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14 Innovationen im Preismanagement Zusammenfassung Es gab schon immer Innovationen im Preismanagement. Auktionen, nichtlineares Pri- cing oder Preisbündelung sind keine Erfindungen unserer Zeit. Aber solche Innovatio- nen waren eher selten und breiteten sich nur langsam aus. Das hat sich in den letzten Jahrzehnten radikal geändert. Der wichtigste, gleichwohl keineswegs einzige Treiber ist dabei das Internet. Messtechnologien, die neue Preismetriken erlauben, leistungsfä- higere Computer, mit deren Hilfe große Datenmassen (Stichwort Big Data) analysiert werden können, sowie kreative Geschäftsmodelle tragen zum ständigen Fortschritt im Preismanagement bei. Das Internet erleichtert die Vergleichbarkeit von Preisen und sorgt so für eine höhere Preistransparenz. Langfristig könnte allerdings die Erhöhung der Nutzentransparenz noch wichtiger werden. Flatrates, Freemium, Name-your-own- Price, Pay-what-you-want und Pay-per-Use sind Pricing-Innovationen, die einerseits eine bessere Gewinnabschöpfung ermöglichen, andererseits aber mit Vorsicht zu hand- haben sind. Denn jede dieser Taktiken beinhaltet bei inadäquater Anwendung erhebli- che Risiken. Zweiseitige Preissysteme, bei denen ein Unternehmen aus zwei Quellen Erlöse generiert, gewinnen an Bedeutung. Und vielleicht zum ersten Mal in der Ge- schichte beobachten wir in einigen Märkten negative Preise. Grenzkosten von Null und die Sharing-Economy beeinflussen Preisentscheidungen und gefährden etablierte Wettbewerber. Auch von neuen Zahlungssystemen und Geldarten wie Bitcoin gehen Wirkungen auf das Preismanagement aus. 14.1 Preisinnovationen: Ein historischer Überblick Viele der Preistaktiken und -strategien, die wir heute als hochentwickelt und raffiniert an- sehen, sind keineswegs neu, sondern wurden in der Geschichte seit langem praktiziert. 561 © Springer Fachmedien Wiesbaden 2016 H. Simon und M. Fassnacht, Preismanagement, DOI 10.1007/978-3-658-11871-6_14

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14Innovationen im Preismanagement

ZusammenfassungEs gab schon immer Innovationen im Preismanagement. Auktionen, nichtlineares Pri-cing oder Preisbündelung sind keine Erfindungen unserer Zeit. Aber solche Innovatio-nen waren eher selten und breiteten sich nur langsam aus. Das hat sich in den letztenJahrzehnten radikal geändert. Der wichtigste, gleichwohl keineswegs einzige Treiberist dabei das Internet. Messtechnologien, die neue Preismetriken erlauben, leistungsfä-higere Computer, mit deren Hilfe große Datenmassen (Stichwort Big Data) analysiertwerden können, sowie kreative Geschäftsmodelle tragen zum ständigen Fortschritt imPreismanagement bei. Das Internet erleichtert die Vergleichbarkeit von Preisen undsorgt so für eine höhere Preistransparenz. Langfristig könnte allerdings die Erhöhungder Nutzentransparenz noch wichtiger werden. Flatrates, Freemium, Name-your-own-Price, Pay-what-you-want und Pay-per-Use sind Pricing-Innovationen, die einerseitseine bessere Gewinnabschöpfung ermöglichen, andererseits aber mit Vorsicht zu hand-haben sind. Denn jede dieser Taktiken beinhaltet bei inadäquater Anwendung erhebli-che Risiken. Zweiseitige Preissysteme, bei denen ein Unternehmen aus zwei QuellenErlöse generiert, gewinnen an Bedeutung. Und vielleicht zum ersten Mal in der Ge-schichte beobachten wir in einigen Märkten negative Preise. Grenzkosten von Nullund die Sharing-Economy beeinflussen Preisentscheidungen und gefährden etablierteWettbewerber. Auch von neuen Zahlungssystemen und Geldarten wie Bitcoin gehenWirkungen auf das Preismanagement aus.

14.1 Preisinnovationen: Ein historischer Überblick

Viele der Preistaktiken und -strategien, die wir heute als hochentwickelt und raffiniert an-sehen, sind keineswegs neu, sondern wurden in der Geschichte seit langem praktiziert.

561© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016H. Simon und M. Fassnacht, Preismanagement, DOI 10.1007/978-3-658-11871-6_14

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562 14 Innovationen im Preismanagement

Allerdings geschah das vorwiegend in rudimentären Formen, die mit den heutigen Vorge-hensweisen nur bedingt vergleichbar sind.

In altertümlichen Märkten gab es in der Regel keine festen Preise. Der Händler imBasar versuchte, die Zahlungsbereitschaft eines Kunden abzuschätzen und diese dannmöglichst vollständig auszuschöpfen. Er betrieb damit Preisdifferenzierung ersten Grades(Kap. 6) und wenn er richtig lag, gelang ihm die volle Abschöpfung der Konsumenten-rente. Wir nennen das perfekte Preisdifferenzierung. Bei den Flohmärkten unserer Zeit istdas nicht anders.

Auch Auktionen sind seit alters her verbreitet, insbesondere auf agrarischen Märk-ten. Berühmtheit erlangten die Auktionen für Tulpen in Holland im 17. Jahrhundert. Esgab Spotmärkte, Terminkontrakte und sogar Leerverkäufe. Es entstand eine Spekulations-blase, die sogenannte Tulpenmanie, die in einem Zusammenbruch der Preise endete. ObJohannWolfgang Goethe die Vickrey-Auktion (Kap. 3), bei der nicht der höchste, sondernder zweithöchste Bieter den Zuschlag erhält, erfunden hat, wissen wir nicht. Jedenfalls hater den Verlegern seine Manuskripte mit diesem raffinierten Auktionsverfahren angeboten.Das Besondere an der Vickrey-Auktion ist, dass die Bieter incentiviert werden, ihre wahrePreisbereitschaft zu offenbaren [1].

Beim Ratenkauf wird der Kaufpreis nicht in einer Zahlung beglichen, sondern in meh-reren kleineren Raten bezahlt. In unsystematisch-individueller Form gab es Ratenkäufeschon immer. Kunden ließen beim Händler anschreiben und stotterten die Schuld in meh-reren Tranchen ab. Systematische Ratenzahlungsangebote entstanden im 19. Jahrhundert.Als Erfinder gilt der Amerikaner Edward Clark, der dieses Preissystem einsetzte, um denVerkauf von Nähmaschinen zu fördern.

Im Hinblick auf die Zahlungsflüsse weist Leasing Ähnlichkeit mit dem Ratenkaufauf. Bei beiden Methoden fallen nämlich statt eines hohen Einmalpreises deutlich ge-ringere monatliche Zahlungen an. Während beim Ratenkauf das Produkt erworben wird,ist dies beim Leasing nicht der Fall. Die Miete von Immobilien ist eine spezielle, seitjeher gebräuchliche Form des Leasings. Als geistiger Vater des Leasings kann Aristo-teles (384–322 v. Chr.) gelten. Er wies darauf hin, dass der Nutzen eines Gutes nichtim Eigentum, sondern im Gebrauch liegt. In der Regel steht beim Leasing die Finan-zierungsfunktion im Vordergrund. Zudem beflügelten bilanzielle und steuerliche Vorteiledas starke Wachstum des Leasings. Jedoch ist auch der preisliche Aspekt bedeutsam.Man kann mit festen monatlichen Raten kalkulieren. Die Leasingraten sind im Verhältniszum Kaufpreis überschaubar. Das erste systematische Leasingangebot führte der ame-rikanische Telefonhersteller Bell ein. Bell verleaste ab 1877 Telefonanlagen, statt sie zuverkaufen. Auch IBMwar ein Pionier des Leasings. Ab den 1920er-Jahren verleaste IBM-Lochkartenmaschinen und praktizierte zudem Preisbündelung (Kap. 6). Denn die Kundender sogenannten Hollerithmaschinen mussten sich verpflichten, die Lochkarten von IBMzu beziehen.

Eine vielbeachtete Innovation zum Thema Preisbündelung war das sogenannte „Block-Booking“, das in der Filmindustrie um 1915 von dem Produzenten Adolph Zukor ein-geführt und in den Folgejahrzehnten von der ganzen Branche übernommen wurde. Den

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Kinobetreibern wurden dabei keine einzelnen Filme, sondern Pakete von Filmen angebo-ten. Diese Pakete bestanden aus einer Mischung von attraktiveren und weniger attraktivenTiteln. Teilweise konnten die Kinobetreiber Filme vorher nicht einmal prüfen, weshalbman auch von Blind-Booking sprach. Block-Booking wurde 1948 durch das ObersteGericht der USA untersagt. Erst später wurden die theoretischen Grundlagen der Vorteil-haftigkeit der Preisbündelung erarbeitet (Kap. 6). Coase [2] und Demsetz [3] begründetendie Taktik mit Kostenvorteilen. Ein weiterer Ansatz von Burstein [4] rekurrierte auf dieKomplementarität zwischen Produkten. Erst Adams und Yellen [5] lieferten die wichtigereErklärung, dass die Konsumentenrente heterogener Nachfrager mithilfe der Preisbünde-lung besser abgeschöpft werden kann als mit dem Verkauf zu Einzelpreisen. Dass dieErklärungsversuche der Theorie den von der Praxis geübten Preispraktiken hinterherhin-ken, ist kein Einzelfall.

Ähnliches gilt für die nichtlineare Preisbildung, die ebenfalls seit jeher von Praktikerneingesetzt wurde. Die wichtigste theoretische Grundlage, das Gossen’sche Gesetz vomabnehmenden Grenznutzen, stammt aus dem Jahre 1854. Eine Erweiterung für hetero-gene Märkte lieferten Oren, Smith und Wilson [6] erst mehr als 100 Jahre später in derZeitschrift Marketing Science. Dieser Artikel diente als Anregung zu der Dissertation vonTacke [7] und führte letztlich zur Einführung der BahnCard.

Die Vorstellung, dass man ein Auto für kurze oder längere Zeit mieten könne, erschienbis vor wenigen Jahrzehnten abwegig. Man vermutete, dass ein Nichteigentümer einesAutos dieses nicht gut behandeln und somit die Nutzungsdauer reduzieren würde. Das ers-te langfristige Autoleasing in der heute üblichen Form wurde 1941 von dem AmerikanerZollie Frank erfunden. Autovermietung, im Sinne der Kurzzeitanmietung, gab es schon ab1904 in den USA. Die Firma Sixt begann ihr Autovermietgeschäft im Jahre 1912 mit dreiAutos. Der Vorläufer des Autovermieters Hertz wurde im Jahre 1918 vonWalter L. Jacobsgegründet. Seit 1962 gibt es in Deutschland Leasinggesellschaften, die Produkte Drittervermieten. Bis heute hat die Leasingbranche ein riesiges Volumen erreicht. Schätzungenbelaufen sich auf mehr als 1.000 Milliarden US-Dollar weltweit.

Auch Pauschalpreise, die heute als Flatrates bezeichnet werden, existierten schon im-mer. So wurde früher der Wasserverbrauch eines Haushaltes nach Kopfzahl berechnet.Erst mit der Einführung von Wasseruhren konnten der Preis pro Kubikmeter ausgewiesenund der tatsächliche Verbrauch in Rechnung gestellt werden. Man kann hier von einer neu-en „Preismetrik“ sprechen, ein Thema, das wir weiter unten vertieft behandeln. Ein radikalneues Geschäftsmodell bildeten „All-you-can-eat“-Angebote, die sich in den sechzigerund siebziger Jahren in den USA ausbreiteten. Damals waren solche Buffets in deutschenRestaurants noch völlig unbekannt. Pauschalpreise für Essen rechnen sich für Restau-rants erst ab einem gewissen Wohlstandsniveau. Bei unzureichenden Einkommen sind dieZahlungsbereitschaft zu niedrig und der Verzehr zu hoch, so dass keine ausreichende Ge-winnmarge bleibt.

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564 14 Innovationen im Preismanagement

Preismanagement und MusikDie Geschichte der Preismanagementinnovationen im Bereich Musik ist äußerst dyna-misch und lehrreich. Deshalb stellen wir die historische Entwicklung von Geschäfts- undPreismodellen etwas ausführlicher dar. Bis Ende des 19. Jahrhunderts konnte Musik prak-tisch nur live erlebt werden. Interessanterweise gewinnt diese Form der Vermarktung imInternet-Zeitalter wieder an Bedeutung. Erst die Schallplatte, die ursprünglich auf einemPatent von Edison aus dem Jahre 1877 basierte, ermöglichte die breitere Vermarktungvon Musik in gespeicherter Form.1 Zunächst wurden einzelne Musikstücke in Form vonsogenannten Singles verkauft. Es handelte sich also um ein einfaches, eindimensionalesPreismodell: Ein Musikstück für einen Preis von x.

Mit der Einführung der Langspielplatte durch Columbia im Jahre 1948 wurde es mög-lich, eine größere Zahl von Titeln auf einer Platte unterzubringen. Eine Langspielplatteenthielt in der Regel zwölf bis 14 Musiktitel, die insgesamt zu einem Preis von y verkauftwurden. Die Industrie nutzte diesen technischen Durchbruch zur Einführung eines radi-kal neuen Preismodells, der Preisbündelung. Titel konnte man nicht mehr einzeln kaufen.Und wie beim „Block-Booking“ für Filme packten die Musikfirmen gezielt attraktive-re und weniger attraktive Stücke in ein Paket. Auf diese Weise lässt sich bekanntlichunausgeschöpfte Preisbereitschaft bei den begehrteren Titeln auf die weniger begehrtenübertragen. Dieses Preismodell wurde nach dem Übergang auf die Compact Disc (CD)beibehalten und brachte der Musikindustrie über Jahrzehnte riesige Umsätze und Gewin-ne. Viele Kunden hassten es jedoch, 14 Titel kaufen zu müssen, von denen sie nur zweioder drei wirklich wollten. Unzufriedenheit und Empfänglichkeit für ein alternatives Mo-dell stauten sich bei den Musikfans an.

Als das Internet aufkam, brachen die Dämme. Die Nutzer begannen,Musik untereinan-der zu tauschen. Die größte Musiktauschbörse napster.com operierte über das sogenanntePeer-to-Peer-Verfahren. Auf Napster wurden alleine im Januar 2001 mehr als 2 Milliar-den Musikstücke getauscht, alle zu einem Preis von Null. Da dies von den Gerichten alsillegal erklärt wurde, musste Napster im Laufe des Jahres 2001 seine Tauschbörse einstel-len.2 Gleichwohl dürften der Industrie bis heute riesige Umsätze durch illegales Kopierenvon Musiktiteln entgehen. Das Gleiche gilt für Filme und anderen Content.

Die Zeit war reif für ein innovatives Preismodell. Mit der Eröffnung des iTunes-Storesim Jahre 2003 führte Apple ein solches ein. Jedes Musikstück konnte nun wieder einzelnerworben werden – wie im Zeitalter der Singles. In unserer Terminologie handelt es sichum Entbündelung (Unbundling). Steve Jobs soll persönlich die Chefs der fünf größtenMu-sikanbieter besucht haben, um die Rechte für iTunes und die Erlaubnis zum Unbundling

1 Es gab eine Ausnahme. Es handelte sich um eine Technologie, bei der Klavierspiel mechanischauf einer sogenannten Notenrolle aufgezeichnet und auf einem Klavier wiedergegeben wurde. Welt-marktführer war die Firma Welte & Söhne aus Freiburg. Mit dem Vordringen der Schallplatte gingsie unter. Das Verfahren war sowohl hinsichtlich der Aufzeichnung als auch des Abspielinstrumen-tes sehr teuer.2 Napster ist heute eine Marke von Rhapsody und stellt ähnlich wie Spotify Musik für eine monat-liche Flatrate zur Verfügung. Das Entgelt hierfür beträgt bei napster.de 9,95 Euro pro Monat.

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zu erhalten. Für die Industrie war das eine Revolution. Das iTunes-Angebot umfasst heute43 Millionen Positionen, neben Musikstücken auch E-Books, Filme und Apps. Die Mu-sikstücke werden zu 0,69, 0,99 und 1,29 US-Dollar angeboten. Für die übrigen Angebotegibt es verschiedene Preiskategorien. iTunes offeriert zudem wöchentliche Sonderangebo-te. Anfang des Jahres 2013 wurden die Schwelle von insgesamt 25 Milliarden verkaufterTitel durchbrochen. In den Folgejahren steigerte Apple seinen Umsatz mit iTunes von3,69 Milliarden US-Dollar auf beachtliche 4,99 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015 [8].Der spektakuläre Erfolg von iTunes ist nicht zuletzt auf das innovative Preismodell zurückzu führen und konnte seinerzeit dazu verleiten, iTunes als „das Ende der Preisinnovation“im Musikbereich zu sehen.

Doch das sollte sich als Irrtum herausstellen. Nur wenige Jahre später traten sogenann-te Streamingservices auf den Markt. Pionier und Marktführer auf diesem Gebiet war imJahre 2006 Spotify. Streamingservices offerieren Musik über ein Freemium-Modell undstellen für iTunes sowie ähnliche Dienste eine massive Bedrohung dar. Spotify bietet eineAuswahl von 35 Millionen Musiktiteln und hat per 2016 100Millionen Nutzer, von denenetwa ein Drittel den Premiumdienst nutzt und die monatliche Flatrate von 9,99 Euro zahlt.Obwohl bisher nur Verluste entstanden, wird Spotify in der jüngsten Finanzierungsrun-de mit 8,4 Milliarden US-Dollar bewertet. Erst neun Jahre nach dem Start von Spotify,reagierte Apple auf die sinkenden Umsätze von iTunes. Im Sommer 2015 wurde ein Ap-ple eigener Streaming-Service vorgestellt, welcher den Namen Apple Music trägt. AppleMusic müsste jedoch doppelt so viele Benutzer generieren, wie Spotify seit der Grün-dung gewonnen hat, um den gleichen Umsatz zu erzielen wie es iTunes derzeit noch tut[9]. Apple setzt nicht wie Spotify auf eine Freemium-Version, bei der die Inhalte zwar um-sonst sind, jedoch durchWerbung regelmäßig unterbrochen werden, um Kunden von einerPremiummitgliedschaft zu überzeugen. Apple offeriert seinen Neukunden nach Vertrags-schluss drei Monate Gratisservice. Darüber hinaus bietet Apple Music einen sogenannten„Family-Plan“ an, bei dem bis zu sechs Nutzer denselben Account für eine monatlicheGebühr von 14,99 US-Dollar nutzen können [10]. Auch Amazon bietet seinen Prime-Kunden einen Musikstreamingdienst an, der im Preis von Prime inbegriffen ist.

Ob Streamingservices wie Spotify oder Apple Music nun das „Ende der musikalischenPreisinnovation“ sind, erscheint zweifelhaft. Die Musikindustrie und viele Superstars sindmit den Tantiemen, die sie von Spotify erhalten, unzufrieden. Pro Stream erhalten dieKünstler bei Spotify 0,04–0,08 Cent, hingegen bei iTunes 10 Cent. Mit der neuen Platt-form Tidal starteten 18 Superstars in 2015 einen eigenen Streamingservice, der nebeneiner Flatrate von 9,99 Euro auch eine qualitativ höherwertige Variante zu 19,99 Euro proMonat beinhaltet [11, 12].

Der Gesamtumsatz der globalen Musikindustrie sank von mehr als 25 Milliarden US-Dollar im Jahre 2002 auf 15,9 Milliarden US-Dollar in 2010. Die Umsatzentwicklungweist seither eine weiterhin leicht sinkende Tendenz auf. In 2014 erreichten digitale Um-sätze mit 46 Prozent erstmals denselben Prozentsatz wie die Umsätze mit physischenTonträgern. Mit 41 Millionen erscheint die Zahl der Verbraucher, die in 2014 für ein Mu-sikabonnement zahlten, nach wie vor gering. Diese Zahl ist aber fünfmal so hoch wie

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in 2010, als es erst 8 Millionen waren. Die Zukunft wird zeigen, welche Preismodellesich durchsetzen. Das „Ende der Preisinnovationen“ in der Musikindustrie scheint nichtin Sicht.

Dieser kurze geschichtliche Überblick zeigt einerseits, dass es immer wieder In-novationen im Preismanagement gab, andererseits aber auch, dass diese relativselten waren und sich eher langsam ausbreiteten. Beides hat sich in den letztenJahrzehnten, vor allem mit dem Aufkommen des Internets, radikal geändert. Wirerleben eine regelrechte Welle von Innovationen im Preismanagement. Dabei sinddiese keineswegs nur auf das Internet zurück zu führen, sondern hinter den Be-mühungen stehen Faktoren wie das geschärfte Preismanagementbewusstsein derUnternehmensführungen, ein konsequenteres Denken in Geschäftsmodellen undtechnologische Entwicklungen etwa in der Sensorik, die eine validere Messung vonNutzungsdauern, Verbräuchen oder echtem Nutzen erlauben. Es sei an das histori-sche Beispiel der Wasseruhr erinnert. Auch das Preissystem von Google AdWordspasst in diesen Kontext. Während bei klassischen Medien die Schaltung einer An-zeige bepreist wird, ist es bei Google die Zahl der Klicks, also eine tatsächlicheReaktion potenzieller Kunden. Im Folgenden behandeln wir eine Vielzahl inno-vativer Ansätze und diskutieren ihre heutige und zukünftige Bedeutung für dasPreismanagement.

14.2 Veränderung der Preisabsatzfunktion durch erhöhteTransparenz

Eine der wichtigstenWirkungen des Internets besteht in der radikalen Erhöhung der Trans-parenz. Während es in früheren Zeiten mühsam, teuer, zeitaufwendig oder gänzlich un-möglich war, umfassende Preis- und Nutzenvergleiche anzustellen, geht dies heute miteinem Fingertipp am Computer oder am Smartphone. An jedem Ort und zu jeder Zeitstehen diese Informationen zur Verfügung. Preisvergleiche bilden dabei momentan dieInnovation mit der größten Breitenwirkung des Internets. Gleichwohl stellt sich die Fra-ge, ob Nutzenvergleiche nicht noch wichtiger sind beziehungsweise in Zukunft wichtigerwerden als reine Preisvergleiche.

PreistransparenzUm Preisinformationen zu sammeln, musste man in der alten Welt mehrere Anbieteranrufen, verschiedene Geschäfte aufsuchen, alternative Angebote einholen oder sich ge-druckte Testberichte beschaffen und diese lesen. Der Informationsstand der Kunden zuden Preisen unterschiedlicher Anbieter blieb wegen dieses Aufwandes in der Regel nied-rig. Heute offerieren eine Vielzahl von Internetdiensten wie preisvergleich.de, preis.de,

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14.2 Veränderung der Preisabsatzfunktion durch erhöhte Transparenz 567

check24.de, preissuchmaschine.de, billiger.de oder guenstiger.de branchenübergreifendPreisvergleiche. Daneben gibt es für nahezu alle Industriesektoren branchenspezifischeDienste. Billiger-mietwagen.de hilft bei der Suche nach dem preisgünstigsten Mietwagen.Seiten wie expedia.de, opodo.de, kayak.de oder booking.com erlauben Preisvergleichefür Reisen. In diesem Kontext ist auch die Internetplattform flightaware.com zu nennen.Zusätzlich zu einem detaillierten Real-Time Überblick zu Flugzeiten und Verspätungenwurde kürzlich ein Service mit dem Namen „Airline-Inside“ eingeführt. Dieser gewährtfür die ausgewählte Flugverbindung der jeweiligen Airline eine genaue Aufschlüsselungvon Flugpreisen und bildet dabei den Minimum-, Maximum-, und Durchschnittspreis proKlasse sowie den Umsatz und die Auslastung ab [13]. Bankrate.com klärt über die Preisevon Bankdienstleistungen auf. Die Plattform Spritpreismonitor.de informiert fast minu-tengenau über die Preise einzelner Tankstellen. Die Mineralölfirmen sind verpflichtet,Preisänderungen innerhalb von fünf Minuten an die Markttransparenzstelle des Bundes-kartellamtes zu melden [14]. Insgesamt greifen 70 Prozent der Deutschen auf Online-preisvergleiche zurück, wobei 20- bis 59-jährige Männer am aktivsten sind. Am häufigs-ten werden Urlaubsangebote verglichen (48 Prozent), dicht gefolgt von Strom und Gas(47 Prozent), Elektronik- und Haushaltsgütern (45 Prozent), Versicherungen (42 Prozent),Mobilfunkverträgen (39 Prozent), Flügen (35 Prozent), und Hotels (32 Prozent) [15].

Durch Smartphones und andere mobile Endgeräte gewinnt die Preistransparenz einekonkrete lokale Dimension. Mit entsprechenden Apps, wie beispielsweise der iPhone-App „barcoo“, scannt man den Strichcode eines Produktes in einem Geschäft ein underhält sofort die Information, wie viel dasselbe Produkt in benachbarten Läden kostet.Das setzt der räumlichen und der zeitlichen Preisdifferenzierung, die sich traditionell gutfür das Fencing eigneten, enge Grenzen. Es wird schwieriger, für identische Produkteoder Dienstleistungen differenzierte Preise durchzusetzen. Die Kunden sind einfach zugut informiert und kaufen im Zweifel bei dem billigeren Konkurrenten. In Brasilien hatsich ein Start-up-Unternehmen namens Premise durchgesetzt, das eine Smartphoneapp an-bietet, welche es den Nutzern erlaubt, Bilder von Lebensmitteln und Informationen überderen Preise mit anderen Nutzern zu teilen. Anhand der ermittelten Daten kann das Un-ternehmen für den brasilianischen Markt einen Konsumentenpreisindex für Lebensmittel25 Tage vor dem offiziellen durch die Regierung ermittelten Index ausweisen [16].

Laut einer aktuellen Studie nutzen bereits 40 Prozent aller Konsumenten weltweit ihrMobiltelefon im Geschäft zum Preisvergleich. Dabei setzen die Südkoreaner (59 Prozent),Chinesen (54 Prozent) und Türken (53 Prozent) ihr Smartphone am regelmäßigsten ein,um Preise zu vergleichen [17]. Darüber hinaus fördert die soziale Vernetzung über dasInternet die Herstellung einer aktiven Preistransparenz. So stieß beispielsweise der ame-rikanische Fastfoodkonzern McDonald’s, welcher eine Preiserhöhung für Cheeseburgerum 39 Cent durchsetzen wollte, auf vehemente Gegenwehr seiner Kunden. Innerhalb von48 Stunden sprachen sich 80.000 Facebook-Follower gegen die Preisehöhung aus, wasMcDonald’s zum Abblasen der Aktion bewegte [18].

Es gibt Seiten, die nicht nur Preise bei Aufruf „passiv“ vergleichen, sondern die denNutzer aktiv informieren, wenn bestimmte von ihm vorgegebene Preiskonditionen erfüllt

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werden, zum Beispiel der Preis für ein Produkt eine definierte Höhe unterschreitet. Seitenwie idealo.com oder auch geizkragen.de bieten ihren Nutzern die Option eines Preis-alarms, der sie unmittelbar informiert, sobald die Preise für vorab definierte Produkte,sinken. Während Hotelplattformen wie hrs.de oder booking.com den günstigsten Preis imAugenblick der Suche bieten, verfolgt trip-rebel.com den Preis für ein gebuchtes Hotel-zimmer. Sinkt der Preis im Zeitablauf, so wird die ursprüngliche Buchung gekündigt undautomatisch eine neue Buchung zu dem jetzt günstigeren Preis vorgenommen. Der Kundekann also davon ausgehen, zu jedem Zeitpunkt nach seiner ersten Buchung den günstigs-ten Preis zu erhalten. Dieses Verfahren erodiert das Fundament des Yield-Managements.Mit Hilfe von speziellen Beschaffungsseiten wie alibaba.com ist es zudem kein Problem,selbst in China den preisgünstigsten Lieferanten für ein Produkt zu finden.

Die Preistransparenz wird mit zunehmender Verfeinerung der Suchmaschinen und Pro-gramme weiter zunehmen. Somit verbessert sich die Preisinformation der Verbraucherständig. Die Auswirkungen erhöhter Preistransparenz auf die Preisabsatzfunktion sind inAbb. 14.1 veranschaulicht.

Es kann sein, dass die erhöhte Preistransparenz selbst ohne Preisänderungen zu einerAbsatzerhöhung oder -senkung führt. Dies wird durch die senkrechten Pfeile mit Fra-gezeichen angedeutet. Zu Preissenkungen beziehungsweise Veränderungen der Differenzzum Konkurrenzpreis lassen sich eindeutige Aussagen machen. Preissenkungen bezie-hungsweise das Unterbieten des Konkurrenzpreises beflügeln den Absatz stärker als beiniedriger Preistransparenz. Umgekehrt geht der Absatz bei Preiserhöhungen beziehungs-weise bei höherem Unterschied zum Konkurrenzpreis stärker zurück. Die Wirkungenhöherer Preistransparenz auf Preiselastizität und Kreuzpreiselastizität sind also asymme-trisch.

Absatz

Preis

mit Internet/erhöhte Preistransparenz

ohne Internet/niedrige Preistransparenz

bisheriger Preisoder Konkurrenzpreis

?

?

Abb. 14.1 Auswirkungen höherer Preistransparenz

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NutzentransparenzDie Erhöhung der Preistransparenz ist bis dato das stärkste Wirkungsfeld des Internets imHinblick auf das Preismanagement. Wir wagen jedoch die Hypothese, dass die Erhöhungder Nutzentransparenz das Potenzial besitzt, der längerfristig wichtigere Effekt zu wer-den. Wie das im Jahre 2000 erstmals veröffentlichte, seinerzeit revolutionäre Buch „DasCluetrain Manifest“ [19] feststellte, ermöglicht das Internet einen bisher nicht gekanntenDialog zwischen Kunden.3 Gute und schlechte Urteile über einen Anbieter oder ein Pro-dukt werden transparent und für jeden Interessierten zugänglich. Domizlaff [21] hat 1939zwischen dem „Jahrmarktsverkäufer“ und dem „ortsansässigen Kaufherrn“ unterschie-den. Der Jahrmarktsverkäufer tritt nur einmal im Jahr während des Jahrmarktes auf undverschwindet dann wieder. Er verkauft seinen Kunden schlechte Qualität zu überhöhtenPreisen. Wenn die Käufer kurze Zeit später die schlechte Qualität bemerken, ist er längstüber alle Berge. Kommt er im nächsten Jahr wieder, so erinnern sich die Nachfrager nichtmehr an ihn und fallen wieder auf seine verlockenden Preise rein. Ganz anders agiert der„ortsansässige Kaufherr“. Er kann sich ein solches Verhalten nicht erlauben. SchlechteLeistungen sprechen sich schnell im Ort herum, und die Kunden werden ihn meiden. Ermuss versuchen, „seine Kunden durch Gewinnung ihres Vertrauens zu binden“ und „Qua-litätsverpflichtung als Voraussetzung eines einträglichen Dauergeschäftes“ ansehen [21,S. 61].

Etwas vereinfacht gesagt, wird es im Internet auf Dauer keine Anbieter vom Jahr-marktsverkäufertyp, sondern nur noch „ortsansässige Kaufherrn“ geben. Schlechte Be-urteilungen, die ein Verkäufer bei eBay, ein Hotelier bei booking.com oder ein Fahrerbei Uber erhält, lassen sich kaum durch niedrige Preise kompensieren. Die Informati-onslage zu Qualität und Vertrauenswürdigkeit, die bisher nur auf lokaler Ebene in über-schaubaren, untereinander kommunizierenden Gemeinschaften darstellbar war, steht imInternet universell zur Verfügung. Es wird für Betrüger und Anbieter minderwertiger Wa-ren schwieriger, wenn nicht gar unmöglich, online ein dauerhaft erfolgreiches Geschäftzu betreiben. Umgekehrt erfährt der Kaufmann, der ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnisbietet, durch das Internet eine Aufwertung, denn die Vorteile seines Angebotes werdenunabhängig von Ort und Zeit kommuniziert. Natürlich kann auch das Internet Manipu-lationen der Feedbacks nicht gänzlich ausschließen, aber mit zunehmender Verbreitungund höheren Beurteilerzahlen werden solche Manipulationen schwieriger. Im Übrigenversuchen die Seitenanbieter, Manipulationen durch entsprechende Kontrollsoftware zuunterbinden. Die Beurteilungen dürften zunehmend differenzierter werden und sich nichtauf ein Sternesystem oder ähnliche eindimensionale Kriterien beschränken.

Eine wichtige Rolle für die Nutzentransparenz spielen sogenannte Trustmarks. Es han-delt sich hierbei um Gütesiegel, die von Diensten wie TrustedShops nach einer sorgfälti-gen Prüfung des Anbieters vergeben werden. Sie geben dem Kunden emotionale Sicher-

3 Das Analoge gilt übrigens für den Dialog zwischen aktuellen und potenziellen Mitarbeitern einesUnternehmens. Auf der Seite glassdoor.com haben mehr als 27 Millionen Mitarbeiter Kommentarezu ihren Arbeitgebern veröffentlicht [20].

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heit und sind teilweise mit formellen Garantien verbunden. Trustmarks bieten wenigerbekannten Onlinefirmen die Chance, Akzeptanz bei potenziellen Kunden zu finden unddamit auch höhere Preise durchsetzen zu können. Für größere Anbieter, die mit ihremeigenen Markennamen bürgen, sind sie weniger wichtig [14].

Abb. 14.2 illustriert die Absatzwirkungen erhöhter Nutzentransparenz. Diese Wirkun-gen unterscheiden sich fundamental für Angebote, die im Internet als vorteilhaft bezie-hungsweise unvorteilhaft beurteilt werden und sind zudem asymmetrisch. Zunächst darfman erwarten, dass – ähnlich wie in Abb. 14.1 – der Absatz bei gegebenem Preis be-ziehungsweise Unterschied zum Konkurrenzpreis für vorteilhafte Angebote steigt undfür unvorteilhafte Angebote sinkt. Preissenkungen für vorteilhafte Angebote haben beierhöhter Nutzentransparenz eine stärker positive Absatzwirkung als bei geringer Nutzen-transparenz. Das Gleiche gilt für das Unterbieten des Konkurrenzpreises. Hingegen wir-ken Preiserhöhungen beziehungsweise größere Abweichungen vomKonkurrenzpreis nachoben stärker negativ auf den Absatz. Bei im Internet als vorteilhaft beurteilten Angebotengilt das Umgekehrte. Preissenkungen wirken stärker und Preiserhöhungen schwächer aufden Absatz als bei geringer Nutzentransparenz.

Diese Wirkungen weisen eine gewisse Ähnlichkeit mit den Wirkungen von Werbungauf die Preisabsatzfunktion auf, die in Abb. 9.9 dargestellt wurden. Der fundamentaleUnterschied besteht darin, dass der Anbieter die Wirkungen gemäß Abb. 9.9 durch seineWerbung selbst steuern kann, während er den Wirkungen in Abb. 14.2 „ausgeliefert“ ist.Letztere kann er nur durch Verbesserungen von Produkt und Service beeinflussen, was inder Regel schwieriger und langwieriger sein dürfte.

Absatz

Preis

vorteilhafte Angebote/erhöhte Nutzentransparenz

vor Internet/geringe Nutzentransparenz

bisheriger Preisoder Konkurrenzpreis

unvorteilhafte Angebote/erhöhte Nutzentransparenz

?

?

Abb. 14.2 Strukturelle Auswirkungen höherer Nutzentransparenz auf die Preisabsatzfunktion

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14.3 Innovative Preismodelle 571

14.3 Innovative Preismodelle

Innovationen im Preismanagement können vom Geschäftsmodell oder von der Technolo-gie getrieben werden. In manchen Modellen überlappen sich beide Antriebskräfte, wobeijedoch meist eine von beiden dominiert. Unter Geschäftsmodell oder Businessmodel ver-stehen wir die Art und Weise, wie ein Unternehmen seine Leistung anbietet und sich denGegenwert in Form des Preises zurückholt [22–24]. Die Chancen und Gefahren neuer Ge-schäftsmodelle bringt Volker Denner [25, S. 15]. Vorsitzender der Geschäftsführung derRobert Bosch GmbH, am Beispiel von Uber auf den Punkt: „Uber ist keine revolutionäreTechnologie, sondern ein neues Geschäftsmodell. Und darin sind wir noch nicht gut ge-nug. Dort sehe ich die größten Gefahren.“ In den letzten Jahren sind zahlreiche Pricing-Innovationen in breite Anwendungen vorgedrungen, selbst wenn das Prinzip, auf dem siebasieren, nicht unbedingt neu war.

14.3.1 Flatrates

Bei einer Flatrate zahlt man einen festen Preis pro Anlass oder Zeitraum und kann das An-gebot dann in beliebigem Umfang nutzen. Klassische Formen von Flatrates sind Monats-karten, Abonnements in Fitnessstudios oderMitgliedsbeiträge in Organisationen. Generellgesagt, beinhaltet eine Flatrate die Subventionierung der Minderheit der Vielnutzer durchdie große Mehrheit der Wenignutzer [26]. Flatrates sind heute in der Telekommunikationund bei Internet-Zugängen sehr stark verbreitet. Auch beim Kabelfernsehen zahlt man ei-ne monatliche Flatrate und kann jederzeit und auf allen angebotenen Kanälen beliebig vielfernsehen. Ebenso beinhaltet die BahnCard 100 der Deutsche Bahn ein Flatrateangebot.Der Karteninhaber kann ein Jahr lang beliebig oft und beliebig weit fahren. Die Flatrateist ein stark wirkendes Instrument zur Preisdifferenzierung. Intensivnutzer realisieren mitFlatrates hohe Rabatte. Wer beispielsweise so viel mit der Bahn fährt, dass er zum Nor-malpreis 20.000 Euro zahlen müsste, erhält mit der BahnCard 100 in der 2. Klasse einenRabatt von 79,6 Prozent.

Flatrates gehören zu den wichtigsten Innovationen in der Preislandschaft. Bei Mc-Donald’s erhält man mit den Menüs einen Becher, der einen beliebigen Konsum vonSoftdrinks erlaubt. Wie es der Slogan „All-you-can-eat“ zum Ausdruck bringt, sind Buf-fets ebenfalls Flatratesysteme. Wer drei Steaks isst, zahlt nicht mehr als derjenige, der nurein Steak verzehrt. Das Risiko hält sich für den Anbieter hier insofern in Grenzen, alsdass der Verbraucher nur eine begrenzte Menge essen oder trinken kann. In japanischenRestaurants ist eine Flatrate populär, bei der man innerhalb eines bestimmten Zeitrau-mes beliebig viel essen oder trinken darf. Der Preis liegt bei 1.500 Yen für eine Stunde,2.500 Yen für zwei Stunden und 3.500 Yen für drei Stunden. Diese Flatrateangebote sindbei japanischen Studenten beliebt. Der Anbieter begrenzt hier sein Risiko zusätzlich durchdas Stundenlimit. Zudemwird berichtet, dass die Flatratekunden auffällig langsam bedientwerden. Zunehmend populär werden Flatrates in Form sogenannter „All-inclusive-Ange-

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572 14 Innovationen im Preismanagement

bote“ auch im Tourismus. Solche „All-inclusive-Angebote“ beinhalten sowohl Flatrate-Elemente (z. B. für Speisen und Getränke) als auch Preisbündelungen (z. B. Flug, Hotel,Mietwagen). In Urlaubsgebieten wie „der Türkei oder der Dominikanischen Republik sindweit über 90 Prozent der Angebote all inclusive“, sagt ein Tourismusexperte [27, S. 8].

Neben den bereits beschriebenenMusikstreamingdiensten wie Spotify oder Apple Mu-sic gibt es auch Film- und Videoangebote zu Flatrates. Der bekannteste Anbieter ist Net-flix. Für einen festen monatlichen Betrag können die Konsumenten das Angebot un-eingeschränkt nutzen. Netflix verlangt dafür, je nach Abostufe zwischen 7,99 Euro und11,99 Euro [28]. Amazon hat ebenfalls einen Streamingdienst für Amazon-Prime-Mit-glieder im Angebot [29].

Mit der Einführung einer Flatrate sind für Anbieter gleichwohl Risiken und Nachteileverbunden. Die Entwicklungen in Telekommunikation und Internet illustrieren diese Ge-fahren. Die Diskussion um Flatrates begann in den späten neunziger Jahren in den USAund gelangte wenig später auch nach Deutschland. Seitens der Intensivnutzer, die vonFlatrates am stärksten profitieren, wuchs der Druck, solche Angebote einzuführen. DasBeispiel von Verträgen für mobile Internetzugänge, die neben Sprache und SMS mobilesInternet enthalten, zeigt, dass ein Preismodell nicht per se als gut oder schlecht, sondernnur als passend oder unpassend bewertet werden kann. Zu Beginn des mobilen Internetsgab es große Skepsis bei den Verbrauchern. Kaum jemand konnte einschätzen, was einMegabyte Datenvolumen ausmacht? Um den Verbrauchern die Angst vor unkalkulierba-ren Gebühren zu nehmen, wurden zunehmend Datenpakete und Datenflatrates eingeführt.Diese Preismetriken beflügelten in der frühen Phase die Akzeptanz von mobilen Internet-diensten, nahmen die Ängste vor sogenannten Bill-Shocks und steigerten die Penetration.Wettbewerbsinduziert wurde die Internetflatrate zum Marktstandard. Mit der Annäherungan die Sättigungsgrenze und steigenden Datenvolumina pro Nutzer wurde die Internetflat-rate jedoch zum Problem. 10 Prozent der Nutzer erzeugten oft 80 Prozent des gesamtenDatenverkehrs. Erhöhte Kosten zur Aufrechterhaltung der Netzqualität verbundenmit feh-lenden Mehrerlösen pro Kunde stellten das Erlösmodell in Frage. Gleichzeitig erlaubtedie Flatrate jungen Internetunternehmen auf Basis der Infrastruktur der Telekommunika-tionsunternehmen, neue Dienste anzubieten und so deren Angebote zu kannibalisieren.WhatsApp und iMessage sowie Skype und FaceTime ermöglichen kostenfreie und zumTeil qualitativ bessere SMS und Telefonie. Sie sind zudem einfacher und multimedial(Video). Die klassischen Services wie SMS und Telefonie büßten erheblich an Umsatzein. Eine mögliche Lösung für Telekommunikationsunternehmen wäre es, statt echter(unlimitierter) Datenflatrates nur noch Datenpakete zu verkaufen. Derzeit bieten Tele-kommunikationsunternehmen Flatrateverträge an, bei denen die Geschwindigkeit nachErreichen eines gewissen Datenvolumens zurückgeht. Dies soll die Kunden zum einenzur Reduktion des Datenverbrauchs bewegen und zum anderen zum Kauf neuer Daten-pässe beziehungsweise zu einem Vertragsupgrade motivieren. Die Telekom-Unternehmenversuchen so, einen Kompromiss zwischen Abrechnung pro Megabyte (nicht einschätz-bar, Bill-Shock-Gefahr, Kaufresistenz) und Flatrates zu erreichen. Eher vordergründigführten sie auch Flatrates für SMS und Telefonie ein, um diese absterbenden Umsatz-

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14.3 Innovative Preismodelle 573

quellen abzusichern. Das Geschäft verlagerte sich dennoch immer stärker auf WhatsAppund Co. Ob es den Telekommunikationsunternehmen gelungen ist, einen Mehrerlös durchein höheres Preisniveau zu erzielen, muss aufgrund der Wettbewerbsintensität hinterfragtwerden. Eine Absicherung für die tradierten Services wie SMS und Telefonie über dasPreismodell Flatrate macht dennoch Sinn. Die Deutsche Telekom hat aus ähnlichen Über-legungen im Mai 2015 ein Produkt eingeführt, das es erlaubt, im Ausland Telefonie undDatenübertragung zu Inlandstarifen durchzuführen. Dies kostet den Nutzer 10 Euro proMonat Aufpreis. Die dahinterstehende strategische Überlegung ist, dass die sogenanntenRoaming-Umsätze für die deutlich höher bepreiste Auslandsnutzung mittelfristig ohnehindurch die EU wegreguliert werden. Bevor dies geschieht oder ein Ausweichen auf Alter-nativen (WLAN, ausländische SIM-Karte) erfolgt, sichert man die Nutzung strategischab. Entscheidend ist, dass Telekommunikationsunternehmen am Ende dieses Prozesses(technologisch und preislich) nur noch Datentransport als Basis für alle anderen Servicesverkaufen werden. Eine unlimitierte Datentransportflatrate ist daher aus den oben aufge-führten Gründen nicht ratsam.

Aus Verbrauchersicht haben Flatrates mehrere Vorteile. Es gibt Verbraucher, die eineFlatrate kaufen, obwohl diese für sie nicht die günstigste Tarifvariante darstellt. Lam-brecht und Skiera [30, 31] zeigen auf, dass oft ein so genannter „Flatrate-Bias“ vorliegt.Das heißt, Kunden ziehen eine Flatrate vor, obwohl ein nutzungsabhängiger Tarif für siegünstiger wäre. Dies kann aus folgenden Gründen geschehen:

� Versicherungseffekt: Wunsch des Kunden, Schwankungen in den monatlichen Rech-nungsbeträgen zu vermeiden.

� Taximetereffekt: Nutzung kann bei einer Flatrate mehr genossen werden als bei einemnutzungsabhängigen Tarif. Das „Taximeter“ läuft nicht.

� Bequemlichkeitseffekt: Um Zeit zu sparen und Suchkosten zu vermeiden, entscheidensich Kunden für eine Flatrate.

� Überschätzungseffekt: Kunden wählen eine Flatrate, da sie ihre Nutzung des Dienstesüberschätzen.

Prospekttheoretisch interpretiert, gibt es bei jedem Telefonat beziehungsweise Inter-netzugriff einen Gewinnnutzen. In der Summe sind diese mehrfachen Gewinnnutzen, dietäglich mehrmals erlebt werden, höher als der Verlustnutzen der Flatrate, der nur einmalim Monat anfällt.

Eine wichtige Voraussetzung für das Anbieten von Flatrates sind Grenzkosten von Nulloder zumindest nahe an Null. Jeremy Rifkin [32] behandelt dieses Phänomen und sei-ne Konsequenzen in dem Buch „Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft“. Grenzkosten vonoder nahe an Null sind in der Tat eine neue Erscheinung des Internetzeitalters, zumindestgilt dies in der Breite. Doch auch hier scheinen Skepsis und Vorsicht geboten. Innerhalbbestimmter Grenzen mögen die Grenzkosten tatsächlich nahe an Null liegen. Wenn je-doch die Nachfrage explodiert, entstehen aufgrund notwendiger Kapazitätserweiterungensprungfixe Kosten. Das heißt, die Grenzkosten sind oft nur bei Betrachtung einzelner oder

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574 14 Innovationen im Preismanagement

weniger Nutzer, nicht jedoch für größere Nutzerzahlen gleich Null. Wir werden uns weiterunten intensiver mit dem Problem der Null-Grenzkosten beschäftigen.

Wenn der Verbrauch nicht durch Grenzkosten von oder nahe an Null oder durch na-türliche Grenzen (wie beim Buffet) beschränkt ist, sollte man als Anbieter mit Flatratessehr vorsichtig sein. Vor allem muss man detaillierte Informationen über die Verteilungvon Wenig- und Intensivnutzern besitzen und gründliche Simulationen durchführen, sonstkann es unangenehme Überraschungen geben. Bei vielen Intensivnutzern ist das Risikoeiner erheblichen Gewinneinbuße durch Flatrates hoch. So schränkte der amerikanischeBuchhändler Scribd, der E-Books für eine monatliche Flatrate von 8,99 US-Dollar anbie-tet, sein Angebot bei vielgelesenen Romanen ein. Scribd selbst muss für jedes aufgerufeneBuch eine Lizenzgebühr an den Verlag abführen. Und die Nutzer der Flatrate lasen so vie-le Romane, dass es für Scribd unwirtschaftlich wurde [33]. Doch Vorsicht ist selbst dannangezeigt, wenn die Grenzkosten gleich Null sind, denn letztlich geht es im Pricing umdie Ausschöpfung von Preisbereitschaft und nicht nur um die Grenzkosten.

14.3.2 Freemium

Freemium ist eine Preismanagementinnovation, die im Internet weite Anwendung findet.Freemium setzt sich zusammen aus „Free“ (kostenlos) und „Premium“ (Aufpreis) und be-zeichnet eine Preisstrategie, bei der die Basisversion eines Produktes kostenlos angebotenwird, hingegen für höherwertige Premiumdienste ein Preis zu entrichten ist. Noch stärkerals bei Flatrates ist es bei Freemium-Modellen wichtig, dass die Grenzkosten zumindestfür den Basisdienst gleich oder nahe an Null sind und somit durch die freie Abgabe keineBelastung für den Anbieter entsteht. Scheinbare Freemium-Modelle gab es auch in deralten Welt. So werben Banken seit Jahren mit gebührenfreien Girokonten. Nur wenn derKunde mehr will als die Basisleistung, muss er zahlen. Allerdings ist die Kostenfreiheitfür das Basiskonto meist an Bedingungen geknüpft. So darf bei manchen Banken ein Min-destkontostand nicht unterschritten werden. Die Commerzbank offeriert ein „kostenlosesGirokonto mit Zufriedenheitsgarantie“. Allerdings umfasst der kleingedruckte Text mitBedingungen mehr als 70 Worte, u. a. müssen mindestens 1.200 Euro monatlich eingehen[34]. Die Postbank erlässt die normale Kontogebühr von 5,90 Euro pro Monat, wenn mo-natlich mindestens 1.000 Euro auf dem Konto eingehen. Bei diesen Angeboten handeltes sich nur scheinbar um Freemium-Modelle. Der Kunde zahlt letztlich mit entgange-nem Zins. Ähnliches gilt für sogenannte Null-Prozent-Finanzierungen, die in den letztenJahren verstärkt von Einzelhändlern offeriert werden. Die Finanzierungskosten sind imKaufpreis versteckt [35].

Ziel von Freemium ist es, zunächst eine möglichst große Anzahl potenzieller Kundenmit dem Gratisangebot anzulocken. „Den Kunden mit Gratisware anfüttern und in spä-ter melken“, beschreibt ein kritischer Autor den Freemium-Ansatz [36]. Sind die Nutzermit den Basisfunktionen vertraut, hofft der Anbieter auf deren steigende Bereitschaft, fürhöherwertige Zusatzdienste zu zahlen. Freemium eignet sich insbesondere für sogenannte

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14.3 Innovative Preismodelle 575

Erfahrungsgüter („Experience-Goods“), deren vollen Nutzen man erst durch die Erfah-rung mit dem Gut kennen lernt. Freemium lässt sich insofern auch als eine Ausprägungder Penetration-Strategie interpretieren.

Freemium-Modelle erfreuen sich steigender Popularität. Typische Einsatzbereiche sindSoftware (z. B. Skype), Medien (z. B. Spotify), Spiele (z. B. Farmville), Apps (z. B. AngryBirds), Soziale Netzwerke (z. B. Xing, LinkedIn) oder Webdienste. Eine Differenzierungbesteht darin, ob das Free-Angebot mit Werbung verbunden wird oder nicht. Bei vie-len Freemium-Diensten ist das Free-Angebot tatsächlich in dem Sinne „frei“, dass keineWerbung geschaltet wird. Ein Beispiel ist die Smartphone- und Tablet-Version von Mi-crosoft Office, welche den Kunden in einer Grundversion frei zur Verfügung gestellt wird[37]. Der Nutzer „bezahlt“ allenfalls mit seinen Daten. LinkedIn und Xing sind ebenfallsBeispiele. Bei anderen Diensten muss der Nutzer im Free-Angebot Werbung oder Werbe-unterbrechungen in Kauf nehmen. Dies ist beispielsweise bei Spotify der Fall. Die Nutzerder Premiumversion zahlen 9,99 Euro pro Monat und erhalten die Musik frei von Wer-beunterbrechungen. Die Free-Kunden müssen sich wie im Radio Werbeunterbrechungenaussetzen. Sie „zahlen“ mit ihrer Aufmerksamkeit. Auch bild.de kann als Beispiel die-nen. Auf der Website stehen den Nutzern zwar viele Beiträge frei zur Verfügung, jedochkönnen manche ausgewählte Artikel nur nach Abschluss der BILDplus Mitgliedschafteingesehen werden. Dabei stehen den Nutzern zwei Abo-Optionen zur Verfügung. Zumeinen die BILDplus-Digitalmitgliedschaft, die für monatlich 4,99 Euro erhältlich ist, undzum anderen die BILDplus-Premiummitgliedschaft, welche sich durch ein zusätzlichesBundesligapaket auszeichnet und für 9,99 Euro zu erwerben ist [38]. Der Wörterbuchan-bieter leo.org offeriert seinen Dienst frei, schaltet aber Werbung. Wenn man diese sperrt,erscheint eine Bitte um Spenden, das kann man als eine Variante des Pay-what-you-want-Modells interpretieren, das wir weiter unten behandeln. LinkedIn geht beim Premi-umangebot weiter und differenziert die Preise für unterschiedliche Bedürfnisse. Das auf„Land your dreamjob“ gerichtete Premiumangebot kostet 21,99 Euro pro Monat. Für diePremiumseite, die dem Bedürfnis „Select and nurture your network“ dient, fallen monat-lich 44,99 Euro an. Für „Unlock sales opportunities“ sind es 59,99 Euro. Offensichtlichschätzt LinkedIn die Preisbereitschaften von Bewerbern, Networkinginteressierten undVerkäufern deutlich verschieden ein. Zudem gibt es bei allen drei Angeboten für Jahres-buchungen Rabatte von gut 20 Prozent. Auch Xing hat ein Freemium-Modell. Die Kom-munikationssoftware Skype setzt auf vollständige Funktionalität, beschränkt kostenloseAnrufe jedoch auf das eigene Netz. Hat sich der Nutzer an die intuitive Bedienoberflächegewöhnt, ist er eher bereit, für Anrufe ins Festnetz oder aufs Handy einen Preis zu zah-len. Skype hat zu Beginn vor allem einzelne Gesprächsminuten verkauft. Später wurdendie Angebote ähnlich wie bei klassischen Telekommunikationsunternehmen strukturiert.Die aktuellen Bezahlangebote beinhalten Minutenpakete oder Flatrates in ausgewählteLandesnetze.

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576 14 Innovationen im Preismanagement

Kernerfolgsfaktoren für Freemium-Modelle sind:

1. Ein attraktives Grundangebot, um viele Nutzer zu gewinnen.2. Das richtige Fencing zwischen Grund- und Premiumangebot, um zahlende Erstkäufer

zu generieren (First-Time-Buyer-Conversion).3. Ein Konzept, um aus Erstkäufern treue Wiederholungskäufer zu machen, die den

höchsten Kundenwert (Customer-Lifetime-Value) haben.

Zwischen 1. und 2. gibt es eine Trade-off-Beziehung. Ist das Grundangebot zu attrak-tiv, so wird die Produktwertsteigerung schwierig. Das Unternehmen gewinnt zwar vieleNutzer, aber nur wenige davon werden zahlende Premiumnutzer. Umgekehrt gewinnt manmit einer sehr einfachen Basisversion zu wenige Free-Nutzer. Man hat dann vielleicht ei-ne hohe Konversionsrate zu Premiumnutzern, aber die Gesamtzahl der zahlenden Kundenbleibt niedrig. Das Fencing zwischen Grund- und Premiumangebot wird über Features,Produktversionen oder Unterscheidung in der Nutzungsintensität erreicht.

Auch Zeitungen haben nach Jahren der Kostenloskultur für digitale Inhalte Freemium-Modelle eingeführt. Die meisten Online-Versionen von Zeitungen erzielten ihre Erlöseim Internet in den vergangenen Jahren ausschließlich mit Werbung. Um auch von denLesern Geld zu erhalten, arbeiten viele Verlage inzwischen mit Bezahlschranken. DasHauptinstrument des Fencing ist hier keine höherwertige Produktversion, sondern dieNutzungsintensität. Bei der New York Times beispielsweise sind 10 Artikel im Monatkostenlos einzusehen [39]. Wer mehr Artikel lesen möchte, muss zahlen. Für Abonnentender Druckversion ist der Zugang zur Internetversion kostenfrei. Die Welt experimentiertebenfalls mit Bezahlschranken [40]. Sowohl bei der Welt als auch der New York Timesfällt auf, dass digitale Monatsabos zu 99 Cent offeriert werden, obwohl die Listenpreisebei der Welt zwischen 4,49 und 14,99 Euro beziehungsweise bei der New York Timeszwischen 15 und 35 US-Dollar liegen. Die Kindle-Version der New York Times hat zumBeispiel einen Monatspreis von 29,99 US-Dollar.

Die Angebote von 99 Cent für ein Monatsabo scheinen im Betrag zwar nicht weitvon „free“ entfernt, aber die Tatsache, dass eine Zahlungsbeziehung eingerichtet werdenmuss, macht sowohl für den Kunden als auch für den Anbieter einen fundamentalen Un-terschied aus. Denn das Überspringen der „Preisbarriere“ (in den USA spricht man von„Penny-Gap“) ist bei Freemium-Modellen die große Hürde. Für Verlage besteht die Her-ausforderung darin, die Nutzer von der Kostenloskultur im Internet zu entwöhnen und ihredigitalen Inhalte als Bezahlleistung zu etablieren. Der IBM-Manager Saul Berman [41]nennt dies „the challenge of the decade“. Stephan Scherzer [42], Geschäftsführer des Ver-bandes Deutscher Zeitschriftenverleger, spricht von der „entscheidenden Zukunftsfrage“:„Wie bringen die Verlage ihre Leser dazu, für Inhalte im Internet zu bezahlen?“ Die Si-tuation könnte sich weiter verschlechtern, wie es das folgende Zitat zum Ausdruck bringt:„Nachfolgende Generationen werden es verlernen, Geld für Inhalte auszugeben, denn inihrer Wahrnehmung ist content kostenlos erhältlich und nur einen Mausklick entfernt. Eswächst eine ganze Generation heran, die den Wert von Kulturerzeugnissen schlichtweg

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14.3 Innovative Preismodelle 577

nicht mehr beurteilen kann.“ Auch für Apps gilt: „Kaum ein Prozent aller Apps wird zumZeitpunkt ihres Downloads bepreist“ [36].

Bisher gibt es nur wenige Medien, die auf rein journalistische Erlöse setzen. Ein Bei-spiel ist das französische Enthüllungsportal Mediapart, das von dem ehemaligen Le Mon-de-Chefredakteur Edwy Plenel betrieben wird. Bei einer monatlichen Abogebühr von9 Euro hat das Medium 65.000 Abonnenten, erzielt pro Jahr einen Umsatz von 6 Mil-lionen Euro und ist mit einem Nettogewinn von gut 700.000 Euro profitabel [43]. AufWerbung wird völlig verzichtet.

In einem Projekt für ein soziales Netzwerk mit Freemium waren zu Beginn 8 Prozentder Kunden Premiumnutzer. In Onlinepreistests stellten wir fest, dass Preisänderungenden Umsatz kaum veränderten. Da es mehrere vergleichbare (und teilweise komplett kos-tenlose) Konkurrenzdienste gab, sank die Zahl der Premiumzahler bei Preiserhöhungenschnell. Preissenkungen zogen umgekehrt nicht viele neue Kunden an. Die Preiselastizi-täten bewegten sich in der Größenordnung von 1, das heißt Preis- und Mengenänderungenkompensierten sich in etwa. Was allerdings wirkte, waren Angebots- und Portfolioän-derungen. Durch bessere, inhaltsreichere Angebote stieg der Premiumanteil von 8 auf10 Prozent. Das ist bezogen auf den Ausgangswert ein Zuwachs von 25 Prozent, undgenau um diesen Prozentsatz stieg auch der Umsatz. Es war für dieses Netzwerk das er-folgreichste Projekt seit Jahren. Der Fall bestätigt, welch zentrale Rolle der Nutzen spielt.Der Nutzenunterschied zwischen „Free“ und „Premium“ muss groß genug sein, um diePreisbarriere zu überwinden.

Für den Bereich des Onlinegaming sind Freemium-Modelle inzwischen so populärgeworden, dass selbst die klassischen Spielehersteller eine Reihe von Spielen online kos-tenlos anbieten und primär mit einzelnen Features Geld verdienen wollen. So bietet Elec-tronic Arts aus der populären „Need for Speed“-Rennspielserie ein Freemium-Produkt an:„Need for Speed World“. Der Spieler kann sich gegen Geld Spielwährung erwerben unddann zusätzliche Autos oder Autoteile, die die Leistung steigern, kaufen. Bei diesen An-geboten spielen Micropayments eine große Rolle. Kleine Beträge, die von vielen Nutzerngezahlt werden, können sich zu beachtlichen Summen addieren.

Ob sich ein Freemium-Modell gegenüber einer herkömmlichen Preisstrategie aus Un-ternehmenssicht lohnt, hängt vom Wettbewerb, den Zielkunden und den Produkteigen-schaften ab [44]. Die zentralen Kenngrößen sind die Conversion und der Customer-Li-fetime-Value der Premiumkunden. Ein Premiumnutzer kann dem Unternehmen durchausmehrere Hundert Euro einbringen im Gegensatz zum Grundproduktnutzer, der nichts ein-bringt. Durch systematische Optimierung von Preis- und Produktstrategie bei Freemium-Modellen lassen sich unserer Projekterfahrung nach bis zu 20 Prozent höhere Umsätzeund Gewinne generieren.

Dass es auch ohne Freemium geht, lernten wir in einem Projekt für eine führende Zeit-schrift in USA. In dem neuen Preissystem werden Print und Online jeweils alleine zumgleichen, leicht erhöhten Preis von 118 US-Dollar für das Jahresabo angeboten. Der neuePreis für das Print-Online-Bündel liegt bei 148 US-Dollar, was einem Bündelrabatt von63 Prozent bezogen auf die Summe der Einzelpreise von 236 US-Dollar entspricht. Der

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578 14 Innovationen im Preismanagement

Durchschnittserlös stieg ohne Kundenverluste um 15 Prozent. Die Verlagsgruppe will die-ses System auf ihre internationalen Objekte ausdehnen. Es sei angemerkt, dass es sich indiesem Falle um ein Medium mit sehr starker Markenreputation handelt. Für ein solchessind die Kunden offensichtlich bereit, zu zahlen. Der kombinierte Zugang zu Print undOnline wurde von vielen Abonnenten als echter Zusatznutzen gesehen.

Kein Freemium-, sondern ein Free-Modell offeriert der Elektroautohersteller Teslaseinen Kunden. Diese können an den von Tesla installierten Superchargerstationen ihreBatterien zu einem Preis von Null aufladen. Dieses Angebot ist zeitlich nicht begrenzt.Wirhalten diese Preisstrategie für sehr riskant und nicht dauerhaft durchhaltbar. Die ursprüng-liche Idee von Tesla-Gründer Elon Musk war, dass er den Strom für diese Stationen vonder ebenfalls von ihm gegründeten Solarstromfirma Solar City zu Grenzkosten von Nullbezieht [45]. Das gilt aber bestenfalls in USA und nur zu Zeiten, in denen der Strompreisquasi Null ist. Insgesamt hat Tesla per März 2016 weltweit mehr als 600 Superchargersta-tionen installiert, davon etwa 40 in Deutschland und 150 in Europa. Ein Focus-Artikel [46]kalkuliert, dass der in Deutschland von Tesla-Fahrern aus Superchargern bezogene Stromim Jahre 2014 zu Endverbraucherpreisen mehr als 500.000 Euro wert war und allein imMärz 2015 Strom für 300.000 Euro abgezapft wurde. Hinzukommen die auf 2,6 MillionenEuro geschätzten Installationskosten für die Stationen. Ein Gut zu einem Preis von Nullabzugeben, für das man selbst bezahlen muss, erscheint uns als gefährliche Strategie. Jemehr Autos Tesla verkauft, desto riskanter wird dieses Free-Modell [47].

14.3.3 Interaktive Preismodelle

Bei interaktiven Preismodellen wird der Preis in einem interaktiven Prozess zwischen Ver-käufer und Käufer ermittelt. Historisch dürften interaktive Preismodelle sogar dominierthaben. Denn im Basar werden die Preise ausgehandelt. Das Gleiche gilt für die Flohmärk-te unserer Zeit. Das Internet erleichtert die Interaktion zwischen Anbieter und Nachfragerund hat auf diese Weise interaktive Modelle neu belebt, wobei Akzeptanz und Erfolgedurchaus unterschiedlich sind.

Name-your-own-PriceWährend der ersten Internetwelle gab es große Erwartungen in ein Preismodell, bei demder Kunde einen Preis bietet und der Anbieter danach entscheidet, ob er dieses Preis-angebot annimmt oder nicht. Name-your-own-Price, auch Customer-driven-Pricing oderReverse-Pricing genannt, ist ein Verfahren, hinter dem aus Verkäufersicht die Erwartungsteht, dass der Kunde seine wahre Preisbereitschaft offenlegt. Das Preisgebot des Kundenist dabei bindend. Die Zahlung wird durch Angabe der Kreditkartennummer oder durchLastschrifteinzug sichergestellt. Sobald das Gebot des Kunden oberhalb eines nur demAnbieter bekannten Minimumpreises liegt, erhält der Kunde den Zuschlag und zahlt denvon ihm gebotenen Preis. Derartige verbindliche Preisgebote bilden eine „echte“ Preisab-

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14.3 Innovative Preismodelle 579

satzfunktion. Es sei auf Abb. 3.13 verwiesen, die eine solche Funktion für ein Notebookdarstellt.

Als Erfinder des Name-your-own-Price-Modells gilt die amerikanische Firma priceli-ne.com. Auch in Deutschland gab es mehrere Anbieter wie ihrpreis.de und tallyman.de.In den Anfangsjahren wurde ein breites Sortiment von Produkten angeboten, wobei Elek-tronikartikel sowie Dienstleistungen (Reisen, Hotels) im Vordergrund standen. Es stelltesich allerdings heraus, dass viele Kunden unrealistisch niedrige Preisgebote abgaben. Ent-weder gingen hauptsächlich Schnäppchenjäger auf die Name-your-own-Price-Seiten oderdie Verbraucher legten nicht ihre wirkliche Preisbereitschaft offen, sondern probierten, obsie das Produkt zu einem äußerst niedrigen Preis ergattern konnten.

Das Name-your-own-Price-Modell war jedenfalls Anfang des Jahrtausends nicht nach-haltig erfolgreich. ihrpreis.de und tallyman.de verschwanden nach einiger Zeit wiedervom Markt. Priceline.com überlebte zwar, aber mit einem anderen Geschäftsmodell. Pri-celine.com ist heute ein großer Internetvermarkter mit mehr als 8 Milliarden US-DollarUmsatz und einem Börsenwert von 53 Milliarden US-Dollar. Den größten Beitrag da-zu liefert die Seite booking.com, die ihren Ursprung in den Niederlanden hat. Das Name-your-own-Price-Modell trägt nur einen winzigen Teil zumGeschäft von priceline.com bei.Im Wesentlichen läuft darüber die Restevermarktung an extrem preissensitive Verbrau-cher, die bereit sind, für einen sehr niedrigen Preis Unannehmlichkeiten wie mehrfachesUmsteigen bei Flugreisen in Kauf zu nehmen. Auf der Homepage von priceline.com [48]heißt es: „The Name Your Own Price® service uses the flexibility of buyers to enable sel-lers to accept a lower price in order to sell their excess capacity without disrupting theirexisting distribution channels or retail pricing structures.“

Trotz seiner theoretisch interessanten Potenziale im Hinblick auf die Offenlegung derPreisbereitschaften der Verbraucher hat das Name-your-own-Price-Modell die Erwartun-gen bisher nicht erfüllt, was aber ein Comeback in der Zukunft oder seine Eignung für dieRestevermarktung nicht ausschließt.

Pay-what-you-wantEine weitergehende Variante des kundenbestimmten Pricing ist das Pay-what-you-want-Modell. Hier zahlt der Kunde, was er will, ohne dass der Anbieter entscheiden kann, ob erzu diesem Preis verkauft oder nicht. Das Pay-what-you-want-Modell findet zunehmendeBeachtung. Die Höhe des gezahlten Betrags hängt dabei von der sozialen Präferenz inBezug auf eine gerechte Aufteilung der Wertschätzung zwischen Kunden und Anbieterab. Darüber hinaus spielt auch der Gedanke, den Anbieter langfristig im Markt zu halten,eine Rolle [49]. Unter dem Motto „Bezahlen Sie, so viel Sie wollen!“ führte der All-wetterzoo Münster mehrere Aktionen durch, die eine Verfünffachung der Besucherzahlenund eine Verdoppelung der Umsätze brachten. Daraus ergibt sich, dass die Besucher imSchnitt 40 Prozent des Normalpreises von 14 Euro für Erwachsene und 7 Euro für Kinderzahlten. Der „Rabatt“ von 60 Prozent wurde aber durch die erhöhte Besucherzahl über-kompensiert. Es ist zu vermuten, dass sich diese Effekte nicht dauerhaft aufrechterhaltenlassen. Das Modell wurde ebenfalls für den Eintritt zum Friedenssaal des Historischen

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Rathauses in Münster getestet. Hier kamen nicht mehr Besucher als sonst, aber, so heißtes, „das gezahlte Eintrittsgeld lag leicht über dem üblichen Preis“ [50, S. 6]. Die übli-chen Eintrittspreise betragen 2 Euro für Erwachsene und 1,50 Euro für Kinder. Wir führenden Unterschied zwischen den beidenMünsteraner Experimenten auf die unterschiedlichePreishöhe zurück. Auch bei einem Test in einem Kino zahlten die Kunden, ähnlich wie imZoo, deutlich weniger als die üblichen Preise. Ein ähnliches Vorhaben verfolgt der Leiterdes Theaters in Trier im Jahr 2015. Die Zuschauer sollen künftig nur so viel zahlen, wiesie für angemessen halten. Auch diejenigen, die nur einen Euro zahlen, bekommen einTicket [51].

Die Rockgruppe Radiohead verkaufte ihr neues Album „In Rainbows“ im Internet miteinem Pay-what-you-want-Modell. Das Album wurde mehr als eine Million Mal aufge-rufen, 40 Prozent der Nutzer zahlten etwas und zwar im Durchschnitt sechs US-Dollar[52]. Gelegentlich liest man von Versuchen in Restaurants, Hotels oder bei ähnlichenDienstleistern. Nach dem Verzehr oder beim Auschecken zahlt der Kunde einen Preis,den er selbst bestimmt. Der Anbieter begibt sich preislich in die Hände des Kunden. Nunmag es eine gewisse Zahl von Kunden geben, die in dieser Situation tatsächlich einenkostendeckenden Betrag zahlen. Aber genauso wird es Nachfrager geben, die die Situa-tion ausnutzen. Anders als im Zoo, Kino oder dem Münsteraner Friedenssaal entstehenin diesen Fällen variable Kosten, was das Risiko für den Anbieter erhöht. Die Gegenthe-se vertritt eine junge Unternehmerin, die einen Mobilmassagedienst im Kölner Flughafenbetreibt. Die Dame hat die Erfahrung gemacht, dass die Kunden gerade durch den persön-lichen Kontakt die Situation nicht ausnutzen und im Schnitt zwischen 1 und 2 Euro proMinute bezahlen.

Eine Variante des Pay-what-you-want-Modells bilden variable Preisbestandteile, dievon der Zufriedenheit des Kunden abhängen. Dieses Verfahren wird gelegentlich in derBeratungsbranche angewandt. Neben einem Fixum wird ein variabler Honorarteil verein-bart, dessen Höhe der Kunde selbst bestimmt, indem er auf einer vorab definierten Skalaseine Zufriedenheit einstuft. Auch hier begibt sich der Anbieter in die Hände des Kun-den, weshalb wir solche Modelle ebenfalls mit Skepsis betrachten. Steht man als Anbieterallerdings vor der Alternative, vorab einen Rabatt gewähren zu müssen oder einen zufrie-denheitsabhängigen Preisbestandteil zu vereinbaren, so kann letzterer vorzuziehen sein.

Trinkgelder kann man als Variante des Pay-what-you-want-Modells auffassen. Norma-lerweise entscheidet der Kunde, was er über den formell geforderten Preis hinaus bezahlt.Allerdings gibt es auch Systeme, in denen das Trinkgeld nicht wirklich freiwillig ist. So„muss“ man in amerikanischen Restaurants mindestens 15 Prozent Trinkgeld geben, wennman negative Reaktionen oder Nachfragen des Servicepersonals vermeiden will. DieseTrinkgelder bilden oft die Entlohnung der Kellner.

Ein innovatives Pay-what-you-want-Verfahren bietet die Plattform activehours.com an.Es handelt sich hierbei um einen Paycheck-Kreditgeber. Die anstehende Lohnzahlungwird für einen kurzen Zeitraum von Activehours vorfinanziert. Dabei wird die Kreditrück-zahlung mit Einverständnis des Arbeitnehmers meist direkt vom Arbeitgeber eingezogen,so dass Activehours ein geringes Kreditrisiko trägt. Activehours verlangt keine Zinsen

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14.3 Innovative Preismodelle 581

oder Gebühren, sondern sagt: „No fees, just tips“, also keine Gebühren, nur Trinkgeld.Das Modell wird wie folgt beschrieben: „Pay what you think is fair. That’s right, it’s allup to you. We don’t have fixed fees – you can choose how much you want to pay forour service“ [53]. Da die Kredite nur für kurze Zeit (z. B. eine Woche) laufen, entsprichtselbst einem „Trinkgeld“ von 1 Prozent ein extrem hoher Zinssatz. Zudem kann man ver-muten, dass der Kunde diesen Kreditservice wiederholt nutzen will und deshalb den „Tip“zahlt. Ob dieses „freiwillige“ Pay-what-you-want-Modell Bestand hat, oder der Gesetz-geber einschreitet, wird sich zeigen.

Als eine Variante von Pay-what-you-want kann man Spenden interpretieren. Bei Spen-den sollte man jedoch nicht von einem „Preis“ sprechen, denn der Spende steht keinetangible oder einforderbare Gegenleistung gegenüber.

Zwischen dem Pay-what-you-want- und dem Name-your-own-Price-Modell bestehtein grundlegender Unterschied. Bei letzterem entscheidet der Verkäufer, ob er das Preisge-bot des Kunden annimmt oder ablehnt. Beim Pay-what-you-want-System finden Verzehrund Nutzung vor der Zahlung statt. Oder der Kunde zahlt vorher, was er will – etwabeim Eintritt. Für den Verkäufer gibt es nichts zu entscheiden, er hat sein Angebot ohneBedingung ausgelobt und ist auf Gedeih und Verderb dem Kunden sowie dessen Preisbe-reitschaft ausgeliefert. Beim Pay-what-you-want-System sollte man als Verkäufer großeVorsicht walten lassen.

RückvergütungssystemeEin Beispiel für ein Rückvergütungssystem bietet billig.de. Dieser Anbieter vermitteltKunden an angeschlossene Partnershops und erhält für jeden Einkauf eine von Shop zuShop unterschiedliche Provision für die Vermittlung der Bestellung. Diese Rückvergütungwird anschließend an den Kunden weitergegeben und auf seinem Kundenkonto gutge-schrieben. Nach demselben Prinzip funktioniert auch die Internetplattform „Qipu“. Für dieVermittlung erhält Qipu eine Provision, welche vollumfänglich an die Nutzer weitergege-ben wird. Qipu kommuniziert transparent, dass bei ausreichend vielen Vermittlungen eineBonuszahlung der Händler anfällt, durch die sich die Plattform finanziert. In einer Studiewurde festgestellt, dass Kunden, die Rückerstattungen erhalten (obwohl sie vorher mehrgezahlt haben), zufriedener sind und seltener kündigen [54]. Auch die in Kap. 4 diskutierteCash-back-Taktik kann als eine Art Rückvergütung interpretiert werden. Im Sinne der Pro-spekttheorie entsteht durch die Rückvergütung ein zusätzlicher positiver Gewinnnutzen.

Es bleibt festzuhalten, dass interaktive Preismodelle im Internet deutlich stärker ein-gesetzt werden als in der Offlinewelt. Diese Entwicklung ist keineswegs zum Abschlussgekommen. Weitere Spielräume für neuartige, interaktive Preismodelle sind vorhanden.

14.3.4 Pay-per-Use

Das traditionelle Geschäftsmodell besteht darin, dass man ein Produkt kauft, den Preiszahlt und das Produkt dann nutzt. In diesem Transaktionsmodell kauft eine Airline Dü-

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582 14 Innovationen im Preismanagement

sentriebwerke für ihre Flugzeuge, eine Spedition erwirbt Reifen für ihre Lastwagen, eineAutofabrik investiert in Lackieranlagen, beschafft Lacke und lackiert ihre Autos. In Lea-sing- und Mietmodellen wurde diese Form der Transaktion, wie eingangs dieses Kapitelsbeschrieben, teilweise aufgegeben. Die bedürfnisorientierte Perspektive legt in der Tat ei-ne völlig andere Grundlage für die Preisstellung nahe. Das Bedürfnis des Kunden richtetsich nämlich oft nicht auf den Besitz eines Produktes, sondern auf die Leistung bezie-hungsweise Bedürfniserfüllung, die dieses Produkt erbringt. Eine Airline braucht letzt-lich keine Triebwerke, sondern Schubleistung für ihre Flugzeuge, die Spedition benötigtLaufleistung der Reifen und die Autofabrik will ein lackiertes Auto. Der Nutzer einesComputers braucht Rechenleistung oder Datenbereitstellung, aber keinen Server im eige-nen Haus. Diese Sichtweise legt es nahe, dass der Anbieter einen Preis für die jeweiligeLeistung verlangt, statt das Produkt zu einem Einmalbetrag zu verkaufen. Das ist die Ba-sis für innovative Pay-per-Use-Modelle, auch als Pay-as-you-go-Preismodelle bezeichnet.Voraussetzung sind in vielen Fällen neue Technologien, die eine parzellierte Messung derLeistung und so eine Bepreisung einzelner Leistungseinheiten erlauben.

Innovatoren auf diesemGebiet sind die Triebwerkshersteller General Electric und RollsRoyce, die ihren Luftfahrtkunden Schubleistung statt Triebwerken anbieten und nach Be-triebsstunden abrechnen. Für den Anbieter bedeutet dies den Übergang vom Produkt-zum Dienstleistungsunternehmen, das nicht länger Produkte, sondern Dienstleistungenverkauft. Pay-per-Use schließt in der Regel ein Systemangebot mit erhöhtem Umsatzpo-tenzial ein. So kann der Preis pro Stunde Triebwerksschubleistung Wartung, Umlauf derTriebwerke und weitere Leistungen abdecken. Für die Airline ergeben sich Vorteile imHinblick auf Komplexitätsreduktion, Finanzbedarf, Wegfall von Fixkosten und Personal.

Die Firma Michelin, Weltmarktführer bei Autoreifen, entwickelte ein innovatives Pay-per-Use-Modell zu einer besseren Abschöpfung des Value-to-Customer. In den USA wen-det Michelin das System auch bei staatlichen Kunden an, etwa für Schulbusse. Da dort diegefahrenen Kilometer ohnehin erfasst werden, kann Michelin auf diese Daten zurückgrei-fen. Ähnliche Systeme werden mittlerweile Betreibern von Lkw-Flotten auch von anderenReifenherstellern angeboten. Bei diesem Modell kaufen die Speditionen keine Reifen,sondern zahlen pro Kilometer Laufleistung. Dem Reifenhersteller gelingt eine effektive-re Value-Capture als beim klassischen Produktverkaufsmodell. Nehmen wir an, ein neuerReifen habe gegenüber den bisherigen Produkten eine um 25 Prozent höhere Laufleistung.Dennoch wird es äußerst schwierig sein, einen um 25 Prozent höheren Preis durchzuset-zen.Wie wir aus der psychologischen Analyse wissen, haben die Reifenkunden bestimmtePreisanker. Starke Abweichungen von diesen Ankern werden selbst bei höherer Laufleis-tung kaum akzeptiert. Das Pay-per-Use-Modell überwindet dieses Problem. Der Kundezahlt pro Kilometer und wenn der Reifen tatsächlich 25 Prozent weiter läuft, zahlt er25 Prozent mehr. Die Abschöpfung des Mehrnutzens gelingt mit diesem Ansatz besser alsmit dem klassischen Preismodell. Auch den Speditionskunden bietet das Modell Vorteile.Es fallen nur Kosten für die Reifen an, wenn die Lastwagen unterwegs sind und Umsätzegenerieren. Wenn die Lastwagen aufgrund schlechter Auftragslage auf dem Hof stehen,entstehen der Spedition keine Kosten für die Reifen. Auch die Kalkulationsbasis wird für

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14.3 Innovative Preismodelle 583

die Spedition einfacher. Sie erhält gleich Kosten pro Kilometer, oft stellt sie die Rechnungan die eigenen Kunden anhand derselben Preismetrik, nämlich Kosten pro Kilometer. BeiFlugzeugreifen wird die Zahl der Landungen als Preismetrik benutzt, da die Landung dieAbnutzung der Reifen bestimmt.

Die Firma Dürr, Weltmarktführer bei Autolackieranlagen, offeriert in Zusammenar-beit mit BASF, Weltmarktführer bei Autolacken, Autoherstellern die Lackierung einesAutos zu einem festen Preis. Für den Autohersteller schafft dieses Modell eine sichereKalkulationsgrundlage, da Preis- und Kostenrisiken auf den Lieferanten verlagert werden,Komplexität und Finanzbedarf werden reduziert. EnviroFalk, ein Spezialist für industriel-le Wasseraufbereitung, stellt ihren Kunden die Anlagen kostenlos zur Verfügung und diesezahlen nach Kubikmeter gereinigtemWasser. Solche Pay-per-Use-Modelle geben den An-bietern einen planbaren Cashflow über die Zeit und erlauben die optimale Abstimmungvon Anlagen sowie Verbrauchsmaterial.

Ähnlich ist das Geschäftsmodell der Firma Philips in Kooperation mit einem nieder-ländischen Energiezulieferer, welches am Flughafen Schiphol Anwendung findet. DerFlughafenbetreiber bezahlt nicht für die Beleuchtungsanlage an sich, sondern nur für dasbenötigte Licht. Dieses wird per Beleuchtungseinheit Lux abgerechnet. Philips bleibt derEigentümer der gesamten Installation [55].

Auch Branchen, an die man bei Pay-per-Use nicht sofort denkt, kommen für diesesPreismodell in Frage. Die Versicherung Norwich Union in England bietet jungen Fahrerneine Pay-as-you-go-Versicherung an. Zunächst muss eine Hardware ins Auto eingebautwerden, die einmalig 199 Pfund kostet. Dann gibt es eine monatliche Grundgebühr, dieFeuer und Diebstahl abdeckt. Die ersten 100 Meilen im Monat sind frei. Der Preis progefahrener Meile beträgt ab 100 Meilen 4,5 Pence und in den für junge Fahrer zwischen18 und 21 Jahren besonders unfallträchtigen Stunden von 23 bis 6 Uhr 1 Pfund pro Meile.Der Preisunterschied ist hoch und dürfte für die unerfahrenen Fahrzeuglenker ein starkesIncentive bilden, nachts, wenn die Gefahr der Alkoholisierung hoch ist, das Auto stehen zulassen. Ein ähnliches Konzept bietet auch das US-amerikanische Unternehmen Metromilean. Hier müssen die Versicherten pro Auto einen gleichbleibenden monatlichen Beitragvon 35 US-Dollar und für jede gefahrene Meile 5 US-Dollar-Cent entrichten [55].

Lösungen aus einer Hand können für den Kunden höheren Nutzen in Form von mehrSicherheit und Effizienz bedeuten. Die australische Firma Orica, Weltmarktführer fürkommerzielle Sprengmittel, offeriert Steinbruchbetreibern eine Problemlösung aus einerHand. Orica liefert nicht nur die Sprengmittel, sondern analysiert das Gestein und führtBohrungen sowie Sprengungen durch. In diesem Systemmodell versorgt Orica den Kun-den mit gebrochenen Steinen und berechnet die Leistung nach Tonnage. Da es sich umeine kundenspezifische Lösung handelt, wird der Preis weniger vergleichbar, der Um-satz pro Kunde, die Effizienz und die Sicherheit steigen. Der Kunde braucht sich nichtmehr um den Sprengprozess zu kümmern. Ein Wechsel zu einem anderen Anbieter wirdschwieriger.

Wenn man die bedürfnisorientierte Perspektive ausdehnt, dann gibt es viele weitereChancen für Pay-per-Use-Modelle. Allerdings sind bestimmte technische Voraussetzun-

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584 14 Innovationen im Preismanagement

gen wie einfache Messung der tatsächlichen Nutzung und Informationssysteme, etwakostengünstige Ablesung und Übertragung der Nutzungsdaten, notwendig, um solchePreismodelle kosteneffizient zu betreiben. Es gibt keinen Grund, warum man ein Autokauft oder zu einem festen Preis pro Monat least. Man kann die Fahrleistung genausowie bei Telefon oder Strom nach tatsächlich gefahrenen Kilometern abrechnen. Auch beider Mediennutzung ist Pay-per-Use oder Pay-per-View im Vordringen. BeimKabelfernse-hen kann man, statt eine feste monatliche Flatrate zu verlangen, die tatsächliche Nutzungbepreisen. Die koreanische Firma HanaroTV hat mit einem solchen Modell innerhalb kur-zer Zeit eine Million Kunden gewonnen. Auch für das Facilitymanagement eignen sichPay-per-Use-Modelle, etwa für den Betrieb von Heizungen oder Klimaanlagen. Ebensokönnen Maschinen statt nach festen Tages- oder Monatssätzen nach erbrachter Leistungbepreist werden. Das würde ähnlich wie bei den Lkw-Reifen eine wesentlich effektivereAbschöpfung höheren Nutzens und damit höherer Preisbereitschaft erlauben.

Überall wird Pay-per-Use sich jedoch nicht durchsetzen. Im Auftrag eines Aufzugher-stellers entwickelten wir ein Pay-per-Use-Preismodell für Aufzüge in großen Bürogebäu-den. Die Ausgangshypothese war, dass Nutzer für vertikalen Transport genauso zahlensollten wie sie es für horizontalen Transport (Bus, Bahn, Taxi) tun. Zunächst gibt es kei-nen ersichtlichen Grund für eine unterschiedliche Behandlung. Der Aufzughersteller botden Investoren großer Bürogebäude die kostenlose Installation der Aufzüge an. Als Ge-genleistung erbat er sich für einen längeren Zeitraum das Recht, Preise für die Benutzungder Aufzüge erheben zu dürfen. In der Umsetzung sollte das so aussehen, dass die Mie-ter der Büros für ihre Mitarbeiter spezielle Karten zur Benutzung der Aufzüge kaufenoder das Preismodell in bestehende Karten, die ohnehin aus Sicherheitsgründen verwendetwerden, integrieren. Dieses Pay-per-Use-Modell ordnet die Kosten des Aufzuges verursa-chungsgemäß zu, ist diesbezüglich also „gerechter“ als die üblichen Pauschalmodelle, indenen die Aufzugnutzung entweder in der Miete enthalten ist oder über einen pauschalenZuschlag abgegolten wird. Wer mehr fährt, zahlt mehr. Man kann die Preise nach Stock-werken, nach Nutzungsintensitäten oder ähnlichen Kriterien differenzieren. Dieses Modellhat sich allerdings bisher nicht im großen Maßstab durchgesetzt. Vielleicht war es zu in-novativ und verstieß gegen etablierte Gewohnheiten. Für die Zukunft kann es durchausPotenzial besitzen.

14.3.5 Neue Preismetriken

Ein sehr innovativer Ansatz kann darin bestehen, die Bemessungsbasis für den Preis zuändern. Man spricht in diesem Sinne von Preismetrik. Einige der vorangehenden Fällekann man in die Kategorie neue Preismetrik einordnen, jedoch wird in den meisten mehrals nur die Metrik verändert. Ein Fall aus dem Baubereich illustriert das Potenzial, das ineiner neuen Preismetrik steckt. Für ein Baumaterial zum Erstellen von Wänden kann derPreis nach Gewicht (Preis pro Tonne), Rauminhalt (Preis pro Kubikmeter), nach Fläche(Preis pro Quadratmeter) oder nach Kosten der fertigen Wand (Preis pro Quadratmeter

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14.3 Innovative Preismodelle 585

fertige Wand) ausgewiesen werden. Je nach Metrik können sich sehr unterschiedlichePreise und Wettbewerbsverhältnisse ergeben. Ein Porenbeton eines führenden Herstel-lers war bei der Bemessungsgrundlage Tonne oder Kubikmeter etwa 40 Prozent teurer alsKonkurrenzprodukte, bei der Metrik Quadratmeter Stein betrug der Preisunterschied nurnoch circa 10 Prozent. Da sich dieser Stein leichter und schneller verbauen ließ, ergabsich beim Preis pro Quadratmeter fertige Wand ein Vorteil von 12 Prozent. Der Herstellerdieses neuartigen Steines sollte also versuchen, die Preismetrik auf Quadratmeter fertigeWand umzustellen. Allerdings sind solche Änderungen eingefahrener Metriken nicht ein-fach durchsetzbar. Am ehesten gelingt die Durchsetzung, wenn ein Produkt sehr innovativist und der Anbieter eine starke Marktposition besitzt.

Hilti ist ein weltweit führender Hersteller für professionelle Elektrowerkzeuge. Tradi-tionell verkauft ein solches Unternehmen seine Produkte. Hilti führte ein neues System,das sogenannte Flottenmanagement, ein. Der Kunde zahlt einen festen monatlichen Preisfür seine „Flotte“ von Hilti-Werkzeugen. Hilti kümmert sich um die Auswahl der opti-malen Werkzeuge für den Bedarf des jeweiligen Kunden, Reparaturen, Austausch vonBatterien und umfassenden Service. Der Kunde kann mit einem festen monatlichen Preiskalkulieren und sich auf seine Kernkompetenz, die Arbeit am Bau, konzentrieren.

Auch bei Software erleben wir mit dem Cloud-Computing die Einführung neuer Preis-metriken. Software wird nicht mehr als Lizenz verkauft und auf kundeneigenen Servernbetrieben (On-Premise), sondern über das Internet in Form einer Dienstleistung (On-De-mand) gegen eine Gebühr überlassen. Dieses Geschäftsmodell nennt man Software-as-a-Service (SaaS). Das Office 365-Paket von Microsoft wird beispielsweise nicht mehr ver-kauft, sondern in Form von Monats- oder Jahresabonnements zur Nutzung überlassen.Die Version Office 365 Home Premium kostet 10 Euro monatlich oder 99 Euro im Jahr anNutzungsgebühr. Der Kunde erhält über das Internet unmittelbaren Zugriff auf die jeweilsaktuellste Version und eine Reihe weiterer Services. Auch die von Scopevisio angebo-tene Software für mittelständische Unternehmen funktioniert nach diesem Modell. Dermonatliche Preis beginnt bei 9,95 Euro pro Anwendung und Nutzer. Der Kunde kanngemäß seinen Bedürfnissen aus verschiedenen Komponenten eine für ihn passgenaueOnlineunternehmenssoftware zusammenstellen und dabei die Anzahl der monatlichenBenutzerlizenzen auf seinen individuellen Bedarf ausrichten. Entsprechend variiert dermonatliche Preis mit den Bedürfnissen des Kunden. Dieses Preismodell dürfte zum Stan-dard für cloudbasierte Anwendungssoftware werden.

Die Preismetrik von Carsharingdiensten ist zwar nicht grundsätzlich neu, geht in ih-rer Präzision aber über traditionelle Autovermietmodelle hinaus. Bei Drive-Now, Car2Gound ähnlichen Carsharingdiensten wird nach Minuten abgerechnet. Zudem wird, sobalddie im Tarif eingeschlossenen Kilometer aufgebraucht sind, eine Gebühr pro gefahrenemKilometer erhoben. Der digitale Fortschritt ermöglicht die minuten- und kilometergenaueAbrechnung ohne zusätzlichen Aufwand für den Kunden.

Auch das Preissystem von Google AdWords beruht auf einer neuen Preismetrik. Statt –wie bei klassischen Medien – nach Reichweiten, deren Wirkung auf Absatz oder Imageeiner werbungstreibenden Marke im Ungewissen bleibt, wird bei Google nach Pay-per-

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586 14 Innovationen im Preismanagement

Klick bezahlt. Offensichtlich schätzen Werbungtreibende diese näher an der Kausalitätder Werbewirkung liegende Bepreisung, denn Google konnte in den letzten Jahren einenständig ansteigenden Anteil des Werbekuchens auf sich ziehen.

Eine sehr innovative Preismetrik wendet Enercon, der weltweite Technologieführer inder Windenergie an. Zum „Enercon Partner Konzept“ (EPK) heißt es: „Von der Wartungüber Sicherheitsleistung bis hin zur Instandhaltung und Reparatur sind alle Eventualitä-ten über nur einen Vertrag abgesichert. Der Kunde zahlt ein vom jeweiligen Anlagentypabhängiges Mindestentgelt. Das Mindestentgelt beinhaltet u. a. die folgenden Leistungen:regelmäßige Wartungen, Verfügbarkeitsgarantie, Reparaturen einschließlich Ersatzteile,Transport- und Krankosten, 24 Stunden Fernüberwachung. Darüber hinaus berechnet sichdas Entgelt für das EPK nach dem tatsächlich erzielten Jahresenergieertrag der Windener-gieanlage(n). In gutenWindjahren mit guten Erträgen zahlt der Kunde mehr, in schlechtenWindjahren mit schlechten Erträgen entsprechend weniger. Um die Kostenbelastung ge-rade in den ersten fünf Betriebsjahren möglichst gering zu halten, übernimmt ENERCONfür diesen Zeitraum die Hälfte der für das EPK zu entrichtenden Beträge. Erst ab demsechsten Betriebsjahr zahlt der Kunde das volle Entgelt. Berechnungsformel: Entgelt Dgeleistete kWh � Preis pro kWh“ [56]. Dieses innovative Leistungs- und Preisangebotkommt offensichtlich bei den Kunden bestens an. Mehr als 85 Prozent von ihnen schließeneinen Vertrag nach dem EPK-Konzept ab. Die Besonderheit besteht darin, dass Enerconsich am unternehmerischen Risiko seiner Kunden beteiligt. Eine wichtige Voraussetzungfür das Gelingen des Konzeptes ist, dass Enercon den Ertrag der Windenergieanlage selbstmessen kann, also Manipulationen seitens des Kunden ausgeschlossen sind.

Auch bei Versicherungen sind alternative Preismetriken im Vordringen. Neue Tech-nologien ermöglichen eine zuverlässigere Abschätzung von Risiken und damit eine kos-tenadäquatere Preiskalkulation. So bieten Kfz-Versicherer in mehreren Ländern folgen-des System an. Den Kunden wird eine Blackbox in ihr Auto installiert, die mit einemGPS-System des Versicherers verbunden ist. Abhängig von der gefahrenen Strecke, derTageszeit und der Unfallgefahr dieser Strecke wird kilometerabhängig gezahlt. Die de-taillierte Kenntnis der Kunden und deren Fahrverhalten vermindert die Notwendigkeitder Quersubventionierung unterschiedlicher Risikoprofile [57]. Bisherige Ersatzrisikopa-rameter wie Alter oder Wohnort werden durch kausale Risikoparameter ersetzt. In denUSA hat dieses Modell bereits einen Marktanteil von 10 Prozent aller Versicherungen[58]. Ähnliche Ansätze gibt es in der Krankenversicherung. Bestimmte Aktivitäten, diesich gesundheitsfördernd auswirken, sollen dabei durch günstigere Versicherungsprämi-en incentiviert werden. Viele denkbare Möglichkeiten zum Einsatz neuer Preismetrikengibt es auch im Gesundheitsbereich. Messungen können hier durch Smart-Watches, Sen-soren in Armbändern oder sonstigen Formen der Ferndiagnose vereinfacht werden. Diebritische Krankenversicherung AIG Direct legt den Body-Mass-Index (BMI) für die Be-rechnung der monatlichen Rate zugrunde. Ausnahmen werden nur in besonderen Fällengemacht, bei denen der Versicherte ein besonders hohes Maß an Sport treibt und somit derBMI durch den erhöhten Muskelanteil im Körper verfälscht wird [55]. Mit Preisincentiveslassen sich erwünschte Verhaltensweisen belohnen und unerwünschte sanktionieren [59].

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14.3 Innovative Preismodelle 587

Eine futuristische Preismetrik führte das Teatreneu in Barcelona ein. Die Sitze wurdenmit Sensoren ausgestattet, die den Gesichtsausdruck analysieren. Für jeden von diesemSensor erkannten Lacher müssen die Besucher 30 Cent zahlen, bis zu einem Maximumvon 24 Euro, also 80 Lachern. Die Bezahlung erfolgt per Mobiltelefon. Die Einnahmensollen sich um 6 Euro pro Besucher erhöht haben [60]. Dieses Beispiel mag etwas exotischanmuten und vermutlich wird es nicht das Standardmodell für das Theater der Zukunft.Es zeigt aber sehr anschaulich, was technisch möglich ist. Und eigentlich ist es nichtunvernünftig, für ein Theaterstück, an dem man Spaß hatte, mehr zu zahlen als für einelangweilige Vorstellung.

Grundsätzlich kann man jede konventionelle Preismetrik in Frage stellen. Wir diskutie-ren dies am Beispiel der Preismetrik „Zeit“. Zeitliche Preismetriken werden beispielswei-se von Hotels (1 Tag), Tourismusunternehmen (1Woche), Verkehrsunternehmen (Monats-karte), Museen (Jahreskarte) oder Handwerkern (Stundensätze) genutzt. Hingegen setzenRestaurants normalerweise eine menübezogene Metrik, Friseure eine fallbezogene oderTaxis eine entfernungsbezogene Metrik ein. Aber man könnte bei Restaurants, Friseurenoder Taxis genauso gut an eine zeitbezogene Preismetrik denken. Wenn zum Beispiel ineinem Restaurant die Zahl der Plätze der Engpassfaktor ist, könnte es sinnvoller sein, denPreis nach Zeit zu berechnen, um möglichst viele Belegungen der Plätze zu erreichen.Das Nachdenken über die Preismetrik eröffnet ungeahnte Innovationspotenziale für dasPreismanagement.

Im Luftverkehr wird der Preis traditionell pro Person festgesetzt, wobei es stets auchDifferenzierungen nach Alter, Status oder ähnlichen Kriterien gibt. Eine völlig anderePreismetrik hat sich die Fluggesellschaft Samoa Air Ltd. einfallen lassen. Sie setzt ihrePreise nämlich nach dem Gewicht des Passagiers. Pro Kilogramm Körpergewicht sindbeispielsweise für den Flug von Samoa nach American Samoa 0,92 US-Dollar zu zahlen.Samoa hat in der Welt die dritthöchste Quote von Übergewichtigen weit vor den USA,so dass sich diese Preismetrik geradezu aufdrängt. Jedenfalls ist Samoa Air-CEO ChrisLangton [61] trotz anfänglicher Proteste entschlossen, durchzuhalten. „It’s a pay by weightsystem and it’s here to stay,“ sagt er. Die Logik spricht für das System. Schließlich ist dasGewicht des Passagiers und nicht sein Alter oder sein Status der Kostentreiber. Warumsoll Fracht nach Gewicht berechnet werden, aber nicht der Transport von Menschen? Inähnlicher Weise verlangen manche amerikanischen Airlines, dass stark übergewichtigePassagiere bei vollbesetzten Flügen zwei Tickets kaufen.

Neue Technologien werden vermehrt leistungsgerechtere Preismetriken ermöglichen.So kannman sich zumBeispiel im Gesundheitsbereich vorstellen, dass dieWirkungen vonPharmazeutika, medizintechnischer Hilfsmittel oder bestimmter Dienstleistungen durchSensoren gemessen werden. Die Preise ließen sich dann abhängig von der tatsächlichenWirkung festlegen. Natürlich muss man selbst in diesen Fällen den technisch gemesse-nen Wert in Preiseinheiten übersetzen. Das ist nicht grundsätzlich verschieden von dergenerellen Problematik, den Nutzen in Preisen auszudrücken.

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588 14 Innovationen im Preismanagement

14.3.6 Zweiseitige Preissysteme

Bei zweiseitigen Preissystemen werden Erlösquellen auf zwei Seiten der Wertschöpfungs-kette genutzt. Man spricht auch von zweiseitigen Märkten oder Two-sided-Markets. Dem-gemäß hat ein Unternehmen unterschiedliche zahlende Kunden. Ein klassisches Beispielsind Zeitungen und Zeitschriften, die einerseits von ihren Lesern einen Preis verlangenund andererseits von Werbungtreibenden Erlöse erzielen. Auch der öffentliche Rundfunkbetreibt mit Rundfunkgebühren und Werbeerlösen ein zweiseitiges Preismodell. Aller-dings ähnelt die Rundfunkgebühr eher einer Steuer als einem freiwillig von den Zuschau-ern entrichteten Preis. Zweiseitige Preissysteme gibt es zudem im Entsorgungsbereich.Der Müllverursacher muss eine Gebühr an das Entsorgungsunternehmen zahlen und die-ses erzielt möglicherweise Erlöse aus dem Verkauf des Entsorgungsgutes. Dienstleisterfür Entrümpelungen oder Haushaltsauflösungen lassen sich in der Regel von dem Haus-halt für ihre Dienstleistung entlohnen und verkaufen die Gegenstände anschließend aufFlohmärkten. Auch Makler können sowohl vom Verkäufer als auch vom Käufer eineProvision erhalten. Im Internet betreiben zahlreiche Anbieter zweiseitige Preissysteme,die denjenigen der klassischen Medienmodelle ähneln. Ein Teil der Erlöse kommt ausder Werbung, ein anderer Teil aus den Beiträgen der Nutzer. Spotify finanziert die freieVariante mit Werbung, setzt die Nichtzahler also den Webespots aus, während die Premi-umkunden davon verschont bleiben. Solche zweiseitigen Systeme funktionieren nur, wennsie allen Beteiligten Vorteile bringen. Die Werbetreibenden sind daran interessiert, die Le-ser, Zuschauer oder Nutzer zu erreichen. Die Nutzer schätzen es, dass sie das Mediumzu einem niedrigeren Preis erhalten. Ohne die zweite Erlösquelle wäre der Preis für denNutzer wesentlich höher. Das Medienunternehmen ist auf beide Erlösquellen angewiesen,um einen angemessenen Gewinn zu erzielen. Ein zweiseitiges Preissystem betreibt auchdas Bonusprogramm PAYBACK für einen Teil seines Geschäftes. Neben Gebühren derteilnehmenden Firmen wird von den Kunden der PAYBACK-Visa-Karte ab dem zweitenJahr ein Beitrag von 25 Euro erhoben. Die Firma Yodlee betreibt für elf der 20 größ-ten amerikanischen Banken ein „Online-personal-finance-Tool“. Für diesen Dienst wirdYodlee von den Banken bezahlt. Yodlee hat aber so auch Zugang zu Millionen von Trans-aktionsdaten. Diese Daten verkauft Yodlee an Anlagefirmen, wobei ein Jahresabo bis zu2 Millionen US-Dollar kostet. Zu dem Yodlee-Gesamtumsatz von 89 Millionen US-Dol-lar in 2014 tragen beide Erlösquellen signifikant bei [62]. Ebenso kann das nachfolgenddiskutierte Phänomen des negativen Zinses zu einem zweiseitigen Preissystem führen. BeiFinanzierung einer Mietwohnung zu negativem Zins heißt es: „The bank would pay youeven as you collected rent from a tenant“ [63, S. 16].

Aus der Zweiseitigkeit des Preissystems resultieren gewisse Freiheitsgrade in der Preis-gestaltung. So ist die Entscheidung zu fällen, ob man den Nutzerpreis niedriger ansetzt,um die Zahl der Nutzer hochzutreiben. Eine höhere Nutzerzahl erbringt höhereWerbeerlö-se, die den entgangenen Deckungsbeitrag auf der Nutzerseite überkompensieren können.Ein höherer Produktpreis wird hingegen über den Rückgang der Nutzerzahl zu einer Sen-kung der Werbeerlöse führen.

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14.3 Innovative Preismodelle 589

Das Internet eröffnet aufgrund seines Netzwerkcharakters neue Chancen für zwei-seitige Preissysteme. Eine seiner wichtigsten Fähigkeiten besteht darin, Anbieter undNachfrager zusammen zu bringen. Seiten wie eBay, Google oder Facebook nutzen die-se Fähigkeit. Auch Google bringt Wissensquellen und Wissenssucher zusammen. Zudemsind die Beteiligten auf beiden Seiten identifizierbar. Technisch wäre es für eBay oderAlibaba kein Problem, nicht nur vom Anbieter, sondern auch vom Nachfrager einen Preiszu verlangen. Google betreibt ein einseitiges Preissystem, bei dem nur die Werbetreiben-den zahlen. Genauso gut könnte Google auch von den Informationssuchern eine Gebührerheben. Wenn es sich hierbei um winzige Beträge, sogenannte Micropayments, handelte,würden viele Nutzer trotzdem auf Google zurückgreifen. Ähnliches gilt für Wikipedia,das sich bisher ausschließlich aus Spenden finanziert und weder Nutzergebühren nochWerbeeinnahmen einstreicht. Insgesamt bietet das Internet vielfältigere Ansatzpunkte fürzweiseitige Preissysteme als klassische Medien. Wir erwarten deshalb für die Zukunftvermehrt Pricing-Innovationen in dieser Richtung.

14.3.7 Negative Preise

Bei normalen Transaktionen zahlt der Kunde dem Verkäufer einen positiven Preis underhält als Gegenleistung das Produkt oder den Service. Bei negativen Preisen ist es um-gekehrt. Der Verkäufer bezahlt den Kunden dafür, dass dieser ihm das Produkt abnimmt.Scheinbar negative Preise gibt es seit jeher bei der Entsorgung. Doch diese Preise kannman entweder als Entlohnung für die Entsorgungsleistung interpretieren oder das Ent-sorgungsgut hat einen negativen Wert, weil seine Beseitigung Kosten verursacht. Meis-tens handelt es sich hierbei um Kuppelprodukte, die nicht weiter verwendbar sind, aberzwangsläufig mit der Produktion des Hauptproduktes anfallen (wie z. B. chemische Ab-fälle).

Negative Preise scheinen ein neues Phänomen zu sein. Das gilt zumindest für die Häu-figkeit, mit der sie auftreten. So gibt es seit 2009 an der Leipziger Strombörse (EuropeanEnergy Exchange) immer wieder negative Preise, und zwar in erheblichem Umfange.Tab. 14.1 zeigt die Zahl der Tage, an denen solche negativen Preise in den Jahren 2009 bis2014 auftraten.

An diesen Tagen wurde dem Stromabnehmer vom Stromproduzenten ein (negativer)Preis pro Megawattstunde bezahlt. Als Käufer erhielt man den Strom und zusätzlich nochGeld. Wie ist das zu erklären? Offensichtlich besteht eine Voraussetzung darin, dass beieinem Preis von Null das Stromangebot größer ist als die Nachfrage. Das heißt, beim Preisvon Null kommt kein Ausgleich von Angebot und Nachfrage zu Stande. Es bleibt ein An-gebotsüberhang. Normalerweise würden die Stromproduzenten unter diesen Umständendie Produktion einstellen. Das ist aber bei bestimmten Stromerzeugungsverfahren, wie et-wa bei manchen Solaranlagen, nicht möglich. Auch traditionelle Kraftwerke weisen nureine beschränkte Flexibilität auf. Der produzierte Strommuss abgenommenwerden. DieseAbnahme ergab sich an den jeweiligen Tagen nur, wenn der Stromerzeuger dem Abneh-

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590 14 Innovationen im Preismanagement

Tab. 14.1 Zahl der Tage mit negativen Strompreisen

Jahr Zahl der Tage

2009 35

2010 18

2011 16

2012 15

2013 30

2014 28

2015 25

mer etwas draufzahlte. Man kann also von „zeitlicher Kuppelproduktion“ sprechen. Uman Tagen mit positiven Preisen produzieren und Gewinne erzielen zu können, müssen dieProduzenten den Strom an den Tagen mit negativen Preisen subventionieren. Wie schondie Tabelle zeigt, sind negative Strompreise kein vorübergehendes Phänomen. Das Gegen-teil scheint der Fall zu sein. So heißt es: „Mit dem aktuellen Marktdesign drohen immeröfter negative Preise“.4

Ein historisch betrachtet außergewöhnliches Beispiel für negative Preise finden wir beiden Zinsen. Ein Autor beschreibt die traditionelle Sichtweise wie folgt: „The concept ofnegative interest rates was so outlandish it wasn’t even mentioned in economics cour-ses“ [63, S. 16]. Negative Zinsen sollen erstmals im Jahre 2012 in Dänemark beobachtetworden sein. Vier Jahre später sind sie zu einem weit verbreiteten und vieldiskutiertenThema geworden. Die Diskussion nahm dabei philosophische Ausmaße an. So sagte derSchweizer Notenbankpräsident Thomas Jordan [65, S. 29]: „Ein Negativzins widersprichtnicht der menschlichen Natur.“ Staaten wie Dänemark, die Schweiz, Deutschland, Finn-land und Österreich konnten sich ab 2015 Geld zu negativen Zinsen besorgen. Auch diestaatliche Förderbank KfW finanzierte sich zu negativen Zinsen [66]. Am 21. April 2015„wurde erstmals der Geldmarktzins Euribor mit einer negativen Rendite ermittelt“ [67,S. 23]. Die Europäische Zentralbank berechnete zu dieser Zeit den Bankkunden, die beiihr Guthaben unterhalten, einen Negativzins von 0,2 Prozent. Im August 2015 platziertedie Bundesrepublik Deutschland eine zweijährige Anleihe zu einem Zins von �0;25 Pro-zent [68]. Bei der Schweizer Nationalbank müssen die anlegenden Banken sogar einenZins von �0;75 Prozent entrichten [69].5 Per Januar 2016 gibt es mehr als 6 Billionen Eu-ro Staatsanleihen mit negativem Zins. Für zweijährige Staatsanleihen „zahlt“ die Schweizeinen Zins von �1;14 Prozent, bei Dänemark sind es �0;71 Prozent und bei Deutschland�0;29 Prozent [70]. Selbst Privatkunden blieben vor negativen Zinsen nicht verschont. Die„Alternative Bank Schweiz“ (ABS) führte im Oktober 2015 als erste Bank Negativzinsen

4 Auf der Homepage der „European Energy Exchange“ (EEX) in Leipzig heißt es: „Negative Preisesind kein theoretisches Konzept. Käufer bekommen tatsächlich Strom und Geld vom Verkäufer“[64].5 Aufgrund des negativen Zinses wollen Schweizer Pensionsfonds ihre Liquidität in Bargeld halten.Auch das verursacht Kosten, die aber mit 0,3 Prozent deutlich niedriger sind als der Negativzins von�0,75 Prozent [69].

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14.3 Innovative Preismodelle 591

für ihre Privatkunden ein. Bei Einlagen bis zu 100.000 Franken werden �0;125 Prozentals Zins berechnet, bei größeren Einlagen sind es sogar �0;75 Prozent. Bei Großanlagengab es schon vorher negative Zinsen, die teilweise als „Guthabengebühr“ getarnt wurden[71].

Der Ökonom Carl-Christian von Weizsäcker [72, S. 189] spricht sogar von einem „ne-gativen natürlichen Zins“ als einem anhaltenden Phänomen. Die Ursache sieht er in einem„strukturellen Überschuss des privaten Sparwillens über den privaten Investitionswillen.“Bei negativem Zins zahlt der Kreditnehmer nicht nur keinen Zins, sondern erhält vomKreditgeber einen solchen, eine bisher undenkbare Situation. In Dänemark, Schwedenund Spanien sollen sogar Bankkunden Baugeld mit einem Negativzins erhalten haben.

Im Markt lag offensichtlich ein Überangebot vor, das sich bei einem Zinssatz von Nullnicht unterbringen ließ. Für eine Bank kann es durchaus lohnender sein, das überschüs-sige Geld zu einem Zins von �0;1 Prozent zu verleihen, statt es bei der Zentralbank zudeponieren und dort �0;2, oder im Falle der Schweiz sogar �0;75 Prozent Zins zahlen zumüssen. Und wenn Einleger bereit sind, der Bank Geld zu einem negativen Zins zur Ver-fügung zu stellen, dann kann sie dieses Geld zu einem Negativzins verleihen und trotzdemeine positive Spanne erzielen.

Abb. 14.3 illustriert strukturell, wie sich die Situation bei positiven und negativen Prei-sen darstellt. Zugrunde liegt die Preisabsatzfunktion q D 100 � 10p, wobei q für dieAbsatzmenge und p für den Preis steht.

Bei negativem Preis wird der Umsatz zwangsläufig negativ, denn eine positive Zahl(Absatzmenge) wird mit einer negativen multipliziert. Mit dem Eintritt in den negativen

G, U, q

p

400

200

-200

-400

-600

-800

-1000

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10-5 -4 -3 -2 -1

Absatzq=100-10p

Gewinnfür k=-2

Umsatz

Gewinnfür k=2

Abb. 14.3 Umsatz und Gewinn bei positiven und negativen Preisen

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592 14 Innovationen im Preismanagement

Preisbereich fällt die Umsatzkurve zunehmend steiler nach unten ab. Dieser steile Ab-fall resultiert aus einem doppelten Effekt. Je niedriger der Preis wird, desto mehr nimmtder Absatz zu, d. h. beide Faktoren in dieser Multiplikation werden absolut größer, damitsteigt auch das absolute Produkt aus beiden rapide an. Diese Situation ist zum Beispiel beinegativen Strompreisen gegeben.

Was passiert nun mit dem Gewinn? Hier betrachten wir zunächst eine Situation mit po-sitiven variablen Stückkosten von k D 2. Der Einfachheit halber nehmen wir an, dass eskeine Fixkosten gibt. Der Gewinn wird bei einem Preis von 2 gleich Null und die Gewinn-kurve fällt bei niedrigeren Preisen ähnlich stark ab wie die Umsatzkurve. Bei einem Preisvon 0 resultiert ein Verlust von 200, bei einem (negativen) Preis von �2 entsteht bereits einVerlust von 480 Euro. Die zweite, gepunktete Gewinnkurve gibt den Gewinnverlauf fürStückkosten von k D �2 an. Das entspricht der Situation, in der die Bank von ihren Anle-gern Geld zu einem negativen Zins von �2 Prozent erhält oder ein Stromwiederverkäuferzu negativen Preisen einkauft.

Der Gewinn liegt dann bei jedem Preis höher als der Umsatz. Allerdings bleibt dasGewinnmaximum im Bereich positiver Preise, hier beim Preis von 4. Die Absatzmengebeträgt 60 Einheiten. Es wird ein Stückdeckungsbeitrag von 6 Euro erzielt, davon kommen4 Euro von den Kunden und 2 Euro aus dem negativen Preis der Anleger. Es handeltsich um ein zweiseitiges Preismodell. Der Gewinn beträgt 360 Euro. Selbst bei negativenPreisen zwischen 0 und �2 werden noch Gewinne erzielt. Der Abfall der Gewinnkurve imBereich negativer Preise ist ähnlich steil wie bei den anderen Kurven, lediglich das Niveauliegt höher. Theoretisch kann der gewinnmaximale Preis negativ werden. Bei variablenStückkosten von k D �12 ergibt sich in unserem Zahlenbeispiel ein optimaler Preis von�1 Euro. Es wird ein Gewinn von 1.210 Euro eingefahren. Dass dieser Fall in der Praxisvorkommt, ist allerdings eher unwahrscheinlich, wenn auch nicht ausgeschlossen.

Und in der Tat zeigen sich im April 2016 zum ersten Mal negative Preise in derAbsatzfinanzierung. So bietet der Möbelhändler Who’s Perfect eine „Negativ-Zins-Finanzierung“ für 24 Monate an. Das Darlehen hat einen Zinssatz von 0 Prozent. DerKäufer erhält bei Genehmigung 1 Prozent der Finanzierungssumme zurück. Die Fi-nanzierung hat also einen negativen Zins, der allerdings im Ausmaß gering ist. AuchMercedes bewirbt die Finanzierung für sein A-Klasse-Modell 160 mit einem effektivenJahreszins von minus 1,26 Prozent.

Es gibt Sondersituationen, in denen negative Preise auf Grund perioden- oder produkt-übergreifender Zusammenhänge in Frage kommen. Bei Neuprodukteinführungen sindGratisproben (etwa bei Pharmazeutika), also Preise von Null, durchaus üblich. Wie wirin Kap. 6 gezeigt haben, kann diese Taktik sinnvoll sein, wenn sie den Absatz in den Fol-geperioden stimuliert. Wenn man einen Schritt weiterdenkt, könnte man die Akzeptanzeines bisher unbekannten Produktes beschleunigen, indem man den ersten Übernehmerneinen negativen Preis zahlt, statt das Produkt nur frei abzugeben. Oft werden Produktein-führungen mit erheblichen Promotionsbudgets unterstützt. Das muss nicht optimal sein.Je nach relativer Größe der Preis- und der Promotionselastizität kann ein negativer Preiswirksamer sein als Werbung oder ähnliche Maßnahmen, ohne dass deshalb größere Ver-

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14.3 Innovative Preismodelle 593

luste entstehen. In diesem Sinne lassen sich die 50 Euro, die die Commerzbank neuenKunden gutschreibt, als negativer Preis interpretieren. Ähnliches gilt für den Gutscheinin gleicher Höhe, den METRO Cash & Carry einem neuen Kunden überreicht. In seinerAnfangsphase hat der Bezahldienst PayPal neuen Kunden 20 US-Dollar geschenkt [73].Es sollte beachtet werden, dass es sich hierbei um jeweils pro Kunden einmalige bezie-hungsweise temporär begrenzte Negativpreise handelt. Die analoge Argumentation lässtsich bei produktübergreifenden Wirkungen anwenden. Wenn ein Produkt A den Absatzeines gewinnträchtigen Produktes B befördert, kann es sinnvoll sein, Produkt A zu einemnegativen Preis anzubieten. Diese Wirkungskette könnte beispielsweise für manche Free-mium-Modelle gelten, in denen die Basisversion einen Preis von Null hat. Warum soll beiNull die Grenze sein? Wenn durch die Erfahrung mit der Basisversion viele Nutzer für diebezahlte Premiumversion gewonnen werden können, kann es sinnvoll sein, Erstnutzernder Basisversion für einen beschränkten Zeitraum einen negativen Preis zu zahlen.

Negative Preise sind eine ziemlich neuartige Erscheinung. Ob sie in Zukunft auf Grundvon Überangeboten häufiger auftreten, bleibt abzuwarten. Auch Grenzkosten von Nullmachen ihr Auftreten wahrscheinlicher.

14.3.8 Grenzkosten vonNull und Sharing-Economy

Wie wir aus Kap. 5 wissen, sind die Grenzkosten eine der beiden Determinanten desoptimalen Preises. Gemäß der Amoroso-Robinson-Relation (Abschn. 5.4.3) ergibt sichder gewinnmaximale Preis als preiselastizitätsabhängiger Aufschlag auf die Grenzkosten.Eine der Besonderheiten des Internets besteht darin, dass die Grenzkosten vielfach ge-gen Null tendieren. Allerdings ist dieses Phänomen nicht grundsätzlich neu. Auch beiSoftware und teilweise bei Pharmazeutika oder elektronischen Komponenten sind dieGrenzkosten im Verhältnis zu den Entwicklungskosten sehr gering. Das Gleiche gilt fürdie Nutzung von Flugzeugsitzen oder Hotelzimmern bei unausgelasteten Kapazitäten. EinGast mehr verursacht nur sehr geringe Grenzkosten. Im Internet nimmt das Phänomen der„Null-Grenzkosten“ allerdings deutlich größere Dimensionen an. Jeremy Rifkin [32] hältdieses Phänomen für derart revolutionär, dass er daraus in dem Buch „Die Null Grenz-kosten Gesellschaft“ sogar den „Rückzug des Kapitalismus“ ableitet. Er begründet dies inAnlehnung an Lawrence Summer6 damit, dass die Preise sich den Grenzkosten annähern.Wenn letztere gegen Null gingen, sänken auch die Preise gegen Null und kein kapitalisti-scher Unternehmer wäre mehr bereit, zu solchen Preisen zu produzieren. Also müsse dieseRolle von jemand anderem, zum Beispiel vom Staat oder von Non-Profit-Organisationen,übernommen werden. Das sei das Ende des Kapitalismus.

Rifkin [32] weitet sein Null-Grenzkosten-Paradigma auf zahlreiche Bereiche aus. Dazuzählen Bildung durch „Massive Open Online Courses“ (sogenannteMOOCs), Energie aus

6 Lawrence Summers war Chefökonom der Weltbank, unter Bill Clinton Finanzminister und späterPräsident der Harvard University.

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Wind- und Solaranlagen sowie die sogenannte Sharing-Economy7. In der Sharing-Econo-my werden ohnehin vorhandene Kapazitäten wie ungenutzte private Zimmer oder Autoseiner nutzenstiftenden Verwendung zugeführt. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dasssich aus diesen wenn auch nicht grundsätzlich neuen, so doch in der Breite enorm er-weiterten Phänomenen starke Auswirkungen auf Geschäfts- und Preismodelle ergeben.Teilweise sind die Wirkungen schon Realität, aber der Großteil liegt noch vor uns.

Die Grenzkosten sind zwar selten wirklich Null. Rifkin [32] selbst spricht im Textseines Buches, anders als im plakativen Titel, richtigerweise von „Nahezu-Null-Grenz-kosten“. Bei Grenzkosten von Null ist der gewinnmaximale Preis bekanntlich mit demumsatzmaximalen Preis identisch. Im Umsatzmaximum beträgt die Preiselastizität �1.Die Amoroso-Robinson-Relation behält bei der Annäherung an das Umsatzmaximum(Grenzwertbetrachtung) ihre Gültigkeit. Wir zeigen das anhand der Preisabsatzfunktionq D 100 � 10p mit q als Absatzmenge und p als Preis. Für Stückkosten von k D 2

liegt der gewinnmaximale Preis gemäß (5.7) bei p� D 6. Es werden 40 Einheiten ab-gesetzt. Es ergibt sich ein Umsatz von 240 Euro und für angenommene Fixkosten vonNull ein Gewinn von 160 Euro. Die Preiselastizität beträgt �1;5, der Aufschlagfaktor so-mit gemäß Amoroso-Robinson-Relation 3. Was passiert nun, wenn die Grenzkosten auf0,1 sinken? Der optimale Preis p� sinkt auf 5,05 Euro, unterscheidet sich also vom um-satzmaximalen Preis, der bei 5 Euro liegt, nur noch marginal. In der Folge steigen derAbsatz auf 49,5 Stück, der Umsatz auf 249,98 Euro und der Gewinn auf 245 Euro. DiePreiselastizität beträgt bei diesem Preis �1;0202, so dass sich gemäß Amoroso-Robinson-Relation (5.6) ein Aufschlagfaktor von �1;0202� �0;0202 D 50;5 ergibt. Die Rechnung50;5�0;1 D 5;05 Euro bestätigt den optimalen Preis. Grenzkosten, die sich Null annähern,sind also hinsichtlich der preislichen Entscheidungsregel kein grundsätzliches Problem.8

Die Verschärfung des Wettbewerbs dürfte vor allem daraus resultieren, dass die kurzfristi-ge Preisuntergrenze bei den Grenzkosten liegt. Wenn diese gegen Null gehen, bewegt sichauch die kurzfristige Preisuntergrenze gegen Null. Es sollte also nicht überraschen, wennes in Zukunft vermehrt – punktuell und selektiv – extrem niedrige Preise gibt. So erzieltein Anbieter, der dringend Liquidität braucht, bei Grenzkosten von Null und einem nurknapp darüber liegenden Preis immer noch einen Deckungsbeitrag und einen Cashflow.

Aus den Null-Grenzkosten-Wirkungen von Internet und Sharing-Economy ergebensich gravierende Auswirkungen auf Geschäftsmodelle, Preisniveaus und Wettbewerb. DieMusikindustrie hat dies, wie eingangs dieses Kapitels berichtet, massiv zu spüren bekom-men. Ähnliches gilt für Druckmedien wie Zeitungen und Zeitschriften. Buchverlage undBuchhandlungen sind gleichermaßen betroffen. YouTube, Netflix und ähnliche Dienste

7 Man spricht auch von Shared-Economy oder Shareconomy.8 Wenn die Grenzkosten gegen Null gehen, verliert die Amoroso-Robinson-Relation allerdingsbei Zugrundelegung einer multiplikativen Preisabsatzfunktion (vgl. Abb. 3.6) ihre Gültigkeit.Dies liegt an der Konstanz der Preiselastizität, die diese Funktion beinhaltet und die dazu führt,dass die Umsatzfunktion kein Maximum hat. Wie in Kap. 3 erläutert, sollte die multiplikativePreisabsatzfunktion deshalb nur innerhalb eines engen Intervalls um das bisherige Preis- und Grenz-kostenniveau herum angewandt werden.

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14.3 Innovative Preismodelle 595

bilden eine neue Konkurrenz für visuelle Medien wie Film und Fernsehen. Die Fähigkeitdes Internets, die Distribution von Content zu Grenzkosten von quasi Null zu erbringen,schlägt massiv auf die Preise durch. Das Internet macht bisher zwischengeschaltete Agen-ten überflüssig und entzieht diesen die Umsatzbasis. Das Bankwesen wird sich radikalverändern. Anders als herkömmliche, manuell bearbeitete Transaktionen verursachen di-gital abgewickelte Zahlungen oderWertpapierkäufe nur äußerst niedrige Grenzkosten. EinGroßteil des Personals und der Filialen wird überflüssig. Traditionelle Geschäftsmodelle,die mit deutlich höheren Grenzkosten arbeiten, verlieren ihre preisliche Wettbewerbsfä-higkeit und verschwinden.

Nicht weniger dramatische Wirkungen auf Preise und Preiswettbewerb werden von derSharing-Economy ausgehen. Die Vermietung ungenutzter privater Zimmer über Airbnbist eine neue, scharfe Konkurrenz für Hotels. Das Gleiche gilt für Uber und die Konkur-renz zu Taxis. Offenbar lernen Verbraucher aus der Erfahrung, die Sharing-Economy zuschätzen. In einer Studie von PwC [74] gaben 43 Prozent der Befragten an, dass sie esals belastend empfinden, etwas zu besitzen und das Teilen diese Belastung mindere. Stän-dig treten neue Spieler mit innovativen Geschäftsideen auf den Markt. Auf der Plattformleihdirwas.de kann man alle möglichen Produkte leihen. Die vom Verleiher zu zahlendeProvision beträgt 15 Prozent. Die Preise variieren sehr stark. Die in Frankreich entstan-dene Firma Blablacar, die ihm April 2015 die deutschen Anbieter Mitfahrgelegenheit.deund Mitfahrzentrale.de übernommen hat, vermittelt 2 Millionen Mitfahrgelegenheiten proMonat. Mit ihren Preisen unterbietet sie sowohl Bahn als auch Fernbusse [75]. Blablacarverzichtet sogar bis auf weiteres auf eine Provision, um die Nutzerzahl möglichst schnellhoch zu treiben. Dabei hat das Mitfahren durchaus historische Vorbilder. Früher warendies das Fahren per Anhalter oder die klassische Mitfahrzentrale, die mehr oder wenigermanuell betrieben wurde. Mit dem Internet gewinnt das Zusammenbringen von Leuten,die ohnehin mit ihrem Auto von A nach B fahren, und Personen, die einen Platz auf dieserStrecke nutzen wollen, eine weit größere Dimension. Dass die äußerst niedrigen Preisediese Nachfrage fördern, ist zu erwarten.

In etwas anderer Form will das ebenfalls französische Start-up Drivy ungenutzte Au-tokapazität an den Kunden bringen. Die tatsächliche Nutzungszeit eines durchschnitt-lichen Autos liegt unter 10 Prozent. Drivy organisiert die Vermietung privater Autos,das sogenannte private (im Gegensatz zum professionellen) Carsharing. Auch hier sinddie Grenzkosten niedrig, in den Augen mancher Autobesitzer dürften sie nahe an Nullliegen. Drivy kann folglich eine sehr aggressive Preisstrategie fahren. Um das Versiche-rungsrisiko abzudecken, sichert die Allianz alle über Drivy vermieteten Fahrzeuge miteiner Vollkaskoversicherung ab [76]. Lawrence Burns [77], früher Vice President fürForschung und Entwicklung bei General Motors, schätzt, dass durch solche Sharing Eco-nomies 80 Prozent weniger Fahrzeuge benötigt würden, um dasselbe Mobilitätsniveau zuerreichen. Mobilitätsdienstleister wie Autohersteller müssen sich für eine neue Art desPreiswettbewerbs wappnen.

Bei der Diskussion um Grenzkosten von Null sollte allerdings eine fundamentale Ein-sicht nicht vergessen werden. Diese kommt bei Rifkin [32] zu kurz. Die Grenzkosten

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definieren nämlich nur die kurzfristige Preisuntergrenze. Hingegen wird die langfristigePreisuntergrenze von den Vollkosten, das heißt den Grenzkosten und den umgelegten Fix-kosten, bestimmt. Langfristig kann kein Unternehmen nur von Deckungsbeiträgen leben,sondern die Deckungsbeiträge müssen höher sein als die Fixkosten. Nur dann wird einGewinn erzielt und nur mit Gewinn wird ein Unternehmen auf Dauer überleben. Uns fälltes deshalb schwer, die Schlussfolgerungen von Rifkin [32] hinsichtlich der Zukunft desKapitalismus nachzuvollziehen. Ja, Grenzkosten von Null werden für eine Verschärfungdes Preiswettbewerbs sorgen, aber sie werden die grundlegenden Gesetze der Ökonomienicht außer Kraft setzen.

14.3.9 Innovative Zahlungssysteme

Weitere Einflüsse auf das Preismanagement werden von neuen Zahlungssystemen ausge-hen. In den letzten Jahren sind neben Kredit- und Debitkarten eine Vielzahl von Systemenwie PayPal, Apple Pay, Samsung Pay, Android Pay, Alipay oder gar neue Währungen wieBitcoin entstanden. Diese Entwicklung ist keineswegs am Ende, sondern ständig tretenweitere Angebote wie etwa MyWallet von der Deutschen Telekom auf den Markt. WelcheAnbieter sich letztendlich durchsetzen beziehungsweise im Wettbewerb koexistieren wer-den, lässt sich derzeit kaum abschätzen. Als sicher kann gelten, dass diese neuen SystemeKaufverhalten und Preisbereitschaft beeinflussen werden, so wie es in früheren Zeitenbei ihrer Einführung schon Schecks, Kreditkarten und andere Zahlungsformen taten. DasThema Sicherheit wird eine zentrale Rolle spielen.

PrepaidsystemeBei Prepaidsystemen wird vor der Nutzung einer Dienstleistung oder dem Kauf einesProduktes gezahlt. Man kann dieses Verfahren als eine Variante von Vorverkaufspreiseninterpretieren. Bei Veranstaltungen wie Konzerten, Konferenzen etc. sind Vorverkaufsra-batte seit jeher üblich. Bei modernen Prepaidsystemen zahlt man vorab einen bestimmtenBetrag, der in der Regel auf einer Karte gespeichert wird. Der Betrag wird dann nachund nach aufgebraucht. Eine Variante sind monatliche Vorauszahlungen, auf die zum Jah-resende die Abrechnung des tatsächlichen Verbrauches folgt. In der Telekommunikationführte in Deutschland erstmals E-Plus eine Prepaidkarte ein. Heute sind solche Karten invielen Bereichen wie Kantinen und ähnlichen Dienstleistungen mit wiederholter Nutzungverbreitet. Ein Beispiel ist die Starbucks-Card, die mit Beträgen zwischen 5 und 150 Euroaufgeladen werden kann. Sie wird nicht nur in den Läden von Starbucks, sondern auch inFilialen der Postbank vertrieben. Auch PAYBACK offeriert eine Prepaidkarte sowie digi-tale Gutscheine, eine andere Form von Prepaid, die vor allem für Geschenke gedacht ist.Prepaidcards werden zunehmend auch in ungewohnten Bereichen angeboten. Ein Beispielsind private Jetkarten, für die es acht Anbieter gibt. Dieses Geschäftsmodell soll das Voll-oder Teileigentum, das bisher bei Privatjets üblich war (z. B. NetJets), ersetzen. Eine Kartedes Marktführers Marquis kostet für 25 Flugstunden 100.000 US-Dollar [78].

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14.3 Innovative Preismodelle 597

Prepaid hat für Anbieter und Nachfrager Vor- und Nachteile. Da es sich um ein Vor-abinkasso handelt, entfällt für den Verkäufer das Risiko des Zahlungsausfalls. Er verdientsogar daran, wenn der Verbraucher eine noch werthaltige Karte verliert. Ein Nachteil fürden Anbieter besteht darin, dass die Kundenbeziehung bei Prepaid lockerer ist als bei ei-nem Vertrag mit fester Laufzeit. Der Käufer weiß, wieviel er ausgibt und schließt damitdas Risiko aus, dass auf seiner Rechnungmehr aufläuft als er sich leisten kann. Das ist zumBeispiel bei Mobilfunk für Kinder ein wichtiger Aspekt. Aus dem zeitlichen Auseinander-fallen von Zahlung und Konsum können sich interessante psychologische Konsequenzenergeben. Der Negativnutzen der Geldzahlung wird eventuell nur einmal empfunden, wäh-rend der Positivnutzen des Konsums mehrfach erlebt wird. Das kann im Vergleich zusimultaner Zahlung einen höheren Verbrauch beziehungsweise eine geringere Preiselas-tizität induzieren. Aus der weiter oben zitierten Studie, nach der Kunden vorab mehr zuzahlen bereit sind, um später Rückzahlungen zu erhalten, folgt, dass der Anbieter diemonatlichen Vorauszahlungen bewusst höher ansetzen kann, um den Kunden am Jahres-ende eine Rückzahlung gewähren zu können [54]. Die Rückzahlung bringt im Sinne derProspekttheorie einen Gewinnnutzen, der größer ist als der Verlustnutzen der geringfügighöheren monatlichen Vorauszahlung.

Prepaidkarten sind besonders stark in weniger entwickelten Volkswirtschaften ver-breitet. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass viele Verbraucher in Ländern mit niedrigenEinkommen kein Bankkonto haben.9 In solchen Ländern läuft ein Großteil der mobi-len Telekommunikation über Prepaidsysteme. In Schwellenländern gibt es Prepaid selbstin ungewohnten Bereichen. So bietet die Zurich Versicherung in Mexiko eine Prepaid-autoversicherung an. Man kann eine Karte kaufen, die für 30 Tage Versicherungsschutzgewährt und die sich zu einem beliebigen Zeitpunkt aktivieren lässt.

BonussystemeIn Deutschland ist PAYBACK das am meisten verbreitete Bonussystem. Es wurde imJahr 2000 eingeführt und hat heute mehr als 27 Millionen Kunden. Die Kunden sam-meln bei Käufen in den teilnehmenden Geschäften, sowohl stationär als auch online,Bonuspunkte, die sie gegen Prämien eintauschen können. Der gewährte Rabatt liegt jenach Unternehmen zwischen 0,5 und 4 Prozent. Die Funktionalität der PAYBACK-Kartewurde ständig erweitert. PAYBACK kooperiert mit Kreditkartenanbietern, so dass mandie Karte auch zur Zahlung nutzen kann. PAYBACK ermöglicht Aktionen, bei denen esmehr Bonuspunkte als üblich gibt, verteilt E-Coupons, hat eine Prepaid-Funktion sowieeine mobile App. Der große Unterschied zu Kundenkarten einzelner Unternehmen bestehtdarin, dass PAYBACK-Einkaufsdaten betriebs- und branchenübergreifend erhebt und aufdieser Basis das Käuferverhalten per Data-Mining umfassend und tief analysieren kann.Datenschützer haben deshalb ein wachsames Auge auf PAYBACK. Im Wesentlichen istPAYBACK ein Rabattsystem, zu dessen Erfolg die Sammelfunktion beiträgt. Das System

9 Das gilt teilweise auch für hochentwickelte Länder. So haben nach Aussage von Professor RajivLal, Harvard University, 70 Millionen US-Amerikaner kein Bankkonto.

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nutzt viele Möglichkeiten, mit dem Kunden zu interagieren, und wird sich weiterentwi-ckeln. Allerdings gibt es auch namhafte Unternehmen, die nach einigen Jahren Erfahrungaus dem PAYBACK-System ausgetreten sind. Die Deutschlandcard GmbH, ein Tochter-unternehmen von Bertelsmann, betreibt ein ähnliches Bonusprogramm wie PAYBACK.Ein weiterer, deutlich kleinerer Anbieter ist der BSW Bonusclub.

Internetorientierte ZahlungssystemeMit mehr als 230 Millionen Mitgliedskonten ist PayPal das am weitesten verbreitete in-ternetorientierte Zahlungssystem. Gegründet im Jahre 1999 wurde PayPal 2002 von eBayerworben und war einige Jahre auf eBay-Transaktionen ausgerichtet, bevor es sich demallgemeinen Markt öffnete. In Deutschland zahlen die Unternehmen, die PayPal nutzen,35 Cent pro Transaktion plus 1,9 Prozent des Umsatzes. In Österreich ist der variableTeil mit 3,5 Prozent höher. Eine wichtige Innovation war das im Jahr 2015 eingeführteEin-Klick-Payment (One-Touch-Payment). Zu Tests heißt es: „Bei den Unternehmen hatdie Ein-Klick-Zahlung zu höheren Verkaufszahlen geführt und neue Kunden angelockt“[79]. Amazon hat das One-Click-Bestellverfahren, das von den Kunden sehr geschätztwird, schon seit Jahren. Im Herbst 2014 führte Apple das innovative Bezahlsystem ApplePay ein. Es kann allerdings nur mit Apple-Produkten genutzt werden, neben iPhone undiPad auch mit der Apple Watch, die im Jahr 2015 auf den Markt kam. Apple erhebt vonden kooperierenden Banken eine Gebühr von 0,15 Prozent der Transaktionssumme. Dadie Banken in Europa selbst nur eine Spanne von 0,3 haben, könnte die Apple-Gebührein Problem werden. Andererseits dürfte Apple Pay aufgrund der riesigen Kundenbasisvon Apple einen beachtlichen Marktanteil im Internetzahlungsverkehr erringen. Ähnlichwie Apple Pay soll auch das neu eingeführte mobile Android Pay über die Nahfrequenz-technologie (NFC) funktionieren. Android hat bereits 700.000 physische Geschäfte inNordamerika als Kooperationspartner gewonnen. Alphabet sieht durch die Einführung ei-ne Chance, noch tiefer in den Alltag der Nutzer vorzudringen, um Informationen überdas Kaufverhalten zu erheben [80]. Samsung hat einen ähnlichen Bezahldienst unter demNamen Samsung Pay auf den Markt gebracht, der anders als Apple Pay nicht nur überdie NFC-Technologie, sondern auch über die Magnetfeldtechnologie MST läuft und da-mit auf 90 Prozent aller Zahlungsterminals zum Einsatz kommen kann [81]. Im Jahr 2014führte die Deutsche Telekom ihr neues Bezahlsystem MyWallet ein. MyWallet erlaubt dieZahlung mit dem Smartphone und ist mit anderen Zahlungssystemen integriert. So kannman überall dort bezahlen, wo es MasterCard- oder Maestro-Kontaktlos-Kartenlesegerätegibt. Zudem erlaubt MyWallet die Verwaltung von Coupons, Fahrkarten und ähnlichem.Für die MyWallet Card und den Sticker wird ein Einmalpreis von 9,95 Euro erhoben. Fallsmindestens 600 Euro pro Jahr umgesetzt werden, ist die laufende Kartenverwaltung frei.Die chinesische Seite Alibaba hat mit Alipay ein System, das Ähnlichkeiten mit PayPalaufweist. Die Regierung von Nigeria hat in Zusammenarbeit mit MasterCard einen Perso-nalausweis entwickelt, der zugleich als Debitkarte eingesetzt werden kann [60]. Mehreredeutsche Privatbanken, genossenschaftliche Institute und Sparkassen haben sich zusam-mengeschlossen und den Bezahldienst Paydirekt gegründet. Dieser soll auf lange Sicht in

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14.3 Innovative Preismodelle 599

Deutschland in direkte Konkurrenz mit dem amerikanischen Bezahldienst PayPal treten.Im Gegensatz zu PayPal fungiert Paydirekt „nur“ als Vermittlungsplattform. Das bedeutet,dass die jeweiligen Kreditinstitute eigenständig die Zahlungsfähigkeit der Kunden über-prüfen und dem Händler direkt darüber eine Auskunft erteilen. Dieses Verfahren reduziertfür die Händler das Risiko von Zahlungsausfällen [82].

Die internetorientierten Zahlungssysteme werden sich über die reine Zahlungsfunkti-on hinaus weiterentwickeln. Eine Herausforderung bleibt die wirtschaftliche Abwicklungvon Micropayments. Das häufige Zahlen von kleinsten Preisen sei es für Content, fürSpielmodule, für Unterhaltung oder für Bankleistungen verspricht im Internet große Po-tenziale, die aber nur gehoben werden können, wenn Micropayments nicht zu teuer sind.Innovative Zahlungssysteme werden auch im Hinblick auf die eingangs dieses Kapitelsdiskutierten Preis- und Nutzenaspekte Verbesserungen bringen. Die Ein-Klick-Verfahrenvon Amazon und PayPal liefern höhere Convenience. Passwörter und PIN-Codes werdendurch Finger- oder Irisabdruck ersetzt. Neue Systeme erlauben die Integration von indivi-dualisierten Rabatten und Sonderangeboten, Bestpreisgarantien, Coupons, betriebs- oderpersonenübergreifenden Preisen und vieles mehr. Sie erweitern damit die Handlungsmög-lichkeiten des Preismanagements beträchtlich.

Bargeld und BitcoinGeld ist im fundamentalen Sinne Information und somit digitalisierbar. Physisches Geldist nicht notwendig, um diese Informationsfunktion zu erfüllen. Physisches Geld hatgleichwohl große Vorteile wie Abschluss eines Kaufes in einem Akt und Anonymität.Zahlt ein Kunde einen Einkauf bar, so ist der Transaktionsvorgang zwischen Käufer undVerkäufer damit abgeschlossen. Wenn sich beide Beteiligte nicht kennen, bleibt die Trans-aktion zudem anonym. Mehrere Käufe eines Kunden können nicht miteinander verknüpftwerden. Verhaltensmuster lassen sich nicht eruieren. Bei Zahlungsmethoden wie Scheck,Überweisung, Lastschrift, Kreditkarte etc. erfordert der Abschluss der Transaktion wei-tere Schritte und die Anonymität ist nicht gegeben. Letzteres ist ein Grund, warum derHarvard-Ökonom Kenneth Rogoff [83] die Abschaffung des Bargeldes vorgeschlagenhat. Wenn alle Transaktionen auf Konten nachvollziehbar seien, würden Schwarzarbeitund dunkle Geschäfte massiv erschwert. Außerdem würde das Horten von Geld un-möglich, so dass eine effektivere Steuerung des Spar- und Konsumverhaltens gelingenkönne. Durch negative Zinsen könne man die Besitzer von Geld zum Ausgeben desselbenbewegen und damit die Wirtschaft ankurbeln. Bargeld beinhaltet auch Sicherheitsrisi-ken wie Fälschung oder Diebstahl, die Kosten verursachen. Dem Vorschlag Rogoffsschloss sich auch das gewerkschaftsnahe Mitglied des Sachverständigenrates Bofingeran [84]. Zu einer umfassenden Behandlung sei auf das Buch „Bargeldverbot“ verwiesen[85].

In Deutschland werden nach wie vor rund 80 Prozent aller Zahlungsvorgänge in bar ab-gewickelt, wertmäßig sind es knapp über 50 Prozent. Eine große Mehrheit der Deutschenist gegen eine Abschaffung des Bargelds. In einer Untersuchung des Marktforschungsin-stituts YouGov [86] lehnen es 74 Prozent der Befragten ab, in Deutschland den Annahme-

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600 14 Innovationen im Preismanagement

zwang für Bargeld abzuschaffen. In anderen Ländern gilt Bargeld eher als altmodisch. InSchweden soll ein Bankräuber unverrichteter Dinge wieder abgezogen sein, weil die Bankkein Bargeld mehr hielt [87]. Die dänische Notenbank will nach 2016 mangels Nachfragekeine Banknoten mehr drucken. Kleinere Läden und Tankstellen werden dort von demZwang befreit, Bargeld als Zahlungsmittel anzunehmen. Allerdings steigt selbst in Dä-nemark nach wie vor der Bargeldumlauf, offensichtlich wird viel Geld gehortet. Auch inDeutschland und der Schweiz heißt es: „Bürger horten immer mehr Bargeld“ [88]. DieOpportunitätskosten der Bargeldhaltung sind auf Grund der niedrigen Zinsen sehr gering.In Italien sind schon seit längerem Bargeldzahlungen von mehr als 1.000 Euro verboten.

Die Wahrscheinlichkeit, dass das Bargeld verschwindet, halten wir allerdings für ge-ring. Wie der russische Dichter Fjodor Dostojewski schrieb, ist „Bargeld geprägte Frei-heit“. Nach einem Verbot des heutigen Bargeldes würden sich die Menschen sofort eineErsatzwährung schaffen, so wie sie es in der Steinzeit mit Muscheln oder während derInflation und nach dem Zweiten Weltkrieg mit Zigaretten und ähnlichen werthaltigenGegenständen taten. Für größere Zahlungen bietet sich Gold als Bargeldersatz an. Wir ver-muten, dass das Ausgabeverhalten bei Gold ähnlich ist wie bei Bargeld, das heißt, es wirdweniger leichtfertig ausgegeben als Kreditkartengeld. Was die Propagandisten des Bar-geldverbotes in Wirklichkeit anstreben, bedeutet eine Gängelung des Verbrauchers undeine Einschränkung der Freiheit. Mit der ungewollten Wiedereinführung der Goldwäh-rung könnten sie allerdings das genaue Gegenteil erreichen. Als nächsten Schritt müsstendie Interventionisten dann den privaten Goldbesitz verbieten.

Internetwährungen können das heutige Bargeld ersetzen, ohne dessen Funktionen zubeseitigen. In unserer Zeit kennen wir nur von Staaten ausgegebene Währungen. Anderswar das in traditionellen Gesellschaften, wo Währungen vielfach von privaten Banken inUmlauf gebracht wurden und unterschiedliche Zahlungsmittel nebeneinander kursierten.Im Internet-Zeitalter könnte privates Geld eine Renaissance erleben. Die bisher spekta-kulärste Entwicklung einer solch neuen Währung besteht in Bitcoin. „Bitcoin ist eineelektronische Währung, die dezentralisiert mittels eines Peer-to-Peer-Netzwerkes im In-ternet erzeugt sowie auf Basis von digitalen Signaturen verschlüsselt wird“ [89, 90].Transaktionen erfolgen mittels eines Zusammenschlusses von Rechnern über das Inter-net, wobei anders als im herkömmlichen Bankverkehr keine zentrale Abwicklungsstellebenötigt wird. Die Guthaben der Teilnehmer werden in persönlichen digitalen Briefta-schen gespeichert. Der Marktwert eines Bitcoins ergibt sich aus Angebot und Nachfrage.Bitcoin wurde 2008 in einem White-Paper, dessen Autor unter dem Pseudonym „Sato-shi Nakamoto“ auftrat, erstmals beschrieben und 2009 als quelloffene Bitcoin-Softwareveröffentlicht [91, 92].

Eine ausführliche Beschreibung des Bitcoin-Systems würde an dieser Stelle zu weitführen. Unter dem Aspekt der Preismanagementinnovation ist interessant, dass Bitcoindem traditionellen Bargeld am nächsten kommt. Die Transaktion ist mit der Bitcoin-Zah-lung abgeschlossen und die Zahlung bleibt anonym. Ob die in Abschn. 4.3 beschriebeneWirkung, dass bares Geld weniger leicht ausgegeben wird als Kreditkartengeld, auch fürBitcoin gilt, ist genauso offen wie die Frage, ob sich Bitcoin oder eine ähnliche Kryp-towährung in Zukunft in der Breite durchsetzen wird.

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14.3 Innovative Preismodelle 601

ZusammenfassungIn der Geschichte hat es immer wieder Innovationen im Preismanagement gegeben.Das geschah jedoch in großen Zeitabständen und in eher kleinen Schritten. Durch dasInternet und andere neue Technologien hat sich die Innovationsdynamik dramatischerhöht.

� Die unmittelbarste und bisher stärkste Wirkung des Internet besteht in einer massi-ven Erhöhung der Preistransparenz. Damit steigt auch die Preiselastizität. Preiserhö-hungen erzeugen stärker negative und Preissenkungen stärker positive Absatzeffekteals früher.

� Mittel- und langfristig kann die Erhöhung der Nutzentransparenz die wichtigereWirkung des Internets werden. Wenn ein Produkt schlecht beurteilt wird, bleibenPreissenkungen weitgehend wirkungslos, während Preiserhöhungen zu starken Ab-satzeinbußen führen. Umgekehrt reduzieren positive Urteile die Preiselastizität beiPreiserhöhungen und erhöhen sie bei Preissenkungen.

� Innovationen im Preismanagement werden von neuen Geschäftsmodellen oder neu-en Technologien getrieben. Oft treten beide Triebkräfte gleichzeitig auf.

� Flatrates haben vor allem in Internet und Informationstechnologie eine starke Ver-breitung gefunden. Sie bieten dem Kunden Vorteile im Hinblick auf Risikobegren-zung, Vermeidung des Taximetereffektes und Vorteilswahrnehmung. Aus Sicht desAnbieters sollten Flatrates mit Vorsicht behandelt werden. Dies gilt selbst dann,wenn die Grenzkosten Null sind, da mögliche Erlöspotenziale bei Intensivnutzernverschenkt werden.

� Freemium ist ein im Internet sehr populäres Preismodell. Die Abgrenzung zwischendem freien und dem bezahlten Angebot erweist sich als schwierig, ist jedoch fürden wirtschaftlichen Erfolg entscheidend. Eine Variante besteht darin, den freienTeil im Sinne eines zweiseitigen Preismodells zumindest teilweise durch Werbungzu finanzieren.

� Generell erweist sich die Bepreisung von Content als große Barriere. Die Kostenlos-kultur, die viele Internetangebote von Anfang an kennzeichnete, stellt eine schwerüberwindbare historische Belastung dar. Das Gleiche gilt für kostenlose Konkur-renzangebote. Sie schränken den eigenen Preisspielraum massiv ein.

� Name-your-own-Price, ein interaktives Preismodell, startete mit großen Hoffnun-gen, die sich jedoch nicht erfüllten. Es bleibt der Eindruck, dass die potenziellenKäufer ihre wahre Preisbereitschaft nicht aufdeckten, sondern auf Schnäppchen auswaren. Das schließt nicht aus, dass dieses Modell eines Tages eine Renaissance er-lebt.

� Pay-what-you-want ist unseres Erachtens ein Preismodell, das stärker von Illusionenals von Realitätssinn getragen wird. Es eignet sich nur für spezielle Situationen dennals dauerhaft erfolgreiche Strategie.

� Das Pay-per-Use-Preismodell ist stark im Vordringen. Grundlage ist oft eine Tech-nologie, die eine kostengünstige Ablesung der Leistung und damit neue Preismetri-

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602 14 Innovationen im Preismanagement

ken ermöglicht. Wir attestieren Preisinnovationen vom Pay-per-Use-Typ und neuenPreismetriken eine große Zukunft.

� Zweiseitige Preissysteme erhöhen nicht nur die Umsätze, sondern erweitern auchdie Spielräume bei den Preisparametern. Das Internet bietet diesbezüglich mehrChancen als die traditionelle Wirtschaft.

� Negative Preise scheinen ein neuartiges Phänomen zu sein, das bisher vor allem beiStrompreisen und bei Zinsen auftrat. Sie induzieren ein zweiseitiges Preissystem.Dabei kann der optimale Preis im Bereich negativer Preise liegen.

� Grenzkosten von Null oder nahe an Null senken die kurzfristige Preisuntergrenzeauf Null und können zu sehr aggressiven Preisstrategien führen. Diese gefährdeninsbesondere etablierte Anbieter, die mit traditionellen Geschäftsmodellen und hö-heren Grenzkosten operieren. Der Einsatz ungenutzter Kapazitäten im Rahmen derSharing-Economy ist eine wichtige Triebkraft dieser Entwicklung. Dennoch gilt,dass die langfristige Preisuntergrenze bei den Vollkosten liegt.

� Mit neuen Technologien und dem Internet sind zahlreiche innovative Zahlungssys-teme bis hin zu der Kryptowährung Bitcoin entstanden. Diese Systeme beeinflussenKaufverhalten und Preisbereitschaften, ohne dass sich die endgültigen Wirkungenheute abschätzen lassen.

Es ist davon auszugehen, dass der Strom der für das Preismanagement relevantenInnovationen keineswegs zu Ende ist, sondern weiter anschwellen wird. Die totale Ab-schaffung des Bargeldes ist zwar unwahrscheinlich, aber ein immer größerer Teil derTransaktionen wird auf digitalem Wege abgewickelt. Preismanagement wird spannendbleiben.

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