

Die­boomende­Digitalwirtschaft­stellt­die­Staaten-gemeinschaft­vor­große­Herausforderungen.­Eine­davon­ist­die­Frage,­wie­die­Finanzbehörden­auch­in­

Zukunft­ihren­Steueranteil­an­digitaler­Wertschöpfung­erhe-ben­können.­Einen­detaillierten­Vorschlag­soll­die­EU-Kom-mission in den nächsten Monaten ausarbeiten. Als potenzi-elle Maßnahmen nennt die Kommission das Konzept einer digitalen­Betriebsstätte­sowie­Änderungen­an­den­beste-henden­Regelungen­zu­Verrechnungspreisen­und­Gewinn-zuordnung.­Kurzfristig­sind­auch­alternative­Ansätze­wie­die­sogenannte­„Equalization­Tax“,­eine­Art­Ausgleich-steuer­außerhalb­des­Systems­der­Doppelbesteuerungsab-kommen,­sowie­Quellensteuern­auf­digitale­Transaktionen­angedacht.­Nach­den­Diskussionen­auf­dem­ECOFIN­Gipfel­im­Dezember­2017­stimmten­die­EU-Finanzminister­dem­Fokus­auf­Änderungen­zum­Thema­„virtuelle­Betriebsstät-te“­zu,­regten­aber­auch­an,­die­von­einigen­Mitgliedstaaten­explizit­favorisierte­Equalization­Tax­weiter­zu­verfolgen.­

Die­EU-Kommission­will­eng­mit­der­OECD­zusammen-arbeiten,­die­sich­seit­einigen­Jahren­im­Rahmen­des­BEPS-Projekts­gegen­aggressive­Gewinnverlagerung­und­Steuervermeidung auch um die Besteuerung der digitalen Wirtschaft­kümmert.­Die­in­Paris­ansässige­Organisation­hat­einen­Zwischenbericht­(„Addressing­the­Tax­Challen-ges­of­the­Digital­Economy“)­für­April­2018­­angekündigt.­Auf­EU-Ebene­soll­ebenfalls­im­Frühjahr­ein­­konkreter­Richtlinienvorschlag­vorliegen,­um­die­Agenda­mit­dem­Titel­„Ein­faires­und­effizientes­Steuersystem­in­der­Euro-päischen­Union­für­den­digitalen­Binnenmarkt“­umzuset-zen.­Letztlich­geht­es­um­nicht­weniger­als­eine­digitale­Revolution­im­Steuerrecht.

Analoges Steuerrecht …

Die­vergangenen­Jahre­haben­gezeigt,­dass­das­herge-brachte Steuersystem kaum mit der Schnelllebigkeit, den hochgradig­flexiblen,­mobilen­und­virtuellen­Geschäfts-modellen­sowie­der­immer­stärker­werdenden­Internatio-nalisierung­im­Bereich­der­Digitalwirtschaft­Schritt­­halten­kann. Jahrzehntelang erprobte Konzepte im Bereich des internationalen­Steuerrechts­–­wie­das­einer­gewissen­physischen Mindestpräsenz ( Betriebsstätte ) als Anknüp-fungspunkt­für­ein­lokales­Besteuerungsrecht­–­stoßen­hier­an­ihre­Grenzen.

… trifft auf digitale Realität

Dies­betrifft­insbesondere­Unternehmen­der­TMT-­Branche,­die Wegbereiter für viele Innovationen im Bereich der ­Digitalwirtschaft­sind­und­damit­noch­internatio­naler,­technologie-getriebener­und­„virtueller“­als­andere­Unter-nehmen­sind.­Viele­Aspekte­der­„Digitalisierung“­von­Geschäftsmodellen­in­der­herkömmlichen­Wirtschaft­wären­ohne­die­Pionierleistungen­der­TMT-Unternehmen­in­Bezug­auf­Geschäftsmodelle,­Bandbreite­und­Hardware­nicht­möglich­gewesen.­Es­waren­diese­Unternehmen,­die­durch ihre Angebote im Bereich Medien ( Musik, Filme, etc.­)­die­Präferenz­der­Endkunden­von­Besitz­zu­Sofort-konsum­verschoben­haben,­die­durch­den­Erfolg­ihrer­Geschäftsmodelle­im­Bereich­Social­Media/Online­­Content­die­wirtschaftliche­Bedeutung­von­Online-­Werbung­expo-nenziell­steigen­ließen,­die­das­Kommunikationsver-halten­der­Menschen­nachhaltig­verändert­haben­(­Instant-­Messaging vs. Anruf ) und die durch kontinuier liche Weiterentwicklung­der­Hardware­sichergestellt­haben,­dass auch die technischen Möglichkeiten mit den stark steigenden Anforderungen Schritt halten können.

Es­sind­aber­gerade­diese­Geschäftsmodelle,­die­die­Steuer­verwaltungen­der­Mitgliedstaaten­vor­große­Her-ausforderungen­stellen.­So­können­z.­B.­Social­Media-­Unternehmen,­Suchmaschinenanbieter,­Reiseportale­oder­andere­Content-Anbieter­einen­lokalen­Markt­über­ver-schiedenste­Arten­der­Online-Werbung­bedienen,­ohne­nennenswerte­physische­Präsenz­vor­Ort­zu­unter­halten.­Der­Medien­konsum­verschiebt­sich­immer­mehr­Richtung­„on­demand“-Angebote,­die­Bedeutung­von­Print-Ange-boten­im­Bereich­Zeitschriften,­Bücher­etc.­geht­immer­weiter­zurück.­Durch­den­steten­Anstieg­von­online­on-demand­Angeboten­wird­es­für­Medienunternehmen­zunehmend­leichter,­Kunden­außerhalb­ihres­Heimat-landes­zu­gewinnen.­Auch­hier­ist­eine­physische­­Präsenz­im­Zielmarkt­–­wenn­überhaupt­–­nur­in­beschränktem­Umfang erforderlich.

Die­EU-Kommission­steht­deshalb­nun­vor­der­Auf­gabe,­einen fairen Anknüpfungspunkt für die Besteuerung der jeweiligen­Unternehmen­und­ein­ebenso­faires­Konzept­für­die­Ermittlung­der­zu­besteuernden­Wertschöpfung­zu­­finden.­

Die­EU­ringt­damit,­digitale­Dienstleistungen­steuerlich­zu­erfassen.­Besonders­die­TMT-Branche­ist­betroffen.­

Neuland für den FiskusTELECOMMUNICATION,

MEDIA AND TECHNOLOGY TMT

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Große Lösung braucht Zeit

Aus­Sicht­der­EU-Kommission­ist­eine­ambitionierte­und­grundlegende­Reform,­wie­z.­B.­die­Einarbeitung­von­ent-sprechenden­Besteuerungskonzepten­in­die­Gemein­same­Konsolidierte­Körperschaftsteuer-Bemessungsgrund-lage­(GKKB),­denkbar.­Da­nach­den­GKKB-Grundsätzen­­Gewinne­nach­Kapital,­Arbeitslöhnen­und­Umsätzen­auf-geteilt­werden­sollen,­müsste­es­möglich­sein,­weitere­Verfeinerungen vorzunehmen, die auch digitale Aktivitä-ten­adäquat­abbilden.­Die­EU-Kommission­gibt­sich­aber­keinen Illusionen hin und rechnet damit, dass bis zum möglichen­Inkrafttreten­der­GKKB­noch­einige­Hürden­zu nehmen sind. Auch international abgestimmte Ände-rungen­im­Bereich­der­„virtuellen­Betriebsstätte“­sowie­Änderungen­an­den­bestehenden­Regelungen­zu­Ver-rechnungspreisen­und­Gewinnzuordnung­sind­nur­schwer­kurzfristig umzusetzen, da eine enge Abstimmung mit der­OECD­gewünscht­ist.

Harmonisiertes Vorgehen

Unterdessen haben einige der 28 Mitgliedstaaten begon-nen,­unilaterale­Maßnahmen­zu­ergreifen.­Dazu­gehören­eine­Diverted­Profit­Tax­in­Großbritannien­und­die­kürz-lich in Italien beschlossene Quellensteuer auf bestimmte Digitaltransaktionen­oder­verstärkte­Betriebsprüfungs-aktivitäten­mit­sich­anschließenden­Verhandlungen­bzw.­Rechtsstreitigkeiten­etwa­in­Italien­und­Frankreich.­Dies­gefährdet­jedoch­das­europäische­Ziel­eines­gemein-samen­digitalen­Binnenmarktes.­Die­EU-Kommission­favo-risiert daher auch bei kurzfristigen Maßnahmen einen harmonisierten Ansatz. Aus Brüsseler Sicht kommen die folgenden kurzfristigen Maßnahmen in Betracht :

• Equalization­Tax­(­Umsatzausgleichsteuer­)­:­Eine­­Steuer­auf­alle­nicht­oder­unzureichend­besteuerten­Ein-nahmen­aus­internetbasierten­Unternehmensaktivi-täten.­Dieser­Vorschlag­geht­auf­einen­gemeinsamen­Vorstoß­der­Finanzminister­in­Frankreich,­Deutsch-land,­­Italien­und­Spanien­zurück.­Ein­derartiger­Ansatz­­wurde­bereits­von­der­OECD­in­BEPS­Aktionspunkt­1­vorgestellt­und­von­Indien­als­erstem­Land­Mitte­2016­umgesetzt.­Fokus­der­Equalization­Tax­in­­Indien­sind­­Zahlungen­für­Online-Werbeleistungen­und­­Verkauf­von­Online-Werbeplatz­an­Nichtansässige­ohne­Betriebs-stätte im Inland.

• Quellensteuer­auf­digitale­Umsätze­:­Eine­Quellensteuer­auf­Bruttobasis­auf­bestimmte­Zahlungen,­die­an­nicht­in­der­EU­ansässige­Anbieter­von­online­erworbenen­Waren­und­Dienstleistungen­geleistet­werden.­Eine­der-artige Quellensteuer auf bestimmte digitale Umsätze im­B2B-Kontext­wurde­gerade­in­Italien­eingeführt.

• Abgabe­auf­Einnahmen­aus­der­Erbringung­digitaler­Dienstleistungen­oder­Werbeeinahmen­:­Eine­gesonder-te­Abgabe­könnte­auf­alle­Umsätze­erhoben­­werden,­die­aus­der­Ferne­bei­in­der­EU­ansässigen­­Kunden­

erzielt­werden,­wenn­der­nicht­in­der­EU­­ansässige­Anbieter­eine­signifikante­wirtschaftliche­/virtuelle­­Präsenz­im­Ansässigkeitsstaat­des­Kunden­aufweist.

Kernproblem­aller­schnellen­Lösungen­ist­allerdings,­dass­digitale­Geschäftsmodelle­einer­hohen­Dynamik­unter-liegen,­so­dass­steuerliche­Sofortmaßnahmen­zwar­für­den Moment zielgenau sein mögen, an den digitalen Geschäftsmodellen­von­morgen­aber­mit­großer­Wahr-scheinlichkeit­wieder­vorbeigehen.

Vorhut denkbar

Grundsätzlich­unterliegen­steuerliche­Harmonisierungs-maßnahmen­in­der­EU­dem­strengen­Einstimmigkeits-prinzip,­was­eine­Einigung­erschwert.­Allerdings­haben­einige Finanzminister bereits angemerkt, dass es grund-sätzlich­auch­denkbar­wäre,­einzelne­kurzfristige­Maß-nahmen­über­das­Rechtsinstitut­der­verstärkten­Zusam-menarbeit einzuführen. Für ein solches Vorgehen ist nur­eine­Gruppe­von­mindestens­neun­Mitgliedstaaten­­erforderlich,­wobei­Deutschland­wahrscheinlich­mit­von­der­Partie­wäre.­

Der geschäftsführende Bundesminister der Finanzen Peter Altmaier im Gespräch mit EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici am Rande einer ECOFIN-Sitzung

Ihre Ansprechpartner

Dr. Kai Reusch [email protected]

Katja Nakhai [email protected]

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Ihr Ansprechpartner

Robert Polatzky [email protected]

I n Smart Factories arbeiten hoch vernetzte und auto-matisierte Maschinen, die nicht nur miteinander, son-dern mit sämtlichen Akteuren der Wertschöpfungs-

kette­kommunizieren.­Dabei­kommt­es­zunehmend­zur­Überlassung­immaterieller­Wirtschaftsgüter­wie­Software,­Daten­und­Know-how­(­Intellectual­Property,­kurz­IP­).­Boten­Maschinenbauer­früher­unveränderliche­Hardware-module an, ermöglicht die digitale Vernetzung heute den Einsatz­von­erweiterbaren­Hardwaremodulen,­bei­denen­sich Kunden online zusätzliche Funktionen freischalten lassen­können,­Software-Updates­herunterladen­oder­die­Maschinensteuerung­auf­Basis­von­extern­gesammelten­Daten­und­Erfahrungswerten­optimieren.­Steuerlich­ist­dabei­genau­zu­prüfen,­ob­eine­Dienstleistung­erbracht­oder­eine­IP­zur­Nutzung­überlassen­wird.

Kunde im Ausland

Exportiert­ein­Maschinenbauer­ein­Hardware­modul,­so­führt­dies­im­Importland­in­der­Regel­nicht­zur­Ertragsteuer­pflicht.­Anders­ist­es­dagegen­bei­der­grenz-überschreitenden­Nutzungsüberlassung­von­geistigem­Eigentum­;­in­den­meisten­Zielländern­sind­ausländische­IP-Anbieter­steuerpflichtig.­Üblicherweise­behält­der­im­

Zielland­ansässige­IP-Kunde­eine­Quellensteuer­ein­und­führt­sie­an­das­lokale­Finanzamt­ab.­Der­Kunde­haftet­in­der­Regel­auch,­wenn­die­Steuer­nicht­abgeführt­wird.­

BMF-Schreiben

Deutschland­erhebt­eine­15-prozentige­Quellensteuer­auf­die­grenzüberschreitende­IP-Überlassung­ins­Inland.­Allerdings­waren­die­Details­lange­strittig.­Das­Bundes-ministerium der Finanzen nimmt nun in einem aktuellen BMF-Schreiben­eine­bemerkenswert­restriktive­Haltung­ein.­Eine­Quellensteuerpflicht­soll­nur­bestehen,­wenn­die­gewährten­Nutzungsrechte­so­umfassend­sind,­dass­sie­eine­wirtschaftliche­Verwertung­von­Software­und­Daten­durch Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung oder Veröffentlichung ermöglichen.

Dagegen­soll­keine­Quellensteuerpflicht­bestehen,­wenn­Software­lediglich­zum­bestimmungsgemäßen­Gebrauch­für­eigenbetriebliche­Zwecke­genutzt­werden­kann,­d.­h.­wenn­die­Überlassung­der­Funktionalität­der­Software­im­Vordergrund­steht.­Ebenso­soll­die­Datenüberlassung­nicht­zur­Quellensteuerpflicht­führen,­wenn­die­Erkennt-nisse­aus­den­Daten­lediglich­im­Rahmen­der­unterneh-merischen­Tätigkeit­verwendet­werden.­Darüber­hinaus­schließen­viele­Doppelbesteuerungsabkommen­ein­deut-sches Quellensteuerbesteuerungsrecht aus.

IP-Überlassung ins Ausland

Beim­Überlassen­von­deutschem­IP­ins­Ausland­ist­eben-falls­zu­prüfen,­ob­dort­Quellensteuer­ausgelöst­wird.­­Viele­Staaten­fassen­die­Quellensteuerpflicht­weiter­als­Deutschland­und­besteuern­jede­grenzüberschrei­tende­IP-Nutzungsüberlassung­–­unabhängig­davon,­ob­eine­wirtschaftliche­Verwertung­des­IP­oder­nur­eine­eigen-betriebliche­Nutzung­erfolgt.­Gewährt­das­ent­sprechende­Doppelbesteuerungsabkommen­den­ausländischen­ Staaten ein Quellenbesteuerungsrecht, bleibt deutschen Unternehmen nur die Anrechnung auf die inländische Steuerschuld.­Meist­sind­dem­jedoch­Grenzen­gesetzt.­Im­Zuge­der­fortschreitenden­Digitalisierung­sollten­Unter-nehmen­deshalb­stets­ihre­entstehenden­4.0-Geschäfts-modelle­auch­mit­Blick­auf­Quellensteuern­(­sowie­Verrech-nungspreise,­Umsatzsteuern­und­Zölle­)­detailliert­prüfen.

Die­grenzüberschreitende­Überlassung­von­Software,­Daten­und­Know-how­wächst­–­und­damit­die­Frage nach­der­Ertragsbesteuerung.

Wann löst Industrie 4.0 Quellen steuer aus ?INDUSTRIE 4.0

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Wer Blockchain hört, dürfte zu allererst an Bit coin denken.­Die­Kryptowährung­ent­wickelte­sich­im­vergangenen­Jahr­zum­globalen­Spekulations-

objekt,­mit­dem­sich­viel­Geld­verdienen­und­verlieren­ließ.­Doch­Blockchain­ist­viel­mehr­als­­Bitcoin,­die­Techno-logie besitzt das Potenzial, unsere zunehmend ver netzte und digitale Welt nochmals grundlegend zu ver ändern. Sie ermöglicht nahezu vollstän dige Transparenz in Geschäftsvorfällen­und­schafft­­Vertrauen­­zwischen­den­Transaktionspartnern.­Das­betrifft­in­besonderer­­Weise­die­Konsumgüterbranche,­wo­Verstöße­gleich­zu­hef-tigen­Reaktionen­führen,­etwa­beim­Fipronil-­Skandal­im Sommer 2017, als sich die Suche nach Ausmaß und Ursache der mit dem Insektizid belasteten Hühner eier über Wochen und Monate hinzog. Mit Hilfe der Block-chain-Technologie­hätte­der­Lebensmittel­skandal­wesent-lich­schneller­aufgearbeitet­werden­­können,­wie­ein­­Experiment­eines­US-Handelsriesen­vor­­einigen­Mona-ten­zeigte.­Dabei­ging­es­um­die­Rückverfolgbarkeit­von­­Mangos­im­Falle­eines­Skandals.­Das­­Ergebnis­:­Mit­­Hilfe­einer­Blockchain-Kennzeichnung­­dauerte­es­zwei­­Sekunden,­die­Lieferkette­von­zwei­Mangos­bis­zur­Farm­im­südlichen­Mexiko­zurückzuverfolgen­–­ein­Test­zuvor­hatte hingegen 6 Tage, 18 Stunden und 26 Minuten gedauert.

Ein digitales Hauptbuch

Die­Blockchain­kann­buchhalterisch­mit­einem­­digitalen­Hauptbuch­verglichen­werden,­in­dem­Informationen­wie­Produktmerkmale,­Transaktionen­und­Bearbeitungs-methoden­chronologisch­in­Datenblöcken­erfasst­­werden.­Mittels­kryptographischer­Verfahren­werden­diese­Daten-blöcke­miteinander­verkettet,­wodurch­sich­eine­auf-einander aufbauende, permanente und unveränderliche Aufzeichnung­aller­Informationen­ergibt.­Dabei­besitzt­der­jeweils­letzte­Datenblock­eine­direkte­Verknüpfung­(­„Hash“­)­zum­vorhergehenden­Block­–­die­Aneinander-reihung­der­Blöcke­ergibt­somit­die­Blockchain­bzw.­das­gesamte­Hauptbuch.­Die­Besonderheit­der­Blockchain­liegt darin, dass identische Kopien des digitalen Haupt-buches dezentral bei allen Teilnehmern eines Block-chain-Netzwerkes­(­Produzenten,­Zwischenhändler,­­Kunden­…­)­vorliegen.­Zudem­kann­die­Blockchain­mittels­sogenannter­„Smart­Contracts“­automatisierte­Aktionen­

bei­Eintritt­einer­vordefinierten­Bedingungen­ausführen,­z.­B.­die­elektronische­Anweisung­einer­Zahlung.­

Vom Acker bis auf den Teller

Praktisch ermöglicht die Blockchain eine vollständige Produkttransparenz entlang der gesamten Wertschöp-fungskette, vom Hersteller über verarbeitende Betriebe zum­Groß-­und­Einzelhändler­bis­zum­Kunden­(­„from­farm­to­fork“­).­Neben­dem­Warenfluss­lassen­sich­Informatio-nen­wie­Produktions-­und­Verarbeitungsschritte­oder­­Veränderungen­des­Produktes­dokumentieren.­Die­Rück-verfolgbarkeit ist in sämtlichen Bereichen möglich, von Obst­und­Gemüse­bis­zu­Wein­und­Diamanten.­Die­Block-chain­ermöglicht­auch­gänzlich­neue­Anwendungs­felder,­so­im­Zusammenhang­mit­der­Nutzung­und­Vergütung­immaterieller Wirtschaftsgüter. Künstler haben heute bereits die Möglichkeit, ihre digitalen Werke ( Fotos, Musik, Designs­etc.­)­zu­schützen­sowie­deren­Nutzung­und­­Verteilung­zu­kontrollieren.­Ebenso­lassen­sich­Nutzungs-entgelte­in­Form­von­Echtzeit-Lizenzen­für­die­Verwen-dung der eigenen Werke erheben.

Die­Blockchain-Technologie­revolutioniert­die­ Konsumgüterindustrie. Sie schafft Transparenz und­Vertrauen,­führt­aber­auch­zu­Disruption.

Mehr als GeldCONSUMER

PRODUCTS & RETAIL

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Ihre Ansprechpartner

Dr. Dirk Brüninghaus dirk.brueninghaus @de.ey.com

Jumbo Cheng [email protected]

Jonas Jünger [email protected]

Die Digitalisierung ermöglicht es, eine Vielzahl von Dienstleistungen über das Auto zu empfangen. Welche umsatzsteuerlichen Konsequenzen bringt diese Ent-wicklung mit sich ?

Habla :­Die­umsatzsteuerliche­Herausforderung­beginnt­damit,­dass­der­Vertriebsweg­der­auf­elektronischem­Weg­erbrachten­Dienstleistungen­häufig­nicht­mit­dem­für­die­Fahrzeuge­übereinstimmt.­Beim­Verkauf­dieser­Dienstleis-tungen­über­die­Grenze­muss­der­Hersteller­die­Umsatz-steuer­nach­dem­Wohnort­des­Kunden­berechnen.­Die­Finanzverwaltung­in­der­EU­hat­dafür­das­„Mini-One-Stop-Shop“-Verfahren­vorgesehen,­welches­einem­Unter-nehmen­ermöglicht,­für­Privatkunden­im­EU-Ausland­die­Umsatzsteuer­seines­Heimatlandes­zu­entrichten.­Dies­ist natürlich sehr hilfreich und ermöglicht den grenzüber-schreitenden­Verkauf,­ohne­im­Ausland­umsatzsteuer-lichen­Registrierungs-­und­Meldeverpflichtungen­nach-kommen­zu­müssen.­Das­setzt­aber­die­Erhebung­einer­Reihe­von­Daten­voraus,­damit­die­Finanzverwaltung­die­erklärten Umsätze prüfen kann.

Was ist außerhalb der EU zu beachten ?

Habla :­Für­Verkäufe­an­Kunden­beispielsweise­in­der­Schweiz,­Russland,­Norwegen­oder­der­Türkei­gelten­kei-ne­einheitlichen­Regelungen.­Aus­deutscher­Sicht­befin-det­sich­zwar­auch­hier­der­Leistungsort­am­Wohnort­des­Kunden. Wie dort zu verfahren ist, unterscheidet sich dann­aber­von­Land­zu­Land.­Dabei­sind­die­jeweiligen­Vorgaben­für­die­dortigen,­in­Landessprache­abzugeben-den­Umsatzsteuererklärungen,­die­Rechnungstellung­und­anderweitige­formale­Vorgaben­zu­beachten.­Soweit­in­diesen­Ländern­Tochtergesellschaften­vorhanden­sind,­kann­es­sich­deshalb­der­Einfachheit­halber­anbieten,­über­sie­diese­Leistungen­zu­erbringen.

Direktes Bezahlen

Die­Vergütung­könnte­dabei­mittels­des­wohl­bekanntes-ten­Anwendungsbereichs­der­Blockchain,­nämlich­Krypto-währungen,­erfolgen.­Diese­ermöglichen­eine­nachweis-bare­direkte­Zahlung­zwischen­zwei­Trans­aktionspartnern,­die­zu­jeder­Zeit­und­von­überall­auf­der­Welt­­erfolgen­kann.­Der­wesentliche­Vorteil­bei­Zahlungen­­mittels­Krypto­währungen­liegt­im­Wegfall­nahezu­­sämtlicher­Transaktionskosten,­da­übliche­Gebühren­in­Höhe­von­einem­bis­drei­Prozent­an­Intermediäre­wie­Online-­Zahlungsdienstleister­oder­Kreditkartenfirmen­zu­einem­erheblichen Teil sinken oder ganz entfallen.

Schöpferische Zerstörung

Jede­Erfindung­kann­dramatische­Folgen­haben.­Auch­in­der­Konsumgüterindustrie­bestehen­Chancen­und­­Risiken­einer­schöpferischen­Zerstörung­durch­den­Einsatz­von­Blockchain-Technologien.­Betroffene­einer­möglichen­­Disruption­könnten­im­intermediären­Bereich­beispiels-weise­sein­:­• Prüfinstitute,­die­ausgewiesene­Produkteigenschaften­

und­-merkmale­zertifizieren­;• Zahlungsabwickler,­die­eine­Zahlung­von­Geld­gegen­

Lieferung­einer­Leistung­garantieren­;­• Handelsplattformen,­Zwischenhändler­und­­Vertreter,­

die­beim­„Auffinden“­geeigneter­Produkte­und­­Lösungen­unterstützen.

Zwar­lässt­sich­das­ganze­Ausmaß­von­konkreten­Block-chain-basierten­Anwendungen­noch­nicht­überblicken.­Doch­deuten­die­bereits­vorhandenen­innovativen­Lösun-gen­verschiedener­Start-ups­sowie­die­signifikant­zuneh-mende Anzahl an Patentanmeldungen auf ein breites Anwendungsfeld.­Fast­jedes­Unternehmen­dürfte­folglich­von­der­Blockchain-Revolution­betroffen­sein­–­und­­könnte­von­ihr­auch­überrollt­zu­werden.­

Der­Vertrieb­von­auf­elektro-nischem Weg erbrachten Dienstleistungen­rund­um­das­Auto ist eine umsatz steuerliche Herausforderung, erklärt Janina Habla, Senior Manager Indirect­Tax.­

Smartphone auf Rädern

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Oft loggen sich die Kunden aber auf einer Website ein und bestellen dort die gewünschten Leistungen.

Habla :­Das­stimmt,­vielfach­werden­die­Fahrzeuge­ab­Werk­nur­mit­der­notwendigen­Hardware­ausgestattet,­die­es­den­Kunden­erlaubt,­später­diverse­Dienstleistun-gen­über­das­Internet­in­Anspruch­zu­nehmen.­Zollrecht-lich­wird­sich­mitunter­die­Frage­stellen,­ob­die­Bemes-sungsgrundlage eines Fahrzeugs, für das der Importeur einen­bestimmten­Preis­entrichtet,­von­den­im­Nachgang­zu­zahlenden­laufenden­Nutzungsentgelten­für­die­auf­elektronischem­Weg­erbrachten­Dienstleistungen­wirklich­unberührt­bleibt.­Ein­Fahrzeug,­das­mit­einem­bestimm-ten­Dienstleistungsspektrum­ausgestattet­ist,­wird­sicher-lich mehr kosten als ein Fahrzeug ohne diese Ausstattung. Inwiefern­diese­Dienstleistungskomponente­für­zollrecht-liche­Zwecke­aus­der­Bemessungsgrundlage­herauszu-rechnen­ist­bzw.­unberücksichtigt­bleiben­kann,­muss­gesondert­geprüft­werden.­Je­verwobener­das­Komplett-angebot,­desto­schwieriger­dürfte­dies­fallen.

Und wenn der Kunde in ein drittes Land fährt ?

Habla :­Dann­kann­es­richtig­kompliziert­werden.­Selbst­wenn­der­anbietende­Unternehmer­bereit­ist,­allen­damit­verbundenen umsatzsteuerlichen Anforderungen in allen Ländern­nachzukommen,­kann­es­bei­einem­einheitlichen­Entgelt­äußerst­schwierig­erscheinen,­für­jedes­­beteiligte­

Land­die­zutreffende­Umsatzsteuer­zu­ermitteln.­Ähn-lich­komplex­kann­es­werden,­wenn­ein­Automobilherstel-ler den Absatz von auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistungen­vor­Ort­subventioniert.­Der­auslän-dische­Händler­erhält­dann­vom­Hersteller­oder­Liefe-ranten­des­Fahrzeugs­eine­Entschädigung,­die­ebenfalls­umsatzsteuer­lich­zu­würdigen­ist.­Insgesamt­zeigt­dies,­dass­die­Digitalisierung­und­Vernetzung­des­Automobils­ganz neue umsatzsteuerliche Herausforderungen schafft.

AUTOMOTIVE

Anzahl der mit dem Internet vernetzten Fahrzeugein Millionen

Quelle : Statista 2017

Westeuropa

6,52011

452011

2102016

482016

Weltweit

Janina Habla­ist­Senior­Manager­Indirect­Tax­ und­beschäftigt­sich­schwerpunktmäßig­mit­ umsatz steuerlichen Fragestellungen im Bereich Automotive­&­Transportation.

[email protected]

Das­Interview­führte­Roland Kaufmann, leitender­Steuerpartner­des­Automotive-Teams­ in­Deutschland,­Österreich­und­der­Schweiz.

[email protected]

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D ie­Gesundheits-­und­Steuer politik sind jede für sich kom-

plexe­Materien.­Noch­kom-plizierter­wird­es,­wenn­beide aufeinander stoßen. So­bei­der­umsatzsteuer-lichen Behandlung von Medikamenten.­Diese­unterliegen­in­Deutsch-land­dem­Regelsatz­von­19 Prozent. Seit 2011 ver-pflichtet­das­Gesetz­über­Rabatte­für­Arznei­mittel­(­abgekürzt­:­AMRabG­)­die­Hersteller medizinischer Produkte, auch den pri-

vaten­Krankenversicherungen­nachträglich­Rabatte­für­gelieferte­Medikamente­einzuräumen.­Gleichwohl­vertritt­die­deutsche­Finanzverwaltung­bislang­die­Auffassung,­dass­nur­die­Rabatte­zugunsten­der­gesetzlichen­Kranken-versicherung­(­GKV­)­den­Hersteller­zu­einer­Umsatzsteu-erminderung berechtigen. Sie stützt dies hauptsächlich auf­die­Meinung,­dass­(­nur­)­die­GKV-Unternehmen­selbst­Empfänger­der­Medikamentenlieferung­seien.

Zwei-Klassen-Behandlung

Wenn­also­der­(­Kassen-­)­Patient­ein­Rezept­in­der­Apo-theke vorlegt, handelt er nach Auffassung des Fiskus für die Krankenkasse, erhält aber unmittelbar das Medika-ment­ausgehändigt.­Ein­Privatpatient­kaufe­dagegen­im­eigenen­Namen­und­auf­eigene­Rechnung­das­Medika-ment ein und mache später bei seiner Krankenversiche-rung­lediglich­einen­Anspruch­auf­finanziellen­Ausgleich­geltend.­Zu­dieser­Problematik­sind­derzeit­beim­Bundes-finanzhof­zwei­Revisionsverfahren­anhängig.­In­einem­der­Fälle­(­XI­R­14/15­)­entschied­die­erste­Instanz,­das­Finanz-gericht­Berlin-Brandenburg­(­13.­Mai­2015,­7­K­7323/13­),­zugunsten­der­Verwaltungsauffassung.­Im­zweiten­Ver-fahren­(­V­R­42/15­)­sprach­sich­das­Finanzgericht­Rhein-land-Pfalz­(­24.­September­2015,­6­K­1251/14­)­zuguns-ten­des­Steuerpflichtigen­aus.­Dieses­Verfahren­führte­nun­zu­einer­Entscheidung­des­Europäischen­Gerichts-hofes, dem der BFH den Fall vorgelegt hatte.

Luxemburger Urteil

Der­EuGH­entschied­kurz­vor­Weihnachten,­dass­den­­privaten­Krankenversicherungen­gewährte­nachträgliche­Rabatte­grundsätzlich­zu­einer­Umsatzsteuerminderung­berechtigen.­Nach­kurzer­summarischer­Prüfung­kamen­die­Luxemburger­Richter­nämlich­zu­dem­Ergebnis,­dass­sie­umsatzsteuerlich­keinen­Unterschied­zwischen­den­beiden­Rabattarten­sehen.­Schon­in­ihrer­Grundsatzent-scheidung­„Elida­Gibbs“­aus­dem­Jahre­1996­hatten­die­Richter­festgestellt,­dass­ein­Rabatt­in­einer­mehrstufigen­Vertriebskette auch dann zu einer Umsatzsteuerminde-rung­berechtigt,­wenn­er­nicht­unmittelbar­dem­Kunden­des­Unternehmens,­sondern­einem­anderen­Glied­in­der­Kette­gewährt­wird.­

Nächste Schritte

Der­Bundesfinanzhof­dürfte­die­beiden­Revisionsverfah-ren­nun­zu­Gunsten­der­Steuerpflichtigen­ent­scheiden.­Alle­Hersteller­von­medizinischen­Produkten­wären­damit­grundsätzlich­rückwirkend­berechtigt,­ent­sprechende­Umsatzsteuerminderungen­aus­den­AMRabG-­Rabatten­geltend­zu­machen.­Der­Fiskus­wird­den­betroffenen­Unternehmen­dann­die­bisher­verweigerten­Umsatz-steuererstattungen­auszahlen­müssen.­Da­­entsprechende­Anträge­bisher­stets­zurückgewiesen­wurden,­erhöhen­sich­die­Erstattungen­um­die­gesetzlichen­Zinsen.­

Verfahrensrechtlich kommt es auf die Bestandskraft der Umsatzsteuerjahreserklärung­an.­Die­allgemeine­Fest-setzungsverjährung­in­Deutschland­beträgt­vier­­Jahre,­immer­bezogen­auf­volle­Kalenderjahre.­Gezählt­wird­die­Frist­mit­Ablauf­des­Jahres,­in­dem­die­Umsatzsteuer-erklärung­eingereicht­wurde,­die­für­2011­regelmäßig­im­Jahr­2012.­Dies­hätte­zur­Folge,­dass­ohne­weitere­Ereig-nisse­wie­zum­Beispiel­den­Beginn­einer­Betriebsprüfung,­einen­Einspruch­oder­einen­Änderungsantrag­die­Fest-setzungsverjährung­für­das­erste­AMRabG-Jahr­bereits­Ende­2016­eingetreten­wäre.

Bei­Nachlässen­für­Arzneimittel­gilt­die­ Umsatzsteuerminderung auch zugunsten privater Krankenversicherungen,­so­der­EuGH.

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Dienstag

20. 2.Automotive

Dienstag

27. 2.IP

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21. 2.CPR

Mittwoch

28. 2.Life­Sciences

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22. 2.Energy

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1. 3.TMT

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Über einen Kamm geschoren

S eit­40­Jahren­unterliegen­Allgemeine­Geschäfts-bedingungen­(AGB­)­in­Deutschland­einer­­strengen­rechtlichen­Prüfung.­Dies­soll­verhindern,­dass­

ein­Vertragspartner­benachteiligt­wird.­Die­weit­reichende­Anwendung­von­AGB-Vorschriften­auch­im­Geschäftsver-kehr­zwischen­Unternehmen­führt­dazu,­dass­sich­hier­manche Sachverhalte nicht mehr individuell regeln lassen. D.­h.,­selbst­wenn­ein­Vertragspartner­eine­abweichende­Regelung­hinnimmt,­kann­er­sich­im­Nachhinein­auf­deren­Unwirksamkeit­berufen.­Zu­den­AGB­zählt­dabei­nicht­nur­das­sogenannte­„Kleingedruckte“,­sondern­die­meisten­Rechtsbeziehungen­fallen­darunter.­Unternehmen­­sollten­deshalb­alle­Vertragstexte,­die­sie­regelmäßig­verwenden,­mit­Blick­auf­das­AGB-Recht­prüfen­und­für­sich­passend­ausgestalten.

Wie­eng­der­Spielraum­im­AGB-Recht­ist,­zeigt­sich­bei-spielsweise,­wenn­beide­Vertragsparteien­die­Haftung­des­Lieferanten­gemäß­dem­Standard-Vertrag­des­Liefe-ranten auf einen bestimmten Betrag begrenzen und der Kunde dadurch einen geringeren Preis zahlen muss. Im Schadensfall könnte sich der Vertragspartner dennoch darauf berufen, dass die vereinbarte Haftungs summe gegen­AGB-Recht­verstößt,­weil­sie­z.­B.­nicht­dem­typi-schen­vorhersehbaren­Schaden­entspricht­(­was­dem­­Vertragspartner­bei­Vertragsschluss­bekannt­war­und­weswegen­die­Parteien­den­günstigeren­Preis­vereinbart­haben­).­Da­der­Abschluss­individualvertraglicher­Verein-barungen­aufgrund­der­strengen­Rechtsprechung­nahe-zu­unmöglich­ist,­ist­guter­Rat­teuer.

Mehr als das Kleingedruckte

Üblicherweise­stellt­man­sich­unter­AGB­das­„Klein-gedruckte“­vor,­also­eine­oder­mehrere­klein­bedruckte­­DIN-A4-Seiten,­die­dem­Vertragsdokument­­beiliegen­und­die­allgemeinen­Regelungen­für­das­Vertrags-verhältnis­–­wie­Angebot­und­Annahme,­Zahlungs-­und­­Leistungsbedingungen,­Haftungsbegrenzung­etc.­–­

­ent­halten.­Das­ist­ein­Irrglaube.­Tatsache­ist,­dass­nahe-zu­alle­standardisierten­Vertragstexte­bzw.­-­rege­lungen­als­AGB­qualifiziert­­werden.­In­§­305­BGB­heißt­es­:­„Allge meine Geschäfts bedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedin­gungen, die eine Vertrags partei ( Verwender ) der anderen Vertrags partei bei Abschluss des Vertrags stellt“.­Nach­der­Rechtsprechung­reicht­es­für­das­Tatbestandsmerk-mal­der­„Vielzahl“­bereits­aus,­wenn­ein­Vertragstext­bzw.­eine­­Vertragsklausel­mehr­als­einmal­verwendet­werden­soll­bzw.­mehr­als­dreimal­verwendet­wird.­Damit­unter-liegen sämtliche Bestellformulare, Auftragsbestätigungen und­die­­meisten­Regelungen­vom­Vertragshändler-­bis­zum­Anteilskaufvertrag­für­ein­Unternehmen,­vom­Miet-­bis­zum­Software­entwicklungsvertrag­der­gesetzlichen­AGB-Kontrolle.­Ausgenommen­sind­nur­Verträge­auf­dem­Gebiet­des­Erb-,­Familien-­und­Gesellschaftsrechts­sowie­Tarifverträge,­Betriebs-­und­Dienstvereinbarungen.

Selbst formulieren

Überaschenderweise­spielt­es­bei­der­Prüfung­der­AGB­keine­bedeutende­Rolle,­ob­sie­gegenüber­­Ver­brauchern­oder­Unternehmern­zum­Einsatz­kommen.­Die­­strenge­Kontrolle­wird­damit­begründet,­dass­der­­Verwender­von­AGB­durch­die­Formulierung­im­Vorteil­­gegenüber­dem­Geschäftspartner­ist,­der­den­Vertrag­zum­­ersten­Mal­sieht­und­darauf­reagieren­muss.­Gleichwohl­soll-ten­Unternehmen­für­ihre­Geschäfts­beziehungen­selbst­AGB­erstellen­(­lassen­),­die­genau­auf­ihre­­Bedürf­nisse­und­Geschäftsabläufe­angepasst­sind­und­dabei­den­recht lichen Spielraum nicht überschreiten. Unbe-stritten­zulässig­sind­etwa­Haftungsbeschrän­kungen­für­­leichte­Fahrlässigkeit­(­soweit­es­sich­nicht­um­die­­Verletzung­sogenannter­Kardinalpflichten­handelt­),­­Verjährungs­verkürzungen,­pauschalierter­Schadens-ersatz­bei­Verzug­oder­im­unternehmerischen­Geschäfts-verkehr­auch­ein­erweiterter­und­verlängerter­Eigen-tumsvorbehalt.

AGB­lauern­überall­und­können­für­Unternehmen­leicht zu­­Stolperfallen­werden.

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Der Begriff Allgemeine Geschäftsbedingungen war 1935 Titel der Habilitationsschrift von Ludwig Raiser. Das gleichnamige Werk von Raiser prägte bis zum Inkrafttreten des AGB-Gesetzes im April 1977 die Prüfung der Wirksamkeit von AGB. 1968 wurde er Rektor der Universität Tübingen.

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Risiken reduzieren

Viele­gängige­Risiken­lassen­sich­auch­in­AGB­erheblich­reduzieren.­So­ist­in­Einkaufs-AGB­bei­Lieferverzug­pro­angefangene Woche eine Vertragsstrafe in Höhe eines bestimmten­Prozentsatzes­des­jeweiligen­Auftragswerts­anerkannt.­Ohne­diese­Regelung­muss­der­Käufer­darle-gen­und­beweisen,­dass­ihm­durch­den­Lieferverzug­über-haupt­ein­Schaden­entstanden­ist.­Das­ist­häufig­schwie-rig,­weil­der­Einkäufer­durch­eigenen­Einsatz­gerade­verhindern­wird,­dass­sich­eine­Lieferverzögerung­auf­sei-ne­Kundenbeziehungen­auswirkt.­Auch­Regelungen,­wer­bei­Versand­das­Risiko­trägt­(­üblicherweise­möglichst­die­andere­Vertragspartei­),­ob­Skonto­gewährt­wird­oder­wann­die­üblichen­Anlieferzeiten­im­Lager­sind,­können­und­sollten­in­den­eigenen­AGB­enthalten­sein,­nicht­nur­um im Streitfall darauf zurückgreifen zu können, sondern auch um den Vertragspartner zu informieren.

Grenzüberschreitender Verkehr

Gerade­im­grenzüberschreitenden­Geschäftsverkehr­spielt­die­Rechtswahl­eine­erhebliche­Rolle.­Gegebenenfalls­ bietet sich die Möglichkeit, durch Vereinbarung ausländi-schen­Rechts­dem­strengen­deutschen­AGB-Regime­zu­entkommen.­Zu­beachten­sind­dann­aber­mögliche­Nach-teile,­welche­die­Anwendung­der­ausländischen­Rechts-

ordnung­mit­sich­bringen­können.­So­kann­es­bei­Liefer-ketten für den deutschen Unternehmer, der Ware aus dem­Ausland­bezieht­und­im­Inland­veräußert,­wichtig­sein,­dass­der­Vertrag­mit­dem­ausländischen­Zulieferer­deutschem­Recht­unterliegt.­Denn­während­ausländische­Rechtsordnungen­häufig­weitgehende­Möglichkeiten­der­Haftungsbeschränkung­auch­in­AGB­vorsehen,­sind­die-se­im­innerdeutschen­Geschäftsverkehr­nur­sehr­limitiert­möglich.­Der­Unternehmer­trägt­dann­das­Risiko­dieser­Haftungsdifferenzen­zwischen­dem­ausländischen­Zulie-ferer und dem deutschen Abnehmer.

Laufende Aktualisierung

Wegen­der­häufigen­rechtlichen­Änderungen­müssen­Unternehmen­ihre­AGB­regelmäßig­überprüfen­und­aktu-alisieren.­Beispielsweise­fasste­der­Gesetzgeber­zum­1.­Oktober­2016­die­Vorschrift­des­§­309­Nr.­13b­BGB­neu,­so­dass­einseitige­Erklärungen­und­Anzeigen­des­Ver-tragspartners­nicht­mehr­von­der­Einhaltung­der­Schrift-form­abhängig­gemacht­werden­dürfen,­sondern­hier-für­die­Textform­genügen­muss­(­vgl.­Tax­&­Law­Magazine­4/2016­).­Zudem­erklären­Gerichte­immer­wieder­übliche­Regelungen­für­unwirksam,­wie­zuletzt­etwa­die­Zahlungs-klausel „Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes an ( … ) “­(­BGH-Urteil­vom­5.­Oktober­2016,­VIII­ZR­222/15­).

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Jörg Leißner [email protected]

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G eschädigte aus identischen Sachverhalten können nach­deutschem­Recht­nur­individuell­klagen.­­Viele­Verbraucher­scheuen­den­Aufwand­und­

das­Risiko,­am­Ende­auf­hohen­Prozesskosten­sitzen­zu­­bleiben.­Deshalb­hat­noch­die­alte­Bundesregierung­einen­Gesetzentwurf­für­Musterfeststellungsklagen­in­Verbrau-cherangelegenheiten auf den Weg gebracht. Klagebefugt sollen­dabei­nur­„qualifizierte­Einrichtungen“­wie­in­der­EU­zugelassene Verbraucherverbände sein, nicht jedoch ein-zelne­Bürger.­Ob­Unternehmen­durch­das­geplante­Gesetz­Klagewellen­und­steigende­Schadensersatzzahlungen­zu­befürchten­haben,­bleibt­abzuwarten.­Zwar­könnten­mit­einer Musterfeststellungsklage zentrale Streitfragen ein-heitlich­entschieden­werden,­allerdings­muss­auch­ein­­Verbraucherverband­zur­Klage­bereit­sein.­Zudem­hätte­das­Gesetz­möglicherweise­auch­aus­Sicht­der­Unterneh-men­etwas­Positives­:­Ein­erfolgreiches­Musterverfahren­kann­eine­Vielzahl­von­Einzelprozessen­ersetzen,­die­auf­Unternehmerseite­Kapazitäten­binden.­Negativ­beschie-dene Musterfeststellungsverfahren können Unternehmen vor­weiteren­Klagen­der­beteiligten­Anmelder­bewahren.

Nicht für Handwerker

Der­Entwurf­ist­nicht­frei­von­Kritik.­So­führt­ein­gewon-nenes Musterfeststellungsverfahren nicht automatisch

dazu,­dass­betroffene­Verbraucher­einen­Rechts­anspruch­auf­Entschädigung­erhalten.­Vielmehr­muss­jeder­Einzel-ne anschließend seine Ansprüche selbst geltend machen und­notfalls­den­Rechtsweg­beschreiten.­Ein­Musterfest-stellungsurteil­kann­ihm­nur­insoweit­helfen,­als­dass­im­Folgeprozess­bestimmte­Tatsachen-­bzw.­Rechts­fragen­schon geklärt sind. Kritisch zu hinterfragen ist auch die Beschränkung­auf­Verbraucher.­Wird­beispiels­weise­in­einem Musterfeststellungsverfahren die Mangel haftigkeit eines manipulierten Fahrzeugs festgestellt, können sich im Folgeprozess nur Personen, die das Fahrzeug über-wiegend­zu­privaten­Zwecken­erworben­haben,­auf­die­Bindungswirkung­berufen.­Der­selbststän­dige­Hand-werksmeister,­der­denselben­Fahrzeugtyp­überwiegend­gewerblich­verwendet,­müsste­in­einem­völlig­­separaten­Prozess erneut die Mangelhaftigkeit darlegen und ­beweisen.

Künstlich niedriger Streitwert

Der­Gesetzentwurf­des­Bundesministeriums­der­Justiz­sieht­vor,­dass­der­Streitwert­einer­Musterfeststellungs-klage­auf­maximal­250.000­Euro­begrenzt­wird.­Bei­die-ser­Höhe­kann­ein­Rechtsanwalt­der­Verbraucherseite­höchstens­6.000­Euro­gesetzliches­Honorar­verlangen.­Das­wird­kaum­ausreichen,­um­ein­komplexes­und­wirt-

schaftlich bedeutendes Verfahren bestmöglich vor-zubereiten­und­durchzuführen.­Die­häufig­wirt-schaftlich­stärkere­Gegenseite­dürfte­dagegen­kaum­an­den­Kosten­für­Anwälte­sparen.

Strengere US-Verfahren

Letztlich­ist­das­geplante­Verfahren­nicht­mit­dem­sogenannten­„Class­Action“­in­den­USA­zu­verglei-chen.­Unter­anderem­wird­es­nach­dem­Gesetz-entwurf­des­Bundesjustizministeriums­kein­„­Pretrial­Discovery“­Ver­fahren­geben,­in­dem­die­gegneri-schen­Parteien­sämtliche­wesentlichen­Informatio-nen­und­Dokumente­zur­Beweisermittlung­offenlegen­müssen.­Die­Möglichkeit­eines­Straf-schadensersatzes­(­„Punitive­Damages“­),­der­in­den­USA­das­Dreifache­des­geschätzten­Schadens­­erreichen­kann,­ist­beim­Musterfeststellungsver-fahren ebenfalls nicht vorgesehen.

Musterfeststellungsverfahren­sollen­auch­in­Deutsch-land­Verbrauchern­leichter­zu­ihrem­Recht­verhelfen.

Klagen für alle

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Tanja Reinhoffer [email protected]

Ein­bedeutender­Teil­der­Wende-Geschichte ist auf dem Areal des jetzigen Bundes-justizminis teriums­geschrieben­worden­:­Seiner zeit befand sich hier das Presseamt der­DDR.­In­der­Pressekonferenz­am­9.­November­1989­erwähnte­der­Sekretär­ für­Informationswesen,­Günter­Schabowski, dass­das­Reisegesetz­auf­der­Sitzung­des­ Zentralkomitees­der­SED­besprochen­und­die­Reisefreiheit­für­DDR-Bürger­beschlos-sen­worden­sei.­Auf­Nachfrage­eines­Korres-pondenten,­ab­wann­das­gelte,­meinte­ Schabowski­lapidar­:­„Sofort,­unverzüglich.“

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N och immer gibt es zahlreiche Unternehmen ohne Compliance­Management­System­(­CMS­).­Dabei­sollte­spätestens­seit­dem­Urteil­des­Land­gerichts­

München­I­aus­dem­Jahr­2013­jedem­Verantwortlichen­klar sein, dass sich die aktive Prävention und Aufarbei-tung­von­unternehmensinternen­Prozessschwächen­lohnt.­Das­Gericht­machte­damals­deutlich,­dass­der­­Vorstand­im­Wege­zivilrechtlicher­Haftung­in­Verantwortung­genom-men­werden­könne,­wenn­kein­funktionierendes­CMS­ eingerichtet ist und sich ein Mitarbeiter des Unterneh-mens­strafbar­macht.­Gedroht­hätten­hohe­Geldbußen­wegen­Aufsichtspflichtverlet­zun­gen­und­möglicher­weise­Strafbarkeit­wegen­Beihilfe.­­Diese­Rechtsauffassung­hat­der Bundesgerichtshof nun in einem Urteil vom 9. Mai 2017 bestätigt und setzt damit zusätzliche Anreize für die ­Einrichtung­eines­CMS.

Strafminderung

Im­vorliegenden­BGH-Fall­hatte­ein­leitender­Angestell-ter eines Handelsunternehmens Schmiergeld zahlungen an­griechische­Regierungsmitglieder­geleistet.­Allerdings­

hatte die Buchhaltung ein eigenes Kontrollsystem auf-gebaut, das der Mitarbeiter über Beraterverträge und eigens­dafür­gegründete­Gesellschaften­umging.­Genau­diese­Sicherheitsmaßnahme­der­Buchhaltung­würdig-te­der­BGH,­nachdem­zuvor­das­Landgericht­München­I­unter anderem gegenüber dem Handelsunternehmen eine­Geldbuße­von­175.000­Euro­nach­§­30­OWiG­ver-hängt­hatte.­Die­BGH-Richter­verwiesen­den­Fall­mit­der­Maßgabe­an­die­untere­Instanz­zurück,­zu­prüfen,­inwie-weit­das­Unternehmen­seiner­Pflicht­genügte,­ein­ange-messenes­CMS­zu­implementieren­und­es­in­Folge­von­Verstößen­weiterzuentwickeln.­Im­besten­Fall­könnte­das­Unternehmen­deshalb­einer­Geldbuße­vollständig­ent-gehen.­Ein­entsprechendes­Urteil­steht­noch­aus.

Best Practice

Ein­risikobasiertes­CMS­hängt­vom­Einzelfall­ab,­so­dass­es keinen Katalog mustergültiger Maßnahmen gibt. Für die Bestimmung der Angemessenheit gibt es jedoch ­Rahmenbedingungen­und­bewährte­Praktiken,­auf­die­sich­zurückgreifen­lässt.­Richtlinien­und­unternehmens-

Der­Bundesgerichtshof­würdigt­ein­angemessenes­­Compliance­Management­System.

Compliance zahlt sich aus !

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D urchsuchungen können jedes Unternehmen ­treffen.­Wenn­die­Steuer-­und­Zollfahndung,­die­Staatsanwaltschaft,­die­Finanzkontrolle­Schwarz-

arbeit oder das Bundeskartellamt an die Tür klopft, geht selbst­bei­erfahrenen­Vorständen­und­Geschäftsführern­der­Puls­in­die­Höhe.­Oft­profitieren­die­Ermittler­vom­Überraschungseffekt.­Geschäftsleiter­und­Manager­bege-hen­häufig­den­Fehler,­von­ihrem­umfassenden­straf-prozessualen­Schweigerecht­keinen­Gebrauch­zu­machen.­Doch­egal,­was­in­einer­solchen­Situation­spontan­vor-getragen­wird,­es­führt­fast­nie­dazu,­dass­die­Durchsu-chung­sofort­beendet­wird.­Jeder­Betroffene­sollte­sich­vor Augen führen, dass sich seine Äußerungen zum Sach-verhalt­später­in­protokollierter­Form­in­der­Ermittlungs-akte­finden.­So­gesehen­werden­Strafverfahren­in­den­ersten­zehn­Minuten­einer­Durchsuchung­selten­gewon-nen,­aber­aus­der­Perspektive­des­Beschuldigten­wesent-lich­häufiger­verloren.

Goldene Regeln

Unternehmen­können­die­mit­einer­Durchsuchung­ver-bundenen­Risiken­bereits­mit­vergleichsweise­ein­fachen­Mitteln deutlich verringern. Unabhängig davon, ob sich das­Verfahren­gegen­einen­Beschuldigten­oder­­Zeugen­richtet, sollten Betroffene in jedem Fall drei goldene Regeln­beachten­:

• Bleiben Sie ruhig und verhalten Sie sich freundlich gegenüber­den­Ermittlern.

• Machen­Sie­keine­Angaben­zum­Tatvorwurf.• Verständigen­Sie­unverzüglich­einen­Rechtsbeistand.

Darüber­hinaus­gibt­es­ausführliche­Checklisten,­mit­denen Unternehmen zum Beispiel die rechtliche Prüfung eines­Durchsuchungs-­und­Beschlagnahmebeschlusses­durchführen­können.­Diese­richten­sich­jedoch­primär­an­die­hier­zuständigen­Mitarbeiter­der­Rechtsabteilung­oder­den­General­Counsel­eines­Unternehmens.

Notfallpläne

Für­die­Bewältigung­von­möglichen­Durchsuchungen,­ins-besondere in den operativen Bereichen, sollten Unterneh-men­Notfallpläne­in­der­Schublade­haben.­Diese­enthalten­

interne Verhaltenscodizes bilden dabei einen Ansatz-punkt­:­Offene­Kommunikation­und­das­Vorleben­durch­Führungspersonen­können­helfen,­Compliance­in­der­Unternehmenskultur­zu­verankern.­Daneben­geben­regel-mäßige­Schulungen­sowie­eine­Kombination­aus­fort-laufender­Überwachung­und­rückwirkender­Über­prüfung­(­stichprobenartig­oder­wegen­Verdachtsmomenten­)­­Hinweise­auf­die­Qualität­eines­CMS.­Diese­Elemente­ent-sprechen im Kern dem Prüfungsstandard 980 des Insti-tuts­der­Wirtschaftsprüfer,­um­ein­CMS­im­Hinblick­auf­Konzep tion, Angemessenheit und Wirksamkeit objektiv zu überprüfen.­Nach­IDW­PS­980­sollen­Compliance-Kultur,­-Ziele­und­-Risiken­in­einem­Programm­verbunden­werden,­das­die­Organisation,­Kommunikation­und­Überwachung­bzw.­Verbesserung­der­Compliance­ermöglicht.

Vertrauen ist gut, …

In­der­Compliance­ergibt­sich­ein­Schnittmengen­problem­zwischen­Vertrauen­in­die­Mitarbeiter­und­gebotenem­Misstrauen.­Während­die­Frage­des­„Ob“­zum­CMS­sich­längst­nicht­mehr­stellt,­sind­das­„Wie“­und­die­Frage­nach­der­Ausgestaltung,­Überwachung­und­Entwicklung­die­anspruchsvolleren­Aufgaben.­Während­ersteres­der­Orga-nisationsverantwortung­der­Unternehmensführung­zuzu-ordnen ist, ist letzteres eine delegationsfähige Aufgabe.

Neben­der­Milderung­der­wirtschaftlichen­Folgen­eines­Compliance-Verstoßes­könnte­diese­neue­Linie­der­Recht-sprechung­auch­potenzielle­Schäden­am­Ruf­des­Unter-nehmens­mindern­:­Waren­die­Bemühungen,­den­Rechts-verstoß zu verhindern und aufzuklären, angemessen, so schlägt der Verstoß einzelner Mitarbeiter nicht in voller Härte auf die Unternehmensleitung durch.

Für den plötzlichen Besuch von Steuerfahndern oder Staatsanwälten­sollte­sich­jedes­Unternehmen­wappnen.

Die ersten zehn Minuten

Ihre Ansprechpartner

Jan Schulz [email protected]

Tobias Alexander Keeve [email protected]

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typischerweise­Anweisungen­für­das­Empfangs­personal,­eine Benachrichtigungskette innerhalb des Unterneh-mens­sowie­zentrale­Ansprechpartner­und­ihre­Vertreter,­die­Kontaktdaten­externer­Rechtsbeistände,­Anweisungen­für­die­Dokumentation­der­Vorgänge­sowie­Presse-­und­Kommunikationsfragen. Für jeden relevanten Standort ist ein­externer­Rechtsbeistand­zu­benennen,­der­innerhalb­von­30­Minuten­bis­maximal­einer­Stunde­vor­Ort­sein­kann.­Die­Belastbarkeit­ihrer­Notfallpläne­können­Unter-nehmen­–­ähnlich­einer­Feuerschutzübung­–­durch­eine­von­Rechtsanwälten­simulierte­Durchsuchung­(­„Mock­Dawn­Raid“­)­überprüfen.

Der­aktive­Umgang­mit­dem­Risikofeld­Durchsuchung­ist­im­Übrigen­keineswegs­heikel­oder­gar­geeignet,­ein­Unternehmen­in­ein­schlechtes­Licht­zu­rücken.­Zum­einen­kann­jedes­Unternehmen­allein­schon­als­Zeuge­von­einer­Durchsuchung­betroffen­sein,­wenn­gegen­einen­Geschäftspartner­strafrechtlich­ermittelt­wird.­Zum­ande-ren­liegt­der­Sinn­und­Zweck­von­Notfallplänen­schlicht­darin,­als­notwendige­Compliance-Maßnahme­für­einen­geordneten­Ablauf­von­Durchsuchungen­zu­sorgen­und­die­strafprozessualen­Rechte­der­Beteiligten­zu­wahren.­Vor­diesem­Hintergrund­finden­sich­auch­häufig­Rege-lungen­zu­diesem­Thema­in­(­steuerlichen­)­Compliance­Management-Systemen.

Ihr Ansprechpartner

Dr. Marcus Geuenich marcus.geuenich @de.ey.com

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2013 2.051,1

2012 3.079,62011 2.228,6

Steuerfahndung im AufwindFestgestellte Mehrsteuern durch die Steuerfahndung­in­Deutschland,­ Angaben­in­Millionen­Euro

Quelle : Bundesministerium der Finanzen, 2017

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Wenn­einer­eine­Reise­tut­…­dann­sollte­er­darauf­achten,­den­richtigen­Adapter­für­sein­ Ladegerät­einzupacken.­Die­unterschiedlichen­Steckdosen­in­den­einzelnen­Ländern­führen­ uns­vor­Augen,­wie­wichtig­Normen­sind.

Vor­100­Jahren­gründete­das­Königliche­Fabrikationsbüro­für­Artillerie­(­Fabo-A­)­den­Normen­ausschuss­der­deutschen­Industrie,­der­später­in­das­Deutsche­Institut­für­Normung­mündete.­Rund­34.000­Normen­sind­seither­für­sämtliche­Lebensbereiche­entstanden, vom­Baby­schnuller­über­die­Leiter­und­Schraube­bis­zur­Zahnbürste.­Den­gesamtwirtschaft-lichen­Nutzen­der­Normung­beziffert­die­Technische­Universität­Berlin­allein­in­Deutschland­auf­ungefähr­17­Milliarden­Euro­jährlich.

Normen­bedeuten­Vereinheitlichung­und­vereinfachen­Wirtschaft,­Handel­und­Verbrauchern­das­Leben.­Das­gescheiterte­transatlantische­Freihandelsabkommen­TTIP­sollte­übrigens­ auch­helfen,­durch­die­Anerkennung­von­jeweils­anderen­Normen­den­Handel­zu­erleichtern­und­Kosten­einzusparen.­Ein­weiterer­Vorteil­:­Die­Sicherheit­von­Produkten­steigt­durch­ das­Einhalten­von­Standards.

Ordnung muss sein – 100 Jahre DIN

Die Welt ohne international abgestimmte Normung : Ein Steckverbinder kommt selten allein

Ende­des­19.­Jahrhunderts,­als­die­Haus­halte­ an­die­Elektrizität­angeschlossen­wurden,­waren­weder­die­Menschen­noch­die­Geräte­mobil.­Es­ gab keine Ver anlassung einen inter nationalen Standard­umzusetzen.­Hier­eine­Übersicht­der­weltweit­eingesetzten­Steckertypen­und­einiger­Länder,­in­denen­sie­zum­Einsatz­kommen­:

Typ C

Typ F

Typ A

Typ B

Typ I

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Nummer 1Zehn­Wochen­nach­Gründung­veröffentlich-te­das­DIN­–­damals­noch­unter­dem­Namen­Normenausschuss­der­deutschen­­Industrie­–­die­DI-Norm­1.­Darin­waren­die­Maße­von­Kegelstiften festgelegt. Kegelstifte sind konische Verbindungselemente, die in ent-sprechende Bohrungen passen, um Maschi-nenteile­(­in­wieder­lösbaren­Verbindungen­)­zusammenzuhalten.

DIN A4Jeder­kennt­DIN­A4.­Die­Norm­sorgt­unter anderem dafür, dass Papier in jeden­Hefter,­Drucker­oder­Kopie-rer­passt.­Die­Papierformate­wurden­bereits im Jahr 1922 festgelegt.

Typ HTyp E

Typ L

Typ K

Typ J

Typ M

Typ N

Typ D Typ G

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Die Tage des HerrnManchmal­müssen­sich­die­Normierer­korrigieren.­Im­Jahr­1943­legten­sie­fest­:­„Eine­Woche­beginnt­am­Sonntag­0­h.“­Damit­befand­sich­Deutschland­aber­im­Widerspruch­zu­vie-len­anderen­Ländern,­in­denen­der­Sonntag­seit­jeher­zum­Wochenende­gehört.­1976­trat­eine­Änderung­der­DIN­1355­in Kraft, seitdem beginnt die genormte Woche hierzulande auch montags.

1.Jeder kann einen Normungs antrag stellen

Der­zuständige­Ausschuss­prüft­den Bedarf in der Branche

3.Die Öffentlichkeit kommentiert den Norm-Entwurf

Anhand der Kommentare überarbeiten­alle­am­Norm-Projekt­beteiligten­den­Entwurf

4.DIN veröffentlicht die fertige DIN-Norm …

… und überprüft sie spätestens alle fünf Jahre

Wie entsteht eine Norm ?

GrillenDie­Deutschen­grillen­immer­mehr­–­natürlich­nach­DIN.­So muss ein klappbares Gestell­arretierbar­sein.­Der­Abstand der Grillstäbe­darf­maximal­20­Millimeter­betra-gen,­damit­kein­Würstchen­durchfällt.­Genormte­Grill-kohle­enthält­weder­Pech­noch­fossile­Kohlearten,­Erdöl,­Koks oder Kunststoffe.

2.Im Norm-Projekt erarbeiten alle Interessensgruppen die Inhalte der Norm im Konsens

Insgesamt­32.000­Experten­aus Wirtschaft, Forschung, Politik und von Verbraucherseite unterstützen dabei

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ZahnborstenDie­Büschel­einer­Zahnbürste sollen mindesten einer Kraft von 15­Newton­widerstehen,­damit­sie­im­Bürstenkopf­bleiben­und­nicht­verschluckt­werden.­In­der­Praxis­funktioniert­das­gut.­Bevor Borsten ausfallen, sind sie so verbogen, dass man lieber zu­einer­neuen­Zahnbürste­greift.

ISOISO-Normen­sind­weltweit­gültig­und­werden­von­der­„Inter-national­Organization­for­Standardization“­herausgegeben.­Die­in­Genf­ansässige­Organisation­wurde­von­den­nationalen­Norm-Instituten­ins­Leben­gerufen,­um­weltweit­eine­einheit-liche­Normung­zu­schaffen.

EN-NormenEN-Normen­werden­vom­Europäischen­Komitee­für­Normung­(­CEN­=­Comité­Européen­de­Normalisation­)­erarbeitet.­Sie­gelten­EU-weit­und­sollen­zur­Vollendung­des­Binnenmarktes­beitragen. Alle Mitgliedstaaten müssen ihre national gültigen Normen­einheitlich­in­EN-Normen­überführen.

DIN–ISO–Normen

DIN-ISO-Normen­sind­von­der­Internatio-nalen­Normungsorganisation­ISO­auf-gestellte­Normen,­die­direkt­als­deutsche­Normen­übernommen­wurden.

DIN–EN–Normen

DIN-EN-Normen­sind­von­der­europäischen­Normungsorganisation­CEN­erarbeitete­Normen,­die­als­deutsche­Normen­über-nommen­wurden.

DIN–EN–ISO–Normen

DIN-EN-ISO-Normen­sind­von­der­Interna-tionalen­Normungsorganisation­ISO­aufge-stellte­Normen,­die­zuerst­als­europäische­und­schließlich­als­deutsche­Normen­über-nommen­wurden.

ContainerSie­sind­unverzichtbar­für­den­Welthandel.­Die­Module­sind­in­ihren­Maßen­und­Gewichten­festgelegt.­Damit­sich­bis­zu­neun­Reihen­übereinander stapeln lassen, sind entsprechende Anforderungen an ihre­Festigkeit­definiert.­An­den­Container-Umschlaghäfen­sorgen­genormte­Eckbeschläge­dafür,­dass­Transportvorrichtungen­leicht­zu­befestigen­sind.­Ein­Erfolg­der­international­abgestimmten­Norm.

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Mein Mumbai

Mumbai ( ehemals Bombay ) ist eine pulsierende Stadt­am­arabischen­Meer­mit­schätzungs­weise­18­bis­20­Millionen­Einwohnern,­möglicher­weise­

auch­einigen­Millionen­mehr.­Das­wirtschaftliche­Zentrum­Indiens zieht täglich Tausende von Arbeitern aus dem Umland an.

Hier­befindet­sich­die­älteste­Börse­Asiens,­hier­sitzen­die­größten indischen Mischkonzerne und viele ausländische Firmen.­EY­residiert­im­Westen­im­gläsernen­ 1 Ruby Tower.­Die­frische­Seeluft­und­das­tropische­Klima­mach-ten­mir­die­Entscheidung­leicht,­für­EY­hierher­zu­ziehen.

Von­EY­ist­es­nicht­weit­zur­Uferpromenade,­dem­­Marine­Drive.­Wegen­ihrer­vielen­Lichter­wird­sie­auch­Queens­Necklace­genannt.­Sie­erstreckt­sich­bis­zum­Fuß­des­­Malabar­Hills,­Mumbais­Nobel-Wohnviertel­mit­den­­Hanging­Gardens.­Hier­leben­viele­der­reichsten­indischen­Familien, und die Kaufpreise von Apartments erreichen astronomische Höhen.

Wir­passieren­einen­der­ältesten­Shiva-Tempel­der­Stadt,­den 2 Babulnath-Tempel­und­laufen­zum­Breach­­Candy­Club.­Eine­grüne­Oase­mit­einem­gigantischen­Swimming-­Pool,­der­die­Form­Indiens­hat.­Von­dort­erreichen­wir­bald die Hadji Ali Moschee, die malerisch auf einem Felsen in der Arabischen See liegt.

Anschließend­flanieren­wir,­wie­viele­Einheimische­und­Touristen, auf der Seepromenade Worli Sea Face und genießen­die­Seeluft.­Über­die­längste­Brücke­Indiens­3 Rajiv Gandhi­gelangen­wir­zum­Trendviertel­­Bandra.­

Hier fasziniert mich die kulinarische Vielfalt. Täglich ­eröffnen­neue­Restaurants,­die­mit­denen­in­den­anderen­großen Metropolen auf der Welt mithalten können. Wer die traditionelle indische Küche mag, dem empfehle ich das­Restaurant­Khyber.­Mit­seinem­außergewöhnlichen­Ambiente­ist­jeder­Besuch­ein­Erlebnis.­

Im­Süden­der­Stadt­sollten­Sie­die­Altstadt­Colaba­besich-tigen.­Hier­befindet­sich­das­legendäre­ 4 Taj Mahal Palace Hotel, wo­Sie­den­High­Tea­mit­Blick­aufs­Meer­einnehmen­können.­Direkt­dahinter­liegt­das­ 5 Gateway of India,­das­Wahrzeichen­von­Mumbai.­Es­wurde­1911­zur­Erinnerung­an­den­Besuch­von­King­George­V­errich-tet.­Von­hier­fahren­die­Boote­nach­Elephanta­Island.­Dort­ist­in­Höhlen,­die­zum­Weltkulturerbe­gehören,­hindu-istische Bildhauerkunst aus dem achten Jahrhundert zu bewundern.

Nicht­weit­vom­Bootsanleger­beginnt­der­Colaba­Cause-way­mit­unzähligen­Straßenhändlern,­Geschäften­und­Restaurants.­Nach­dem­bunten­Treiben­gehen­wir­durch­den­Oval­Maidan­Park­zum­wunderschönen,­im­viktoriani-schen Stil erbauten Hauptbahnhof, dem 6 Chhatrapati Shivaji Terminus.­Er­gehört­ebenfalls­zum­Weltkultur­erbe­und ist mit täglich fast drei Millionen Passagieren einer der geschäftigsten der Welt.

In­der­Nähe­liegt­der­ 7 Crawford Market,­Mumbais­exo-tische­Großmarkthalle.­Hier­geht­es­turbulent­zu,­wenn­die­Händler­ihre­Obst-­und­Gemüsewaren­abholen­oder­um­den­Preis­für­Gewürze­feilschen.­Eine­weitere­Attrak-tion­ist­der­Chor­Basar,­der­Diebesmarkt,­auf­dem­früher­gestohlene­Waren­verkauft­wurden.­Heute­ist­er­einer­der­größten Flohmärkte Indiens. Hier kann man alte indische Handwerkskunst­zu­Schnäppchenpreisen­ergattern.

Im­Norden­liegen­die­Studios­von­Bollywood,­wo­die­­weltweit­meisten­Filme­produziert­werden.­Dort­können­Sie live bei Aufnahmen dabei sein und hinter den Kulissen hautnah­erleben,­wie­an­den­Sets­gearbeitet­wird.

Außergewöhnlich­ist­in­Mumbai­auch­die­indische­Gegen-wartskunst.­Sie­ist­vielfältig,­hintergründig,­spirituell­und­an­der­Spitze­bei­den­Trendscouts­in­der­Kunstwelt.­Eine­Vernissage sollten Sie auf jeden Fall einplanen.

Hermann MühleckExecutive­Director

hermann.muehleck @de.ey.com

• Hermann Mühleck ist Steuerberater und Wirt-schaftsprüfer in unserem Bereich Financial Accoun-ting Advisory Services. Zudem­­leitet­er­das­India­Business­Network­in­­Deutschland,­Österreich­und­der­Schweiz.

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Impressum

Herausgeber Ernst­&­Young­GmbH­ Wirtschaftsprüfungs gesellschaft Ernst­&­Young­Law­GmbH­Rechtsanwalts-gesellschaft Steuerberatungs gesellschaft

Flughafenstraße 61, 70629 Stuttgart

T +49 711 9881 15572 [email protected]

Redaktion Ute­Benzel,­Martina­Ortmann-Babel, Hermann­Ottmar­Gauß,­Nico­Schönberg

Neben den bei den Artikeln genannten Autoren wirkten u. a. folgende Kollegen an dieser Ausgabe mit : Verona Franke, Sophia Schuhmann, Lisa Stenkamp

Gestaltung Fuenfwerken­Design­AG,­Wiesbaden­/­Berlin

Druck Druck-­und­Verlagshaus­Zarbock GmbH­&­Co.­KG,­Frankfurt­(­Main­)

Das nächste Tax & Law Magazine erscheint im April 2018

Kiosk

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Publikationen

Bolik, Andreas Kummer, Sabrina Ertragzuschuss in Organschaft

– Grundsatzurteil zu steuer­lichen Ausgleichsposten / NWB­44­/­2017,­S.­3342

Dietsch, DavidUmsatzsteuerpflicht von kos­tenlosen sozialen Netzwerken / MwStR­2017,­S.­868

Greif, Stefan Umsatzsteuerliche Behand­lung von Provisionen einer Kur beraterin / Umsatzsteuer direkt­digital,­Nr.­17

Kämpfer, Nils Praxis­Leitfaden zur Bilanzie­rung von Ertrag steuern bei Unsicherheiten nach IFRIC 23 / IRZ­2017,­S.­453

Käshammer, Daniel Schrickel, AnnetteIndustrie 4.0 in der Steuer­abteilung / Berater-Magazin­10/­2017

Prätzler, Robert Naht das Ende der Sollbesteu e­rung ? / BB 2017, Heft 41, I

Prätzler, Robert Aktuelle Bestandsaufnahme zur Option zur Umsatzsteuer­pflicht / MwStR­2017,­S.­740

Prätzler, Robert Stuber, Jürgen Praxisfragen in Zusammen­hang mit dem Vorsteuerabzug aus Online­Tickets­/­UR­2017,­S. 710

Reinig, Jochen Fit für die digitale Betriebs­prüfung / Personalwirtschaft­10/­2017

Bei Interesse an zusätzlichen Informationen oder der Zusendung einer der gelisteten Veröffentlichungen kontaktieren Sie uns gerne per E­Mail an [email protected].

Nach der WahlSteuerpolitik für den Standort Deutschland

Steuer Check-up 2018Zur­Jahreswende­ist­der­neue­Steuer­Check-up­von­EY­erschienen.­Das­rund­200­Seiten­starke­Werk­gibt­einen­komprimierten­Überblick­über­alle­wich­tigen­steuerlichen­Änderungen­des­Jahres­2017­in­Gesetz-gebung,­Rechtsprechung­und­Finanzverwaltung­und­gewährt­einen­Ausblick­auf­die­Steueränderungen­des Jahres 2018.

50 Jahre MehrwertsteuerVom Mauerblümchen zum­Global­Player

Die US-Steuerreformund­ihre­Folgen­für­Unter-nehmen­in­Deutschland

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