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Holonische Multiagentensimulation Proposal zur Diplomarbeit Steffen Glückselig Dipl.-Inform. Manuel Fehler Inhaltsverzeichnis Einleitung und Motivation ................................................................................................... 1 Aufgabenstellung ................................................................................................................. 2 Theoretischer Teil ........................................................................................................ 2 Was ist ein Holon? ............................................................................................... 2 Vorteile holonischer Multiagentensysteme .......................................................... 4 Struktur von Holonen ........................................................................................... 5 Bildung von Holonen ........................................................................................... 7 Organisation und Koordination in Holonen ......................................................... 8 Anwendungen von holonischen Multiagentensystemen ...................................... 9 Praktischer Teil ............................................................................................................ 9 Implementierung ................................................................................................ 10 Datenstrukturen .......................................................................................... 10 Verhaltensmodellierung ............................................................................. 13 Visualisierung der Holarchie ..................................................................... 18 Testmodelle ........................................................................................................ 20 Zeitplan .............................................................................................................................. 22 Literaturverzeichnis ........................................................................................................... 22 Einleitung und Motivation Seit Anfang der 1990er Jahre ist neben dem Konzept des Agenten das des Holonen ins Interesse 1

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Holonische MultiagentensimulationProposal zur Diplomarbeit

Steffen Glückselig

Dipl.-Inform. Manuel Fehler

Inhaltsverzeichnis

Einleitung und Motivation ................................................................................................... 1

Aufgabenstellung ................................................................................................................. 2

Theoretischer Teil ........................................................................................................ 2

Was ist ein Holon? ............................................................................................... 2

Vorteile holonischer Multiagentensysteme .......................................................... 4

Struktur von Holonen ........................................................................................... 5

Bildung von Holonen ........................................................................................... 7

Organisation und Koordination in Holonen ......................................................... 8

Anwendungen von holonischen Multiagentensystemen ...................................... 9

Praktischer Teil ............................................................................................................ 9

Implementierung ................................................................................................ 10

Datenstrukturen .......................................................................................... 10

Verhaltensmodellierung ............................................................................. 13

Visualisierung der Holarchie ..................................................................... 18

Testmodelle ........................................................................................................ 20

Zeitplan .............................................................................................................................. 22

Literaturverzeichnis ........................................................................................................... 22

Einleitung und MotivationSeit Anfang der 1990er Jahre ist neben dem Konzept des Agenten das des Holonen ins Interesse

1

der verteilten künstlichen Intelligenz und generell der verteilten Problemlösung gerückt. Der

Begriff 'Holon' wurde bereits 1967 vom ungarischen Autor Arthur Koestler in seinem Buch

"The ghost in the machine" geprägt [Koe67].

Die Arbeit von Gerber, Siekmann und Vierke [HMA99] etablierte das holonische Paradigma im

Bereich der Multiagentensysteme.

Im theoretischen Teil will diese Arbeit (auch) einen Überblick über die bisher auf diesem Gebiet

geleistete Forschung geben.

Um die Unterstützung des Designs und der Entwicklung von Modellen für

Multiagentensimulationen auf Basis des im theoretischen Teils erarbeiteten holonischen

Konzepts im Rahmen der visuellen Multiagentenentwicklungsumgebung SeSAm soll es im

praktischen Teil dieser Arbeit gehen.

Im Weiteren gehe ich auf diese beiden zentralen Aspekte der Diplomarbeit näher ein.

Aufgabenstellung

Theoretischer Teil

Im theoretischen Teil der Diplomarbeit soll es um die Erarbeitung des Holon-Begriffs und

seines Umfelds gehen. Die hier gewonnen Erkenntnisse dienen als Grundlage für die

erfolgreiche Bearbeitung des zweiten Teils dieser Diplomarbeit - dem praktischen Umsetzen.

Was ist ein Holon?

Als Holon bezeichnet man Agenten, die wiederum aus Agenten bestehen. Man spricht von

super- und sub-Holonen. Zwischen dem Holonen und seinen Mitgliedern besteht eine Ganzes-

Teil-Beziehung.

Das Konzept des Holonen soll im Rahmen der Diplomarbeit genauer definiert und anhand von

Beispielen verdeutlicht werden.

Die Vorstellungen, die mit dem Begriff 'Holon' verbunden sind, reichen von einer einfachen

Erhöhung des Abstraktionsgrads, über eher esoterische Anschauungen (vgl. Lovelocks Gaia-

Theorie [LOV00]) bis hin zu einem neuen Konzept der Systemmodellierung wie es z.B. in

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TeleTruck [TT97] Anwendung findet. Dabei erweitern die Eigenschaften des Holonen die eines

traditionellen Agenten. Es werden zusätzlich folgende Eigenschaften vorausgesetzt (cf. Gerber,

Siekmann und Vierke in [HMA99]):

• Streben nach gemeinsamen Ziel der Sub-Holonen eines Super-Holons. Wegen der

Verteiltheit eines MAS sind optimale Gesamtlösungen oft nicht zu finden. Die erhöhte

Flexibilität der Lösung gleicht diesen Nachteil jedoch aus.

• Erhöhte Gruppenfähigkeit, d.h. die Agenten besitzen in ihrer Eigenschaft als Holon mehr

und andere Fähigkeiten als jeder einzelne Agent. Ein einfaches Beispiel ist die Fähigkeit

einer Gruppe von Ameisen eine 'Brücke' zu bauen. Eine Ameise allein könnte den zu

überbrückenden Raum nicht überwinden.

• Beliefs - im holonischen Fall können Inkonsistenzen im Wissen auftreten, die meist nicht

behoben werden können. Man begnügt sich daher meist mit Para-Konsistenz (siehe

[ParLog]).

• Bounded rationality - wie im Falle individueller Agenten soll versucht werden trotz

beschränkter Ressourcen bestmögliche Entscheidungen zu treffen. Im Falle von Sub-

Holonen werden diese Ressourcen oft zusätzlich noch mit anderen Agenten kooperativ oder

im Wettbewerb geteilt.

• Kommunikation ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Konzepts. Je kooperativer Agenten

sind, desto höher ist oft der Kommunikationsaufwand. Im Falle von Holonen beschränkt

sich die Kommunikation der Sub-Holonen meist auf andere Sub-Holonen des selben Holons,

wohingegen der Holon nach außen durch den Holonen-Kopf repräsentiert wird. Der

Holonen-Kopf ist auch der Kommunikationspartner für andere Super-Holonen. Wie jede

Aufgabe kann der Holonen-Kopf auch die Kommunikation nach außen an Sub-Holonen

weitergeben und so Engpässe umgehen bzw. vermeiden.

Ferner werden gebräuchliche Begriffe im holonischen Paradigma (Holarchie, Heterarchie,

extended Contract Net Protocol, Emergenz, Selbstorganisation, bounded rationality) definiert

und erläutert.

Zum Punkt der 'bounded rationality' und dem kompetetiven Fall der Ressourcenverteilung sei

noch erwähnt, dass dieser - trotz der insgesamt kooperativen Natur holonischer Systeme -

durchaus eintreten kann und für das Erreichen einer möglichst optimalen Lösung hilfreich ist.

Als Beispiel stelle man sich ein virtuelles Unternehmen (VU) (siehe "Testmodelle" im

praktischen Teil) vor. Es kann durchaus vorkommen, dass mehrere Sub-Unternehmen dasselbe

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Produkt herstellen können. Sie konkurrieren um die Produktion dieser Ware. Deshalb dienen

z.B. Marktmechanismen zur Koordination und Optimierung der Aufgabenvergabe auch

innerhalb des VUs. Insgesamt ist das VU ein kooperativer Zusammenschluss mehrere

Unternehmen, die miteinander im Wettstreit stehen können.

Im kooperativen Fall können Ressourcen und Aufgaben beispielsweise anhand der Fähigkeiten

oder dem Verhältnis von vorhandener Energie zu aufzuwendender Energie vergeben werden.

Vorteile holonischer Multiagentensysteme

Die Betrachtung eines Problems und die Realisierung als ein holonisches Multiagentensystem

bringen einige Vorteile gegenüber traditionellen Multiagentensystemen (cf. Gerber, Siekmann

und Vierke in [HMA99]). Diese Vorteile sollen durch den Vergleich von holonischen Lösungen

mit traditionellen Lösungen verdeutlicht und konkretisiert werden.

• Robustheit gegenüber Ausfällen von Teilen. Beim Ausfall von Teilen der

Kommunikationskanäle, die für die kooperative Koordination unabdingbar sind, wird auch

eine holonische Lösung Engpässe oder gar Zusammenbruch erleiden. Bei Ausfällen von

Sub-Holonen soll das holonische MAS in der Lage sein, sich davon zu erholen. Dies beruht

auf der Fähigkeit der Selbst-Organisation, der Fähigkeit des Systems eine Hierarchie zu

erzeugen, die der gegenwärtigen Problemstellung bestmöglich entspricht. Eine solche

Hierarchie richtet sich nach dem Problem und ist somit kontextabhängig. Inwieweit sich das

System beim Ausfall eines Holonenkopfs erholt hängt vom Mechanismus zur Bestimmung

des Kopfes ab und soll untersucht werden.

• Flexibilität gegenüber Veränderungen in der Umwelt. Zum Beispiel verringern

Unternehmen, deren Produktionsstraßen holonisch organisiert sind ihre Reaktionszeiten auf

Marktveränderungen erheblich (vgl. die Arbeit von van Dyke Parunak [ADA94]). Generell

sind Lösungen, die auf einem Operations Research-Ansatz (Definition siehe [ORDef])

basieren anfällig gegen Veränderungen in der Umwelt. Treten bei der Planung

unberücksichtigte Umstände ein, muss eine Lösung praktisch immer vollständig neu

erarbeitet werden. Dies ist bei Lösungen, die durch holonische MAS errechnet wurden nicht

der Fall. Auch in der Qualität der Lösungen können holonische MAS mit denen der OR

konkurrieren (vgl. Ergebnisse des TeleTruck-Projekts [TT97]).

• Rekursives Abbilden einer Aufgabendomäne, d.h. die in vielen Problemstellungen

natürliche Zerlegbarkeit von Aufgaben kann effizient genutzt werden.

• Erhöhter Abstraktionsgrad gegenüber der Betrachtung auf Ebene der individuellen

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Agenten. Dies hat Vorteile für den Designer eines holonischen MAS. Er kann mit der

Entwicklung des Systems auf einer sehr hohen Abstraktionsebene beginnen und sich dann

bis auf die konkrete Ebene der einzelnen Agenten hinunterarbeiten. Auf der anderen Seite

nutzt die stufenweise Erhöhung der Systemkomplexität den Vorteil stabiler Zwischenstufen,

die in sich bereits funktionieren und sinnvolle Aufgaben erfüllen. Herbert Simon

veranschaulicht diesen Designansatz durch die Parabel von zwei Uhrmachern. Der eine

Uhrmacher baut jedesmal alle Teile auf einmal zusammen, der andere Uhrmacher baut erst

kleine Module und vereinigt diese Module zu immer größeren Modulen bis die erstrebte Uhr

resultiert (vgl. [PoW62]). Eine solche Herangehensweise bietet ähnliche Vorteile wie das

deklarative Programmieren. Zusätzlich braucht der Entwickler - zumindest zu Beginn des

Entwurfsprozesses - sich nicht um das genaue Wie der Implementierung zu kümmern,

sondern kann sich auf das Was konzentrieren.

• Modularität (zusammen mit stabilen Zwischenstufen) ermöglicht eine gute Skalierbarkeit

von Multiagentensystem im Allgemeinen und holonischen MAS im Besonderen.

Holonische Lösungen sind jedoch nicht in allen Einsatzgebieten sinnvoll. In der Diplomarbeit

werden die Eigenschaften von Domänen dargelegt, die für den sinnvollen Einsatz von

holonischen Systemen vorhanden sein müssen.

Einige Domänen, die diese Eigenschaften aufweisen, werden anhand von in der Praxis bereits

eingesetzten holonischen Anwendungen dargestellt. Besonders interessant - im Hinblick auf den

praktischen Teil dieser Arbeit - scheinen hier TeleTruck, das am DFKI von Hans-Jürgen

Bürckert, Klaus Fischer und Gero Vierke entwickelt wurde (vgl. [TT97]) und Holonic

Manufacturing Systems (HMS) zu sein. Zur Erforschung der Möglichkeiten solcher

Produktionssysteme hat sich das Holonic Manufacturing Systems Consortium (vgl. [HMSCo])

gegründet. In die Entwicklung solcher Systeme flossen bereits mehrere Millionen Dollar. Diese

Systeme befinden sich inzwischen bei etlichen namhaften Firmen (z.B. Nestlé, Toshiba Ltd. und

Hitachi Ltd.) im praktischen Einsatz oder werden aktiv erforscht (vgl. [HMSPa]).

Struktur von Holonen

Gerber, Siekmann und Vierke postulieren in [HMA99] drei mögliche Holonenstrukturen:

1. Holon als Verbund von autonomen Agenten

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2. Holon als Verschmelzung von Agenten

3. Holon als moderierte Gruppe

Durch die ersten beiden Strukturen werden die äußeren Grenzen eines Kontinuums definiert.

Durch verschiedene Grade der Autonomie der einzelnen Agenten in der dritten Struktur wird

das Kontinuum gefüllt. So gesehen ist die dritte Struktur ein Kompromiss der beiden

erstgenannten.

Der Grad der Autonomie ist Verhandlungssache und wird im Kapitel „Organisation und

Koordination in Holonen“ näher erläutert.

Es bleibt festzuhalten, dass die beiden Extrema selbst im Rahmen dieser Diplomarbeit wenig

interessant erscheinen. Der Verbund von autonomen Agenten ohne explizite Moderierung durch

einen Kopf-Holonen entspricht der Betrachtung eines Systems mit rein emergentem Verhalten.

So könnten zum Beispiel die am Foragieren beteiligten Ameisen einer Ameisenkollonie als

Holon abstrahiert werden. In der Ameisenkollonie entsteht emergentes Verhalten hautpsächlich

durch Stigmergy, das im Kapitel „Organisation und Koordination in Holonen“ kurz beschrieben

wird.

Somit kann jedes System mit kooperativen und autonomen Agenten als Holon gesehen

werden. Diese beiden Eigenschaften sind wesentliche Charakterisierungen eines Holonen. Ein

Holonische Multiagentensimulation

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Vorteil der Betrachtungsweise eines Systems kooperierender Agenten als Holon - wie im Falle

der Ameisenkollonie - besteht sicherlich im erhöhten Abstraktionsgrad. Dies kann beim

Einbinden des Systems in ein größeres System als Kapselung dienen und die Integration

erleichtern.

Bildung von Holonen

Es wird untersucht, welche Mechanismen (Markt, Auktion, etc.) zur Holonenbildung bereits

eingesetzt und wie diese konkret angewandt werden. Außerdem werden die möglichen internen

Strukturen von Holonen und die Mechanismen zur Bestimmung des Holonen-Kopfs

zusammengestellt (ökonomischer Austausch - Bezahlung, Hierarchie). Das für diese

Diplomarbeit interessanteste Paradigma wird zur weiteren genaueren Betrachtung (und zur

Umsetzung im praktischen Teil) ausgewählt.

Eine weitere interessante Frage ist die nach der Natur des Kopf-Holonen. Es gibt auch hier

verschiedene Möglichkeiten, wie der Holonenkopf bestimmt wird. Zum einen können die

einzelnen Agenten so entworfen sein, dass jeder potentiell Kopf eines Holonen werden kann.

Dann muss über die oben bereits angesprochenen Mechanismen der Kopf-Agent bestimmt

werden. Solche Mechanismen berücksichtigen dann die Eignung der Agenten für die

gegenwärtige Aufgabe (bei heterogenen Systemen) oder entscheiden per Los (bei homogenen

Systemen). Die Wahl bei heterogenen Systemen kann z.B. per Auktion, Marktmechanismen oder

Voting stattfinden. In letzterem Fall muss vor der Wahl allen wählenden Agenten bekannt sein,

welche Fähigkeiten und Befugnisse dem Holonenkopf zukommen werden und wie die Wahl

grundsätzlich von statten geht, z.B. wie Kandidaten bestimmt werden und welcher Wahlmodus

Verwendung findet (gewichtet, einfache Mehrheit, Zweidrittelmehrheit, etc.).

Zum Zweiten gibt es die Möglichkeit, dass bei einer Holonenbildung ein Kopf-Agent generiert

wird, der dann diesen Holonen verwaltet und repräsentiert und bei der Auflösung des Holons

ebenfalls wieder aus dem System entfernt wird.

Als dritte und in dieser Auflistung letzte Möglichkeit können Agenten speziell für die

Koordinierung der Formierung der Holonen entwickelt werden, die dann auch Kopf des so

gebildeten Holonen werden. Dieser Ansatz findet z.B. im bereits erwähnten TeleTruck-System

[TT97] Anwendung.

Holonische Systeme sind sehr robust gegenüber Ausfällen von Sub-Holonen. Es ist jedoch

interessant herauszufinden, wie die verschiedenen Systeme auf den Ausfall des Kopf-Agenten

reagieren, was in 'real-world'-Szenarien wohl genauso wahrscheinlich wie der Ausfall eines

regulären Körper-Agenten ist.

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Organisation und Koordination in Holonen

Ein wichtiger Vorteil holonischer Systeme gegenüber traditionellen Multiagentensystem oder

zentralistischen Problemlösern (Operations Research) besteht in der ausgesprochen hohen

Flexibilität von holonischen MAS. Ein wesentliches Merkmal holonischer Systeme ist daher,

dass die Holonen nicht in einer statischen Struktur organisiert sind, sondern dass Agenten sich

so organisieren - einen Holonen bilden - dass das gegenwärtige Problem möglichst effizient

bearbeitet und gelöst werden kann. Der Begriff der Selbst-Organisation ist hier wesentlich und

soll in der Diplomarbeit näher erläutert werden.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die einem Holonen zugeteilten Aufgaben und Ressourcen

auf die im Holonen partizipierenden Sub-Holonen zu ver- bzw. zerteilen. Diese Möglichkeiten,

sowohl im kooperativen, als auch dem nicht-kooperativen Fall, sollen zusammengetragen und

im Hinblick auf die Umsetzungsmöglichkeit in SeSAm analysiert werden. Bei den

verschiedenen Ansätzen kommen dem Holonen-Kopf unterschiedliche Aufgaben und

Befugnisse zu.

Das Spektrum der Befugnisse des Holonenkopfs reicht von rein administrativen Aufgaben, über

die Rolle eines Morderators, bis hin zur Autorität, die eigenständig Anweisungen an Sub-

Holonen vergeben kann, Ressourcen an Mitglieder verteilt und Commitments nach außen hin

eingeht, die dann die Mitglieder des Holons zu erfüllen haben (siehe z.B. [TT97]). Es soll

untersucht werden, unter welchen Umständen welche Befugnisse sinnvoll sind.

Bei weniger autoritären Ansätzen existieren für die Aufgaben- und Ressourcenvergabe

innerhalb des Holons ebenfalls (wie bei dessen Bildung) verschiedene Vorgehensweisen:

• Markt und

• Auktion bei wettbewerborientierten Agenten innerhalb eines Holons.

• Eine Blackboard-Lösung bietet sich bei heterogener Holonzusammensetzung an, bei der die

einzelnen Agenten kooperiereren. Es ist möglich, dass Probleme redundant gelöst werden.

Für die Ermittlung und den Vergleich bestmöglicher Lösungen ist Redundanz jedoch

durchaus sinnvoll und nützlich.

• Stigmergy, die Organisation durch indirekte Interaktion, scheint bei Produktionssystemen

in der Industrie bereits Anwendung zu finden und in bestimmten Einsatzgebieten Vorteile zu

bieten. Siehe hierfür die Arbeit von Valckenaers, Kollingbaum, van Brussel, Bochmann und

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Karuna in [StHM01].

Die Verwendung einer Auktion entspricht dabei einer one-to-many Vergabe, d.h. ein

Auftraggeber verhandelt mit mehreren Interessenten. Die anderen aufgeführten Möglichkeiten

entsprechen einer many-to-many Vergabe von Aufgaben und Ressourcen.

Anwendungen von holonischen Multiagentensystemen

Wie aus dem vorhergehenden Text ersichtlich wird ist ein Hauptforschungsbereich auf dem

Gebiet der Holonik das der Produktionssysteme - der Holonic Manufacturing Systems. 1995

wurde zur tiefergehenden Forschung auf dem Gebiet der holonischen Produktionssysteme das

HMS Consortium gegründet. Es ging aus dem kollaborativen internationalen

Forschungsprogramm zu Intelligent Manufacturing Systems hervor, das in den Jahren 1993 und

1994 durch Australien, Kanada, Japan, den USA, der Europäischen Gemeinschaft und der

EFTA unternommen wurde, aus sechs Unterprojekten (HMS war das fünfte) bestand und in das

mehrere Millionen Dollar investiert wurden (vgl. [IHM98] und [HMSOv]).

Besonders in Japan und an der Katholischen Universität Leuven [KULeu] (hier in Form der

PMA Holonic Manufacturing Systems Group (GOA/HMS)) wurde die Forschung im Bereich der

HMS vorangetrieben.

Das Gebiet der HMS scheint das größte Anwendungsfeld für holonische Multiagentensysteme

zu sein. Es ist äußerst umfangreich und reicht vom flexiblen Zusammenbau von

Werkzeugmaschinen [MoMaTo] über die Verwendung zum Architekturdesign von mobilen

Robotern [HMV94] und den Einsatz in der Teambildung für RoboCup [RoboCup] bis hin zur

Steuerung von industriellen Großanlagen [HPCtrl].

Praktischer Teil

Im praktischen Teil der Diplomarbeit soll die Möglichkeit der Holonenbildung in die Shell forSimulated Agent Systems - SeSAm - integriert werden. SeSAm wird am Lehrstuhl 6 für

Informatik, Universität Würzburg entwickelt und ist eine visuelle Programmierumgebung für

Multiagentensysteme für die bisher das holonische Konzept noch nicht implementiert worden

ist.

Ausgehend von den Ergebnissen des theoretischen Teils dieser Diplomarbeit (Design und

Mechanismen der Holonenbildung, Holonenorganisation) soll es in SeSAm nach Abschluss

Holonische Multiagentensimulation

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dieser Diplomarbeit möglich sein, holonische Multiagentensysteme komfortabel zu entwickeln,

zu validieren und zu verifizieren.

Implementierung

Es müssen die für die Holonenmodellierung notwendigen Daten- und Kontrollstrukturen

entwickelt und implementiert werden.

Datenstrukturen

Das Holonenobjekt

Die Einführung eines Holonenobjekts (siehe Grafik für Klassendiagramm), in dem verschiedene

Daten über einen Holonen gespeichert und vom Holonenkopf verwaltet werden, scheint sinnvoll

(beschrieben von Gerber, Siekmann und Vierke in [HMA99]).

Die verschiedenen Objektfelder haben dabei folgende Bedeutung:

• holonhead vermerkt den Kopf des Holonen, der durch die jeweilige Objektinstanz verwaltet

wird.

• holonparts ist die Liste der Sub-Holonen dieses Holons.

• superholons repräsentiert die Holonen, in denen dieser Holon Mitglied ist. Wird die

verschmelzende Holonenstruktur verwendet, ist diese Variable nicht sinnvoll, da dann ein

Holon immer nur Mitglied eines anderen Holons sein kann.

Holonische Multiagentensimulation

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• authoritylist verwaltet die Zugriffsrechte auf die Methoden des Holons und optional die

Rechte für die Benutzung der Kommunikationskanäle. Außerdem könnte hier vermerkt

werden, welcher Sub-Holon welche Informationen bekommen darf.

Weiterhin stellt das Holonenobjekt folgende Methoden zur Verfügung:

• init ist der Konstruktor des Objekts. Hier werden die oben beschriebenen Variablen

initialisiert, was die Bindung der Sub-Holonen an den verwalteten Super-Holonen

einschließen kann. Für nachträgliche Änderungen existieren ebenfalls Methoden (siehe

unten).

• close ist der Destruktor des Objekts. Er gibt die Sub-Holonen wieder frei und löscht - je

nach Holonenstruktur - den Kopfholonen.

• addParts fügt einen Sub-Holonen dem Holonen hinzu.

• removeParts entfernt einen Sub-Holonen.

• requestStatus beantwortet Anfragen nach dem Zustand der einzelnen Sub-Holonen.

Mögliche Antworten sind z.B. "beschäftigt" oder "frei".

• requestStructure beantwortet Anfragen nach der Holonenstruktur. Hier wird auf das Feld

holonparts zugegriffen.

• requestAuthorities beantwortet Anfragen nach den Zugriffsrechten.

• changeAuthorities ändert Zugriffsrechte.

Auf die Methoden des Holonenobjekts hat ausschließlich der Holonenkopf Zugriff. Über den

Holonenkopf haben Sub-Holonen Zugriff auf die Holonenstruktur, den Zustand anderer

Holonenmitglieder und auf die Zugriffsrechte. Jeder Holon verwaltet eine eigene Liste mit

Referenzen auf Holonenobjekte der Holonen, in denen er Mitglied ist. Außerdem besitzt er

Methoden zum Hinzufügen (nach Erlaubnis) und Entfernen (ohne Zusage) in bzw. aus einem

Holonen (vgl. [HMA99]).

Die Referenz auf Holonenobjekte und nicht etwa auf Holonenköpfe ist sinnvoll, da die

Rollenzuteilung für den Holonenkopf im Laufe des Bestehens eines Holons sich durchaus

ändern kann. Es ist also wichtig, dass jeder Sub-Holon weiß, welcher Agent gegenwärtig Kopf

des Super-Holons ist. Dafür frägt er das Feld 'holonhead' des Holonenobjekts ab.

Holonische Multiagentensimulation

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Inwieweit die Felder und Methoden des hier dargestellten Holonenobjekts für die

Implementierung in SeSAm ausreichen bzw. überflüssig sind, wird im Laufe der Diplomarbeit

erarbeitet werden.

Typisch für Holonen ist die Einschränkung der Kommunikation von Sub-Holonen auf intra-holonischen Datenaustausch. Da der Datenaustausch zwischen Agenten in SeSAm bisher

überhaupt nicht reglementiert ist - er erfolgt über Zugriff auf öffentliche Variablen - wird wohl

auch nicht im Rahmen dieser Diplomarbeit eine Reglementierung implementiert werden.

Vielmehr werden die einzelnen Sub-Holonen zunächst selbst überprüfen, ob Kommunikation

erlaubt ist. Dies wird über einen Abgleich mit dem Holonenobjekt erfolgen. D.h. bei einem

Kommunikationswunsch überprüft jeder Agent, ob der entsprechenden Kommunikationspartner

ebenfalls Mitglied im selben Holonen ist (bei der Holonenbildung ohne vollständige

Verschmelzung kann ein Agent Mitglied in mehreren Holonen sein).

Im nächsten Abschnitt „Blackboardsystem“ wird eine alternative intra-holonische

Kommunikationsmöglichkeit vorgestellt, die in SeSAm implementiert werden könnte.

Eine weitere Möglichkeit der Kommunikation in SeSAm besteht in der Verwendung des FIPA-

Plugins. Man wird untersuchen müssen, inwieweit die Verwendung dieses Protokolls sinnvoll

für die holonische Multiagentensimulation in SeSAm ist.

Blackboardsystem

Zur leichten Kontrolle von intra-holonischen Nachrichtenflüssen kann ein Blackboardsystem

zum Einsatz kommen. Agenten mit Kommunikationsbefugnis, die vom System überprüft

werden würde, können dann Informationen bzw. Nachrichten an eine bestimmte Rolle im

Holonen auf das Blackboard schreiben. Ein Hintergrundtask, evtl. als vom System automatisch

erstellter Sub-Holon modelliert, verteilt diese Nachrichten nach Prüfung von

Empfangsbefugnissen (cf. authoritylist des Holonenobjekts) an die Adressaten.

Um das Arbeiten mit dem Blackboardsystem zu vereinfachen, könnten neue SeSAm-Primitive

eingefügt werden. Primitive wie sendMessage und receiveMessage wären denkbar.

In einer weitern Ausbaustufe könnten über das Blackboardsystem nicht nur Nachrichten,

sondern generell Ressourcen verteilt werden. Vorstellbar sind z.B. die Zwischenprodukte einer

Produktionsstraße. Diese Ressourcen würden den Holon nie verlassen und für Agenten

außerhalb des Holons nicht zugänglich sein.

Durch Einführung eines solchen Blackboardsystems wäre die intra-holonische Interaktion also

Holonische Multiagentensimulation

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gegenüber der Außenwelt gekapselt.

Schematische Darstellung des Blackboardsystems

Jeder Holon sollte über ein eigenes Blackboardsystem verfügen.

Inter-holonische Kommunikation kann weiterhin durch Manipulation von veränderbaren

Variablen geschehen, wie das gegenwärtig in SeSAm ebenfalls gehandhabt wird. Allerdings ist

von außerhalb des Holons nur mit dem repräsentierenden Sub-Holon Kommunikation möglich.

Generell sollte festgehalten werden, dass Holonen nach außen hin, d.h. für andere Holonen und

Agenten im System, von Agenten nicht zu unterscheiden sind.

Verhaltensmodellierung

Für die Entwicklung von holonischen Multiagentensimulationen ist grundlegend, dass bei der

Verhaltensmodellierung sowohl das Verhalten des individuellen, autonomen Agenten, als auch

das des Holonen - als einem Verbund von mehreren Individuen - berücksichtigt und

unterschieden werden kann.

Je nach Struktur des Holonen und der Autonomie der einzelnen Sub-Holonen sind

unterscheidliche Ansätze - auch kombiniert - denkbar:

• Die Entwicklung von emergenten Systemen ist - ohne Eingehen auf die Schwierigkeiten

eines solchen Vorgehens - bereits jetzt mit SeSAm möglich. Eine Fortführung dieses

Ansatzes, d.h. das Entwickeln von holonischen Systemen auf Modellebene ohne explizite

Unterstützung durch SeSAm, könnte zum Beispiel im Kopieren von Verhaltensgraph-Teilen

zwischen unterschiedlichen Agenttypen bestehen.

• Als erste Stufe der expliziten Unterstützung der Entwicklung holonischer Systeme könnte

das Einführen neuer SeSAm-Primitive oder neuer Knotentypen im Verhaltensgraphen

Holonische Multiagentensimulation

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dienen.

Primitive/Knoten wie joinHolon und removeFromHolon könnten zum Benutzen bzw. zum

Beenden der Benutzung eines verteilten Verhaltensgraphen, der das holonische Verhalten

repräsentiert, führen. Dieser 'globale' Verhaltensgraph könnte durch eine eigene

Agentenklasse repräsentiert werden.

• Die Autonomie der am Holon beteiligten Agenten muss weiterhin berücksichtigt werden.

Zu Beginn wird es vielleicht ausreichen im holonischen Verhaltensgraphen eine Möglichkeit

des Reasonings über die Mitgliedschaft im Holonen zu bieten - das nach der Holon-

Definition erforderliche Mindestmaß an Autonomie. Falls die Mitgliedschaft beendet

werden soll, könnte dann mit dem removeFromHolon-Primitiv der holonische

Verhaltensgraph verlassen werden.

Um das Reasoning über die Mitgliedschaft im Superholonen anstoßen zu können, könnte

ein neuer Knotentyp für den Verhaltensgraphen eingeführt werden, der wie der 'Emergency'-

Knoten des normalen Verhaltensgraphen funktioniert, d.h. durch Ereignisse im System (hier:

Aufruf durch den Kopf des Super-Holonen) aktiviert wird.

Für weitergehende Unterstützung der Autonomie könnte eine parallele Abarbeitung von

individuellen und holonischen Verhaltensgraphen interessant sein. Das holonische Verhalten

würde dem individuellen Verhalten sozusagen 'übergestülpt'. Die Sub-Holonen blieben

weiterhin autonom, müssten ihr Verhalten jedoch an das durch den Holonen vorgegebene

Verhalten anpassen - ob und wie das in SeSAm möglich wäre muss untersucht werden.

Dieses Vorgehen entspricht der Forderung, dass die Ziele der einzelnen Holonen mit den

Zielen des Super-Holonen nicht inkonsistent sein dürfen und der Möglichkeit, dass die Ziele

einzelner Sub-Holonen in einem Super-Holonen sich durchaus widersprechen können.

• Im holonischen Verhaltensgraphen könnten mehrere Sub-Graphen enthalten sein, die den

unterschiedlichen Rollen der einzelnen Agenten (bzw. Sub-Holonen) im Super-Holonen

entsprächen. Dies wäre eine relativ einfache Möglichkeit heterogene, d.h. in ihren

Fähigkeiten unterschiedliche Agenten zu einem Holonen zu vereinen. Es könnte dann

geprüft werden, ob ein interessierter Agent für eine im holonischen Verhalten vorgesehene

Roller überhaupt legitimiert ist bzw. die notwendigen Fähigkeiten besitzen kann.

• Natürlich muss auch über die Unterstützung der Holonenbildung nachgedacht werden.

Inwieweit diese nötig und sinnvoll ist wird sich jedoch wohl erst im Laufe der Diplomarbeit

herausstellen. Als eine mögliche Vorgehensweise wäre die Implementierung eines

Mechanismus (zum Beispiel einer Auktion) vorstellbar, wobei für die Erweiterung mit

anderen Mechanismen Möglichkeiten - zum Beispiel ähnlich Plugins - geschaffen werden

Holonische Multiagentensimulation

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könnten.

• Schließlich könnte es von Nutzen sein, wenn die Komplexität der vorhandenen

Möglichkeiten einen gewissen Umfang erreicht hat, einen Wizard für die Unterstützung der

Modellierung von holonischen Systemen zu entwerfen, der bei der Zusammenstellung des

Systems behilflich wäre.

Wahrscheinlich wird sich diese Art der Unterstützung jedoch auf viele separate Dialoge

verteilen.

Grafische Unterstützung

Im Folgenden wird dargestellt, wie es dem Entwickler ermöglicht werden soll, das Modell eines

holonischen Multiagentensystems mit SeSAm zu erstellen.

Grundsätzliche gibt es zwei Richtungen für den Entwurf von holonischen Systemen:

• 'bottom-up': Zuerst wird das Verhalten der einzelnen Agenten entwickelt. Diese werden

dann gruppiert und zum holonischen Verhalten kombiniert.

Diese Entwicklungsrichtung scheint uninteressant zu sein, da sie keinen sinnvollen

Gebrauch von den im holonischen Konzept möglichen Abstraktionsebenen macht.

• 'top-down': Der Entwickler beginnt beim Erstellen des holonischen Verhaltens, d.h. es wird

auf einer hohen Abstraktionsebene mit der Modellentwicklung begonnen. Je Holonenebene

wird das Verhalten immer konkreter bis der Entwickler schließlich beim Verhalten einzelner

Agenten angelangt ist.

Für beide Entwurfsparadigmen scheint das oben bereits angesprochene Einführen zusätzlicher

Knoten (joinHolon, removeFromHolon und reasonAboutMembership) in den Verhaltensgraphen

der einzelnen Agenten bzw. Holonenrollen hilfreich.

Dabei würden die joinHolon- und removeFromHolon-Knoten ähnlich den bereits in SeSAm

vorhandenen Exit- bzw. Start-Knoten funktionieren. Der reasonAboutMembership-Knoten des

Agenten (bzw. Sub-Holonen) würde durch den Super-Holonen aktiviert. Sein Verhalten wäre

ähnlich dem des Emergency-Knotens.

Durch einen Doppelklick auf die beiden erstgenannten Knoten könnte ein Dialogfenster für die

Holonische Multiagentensimulation

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Auswahl des beizutretenden (bzw. des zu verlassenden) Holons geöffnet werden, in dem dann

auch die infrage kommenden Rollen selektiert werden können. Das System würde dann prüfen

müssen, ob für die gegenwärtig editierte Agentenklasse die ausgewählte Rolle überhaupt

zugänglich ist und gegebenenfalls eine Fehlermeldung bzw. die Möglichkeit zur Änderung

bieten.

Zusätzlich sollten Interaktionsbefugnisse, d.h. der Inhalt der authoritylist, visualisiert werden.

Dies könnte z.B. durch Kanten oder, besser, Pfeile im Graphen geschehen. Diese Informationen

können entweder aus der von Hand (über eine Dialogsequenz) zu erstellenden authoritylist

bezogen werden, oder im Graphen direkt editiert werden. Als dritte Möglichkeit könnte bei der

Bearbeitung der Verhaltensgraphen für die einzelnen Rollen im Holon Interaktionsbefugnisse

durch ein Kontextmenü hinzugefügt werden, wenn diese nötig werden. Bei den letzten beiden

Eingabemöglichkeiten wäre es nötig, dass diese Informationen in der authoritylist

rückgespeichert werden.

Für die Unterstützung des bottom-up-Entwurfs könnte die Möglichkeit geschaffen werden

bereits entworfene Agenten einem oder mehreren Holonen und in den Holonen einer möglichen

Rolle zuzuordnen.

Falls eine Agentenklasse beim Eintritt in einen Holon immer dieselbe Rolle bzw. dasselbe

Verhalten an den Tag legt (und dieses Verhalten auch keine andere Agentenklasse im Holon

aufweist), könnte es sinnvoll sein, das holonische Verhalten dieser Agentenklasse direkt im

Verhaltensgraphen der Klasse - nicht beim Holonen - zu modellieren. Zur Visualisierung der

Holarchie (siehe unten), wäre es sinnvoll den Übergang ins holonische Verhalten in einem

solchermaßen abgeschlossenen Agentengraphen trotzdem zu vermerken. Zu diesem Zweck

könnte der joinHolon-Knoten alternativ zur Verzweigung zum Verhaltensgraphen des Holonen

auch wie eine in SeSAm bereits bekannte composed activity fungieren, die dann das holonische

Verhalten direkt im Agentengraphen kapselt.

Das nachfolgende Bild zeigt den möglichen Workflow bei der Bearbeitung des joinHolon-

Knotens im Verhaltensgraphen des einzelnen Agenten bzw. Sub-Holonen.

Holonische Multiagentensimulation

16

Der Verhaltensgraph eines Agenten wird bearbeitet

Für den top-down-Entwurf hingegegen wird zuerst der Holonengraph erstellt. Durch ein

Kontextmenü kann man im Holonengraph für jede Rolle zu den assoziierten Holonenklassen

gelangen oder eine neue Holonenklasse erstellen und diese dann editieren. Die Holonen in den

Blättern der Holarchie sind schließlich einfache Agenten (siehe „Visualisierung der Holarchie“).

Folgende Möglichkeiten bestehen im Holonengraph für dessen Bearbeitung:

• Neue Rollen können erstellt werden.

• Durch Doppelklick auf eine Rolle gelangt man zum Verhaltensgraphen dieser Rolle. Diese

Graphen werden im Holonen unter Verwendung der bereits in SeSAm bestehenden

Möglichkeit verschiedene reasonings zu verwalten zusammengefasst.

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Übersicht über die Verhaltensgraphen verschiedener Rollen im Holon

• Durch einen Eigenschaften-Dialog kann der Modellierer erlaubte Agentenklassen und

Interaktionsbefugnisse angeben. Wie oben bereits erwähnt könnten Interaktionsbefugnisse

auch direkt im Graphen durch Pfeile festgelegt werden.

• Ein Holonenkopf kann angegeben werden. Falls diese Aufgabe nicht vom Holonenkopf

erledigt werden soll, kann ein Repräsentant für den Holonen angegeben werden, der den

Holon nach außen Vertritt und mit anderen Super-Holonen kommuniziert.

Übergang vom Holonengraphen zum Verhaltensgraphen einer Rolle

Da der Holonenkopf generell mit jedem anderen Mitglied des Holons interagieren kann, sind in

der Skizze oben keine Pfeile für Interaktionen zwischen dem Kopf und anderen Sub-Holonen

eingezeichnet.

Visualisierung der Holarchie

Um dem Modellierer einen Überblick über den gegenwärtigen Stand des Modells zu

ermöglichen wäre die Visualisierung der Holarchie - der Hierarchie bzw. Heterarchie von

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Holonen - hilfreich.

Schematische Darstellung einer Holarchie

Das Bild zeigt eine schematische Visualisierung der Holarchie eines Systems. Die großen

Kreise symbolisieren einzelne Holonen, wohingegen die kleinen Kreise Agenten repräsentieren.

Die gepunkteten Linien zeigen Ganzes-Teil-Beziehungen auf. Unten rechts im Bild sind die

Sub-Holonen von Holon_1 in einer Ellipse zusammengefasst.

Die Darstellung gibt die holarchischen Beziehungen auf Klassenebene wieder. Da die

Beziehungen anhand von Rollen definiert sind, können für dieselbe Rolle innerhalb eines

Holons mehrere Klassen infrage kommen. In der Darstellung ist dieser Umstand daran zu

erkennen, dass mehr als eine Ganzes-Teil-Beziehungslinie von einer Rolle ausgeht. Zusätzlich

werden alternative Beziehungen mit einer blau gepunkteten Linie hervorgehoben.

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Die doch stark ineinandergreifenden Editiermöglichkeiten im Verhaltensgraphen für Agenten

und Holonen könnten es sinnvoll machen, die holonische Unterstützung in SeSAm an- und

abschalten zu können bzw. bestimmte Teile davon (wie im bereits bei der Primitiveingabe

vorhandenen Expertenmodus).

Testmodelle

Zur Validierung der Implementierung und zum Test der verschiedenen Mechanismen (zur

Kopfbestimmung und zur Aufgabenverteilung) werden im Laufe und parallel zur

Implementierung verschiedene Evaluationsmodelle in SeSAm erstellt. Folgende Szenarien

bieten sich an:

Beispiel 1. TeleTruck

Dabei handelt es sich um das von Buerckert, Fischer und Vierke in [TT97] eingeführte Szenario

zur Demonstration des holonischen Konzepts.

Es wird ein Transportszenario beschrieben, in dem die LKWs mit ihrer Fracht und die

Speditionen als Holonen modelliert werden.

Beispiel 2. Vogelschwarm

Ein Beispiel aus der Biologie soll holonisches Verhalten im emergenten Fall verdeutlichen.

Bei einem Vogelschwarm wird der Anführer (Kopf-Holon) anhand verschiedener

Charakteristika gewählt (z.B. Gesundheitszustand, Fitness, Wissen). Diese Wahl ist jedoch nicht

fix, sondern es findet ein ständiger Wechsel in der Führung statt. Ähnlich bei einem Radrennen,

wo der Führer Tempo macht und nach einer Zeit von einem frischeren Fahrer abgewechselt

wird.

Beispiel 3. Erzschürfen auf dem Mars

Durch das bekannte und in der VKI beliebte Beispiel des autonomen Erzschürfens durch

Roboter auf dem Mars (vgl. u.a. Brooks und Flynn in [BF89]) soll die Robustheit und

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Flexibilität von holonischer Organisation veranschaulicht werden.

Beispiel 4. Signalübertragung in Ameisenhaufen

Vgl. Hofstadter in [GEB91].

Zur Bewältigung einer Aufgabe sammelt sich eine Menge von Ameisen. Diese Ansammlung

nennt Hofstadter Signal und enspricht dem hier vorgestellten Konzept des Holons. Beim Weg

zur Stelle, an der die Aufgabe (Furagieren, Kämpfen, etc.) erfüllt werden soll, regt so ein

solches Signal andere, nicht am Signal beteiligte Ameisen an, ebenfalls Signale zu bilden, die

teilweise jedoch andere Aufgaben bearbeiten. Das Szenario ist analog zur Signalausbreitung im

Gehirn.

Dieses Beispiel mag den biologischen Tatsachen nicht vollständig entsprechen, soll jedoch zur

Verdeutlichung des Verschmelzens mehrerer autonomer Agenten zu einem Super-Holon

herangezogen werden. In diesem Beispiel wird ersichtlich, dass eine Ameise, die Bestandteil

eines Signals ist, nicht gleichzeitig Teil eines anderen Signals sein kann.

Beispiel 5. Gehirnsignale

Dieses Szenario ist dem der 'Signalübertragung in Ameisenhaufen' ähnlich. Hier ist es jedoch

möglich, dass eine Gehirnzelle (analog: Ameise) Mitglied in mehreren Holonen (Signale)

gleichzeitig ist. Dies entspricht der möglichen Überlappung von Gehirnsignalen (ebenfalls

[GEB91]).

Beispiel 6. Job-Shop Scheduling

In intelligenten Manufaktursystemen, aus denen das Konzept der holonischen

Manufaktursysteme hervorgegangen ist, besteht eine wichtige Aufgabe in der Neuzuweisung

von Ressourcen und Arbeitsplätzen bei Ausfällen und neuen Aufträgen.

Im Job-Shop (Auftragsfertigung) Modell soll es darum gehen einfache Fertigungsstraßen zu

simulieren, die flexibel auf Ausfälle einzelner Werkzeuge reagieren und fähig sein sollen neue,

andersartige Aufträge effizient abzuarbeiten. Konkrete Beispiele sind Paint-shop scheduling und

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automobile assembly.

Beispiel 7. Virtuelle Unternehmen

Der heutige Markt erfordert eine hohe Flexibilität bei der Produktion neuer Waren. Auf

Kundenwünsche soll möglichst schnell eingegangen werden können. Dazu bilden sich oft

sogenannte virtuelle Unternehmen, d.h. Zusammenschlüsse von ansonsten autonomen

Unternehmen, die alleine den schnell sich ändernden Kundenwunsch nicht erfüllen können. Erst

der Zusammenschluß erlaubt es ihnen den Markt entsprechend zu bedienen. Dabei entsteht eine

höchst flexible Produktionskette.

In diesem Beispiel existiert also kein expliziter Holonenkopf. Es handelt sich eher um ein

emergentes Phänomen und entspricht so dem ersten Fall der oben aufgeführten Holonenstruktur.

Andererseits ist es möglich dasjenige Unternehmen als Holonen-Kopf einzusetzen, das den

Auftrag vom Markt übernommen hat. Nach außen hin würde das Produkt dann diesem

Unternehmen zugesprochen werden. Wann ein Unternehmen einen solchen Auftrag annimmt

unterliegt Preisabstimmungen und -verhandlungen mit den Zulieferern - den anderen

Unternehmen im dafür zu gründenden virtuellen Unternehmen.

ZeitplanDie Arbeit ist in folgende zeitliche Abschnitte untergliedert:

• Ab 25. Juni 2004: Theoretische Erarbeitung

• Ab 20. Juli 2004: Implementierung in Java für SeSAm

• Anfang August 2004: Zwischenvortrag mit der Präsentation der bisherigen theoretischen

Ergebnisse und einem Ausblick auf den Rest der Diplomarbeit.

• Anfang August 2004: Erste Modelle zum Test der Implementierung sollen in SeSAm erstellt

werden.

• Ab 10. Oktober 2004: Schriftliche Ausarbeitung

• 20. Dezember 2004: Abgabe der fertig ausgearbeiteten Arbeit

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