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Karl-Friedrich Pohlmann (1978). Studien Zum Jeremiasbuch. Ein Beitrag Zur Frage Nach Der Entstehung Des Jeremiasbuches (FRLANT 118) Gó, V&R

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KARL-FRIEDRICH POHLMANN

Studienzum Jeremiabuch

Ein Beitrag zur Frage nach derEntstehung des Jeremiabuches

GÖTTINGEN VANDENHOECK & RUPRECHT 1978

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Forschungen zur Religion und Literatur

des Alten und Neuen Testaments

Herausgegeben von

Ernst Käsemann und Ernst Würthwein

118.  Heft der ganzen Reihe

CI P-Kurztitelaufnähme der Deutschen Bibliothek

 J'ohlmannt   Karl-Friedrich

Studien zum Jeremiabuch : e. Beitr. zur Frage nach d.

Entstehung d. Jeremiabuches. — Göttingen :

Vandenhoeck & Ruprecht, 1978.

(Forschungen zur Religion und Literatur des Alten

und Neuen Testaments ; Bd. 118)

ISBN 3-525-53278-4 kart.

ISBN 3-525-53277-6 Lw.

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung des Fachbereichs EvangelischeTheologie der Philipps-Universität Marburg/Lahn, gedruckt mit Unter

Stützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

©Vandenhoeck   & Ruprecht, Gött ingen 1978.- Printed in Ger many-

Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet,

das Buch oder Teile daraus auf foto- oder akustomechanischem Wege

zu vervielfältigen. Gesamtherstellung Hubert  & Co., Göttingen

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VORWORT

Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1976/77 vom Fachbereich Evangelische Theologie der Philipps-Universität Marburg alsHabilitationsschrift angenommen. Sie wurde für den Druck leichtüberarbeitet.

Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle Herrn Professor Dr. OttoKaiser für manchen hilfreichen Rat sowie zahlreiche Anregungen undHinweise. Herrn Professor D. Dr. Ernst Würthwein und Herrn ProfessorD.  Ernst Käsemann sowie dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht danke ich für die Aufnahme meiner Untersuchungen in die Reihe derForschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments.

Die Deutsche Bibelstiftung Stuttgart hat freundlicherweise eine kostenlose Abdruckgenehmigung der Biblia Hebraica Stuttgartensia 8,

Liber Ieremiae, S. 79—93 erteilt und damit die Anfertigung einergut lesbaren hebräischen Synopse ermöglicht, die dem Leser auf denSeiten 208 bis 224 den Überblick über die Ergebnisse dieser Arbeiterleichtert.

Bei Angaben von Bibelstellen bedeutet das Zeichen*, daß ein Versoder Abschnitt teilweise überarbeitet vorliegt.

3575 Kirchhain-Großseelheim,

im November 1977 Karl Friedr ich Pohlmann

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Inhalt

Vorwort 5

I. Einlei tung 11

II.  Textanalysen 19

A. Je r 24 und Je r 2 1 , 1 - 1 0 191.  Jer 24 20

a) Inhalt 20b) Analyse 21c) Ergebnisse und Folgerungen 29

2.  Jer 21 ,1 -1 0 31a) Inhalt 31b) Analyse 32c) Auswertung und Zusammenfassung 39

B. Jer  37 bis 44 48

1. Kurzer Überblick über die bisherige Forschung 48

2.  Jer 37 ,1 -1 0 49a) Inhalt 49b) Analyse 50c) Zusammenfassung und Folgerungen 57

3.  Jer 37 ,1 1-16 59

a) Inhalt 59b) Analyse 59c) Ergebnis und Folgerungen 61

4.  Jer 37 ,1 7- 21 64a) Inhalt 64b) Analyse 64c) Zusammenfassung und Ergebnisse 69

5.  Jer 38 ,1 -6 69a) Inhalt 69b) Analyse 70c) Ergebnisse und Folgerungen 74

6. Jer 38 ,7 -1 3 76a) Inhalt 76b) Analyse 77c) Zusammenfassung und Ergebnisse 82

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8 Inhalt

7. Je r 38 ,1 4- 28 84a) Inhalt 84b) Analyse 84c) Ergebnisse und Folgerungen 92

8. Je r 39 ,1 -4 0, 6 93a) Aufbau und Inhalt 93b) Analyse 95

Die Entstehung von Jer 39 ,1-14 95Jer 39, 15- 18/ 40, 1-6 99

c) Zusammenfassung und Ergebnisse 105

9. Jer 40 ,7 -4 1, 18 108a) Inhalt 108b) Analysen 109

c) Zusammenfassung und Ergebnisse 121

10.  Jer 42 ,1 -2 2 123a) Die bisherige Forschung 123

b) Inhalt 123c) Analyse 124d) Ergebnisse und Folgerungen 140e) Zusammenfassung 144

11.  Jer 4 3, 1 - 7 145a) Die bisherige Forschung 145

b) Inhalt 145c) Analyse 146d) Zusammenfassung 158

12.  Jer 4 3, 8 -1 3 159a) Inhalt 159b) Analyse 159

Zur Stellung im jetzigen Kontext 160

13.  Je r 44 166

a) Zur Stellung im jetzigen Kontext 166b) Die Spannungen im Text 166c) Analyse 167

Zu v. 1 167Zu v. 2 - 1 4 168Jer 44 ,1 5- 19 172Jer 44 ,2 0- 23 175Jer 44 ,2 4- 30 176

d) Ergebnisse 181

III.  Zusammenfassung der Ergebnisse und Auswertung 183

A. Die golaor ientie rte Redakt ion des Jeremiabuches 183

1. Anliegen und Theologie 183

2.  Zum redaktionellen Verfahren 191

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Inhalt 9

B.  Der ursprüngliche Kern der Schlußerzählungen J e r37-44 198

1.  Anliegen und Theolog'e 198

2.  Zur Frage vorgegebener Überlieferungen 2003.  Überlieferungsgeschichte von Je r 37,11 bis Jer 42* 201

4.  Zur historischen Situation des Verfassers

C. Konsequenzen für die Darstel lung der Geschi chteJud as um 587 v.Chr 205

Anhang 208

A. Synopse zur Tex ten twicklung von Jer 37—44 208

B.  Übersicht über den Textbestand a) der ursprünglichenSchlußerzählung, b) der golaorientierten Redakt io nund c) der späteren Zusätze in J e r 37—44 225

Literaturverzeichnis 226

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I. EINLEITUNG

Trotz zahlreicher und intensiver Untersuchungen zum Jeremiabuchist es bisher nicht gelungen, ein befriedigendes Gesamtbild seinerEntstehungsgeschichte zu zeichnen. Unbestritten ist lediglich, daßdie je tz igen Fassungen des Prophe tenbuche s (M und LXX) erst dasErgebnis komplizierter Überlieferungs- und Bearbeitungsprozessesind und daß dementsprechend der vorliegende Textbestand des Buches sich einmal aus solchen Texten zusammensetzt, die als vorgegebenes Textmaterial aufgegriffen und verarbeitet werden konnten,daß er zum anderen aber auch Textmaterialien enthält, die erst zumZweck ihrer Aufnahme in eine wie auch immer geartete vorgegebeneTextgrundlage geschaffen worden sind und deswegen als redaktionelle Texte gelten müssen.

Die Versuche, die Genese des Jeremiabuches aufzuhellen, scheiterten lange Zeit daran, daß die rechte Unterscheidung zwischen redaktionellen Texten und der Redaktion schon vorgegebenem Textmaterial nicht glückte. Solange man unter dem Einfluß der Thesen Duhms

1  und  Mowtnckels2  davon ausging, daß der Tex tbestand des

Jeremiabuches im wesentlichen aus Quellen zusammengearbeitet war,und solange zugleich mit den postulierten Quellen 3  praktisch der gesamte Text der vorliegenden Fassungen als abgedeckt galt, konnteman für die Redaktion lediglich kleinere Textstücke (Überleitungen,Einleitungen, Klammern und Verknüpfungen) in Anspruch nehmen.

Redaktionelle Tätigkeit war also immer nur sporadisch zu erkennen,

1  Duhm  (Komm.Jer.) hatten den Tex t des Jeremiabuches in drei Gruppen  auf-

gelöst: 1. Gedichte Jeremias; 2. Baruchs Biographie des Propheten Jeremia;3.  Ergänzungen späterer Bearbeiter.2  Mowinckel  (Zur Komposit ion) ging von vier Quellen aus: A Sprüche und Ei

genbericht Jeremias; B Fremdberichte (Erzählung über den Propheten); C deu-teronomistisch beeinflußte Predigten; D Sammlung anonymer Heilsweissagungenin Jer 30 und 31. Das Buch bestand nach  Mowinckel  ursprünglich nur aus den

Kapiteln 1—45. Die folgenden „Kapitel 46—52 sind ein späterer Anhang" (aaO,S. 14).3  Auf die zahlreichen Variationen der Thesen  Duhms  und Mowinckels  brauchthier nicht näher eingegangen zu werden. Hier sei auf die gängigen Einleitungenin das AT sowie auf   Thiels  ausführlichen Forschungsbericht in seiner Arbeitüber „Die deuteronomistische Redakt ion von Jeremia 1—25" (Neukirchen 1972)verwiesen.

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12 Einleitung

falls nicht überhaupt in Zweifel gezogen wurde, daß eine planmä-ßig vorgenommene redaktionelle Gestaltung des Prophetenbuchesnachweisbar sei. So lautet z.B.  Duhms  Urteil über die Ents tehungdes Je re miab uc he s: „Das Buch ist also langsam gewachsen, fast wieein unbeaufsichtigter Wald wächst und sich ausbreitet, ist gewor-den, wie eine Literatur wird, nicht gemacht, wie ein Buch gemachtwird; von einer methodischen Komposition, einer einheitlichen Dis-position kann keine Rede sein"4 . Ähnlich skeptisch äußerte sichWeiser,  indem er feststellte: „Das Jeremiabuch ist in seiner jetzigenGestalt ... das Endergebnis einer nicht mehr klar durchschaubarenÜberlieferungsgeschichte, an der mehrere Hände beteiligt waren" 5 .Ebenso ist für  Fohrer   „die Ent stehung des Jeremiabuches . . . ein

längerer und verwickelter Vorgang gewesen, der sich nicht bis inseinzelne verfolgen läßt" 6 . Auch nach  Eißfeldt   läßt sich nicht mehrsicher ausmachen, „wieviel Hände oder Redaktionsetappen anzuneh-men sind"7 .

Lediglich  Rudolph6   mein t von  Mowinckels  quellenkritischer Beur-

teilung ausgehend den Anspruch erheben zu können, die Genesedes Jeremiabuches durchschaut zu haben. So glaubt er, in der Text-auffassung, wie sie die LXX bietet 9 , eine Komposition nach sach-

lichen Gesichtspunkten zu erkennen. Der Aufbau dieser Schrift (1.Unheilsweissagungen über Jerusalem und Juda =  1,1—25,14;  2. Un-heilsweissagungen gegen die Völker = 25,15—38  10  und  46—51;3.  Heilsweissagungen für Israel und Juda = 26—35; 4. „die Erzäh-lung Baruchs von den Leiden Jeremias" = 36—45) könne kein Zu-fall sein, zumal die Reihenfolge der drei ersten Teile genau der Drei-teilung von Jes 1—35 und von Ez entspreche. Der für diese Kon-zeption zuständige Redaktor habe auf „Sprüche Jeremias"  (Mo-

winckels  Quelle A), auf die „Erzäh lung über Je remia"  (MowinckelsQuelle B) und auf „Reden Jeremias in deuteronomistischer Bear-beitung"  (Mowinckels  Quelle C) als vorgegebenes Quellenmaterialzurückgreifen können. Die Quelle C habe dem Redaktor das Haupt-gerüst geliefert, in das er möglichst sachentsprechend sein übriges

«  Duhm,  Korn. Je r. , S. XX.5  Weiser,  Komm. Jer., S. XXXIX; vgl. aber auch S. XLII, ferner   Weisers  Einlei-

tung, S. 192.

«  Fohrer,  Einleitung, S.  438f.1 Eißfeldt,  Einleitung, S. 479.8  Rudolph,  Komm. Jer.

9  Rudolph  hält die masoretische Textanordnung für sekundär.

10  Für  Rudolph  ist 25,15—38 (die Bechervision) die ursprüngliche Einleitungzu den Völkerorakeln, während diese Verse in der LXX als deren Abschlußauftauchen.

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Einleitung 13

Material eingebaut habe 1 1 . Da  Rudolph  unter den sogenannten C-

Stücken immerhin einen Text erkennt, der seine Entstehung nur

den Erfordernissen seines jetzigen Textzusammenhanges verdankt

(21,1—10), also dem Redaktor zugeschrieben werden muß, ist es

zwar nach seiner Ansicht nicht ausgeschlossen, „daß der Verfasser

der C-Stücke zugleich der Hauptr eda kto r des Je remia buches wa r" 1 2 .

Der Sachverhalt, daß zwischen vorgegebenen C-Stücken und einem

auf redaktionelle Tätigkeit zurückzuführenden Text enge Verwandt

schaft besteht , erklär t sich jedoch nach  Rudolph  besser , wenn man

annimmt, daß hier der Redaktor die C-Stücke nachahme, weil ihm

Stil und Wesen der C-Quelle innerlich am meisten lag. Folglich sind

für  Rudolph  Umfang und Häufigkeit redaktioneller Te xte gering,

zumal eine gewisse Unsicherheit bleibt, ob die „Zusätze im Geistvon C" tatsächlich auf den Hauptredaktor zurückgehen oder aber

„von einem späteren Geistesverwandten stammen" 1 3 . Da außerdem

die sogenannten C-Stücke hauptsächlich im ersten Teil des Buches,

in den Unheilsweissagungen für Jerusa lem und J uda (Jer  1—25,14)

begegnen, bleibt unklar , ob und wie die Ents tehung der folgenden

Teile des Buches mit dem im Sinne der Quelle C wi rke nd en Redak

tor genauer in Verbindung zu bringen ist.

Für Jer 26ff kann  Rudolph  nämlich lediglich angegeben, daß der

Redaktor hier eine „sachliche Gruppierung" anstrebe 1 4 ; und da in

Jer 36—45 nach  Rudolphs  Auffassung im wesent lichen „ziemlich

genau der Bericht Baruchs" enthalten ist, wird die von ihm postu

lierte für den jetzigen Aufriß des Jer emiabuches veran twortl iche Re

daktion schließlich immer weniger greifbar, bzw. scheint sie sich

darin zu erschöpfen, daß sie vorgegebene Te xt e lediglich einordnet ,

gruppiert und unterbr ing t. Da größere Eigenanteile am Tex t fehlen,

kann es folglich auch keine sicheren Anhaltspunkte geben, die eineCharakterisierung der Intentionen und Tendenzen der Redaktion

ermöglichen.

Insofern zieht  Rietzschel15  nur die Konsequenzen aus de n Schwie

rigkeiten der  Rudolphschen  Auffassung, wenn er einersei ts dessen

These, daß dem Jeremiabuch ein sachliches Einteilungsprinzip zu

grunde liege, festhält16, andererseits aber eine durchgehende, die

einzelnen Teile übergreifende Redaktion bestreitet.  Rietzschel  ge-

11  Komm. Jer., S. XIX.12

  Komm. Jer. , S. XX.13

  Komm. Jer., S. XXI.14  Komm. Jer., S. XX.15  Rietzschel,  Urrolle.

16  AaO, S. 94.

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14 Einleitung

langt zu der Auffassung, daß jeder der vier Teile des Jeremiabuches

ursprünglich einmal ein selbständiges überlieferungsgeschichtliches

Gebilde war1 7 , und daß sich der für die vorliegende Fassung des

Jeremiabuches zuständige Redaktor im Grunde darauf beschränkte,

„die vier von uns herausgestellten Überlieferungsblöcke aneinan

derzureihen, wobei er bei den ersten drei nach dem traditionellen

Schema vorging"18.

Als der bisher überzeugendste Versuch, die Entstehungsgeschichte

des Jeremiabuches aufzuhellen193, kann die im Jah re 1970 vorge

legte Dissertation von  Winfried Thiel  über „Die deuteronomistische

Redaktion des Buches Jeremia" gelten 1 9 b .  Thiel  knüpft an die von

 Rudolph  zwar geäußerte , aber dann aufgegebene Erwägung an, ob

der Verfasser der sogenannten C-Stücke (deuteronomistisch beein

flußte Predigten) nicht zugleich als der Hauptredaktor des Buches

17  Der  Überlieferungsprozeß habe sich nach  dem Gesetz  der Konzentration  abgespielt,  so daß Einzelstücke  bzw. Sammlungen  im  Laufe  der  Zeit  zu  größerenÜberlieferungskomplexen  und schließlich  zu  Uberlieferungsblöcken zusammenwuchsen  (aaO, S. 94).18  AaO, S. 127  — An den  Schluß  des  Werkes habe  der  Redaktor dann  die„Biographie über  den  Unheilspropheten Jeremia" gestellt  (aaO, S. 127).

 Rietzschel  will nicht ausschließen,  daß der  Redaktor „noch hier  und da redaktionelle Eingriffe vorgenommen hat" (aaO, S. 127).19a  Alle übrigen wesentlichen neueren Untersuchungen,  die sich  mit  Problemendes Jeremiabuches befassen, gehen lediglich  am  Rande  auf die  Frage  ein, wiedie vorliegende Fassung  des  Prophetenbuches entstanden  ist. Wankes  „Untersuchungen  zur sogenannten Baruchschrift" (Berlin  1971) enthalten  nur  eine „imeinzelnen nicht überprüfte Vermutung über  die Haupt'inien  der  Entstehungsgeschichte"  (vgl. S. 150). Das Schwergewicht dieser Arbeit liegt  auf den  literar-kritischen Analysen  der  Fremdberichte  des Jeremiabuches  und dem  Versuch,die Uberlieferungsgeschichte dieser Texte  zu  erhellen. Auch  Nicholson  (Preaching

to  the Exiles.  A Study  of the  Prose Tradition  in the  Book  of  Jeremiah, Oxford1970) beschäftigte  die  Frage  der Genese  des Jeremiabuches nicht ausführlich.Ihm ging es in  erster Linie um den Nachweis,  daß  sowohl  die Erzählungen wiedie Prosareden  im Jeremiabuch  von den  Händen deuteronomist ischer Verfasserstammen.  Helga Weippert   dagegen  (Die Prosareden  des Jeremiabuches, Berlin/New York  1973) meint gar, zur  Frage nach  der  Komposition  des Jeremiabuchesnur  den  „negativen Beitrag" leisten  zu  können, daß man, um die  redigierendeHand  des  Redaktors  zu  finden, nicht mehr  die  Prosareden, sondern lediglichdie kleineren Überleitungen zwischen einzelnen Sinnabschnitten, also deutlicheNahtstellen,  zu  Rate ziehen dürfte.  Da  nach  //.  Weippert   die  „Prosareden eine

Tradition vertreten,  ... die sogar  so nahe  an  Jeremia heranzurücken  ist, daßman  sie als jeremianische Tradition bezeichnen  muß" (S. 229), sollte  man  sichihrer Meinung nach „grundsätzlich  . . .  wohl  den Gesamtumfang  der  Redaktionviel bescheidener vorstellen,  als das  bisher geschieht"  (S. 234).19 D  Diss.  der  Theol. Fakultät  der Humboldt-Universitä t Berlin, Maschinenschrift703  S.; vgl. je tzt WMANT 41 , Neukirchen  1973  (siehe dazu  das  Literaturverzeichnis!).

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16 Einleitung

ben wird"2 7 . Hier vertrete die deuteronomistische Redaktion die

Ansicht, daß „die zukünftige Entwicklung Judas über die zurück

gekehrten Deport ierten verläuf t"28.

Der vorgelegte Entwurf über die Entstehungsgeschichte des Jeremiabuches (Jer  1— 45)

2 9  beeindruckt durch seine geschlossene und über

greifende Betrachtungsweise. Im Vergleich zu  Rietzschels  Arbeit ist

Thiel  zuzugestehen, daß sein Vorgehen, bei der Aufhellung des Wer

degangs dieses Buches auf über das Stadium von „Tra di ti onsb löcken"

hinausgreifende literarische Zusammenhänge zu insistieren, das sach

gemäßere ist.

Die Schwäche des  Thielschen  Lösungsversuches bes teh t m.E. darin,

daß er das Ergebnis seiner Untersuchungen in wesentlichen Punkte nvorgeprägt hat, indem er der Redakt ion , die er herausarbeiten möchte,

von vornherein das Prädikat „deuteronomistisch" zuweist.

a) Weil für  Thiel  das wichtigste „Kriterium der zu dtr. Redaktion

zu rechnenden Texte nach wie vor die Existenz dtn. und dtr. Wen

dungen darstellt"30 , kann er im wesentlichen alle von deuteronomi-

stischer Sprache geprägten Texte der Redaktion zuordnen und so

zu dem Ergebnis einer einzigen umfassenden deuteronomistischen

Redaktion gelangen. Damit hat sich  Thiel  jedoch zu sehr den Blickdafür verstellt , daß auch spätere in deu teronomis tischen Wendungen

gehaltene Ergänzungen vorliegen können. Daß die These einer ein

heitlichen Redaktion, der durchweg fast alle Texte deuteronomisti

schen Charakters zuzurechnen sind, nicht unproblematisch ist, wird

auch daran deutlich, daß  Thiel  schließlich selbst feststellen muß,

die Unterschiedlichkeit in der Dichte der redaktionellen Texte sei

„ebenso wie die Intention, die D dazu führte, einen eigenen Text

an bestimmter Stelle zu plazieren und anderer wieder nicht, vorgegebene Traditionen in der vorliegenden Form anzuordnen und

nicht in anderer, schwer aufzuhellen, in manchen Fällen vielleicht

überhaupt nicht mehr rational erklärbar zu machen" 3 1 .

b) Kaum einleuchtend ist ferner  Thiels  These, daß für Texte wie

z.B.  Jer 24 oder Je r 44, überhaupt für die jetzige Abfolge der Schluß

erzählungen Jer 40—44, eine deuteronomistische Redaktion zustän-

2 7

  Vgl. Diss., S. 659.28  Vgl. Diss., S. 673.29  Dieses deuteronomistisch redigierte Jeremiabuch ist nach  Thiel  schließlichnoch einmal durch eine sogenannte post-deuteronomistische Redaktion umgestaltet worden. Das Ergebnis sei die Buchfassung, wie sie in der LXX vorliege.30 WMANT 41, S. 40.3i WMANT 41, S. 283.

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Einleitung 17

dig gewesen sein soll, die um 550 v.Chr. 32  in Juda 3 3  anzusetzen ist.Für diese Entscheidung waren offensichtlich weniger das redaktionelle Textmaterial und das darin fixierte Anliegen der Redaktionausschlaggebend als die mit der Kennze ichnung „de ute ronomi sti sch "vorweggenommene Charakterisierung dieser Texte.

So bekommt  Thiel  nicht in den Blick, daß die besonders in Jer 24vertretene Auffassung, die Heilslinie werde in der künftigen Geschichte ausschließlich über die babylonische Gola verlaufen, dochschon deutlich in die Nähe chronistischen Denkens nickt 34 . Auchdie Darstellung der Ereignisse nach der Eroberung Jerusalems, dieden Nachweis erbringen will, daß nach einer kurzen Episode unter

Gedalja schließlich das Land ganz verlassen und ohne Bewohner war,kann unmöglich schon um 550 v.Chr. entstanden sein.

Zwar wird man  Thiel  zustimmen können, wenn er die Aufhellungder Genese des Jeremiabuches in kons equenter Anwendung der redaktionskritischen Methode versucht, da sich gezeigt hat, daß diequellenkritische Betrachtungsweise hier nicht weiter führt. Aber esdürfte auch deutlich geworden sein, daß die von  Thiel  verwendetenKriterien zur Bestimmung und Bewertung redaktioneller Texte

(„dtr. Sprache, dtr. Charakter") deswegen problematisch sind, weildamit das Fazit der Analysen schon zu einem großen Teil vorprogrammiert ist35.

Die folgenden Untersuchungen gelangen zu einem von  Thiels  Lösungen in entscheidenden Punkten abweichenden Ergebnis. Es läßt sichu.E. zeigen, daß an der Ents tehung des Jeremi abuches eine Redaktion maßgeblich beteiligt gewesen ist, deren Textumfang, Aussagerichtung und historische Situa tion sich von  Thiels  „deuteronomisti

schen Redaktion" wesentlich unterscheidet. Bei unseren Bemühungen, erneut den verwickelten Textverhältnissen im Jeremiabuch nachzugehen und einer Aufhellung der Genese dieses Buches näher zukommen, gingen wir zunächst lediglich von der allgemeinen Vor-

32  Diss. S. 674.33 Diss. S. 672.34  So auch  Nicholson,  Preaching to the Exiles, S. 109; vgl. ferner  Ackroyd,

Exile and Restoration, S. 55.35

  So verweist  Thiel  ausdrücklich schon in seinen einleitenden methodischenÜberlegungen und Folgerungen  darauf,  daß „das Palästina der Exilszeit alsHerkunftsort dieser Texte von  Rudolph, Janssen  und  Herrmann  sehr wahrscheinlich gemacht" worden sei. Er stimme „vor allem mit Entstehungsortund -zeit des Dtr. überein. So ließe sich schon aus dem Verlauf der Forschungdie These von der Herkunft jener Texte aus den exilischen dtr. Kreisen rechtfertigen" (WMANT 41, S. 35).

2 Pohlmann, Jeremiabuch

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20 Jeremia 24

welche Möglichkeit eines künftigen Heilshandelns Jahwes an seinem Volk dann überhaupt noch bestehe, in Jer 24 mit dem Hinweisauf die Erwählung der babylonischen Gola bean twor te t wird4.

Aber nicht nur diese Beziehungen zwischen Jer 24 und Jer 21,1—10sind feststellbar; es lassen sich außerdem Verbindungslinien zwischenJer 24 und den Erzählungen Jer 37—44 aufzeigen5, die die Untersuchung des beiderseitigen Verhältnisses nahelegen.

All diese Gesichtspunkte sprechen dafür, daß die Stellung von Jer24 im jetzigen Kontext mit der Tätigkeit eines Redaktors in Verbindung zu bringen ist, der mit der von ihm erstellten Textfolge einbesonderes Anliegen ausdrücken wollte.

1.  Jer 24

a) Inhalt

Jeremia (der Name fällt in V. 3) schildert im Ich-Stil, wie Jahweihn zwei Feigenkörbe vor dem Tempel sehen läßt (V. la). Nacheinem Hinweis auf die zeitgeschichtliche Situation (V. lb) wirdder Inhalt beider Feigenkörbe beschrieben: Der eine enthält gute,eßbare Feigen, die im zweiten Korb sind ungenießbar (V. 2). Aufdie an Jeremia gerichtete Frage Jahwes, was er sehe, und die entsprechende Antwort des Propheten (V. 3) folgte eine in V. 4 angekündigte Jahwerede (V. 5—10). Im ersten Teil (V. 5—7) vergleichtJa hw e die guten Feigen mit der mi f r niVl, die er „zum Guten"ins Land der Chaldäer geschickt hat (V. 5) und die er wieder zurückbringen wird, um sie zu „bauen und nicht einzureißen ..." (V.

6).  Diese sollen sein Volk sein und er will ihr Gott sein (V. 7). Derzweite Teil der Jahwerede geht auf die schlechten und ungenießbaren Feigen ein. Ihnen entsprechen König Zedekia, seine Fürsten,der Rest Jerusalems und die, die im Lande Ägypten wohnen. Siealle sollen zum Fluch, zum Spott usf, werden. Jahwe will sie aus demLand, das er ihren Vätern gegeben hat, völlig vertilgen.

4  Vgl.  Rudolph,  Komm. Jer. , S. 157: „Dem Redaktor lag daran, zu betonen,

daß es trotz des Endes Zedekias und seines Reiches (21,1—7.10 = 24,8—10)mit Israel noch nicht aus sein sollte".5  Darauf hat neuerdings besonders  Nicholson  (Preaching to the Exiles) hingewiesen: „Accordingly, as in the case of chapters XXIV and XXIX, the mate-rial in chapters XL. 7—XLIV asserts the view that the future of Israel lay withthe Babylonian diaspora and like XXIV but with even greater intensity it pole-mizes against the Egyptian diaspora during the exilic period" (S. 111).

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Analyse 21

Gliederung

Jer 24 gliedert sich in eine:

Visionsschilderung 24,1—2 (unterbrochen durch zeit-

geschichtl. Hinweise in lb)

Vergewisserungsfrageund Antwort des Propheten 24,3

Zweiteilige Jahwer ed e 24,5—7.8—10(incl. Einleitung in V.4)

b) Analyse

Der Einsatz des im Ich-Stil6  gehaltenen Visionsberichtes erinnert anAmos 7,1.4.7; 8,1 7 . Zum Visionsinhalt (Feigenkörbe) ist „sachlicheParallele" Amos  8,lff,  die Obstkorbvision. Mitmrr VDTl "iD1?8 wird angedeutet, daß der Prophet diese Vision im Tempelareal hatte. Auffälligist die in V. lb angegebene Zeitbestimmung; sie scheint zwischenV. la und der daran anknüpfenden Beschreibung des Visionsinhaltes

(V. 2) eingeschoben. Trotzdem handelt es sich hier kaum um einenachträgliche Einschaltung; die Zeitbestimmung charakterisiert nämlich das ganze Kapitel dem Inhalt entsprechend als einen Berichtüber eine „n eu e" , bzw. jüngere Offenbarung, die dem Propheten zuTeil wurde, nachdem sich die „früheren"9  mit der Exilierung Joja-kins erfüllt hatten. Der Autor begnügt sich in V. lb mit kurzenHinweisen10, setzt also voraus, daß der Leser über die erste Exilierung Bescheid weiß1 1 .

Das in V. la Geschaute — die zwei Feigenkörbe — wird in V. 2 näherbeschrieben. Es handelt sich um gute und schlechte Feigen. Damitsind die für die an die Vision anknüpfenden Jahwereden (V. 5—7.8—10) wichtigen Le itworte Diu, sn eingeführt. Die Vergewisserungsfrage in V. 3 1 2  ist an sich von der Intention des Kapitels her gese-

6  Vgl. Jer  l,4ff; 3,6ff;  ll,6ff; 13,lff; 17,19ff; 18,3ff; 32,8ff.7  Vgl. auch Jer  38,21.8  Für DH&1» ist mit  Duhm  (Komm. z.St.) DHOSÖ zu lesen!9

  Vgl. Jer  22,24ff!10  Vgl. auch V. 5.11  Die Formulierungen "IJOQnTIXI ETinnTlK begegnen sonst nur noch 2. Kön24,14—16, so daß diese Stelle ausgewertet zu sein scheint (vgl. noch Jer 29,2).12  Zur Vergewisserungsfrage Jahwes und der Antwort des Propheten ist Jer1,11,13; Am 7,7f; 8,lf; Sach 4, 2; 5,1 zu vergleichen. Daß sie auch fehlen kann,zeigt Am 7,1-3; 7,4-6.

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22 Jeremia 24

hen nicht erforderlich; der Aussagegehalt bliebe auch ohne sie dergleiche13. „Obwohl der Vf. V. 1.2 alles Nötige über die Feigen ge-sagt hat, muß er wegen äußerlicher Nachahmung der ihm vorbildli-chen Stellen Am  8,lff   die Feigen noch einmal beschreiben"1 4. Der

Verfasser scheint so besonders den Offenbarungscharakter der ge-schilderten Situation hervorheben zu wollen15 .

V. 5: Wie gute Feigen schätzt Jahwe die MTW mVl16  ein, die er„von diesem Ort" ins Land der Chaldäer „zum Guten" geschickt 17

hat. V. 5 interpretiert somit die erste Exilierung als ein Gerichts-handeln Jahwes besonderer Art: Jahwe hat gerade mit der Exilie-rung nach Babel weitergehende Pläne „zum Guten" im Sinn gehabt.

V. 6 greift mit „ich richte meine Augen auf sie zum Guten" dasnaiüV von V. 5 Ende wieder auf und erläutert, was damit gemeintist. V. 6a erinnert an Amos 9,4 und scheint diese Stelle auszuwer-ten, was insofern beachtenswert ist, als sich Jer 24 überhaupt anAmostexten zu orientieren scheint1 8. Außerdem verweist dieseWendung zurück auf Jer 21 ,10, wo sie leicht variiert ("'JD Tiato »D. .. nsnV ... ) gegen das Jerusalem Zedekias gerichtet auftaucht 19. Aufder in V. 6a/3 der ersten Gola zugesprochenen Rückkehrverhei-ßung2 0 , die die folgenden „das Gute" beschreibenden Aussageneinleitet, scheint hier weniger der Hauptton zu liegen als auf denfolgenden Zusagen, die die Gola für ihre Rolle und Stellung imLande erhält; die Ankündigung der Rückkehr war allerdings als lo-gischer Anknüpfungspunkt vorauszuschicken.

V. 6b ist fast wörtlich auch Jer 42,10 zu 'esen 21 , wo eine an dieRestbevölkerung im Lande gerichtete bedingte Heilsankündigungausgesprochen wird, die Je remia in einer konkret en Situation

13  Die Beschreibung der Feigen einmal als TN» niDÜ niDün D"UNnn und zumandern als in» mVDNrTK1? "ltt>X TN» m m MTlill will lediglich den enor-men .Qualitätsunterschied' hervorheben.14  Duhm,  Komm., z.St.

l s  Zu V. 4 und V. 5aa vgl. die Überlegungen von Duhm,  Komm., z.St.; BHSbeseitigt die Spannung, indem sie V. 5aa als späteren Zusatz streicht.16 min"1  mVl begegnet sonst nur noch Jer 28,4; 29,22; (40,1).17  n7W(pi) klingt hier weit weniger negativ als das sonst übliche f^ oder  Till.18  Vgl. Am 8,1; 7,lff;  so auch  Thiel, WMANT 41, S. 254.19  Zur Formel naiüV K^l nvi1? vgl. auch Jer 39,16; 44,27.20  Die Rückkehrverheißung begegnet noch Jer 29,10 (an die erste Gola gerich-tet),  30,3 (dem Kontext nach ebenfalls an die erste Gola gerichtet), 32,37 (hierist von einer Sammlung und Rückkehr aus allen Ländern die Rede!), ist abersonst in dieser Form nicht sehr gebräuchlich (vgl. noch 1. Kön 8,34; Sach 10,10).21  Dort wird lediglich die Anredeform gewählt!

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Analyse 23

auf Anfrage des Volkes als Antwort Jahwes ausrichtet. Die engeBerührung zwischen diesen beiden Stellen 22  kann nicht zufälligsein. Es stellt sich die Frage, ob sie so zu erklären ist, daß hier

 jewei ls derselbe Autor formuliert oder ob an einer Stelle mit einer

bewußten Nachbildung zu rechnen ist 23.Während V. 6 über die äußeren Umstände und Gegebenheiten deskünftigen Heils handelt24 , wird in V. 7 das Heilshandeln Jahwesnoch weiter dahingehend erläutert, daß es auch das geistige, innereLeben der aus dem Exil Zurückgekehrten regeln wird. Der Vers setztsich zusammen aus a) der Zusage eines (neuen) Herzens, das b) Erkenntnis Jahwes bewirkt 2 s ; davon abhängig folgt c) die Selbstvor-stellungsformel26, anschließend d) die Bundesformel27  und am Vers

ende schließlich die Feststellung der Bekehrung.Eigenartig ist nicht nur, daß die Erkenntnis Jahwes von der Verleihungeines (neuen?) Herzens abhängig gemacht wird, was sonst nirgendsim AT der Fall ist 28; merkwürdig ist ebenso die „Kombination derzwei hauptsächlichen alttestamentlichen Redeweisen von der Erkenntnis Jahwes , die in ihrem Streuungsbereich sonst reinlich geschiedensind. Sie verwendet zunächst die Hosea und Je remia geläufige Formder Akkusativaussage ,mich zu erkennen'. Dann aber setzt sie in ei

genartiger Überfüllung der Aussage noch die im Buch Ezechiel sozusagen ausschließlich verwendete Formulierung des Erkenntnisinhaltsals Objektssatz, in der wir das Kennzeichen der hier zur Behandlungstehenden Erkenntnisaussage fanden, in seiner strengen Formulierungmrr ^S *3 hinzu. Wir stoßen dabei zum einzigen Mal im Alten Testament auf die absolute, aus dem ... Beziehungsgefüge gelöste Verwendung der Erkenntnisaussage"29 , während sonst das voraus be-

22  Zu tfm, D-IH, »Ol, n n u.a. ist ferner Jer  31,4f;  31,28.38.40;  32,41;  33,7;45,4 zu vergleichen; Je r 1,10; 12,16 und 18,7.9 sind die Völker Objekt.23  Vgl. dazu unten S. 144.24  Merkwürdig ist die ausdrückliche Versicherung, daß Jahwe die Exilierten nachihrer Rückkehr nicht „niederreißen und ausreißen" werde. Denn damit wird jalediglich die absurde Annahme abgewiesen, daß Jahwe die Exilierten zu diesemZweck ins Land zurückbringen könnte. Sollte jedoch ein „niederreißen und ausreißen" für alle Zukunft ausgeschlossen werden, so wäre wenigstens wie in Jer31,40 oder Am 9,15 (vgl. auch Ps 28,5b; Ez 26,14b) ein TIS zu erwarten.25  .Jahwe (oder: „mich" = Jahwe) erkennen" im Jeremiabuch: 4, 22;  (5,4.5;8,7) 9,2.5.23; 22,16; vgl. Hos 2,22; 5,4; 6,3; 8,2; 13,4.26  Im Jeremiabuch nur hier!27  Im Jeremiabuch: 7,23; 11,4; 30,22; 31,1.33; 32,38; vgl. auch  13,11.28  Zur Erkenntnisaussage vgl.  Zimmerli,  Erkenntnis Gottes nach dem BucheEzechiel, in: ThB 19, S. 41-119.29  Zimmerli,  aaO, S. 73 .

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24 Jeremia 24

richtete Handeln Jahw es , bzw. von Ja hw e gewirkte Ta tb es tä nde alsdas Mittel gelten, durch welches die Erkenntnis bewirkt wird 3 0 .

Die Vorstellung von einer „Verleihung eines Herzens" (aV }m) spieltbesonders in Ez 11,19 eine Rolle31. Auch der dortige Kontext (Ez11,14ff) ist insofern als Sachparallele zu Jer 24,5 — 7  zu nennen, alsauch hier außer der Zusage, daß die Exilierten ein anderes Herz erhalten sollen, noch die Bundesformel auf sie angewandt 3 2  und außerdem die Sammlung und Rückführung der Exilierten angekündigt wird.Ebenso begegnet dort die Zusage, Jahwe werde ihnen das Land geben3 3 .

Außerdem scheint Jer 24,7 in einer gewissen Nähe zu Jer 31,31—34

(„der neue Bund") zu stehen. Dort ist zwar nicht von der Verleihungeines Herzens die Rede; doch die Folge davon, daß Jahwe „die Tho-ra in die Herzen gibt", ist ebenfalls, daß „Jahwe ihnen zum Gottund sie ihm zum Volk werden" (V. 33) und alle schließlich Jahweerkennen. Wenn sich auch kaum entscheiden läßt, ob und wie Jer24,7 von all diesen Stellen beeinflußt oder abhängig ist34, so läßtsich im Vergleich dazu doch festhalten, daß dieser Vers im ganzeneinen sehr komprimierten und überfüllten Eindruck macht. Die unsachgemäße Übernahme des BW 'IS "O ebenso wie die Rede von

der „Umkehr mit ganzem Herzen"3 5  am Schluß des Verses, die ineiner gewissen Spannung zu einer Verleihung des Herzens durchJahwe steht3 6 , erhellen, daß das Ganze eine nicht besonders geglückte Aneinanderreihung einzelner Theologeme sein muß, die im

 jetzigen Kontext nur dem Ziel dienen sollen, die religiöse Vorrang-

30  Vgl.  Zimmerli,  aaO, S. 45ff;  besonders S. 50.52L31  Vgl. auch Dtn 29,3. — Ez 11,19 ist das „andere Herz" Voraussetzung und

Ermöglichung, in Jahwes Ordnungen und Gesetzen zu wandeln, so daß man,Jahwe zum Volk wird und Jahwe ihnen zum Gott wird" (V. 20); vgl. ähnlichEz  36,26ff;  Jer 32,39 dient nach der Feststellung in V. 38, daß „sie Jahwezum Volk werden und Jahwe ihnen zum Gott wird", das „andere Herz" („undich gebe ihnen ein anderes Herz") dazu, .Jahwe alle Tage zu fürchten" (V. 39und V. 40 scheinen nicht gut aufeinander abgestimmt, da es in V. 40 heißt,Jahwe werde seine Furcht in die Herzen geben!).32  Ez 11,20; vgl. Jer 24,7ap\33  Ez 11,17 ist eventuell erst spätere Erweiterung; vgl.  Zimmerli,  Ezechiel, BKXIII.l, S.  200.251.34

  Nach  Duhm  (Komm. S. 199) spricht der Verfasser am Anfang des Verses„die Sprache Hesekiels".35  Vgl.  Volz,  Komm. S. 244, der deswegen diese Wendung als „eine erweiterndedeuteronomistische Randnote" auffaßt!36 Vgl. dazu Jer 3,10; Dtn 30,2.10; l.Sam 7,3; l.Kön 8,48; 2.Kön 23,25Joel 2,12; zur Formulierung „mit ganzem Herzen" überhaupt Jer  29,13;  Dtn4,29;  6,5; 10,12.16; 26,16.

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Analyse 25

Stellung  der  (ersten) Gola oder ihrer Abkömmlinge herauszuarbeiten.

Der betonte Exklusivcharakter dieser Aussagen  und  Zusagen  im  Blick

auf   die  Gola  (Jer  24,5—7) wird noch einmal besonders durch  denzweiten Teil  der  Jahwerede  zum  Stichwort  xn  herausgestellt: „Schlechtoder  wie  schlechte Feigen" sind alle anderen  — „Zedekia,  der  Königvon Juda  und  seine Fürsten  und der  Rest Jerusalems 3 7 ,  die in  diesemLande zurückgeblieben sind  und die, die im  Lande Ägypten wohnen"  (V. 8).

V.  8  versucht deutlich  den  Kreis  der vom  Verwerfungsurteil  und

Vernichtungshandeln Jahwes Betroffenen  so  weit  wie  möglich  und

umfassend auszuweiten.  Die  Formulierung „Rest Jerusalems

3 8

,  dieübrig geblieben sind  im  Lande" läßt zunächst nicht erkennen,  ob

damit  nur  diejenigen gemeint sind,  die  nach  der  ersten Exilierung„übrig geblieben" waren oder auch jener „Rest",  von dem  nochnach  der  endgültigen Niederwerfung Jerusalems  die  Rede ist39.  Er-

steres würde bedeuten,  daß der  Verfasser dieser Verse  mit dem V. 8

abschließenden Hinweis tnSB  p N 3  D'OtfTn dann auch  auf   eine jüdische Kolonie  in  Ägypten anspielen wollte,  die  dort schon  zur

Zeit Zedekias existierte40 . Ganz abgesehen davon,  daß wir  über eine

37  Eine ähnliche Zusammenstellung liegt  Jer 21,7  („König  von Juda  und  seineKnechte  und das  Volk,  das in der  Stadt übriggeblieben  ist") und Jer 34,21(„König  von Juda  und  seine Fürsten"; vgl. 34,19  „die Fürsten Judas  und dieFürsten Jerusalems  und die  Höflinge  und die  Priester  und der  TH^ri  DJ?") vor.Häufiger  ist  allerdings  die  Reihenfolge „König(e)  und  Fürsten  und  Priester  undPropheten";  so in Jer 2,26; 4,9; 8,1 (c.  „Bewohner Jerusalems"); 32,32  (c.„rnilT1

  B N und die  Bewohner Jerusalems");  1,18  (ohne Propheten,  c. D»pNH); Priester  und  Propheten fehlen außer  24 ,8 ; 21 ,7; 34,21 (s.a.  34,19!)auch  in 17,25  (Könige, Fürsten  und min ' ' E^X und  Bewohner Jerusalems)  und44,17.21  (21 c. f-)Nn  DS?); vgl. auch  Dan 9,8  (ohne Priester  und  Propheten).38

  Die  Formulierung „Rest Jerusalems" begegnet sonst nirgends!3 9

  Vgl. Jer 39,9f; 40 ,6, überhaupt  die  Schlußerzählungen  Jer  40 ,7 - Je r  44.4 0

  Die  verschiedentlich geäußerten Vermutungen über jüdische Siedler  in  Ägypten schon  zur  Zeit Zedekias sind rein spekulativ.  H.  Schmidt   (Die  großenPropheten,  SAT 11,2, Göttingen  1915, S. 323), Weiser   (Komm.  Jer; S. 158)denken  an  Flüchüinge,  die  sich beim Herannahen Nebukadnezars nach Ägypten  in  Sicherheit brachten, „weil  sie ein  allzu schlechtes Gewissen hatten"(Rudolph,  Komm.  Jer., S. 158). Cornill  (Komm. Jer ., S. 280) nimmt  an, daß„mit Joahas zusammen oder  im  Anschluß  an  seine Deportation 2.Kon 23,34eine größere Anzahl Juden nach Ägypten gekommen sind";  vgl.  auch  Nötscher,Komm.  Jer., S. 186. Rothstein  (Das  Buch Jeremia, HSAT  I, S. 794)  verweistauf   die  Entstehung  der  jüdischen Kolonie  in  Elephantine;  vgl.  dazu aber  E. G

Kraeling,  The  Brooklyn Museum Aramaic Papyri.  New  Documents  of the  FifthCentury  B. C.  from  the Jewish-Colony  at  Elephantine,  New  Haven  und  London  1953, S. 42ff.  Giesebrecht   (Komm.  Jer., S. 136) und  Volz  (Komm.  Jer.,

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26 Jeremia 24

solche früh entstandene Kolonie in Ägypten keinerlei Nachrichtenkennen, ist eine solche Sicht über den Ablauf der Ereignisse wäh-rend oder nach der Einnahme Jerusalems auch nicht mit der in Jer40ff 

41  vorliegenden Schilderung in Einklang zu bringen. Versteht

man Jer 24,lff so, daß hier die völlige Vernichtung 42  des nach derExilierung Jojakins in Jer usa lem un d im Lan de verbliebenen Restesder Bevölkerung und einer damals schon in Ägypten existierendenKolonie angekündigt wird, so muß sich im Blick auf Jer  40ff,  woeben noch von  nach  der Katastrophe „im Lande verbliebenen" dieRede ist und erst anschließend über die Entstehung einer jüdischenExulantenschaft in Ägypten berichtet wird, die Frage stellen, obes wahrscheinlich ist, daß in einem Prophetenbuch eine Vision über

den künftigen Ablauf der Geschichte durch die Darstellung oder„Berichterstattung" anschließend widerlegt wird.

Diesen Schwierigkeiten entgeht man, wenn man sich gerade auchauf Grund der oben festgestellten Berührungen zwischen Jer 24,6und Jer 42,10 dahingehend entscheidet, daß der Hinweis in V. 8 aufdie,  „die in Ägypten wohnen"4 3 , ebenso mit den Erzählungen amSchluß des Jer emiabuches in Verbindung zu bringen ist. Die Fragenach Ursache und Bedeutung der Notiz über „die, die in Ägypten

wohnen", ist dann so zu beantworten, daß der Verfasser von Jer 24in den Versen 8—10 bewußt sowohl auf Jer 37—39 (Zedekia, seineFürsten) als auch auf Jer 40—44 (die Übriggebliebenen im Lande unddie,  die im Lande Ägypten wohnen) anspielen bzw. vorausweisenwill44.

Im Rahmen der bisher in Je r 24 erk ennbar en K on zept ion wird deut-lich die babylonische Gola in den Mittelpunkt gerückt, und zwar alsdie Gruppe, der ausschließlich Jahwes Heilshandeln gelten sollte. Folg

lieh mußte für die Restbevölkerung Judas und Jerusalems JahwesUnheilshandeln angekündigt werden. Wenn der Verfasser anschließenddie,  „die in Ägypten wohnen" einbezieht und somit feststellt, daßauch diese Jahwes Unheilshandeln und Verwerfungsurte il erreicht,so kann der Grund dafür nur der sein, daß er von einer jüdischen

S. 244) halten den Hinweis auf die Juden in Ägypten für eine spätere Eintra-gung. Eine Streichung ist jedoch erst dann angebracht, wenn sich diese Notizeindeutig gegen den Gesamtduktus des Kapitels sperren würde.41  Vgl. auch 2.Kön 25.42  Vgl. besonders die Aussagen in V. 10!43  Von  OPVn  p X 3 t r a f n ist sonst nur noch Je r 44,1.14.15.26 die Rede!44  Vgl. ähnlich schon  Duhm,  Komm. Je r. , S. 199; ferner  Ackroyd,  Exile andRestoration, S. 55f;  Nicholson,  Preaching to the Exiles, S. HOf;  Thiel,  aaO,S. 426. (= WMANT 41, S. 257).

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Analyse 2 7

Kolonie in Ägypten Kenntnis hatte, bzw. daß in ihm vorliegendenTex ten des Je remiabu che s schon Nachr icht en über eine Auswanderung nach Ägypten enthalten waren, auf die er seiner Konzeptionentsprechend reagieren mußte, weil sonst in diesem Punkt der Ausschließlichkeitscharakter der Erwählung der babylonischen Gola gefährdet erschien. Auf weitere Folgerungen und Einzelheiten wirdbei der Gesamtcharakteristik von Jer 24 einzugehen sein.

V. 9 ist zusammengesetzt aus den geprägten Wendungen ... )runviT1?« und . . . Vi nD-mV rrn 4«, wobei das STA wegfiel. Jer 24,9b/3wird häufig mit der Begründung gestrichen, es handle sich um einen„Zusatz nach Dt 28,37 im Widerspruch zu V.  10" 4 7 .  „Da die Jerusalemer vertilgt werden (10), können sie nicht noch .verstoßen' werden" 4 8 .  Thiel  hält zwar diesen Gesichtspunkt für zutreffend, sprichtsich jedoch „angesichts eines derartig aus geprägten Topoi gestalteten Textes, dem es offenbar mehr um Summierung als um logischeFolgerichtigkeit geht", mit Recht gegen die Streichung von V. 9b/3aus49.  Darüberhinaus möchte ich allerdings bezweifeln, daß dieserPassus (V. 9bß) gänzlich ohne logische Folgerichtigkeit ist, bzw. inabsolutem Widerspruch zu V. 10 steht. Vielleicht folgt der Verfassereiner ihm durchaus logisch erscheinenden Konzeption, wenn er in

V. 9 den Betroffenen zunächst „Schimpf und Spott ... an den Orten" vorausgesagt sein läßt, „wohin Jahwe sie vertreibt", und ihnenin V. 10 schließlich die endgültige Vernichtung „aus ihrem Lande"in Aussicht stell t. Die Formulierung DP DmN"ltfN mapön--"?33 begegnet nämlich noch einmal ähnlich in Je r 40 ,1 2a a5 0 , in einemText 5 1 , der darüber berichtet, wie nach der Einnahme Jerusalemsdie Jud en in „Moab, Am mo n, Ed om und den Lä ndern" von einerbeginnenden Konsolidierung der Verhältnisse in Juda Kenntn is er

halten u nd sich in ihre Heimat zurückbegeben (Jer 40,1 lf ). J er45  Vgl. Jer 15,4; 29,18; 34,17; Dtn 28,25  {...$  HM) Ez 23,46; njn1? istwahrscheinlich nicht ursprünglich (vgl. LXX).46  Vgl. Dtn 28,37; l.Kön 9,7; Jer 42,18; 44,8.12.22; 49,13.47  Rudolph,  Komm. Jer., S. 156; vgl. auch  Weiser,  Komm. Jer., S. 213, Anm.4; Giesebrecht, Komm. Jer., S. 136, will V. 9 insgesamt tilgen!48  Volz,  Komm. Jer., S. 243, Anm. 1;  Volz will V. 9bß ganz herausnehmen.49  Thiel, WMANT 41, S. 258.50  „Da kehrten alle Juden aus all den Orten zurück, wohin sie zerstreut (ITT 3

ni.) waren".51  Da sonst sehr selten von einer „Zerstreuung" ( m i ) an „alle Orte" (niDpDITVD)die Rede ist (vgl. nur noch Jer 8,3; 29,14 tnirrVs und mapan - I73; häufigerist von einer „Zerstreuung" unter die Völker [vgl. Jer 29,14.18; 43,5; 46,28;Dtn 30,1; Ez 4,13] oder in die „Länder" [vgl. Jer 16,15; 23,3.8; 32,37; Dan9,7] zu lesen.), sind diese terminologischen Berührungen zwischen Jer 24,9bßund Jer 40,12aa von Bedeutung!

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28 Jeremia 24

40 ,1 2a a fehlt zwar in der LXX und ist „durch aus en tb ehrl ich" 5 2 3 .Aber gerade der Zusatzcharakter dieses Versteils erhellt, daß einInterpretament vorliegt, das hier diesen Aufenthalt unter den Nachbarvölkern schon als „Zerstreuung an alle Orte" deklariert. Da dieterminologischen Berührungen zwischen Je r 24,9b ß und Je r 40, 12a akaum zufällig zustande gekommen sein werden, soll mit mapan~V33Dtf omx--| tfK auf die Nachrichten in J e r 40 ,1 lf f Bezug genommenwerden. Wie Jer 40 ,1 2aa den im vorausgehenden Vers erwähn tenAufenthalt unter den Nachbarn als „Zerstreuung" uminterpretiert,so soll Je r 24,9bß diesen Aufenthal t als vorangekünd igte , von Ja hwe in seinem Gerichtsplan vorgesehene „Zerstreuung" kennzeichnen.

Über V. 9 („Zerstreuung") hinausgehend ist anschließend in V. 10davon die Rede, daß Ja hwe sie mit „Sch wer t, Hunger und Pe s t" 52b

gänzlich aus ihrem Land vertilgen wi rd ; der Ak ze nt dieser Aussageliegt deutlich auf dem naiNn V»a oan~lS?. Hier kann also nicht aneine restlose Vernichtung durch „Schwert, Hunger und Pest" 5 2 c  imLande gedacht5 3  sein. „Schwert, Hunger und Pest" haben vielmehrdas völlige Verschwinden aus dem Lande zur Folge54.

Eben diese Vorstellung, daß das Land schließlich auch von seiner

Restbevölkerung völlig verlassen ist, liegt wiederum der jetzigenFassung der Erzählung Jer 40ff zu Grunde; denn die Erzählung hatin der vorliegenden Form die Intention, darüber zu informieren,wie es trotz eines zunächst im Lande verbliebenen Restes, der derKatastrophe entronnen war, dazu kam, daß das Land schließlichdoch ganz ohne Bewohner leer zurückblieb.

Betrach tet man jet zt alle diese gedank lichen Ver bindungen undBerührungen von Jer 24,9—10 mit Jer  40ff 55

,  so kann man, will man

sie nicht als zufällig deklarieren, nur zu dem Schluß kommen, daßder Verfasser von Jer 24 den dort dargestellten Ablauf der Geschichte hier schon in einer von Jah we dem Pro phet en gewäh rten Visionals vorausgesehen feststellen will. Die zunächst nicht logisch erscheinende Abfolge der Verse 9 und 10 ist damit zu erklären, daßder Verfasser hier die in Jer 40 ,1 lff erwähn te Rüc kke hr d er Versprengten implizit mitberücksichtigt (V. 9) und mit der Aussage

» a  Duhm, Komm. Jer., S. 315.

s * Zu . . . 3-inn-riX D3 TinVsn vgl. Jer 29,17.s2c Vgl. noch Je r 11,22; 14,12; 16,4; 21, 9; 27 ,8. 13; 38 ,2; 44,12 .13.18.27 u .ö .53 Vgl. Jer 44,27!54 Zu na-JXH  bim  vgl. Jer 12,14;  16,13; 27,10; 52,27; Dtn 28,31.63; 29,27;Jos 23,13.15.« Vgl. Je r 24,6 mit 42 ,10; 24,8 (Ende) mit Kapite l  4 1 - 4 3 ;  24,9 mit  4 0 , 1 1 -12.

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Ergebnisse  und  Folgerungen 29

in  V. 10  endgültig  und  abschließend deren Verschwinden  aus  ihremLand  in den  Blick nickt.  So  kann  Jer 41ff   schließlich  als die Er-

füllung  der  prophetischen Schau  von Jer 24, besonders  der  Verse9—10, verstanden werden.

c) Ergebnisse  und   Folgerungen

J e r  24 ist ein  sich  an  vorgegebenen Texten 5 6  orientierender Visions-bericht.  Daß das  Kapitel  auf  Je remia zurückgeht oder wenigstenseinen jeremianischen Kern enthält,  ist  deswegen nicht denkbar, weildiese Texteinheit  vom  Bild  der  guten  und  schlechten Feigen abgese-hen lediglich  aus  vorgeprägten Wendungen  im  Rückgriff   auf   vorge-

gebene Texte 5 7  geschaffen worden  ist. Die  auffällige Stellung  vonJ e r  24, der  Kompositionscharakter dieses Kapitels sowie  der Um-

stand,  daß  sprachliche Berührungen  mit  anderen Texten  des Jeremia-buches nachweisbar sind,  Jer 24  also nicht unabhängig  von  Textendes Jer emi abu che s ents tan den sein kann , führen  zu der  Schlußfol-gerung,  daß in Jer 24 ein  Text vorliegt,  der zum  Zweck seiner  Auf-

nahme  in das Jer emi abuch abgefaßt worde n  ist. Die den  Verfasserleitende Absicht  ist an der  Aussagerichtung  des  Kapitels  zu  erkennen:

Es geht darum,  die  Vorrangstellung  der  babylonischen Gola, wahr-scheinlich sogar  der  ersten Gola unte r Jojakin, herauszuarbeiten(Jer 24,5—7), bzw. das  endgültige Verwerfungsurteil über  die, die

im Lande zurückbleiben konnten, aussprechen  zu  lassen  und  damitdie Ansprüche  der Gola  in  Babel oder derer,  die  sich  von ihr  her-leiteten, abzusichern.

Jer  24  bietet nicht eine Wahl zwischen Heil oder Unheil,  ist  alsonicht „von einer Alternative ähnlich denen  in Kap. 12 und 18 be-

st immt" 5 8 , sondern verteilt vielmehr beides exklusiv  auf   zwei deut-lich voneinander unterschiedene Gruppen.  Nur die  babylonischeGola wird  mit Ja hw es Heilshandeln rechnen dürfen. Alle übrigen,„die  im  Lande übrig sind  und die, die in  Ägypten wohnen" sinddavon ausgeschlossen  bzw. werden durch Jahwes Unheilshandelnendgültig  aus dem  Land verschwinden.

Die gleiche Auffassung,  wie sie  hier  in Jer 24  vorliegt, wird auchin Jer 44  vertreten. Denn  Jer 44  liegt insofern  mit Je r 24 auf   einer

56  Vgl.  besonders Amos  7,lff; 8,lff;  vgl. auch Jer  1,1  lff.

57  Vgl. nur Amos  9,4 mit Jer  24,6aa; zu Jer  24,6b vgl. Jer  42,10;  zu Je r 24,7

Ez ll,14ff   (?) ; zu  weiteren Belegen  s.o.58

  So Herrmann,  Heilserwartungen,  S. 166; ebensowenig  ist es zutreffend (WMANT41, S. 255.), wenn  Thiel  im Anschluß  an Herrmann  formuliert,  daß das Jahwewort„eine Alternative  des Handelns Jahwes, ähnlich wie in K. 18  umschreibt".

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Jer 21 ,1- 10 - Inhalt 31

Aussagen dem Anliegen und den Vorstellungen der Redaktion entgegenstanden.

Sind diese Überlegungen richtig, so stehen wir vor einer doppelten

Aufgabe. Es gilt einmal, all jene Texte aufzuspüren, die ähnlich wieJer 24 und Jer 44 (implizit) die Bedeutung der babylonischen Golabesonders und ausschließlich betonen wollen; zum anderen sind jeneTexte herauszuarbeiten, die von einer derartig „golaorientierten" Redaktion uminterpretiert werden, bzw. gegen die sich diese Redaktionrichtet. Dazu käme der Versuch, Teile einer der „golaorien tier ten"Redaktion vorliegenden, also früheren Fassung eines Jeremiabucheszu rekonstruieren.

Da an sich schon durch die zahlreichen sprachlichen62

  und inhaltlichen Berührungen zwischen Jer 24 und Jer 40ff die Frage nachdem beiderseitigen Verhältnis gestellt ist, empfiehlt es sich, durcheine genauere Untersuchung der Schlußerzählungen Jer 37—44 insgesamt deren ursprüngliche Bestandteile und Intentionen herauszuarbeiten bzw. die eventuell späteren Erweiterungen und Zusätze alssolche zu isolieren und auf ihre jeweiliges Verhältnis zu Jer 24 zubefragen.

Im Blick auf die oben schon kurz angedeuteten Beziehungen, diezwischen Jer 24 und Jer 21,1—10 bestehen müssen, liegt es jedochnahe,  zuvor noch genauer auf Jer 21,1 — 10  einzugehen.

2.  Jer 21,1-10

a) Inhalt

V. 1 Es handelt sich um ein Jahwewort, das Jeremia erhielt, alsKönig Zedekia den Paschur ben Malkia und den Zephanja ben Maase-

 ja, den Priester , zum Propheten sendet, (V. 2) damit dieser beiJahwe ein Orakel einhole. Der König von Babel kämpfe wider Jerusalem; vielleicht werde Jahwe ein Wunder geschehen lassen, so daßder Feind abziehe. V. 3 Je remi a läßt dem König ausrichten, (V. 4)Jahwe werde ihre eigenen Waffen, mit denen sie die Chaldäer ab weh

sein. Da in Jer 29 im wesentlichen die gleiche Auffassung wie in Jer 24 undJer 44 zu Grunde liegt, können die folgenden Heilsweissagungen in Jer 30ff jetzt nur noch mit der babylonischen Gola in Verbindung gebracht werden. Vgl.dazu auch unten S. 46.62  Vgl. Jer 24,6 und 42,10! - Femer Jer 24,8 Ende und Je r 44 ,1.13.15.26;24,9 und 40,12a.

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32 Jeremia 21,1-10

ren , gegen sie selbst richten. V. 5 Er selbst we rde mit „ausgestrecktem Arm" gegen sie kämpfen und (V. 6) die Bewohner Jerusalems,Menschen und Vieh, schlagen; durch eine große Pest sollen sie sterben. V. 7 Danach werde Jahwe den König, seine Knechte und die,die von der Pest, vom Schwert und vom Hunger übriggebliebenseien, dem Feind übergeben, der sie mit dem Schwert ohne Erbarmen erschlagen werde. V. 8 Das Volk selbst könne wählen: (V. 9)Wer in der Stadt bleibe, müsse umkommen, wer zum Feind herausgehe, solle am Leben bleiben. V. 10 Denn Jahwe habe Böses mitder Stadt im Sinn; sie werde in die Hand der Chaldäer fallen undverbrannt werden.

b) Analyse

Eine Anknüpfung an den vorausgehenden Kontext ist nicht erkennbar. Das Stück setzt abrupt mit der Einleitungsformel oder Überschrift  ...  \>X   rrn"ltfN 13Tn ein 63. Da in J e r 20,14—18 de r Prophetselbst spricht, hat die Formel „Das Wort, das an Jeremia von Jahweerging" hier in jed em Fall die Funkt ion, an dieser Stelle, den Einsatz einer Jah wered e zu markieren6 4. V. lb erinnert deutlich an

Jer 37,3. Auch hier wird ein Zephanja ben Maaseja erwähnt6 5 , dender König Zedekia zum Propheten sendet 6 6 . Paschur ben Malkia wirdin Jer 38,1 ( > LXX!) genan nt 6 7 . Diese Gesandten des Königs geltenals hochstehende Persönlichkeiten: Zephanja war nach Jer 29,25Stel lvertreter des Hohenprieste rs, Paschur gehört offensichtlich einerbekannten Priesterfamilie an. Der ganze Vorgang, daß dei König den

63  Zu dieser Einleitungsformel in V. 1 ist Je r 7 ,1 ; 11 ,1 ; 18 ,1 ; 32 ,1 ; 34,1.8 ;

35,1;  40,1 und 44,1 zu vergleichen. - In Je r 7, 1; 11 ,1; 18,1 und 30,1 fehlenDatierungen oder sonstige Situationsangaben. Dagegen enthalten Jer 32,1( im zehnten Ja hr e Zedekias , das ist das ach tzehnte Jah r des Nebukadnezar(V. 1). Damals belagerte das Heer des Königs von Babel Jerusalem, und Jeremiawar gefangen im Wachthof (V. 2)  . . . " ) ,  Je r 34,1 („. .. und Nebukadnezar . . .und sein ganzes Heer ... kämpften gegen Jerusalem  . . . " ) ,  Jer 34,8 („. .. nachdem König Zedekia einen Bund mit dem ganzen Volk ... geschlossen hatte  . . . " ) ,

Jer 35,1  (,,...  in den Tagen Jojakims  . . . " ) ,  Jer 40,1 („... nachdem Nebusaradan. . . ihn von Rama aus entlassen hat te .. . " ) sowie Je r 44,1 ( „ . . . für alle Ju den,die im Lande Ägypten wohnen, in Migdol . . . " ) wie Jer 2 1, lf Informationen

über die jeweilige Situation, in der „das Jahwewort erging".64  Vgl. so auch Jer 11, lff im Blick auf Jer 1 0 ,23-25; Jer 18, lff im Blick aufJe r 1 7, 14 -1 8 (1 7, 19 -2 7 Einschub?); Je r 32,1 im Blick auf Je r 31, 38- 40 ;Jer 34,8 im Blick auf Je r 3 4 , 6 - 7 ; anders Je r 3 0, 1; 35 ,1 ; 40 ,1; 44 ,1 .«s Vgl. noch Jer 29,25.29; 52,34 (= 2.Kön 25,18).66 

  ...  n1?© mit Zedekia als Subjekt ferner in Jer 37,17 und 38,14.67  Vgl. Neh 11,12; l.Chr 9,12; Esr 2,38; 10,22.

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Analyse 33

Propheten Jeremia als eine Respektsperson behandelt, die man nicht

einfach herbeizitieren kann 6 8 , erinnert zudem an Je s 37!

Der syntaktisch eng mit V. 1 verknüpfte V. 2 enthält in den für den

Propheten bestimmten Worten des Königs die für das Verständnis

dieses Abschnitts notwendige Situationsangabe, daß der König von

Babel69  gegen Jerusalem (irVs?) kämpfe7 0 . Sie ist wichtig für den

Leser, nicht für den Propheten7 1 . Es ha t hier zudem den Anschein,

als suche der Verfasser auf diese Weise den Erzählstil 72  zu vermei-

den7 3 .

Ungewöhnlich ist die an den Propheten gerichtete Aufforderung tP"n

. . . Kl. Zu erwarten wäre . . . Wa n n 7 4 , wenn ausgedrückt werden

soll, der Prophet möge sich an Ja hw e wenden. Die Formul ierung. . . ©IT bed eutet, durc h einen Prophe ten Ja hw e befragen 7 5 , ist also

als Aufforderung an einen Propheten anstößig 7 6 .

Die in V. 2b von Zedekia erwogene Möglichkeit, daß Jahwe durch

ein Wunder den König von Babel zur Aufgabe der Belagerung Jeru-

salems bringen könnte, soll dem Leser lediglich Jes 37 und den po-

sitiven Ausgang der Prophetenbefragung damals ins Gedächtnis rufen.

Denn in den folgenden Jahweworten (Verse 4—10) wird direkt 7 7

weder positiv noch negativ auf die Möglichkeit eines Abzugs derChaldäer Bezug genommen. Zu beachten ist, daß diese hier vom

König gehegte Hoffnung auch Jer 37,9 eine Rolle spi elt 78 . In Vers

3 ist lediglich die Form paKn auffällig. Sie wird ebenfalls in Ver-

bindung mit HD auch in Je s 3 7,6. 10 7 9  verwendet8 0 .

6 8  Vgl. dagegen l.Kön 22!

6 9  „Nebukadnezar" fehlt in der LXX!70

  Vgl. Je r 32 ,24 .29; 34,1.7 .22 ; 37,8.10.71

  So  Duhm,  Komm., S. 169: Jeremia schwebe „hier in einsamer Abgezogen-heit über dem Volk und über seiner Zeit; man muß ihm erst sagen, was vor-gehe ..."72

  Vgl. Jer  37,3ff;  37,17ff;  ferner  20,lff.73

  So auch Jer  32,lff; 34,lff; 34,8ff.74  Vgl. Jer 7,16; 11,14;  14,11;  37 ,3 ; 42.2.20; ferner Nu 21,7; l.Sam 12,19 .23;l.Kön 13,6; 2.Kön 19,4.75  Vgl. besonders Gen 20,7; 25,22; Ex 18,15; l.Sam 9,9; l.Kön 14,5; 22,5.8;2.Kon  1,6.16;  22,13.18; Ez 14,7; 20,3.76

  Vielleicht ist daher Kl  W~\~l  zu lesen, die direk te Rede hinter "laK1? also

als Rede des Königs an die Gesandten aufzufassen (vgl. l.Kön 22,5; 2.Kön 22,13).77  Vgl. dazu unten S. 35, Anm. 95.78

  Vgl. auch Jer  37,5.11;  ferner Jer  34,21.79

  Vgl. 2.Kön 19,6.10; sonst nur noch Gen 32,5; l.Sam 11,9; 2.Kön 18,22;Jes 8,12.80

  Vgl. Jer 27,4 und 37,7 TOMU! H3!

3 Pohlmann, Jere miab uch

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34 Jeremia 21,1-10

Jer 21,4—10 enthalten das mit der Botenformel eingeleitete (V. 4aa)in V. 1 angekündigte Jahwewort8 1 .

V. 4 bietet zahlreiche Schwierigkeiten82. Falls man OnlK TiDOKl nicht

mit der LXX streicht, wäre zu klären, ob mit DWS die Waffen

83

  oderdie Chaldäer84  gemeint sind. Da in V. 4—6 sonst nur Jahwes persönliches Eingreifen geschildert wird und die Chaldäer offensichtl ich erstanschließend zum Zuge kommen, also gleichsam erst „den Rest besorgen", liegt es näher, hier nicht an die Chaldäer zu denken8 5 , pnanain1? kann von 3Da abhängig sein oder aber als Erläuterung zu "IPX03 D'an1?! arm aufgefaßt we rden 86 .

Während bisher V. 4 allgemein so verstanden wurde, daß „die jetzt

noch vor den Toren kämpfenden Verteidiger ... in die Stadt zurückgeworfen (werden)"8 7 , wird neuerdings auch die Möglichkeit in Betracht gezogen, „daß mit nanVan "'Va-riK 30a "-lin die Vorstellung ausgedrückt wird, daß die Jerusa lemer Trup pen en tweder in direkter SelbstVernichtung oder in gegenseitiger Vernichtung die Waffen gegen dieeigenen Reihen gebrauchen"8 8 , also in Vers 4 „eine Beschreibung dernaina vorliege", deren Wirkung analog zu Ri 7,22; l.Sam 14,20 undSach 14,13 den Kampf eines jeden gegen jeden in den eigenen Reihenbedeute8 9 . V. 4 in dieser Interpretation stimmt hervorragend zu denfolgenden Aussagen in V. 5, wo in gleicher Weise traditionelle Vorstellungen vom Handeln Jahwes in ihr Gegenteil verkehrt werden undsich der Streiter Ja hw e gegen Israel selbst wendet, also die Rollen —Jah we auf Seiten Israels gegen ein Fremdvolk — ver tauscht we rd en 9 0 .

V. 5 stellt fest, daß Jahwe selbst kämpfen wird, und zwar gegen dieBewohner Jerusalems (üDriK 'IK TianVn) 91. Jahwes ,Hand und JahwesArm' begegnen sonst in der Regel im Zusammenhang mit der Aus-

81  V. 4—7 sind an den König gerichtet, V. 8 — 10  an das Volk.82  Die LXX hat den kürzeren Text; möglicherweise werden aus stilistischenGründen absichtlich Streichungen vorgenommen.83  So  Giesebrecht, Duhm  und  Rudolph,  Komm. Jer ., z.St.84  So z.B.  Volz  und  Nötscher,  Komm. Jer ., z.St.85  So auch  Helga Weippert,  Jahwekrieg und Bundesfluch in Je r 21,1 — 7,  ZAW82,  1970, S. 398, Anm. 11.86  Vgl. die Übersetzung  Rudolphs,  Komm. Jer ., z.St.87

  Rudolph,  Komm. Jer. , S. 135; vgl. auch  Duhm,  Komm. Jer ., S. 169;  Weiser,

Komm. Jer., S. 178.88  Helga Weippert,  aaO, S. 407.

89  H. Weippert,  aaO, S. 40 8; vgl. auch Je r 46 ,16.

90  Vgl. Reventlow,  ZAW 71, S. 37 , Anm. 18.91  Jahwe als Subjekt zu DH1?! begegnet Ex 14,14.25; Dtn 1,30; 3,22; 20,4;Jos 10,14.42; 23,3.10; Jes 30,32; 63,10; Sach 14,3; Neh 4,14; 2.Chr 20,29;32,8.

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Analyse 35

zugstradition92. An Stellen, wo Jah we Subjekt zu Dri1?! ist, spielen

T und  8V11 Jahwes keine Rolle. Es handel t sich demnach in V. 5

um eine sonst nicht belegte Aneinanderreihung von Aussageelemen

ten9 3 , die an sich in für Israel heilverheißenden Texten üblich waren.

Die V. 5 abschließende Wendung ... Vni 1Sp31 nami  P|K31  begeg

net sonst nur noch Je r 32,37 und Dtn 29 ,279 4.

In V. 6 werden die Bewohner Jerusalems — in der dr it ten Person

eingeführt — explizit in das Unheilsgeschehen miteinbezogen. Ihnen

droht die Vernichtung nicht durch Krieg, sondern durch eine große

Pest , mit der sie Jahwe schlagen wird. Gaben die Verse 4—6 Aus

kunft darüber, wie sich Jahwe selbst seinem Volk gegenüber verhal

ten wird, so informiert V. 7, welche Rolle die Chaldäer zu spielen

haben 9 5 . Während man V. 6 noch als eine an Zedekia gerichtete

Selbstaussage Jahwes verstehen kann, die dem König und seinen

Leuten Jahwes Pläne bezüglich der übrigen Bewohner Jerusalems

offenbart, ist plötzlich in V. 7 9 6  von Zedekia und „seinen Knech

ten" in der dritten Person die Rede. V. 7 Ende tritt außerdem

ein Subjektswechsel ein: Der König von Babel soll je tzt selbst in

das Geschehen eingreifen, nachdem Jahwe bereits (V. 4—6) die

Entscheidung herbeigeführt hat9 7 .

Da „Zedekia und seine Knechte und das Volk 98 , das in dieser Stadt

92  So mü l m-U31 npHH T 3 in Dtn 4,34; 5,15; 7,19; 9,29; 11,2; 26,8 (vgl.auch Ex 6,6 und Dtn 6,21 ohne „starke Hand") ; 2.Kön 17,36; Ps 136,12; Jer32,21.  —  Ez 20,33.34 spielt deutlich auf die Exodustradition an („aus den Völkern herausführen  . . . " ) ;  l.Kön 8,42 sollen die Völker von Jahwes großem Namen, „seiner starken Hand und seinem ausgestreckten Arm" hören; in Je r 27,5und 32,17 wird Jahwes große Kraft und sein „ausgestreckter Arm" mit dem

Schöpfungsgeschehen in Verbindung gebracht. Unserer Stelle vergleichbar ist Jes5,25 („Darum ist der Zorn entbrannt über sein Volk und er reckt seine Handwider es und schlägt ( i n m )  es".)!  Vgl. noch Jes 9,11.16,20; Jes 14,26.27 ist.Jahwes Hand ausgestreckt über alle Völker".93

  .Jahwe wird kämpfen" (vgl. die Stellen in Anm. 91) und „mit ausgestreckterHand und starkem Arm" (vgl. Anm. 92).  —  Zur Vertauschung der Attribute(ursprünglich oder üblicher ist 7T1D1 SmT31  7\pm  V3) vgl. H. Weippert,  ZAW82,  S. 399, Anm. 20.94  Diese Stellen handeln von einer Vertreibung oder Verstoßung in ein anderesLand.95

  V. 4—6 reagieren auf die in V. 2ba geäußerte Hoffnung, Jahwe werde miteinem Wunder eingreifen, V. 7 auf die in V. 2bß dem Zedekia in den Mund gelegte Erwartung, der König von Babel werde abrücken.96

  Die LXX bietet den kürzeren Text!97

  Vgl. dazu 2.Chr  20,22ff;  siehe auch Jos  10,10ff.98

  Zu dieser Abfolge vgl. Je r 22 ,2.4; (24,8); 37,2 .18; 2.Kön 24,12; siehe auchoben zu Jer 24,8.

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36 Jeremia 21,1-10

übriggeblieben ist"9 9  Objekt der Übereignung 100  an den König vonBabel ist, setzt V. 7 somit deutlich V. 4—5 und V. 6 zusammenvoraus101 . Die For tse tzung von T l |ni mit „Nebukadnezar, desKönigs von Babel (fehlt in der LXX) und in die Hand ihrer Feinde und in die Hand (fehlt in der LXX) derer, die nach ihrem Lebentrachten" erscheint reichlich überfüllt. Außerdem ist zu beachten,daß nicht wie Je r 22,25 und Jer 34,21 „Nebukadnezar " (oder derKönig von Babel) als Konkretion auf die Angaben „in die Handder Feinde und derer, die nach dem Leben trachten" folgt, sonderndie umgekehrte Reihenfolge vorliegt, „Nebukadnezar" also vorausgeschickt wird und folglich nicht mit den . . . Drrs'K identisch seinkann 1 0 2 . Wenn diese sonst durchaus unüblich Aneinanderreihung 103

Absicht ist, so drückt sich hier ähnlich wie in Jer 24,9   104  die Überzeugung des Verfassers aus, daß Jahwes Gerichtshandeln mit derEroberung Jerusalems durch den König von Babel für die im LandeÜbriggebliebenen noch nicht abgeschlossen ist, sondern weitergeht.Dementsprechend kann „Nebukadnezar" nicht alleiniges Subjektdes folgenden Siri""^1? ron  105  (V. 7ba) sein, so daß man hier der

99

  Ähnlich wie Jer 21,7 spricht auch Jer 38,4 von TS73 D""lKtf], bevor dieStadt eingenommen ist; vgl. anderes Jer 39,4; 40,6; 42,2 (Rest nach der Eroberung Jerusalems).100  Zur Übereignungsformel T 3 ]nl vgl. Richter,  Richterbuch, S.  2lff.

"» Vgl. auch . . . l a i f l - p in V. 7 und in V. 6b; "131 (l .) 3-|H (2.) 3SH (3.)begegnet in dieser Reihenfolge nur hier (vgl. sonst 3TI1 (1.) 3S"1 (2.) 131 (3.)Jer 14,12; 21,9; 24,10; 27,8.13; 29,17.18: 32,24.36; 38.2 ; 42,17 .22;  44.13;Ez 12,16; 6,11; 14,21;  31M (1.) 13T (2.) 35T1 (3.) Jer 34,17; 2.Chr 20 ,9 ; Ez7,15.102  In der LXX fehlt „Nebukadnezar"!10 3

  Belegt ist sonst: a. „in die Hand des Königs von Babel geben" in Jer 2 0, 4;21,10; 27,6 (+ „Nebukadnezar"); 29,21 (+ „Nebukadnezar"); 32,3.4.36; 34,2.3.  - b. „in die Hand der Chaldäer geben" in Je r 32 ,24.25.43; 38,18. - c. „indie Hand der Feinde geben" in Je r 20,5. — Ferner sind folgende Kombinationenmöglich: a. „in die Hand der Feinde geben und in die Hand derer, die nach demLeben trachten" in Jer 34,20 (vgl. aber LXX!); 44,30a.-b. „in die Hand derFeinde geben und in die Hand derer, die nach dem Leben trachten und in dieHand des Heeres des Königs von Babel" in Jer 34,21 (vgl. aber die LXX!). —c. „in die Hand der Chaldäer geben und die Hand Nebukadnezars, des Königsvon Babel" in Jer 32,28 (vgl. aber LXX!). — d. „in die Hand derer geben, die

nach dem Leben trachten, und in die Hand derer, vor denen man sich fürchtet, und in die Hand Nebukadnezars, des Königs von Babel, und in die Handder Chaldäer" in Jer 22,25 (vgl. auch die LXX!).104  Siehe dazu oben S. 27f.105  Die Formulierung H31 hi mit folgendem 3 i n _ , D? (V. 7b), sonst nichtüblich im Jeremiabuch (vgl. aber Je r 20,4 31113 DSHl; die an dieser Stellevorausgehende Ankündigung der Exilierung fehlt auffallenderweise in Je r 2 1 ,

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Analyse 37

LXX-Lesart  Kai  KCLTaicoipovoiP  aüroiic = 0 3m den Vorzug vor Mgeben wird, weil sie die ... DH^'K einbezieht. Für ... OlrT'K1? (7bj3)liest LXX . . . DWK K1?. Auch hier dürfte LXX im Recht sein; denn„Nebuk adnezar" als Subjekt zu Dm Van Oln" (M) stößt sich nichtnur mit v.7ba; für die LXX-Fassung spr icht auch, daß in Jer 13,14(... OinK-K1?! ViariK-K1?) Jahwe Subjekt ist und zudem Dm in derRegel106  mit Jahwe als Subjekt verwendet wird107.

Daß die Jahwerede Jer 21,4—7 einheitlich konzipiert ist, also auchV. 7 ursprünglich beabsichtigte Weiterführung von V. 4—6 sein muß 1 0 8 ,geht aus der konsequent durchgeführten Umkehrung traditionellerVorstellungen vom Handeln Jahwes in ihr Gegenteil hervor. Der die

Komposition leitende Grundgedanke war, daß sich Jahwe währendder Katastrophe von 587/6 gegenüber Jerusalem so verhielt wie sonstnur gegenüber Israels Feinden: Jahwe bewirkt nicht, daß die Feindeihre Waffen gegen sich selbst richten, sondern daß die Je rusa lemersich selber bekämpfen (V. 4 ) ; Jahwe selbst kämpft nicht für, sonderngegen sein Volk; seine „starke Hand ..." ist nicht zur Rettung, sondern zur Vernichtung bereit (V. 5); mit der Pest schlägt er nicht dieFeinde, sondern die Jerusalemer (V. 6); er gibt nicht den Feind indie Hand seines Volkes, um den Bann vollziehen zu lassen, sondernsein Volk in die des Feindes.

Jer 21,8-10

Der Übergang von Vers 7 (Anrede Zedekias) nach Vers 8 (Anrededes Volkes) erinnert an Jer 27 (vgl. 27, 12—15 und 16ff), wo ebenfalls zunächst Zedekia angesprochen ist (27,12ff) und der Prophetdann die Priester und das Volk anredet (27,16ff). Die Fortsetzung

von Jer 21,1—7 mit 21,8 — 10 ist allerdings insofern auffällig, als sichhier (21,8ff) Jahwe direkt an den Propheten wendet und ihn mit einemJahwewort „an dieses Volk" beauftragt, während doch Jer 21,3—7

1 — 10)  erinnert an die Vollstreckung des Bannes (vgl. besonders Jos 6,21;10,28;  11,11;  Dtn  20,13;  sonst sehr häufig in Jos und Ri; interessant sind füruns besonderes jene Stellen, in denen neben ... 1>7 HDn auch die Übereignungsformel verwendet wird; vgl. Jos 6,2.16f "T,3 |ni und Jos 6,21 H3n3-m-DV; Jos  8,1.7.18  und 24; Jo s 10,30.32; Jo s  11,8.11;  Ri 20,28.37;

vgl.  auch Ri  1,2.4.8  u.ö.) ... "'S"? HDn kann jedoch „nicht auf die Bedeutung.den Bann durchführen' eingeschränkt werden. Sie meint einen so überragenden Sieg, daß er wie ein Bann aussehen kann, falls er es nicht ist". So  Rich-

ter,  Richterbuch, S. 54.106  Ausnahmen sind Je r 6,23 (vgl. Je r 50,42) ; l.Kön 8,50; Jes 13,18.10 7  Gegen  H. Weippert,  Prosareden, S. 68 , Anm. 181.108  Vgl. auch schon oben S. 35, Anm. 95.

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38 Jeremia 21,1-10

der Prophet selbst spricht und lediglich ein Jahwewort an die Gesandten des Königs zur Mitteilung weitergibt 109.

Von dieser Schwierigkeit110  abgesehen geben auch die inhaltlichen

Aussagen der V. 8—10 Anlaß, die Frage zu behandeln, ob V. 8—10überhaupt ursprünglich dem vorausgehenden Stück zuzurechnensind1 11  und auf den gleichen Verfasser zurückgehen.

V. 8b imitiert deutlich die Formel Dtn 30,15.19  112  und dient alsEinleitung zu V. 9; im Blick auf die folgenden Aussagen erscheint

 jedoch der durch diese Anspielung beabsichtigte Vergleich der damaligen und der jetzigen Situation des Volkes unangemessen. Dievon Jahwe „diesem Volk" gewährte Entscheidungsmöglichkeit zwi

schen „dem Weg des Lebens und dem Weg des Todes" erweist sichin V. 9 lediglich als ein für einzelne möglicher Ausweg aus der grundsätzlich schon ausweglosen Situation, nämlich als Flucht zu denfeindlichen Chaldäern.

V. 9 Die Formulierung ... 3ÖTI (vgl. Jer 38,2) scheint bewußt gewählt, um die direkte Anrede des ganzen Volkes zu vermeiden,weil sonst eine Spannung zu den vorausgegangenen allgemeinen unduneingeschränkten Unheilsankündigungen entstanden wäre: Nur

wenige werden der umfassenden Vernichtung entgehen11 3

! V. 9berücksichtigt deutlich Jer 38,19  114  und Jer 39,9. Während V. 9a|3V. 7a wiederaufnimmt (Vernichtung durch „Schwert, Hunger undPest") erweitert V. 9b die Aussage in V. 7b dahingehend, daß derjenigesein Leben behalten115  und nicht durchs Schwert umkommen wird, der109  Vgl. Duhm,  Komm. Jer ., S. 170: „21 ,8-10 muß ein Nachtrag sein, wennauch möglicher Weise von demselben Autor."11 0  Immerhin ist zu erwägen, ob nicht erst durch ein versehentliches Wegfalleneines 1 die 2. Person sing, entstand (für ursprünglich naKri); vgl. die Lesart der

LXX in Jer 37,7!111  Vgl.  Volz,  Komm. Jer., der die V.  8 — 10  für eine selbständige Einheit hält.„Die Szene in 21,8-10 ist eine andere als in 1- 7" (S. 271ff).11 2  Dtn 30,15: „Siehe, ich habe dir heute vorgelegt das Leben und das Gute,den Tod und das Böse..."; Dtn 30,19. ,,.. . ich habe euch Segen und Fluch,Leben und Tod vorgelegt, damit du das Leben erwählst ..., indem ihr Jahwe,euren Gott, liebt und seiner Stimme gehorcht ..."; vgl. auch Dtn 11,26.11 3  Eine generelle Aufforderung an „dieses Volk", aus der Stadt herauszugehen und sich so zu ret ten oder ein Angebot derart, wie Je r 38,17f formuliert(Anrede natürlich in der 2. Person), würde die vorausgehenden Aussagen teil

weise zurücknehmen. Der somit gegebene Zwang zur vorgegebenen Formulierung spricht dagegen, hier einen ursprünglich authentischen Spruch zu postulieren und dessen Rekonstruktion zu versuchen (gegen  Thiel,  WMANT 4 1 , S.235f).11 4  Vgl. die Formulierung . . . *7V /   VK  *?S1 für „überlaufen".HS Daß hier der Begriff 71?© auftaucht, ist im Blick auf die Vorstellungen ausdem Bereich des , Jahwekrieges", die bei der Konzipierung von Jer 21 ,lff eine

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40 Jeremia 21,1-10

V. 4—6 Jahwe selbst ist der eigentlich Handelnde. Das Heilsorakeloder Ermutigungsorakel125  und die Zusage, daß Jahwe selbst denKampf bestreiten wird126, ist in eine gegen Jerusalem gerichtete Aussage umgewandelt: „Ich (Jahwe) kämpfe gegen euch" (V. 5). DerKrieg gegen Jerusalem ist ein Krieg Jahwes gegen Jerusalem. Jerusalem ist Jahwes Feind und als solcher ent sprechend so zu behandeln,wie in einem Jahwekrieg mit dem Feind verfahren wird (V. 7—10).

Die Rolle Nebukadnezars und seiner Truppen (V. 7ff) entspricht derVorstellung, daß in einem Jahwekrieg der eigentliche Sieg von Jahweselbst errungen wird127, das Heer also nur noch den Rest, d.h. denBannvollzug zu besorgen hat. So folgen dementsprechend die Über

eignungsformel T3 jTil (V. 7), die Wendung 3"in

  ,

Q

l

7 HDH (V. 7),das Thema „Beute" (Wtf) in V. 9 und schließlich »K3 «pfc V. 10.Die Aneinanderreihung dieser Wendungen in Jer 21,7ff entspr ichtgenau ihrer Abfolge z.B. in Jos 8 und Dtn  13,13ff 

128.

Gerade im Blick auf Dtn 13,13ff wird verständlich, warum eineBegründung des angekündigten Unheilsgeschehens fehlen kann: Wennnach Meinung des Verfassers Jerusalem unter Zedekia Ziel einesJahwekrieges und damit dem Bann verfallen war, so impliziert diese

Interpretation der Katastrophe von 587/6 die Anwendung von Dtn13,13ff auf Jerusalem. Anlaß und Ursache der — nach Auffassungund Vorstellung des Verfassers von Jer 21,1 — 10 — radikalen Vernichtung Jerusalems und seiner Bewohner 12 9  war der Abfall zu denfremden Gött ern (vgl. Dtn 13,14ff).

Die aus einem Guß konzipierte Einheit Jer 21,1 — 10 weist mehrereVerbindungslinien zu anderen Texten  13° des Jer miabuches auf:

125 Vgl. z.B. Jos 10,8: „Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich habe sie in deineHand gegeben. Niemand unter ihnen wird vor dir bestehen können" (Jos 10,14folgt: „denn Jahwe kämpft für Israel"); Dtn 20,4; vgl. auch Ex 14,14; Dtn1,30; 3,22.126  Vgl. z.B. 2.Sam 5,24.127  Vgl. z.B. Jos 10,10; 2.Chr 20.12 8  Jos 8,18 Übereignungsformel, V. 24 3-|rl "D1? HDH; V. 27/28  V?tf;  V. 28rpto;  Dtn 13,16 3in  "Vf   HDH ; V. 17 Wtb + tfK3 T-!©; vgl. ferner Jos 11,6.8Übereignungsformel; V. 10 3"in  *th  713H + B?K3 «pfo; V. 14  bbti.129  V. 9 berücksichtigt lediglich die Nachrichten in Jer 38,19 über die Über

läufer, also diejenigen, die nach der Meinung des Verfassers allein dem Verderben entgehen konnten.13 0  Die Schilderung der Situation in Je r  21,lf,  die Beauftragung der Gesandtendes Königs mit dem Hinweis auf einen eventuell durch ein Wunder bewirktenAbzug des babylonischen Heeres sowie die Verwendung der auffälligen FormpMBI HD (vgl. Jes 37,6.10 = 2.Kön 19,6.10) in Jer 21,3 deuten daraufhin,daß der Verfasser auf Jes 36/37 (= 2.Kön 18/19) anspielen will (vgl. ähnlich

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Auswertung und Zusammenfassung 41

1.  Auf Jer 24 verweisen V. 101 3 1  und V. 7 132. Außerdem bestehtzwischen beiden Kapitel insofern eine enge Verbindung, als Jer 24die Antwort auf die Frage erteilt, wie es überhaupt eine Fortsetzungder Geschichte des Jahwevolkes geben kann, nachdem in Jer 21,1 — 10die absolute und uneingeschränkte Verwerfung Jerusalems und seinerBewohner konstatiert worden war.

2.  An Jer 37,3 erinnert die Erwähnung des Zephanja (Jer 21,1) sowiedie Nachricht, daß Zedekia ihn zum Propheten sandte133. In beidenTexten spielt ferner die Möglichkeit des Abzugs der Chaldäer eineRolle1 34 .

3.  Die Nennung des Paschur ben Malkia 135  (Jer 21,1) sowie die fast

wört liche Übereinst immung zwischen Je r 21,9 und Je r 38,2 und dieBerührungen dieses Verses mit Jer 38,17 — 19  deuten auf Kenntnis undBerücksichtigung von Jer 38.

Zu 1.: Die Stellung von Jer 21,1-10

Die Verbindung dieses Abschnitts mit dem jetzigen Kontext ist  auf-fällig. Denn in den Versen Jer 21,1—3 wird auf eine konkrete historische Situation angespielt, die zeitlich sowohl den unmittelbar vor

hergehenden Texten wie auch den beiden folgenden Kapiteln weitvoraus ist. Damit stellt sich die Frage, warum und mit welcher Absicht der für die je tzige Abfolge verantwort liche Bearbei ter gerade einsolches in viel spätere Zeit gehörendes Stück den Königssprüchen Jer21,1 lff als Einlei tung vorausschicken woll te.

Dem Bearbeiter war durchaus die Möglichkeit gegeben, diesen Abschnitt über König Zedekia (Jer 21,1 — 10) chronologisch sachgemäßhinter Je r 22,29 (Jer 2 2 ,22 -2 9 handeln über Jojakin) unterzubringen. Wenn er sie nicht wahrnahm, so offensichtlich deswegen, weiler Jer 21,1 — 10 für sein Anliegen gerade am jetzigen Ort , also vorden Königssprüchen brauchte.

Beachtet man, daß auch Jer 24 sich mit dem Schicksal Zedekias undJerusalems beschäftigt und die in Je r 21,1 — 10 ausgesprochene Verwerfung wiederholt und bestätigt, zudem aber betont künftiges Heils-

schon  Duhm,  Komm. Jer ., S. 169; Rudolph,  Komm. Jer. , S. 135 u.a.) und

diese Erzählungen folglich bei der Gestaltung des äußeren Rahmens von Jer21,1 — 10  berücksichtigte.13 1  Vgl. Jer 21,10 und Jer 24,6 . . . MIO1? K1?! Hin1? ... (siehe auch Jer 44,11!).13 2  Vgl. Je r 21,7 und Jer 24,8 .133 Vgl. aber auch S. 40, Anm. 130.134  Vgl. Jer 21,2b0 und Jer 37,5.6.9(11); ferner Jer  34,21f.135  Vgl. Jer 38,1.

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Auswertung und Zusammenfassung 43

des je tzigen Komplexes Je r 21—24 davon ausgeht, daß zwischen

Jahwes Gerichtshandeln „zum Gu te n" (Exilierung unte r Jojakin! —

Je r 24,5) und Jahwes Geri chts handeln „zum Bösen" (die Katastro

phe von 587/6) unterschieden werden müsse. Die naheliegende

Möglichkeit, die Gerichtsankündigungen für Jerusalem unter Zede

kia chronologisch sachgemäß an die Aussagen über Jahwes Gerichts

handeln zur Zeit Jojakins anzuschl ießen, kom mt für ihn deswegen

nicht in Frage, weil in diesem Fall die Katastrophe von 587/6 als

die Fortsetzung oder Vollendung des Gerichts von 597 erscheinen

könn te . Weil nach der Auffassung des Verfassers von Jer 21,1 — 10,

bzw. des für die Rahmenkompos it ion Jer 21,1 —10/Jer 24 verantwort

lichen Redakto rs, die Exilierung unte r Joj akin als Gerichtshandeln

Jahwes zugleich Beginn seines Heilshandelns ist, für das Ja hwe sichdie erste Gola erwählt hat (Jer 24,3—7), hätte die Einschaltung von

Je r 21 , 1 - 1 0 hin ter Je r 22,29 , also die Reihenfolge „Gerich t an Jo

 jakin (597)  —  Gericht an Zedekia ( 58 7/ 6) " jene Zäsur unkenn tlich

gemacht, die der Verfasser in der ersten Exilierung für die Geschich

te seines Volkes als bedeut sam erkenn t und hervorheben möchte .

Zu 2. und 3.: Je r 21 , 1 - 1 0 und Je r 37/38

Die Berührungen mit Jer 37 /38 werfen die Frage nach dem Verhält

nis beider Texte zueinander auf. In ihrer kürzlich erschienenen

Dissertation „Die Prosareden des Je re miab uc he s" 1 3 8  hat sich  Helga

Weippert   bei der Untersuchung von Jer 21,1—7 dahingehend ent

schieden, daß die bekannten und zugestandenen Berührungen dieses

Abschnit ts mit Je r 37 nicht mit literar ischer Abhängigkei t zu erklä

ren sind139. Da sich auf Grund der zum Teil unterschiedlichen Nach

richten über Personen und Situa tionen die in Jer 21 und Jer 37 er

wähnten Gesandtschaften „in eine relative zeitliche Beziehung zueinander" setzen lassen, gebe es „keinen Grund, Jer 21,1—7 als

Doppelbericht zu Je r 37,3—10 zu be tr ac ht en " 1 4 0 . Gegen die Zurück-

führung von Jer 21,1—7 auf Jeremia selbst könne man also nur noch

stilistisch sprachliche Argumente geltend machen.  H. Weippert   meint

zeigen zu können, daß auch in dieser Hinsicht jegliche Bedenken aus

zuräumen sind.

13 8  BZAW 132, Berlin-New York 1973.13 9

  So mit  Giesebrecht,  Komm. Jer. , z.St.;  Volz,  Komm. Jer., z.St.;  Weiser,

Komm. Jer., z.St.; gegen  Duhm,  Komm. Jer ., S.  168ff;  Rudolph,  Komm. Jer .,S. 124; Hyatt,  The Deuteronomic Edit ion of Jeremiah, S. 83f;  Thiel,  WMANT41 ,  S. 237, die diesen Abschnit t als eine unter Verwendung von Jer 37,3ff zustande gekommene freie Komposi tion einstufen.140  AaO, S. 72.

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44 Jeremia 21,1-10

Abgesehen davon, daß lediglich Jer 21,1 — 7  untersucht werden, alsoweder Je r 21 , 1 - 1 0 als komposito rische Einheit noch die Verbindungauch zu Jer 38 in den Blick rücken, ist an der von  H. Weippert   vorgelegten Beurteilung dieser Verse besonders zu kritisieren, daß wederder auffälligen Stellung noch der Funktion dieses Abschnitts im weiteren Kontext Rechnung getragen wird.

Aus den deutlichen Berührungen mit Jer 24 1 4 1 , sowie der Tatsache,daß diese beiden Abschnitte nicht nur in einer engen Verbindungzueinander stehen, sondern auch gleichsam als Rahmenkompositioneinzustufen sind, war zu folgern, daß die vorliegende Form von Jer 21,1 — 10 auf den gleichen Autor zurückzuführen ist, dem wir Jer 24

verdanken. Die in Jer 21,1 —

 10 vorliegenden Anklänge an Je r 37 /3 8

14:

sind demzufolge ähnlich zu bewerten wie die für Je r 24 nachgewiesenen sprachlichen und inhaltlichen Berührungen mit Jer 37—44.

Der Verfasser von Jer 21,1 — 10 best re it et generell die Möglichkeiteines Auswegs zur Rettung der Stadt, des Königs und des Königshauses, wie sie anderersei ts in Jer 38,14ff vom Propheten KönigZedekia zugestanden werden kann: Jahwe hat den Untergang Jerusalems und seiner Bewohner längst beschlossen; er selbst wird ihn

herbeiführen; der König von Babel ist sein Werkzeug, das nur nochden Rest zu besorgen hat (Jer 21,4-7) 1 4 3 . Jer 2 1, 1 -1 0 „korrigiert"demnach vorweg die Erzählung in Jer 38,14ff über die König Zedekia angebotene letzte Möglichkeit zur Rettung.

Die in Jer 21,1 — 10 erkannten Berührungen mit Je r 37 /38 habenihre Ursache folglich darin, daß der Verfasser auf Einzelheiten undNachrichten aus Jer 3 7/38 Bezug nehmen m ußte , wollt e er mit seinem Anliegen zum Zuge ko mmen , in diesem Abschnit t die seiner

Auffassung entgegenstehenden Aussagen der später folgenden Erzählungen vorweg abzuschwächen.

Nach allem muß der Versuch, die jeremianische Herkunft des Abschnitts Jer 21,1 — 10 oder auch nur der Verse 4—7 nachzuweisen,als gescheitert betrachtet werden. Es handelt sich hier um eine kompositorische Einheit, deren Entstehung auf Grund gerade der inhaltlichen Aussagen sowie der deutli chen Verbindungslinien zu Jer 24und Jer 37/38 nicht mit der geschilderten historischen Situation zu

sammenhängt. Jer 21,1 — 10 samt gerade seinen in den V. 1—3 ent-14 1  Vgl. oben S. 41 unter LI »42  Vgl. oben S. 41 unter 2. und 3.!14 3  Jer 21,8—10 will diesen Beschluß der radikalen Vernichtung nicht einschränken; diese Verse berücksichtigen und verarbeiten lediglich die in Jer 38,17ff (vgl.besonders V. 19) und Jer 39,9a/3 enthaltenen Nachrichten über diejenigen, diesich als Überläufer zu den Chaldäern retten konnten.

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Auswertung  und  Zusammenfassung 45

haltenen Situationsangaben verdankt seinen Ursprung vielmehr einem

bestimmten literarischen Anliegen144. Denn es läßt sich zeigen, daß

die chronologische Vorordnung der Aussagen über die uneingeschränkte

und pauschale Verwerfung Jerusalems und seines letzten Königs 145  in

Jer 21,1 — 10 im Blick und im Vorgriff auf spätere Aussagen (in den

mit Je r 37 einsetzenden Erzählungen) wohlüberlegte Absicht des Ver-

fassers ist. Die zeitliche Vorordnung von Jer 21,1 — 10 vor Jer 37,3ff

korrespondiert darin mit der auffälligen Stellung im Kontext, daß

beides146

  dazu dient, den Ablauf der Ereignisse in den Erzählungen

als vom Propheten vorausverkündigt sicherzustellen. Jer 37ff sollen

folglich von Jer 21,1 — 10 und Je r 24 her als die diesen Prophezeiun-

gen entsprechenden Berichte von ihrer Erfüllung verstanden werden.

Die Klärung der schwierigen Frage, wie die Textvorlage ausgesehen

haben mag, die von der in J e r 21,1 — 10 und Je r 24 erkennbaren Re-

daktion bearbeitet wurde, setzt eine Analyse nicht nur der von Jer

21,1 — 10 und J e r 24 eingerahmten Sprüche147

, sondern auch der Jer

21 vorausgehenden und auf J e r 24 folgenden Tex te voraus. Auf eine

solche Analyse muß jedoch im Rahmen dieser Arbeit verzichtet werden.

Immerhin sind folgende Feststellungen möglich: Es ist deutlich, daß

der Komplex Jer 21—24 im Blick auf die vorausgehenden Text e144  Daß die Situationsangaben  in Je r  21,1—3  die  Möglichkeit eröffnen,  das  fol-gende Jahwewort zeitlich  vor Je r  37,3ff anzusetzen (vgl. H.  Weippert,  Prosareden,S.  71f), ist  zwar durchaus zuzugestehen; auch  die daraus resultierende Zurück-weisung  der  Annahme einer Doppelüberlieferung,  mit der man die  Beziehungenund Gemeinsamkeiten zwischen  Jer  21,lff   und Jer  37,3ff   zu  erklären sucht,  istzulässig. Beides legt jedoch keineswegs schon nahe, J er  21,1—10  von Jeremiaselbst herzuleiten.  Wie sich anhand  der  unten vorgelegten Analyse  von Je r  37,3ffzeigen läßt, sind  die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Abschnitten damit  zu

erklären,  daß  hier jeweils  ein und  derselbe Verfasser,  bzw. Bearbeiter  am  Werkist (siehe unten  S. 58). —  Daß sich  in  sprachlicher  und  inhaltlicher Hinsichtkeine Bedenken erheben lassen,  ist die Voraussetzung  für  einen Versuch, diesenAbschnitt  von Jeremia herzuleiten, darf also nicht  als ein  Argument gewertetwerden,  das schon  für jeremianische Herkunft spricht.145

  Wenn  man die in Je r  21,1 — 10  und Je r  38,14ff verschieden vorliegenden  Auf-

fassungen  von der Unmöglichkeit  bzw. Möglichkeit einer Rettung Jerusalemsgegenüberstellt, stehen diejenigen,  die Je r  21,1 — 10  für jeremianisch halten, vorder Schwierigkeit, erklären  zu  müssen,  daß der  Prophet einerseits  zu  Anfangder Belagerung  die Ausweglosigkeit  der Situation  so  darstellen kann,  daß  keine

Rettung mehr möglich  ist,  andererseits aber derselbe Prophet  in den Erzählun-gen  in  einem noch späteren Stadium  der Belagerung  dem  König Zedekia eineechte Möglichkeit  zu seiner  und der Stadt Rettung aufzeigt.14

«  Das  gilt auch  für Jer 24!147  Im  allgemeinen geht  man davon  aus, daß in Je r  21,11 ff ältere Sammlungen(über  die  Könige 21,1 lff;  über  die  Propheten 23,9ff) enthalten sind, die mitspäteren Zusätzen aufgefüllt wurden.

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4 6 Jeremia 21 ,1 -1 0

eine Abschlußfunktion einnimmt1 4 8 . Damit erhalten die in Jer 21 /24 fixierten Aussagen eine besondere Aussagekraft. In dieser Rahmenkomposition steht das besondere Interesse an der babylonischenGola und ihrer Bedeutung für den weiteren Gang der Heilsgeschichteim Vordergrund149. Die in Jer 21/24 ausgesprochene These, daß dieGola durch das Gericht zum Heil gelangt, die Jerusalemer aber vonJa hwe endgültig abgeschrieben sind (vgl. Jer 24,8—10), bewirkt insofern eine Uminterpretation aller vorausgehenden Texte, als die darinenthaltenen Gerichtsankündigungen jetzt in einer bestimmten Richtung eingeschränkt sind. Während sie für Jerusalem und die, „dieübriggeblieben sind im Lande", voll gültig bleiben, darf für die Golanach dem Gericht Jahwes Heilshandeln erwartet werden. Zum an

deren dürfte es kein Zufall sein, daß die jet zt an Jer 21 /2 4 anschließende Textfolge Jer (25) 26—44 dem Aufbau von Jer 24 entsprechend zunächst in einem ersten Teil Schicksal und Bedeutung derGola in den Mittelpunkt rückt  15° und im Anschluß daran in denErzählungen (im wesentlichen Jer 37—44) darstellt, wie sich diein Jer 24,8 — 10 vorliegende Ankündigung der Verwerfung „Zedekias,  seiner Fürsten, des Restes Jerusalems, derer, die im Landeübriggeblieben sind und die im Lande Ägypten wohnen", erfüllt.

Die Frage nach der Entstehung der Kapitelfolge Jer (26) 27—33(34f) kann ebenfalls im Rahmen dieser Arbeit nicht ausführlichbehandelt werden. Mit Rücksicht auf die erforderl ichen umfangreicheren Untersuchungen zu Jer 37—44 müssen wir uns hier aufeinige Anmerkungen beschränken.

Es ist deutlich, daß durch die jetzige Textanordnung Jer 27—29/Jer 30ff und die Überschrift Jer 30,1-3 (vgl. besonders V. 3) alleHeilsweissagungen in Jer 30,4ff für die Gola vereinnahmt werdensollen. Ähnlich verhält es sich mit Jer 32. Der Kern dieses Kapitels bestand aus 32,6—15151. Diese Verse enthielten ursprünglichdie Heilszusage, daß trotz der bevorstehenden Katastrophe das normale Leben im Lande weitergehen werde 1 5 2 . Die Erweiterung Jer32,16—44  153  vertritt dagegen die Auffassung, daß sich erst nach14 8  Jer 25,1-13 im Grundbestand (vgl. dazu  Thiel,  WMANT 41, S.  262ff,  besonders  S.272)  hat lediglich zusammenfassenden, bzw. überleitenden Charakter.14 9  In den Königssprüchen spielt die Gola und ihr künftiges Schicksal im Sinne

der Redaktion ursprünglich keine Rolle (vgl. Jer 22,24ff). Aussagen wie Jer 22 ,8—9 oder 23,7—8 gehören mit Sicherheit nicht zum ältesten Bestand.iso Vgl. Jer 27 - 33 und Jer 24 ,4- 7.isi So mit  Duhm,  Komm. Jer ., S.  260ff;  Thiel,  Diss., S.  507ff.!« Vgl.  Duhm,  Komm. Jer ., S.  265f;  Thiel,  Diss., S. 512.658.153  Zur Frage, ob es sich um eine einheitliche Erweiterung handelt vgl.  Thiel,

Diss.,  S. 51 lf.

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4 8 Jeremia 37 bis 44

B.  Jer 37-44 •

1.  Kurzer Überblick über die bisherige Forschung2

Es besteht im wesentlichen darin Einigkeit, daß in den Kapiteln 37 —44 (45) ein zusammenhängender Erzählungskomplex vorliegen muß 3 .Weit weniger einhellig wird allerdings die Frage beantwortet, ob undan welchen Stellen mit späteren Eingriffen in den Text, also mit Erweiterungen und Überarbeitungen oder Umstellungen zu rechnen ist.

Während auf der einen Seite z.B.  Volz4 , Nötscher 5 , Rudolph6   und

Weiser 1

  im wesentlichen am jetz igen Textbestand von Je r 37—44festhalten und nur geringe redaktionelle Spuren erkennen 8 , setzenandererseits  Duhm, Kremers, Rietzschel  und  Wanke  den Anteil redaktioneller Bearbeitung, der zur vorliegenden Fassung führte, sehrhoch an. Ähnlich wie für  Duhm9  ist für  Kremers10  die ursprünglicheForm der von ihm innerhalb von Jer 37—44 postulierten „Leidensgeschichte" nicht nur „während ihrer Tradierung in ihren einzelnenErzählungen überarbeitet worden, sondern man hat auch ganze

1  Zu Je r 37—44 vgl. auch die Synopse im Anhang!2  Vgl. auch  Wanke,  Baruchschrift, S. 1—5.3  Während nach  Duhm  (Komm. Jer . S. XlVf),  Mowinckel  (Zur Kompositiondes Buches Jeremia, S. 24ff),  Eißfeldt   (Einleitung, S. 466- 492 ; besonders S.477f),  Fohrer   (Einleitung, S. 436) und  Rudolph  (Komm. Jer . S. 15f) Je r 3 7 -44 und die übrigen Fremdberichte im Jeremiabuch von der Hand eines Verfassers (Von Mowinckel  abgesehen, rechnet man im allgemeinen mit der Verfasserschaft Baruchs.) stammen sollen und ursprünglich ein einheitliches Werk darstellen  (Volz,  Komm. Jer ., S. XLIVff und  Weiser,  Einleitung, 5. Aufl., S. 190,

erkennen zwar die Verfasserschaft Baruchs auch für die übrigen Fremdberichteim Jeremiabuch an, bestreiten jedoch, daß Je r 37—44 mit diesen Fremdberichten in einer chronologisch geordneten Baruchschrift vereinigt waren.), fassenKremers  (Leidensgemeinschaft, EvTH 19 53 , S. 122f),  v. Rad,  (Theologie desAT,  Bd. II, 1964, 4. Aufl., S. 214),  Rietzschel  (Urrolle, S. 95ff) und  Wanke(Baruchschrift, S. 144ff) die Fremdberichte als Einzelerzählungen oder kleinere eigenständige Überlieferungskomplexe auf, für die nicht der Verfasser

von Jer 37—44 zuständig ist (vgl. ähnlich  Kessler,  Jeremiah Chapters 26—45Reconsidered, JNES 1968, S. 81-88).4  Komm. Jer ., zu Je r  37ff.5

  Komm. Jer ., zu Je r  37ff.6  Komm. Jer ., zu Je r  37ff.7  Komm. Jer ., zu Je r  37ff.8  So in Jer 39/40. — Volz  und  Rudolph  nehmen außerdem einige Umstellungen vor.9  Komm. Jer ., S.  XlVf.10  AaO, S. 132.

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Jer 37,1-10 - Inhalt 49

Legenden anderer Herkunft in sie hineingeschoben" 11 .  Kremers

rechnet zu diesen Zusätzen Jer 37,1-10; 39,15-17; 39,1.2.4-10;3 9 , 1 1 * - 1 2 ; 4 0 , 1 - 5 ; 4 3 , 8 - 1 3 und 44. Je r 45 gehöre eigentlich hinter den Bericht von Baruchs Verleumdung und Verschleppung (Jer43,3 u. 6).

Nach  Rietzschel  hat die Annahme viel für sich, daß von demselbenRed akt or , der Je r 44 am jetzigen Ort veranker t, auch die „Einzelerzählung" Jer 36 dem Erzählungszyklus vorgeschaltet wurde. Esbleibe aber „dahingestellt, ob auch die übrigen Einschübe im Erzählungszyklus von der Hand desselben Redaktors stammen. Immerhinwäre es durchaus denkbar, daß sich auch hier die Auffüllung in einerlängeren Uberlieferungsgeschichte vollzogen hat" 1 2 .

Auch  Wanke  rechnet mit einem sehr komplizierten Entstehen der gegenwärtigen Textanordnung Jer 37—44, besonders Jer 41,16—Jer 44,dessen Aufhellung er unter Vorbehalt versucht13.

Andererseits führt neuerdings  Thiel14  die jetzige Fassung von Jer 37—

44 auf die einheitliche Bearbeitung einer deuteronomistischen Redaktion 1 5  zurück, die auch in den übrigen Teilen des Jeremiabuches nachzuweisen sei.

Dieser kurze Überblick mag genügen. Es ist deutlich, daß die Beurteilungen über Umfang und Verfahren der Redaktion, bzw. der verschiedenen Redaktionsstufen auseinander gehen.

2.  Jeremia 37,1-10

a) Inhalt

37,1 .2 Einleitung oder Überleitung

Zedekia wird von Nebukadnezar anstelle des Jojakin als König eingesetzt. Aber er und „seine Knechte und der y*isn Di;" hören nichtauf die Worte Jahwes, die von Jeremia vermittelt werden.

11  EvTh 1953, S. 132.12  Urrolle, S. 110.13

  Baruchschrift, S.  130ff.14  Thiel,  Deuteronomistische Redaktion (Diss.), S.  554ff.

15  Redaktionelle Bestandteile sind Je r 37 ,1.2.19; 38 ,2 .23; 39/40 passim; 42 ,6.9b-16.17*.18-22; 43,lap\4*.7*. - Nach  Thiel  war dieser deuteronomistischen Redaktion „offenbar schon eine relativ geschlossene Darstellung derSchicksale Jeremias in der Zeit vor, um und nach der Eroberung Jerusalems,die sog. Leidensgeschichte Jeremias, vorgegeben." (S. 620f.).

4 Pohlmann, Jeremiabuch

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50 Jeremia 37,1—10

37,3 — 10  Zedekias (erste) Anfrage bei Je remia

Zedekia schickt mehrere bedeutende Persönlichkeiten zum Prophe

ten mit dem Auftrag, bei Ja hw e Fürb itte zu leisten (3). Je remia

aber war noch nicht gefangen (4), die Babylonier hatten sich geradevon Jerusalem zurückgezogen, weil sich ein ägyptisches Heer im

Anmarsch befand (5). Je remia erhält ein Ja hwewor t (6) für den Kö

nig: Das ägyptische Heer kehrt um (7) und die Babylonier werden

Jerusalem wieder bekämpfen, die Stadt einnehmen und verbrennen

(8).  Man soll sich nicht mit der Hoffnung täuschen, daß die Baby

lonier abziehen (9); selbst wenn man ihr Heer schlage, würden sie

mit wenigen doch die Stadt verbrennen (10).

b) Analyse

V. lab/3 „und es wurde König . . . " e rinnert an die deute ronomist i

schen Rahmenstücke der Königsbücher (2.Kön  20 ,21;  21,18; 21,26;

24,6 u.ö.). Dort geht dieser Feststellung jedoch jeweils der Hinweis

auf den Tod eines Königs voraus („und X legt sich zu seinen Vätern

. . . " ) .  Der den Angaben über Alter und Herkunft (Name der Mutter

des Königs) dort in der Regel folgenden Beurteilung: „Und er tat

Böses in den Augen Jahwes . . . " , entspricht in gewisser Weise J e r37,2.  V. lbß scheint sich direkt auf 2.Kön 24,17 („da machte der

König von Babel Mathanja, seinen Onkel, zum König an seiner (Joja-

kins) Stelle .  . . " )1 6

  zu beziehen. Da Formulierungen „und es wurde

König . . . " (V. la) und „und sie (er) machte(n) zum König" (V. lb/3)

 jeweils zwei verschiedene Tatbestände ausdrücken, ist ihre Kombina

tion wie in 37,1 auffällig. Möglicherweise ist sie erst durch eine nach

trägliche Ergänzung von 37 , l aba du rch V. lb/3 nach 2.Kön 24,17

entstanden 1 7 .

V. 2 Zur Abfolge „der König (Kin), seine Knechte und der p K n Dl?  v

ist Jer 21,7; 22,2.4; 37,18 (vgl. auch Jer  36,24.31;  2.Kön 24,12) zu

vergleichen19 . Häufiger und gebräuchlicher ist die Erwähnung der „Fü

sten" anstelle der „Knechte" des Königs 20. Abweichend von den Rah

menstücken der Königsbücher wird hier also nicht nur die Person des

16  Vgl. auch Ez 17,16!17  So  Wanke,  Baruchschrift, S. 97 -  trVBV   fnKD am Schluß des Verses istauffällig.18

  f t Kn Dl? kann hier und Je r 44,21 nicht die Bedeutung „Vollbürger" (so1,18; 34,19; 52,6.25) haben; vgl. Rudolph,  Komm. Jer ., z.St.19  Vgl. zu ähnlichen Abfolgen auch zu Jer 24 ,8 (s.o. S. 25 , Anm. 37).

20  Vgl. Je r 1,18 „Könige, Fürsten, Priester und der f lKn DI?"; 2,26; 4,9

„König(e), Fürsten, Priester und Propheten"; 8,1 ,,... und die Bewohner Jerusalems"; 17,25; 24,(1).8; 25,18;  26,21; 34,21; 36,21;  44,17.21.

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Analyse 51

Königs, der im folgenden eine Rolle spielt, vorweg beurteilt. In dasUrteil einbezogen ist das ganze Volk.

Es ist im Auge zu behalten, daß die „Knechte des Königs" wieder

in J e r 37,18 erwähnt werden („du , deine Knechte und dieses Vo lk ") ,während in 37,14.15 von  D,_IB?  „Fürsten" die Rede ist.

Die Wendung VK l?Btf ist selten21 ; wenn es um die Konstatierung desUngehorsams geht, heißt es üblicherweise rrUP "?ip3 S773C? K1?22. „DieWorte Jahwes, die er geredet hat ..." scheinen auf Jer 36,2.4. (6.8.I I ) 2 3  zurückzuweisen, um auf diese Weise Zedekia mit Jojakim aufeine Stufe zu stellen. Gemeint sind offensichtlich die „Worte Jahwes",die der Prophet überhaupt bisher ausgerichtet hat, also nicht nur die

 jenigen, mit denen sich der Prophet an Zedekia direkt wendet

2 4

.Wegen der vorausgehenden Kapitel, in denen Zedekia schon eine Rollegespielt hat2 5 , kann 37,1.2 nicht die Funktion einer ersten Einführung dieses Königs haben. Ebensowenig handelt es sich um die genuine Einführung bzw. Einleitung zu den folgenden Erzählungen alseinem eigenständigen Erzählungskomplex. Da 37,1.2 die ähnlich  auf-gebauten Rahmenstücke in den Königsbüchern zum Vorbild nimmt,zum anderen in V. 2 an 36,31 („nicht hören") und 36,2.4 („dieWorte Jahwes, die ...") anknüpft, dienen sie der Überleitung von

Kapitel 36 nach Kapitel  37 2 6 .  Sie sind als redaktionelles Bindegliedeinzustufen.

Fällt aber 37,1.2 als originale Einleitung der folgenden Erzählungenaus,  so stellt sich im Blick auf den abrupten Einsatz in 37,3 das Problem, ob und welche anderen Te xt e den Berichten 37,3ff (oder37,1 lff) ursprünglich vorausgingen und aus welchen Gründen sieevtl. wegfallen mußten oder zu versetzen bzw. durch Jer 36 zu ersetzen waren27 .

V. 3 setzt unvermittelt mit der Bemerkung ein, daß Zedekia zwei Gesandte2 8  zum Propheten Jeremia schickt29  mit der Bitte, Je remia mö-

21  Vgl. sonst nur 29,19;  35,13.22  Vgl. auch ...  tm  VK>V   11,10; 13,10; 19,15; 25.8; 36,24; 22,5.23  Sonst nur 19,2;  25,13;  30,2.  * VT^tt   "?K fehlt am Versende!25  Kapitel 21.24.27-29.32.34.26  So auch  Wanke,  Baruchschrift, S.  96ff;  Thiel,  Die deuteronomistische Redaktion, S.  554ff;  Rietzschel,  Urrolle, S. 105.27

  Vgl. dazu unten S.  6lff.28  Von den in V. 3 erwähnten Personen ist der Priester Zephanja ben Maasejaschon bekannt (vgl. Je r 2 1, 1; 29 ,15.29; s.a. Je r 52,14 (= 2.Kön 25,18). Jehu-chal (bzw. Juchal) ben Schelemja taucht nur noch Jer 38,1 auf; der Nameseines Vaters begegnet noch Jer 37,13 (Schelemja ben Hananja) und Jer 36,26(Schelemja ben Abdel).29  Zu . . . n ^ e n vgl. Jer 37,17; 38, 14; Vgl. auch Je r 21, 1.

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52 Jeremia 37,1-10

ge bei Jahwe Fürbitt e leisten. Warum und in welcher Si tuat ion derKönig mit dem Propheten Kontakt aufnehmen zu müssen meint,bleibt vorerst unklar30 , bzw. der Verfasser scheint vorauszusetzen,daß der Leser Bescheid weiß. Denn V. 4 geht zunächst nur auf diepersönliche Lage Jeremias ein und stellt fest, daß der Prophet sichnoch frei bewegen konnte 3 1  und noch nicht im Gefängnis saß 32 .Daß der Anlaß für die Frage Zedekias die Belagerung Jerusalemsdurch die Chaldäer ist, wird in V. 5 nur beiläufig erwähnt (vgl.LXX, wo . . . O'HSri fehlt!) bzw. auch jet zt als be ka nn t vorausgesetzt. Während V. 4 für den Abschnitt 3—10 keine erkennbare Funktion hat, also wohl mit einem über diesen Abschnitt hinausgreifenden redaktionellen Anliegen des Verfassers in Verbindung gebracht

werden muß 3 3 , sind die in V. 5 enthaltenen Informationen über dasUnternehmen des Pharao3 4  für das Verständnis des folgenden Jahwewortes wichtig. Ferner ist jetzt der Leser auf die sonst unvermittelteNotiz über das Erscheinen eines ägyptischen Heeres in V. 11 vorbereitet.

37,5-8

V. 5 spezifiziert die vom Verfasser als bekannt vorausgesetzte Situation der Belagerung Jerusalems durch die Babylonier insofern, alsder Leser je tz t von einer (zeitweiligen) Unterbrechung dieser Belagerung und deren Ursachen (Anmarsch eines ägyptischen Heeres3S)erfährt. V. 6 knüpft mit der Einführung des folgenden Jahwewortesan V. 3 an und führt die eigentliche Handlung weiter. V. 7 setztmit der Botenformel ein36. Während jedoch M mit der Beauftragung

30  Anders Je r  21,lf.31  Zur Formel KiTl K3 vgl. ähnlich Jos 6,1; l.Sam 18,16; Dtn 31,2; l.Kön15,17;  Ps 121,8; 2.Kön 19,27, 2.Chr 15,5; 23,7 K2n K3.32  Zu K,l73n  n * 3 . . .  riK ]ra vgl. Jer 37,15 (18) K^SH IV»3i möglich ist auchdie Formulierung ... Ü,B? (l .Kön 22,27); Jeremias Gefangenschaft spielt fernerin Jer 32,2 eine Rolle (vgl. noch Jer 20,2 . . .  ]M).33  Vgl. dazu unten S. 56f.34  Zu „der Pharao und sein Heer" vgl. Je r  37,5.7.11; 46,2.13.25f;  ferner 47,1;in einer ähnlichen Situation 2.Kon  19,8ff; Jes  30,2.3;  Ez  17,15ff;  Jes 31,1(n-ni?1?).

35  Die Formulierung 1?SB? 17DE? erinnert an Jes 37,7ff (vgl. 2.Kön 7,6).36  Auf die „Wortereignisformel"  (Zimmerli,  Komm. Ez., S. 88f) oder „Wortempfangsformel"  (Koch,  Formgeschichte, S. 247) folgt in der Regel die Botenbeauftragung (etwa: „Geh und sage") und anschließend die Botenformel, soJer 28,12; 29,30;  36,27ff;  43 ,8 ; vgl.auch 2 ,1; ferner l.Kön 21,17; 2.Sam7,4; 2.Chr 11,2; Jes 38,4; Ez 12,8; 24,lff;  Sach 6,9; anders (wie Jer 37,6f)Jer  35,12f;  13,8; 24,4.

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54 Jeremia 37,1-10

Unterbrechung der Belagerung Jerusalems, daß der Untergang derStadt trotzdem eintreffen wird.

Die V. 9—10 heben sich nicht nur formal durch die einleitende

Botenformel

44

, sondern auch inhaltlich von den vorausgehendenVersen 5—8 ab: V. 9 warnt vor der falschen Hoffnung45, die Chaldäer würden abziehen46  und stellt fest, daß das nicht geschehenwird  CD"?"'  K7). V. 10 behandelt den hypotheti schen Fall, daß mandie Babylonier vernichtend schlagen könne (V. 10a), und kommtzu dem Ergebnis, daß auch damit der Untergang Jerusalems nichtabzuwenden wäre (V. 10b) : Jerusa lem wird in jedem Fall von denBabyloniern verbrannt (Vgl. V. 8 Ende).

Der Verfasser dieser Verse denkt offensichtlich nicht an einen durchden Aufmarsch eines ägyptischen Heeres bewirkten Abzug der Chaldäer4 7 , sondern an eine direkte, kriegerische Auseinandersetzungder Jerusalemer mit dem babylonischen Heer, hat also in V.  9 — 10deutlich eine andere Situation im Blick, als sie in V. 5—8 beschrieben wird. Sind nach V. 5—8 die Chaldäer abgezogen (V. 5: 17ST1oVBftT 7l?ö), so wird andererseits in V.  9 — 10 vor der Selbsttäuschunggewarnt, die Chaldäer würden bestimmt noch  (IDV

1  "|7'1) abrücken.

Bei dem Versuch, diese merkwürdige Abfolge zu erklären48, kommtWanke  neuerdings zu dem Schluß , daß V. 9f entweder der Ungeschicklichkeit des Verfassers zuzuschreiben sei, „oder aber nochspäter in den Zusammenhang eingeschoben wurde" 4 9 ; er meint jedoch, die Entscheidung zwischen beiden Möglichkeiten offen lassenzu müssen.

Zunächst läßt sich m.E. V. 9 keineswegs so verstehen, als denke derVerfasser hier an einen Zeitpunkt noch vor dem Abzug der Chaldäer,

also daran, daß die „Chaldäer die Stadt (noch) belagern" 5 0 ,  worauf-

hin dann zu erwägen wäre, ob V. 9f sich nicht besser in die Jer

44  LXX liest -|»K HD »3.« Zu lXtfn-VK vgl. Je r 29,8 ; vgl. auch die Jesajaerzählungen Jes 36,14; 37 ,10.46  irVSÖ 137'' "]7nv— Die Aufhebung der Belagerung einer Stadt und derAbzug des Feindes wird durch . .. 7I?H H71? ausgedrückt (vgl. 2.Kon 15,19; Jer21,2;  37,5.11;  34,21); insofern ist die Formulierung irVl?» Ö?« -|Vn in V. 9auffällig; nach  Giesebrecht   (Komm. Jer. , z.St.) drückt  \fT\   „die Hoffnung auf

dauernden Abzug der Ch. aus"; vgl. Je s 37,37 ( . . . 3B?,1 • ]-7vl l?Ovl).4 7  So  Duhm  (Komm. Jer. , S. 299), der Dr OH in Dl 13? ändert : „Wenn auchdas ganze Heer der Chaldäer ... geschlagen ist, nämlich von den Ägyptern".4 8

  Volz, Weiser, Rudolph  (Komm. Jer. , z.St.) sehen hier offensichtlich keinProblem.49

  Wanke,  Baruchschrift, S.  lOlf.

5°  Wanke,  Baruchschrift S. 100.

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Analyse 55

21,1—7 angegebene Situation einfügt51 . Das Jahw ewor t V. 9b „dennsie werden nicht abziehen" (137"1 K7) wäre bei dieser Auffassungschon durch die vorausgehenden Verse überholt und widerlegt oderwürde umgekehrt die Richtigkeit der Aussage von V. 5 über den Ab

zug des Feindes bestreiten. Das gilt ebenso für die Fortsetzung mitV. 11. Daher kann den V.  9 — 10,  ob sie nun ursprüngliche Fortsetzung von V. 5—8 sind oder erst spätere Einschaltung, nur die Vorstellung zugrunde liegen, daß nach der Rückkehr der Chaldäer vordie Mauern Jerusalems (V. 8) nicht noch einmal im letzten Augenblick mit einer Aufgabe der Belagerung, wie auch immer bewirkt,zu rechnen ist.

Es bleibt noch  Wankes  berechtigte Frage, „was hinter der Ankündigung, die Chaldäer werden wieder zurückkehren und Jerusalem vernich ten, der Hinweis auf die unberech tig ten Hoffnungen der Jerusalemer bezwecken soll. Er stünde besser vor V. 7b" 5 2 . Sie läßt sichmit einem Vergleich unseres Te xt ej mi t Je s 37 (2.Kön 19) beant worten.

Die jetzige Fassung von Jes 37 kombiniert zwei Berichte über dieBelagerung Jerusalems durch Sanherib5 3. Der so entstandene Erzählungsablauf informiert jetzt über ein zweimaliges Scheitern derEroberungsversuche des Assyrerkönigs: Zunächst wird Sanheribdurch ein Gerücht (vgl. Jes 37,7 .9) zum Abzug genötigt (vgl. Je r37,5—8),  schließlich muß er unverrichteter Dinge in sein Land zurückkehren, weil der Hin' "|K7a „im Lager Assurs 18500 0 schlug,und als sie am Morgen aufstanden, siehe, da waren sie alle toteLeichname" (Jes 37,36f). Daß die Ereignisabfolge von Jes 37 undder Aufbau der Jahwewor te Jer 37,(5) 6—10 einander en tsprechen,ist deutlich54. Die vorliegende Fassung von Jer 37,3—10 beruht

also offensichtlich auf Berücksichtigung und Auswertung von Jes37 (oder dessen Vorlage), einem Text, der über eine vergleichbareSituation (Bedrohung und Belagerung Jerusalems) handelt und voneinem Rettungswunder im letzten Moment berichtet. Das aber sprichtfür die Einheit des Textes Jer 37,3—105S. Der verantwortliche Ver-

51  Wanke,  ebd. S. 100.

52  Wanke,  ebd. S. 100.

53  Vgl. die Kommentare,  Duhm,  Komm. Jes. , z.St.,  Kaiser,  Komm. Jes., z.St.54

  Zu sonstigen Berührungen mit Jes 37 vgl. Jer 37,5 mit Jes 37,7 (9).  —  Vgl.auch den Hinweis  Ackroyds,  Historians and Prophets, SEÄ XXIII, 1968, S. 44 ,Anm. 32.s s  Für eine spätere Erweiterung oder Ergänzung von Jer 37,5—8 durch V. 9—10 wäre als Motiv wiederum nur der Wunsch oder die Absicht einer Angleichungan Jes 37 denkbar; denn die Aussage über das Schicksal Jerusalems bleibt diegleiche wie in V. 8!

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56 Jeremia 37,1-10

fasser will offensichtlich zu Beginn der Erzählungen über die Ereig

nisse kurz vor der Eroberung Jerusalems von vornherein klarstellen,

daß der Untergang der Stadt unvermeidbar war (vgl. schon Jer 21,

1 — 10) und keinesfalls bis zuletzt wie während der früheren Belage

rung durch die Assyrer noch die Möglichkeit bestand, dem Verder

ben zu entgehen. Die Ereignisse werden sich ähnlich wie damals

701 (Jes 37) abspielen, nur mit einem negativen Ausgang. Ein durch

ein Wunder im letzten Augenblick bewirktes Abrücken des Feindes

wird nicht stattfinden56 .

Aufbau und Tendenz des ganzen Abschnitts deuten daraufhin, daß

der Verfasser mit diesen Versen den Leser für die Lektüre der fol

genden Berichte in einer bestimmten Richtung zu beeinflussen

sucht57 . Daß besonders beton t wird, der Untergang Jerusalems stehe

unvermeidbar fest, legt die Vermutung nahe, daß der Verfasser hier

die in den vorgegebenen Erzählungen erkennbare Auffassung (vgl.

Jer  38,17ff,  siehe auch Jer 34,3ff), daß Jerusalem unter bestimm

ten Voraussetzungen zu retten gewesen wäre, von vornherein zu

rückweisen möchte.

V. 4 war bisher unberücksichtigt geblieben, da diese Bemerkung

über die Situation Jeremias innerhalb des Abschnittes Jer 37,3—10keinerlei Funktion innehat und für sein Verständnis ohne weiteres

entbehrlich ist. Es ist zu fragen, welchen Anlaß der Verfasser hatte,

hier festzustel len, daß Je re mia noch nicht im Gefängnis war und

sich frei bewegen konnte. Im allgemeinen faßt man V. 4 so auf, als

sollte die in V.  3 — 10 vorauszuse tzende Situation des Prophe ten hier

mit im Vorblick von der im folgenden Abschnit t abgegrenzt w er den 5 8

Festzuhalten ist, daß V. 4 einem Text vorausgeschickt wird, der

über die Gefangennahme Jeremias erzählt (Jer 37,1 lff ). Daraus wird

s* Daß für dieses hypothetische Wunder nicht der „Engel Jahwes" aus Jes 37in Anspruch genommen werden kann, ist natürlich vom Aufbau und den Tendenzen dieses Abschnitts her verständlich; daher V. 10a: „selbst wenn ihr (dasWunder vollbringt und) das ganze Heer schlagt . . . "57  Wanke  (Baruchschrift, S. 101) stellt fest: „Es sollten erstens die die Verkün

digung Jeremias zur Zeit der Belagerung Jerusalems charakterisierenden Jahweworte an die Spitze des folgenden Erzählungskomplexes gestellt werden unddarum zweitens Stil und Situation der folgenden Erzählungen berücksichtigt

werden". Die Frage, warum das geschieht, stellt sich  Wanke  allerdings nicht.58  Vgl. Duhm,  Komm. Jer. , z.St. : Die Bemerkung verrate „die Abhängigkeitdes Verf.s von der folgenden Erzählung V. 12ff. Die Bemerkung war ja garnicht nötig, wäre das nur dann gewesen, wenn Cap. 37 unmittelbar auf Cap.32.33 folgte"; ähnlich  Wanke  (Baruchschrift S. 99).  Rudolph  (Komm. Jer. ,z.St.) meint, eine „solche (an sich unnötige Bemerkung) muß einem Erzählerverstattet sein".

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Zusammenfassung und Folgerungen 57

man folgern dürfen, daß V. 4 in der Tat hier wegen des Berichts inJer 37, 1 lff für sinnvoll und erforderlich gehalten wurde. Aber damitist immer noch nicht die Frage nach der eigentlichen Absicht vonV. 4 beantwortet. Denn an sich lag im Blick auf die Abfolge Jer 37,

3—10 und llff kein Grund vor, den ersten Abschnitt (V. 3—10) vonder folgenden Erzählung „hinsichtlich der Situation des Prophetenabzuheben"5 9 . Ber ichten je tzt die Verse 3—10 über die Befragungdes Propheten anläßlich einer Unterbrechung der Belagerung Jerusa-lems infolge des Aufmarsches der Ägypter und erzählen die Verse  11 —

16,  wie es dazu kam, daß man während dieser Unterbrechung derBelagerung den Propheten im Benjamintor ergriff und schließlich ge-fangensetzte, so war die Situation des Propheten in den Versen 3—

10 von der in den Versen 11—16 durch die Textabfolge selbst hin-reichend genug abgegrenzt. Der Verfasser muß folglich für diese No-tiz in Vers 4 einen anderen Grund gehabt haben. Ich halte es daherfür wahrscheinlich, daß er hier der Bekanntschaft des Lesers mitden vorausgehenden Texten Jer 32f Rechnung tragen will, um ihnauf diese Weise darauf vorzuberei ten, daß im folgenden (V. ll f f ) derBericht über die Gefangennahme Jeremias noch nachgeliefert wird,obwoh l die Tatsache dieser Gefangenschaft längst mitgeteil t war60 .

Wankes  Argumentation6 1  leuchtet mir daher nicht ein. Die Möglich-keit, daß V. 4 auch im Blick auf Jer 32f hier untergebracht wurde,da dort eben schon von einer Gefangensetzung des Propheten dieRede war, läßt sich nicht einfach damit von der Hand weisen, daßman feststellt, Kap. 37 folge ja nicht unmittelbar auf Kap.  326 2 .

c) Zusammenfassung und Folgerung

Die Verse 1—2 sind eine redaktionelle Überleitung, die zwischendem jetzt vorausgehenden Kap. 36 und den folgenden Berichteneine Verbindung herstellt.

s9  Wanke,  aaO, S. 99.

60  In Jer 34 , einem Text, der gleichfalls wie Je r 37,3ff die zeitliche Situationder Unterbrechung der Belagerung Jerusalems voraussetzt, konnte auf eine Jer37,4 entsprechende Bemerkung verzichtet werden (vgl. die Situationsangabenin Jer 34,l ff), obwohl Jer 32 (Jer 32 enthält genaue Situationsangaben sowiedie Nachricht, daß der Prophet im Wachthof gefangen war.) unmittelbar vor-

ausgeht.61  Ein solcher Hinweis sei nur sinnvoll, „wenn ihm eine Erzählung unmittel -bar vorausginge, die von einer Gefangensetzung Jeremias berichtete, etwa Kap.32f.";  da das nicht der Fall gewesen sein könne, habe V. 4 die Aufgabe, einenden folgenden Erzählungen vorzuschaltenden Bericht von diesen hinsichtlichder Situation des Propheten abzuheben (Baruchschrift, S. 99).62

  Wanke,  ebd., S. 99.

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58 Jeremia 37,1-10

Die Verse  3 — 10 müssen als eine durchdachte, komponie rte Einheitaufgefaßt werden. Sie setzen eine Einleitung, d.h. die als Überleitungerkannten Verse 1—2 voraus63. Dem Verfasser lag offensichtlich diein V. llff vorliegende Erzählung schon vor, da er die darin enthaltenen Informationen aufgreift und auswertet (vgl. V. 4 6 4  mit V. 12und V. 15b; V. 5 mit V. 11) und somit wiederum zugleich den Abschnitt Je r 37 ,(l l) 12 ff vorbereitet65.

Das Hauptanliegen des Verfassers ist die Mitteilung von Jahweworten, die (V. 7ff) den unausweichlichen Untergang Jerusalems zumInhalt haben. Zu diesem Zweck wird mittels aus der folgenden Erzählung entnommener Situationsangaben das erforderliche Gerüstaufgebaut (V. 4—5; V. 3 erinnert an Jer 21 , lf ). Aus Rücksicht aufdie folgende Erzählung (Jer 37,1 lff) mußt e der Erzählstil angewendet werden. Die merkwürdige Abfolge der Jahweworte (V. 7—8 undV. 9—10) beruht  darauf,  daß der Verfasser hier von dem in Jes 36fgeschilderten Ablauf der Belagerung Jerusalems durch Sahherib ausgeht6 6.

Die Feststellung der mit absoluter Sicherheit zu erwartenden Vernichtung Jerusalems (Jer 37,7—10) steht im Widerspruch zu in Jer 38,

17ff folgenden Aussagen. Anders als dort ist für den Verfasser vonJer  37,1 — 10 der Untergang eine längst von Ja hwe beschlossene Sache.Da sich Jer  37,1 — 10 in diesem Punkt sehr eng mit Jer 21,1—10 berührt6 7  und zudem bei der Abfassung beider Texte Jes 36f (oder2.Kön 18f) berücksichtigt und ausgewertet wurde6 8 , ist davon auszugehen, daß in Jer  21,1 — 10  und Jer 37,1 — 10 ein und derselbe Autor am Werke war6 9. Der ganze Abschnitt Jer 37,1 — 10  ist als eineprogrammatische Einleitung zu den folgenden Erzählungen zu werten, mit der der zuständige Verfasser die Aussagerichtung der in diesen Erzählungen enthaltenen vorgegebenen Prophetenworte umzudeuten versucht.

*3  Vgl. Duhm,  Komm. Jer., S. 297. - Jer 37 ,1-2 und 3 - 10 stammen vomgleichen Autor.64  Vgl. dazu oben S. 56f.65  Auffällig ist, daß auf genauere Angaben zur vorausgesetzten Situation verzichtet wird. Die in unserem Abschnitt enthaltenen Informationen lediglichüber das ägyptische Heer und das Abrücken der Chaldäer unterstellen dem Le

ser, daß er über den weiteren Zusammenhang schon Bescheid weiß. Umfassendere Nachrichten sind in der Tat schon Jer 34,1—7 (vgl. besonders V. 6f) zuentnehmen.66  Siehe oben S. 55.6 7  Siehe oben S. 45.68  Siehe oben S. 40, Anm. 130.69  Vgl. dazu oben S. 45, Anm. 144.

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Analyse 59

3.  Jer 37,11-16

a) Inhalt

Jeremias (erste) Gefangennahme

Als die Babylonier wegen der ägyptischen Streitmacht die Belagerung aufgegeben hatten (V. 11), wollte Jeremia die Stadt verlassen,um ins Land Benjamin zu gehen (V. 12). Im Benjamintor wird derProphet festgehalten und beschuldigt, zum Feind überlaufen zu wollen (V. 13). Trotz gegenteiliger Versicherung schleppt man den Propheten vor die Fürsten (V. 14). Er wird geschlagen und gefangengesetzt (V. 15) und muß „viele Tage" im Gefängnis bleiben (V. 16).

b) Analyse

Betrachtet man diesen Abschnitt für sich, so muß man postulieren,daß ursprünglich umfassendere Situationsangaben vorausgingen. Inden Versen Jer 37,1—10 sind sie nicht enthalten. Der Hinweis lediglich  darauf,  daß die Chaldäer wegen des Heeres des Pharao die Belagerung Jerusalems aufgehoben hatten (Jer 37,11), ist trotz Jer

37,5 allzu unvermittelt70

. Von Jer 37 ,5 her ist je tz t zwar deutl ich ,worauf Jer 37,11 7 1a  anspielt. Aber es fehlen allgemeinere Angabenüber die Ursachen oder Umstände der Belagerungssituation Jerusalems 7 1 0 .

Mit V. 12 beginnt die eigentliche Erzählung72, die im folgenden diePerson des Je remia in den Mitt elp unkt stellt und zunächs t ausschließlich an seinem persönlichen Ergehen interessiert zu sein scheint. Leider ist aus V. 12b nicht eindeutig zu entnehmen, mit welcher Absicht

70  Da Je r 37,3 — 10 als eine mit einem bestimmten Anliegen komponierte Texteinheit aufzufassen ist, deren Verfasser schon die Erzählung in Je r 37,1 lff vorlag (siehe oben S. 58), führt die Beobachtung, daß der Einsatz mit Jer 37,11ohne den vorausgehenden Vers Jer 37,5 völlig abrupt und unverständlich wäre,zu dem Schluß, daß der Verfasser von Je r 37,3 — 10 in Vers 5 entweder ältere ,vor Jer 37,1 lff zu lesende Textmaterialien verarbeitet hat oder aber hier aufGrund eigener Kombinationen den Leser auf Jer 37,11 vorbereiten möchte.Vgl. zu Jer 37.11 auch die Anm. 90b.71a Zu ... nwivgl. Jer 38,28; 3,9; ferner l.Sam 10,9 (!); 17,48 (l.Sam 13,22;

25,20; 2.Sam 6,16; 2.Kön 3,15; Amos 7,2; siehe dazu  Kautzsch,  § 112uu). -Zu H7l? ni c. 717D vgl. Jer 37,5 und  34,21;  H71? kal c. 7l?D vgl. l.Kön 15,19;2.Kön 12,19; Jer 21 ,2 ; 34,21 u.ö. ; H71? im ni sonst mit  ,"iriK?0 vgl. 2.Sam 2,27;Nu 16,24.27. - DHÜOn 7 'n Jer  35,11;  DHB?3 7^1 Jer 37,10 ; 39,5; vgl. 2.Kön25,5.10.71b Vgl. z.B. Je r 3 4 , 1 - 7 !72  Zu KS"1 mit folgendem n377 vgl. z.B. Gen  11,31;  12,5.

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60 Jeremia 37,11 — 16

Jeremia Jerusalem verlassen will73. Wie aus dem folgenden zu ersehenist, scheint allerdings auch nur wichtig und für das Verstehen ausreichend, daß der Prophet überhaupt aus der Stadt herausgehen möchte.Dieser Versuch führt am Benjamintor zu seiner Festnahme durch die

Torwache (V. 13)7 4 . Aus der die Festnahme Jeremias begründendenBehauptung (V. 13b) ist hier nicht mehr zu entnehmen, als daß dieChaldäer offensichdich noch eine Bedrohung darstellen75. In V. 14aaweist Jer emia lediglich den gegen ihn erhobenen Vorwurf zurück;mehr über sein Vorhaben wird nicht mitgeteilt. Entweder war alsoder Leser schon vorher informiert worden, oder aus den Angabenvon V. 12b ging ursprünglich klar hervor, welches Anliegen der Prophet im Lande Benjamin hat te . Diese Haltung des Prophe ten führt

zur Einschaltung der nächst höheren Instanz (V. 14aßb)7 6: „DieFürs ten" - o-ifen! Von den D-ifc? war zul etzt in Je r 36 (V. 12.14 .19.2lff;  vgl. 35,4; 26,21) die Rede, allerdings positiv. Außerdemkann es sich nicht um den gleichen Personenkreis handeln (ZeitJo jakims). Die einfache Formul ie rung D"nfc?ri (vgl. J e r 26,10 zur Einführung mirr  *Hf,  weiterhin nur noch D^ton) könnte darauf hindeuten, daß dieser Personenkreis als bekannt vorausgesetzt werdendarf 

77,  also schon vorher eingeführt wurde.

Ohne auf weitere Einzelheiten des Verfahrens (Namen, Argumentation usw.) einzugehen, berichtet V. 15 lediglich über die Reaktionder Fürsten (V. 15aa . . . lDxp'n). V. 15a|3ba mit . . . 13m 78  ist so

73  Im allgemeinen bringt man V. 12b mit Jer 32,6ff in Verbindung (vgl.  Ru-dolph,  Komm. Jer ., z.St.  Volz,  Komm. Jer., z.St.); vgl. auch die LXX; die Wurzel |?7n mit folgendem "|irin Nu 18,20; Jos  15,13;  Spr 17,2 (vgl. auch Jos 18,10). Hölscher   (Die Profeten, S. 29 1, Anm. 1) punkti er t p^n1? und schlägt als Über

setzung vor: um daselbst mit ten unter den Volksgenossen sein Erbteil zugenießen" (mit Verweis auf Spr 17,2). - p ^ 3 T"1K in Verbindung mit Jeremianur noch Jer 1,1.74  Das Benjamintor wird noch erwähnt Jer 38,7 (20,2) und Ez 48,32; Sach 14,10.  — Ein m p D 71?3 begegnet nur an dieser Stelle (vgl. die Abweichung derLXX, die entweder mit M nicht zurecht kommt oder in ihrer Vorlage etwasanderes las).  Zapovia  für nv,K~P (M) könnte aus rr-KI" UfcBI (V. 14) entstanden sein.7« V. 13b liest 7K 7DJ (vgl. Jer 38,19; 2.Kön 7,4; Jer 52,15), V. 14 71? 7D2(vgl. Jer 21,9; 39,9; 2.Kön  25,11;  l.Chr  12,20.21;  2.Chr. 15,9).76

  V. 14b ti?Bn c. 3 bedeute t wohl so viel wie „anfassen" (vgl. Dtn 9,17; 21 ,2 9;l.Kön 11,30; Ez 29,7;  30,21; Jes 3,6;), ©Dri c. riK in V. 13 (vgl. l.Sam 15,8;l.Kön 18,40; 2.Kon  14,13; Je r 26,8;) dagegen wohl „festhalten" oder „ergreifen".77  Vgl. anders V. 13 die Einführung des Jirijja!78  Über eine Gefangensetzung sowie eine körperliche Züchtigung berichtet auchJer 20,2.

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Ergebnis und Folgerungen 61

kaum in Ordnung 7 9 . Zu erwarten wäre . . . 13""l; allerdings bliebe zuklären, wie man sich die Entstehung der vorliegenden Lesart vorstellen soll80.

-nOKn  m  (fehlt in de r LXX!) begegnet nur hier81

. Wahrscheinlichhandelt es sich um eine ungeschickte und überflüssige Glossierungzu )Mlrr 1V3; denn was es mit Jon at han s Hau s8 2  auf sich hatte, erläutert ja passender das Versende8 3.

V. 16 liefert eine genauere Beschreibung der Situation des Propheten: Der Prophet sitzt im ... ")13n rca 8 4. Der Verseingang ist anstößig. Auch hier stellt sich die Frage, wie die merkwürdige Lesart entstanden ist85.

c) Ergebnis und Folgerungen

Der Text Jer 37,11 — 16 ist ein in sich abgeschlossener Bericht überAnlaß und Umstände einer Gefangensetzung Jeremias. Gleichwohlkann dieser Abschnitt nie unabhängig für sich existiert haben. DieseErzählung von einer Gefangennahme Jeremias ist ohne vorausgehende Informationen8 6  nicht denkbar und verlangt außerdem nach einerFortsetzung (V. 16 D^l  D,73''. . . 0E?~3tf ,l), ist also von vornhereinals Teil eines größeren Ganzen konzipiert worden.

Da Jer 37,1 — 10 erst sekundär mit Jer 37,1 lff in Verbindung gebracht worden ist, wäre nach Möglichkeiten zu fragen, wie überArt oder Umfang des ursprünglich Je r 37,1 lff vorausgehenden Textmaterials Aufschluß zu erhalten ist.

79  Vgl. Gen 40,2.80  Rudolph  (Komm. Jer., S. 238) hält "iniK UW1 IHK 13m für einen Aramais-

mus.  Vielleicht war aber V.  lbaßba  (IHK 13!Tf bis "ISOn") ursprünglich als direkte Rede der Fürsten konzipiert (^Xp mit folgenden "IÖN7 und direkter Redez.B.  in Lev 10,16!), so daß der Vers zunächst lautete: „Da ergrimmten die Fürsten über Jeremia: .Schlagt ihn und gebt ihn ins Gefängnis .. . ' . "IDIK linJl wäredann aus "iniK jrin (inf. abs.) entstanden (imper. mit folgendem inf. z.B. Amos4,4.5; Ez 23,46).81  Vgl. O-mDKn rP3 Ri 16,21.25; Coh 4,14.82  Vgl. Jer 37,20; 38,26.83  Zu K73H n-2 vgl. l.Kön 22,27 (!); Jer 37,4; 37,18; K73 n-3 2.Kön 17,4;25,27; Jes 42,7.84

  Zu TI3n rT3 vgl. Ex 12,29; Gen 40,15 (TI3); zur Zisterne als Gefängnis vgl.Gen 37,22.24.28.29; Sach 9,11 (c. 13 D-TS-pK; vgl. Jer 38,6!); nVinn nur hier,pl.  von niin „Gewölbe".85  Die meisten Kommentatoren ändern in K3'1 (so mit LXX); vgl. zu 37,16 untendie Synopse S. 209.86  Daß Jer  37,1 — 10  diese Aufgabe nicht erfüllt, ergab nicht nur die Analysedieses Abschnitts, sondern auch die Untersuchung von  37,11 — 16  (s. S. 59f)

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62 Jeremia 37,11-16

Hier wird man allerdings den Textgegebenheiten entsprechend überVermutungen nicht hinauskommen. Immerhin sind folgende Überlegungen möglich:

Die in Jer 37,11 — 16  vorgestellte Situation, daß das babylonischeHeer die Belagerung Jerusalems unterbricht, hat in jedem Fall zurVoraussetzung, daß vorher allgemeiner über Ursachen oder Umstände dieser Belagerung berichtet wurde8 7 . Anstelle eines solchen Berichtes, über dessen Umfang oder genaueren Inhalt zunächst n ichtsbekannt ist, finden wir je tz t die sekundär mit dem Abschni tt J er37,11—16 verknüpfte Textkomposition Jer  37,1 — 10 vor. An dieserals programmatische Einlei tung für die je tz t folgenden Tex te gedachten Texteinheit fällt besonders auf, daß hier Ja hw e (andersals z.B. in Jer 38,17ff) Jerusa lems Untergang fest und unausweichlich beschlossen hat und eine Möglichkeit zur Rettung nicht mehrangeboten wird. Dem für Jer 37,1 — 10 zuständigen Autor sind dieseAussagen (V.  7 — 10) ein besonderes Anliegen88. Dieses Anliegen warder Grund für die Abfassung von Jer 37,1—10 und die Verklammerung dieses Abschnitts im jetzigen Kontext. Wenn wir die m.E. unwahrscheinliche Möglichkeit außer Betracht lassen, daß der Verfasser von Jer 37,1 — 10 mit diesem Text lediglich eine in dem ihm vor

gegebenen Textmaterial erkannte Lücke schließen wollte, wenn wiralso vielmehr davon ausgehen, daß er den ursprünglich Jer 37,11 — 16vorausgehenden Kontext noch vor sich hatte, so ist aus der Entfernung dieses ursprünglichen Kontextes zu folgern, daß hierin seinenVorstellungen widersprochen wurde. Offensichtlich waren die Widersprüche derart, daß sie mit einer Überarbeitung des Textes nicht zubewältigen waren. Es läßt sich nun mit guten Gründen vermuten,daß der Verfasser von Jer  37,1 — 10 sich mit den Aussagen des Je r

37,11 — 16 ursprünglich vorausgehenden Textes deswegen nicht abfinden wollte, weil hier nicht wie jetzt in Jer  37,1 — 10  der von Jahwegewollte unausweichliche Untergang Jerusalems konsta tiert wurde ,sondern wie später noch einmal (vgl. Jer 38,17ff) von einer Chancezur Rettung die Rede war. So ist m.E. zu erwägen, ob nicht dieursprünglich Fassung von Jer 34,1—789  als die jetzt fehlende Ein-

87  Siehe oben S. 59.88

  Siehe dazu oben S. 58.89  Eine genauere Untersuchung von Jer  34,1 — 7 kann an dieser Stelle nicht erfolgen. Es darf jedoch davon ausgegangen werden, daß die vorliegende Einheitdas Ergebnis der Bearbeitung eines älteren Textes ist (vgl. hierzu besonders  Ru-

dolph,  Komm. Jer. , S. 220;  Thiel,  Diss., S. 527f.). In Jer 34,1-7* hat JeremiaKönig Zedekia aufgefordert, sich dem König von Babel zu ergeben und für diesen Fall die Rettung des Königs und implizit auch die Verschonung Jerusalems

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Ergebnis  und  Folgerungen 63

leitung oder zumindest als ein Teilstück der Texte in Frage kommt,

an die Jer 37,11 — 16  ursprünglich anschloß, da in dieser Texteinheit

(Jer 34,1—7) nicht nur umfassendere Angaben über die Belagerung

Jerusalems enthalten sind, sondern auch König Zedekia noch wäh

rend der Belagerung durch den Propheten Jeremia eine Chance zuseiner Rettung angeboten be kom mt und zudem die jetzige Stellung

dieses Abschnitts auffällig ist. Der für Jer 37,1 — 10 (sowie für Je r

24 und Jer 21,1 — 10) zuständige Au to r, der der Ansicht ist, daß

Ja hw e König Zedekia und die Jerusa lemer von vornherein verwor

fen und der Vernichtung preisgegeben hat, weil er sich längst für

die babylonische Gola (unter Jojakin) entschieden hat 9 0 a , konnte

in diesem Fall bei der Durchführung seines Vorhabens, die ihm vor

gegebene Fassung eines Je remiabuches nach den eigenen Vorstellungen zu korrigieren, Jer 34,1—7 nicht am ursprünglichen Ort belassen.

Diese Überlegungen beinhalten immerhin eine Erklärung für den

oben festgestellten Textausfall vor J e r 37,11 —169 ob .  Außerdem wäre

vor  der Zerstörung  in  Aussicht gestellt  (so mit Rudolph  Komm. Jer. , S.  220f;dort weitere Einzelheiten).9 0 3

  Vgl. oben  zu Je r 24 und Je r  21,1-10.9°b  Der jetzt unvermittel t auftauchenden Feststellung  in Je r  37,11,  daß die

Chaldäer wegen eines ägyptischen Entsatzheeres  (ni?15  7T1  " DD') von Jerusalem abgerückt waren, müßten allerdings noch, von Jer 34,1—7  (in der ursprünglichen Fassung) abgesehen, erläuternde Anmerkungen über dieses ägyptischeHeer vorausgegangen sein.  Ein  Indiz dafür,  daß nach  der  Beschreibung  der bedrohlichen Lage Jerusalems  (Jer 34,7) ursprünglich über eine Unterbrechungder Belagerung  und  ihre Ursachen berichtet wurde (vor Jer  37,11), scheint mirin J er  34,21f vorzuliegen. Dort  ist  nach  den vorausgehenden Drohworten ganzunerwartet davon  die Rede,  daß die in Jer 34,7  erwähnte Belagerung Jerusa-lems inzwischen zwar aufgehoben worden  ist (Jer  34,21b), weil  das Heer desbabylonischen Königs (ohne Angaben  von Gründen) abgerückt  ist. Anschließend

wird jedoch sogleich berichtet, wie Jeremia  von  Jahwe erfährt,  daß Jahweselbst  die Rückkehr  des  feindlichen Heeres vor die Mauern  der  Stadt bewirkenwird  (Jer  34,22; vgl. dazu auch  Jer  37,8!). Diese hier (34,21b) unmotivierteBemerkung, daß das babylonische Heer abgerückt  sei,  läßt sich  m.E. nur soerklären,  daß hier  ein  Bearbeiter vorgegebenen Nachrichten Rechnung tragenwollte oder mußte.  Ich halte  es nicht  für  wahrscheinlich,  daß er sich die Un-terbrechnung  der  Belagerung selbst ausgedacht  hat.  Dagegen spricht auch  diemerkwürdige Textanordnung  von Je r 34, daß man  nämlich erst, nachdem  Jer34,7  die  Gefährdung Jerusalems dargestellt, durch  die  Schlußbemerkungenam Ende  von Je r 34  erfährt,  daß die Jahwerede  an den Propheten  in  einer

Belagerungspause ergangen  ist. M.E. deutet  das daraufhin,  daß der für Jer  34,21f(wie auch  für Jer  34,8ff) zuständige Redaktor ursprünglich  im Anschluß  an Jer34,1 — 7*  von  einer Aufhebung der in Jer 34,7  erwähnten Belagerung  las (vorJer 37,1 lff) und  sich durch diese Notiz verlaßt  sah, sich  nun direkt  im Anschluß an Jer 34,7  Gedanken über  die  Gründe dieser Belagerungspause zu machen  (Jer 34,8—10)  und zugleich  die Ursachen  für die von Jahwe bewirkteRückkehr  der  Belagerer darzulegen  (Jer 34,11—22).

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64 Jeremia 37,17-21

dem merkwürdigen Umstand Rechnung getragen, daß trotz der chro

nologischen wie sachlichen Berührungspunkte, die zwischen Jer 34,

1—7 und Jer 37 bestehen, die Einheit Jer 34,1—7 jetzt an einer ganz

anderen Stelle untergebracht und zudem nicht mehr original, son

dern als bearbeitete Fassung vorliegt.

Im Blick auf die je tzt vorliegende Weiterführung von Je r 37,11 — 16

durch Jer 37,17ff stellt sich nun die Frage, ob wir hier die von Jer

37,11 — 16 her zu postulie rende ursprüngliche For tse tzung vor uns

haben.

4. Jer 37,17-21

a) Inhalt

Zedekias (zweite) Befragung Jeremias

V. 17 Da schickt Zedekia zum Propheten und läßt ihn zu sich ho

len, um ihn unter vier Augen nach einem Jahwewort zu befragen.

Jeremias Auskunft lautet, daß der König in die Hand des Königs

von Babel gegeben wird. V. 18 Je re mia weist daraufhin, daß er un

schuldig und zu Unrecht im Gefängnis sitzt. V. 19 Nachdem er andie Propheten erinnert, die mit ihren Verheißungen Unrecht behal

ten hätten, V. 20 bittet er den König, nicht wieder ins Gefängnis

zurückkehren zu müssen. V. 21a Zedekia läßt ihn im Wachthof un

terbringen und mit Lebensmitteln versorgen, so lange solche zur

Verfügung standen. Der Abschnitt schließt mit der Feststellung, daß

sich der Prophet im Wachthof aufhält.

b) Analyse

V. 17 setzt ähnlich wie Jer 38,149 1  ein. Es fällt auf, daß der kon

krete Anlaß für eine zweite Befragung des Propheten nicht mitge

teilt wird92 . Im Blick auf Jer 37,3—10 fragt sich der Leser, warum

91  Vgl. noch Jer 37,3 (21,1).92

  Die Kommentatoren überbrücken diese Schwierigkeit mit Vermutungen undSpekulationen.  Volz  (Komm. Jer ., S. 334) mein t: „Inzwischen waren wohl dieKaldäer zurückgekehrt . . . Sedekia befragt Jeremia wie ein Orakel; er hofft

immer aufs neue, daß Jahwe seinen Beschluß zugunsten der Stadt und seinerPerson ändern werde".  Duhm  (Komm. Jer ., S. 300) interpretier t: „ . . . derschwächliche König (nimmt) an, es sei möglich, daß Jahwe inzwischen anderen Sinnes geworden sei ...". Für  Weiser   (Komm. Jer., S. 335) liegt zwischenden Begebenheiten in Jer 37,11 — 16  und 37,17ff ein längerer Zeitraum (Verweis auf V. 16 ,viele Tage'), „während dessen das babylonische Heer die unterbrochene Belagerung Jerusalems wiederaufgenommen zu haben scheint. Die da-

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Analyse 65

sich der König noch einmal mit dem Propheten in Verbindung setzenmuß. Man vermißt hier zumindest eine Notiz darüber, daß sich dieSituation inzwischen verändert hat, also z.B. daß die BelagerungJerusalems inzwischen wieder aufgenommen ist93.

Vers 17 berichtet lediglich über ein von Zedekia gewünschtes Zusammentreffen mit dem Propheten Jeremia mit dem Ziel, ein Jahwewort zu erhalten, sowie über die Antwort des Propheten9 4. Zugleich ist dieser Vers Einleitung bzw. Überleitung zur folgenden Rede Je remi as (V. 18—20), in der er den König um Hafter leichterungbittet. Der ganze Abschnitt endet mit der Feststellung, daß der König sie gewährt (V. 21). Insofern besteht Jer 37,17—21 aus zweiTeilen (37,17 Prophetenbefragung; 37,18—21 handelt über Jeremiaspersönliche Situation und die Verbesserung seiner Lage). Der Schwerpunkt des Ganzen liegt deutlich auf der zweiten Hälfte; V. 17 dienteigentlich nur dazu, eine Situation herbeizuführen oder darzustellen,in der der Prophet ein Gespräch mit dem König führen kann, indem es hauptsächlich um seine persönliche Angelegenheit geht. DerÜbergang von V. 17 zu V. 18 ist durch einen plötzlichen Wechselder Gesprächsthemen gekennzeichnet und auffällig abrupt 9 5 . Jere-

durch bedingte erneute akute Bedrohung war wohl auch die Veranlassung fürden König, den Jeremia zu sich kommen zu lassen und ihn angesichts der veränderten Lage ... zu befragen. Nachdem sich ihm die Hoffnung auf ÄgyptensHilfe zerschlagen hatte, rechnete er wohl  —  wie schon einmal (21,2)  —  aufein Gotteswunder als letzten Ausweg aus der verzweifelten Lage. Aus seineraufgeregten Frage: „Ist ein Wort von Jahwe da?" spricht zugleich zitterndeAngst und Hoffnung, Gott könnte inzwischen vielleicht seinen Entschluß geändert haben." Nach  Rudolph  (Komm. Jer. , S. 237) beweist die neue Anfrage„wohl die Rückkehr der Chaldäer ... Der König hofft immer wieder, daß

Jahwe seinen Beschluß ändern werde."93  An Situationsangaben lesen wir zunächst nur 1JV33 (fehlt LXX!) und~iriD3 (vgl. Jer 38,14). - Zu 1717KB?,V vgl. Jer 38,14 ("1K 7KB?'); vgl. dazu2.Sam 14,18. - n W PK»  -\21  erinnert an das  TTW   DK IS . . . in der Einleitungsformel Jer 7,1; 11,1; 18,1; 21,1 u.ö.94  Die Botenformel fehlt!  —  In Jer 34,3 und 32,4 geht der Feststellung, daß„Zedekia in die Hand des Königs von Babel gegeben wird", voraus, daß „diese Stadt in die Hand des Königs von Babel gegeben wird"   (32,3;  34,2),under sie einnimmt (32,3) bzw. verbrennt (34,2; vgl. 21,7.10; 38,17.18; sieheauch 37,8!). Wie hier in V. 17 ist also nur noch in 44,30 allein von einer

Übergabe Zedekias in die Hand Nebukadnezars des Königs von Babel dieRede.95  Vgl. die gelungenere Kombination beider Themen in  38,14ff!  —  Auch hierversuchen die Kommentatoren wieder auszugleichen: ,Jer hat in mildem Tongesprochen, nicht polternd, wie ihn die Ergänzer über Zedekia reden lassen,daher kann er den König um Milderung der Haft angehen"  Duhm  (Komm.Jer., S. 300f); „Der hilflose, bittende Prophet und der hilflose, bittende Kö-

5 Pohlmann, Jeremiabuch

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Analyse 67

sie für den vorausgehenden Kontext (Jer  37,11;  vgl. 37,5) gilt. Der

Verfasser benutzt folglich diesen Vers, um den Anlaß anzudeuten,

warum überhaupt eine Begegnung zwischen König und Prophet statt

fand. Daß der König der Bitte Jeremias um Hafterleichterung nach

gibt (V. 21), erscheint zudem einleuchtender, wenn er, der er ja für

die Gefangensetzung des Propheten mitverantwortlich ist (vgl. V.

18;  gegen Je r 37,15! ), aufgrund der inzwischen veränder ten Situa

tion (Rückkehr der Chaldäer) handelt.

V. 20 entspricht fast wörtlich Jer 38,26; man fragt sich, in welchem

Verhältnis beide Verse bzw. Abschnitte zueinander stehen. Während

Volz103  und im Anschluß daran  Nötscher 

104  und  Rudolph105  dafür

plädieren, daß der Abschnitt Jer 38,24—28 ursprünglich hinter 37,21

zu lesen war106  und erst durch ein Mißverständnis mit 38,14—23

verbunden wurde, meint man andererseits, auch an der vorliegenden

Anordnung festhalten zu können 1 0 7 3 .

Gegen die Versetzungsthese ist jedoch einzuwenden, daß 38,24—28

zunächst im Blick auf 38,14ff am jetzigen Ort sehr wohl angebracht

ist und die vorausgegangene Gesprächssituation  38,17f 107b  deutlich

berücksichtigt und weiterführt. . . . l?T"7K BPK paßt besser zu 38 ,

17ff als zu 37,17bß. Außerdem hätte eine Versetzung zwischen 37,21

und 38,lff zur Folge, daß der Prophet jetzt einerseits über den In

halt des Gesprächs mit Zedekia, wie vom König befohlen, schweigt ,

andererseits jedoch alsbald ähnliche Aussagen in aller Offenheit

(38 ,1. 4 Dl?n 73 7X) vorträgt und sich dann doch seinen Feinden

ausliefert. Ferner ist nach Abschluß des Gesprächs (37,21) eine Wei

terführung mit 38,24ff auch deswegen schwierig, weil 38,24ff dann

nur als recht ungeschickte Rückblende verstanden werden kann. Wir

halten daher vorerst fest108, daß 38,24—28 hervorragend an 38,14—

23 anschließt und zunächst keinerlei Veranlassung besteht, bei dieser Abfolge an einen späteren Nachtrag von Jer 38,24—28 zu den

ken1 09 . Von Je r 37,17—21 aus be trac htet deutet nichts daraufhin,

10 3  Komm. Jer., S. 333.  104  Komm. Jer ., z.St.10 5

  Komm. Jer. , z.St.10 6

  Eine Bitte Jeremias, „nicht mehr in das Haus Jonatans zurückzukommen,(habe) hinter 38,1—22 lediglich keinen Sinn mehr, während sie bei und nach37,11-21 völlig am Platz ist;" (so  Volz,  Komm. Jer. , S. 33 3; vgl. auch  Rudolph,

Komm. Jer., S. 243).107aWVuer, Komm. Jer. , S. 343 explizit,  Wanke,  Baruchschrift, und  Thiel,  Diss.,

implizit.1 0 7 b

  Zu Jer 38,15f vgl. unten S. 85f.10 8  Vgl. ferner unten zu Jer 38 ,24 -28.109 y 28 („Und Jeremia blieb im Wachthof bis zu dem Tag, da Jerusalem eingenommen wurde".) bestätigt die vorliegenden Anordnung; wenn  Rudolph  be-

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68 Jeremia 37,17-21

daß ein ursprünglich diesen Abschnitt weiterführender Text (nach

Jer 37,21) weggefallen ist110

.

V. 21 enthä lt außer der Feststellung, daß der König Je remias Bitte

nachgibt und ihn im Wachthof unterbringen läßt111

, weitere Einzelheiten über Jeremias neue Situa tion: Man teilt dem Prop he ten täg

lich eine Ration Brot zu, die er aus der Bäckergasse erhält, „bis alles

Brot in der Stadt zu Ende war". Abgesehen davon, daß eine Einzel

heit wie die über die Herkunft des Brotes hier gerade im Blick auf

die vorherberichtete Gesprächssituation besonders auffällig ist, da

andererseits die an sich erforderlichen wichtigeren Inf ormat ionen

über die genaueren Umstände und den Anlaß des Zusammentreffens

zwischen König und Prophet fehlen, fragt man sich nach dem Sinn

und der Funktion der Bemerkung "V&rrp Dfi7n-73 orrii? gerade

an dieser Stelle112

. In Je r 52,6 bed eut et . . . an1? rrn-KVl (vgl. 2.Kön

25,3),  daß die Stadt unmittelbar vor ihrer Einnahme steht (vgl. den

folgenden Text!). Eine solche Bemerkung wäre also passender vor

Jer 39 ,l ff (oder 38,14 ). Außerdem scheint sie am jetzigen Ort nicht

gut auf die Berichte Jer 38,l ff .7ff abgestimmt zu sein. Es sei denn,

daß die folgenden Ereignisse sich nach der Vorstellung des Verfas

sers schon abspielen, als „es kein Brot mehr in der Stadt gab" (vgl.

Je r 38 ,9) . Daß Je remia während seines Aufenthaltes in der Zisterne(vgl. 38,6) mit Brot versorgt worden sei, dürfte diese Notiz kaum

ausdrücken wollen113

.

Zu all diesen Auffälligkeiten und Spannungen kommt hinzu, daß auch

der Anschluß nach vorn (Jer 38,1 ff) keineswegs über zeugt114

. Denn

die in 38,1 enthaltene Feststellung 01?n-73-7K 1311s läßt sich kaum

mit Jeremias Situation im Wachthof in Einklang bringenl l s

.

hauptet, dieser V. 28 sei der Anlaß gewesen, den ganzen Abschnitt aus seinerursprünglichen Stellung hinter Jer 37,21 zu entfernen, so setzt er eben voraus,daß diese Anordnung die ursprüngliche war. Eine Bestätigung der Versetzungsthese ist dieser Hinweis nicht.110  Zur Erklärung der thematischen und z.T. wörtlichen Berührungen zwischenJer 37,20 und 38,26 vgl. unten S. 76.1 ,1

  . . . n p s ^ (hi) mit einer Person als Objekt ist selten (vgl. l.Sam 29,4) undhat meistens eine andere (vgl. Jer 40,7 und 41,10) Bedeutung (vgl. dagegenipD kal c. riK Je r 23,2 ; Gen 21 ,1 ; 50,24.25 ; 2.Kön 9,34).112  Zwischen Jer 37.21 (Dn7 n~73 Omi? ' ) und der Notiz 111? Drl7n ]"K ' 3

. . . "Vl?3 in Jer 38,9 scheint ein Zusammenhang zu bestehen.11 3  Vgl. zu Jer 37,21 unten S. 81f!» 4  Daß durch die Versetzung von Je r 38 ,24-28 zwischen Je r 37,21 und 38 ,l ffdas Problem nicht zu lösen ist, wurde oben schon angemerkt.n« Anders  Weiser   (Komm. Jer., S. 338): „Wir hören aus  38,lff,  daß er auch

als Gefangener im Wachthof Gelegenheit hatte, ,zu allem Volk' zu reden". Rudolph  (Komm. Jer ., S. 239) : „Besonders die Soldaten, mit denen er im

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J e r 3 8 , 1 - 6 - I n h a l t 69

c) Zusammenfassung und Ergebnisse

Die Weiterführung des Abschnitts Je r 37 , 11 - 16 durch Je r 3 7 , 17 - 2 1

ist problematisch. Einmal fehlen die erforderlichen Angaben darüber,

warum sich der König veranlaßt sieht, mit dem Propheten zusammenzutreffen und um ein Ja hw ew or t nachzusuchen. Die Andeutun

gen in V. 19 kommen verspätet. Zudem bestehen zwischen Jer 37,

17—21 und dem vorausgehenden Abschnitt inhaltliche Widersprüche:

Nach Jer 37,13—16 sind für die ungerechtfertigte Gefangensetzung

des Propheten allein die „Fürsten" verantwortlich. Jer 37,18 dagegen

veral lgemeinert und erklärt auch den König für mitschuldig. Jer 37,

17—21 kann daher nicht als die ursprüngliche Fortsetzung von Jer

37,11 —

 16 eingestuft werden.Der ganze Abschnitt wirkt zudem sehr konstruiert. Der Schwerpunkt

liegt deutlich auf den Versen 18—21 (Jeremias Ersuchen um Hafter

leichterung; die Erfüllung seiner Bitte durch den König). V. 17 dient

im Grunde nur dazu, die Voraussetzungen zu schaffen, daß Jeremia

seine Bit te vort ragen kann. Im Blick auf den unkonkre ten Einsatz

mit V. 17 sind ferner die detail lierten, aber funktionslosen Einzel

angaben über die Versorgung des Propheten mit Brot aus der Bäcker

gasse usf. am Schluß (V. 21) anstößig. Außerdem sind diese Bemerkungen hier nicht auf die folgenden Berichte abgestimmt.

Eine abschließende Beurteilung ist erst sinnvoll, wenn die Ergebnisse

der Untersuchungen zum folgenden Abschnitt Jer 38,1—6 vorliegen

und berücksichtigt werden können 1 1 6 .

5. Jer 38,1-6

a) Inhalt

Jeremias (zweite) Gefangensetzung

V. 1 Mehrere namentlich genannte Personen hören die Worte, die

Je re mi a an das ganze Volk richtet, nämlich V. 2, daß nur derjenige

sein Leben behalten wird, der zum Feind überläuft. V. 3 Jahwe

werde die Stadt in die Hand des Königs von Babel geben. V. 4 Sie

wenden sich an den König und fordern den Tod des Propheten mit

der Begründung, er schwäche mit seinen Reden die Kampfmoral und

Wachthof zusammen war, werden sich mit ihm oft über die Lage unterhaltenhaben". Vgl. auch  Duhm,  Komm. Jer. , S. 302.116

  Vgl. dazu unten S.  74ff.

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70 Jeremia 38,1—6

habe nicht Heil, sondern Unheil für die Stadt im Sinn. V. 5 Der

König überläßt den Propheten diesen Männern, V. 6 die ihn in einen

Brunnen im Wachthof werfen lassen.

b) Analyse

Die in Je r 38,l ff vorliegende Fortsetzung von Jer 37 ist zunächst

insofern auffällig, als man sich fragen muß, wie der Prophet als Ge

fangener im Wachthof (Jer 37,21) sich an das „ganze Volk" wen

den kann (Jer 38,1b). Aber auch wenn man hier keine Schwierigkei

ten sehen will117, so gibt doch immerhin der Umstand zu denken,

daß Jeremia erst je tz t als Gefangener von den „ Fürs te n" auf den

Tod verklagt wird, und zwar mit Gründen, die früher schon genauso gegeben waren (vgl. Jer 37,8 mit 38,3 ). Nach Jer 37 ,3 ha tt e der

im 38,1 genannte Jucha l ben Schelemja Jeremias Botschaft bereits

schon einmal zur Kenntnis genommen und sie offensichtlich hinge

nommen, ohne daß man es für unumgänglich hielt, den Propheten

daraufhin unschädlich zu machen. Nach Je r 37,1 lff war erst der

Versuch Jeremias, die Stadt zu verlassen, der ausreichende Grund,

den Propheten zu verhaften und einzusperren. Je r 38,1 knüpft au

ßerdem mit . . .  VWM   nicht an direkt vorher Berichtetes an, um esweiterzuführen

118; dieser Vers dient vielmehr lediglich als Einlei-

U7  Vgl. Anm. 115. —  Anders  Skinner   (Prophecy  and  Religion. Studies  in theLife  of   Jeremiah, Cambridge  1926, 2.  Aufl.,  S.  258f),  der  eine Abfolge Jer37/38  nur dann  für  akzeptabel  und  ursprünglich beabsichtigt hält,  „if we cansuppose that  the  offence with which  he  (Jeremia)  is charged  in  XXXVIII.  lff.could have been committed while he was a prisoner  in the court  of the  guard.That appears  to me  hardly credible; and since  the  hypothesis that  he has re-gained  his freedom after  his  first imprisonment  is excluded  by  XXXVII.21, we

seem shut  up to the  conclusion that  the opening  of eh.  XXXVIII. takes  us  backto  the  time when Jeremiah  was still  at  liberty (XXXVII.4),  and gives  an  inde-pendent report  of the  circumstances  of his arrest  . . . " ;  vgl. auch  S. 259: „Apartfrom  the general probability that  two  such interviews should have taken placein similar circumstances within  so  short  a  time,  the  close parallelism  of thenarratives strongly suggests that they  are but  different versions  of the  sameevent  . . . " —  Vgl. ähnlich schon  Steuernagel,  Lehrbuch  der Einleitung  in dasAlte Testament, Tübingen 1912,  S.  557; H. G. May, The Chronology  of   Jere-miah's Oracles, JNES  IV,4, 1945, S.  217-227, besonders  S. 220. Soweit  ichsehe, setzt sich  in den  neueren Arbeiten  zum Jeremiabuch  nur Rudolph  (Komm.

Jer., S. 239) mit  diesen Thesen  zu Je r 38  auseinander; ihre Zurückweisung  istallerdings nicht begründet.

118  Vgl. dagegen Jer 20,1 und 26,7; an  diesen Stellen  ist  direktes Hören gemeint  in dem Sinn,  daß ein Hörer  bei  einem Ereignis zugegen  ist und  persönlich davon Kenntnis nimmt.  In  l.Kön  16,16 und 2.Kön  19,9 (= Jes 37,9)  wird(wie  in Jer 38,1) 1?QB?"'T mit  folgendem TISX7 verwendet,  um  auszudrücken,daß  es hier  um  Kenntnisnahme eines zurückliegenden Ereignisses geht.

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Analyse 71

tung und soll die für das Verständnis des ganzen Abschnitts unbe

dingt erforderlichen119  Ja hw ew or te in 38,2ff vorbereiten. Je r 38,1

ist also im Blick auf die anschließende Mitteilung der Jahweworte

konzipiert worden und nicht als Uberleitungs- oder Verbindungs

vers einzustufen. Wenn es daher Jer 38,1 heißt, daß die genann

ten 12 0  Personen „die Worte Jeremias hörten, die er an das ganze

Volk sprach"1 2 1 , also hier gar nichts auf eine im Wachthof gehaltene

Rede Jer emias hindeu te t bzw. ein explizierter Hinweis auf eine sol

che Rede fehlt oder vermieden wird, so ist daraus nichts anderes zu

entnehmen, als daß der Verfasser hier gar nicht auf eine Rede des

Propheten im Wachthof anspielen will. Die verbreitete Auffassung,

daß mit 01?n~73_7K "I317S Jeremias Auftreten im Wachthof gemeint

sein müsse, geht von der unbewiesenen Voraussetzung aus, daß  Jer37,17—21 und Jer 38,1—6 vom gleichen Autor stammen, Jer 38,

1—6 somit als direkte Fortsetzung zu verstehen ist.

„Die Worte", die Schephatja usw. hörten, werden in V. 2 und 3,

 jeweils durch die Botenformel eingeleitet122, zitiert. V. 2 entspricht

von geringfügigen Abweichungen abgesehen123  wörtlich Jer 21,9. Das

Jahwewort in V. 3 begegnet mehr oder weniger ähnlich schon in Jer

21,10; 32,3 (24.25).28(36); 34,2; 38,18 1 2 4 . Nach  Duhm125

 , Erbt 126 

 ,

Cornill121 , Rudolph128  , Thiel129  u.a. wäre V. 2 hier sekundär aus

Jer 21,9 eingedrungen, während  Volz130  und  Weiser 

131  keinen Anlaß

sehen, V. 2 als nicht ursprünglich zu tilgen.

119  Vgl. Jer 38,4 H7Kn D

,-I3n3!

120 Während Schephatja ben Mathan und Gedalja ben Paschur sonst nicht erwähnt werden, sind Juchal ben Schelemja und Paschur ben Malkia (fehlt LXX)aus Je r 21,1 (Paschur ben Malkia) und Je r 37,3 (Jehuchal ben Schelemja) bekannt; vgl.  Duhm,  Komm. Jer. , S. 302, der darauf hinweist, daß diese Personen

nach Jer 21,1 und 37,3 „längst seine Weissagungen gekannt (hätten), sich alsonicht mehr über sie (hätten) aufregen können".121

  Zu  Dl?n_73  vgl. Jer 19,14; 26,7.8; 28, 1; 29,1.16; 34,8.10; 36,9.10 , wo je

weils die Gesamtbewohnerschaft gemeint ist.122

  LXX liest . . . "10K H3 ' 3 ; ein versehentlicher Wegfall des "'S in M wäre gutmöglich (so  Giesebrecht,  Komm. Jer. , S. 204;  Volz,  Komm. Jer ., S. 337); andererseits könnte das  , 3 ebensogut mit dem Vesuch zusammenhängen, beideJahweworte besser miteinander zu verknüpfen; vgl. ähnlich Jer 21,9 (s. LXX).IM 7B11 hinter KSTll fehlt, ebenso die Erläuterung ...  D^Sn  zu  DnEOH;38,2 hat zusätzlich TP am Schluß.124  Der jeweilige Kontext von Jer 32,3 (28) und 38,18 setzt die Gefangennahme des Propheten voraus. Nur 21,9.10 ist direkt an „dieses Volk" gerichtet.In 34,2 wird Zedekia angesprochen.12 5

  Komm. Jer ., S. 302.  126

  Jeremia und seine Zeit, S. 49.12 7  Komm. Jer., S. 400.  128  Komm. Jer., S. 220.129

  Diss. S. 558.  13

° Komm. Jer., S. 337.13 1  Komm. Jer. , S. 338.

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72 Jeremia 38,1—6

Im Blick   darauf,  daß man Jeremia vorwirft, die „Hände der Kriegs

leute . . . schlaff zu machen" , ist gegen V. 2 nich ts einzuwenden, ja,

man könnte diese Aussage dem folgenden Vers eher noch vorziehen.

Zu erklären wäre ferner, welchen besonderen Anlaß ein Interpolator

haben konnte, V. 2 hier noch einzuschalten, bzw. auf Jer 21,9 zurück

zugreifen. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß dieser Vers in offen

sichtlich beabsichtigter Nähe zu Jer 38, 17 st eh t1 3 2 . V. 3 ließe sich

andererseits insofern gut als Erläuterung zu V. 2 auffassen, als hier

begründet wird, warum derjenige, der in der Stadt bleibt, sterben

wird (vgl. Jer 21, 9.10). Somit kö nn te allein noc h das zweimalige

Auftauchen der Botenformel auf einen späteren Eingriff hindeuten.

Im Blick jedoch auf Tex te wie Jer 37,7 .9 oder J e r 35,17ff (vgl.

auch Jer 42,15 .18) ist ein solches Ar gument n ich t ausreichend fürdie Annahme einer sekundären Einschaltung von Vers 2 oder Vers 3.

Außerdem ist zu berücksichtigen, daß beide Verse als Zitate verstan

den sein wollen, so daß die Botenformel zur Kennzeichnung dieser

Zitate als Jahwewor te gedacht sein könn te .

V. 4 führt die in 38,1 einsetzende Handlung weiter. Die in V. 1

namentlich genannten Personen werden jetzt als die O'Hfc (nicht in

der LXX!) qualifiziert13 3. Die Einschaltung des Königs überrascht

an dieser Stelle insofern, als die Fürsten nach Jer 37,14ff über

Jeremias Schicksal den sachlich gleichen Beschluß fassen ko nn te n

wie hier nach dem Gespräch mit Zedekia, ohne erst einen königli

chen Bescheid abzuwarten. Außerdem fragt man sich, warum der

König überhaupt mit der ganzen Angelegenheit konfront iert werden

muß, wenn deren Entscheidung gar nicht mehr innerhalb des Be

reichs seiner Machtmögln hkeiten steht (so 38,5b).

Die an den König herangetragene Forder ung der Fürsten, Je re mi a zu

töten1 3 4 , wird doppel t begründet: KDIIS-Kin p - V s - O , d.h. der Pro

phet lähme mit seinen Rede 1 3 5  die Kampfmoral der Kriegsleute136

und des Volkes, und . . . D17B?7 B?"n OT* ntn B?'Kn "3 (V. 4b), d.h.

er suche nicht das Wohl „dieses Volkes". Diese zweifache Begrün

dung korrespondiert den beiden Jahweworten in V. 2 und 3. Mit

. . . KD1IS137  "Kin p- 1?!?-^ dürfte inhaltlich das Wort in V. 2 ge

meint sein; mit . . . D17EI7 EHT UTK ntn E KH »3 wird auf die gene

relle Aussage in V. 3 angespielt.

132  Vgl. schon oben zu Jer 21,9!13 3

  Zu D-IB? vgl. Jer 37,14 .15.13 4  . . . nK KJ niSV ist schwierig; vgl.  Kautzsch  § 121a; vgl. auch zu 35,14.13 5

  . . . OTT1™ "1317 bezieht sich auf Jer 38,2(3).

«5« Zu 0-nKBUn vgl. Jer 21,7.137 Vgl. Esr 4,4; s. auch schon Lachisch-Ostrakon, Nr. 6, Zeile 6.

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Analyse 73

Die Formel D17B?7 Bill begegnet sonst nur noch ähnlich13 8  Jer 29,7.An dieser Stelle bedeutet . . . D17E? riK BhT zugleich . . . W3 77Dnn,bzw. . . . Tl?3 77Sn;i impliziert . . . D17B? DK EhT. Somit könnte derVorwurf . . . 017^7 B?-n «PK ntn B>'"Kn  'O  auch auf Jer 37,3ff anspielen und jene Auskünfte des Propheten so interpretieren wollen, daßJeremia vor Jahwe nicht für das Heil, sondern für das Unheil desVolkes eingetreten sei.

Jer 38,5 berichtet über die Reaktion des Königs (V. 5a) 1 3 9 . SeineAussage ... D3T3 Kin~n:n14 0  widerspricht dem im folgenden (Jer38,14—28) geschilderten Verhalten des Königs. Es ist nicht einzusehen, daß der König zunächst keinerlei Möglichkeiten haben soll,Jeremia vor dem Anschlag der Fürsten zu schützen, wenig später

 jedoch durchaus in der Lage ist, die Befreiung des Propheten ausder Zisterne anzuordnen, sich mit ihm zu treffen, wovon auch dieFürsten erfahren (Jer 38,25ff), und Jeremia Garantien für seineSicherheit zu geben (Jer 38,24), die den Propheten dem Zugriffder Fürsten entziehen.

Über das Ergebnis bzw. die Folgen der Aktion der Fürsten informiert den Abschnitt abschließend Jer 38,6. Dieser Vers macht einen

reichlich überfüllten Eindruck. Nach . . . 137BT1 ist das . . . in7Enüberflüssig. Auß er de m klingt . . . HK in^En recht ungeschickt formuliert (vgl. Jos 2,15!) . Die Formulierung könnte (sekundär?) un te rdem Einfluß von Jer 38,11b entstanden sein und diese Stelle berücksichtigen141. Zu V. 6b ist Gen 37,24 zu vergleichen14 2.

Auffällig ist die genaue Ortsbezeichnung „Zisterne 14 3  Malkias, desKönigssohns, im  Wachthof";  denn für die folgenden Texte hat diese

138  Vgl. auch Dtn 23,7 und Esr 9,12.139  Die Begründung für die Entscheidung des Königs enthält einige Unklarheiten; vgl. auch die LXX, die DrtK für D3nK (= DSfiK) liest und somit V. 5bals Bemerkung des Verfassers aufgefaßt haben will. Ferner ist ]'K mit folgendem  imperf.  (73V) nicht gut möglich. Ehrlich  (Randglossen, z.St.) schlägt eineÄnderung in 713^ vor. Allerdings ist ein Partizip von  73''  sonst nicht belegt.V. 5b könnte Jer 38,22b vor Augen haben und darauf anspielen.140  Vgl. sonst ähnlich Jer 26.24 D3T3 1»1 "IKl.141  LXX liest Kai exaXaocw  (für  rV7B? p i so nur hier in LXX!)  avrbv eic rbv

 MüKOV, Kai ev  T<1>  XOKKCO OVK   r\V   Ü'Scjp; der Text scheint hier geglättet; für1?3Ü,1 liest LXX TT1.142  Vgl. auch V. 6a . . . riK W^l (... inp'l fehlt LXX!) und Gen 37,24D,a 13 VK pT TOm m i n iriK "oVcn innp ,l; auch die „Grube in der keinWasser ist" begegnet Gen 37,24; ferner Sach 9,11; Thr 3,53ff; zu "113 sind nochStellen wie l.Sam 13,6 und 2.Sam 17,18 interessant; zu D»M 1?3Ü,1 vgl. Ps40,3; 69,3.15.143  Man muß entweder den Artikel streichen oder den Eigennamen als nachgetragen auffassen.

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74 Jeremia 38,1—6

Angabe keinerlei erkennbare Funktion. Ein Hinweis, daß man Jere-

mia in einer Zisterne gefangen hielt, wäre ausreichend gewesen. Folg-

lich dient diese Notiz jetzt lediglich der Klarstellung, daß der neue

Aufenthaltsor t nicht mit dem in Je r 37 ,1 5. 16 , wo ja auch von einer

Zisterne die Rede ist, gleichzusetzen ist. Es wird also auf diese Weise

sichergestellt, daß es sich hier um eine zweite, weitere Gefangen-

setzung des Propheten in einer Zisterne handelt . Merkwürdigerweise

bezieh t sich jedoch später Je r 38,24f f nu r auf den ersten Aufenthalt

Jeremias im Brunnen im Haus Jo na th an s (37 ,15.1 6) . Die 38, lff dar-

gestellte Situation spielt keine Rolle, obwohl nach der jetzigen Dar-

stellung Jeremias Si tuat ion hier viel gefährdeter war (vgl. 38,6!).

c) Ergebnisse und Folgerungen

Jer 38,1—3 ist deutlich ohne überzeugenden Anschluß an die voraus-

gehenden Texteinheiten (sowohl Jer 37,17—21 als auch Jer 37,11 —

16) als Einlei tung zu Jer 38,4—6 konzipiert worden. Hält man sich

vor Augen, daß der Verfasser nichts über einen Auftritt Jeremias im

Wachthof verbunden mit einer an das ganze Volk oder einzelne Grup-

pen gerichteten Rede berichtet, obwohl er das ja gekonnt hätte, so

kann man die vorliegende Textfassung nur so verstehen, daß er sichdas Einschreiten des Schephatja usf. eben nicht durch eine solche

konkrete Aktion Jeremias (Rede im Wachthof) verursacht vorstell te,

sondern ihre Gegnerschaft ganz allgemein mit der Botschaft des Pro-

pheten, wie bekannt (Jer 38,2—3), in Verbindung brachte. Jer 38,

1—6 will also nicht in erster Linie erzählen, daß Jeremia noch ein-

mal in eine Zisterne geworfen wurde. Wie aus dem Aufbau der Verse

1—4 zu ersehen ist, geht es hier vielmehr um eine ausführl ichere Dar-

stellung der Gründe überhaupt, die zu einer Einkerkerung Jeremiasführten.

Die Art und Weise, wie hier mit der Botschaft und Einstellung des

Propheten dem König gegenüber argumentiert wird, ist auf den vor-

ausgehenden Kontext insofern schlecht abges timmt, als nach Je r 37,

11 — 16 für die Gefangensetzung des Proph eten allein dessen Absicht ,

Jerusalem zu verlassen, bzw. die Unterstellung, zum Feind überlau-

fen zu wollen, ausschlaggebend war und die zuvor (Jer 37,7 — 10)

geäußer te, Jer 38,2—3 durchaus vergleichbare Botschaft hier keineRolle spielt. Jer 38,1—6 kann demzufolge nich t demselben Ver-

fasser zugeschrieben werden, auf den Jer 37,11 — 16 zurückgeht,

muß also als nachträgliche Einschaltung oder Erweiterung aufge-

faßt werden mit dem Ziel, die nach Meinung des Interpolators ei-

gentlichen Motive der D'"1B? deut li cher zu ma chen.

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Ergebnisse und Folgerungen 75

Zudem sind auch im Blick auf die je tz t anschließenden Abschni tte

in Je r 38,7—28 Spannungen feststellbar. Nach Jer 38,5 sind dem

König den D,~IB? gegenüber die Hä nde gebunden, in Jer 38,24ff wie

derum sieht sich Zedekia in der Lage, dem Propheten Schutzgaran

tien zu geben, indem er Jeremia so instruiert, daß die DnB? ihm

nichts anhaben können. Jer 38,24—28 wirft zudem die Frage auf,

warum hier auf die „erste" Gefangenschaft Jeremias im „Hause Jo

nathans", also auf Jer 37,16 angespielt wird, obgleich ein Hinweis

auf Jer 38,1—6 naheliegender gewesen wäre.

Wir ha tt en obe n auf je ne Forscher hingewiesen, die in Je r 38,1—6

einen Doppelbericht zu Jer 37,11 — 16 sehen wollt en 144 . Die Lösung

der Spannungen und Merkwürdigkeiten, mit denen die jetzige Stellung von Jer 38,1—6 verbunden ist, scheint mir in der Tat nur auf

diesem Wege sinnvoll. Je r 38,1—6 ist offensichtlich ein, wenn auch

in einigen Punk ten abweichender Doppe lbericht zu Je r 37,11 — 16

(Gefangennahme und Unterbringung Jeremias in der Zisterne im

Hause Jonathans).  Skinners  These 1 4 5  ist allerdings dahingehend zu

modifizieren, daß Jer 38,1—6 schon Jer 37,11 — 16 voraussetzt ; es

handelt sich m.E. nicht um einen „independent report ...", sondern

um das Produkt eines Verfassers, dem Jer 37,11 — 16 schon vorliegt,

und der sich mit den hierin enthaltenen nüchternen und knappen

Angaben nicht zufrieden geben wollte. Nach seiner Ansicht war der

Grund für die Inhaftierung Jeremias nicht lediglich sein Versuch,

Jerusalems zu verlassen (Jer 37,13f). Es ging den o,"ia? auch nich t

nur um eine Gefangensetzung des Propheten. Mit dem Verweis auf

die gefährl iche Botschaft und Eins tellung Jeremias (Jer 38,2—3) be

trieben sie seine Liquidierung. Die ganze Angelegenheit ist nach

Meinung des Verfassers auch nich t allein von den D'HB? über den

Kopf des Königs hinweg oder ohne dessen Wissen ( s o j e r 37,15f)entschieden worden. Zedekia mußte selbstverständlich mitbeteiligt

und mitschuldig sein.

Der für Jer 38,1—6 zuständige Verfasser brachte diese als Kor re ktur

oder Klarstellung gedachten Ausführungen direkt im Anschluß an

Jer 37,16 unter. Daß dieses Verfahren, kurz und knapp gehaltene

Informationen durch einen Nachtrag zu interpretieren bzw. auszu

malen, kein Einzelfall im Jeremiabuch ist, belegt z.B. auch Jer 40,

1—6 im Blick auf Jer 39,2.14* 14 6. Außerdem wird bei dieser Sichtverständlich, warum sich Jer 38,24—28 auf die Unterbringung Jere-

144  Vgl. dazu oben S. 70, Anm. 117.

145  Prophecy and Religion, S. 258.

146  Vgl. dazu unten S.  99ff.

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76 Jeremia 38,7-13

mias in Jo na th an s Zisterne (Jer 37,15—16) zurückbezieht und von

der in der jetzigen Text anordnung dargestel lten zwei ten , viel be

drohlicheren Situation keine Kenntnis zu nehmen scheint. Dieser

merkwürdige Sachverhalt ist darauf zurückzuführen, daß Je r 38,24-

28 tatsächlich ursprünglich nur Jer 37,15 — 16 vor Augen h at te und

hier noch gar nicht die je tz t folgenden Texteinhei te n (37,17ff und

38,1—6) berücksichtigen konnte 1 4 7 .

Die durch nachträgliche Verknüpfung von Jer 38,1—6 mit Jer 37,

11 — 16 entstandene Textfolge gab als solche zugleich die Veran

lassung für die Abfassung und Einschaltung von Jer  37,17—2114 8

:

Ein späterer Bearbeiter verstand nämlich die ihm vorliegende Text

fassung (Jer 37,11 — 16;  38,1—6) dahingehend, daß hier zunächst

über einen ersten Aufenthalt des Propheten in der Zisterne im Hause

Jonathans (Jer 37,16) und anschließend über eine weitere, zweite

Gefangensetzung (Jer 38,1—6) berichtet wurde. Dieses naheliegende

Mißverständnis war der Grund, den Bericht über eine dem Prophe

ten gewährte Hafterleichterung (Befreiung aus der Haft im Hause

Jo na th an s, Jer 37,17—21) zu erstellen und am jetzigen Ort unter

zubringen149 . Jer 37,17—21 ist reine Konstruktion 1 5 0  mit dem Ziel,

nachträglich vermeintliche Ungereimtheiten der Abfolge Jer 37,11 —

16/38,1—6 auszuräumen. Der merkwürdige Aufbau und Charakter

dieses Abschnitts sowie die oben aufgezeichneten Spannungen im

Blick auf den jetzigen Kon text finden bei dieser Beurte ilung eine

m.E. einleuchtende und begründete Erklärung.

6. Jer 38,7-13

a) Inhalt

Die Befreiung Jeremias

Als der Palastbedienstete Ebed Melech von der Lage des Propheten

erfährt (V. 7), begibt er sich zum König, der sich am Benjamintor

147 Vgl. die Synopse im Anhang zur Stelle!148  Siehe dazu oben S. 69.

149  Derselbe Bearbeiter ist zugleich für die jetzige Fassung des auffälligen Verses Jer 38,6 (vgl. dazu oben S. 73) verantwortlich. Dieser Vers lautet ursprünglich: . . . D-a -fK 11331 "113n-7K inK 137E?

1! WpT; Mit dem Zusatz irT37IS

D,73rl3 . . . wollte der Bearbeiter verdeutlichen, daß hier entsprechend seiner

Auffassung eine andere Zisterne als in Je r 37,15.16 gemeint war.150

  Der Verfasser dieser Verse konnte Jer 38,24—28 (vgl. besonders 37,20 und38,26) auswerten.

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Analyse 77

aufhäl t (V. 8) un d schildert ihm Jeremias lebensgefährliche Situation

(V. 9). Vom König erhält er den Auftrag, zusammen mit drei wei

teren Männern Jeremia aus der Zisterne zu befreien (V. 10). Ebed

Melech besorgt sich im Palast die erforderlichen Stricke und läßt

diese in die Zisterne zu Je re mia hinab (V. 11). Nachdem Jer emia

den Anweisungen Ebed Melechs entsprechend (V. 12a) die Stricke

an seinem Körper befestigt hat (V. 12b), kann man ihn aus der

Zisterne herausziehen (V. 13a). Der Abschnitt endet mit der Be

merkung, daß sich Je re mia im Wachthof aufhält (V. 13b).

b) Analyse

V. 7 ist deutlich als Einleitung eines neuen Abschnitts gekennzeich

net. Denn es wird eine bisher unbekannte Person eingeführt ("|7IS-131?

"• BUSn)1S1  und näher vorgestellt152. Außerdem folgt eine Information

über den König (p"33 "il?B>3  2VV   "[7lsm), aus der hervorgeht, daß sich

die Situation inzwischen geändert hat1 5 3 . Aus lim15 4  "''3 . . . »DB I

... "I13n-7K geht hervor, daß der Abschnitt 38,7-13 einen Bericht

über Jeremias Einkerkerung in einer Zisterne ("1133) voraussetzt, bzw.

an einen solchen Bericht anknüpfen will.

Mit V. 8 beginnt die eigentliche Erzählung155. V. 9 als an den König

gerichtete Rede des Ebed Melech ist durch V. 8b vorbereitet und die

direkte Fortsetzung dieses Verses. LXX weicht in der Wiedergabe die

ser Rede stark von M ab: Während nach M „diese Männer" vor dem

König verklagt und beschuldigt werden, den Propheten ungerecht be

handelt zu haben, trifft nach LXX dieser Vorwurf den König selbst.

151  Zu -T7IS-T31? vgl. KAI, Bd. I, S. 8, Nr. 35 ,3; S. 49, Nr. 253,2; im AT als

Name sonst nicht belegt; s. aber -|7?sn 13V 2.Sam 18,29; 2.Kön 22,12; 25,8.131? als Bestandteil eines Namens Dan 1,7 131 131? (verschrieben aus 131 . . . (?),vgl.  Plöger,  Komm. Dan., z.St.) u.ö. nur Dan!

152 0--I0 B?"K fehlt LXX; zu D,-ID vgl. l.Kön 22,9; 2.Kön 8,6 u.ö. Die Notiz,daß Ebed Melech zum Palastpersonal gehört ( . . . rP33 K1H1), ist für die folgenden Verse wichtig. V. 7 (... Kim) bereitet V. 11 vor. Ferner findet so dieBeauftragung durch den König das Verständnis des Lesers (V. 10).153 £)ie  inhaltliche Bedeutung dieser Notiz für die folgende Geschichte ist unklar (zum „Sitzen des Königs im Tor" vgl. 2.Sam 18,4.24; 19,9; l.Kön 22,10);

 jedenfalls hält der Verfasser eine Information über die Gründe des Aufenthalts

des Königs im Benjamintor für unnötig. Immerhin fällt auf, daß hier der gleicheOrt eine Rolle spielt, an dem Jeremia früher einmal verhaftet worden war (Jer37,1 lff).

>S4 zu -I13n-7K im vgl. Gen 37,22.28.29; 40 ,15; 41,14; Je r 37,4 .16 .18; 20,2.155 KS"H entspricht der Notiz in V. 7b. Ob mit oder ohne "[7lsn rT3IS kannKS"'! nur bedeuten, daß die Unterredung mit dem König nicht im Palast stattfand (vgl. auch V. 11); LXX hat wahrscheinlich gekürzt.

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Analyse 79

scheinlichkeit und erzähltypische Darstellungsweise einen bisher

nicht genannten Palastbediensteten überraschend gegen den König

auftreten läßt, der im Benjamintor, also öffentlich auf eine unge-

rechte und gemeine Tat aufmerksam machen soll, an der der König

selbst beteiligt und somit mitschuldig gewesen sein soll. Dazu kommt,

daß im folgenden die Handlungsweise des Königs keineswegs so ge-

schildert wird, als sei er mit einem Vorwurf dieser Art konfront iert

worden, da der Verfasser von V. 10 an den König durchaus nicht

dem Bericht Jer 38,1—6 und der darauf bezugnehmenden Aussage

in V. 9 ents prechend dars tel lt158

.

Mit interpretierenden und ausgleichenden Erklärungen, wie sie in

den meisten Kommentaren üblich sind, lassen sich zwar die erkann-

ten Spannungen beseitigen, aber ihre Entstehung nicht erklären. Wenn

man sich darüber äußert, warum Ebed Melech gerade so handelt und

spricht, wenn man außerdem zu wissen glaubt, was der König sich

so alles gedacht habe, so muß man sich allerdings bewußt bleiben,

daß es für all diese vorgebrachten Erwägungen keinerlei Anhalts-

punkte im Text selbst gibt. Daß der Verfasser eben das ausdrücken,

bzw. anklingen lassen wollte, was die historische Phantasie im Text

158  Die Ausführungen  der  Kommentare  zu V. 9  zeigen,  daß  hier ähnliche Span-

nungen gesehen werden: Nach  Duhm  (Komm.  Jer ., S.  303f)  hat  Baruch folgen-de Darstellung beabsichtigt:  Es  habe „sich Ebedmelek   und wohl  der  ganzeHarem  die Sache  so  zurecht gelegt:  es ist  kein Brot mehr  da, darum habendie Leute  im Wachthof   den Gefangenen,  den sie  ohnehin hassten,  in die  tiefeGrube geworfen,  um ihm  nichts mehr geben  zu müssen.  Der Harem weiß na-türlich nichts von der  Verhandlung zwischen Zedekia  und den Beamten  unddeutet sich  den beobachteten Vorgang  in  kindlicher Weise  aus. Die köstlicheNaivität  der  ursprünglichen Darstellung  ist im MT wie in der LXX ganz ver-

lorengegangen  . . . " Zu V. 10:  „Zedekia ordnet ohne weiteres  an, den Jer ausseiner gefährlichen Lage  zu  befreien  . . . So viel Autoritä t traut  er  sich nochzu,  daß sich  die  Fürsten  dem  nicht widersetzen werden." — Volz  Komm. Jer. ,S.  339):  „Die Geschichte  ist ein Beispiel,  wie  Sedekia sich  von  äußeren Ein-flüssen leiten ließ;  er  folgte  den  schlechten Menschen wie den  guten, jenenmit Widerstreben, diesen  mit  froher Teilnahme. Eine solche niederträchtigeBehandlung  des  alten Propheten griff   ihm doch  an das Herz."  — Weiser   (Komm.Jer., S. 339):  „Ebedmelek meldet  dem König  das Geschehene  und  hält  mit sei-nem freimütigen Urteil über  die Schandtat nicht zurück. Offenbar kennt  er sei-nen königlichen Herrn nach seinen guten  und  schlechten Seiten. Dieser  ist  denn

auch sofort bereit,  ein zweites Mal den Propheten  aus seiner gefährlichen Lagezu befreien,  an der er  diesmal doch selbst indirekt mitschuldig geworden ist." — Rudolph  (Komm.  Jer ., S.  240f): „Zedekia weiß offenbar  von dem  Vorgefalle-nen noch nichts  . . . und es ist bezeichnend  für  seine leichte Beeinflußbarkeitund seine Abhängigkeit  von  äußeren Willensanstößen,  daß er  sofort bereit  ist,Abhilfe  zu  schaffen  und wiedergutzumachen,  was er  letztlich selbst angerichtethat."  Vgl. auch  Kremers,  EvTh, S. 134.

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80 Jeremia 38,7-13

wiederfinden will, läßt sich jedenfalls am Text selbst nicht verifizieren oder festmachen.

Die oben aufgezeigten Brüche im Erzählungszusammenhang von Jer

38,1 — 13 sind keineswegs die Folge der literarischen Unfähigkeiteines Verfassers, der sich nicht in der Lage fühlte, all jenes zu fixieren, was der Leser oder Kommentator mittels historischer Phantasiesich zurecht legen muß, sondern das Ergebnis erst einer redaktionellen Bearbeitung einer vorgegebenen Erzählung. Denn kombiniert mandie beiden Feststellungen, daß a) die Darstellung der Reaktion desKönigs (in Jer 38,10) auch nicht die geringste Andeutung enthält,Zedekia habe in irgend einem Widerspruch zu seinem früheren Verhalten entschieden, und daß b) eine Geschichte, in der ein König von

einem sonst unbekannten Palastbediensteten auf eine verabscheuungs-würdige Tat, an der der König selbst beteiligt war, hingewiesen wird,in jeder Beziehung unwahrschein lich und unglaubwürdig wirk t, soführt das zu dem Schluß, daß die jetzige Abfolge Je r 38, 1-6/ 7—1 3nicht ursprünglich sein kann. Die ganze Darstellung der Situationam Benjamintor ist nur verständlich und überzeugend, wenn sie ohneKenntnis von Jer 38,1—6 zustande gekommen ist, bzw. bis dahineine Verwicklung des Königs in die Machenschaften der D""1B? nicht

zu berücksichtigen war. Der Verfasser von Jer 38,7 — 13  hat ursprünglich darstellen wollen, wie der König hier zum ersten Mal von derungerechten Behandlung Jer emias Kenntn is erhielt. Dem entsprichtdas Auftreten Ebed Melechs vor dem König und die in V. 10 geschilderte Reaktion Zedekias.

Zweifellos ist Jer 38,7 — 13  zu entnehmen, daß diesem Abschnitteine Erzählung vorausgehen mußte, die darüber berichtete, wie esdazu kam, daß Jeremia in einer Zisterne untergebracht wurde. Es

mag hier vorerst der Hinweis auf Jer 37,11 — 16 genügen, wo einesolche Darstellung vorliegt. Hier wird die (erste) GefangensetzungJeremias geschildert, die auf Anordnung lediglich der D'IB?, also ohneWissen des Königs zustande kam 1 5 9 .

Eine genaue Rekonstruktion des kritischen Verses 9 in seiner ursprünglichen Fassung dürfte kaum mehr möglich sein. Aufgrundder vorgetragenen Überlegungen sind wir nur zu der Annahme berechtigt, daß Ebed Melech hier lediglich den König über die gefähr

liche Situation des Propheten informiert. Da in den folgenden Versen vorausgesetzt ist, daß man sich Jeremia in einer Zisterne gefangen vorzuste llen hat (vgl. Je r 38,10ff) und daß er in Todesgefahrschwebt, dürfte V. 9 Hinweise darauf enthalten haben.

159  Zu weiteren Einzelheiten vgl. unten S. 82f.

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Analyse 81

In V. 10 ist wahrscheinlich D'EiVEi nicht ursprünglich und in ntt>7Eizu ändern1 60 . Daß diese Festste llung, der König habe je tzt sofortund entschlossen eine klare Entscheidung zugunsten Jeremias gefällt, sich nicht mit seiner in Je r 38,1—6 beschriebenen Verhal tensweise in Einklang bringen läßt, wurde oben schon angemerkt. DieVerse  11 —13a berichten über die Durchführung des königl ichen Befehls.  Daß Ebed Melech den Auftrag erhält, ist durch die Angabenzu seiner Person in V. 7 vorbereitet. Über die Notiz in V. 10 hinausgehend, daß der Kuschit sich drei Männer „von hier" aussuchensoll, erfährt der Leser genaue Einzelheiten der Rettungsaktion.LXX hat besonders in V. 12 stark gekürzt, wahrscheinlich, um imBlick auf V. 11 die Wiederholung der technischen Ausdrücke zu

vermeiden161. Die detaillierte Beschreibung des ganzen Vorgangsist durchaus gelungen162. Man fragt sich allerdings, warum derVerfasser derartige Einzelhinweise für wichtig hält. Wollte er aufdiese Weise dem Leser vor Augen malen, wie geschwächt und folglich dem To de nahe (vgl. Jer 38,9 und 10) der Prophe t gewesensein muß, wenn man ihn nur mit dieser äußersten Vorsicht undRücksich tnahme aus seiner Lage befreien konn te?

In V. 13b kommt die Bemerkung, daß Jeremia sich im Wachthofaufhielt (vgl. J e r 37,21 und 38 ,28) nach der genauen Beschreibung ,wie Ebed Melech vorgeht (V.  11 —13a), recht unvermitt elt . Es fälltauf, daß hier plötzlich die genaue Schilderung der Rettungsmaßnahmen, mit denen man dem lebensgefährlichen Zustand des ProphetenRechnung trägt, abbricht. Denn da der Verfasser all die Details inden Versen 10—13a für offensichtlich wichtig hält, leuchtet es jetztgar nicht ein, daß er auf weitere Angaben darüber verzichtet, wieman sich nach der Befreiung des Propheten auch um die weitere

Verbesserung seiner gesundheitlichen Verfassung bemüht. War nämlich Jeremia in der Zisterne schon dem Tode nahe (Jer 38 ,9 *. 10),so mußte man auch nach seiner Befreiung noch um sein Leben bangen. In diesem Zusammenhang ist auf Jer 37,21 zurückzuverweisen.

160  Vgl. schon Ewald, Die Propheten des Alten Bundes, Bd. 2, 1841, z.St. -In der LXX fehlt  W371 und jeremia der Prophet"; zu H71? hi c. "113 vgl. Ps40,3;  Gen 37,28.161

  Außerdem ist eine gewisse Unsicherheit in der Wiedergabe der hebräischenÄquivalente (Hap.leg.) erkennbar, wenn neben iraXaia pajcrj  für m3non 'iVsvon  iraXatä oxowia  (für DT17IS  ,173) die Rede ist, da  oxowiov  sonst in der Regel nur zur Wiedergabe von 7311 dient, „alte Stricke" sind zudem lebensgefährlich.162  Vielleicht ist . . . ni7XK nnn Zusatz; vgl. Duhms  Erwägungen (Komm. Jer.,S. 304).

6 Pohlmann, Jeremiabu ch

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82 Jeremia 38,7-13

Die Analyse von Jer 37,17—21 hat gezeigt, daß V. 21 als Abschlußdieses Abschnitts auffällig ist. Die hier gebotenen konkreten Einzelangaben, daß Jeremia täglich mit Brot versorgt wurde, und zwar ausder Bäckergasse, so lange es überhaupt noch Brot in der Stadt gab,haben am jetzigen Ort keinerlei Funkt ion; um so merkwürdiger, daßsolche Details in einem Abschnitt auftauchen, wo der Verfasser sonstviel wichtigere Informationen, wie z.B. den Gesprächsanlaß, verschweigt  163.

Im Blick auf diesen Sachverhalt bietet sich für die Entstehung desauffälligen Übergangs von Jer 38,13a („Dann zogen sie Jeremiaan den Stricken hoch und holten ihn aus der Zisterne heraus") undJe r 38,13b („und Je remia blieb im Wachthof" ) folgende Erklärungan: Die in Jer 37,21 wenig sinnvollen Einzelangaben waren ursprünglich hinter Jer 38 ,13a zu lesen. Je r 38,1 3 lau te te also ursprünglich:„Dann zogen sie Jeremia an den Stri cken hoch und ho lten ihn ausder Zisterne heraus. Und König Zedekia gab die Anweisung, daßman Je rem ia im Wachthof unterbrachte, u nd ihm pro Tag einenLaib Brot aus der Bäckergasse zu geben, bis alles Brot aus der Stadtaufgezehrt war. So blieb Jeremia im  Wachthof."

Als der für Jer 37,17—21 verantwortliche Verfasser diese Verse überdie von Zedekia dem Propheten zugestandene Hafterleichterung zusammenstellte, tilgte er aus der ihm vorliegenden Erzählung überJeremias Befreiung aus der Zisterne (Jer 38,7 — 13) die abschließende Notiz (außer : . . . 3Bi,l), um sie in den Schlußvers seines Berichtes (V. 21) einzuarbeiten. Bei diesem Verfahren mag auch eine Rollegespielt haben, daß der Verfasser und Interpolator von Jer 37,17—21an diesen Bemerkungen über die fürsorglichen Anweisungen des Königs (vgl. Je r 38,10 . . . ! W ) in Je r 38 ,13 Ans toß nahm, da hier

das Vorgehen Zedekias im Blick auf seine in J e r 38,1—6 geschilderte Verhaltensweise als besonders widersprüchlich empfunden werdenkonnte.

c) Zusammenfassung und Ergebnisse

Jer 38,7 — 13  knüpft an Nachrichten über eine Gefangensetzung Jeremias in einer Zisterne an. Solche Nachrichten enthält nicht nur die

vorausgehende Texteinheit Jer 38,1—6; auch Jer 37,11—16 berichtetschon einmal über eine Gefangennahme des Propheten und seine Unterbringung in einer Zisterne.

Zu weiteren Einzelheiten vgl. auch oben S. 68.

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Zusammenfassung und Ergebnisse 83

Die Analyse von Jer 38,7 — 13 ergibt, daß dieser Abschnit t nicht die

Darste llung in Jer 38,1—6 voraussetzt oder weiterführt . Für die

 jetzige Abfolge Je r 3 8 , 1 - 6 / 7 - 1 3 kann von Jer 3 8 , 7 - 1 3 her betrach

tet deswegen nicht ein und derselbe Verfasser in Anspruch genom

men werden, weil deutlich die Beschreibung der Situation am Ben

 jamintor, das Auftreten des Ebed Melech dem König gegenüber und

das positive Verhalten Zedekias, dem direkt vorausgehenden Kontext

(Verwicklung des Königs in die Machenschaften der D,")E?) in keiner

lei Weise Rechnung trägt. Aus Aufbau und Darstellungsweise von

Jer 38,7 — 13  ist zu entnehmen, daß der Verfasser hier darüber be

richten will, wie der König zum ersten Mal von Jeremias lebensge

fährlicher Lage in der Zisterne Kenntnis erhält und daraufhin spon

tan seine Freilassung anordnet 1 6 4 .

Dieses Ergebnis bestätigt die oben vorgelegte Beurteilung der vor

ausgehenden Texteinheit Jer 38,1—6. Der Verfasser von Jer 38,7 —

13 hat Jer 38,1—6 noch nicht vor Augen. Da die Abfassung von

Jer 38,7 — 13 nur sinnvoll war, wenn zuvor eine Gefangensetzung

des Propheten in einer Zisterne erwähnt worden ist, von einer sol

chen Zisterne als Gefängnis des Propheten auch in Jer 37,11—16

die Rede ist, zudem Jer 37,11—16 nach einer Fortsetzung verlangt

und Je r 37,17—21 dafür nicht infrage kom mt , liegt es nahe, Jer 37,

11—16 mit Jer 38,7 — 13  in Verbindung zu bringen. Diese Textfolge

ist in de r Tat überzeugend und als das Werk eines Verfassers ver- .

ständlich: Je re mia wird bei dem Versuch, Jerusalem zu verlassen165 ,

verhaftet. Auf Bet reiben der an t? setzt man den Propheten im Hause

Jonathans in einer Zisterne gefangen, wo er längere Zeit (D'O") D^"1)

aushalten muß (Jer 37,16). Da erfährt Ebed Melech, ein ausländi

scher Palastbediensteter, von der Situation Jeremias. Er begibt sich

ans Benjamintor, wo sich der König aufhält, und informiert diesen,daß hier ein großes Unrecht geschieht und sich der Prophet in Le

bensgefahr bef indet. Der König ordnet daraufhin an, Je remia sofort

aus der Zisterne zu ho len und ihn aus seiner gefährlichen Situat ion

zu befreien, was auch geschieht. Einer weiteren Anweisung des Kö

nigs ent sprechend wird Jere mia im Wachthof untergebracht und

dort so gut wie möglich mit Lebensmitteln versorgt 166.

16 4  Siehe oben S. 80f.

16 5  Mit einiger Wahrscheinlichkeit war zuvor von einem Gespräch zwischen Zedekia und dem Propheten berichtet worden. Textmaterial darüber dürfte noch inJer 34,1—7 enthalten sein. Vgl. zu dieser These oben S.  62ff.

166  j e r  38,13 nach der oben rekonstruier ten Fassung.

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84 Jeremia 38,14-28

7.  Jer 38,14-28

a) Inhalt

Zedekias (dritte) Befragung Jeremias

V. 14 König Zedekia läßt den Propheten holen, um ihn zu befragen.

Der Pr ophe t möge ihm nichts verheimlichen. V. 15 Jeremias Befürch

tung, daß der König ihn töten lassen werde, wenn er Auskunft gebe,

bzw. doch nicht auf seinen Rat hören werde, V. 16 entkräf tet Zede

kia, indem er bei Ja hw e schwört, daß er Jeremia nicht umbr ingen

lassen werde. V. 17 Daraufhin teilt der Prophet dem König ein Jahwe

wort mit: Wenn er die Stadt dem Feind übergebe, werde er sein Le

ben behalten, und die Stadt werde nicht verbrannt werden. V. 18Im anderen Fall könne er weder die Stadt noch sich selbst retten.

V. 19 Auf den Einwand des Königs, er befürchte Schlimmes von

seinen Landsleu ten, die schon zum Feind übergelaufen seien, V. 20

entgegnet der Prophet, daß er in dieser Hinsicht keine Angst zu ha

ben brauche, falls er nur auf Jahwes Stimme höre. V. 21 Sollte er

sich je do ch weigern, werde das eintreffen, was Je remia in einer von

Jahwe gewährten Vision gesehen habe, V. 22 daß nämlich alle Frauen

aus dem Königspalast zu den Fürsten des Königs von Babel heraus

gebracht wurden und ein Klagelied auf König Zedekia sangen, V. 23

und daß ebenso seine Frauen und Kinder zu den Chaldäern heraus

transportiert wurden. Er aber, der König, werde sich nicht retten

können, und die Stadt werde verbrannt werden.

V. 24 Zedekia verlangt anschließend vom Propheten, daß er nie

mandem vom Inhalt dieser Unterhaltung Kenntnis gibt. V. 25 Wenn

die Fürsten von diesem Gespräch erfahren sollten und ihn mit dem

Versprechen, ihn nicht zu töten, zur Preisgabe des Inhalts der Unter

redung zu bewegen versuchten, V. 26 möge er ihnen gegenüber die

Ausrede anbringen, er, Je remia, habe den König lediglich darum ge

be ten, n ich t wieder im Hause Jo na th an s gefangen gehalten zu wer

den. V. 27 Als die Fürsten in der Tat auftauchen, handelt der Pro

phet entsprechend den Anweisungen des Königs. Niemand erfährt

etwas. V. 28a Abschließend wird festgestellt, daß sich Je re mi a bis

zur Eroberung Jerusalems im Wachthof aufhält.

b) Analyse

Jer 38 ,14-23

Der durch die Angaben in V. 14a angedeutete Szenenwechsel (Orts

angaben) weist V. 14 als Einsatz oder Einleitung einer neuen Erzähl-

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Analyse 85

einheit aus1 67 . Verknüpfungselemente im Blick auf den vorausgehenden Abschnitt sind in diesem V. 14 insofern erkennbar, als die inV. 14 genannten Personen (außer Ebed Melech) auch in Jer 38,7—13eine Rolle spielten. Der jetzige Übergang von der Situation in V. 13

zu der in V. 14 ist jedoch nicht ohne Fugen. Jedenfal ls ist die Herleitung der Gesprächssituation zwischen König und Prophet aus demBericht über die Rettung Jeremias und seinen Aufenthalt im Wachthof nicht klar168. Man erwartet Angaben darüber, welchen Anlaß derKönig ha tte, ein Zusammentreffen mit dem Propheten zu suchen.Da allerdings Jer 38,13 ursprünglich169  umfassender formuliert warund hier die inzwischen aussichtslose Lage Jerusalems mit der Notiz .. . Dn7n -73 an-*?!? ... hervorgehoben wurde, sind diese Fugen

erst auf die als später erkannten Eingriffe in Jer 38,13 zurückzuführen (Versetzung von T l ?n - p . . . -J7an nWl nach Je r 37,21!). Dieursprüngliche Fassung von Jer 38,13 enthielt also den Hinweis, daßdie Stadt ohne Nahrungsmittel war. In dieser Situation wendet sichder König an den Propheten (Jer 38,14).

V. 14b als an Jeremia gerichtete direkte Rede informiert über dasAnliegen des Königs170. V. 15 kommt die Reaktion Jeremias („Wirstdu micht nicht töten?") auf die Worte Zedekias überraschend. Manfragt sich, warum der Verfasser durch diese Äußerung Jeremias denKönig so darstellt, daß der Prophet von ihm das Schlimmste befürchten muß, obgleich nach Jer 38,7 — 13  derselbe Zedekia Jeremias Rettung vor dem sicheren Tode angeordnet hatte. Daß Jere-

167  Zum Text: Für ...  üp^  liest LXX  Kai CKaXeoev  (vgl. so schon Jer 37,17 =LXX 44,17). Die Folge np'1 .. . nl7B?,1 ist ebenso gut möglich (vgl. Gen 20,2;2.Sam 9,5; l.Kön 7,13) wie XTp-1 . . . ri7B?'vl (vgl. Gen 31,4; 41,8.14; Ex 9,27;

Nu 16,12; Jos 24,9 ; l.Sam 22,11). Ferner fehlt in der LXX der Name des Königs und ,Jeremia der Prophet". Schwierig ist die genaue Angabe über den Ortdes Zusammentreffens . . .  ,B>',7Bin K13» "7K (LXX eic  oüiUW  aoeXlOTjA); zuEinzelheiten vgl. die Kommentare;  Giesebrecht   (Komm. Jer. , S. 206f) und  Duhm

(Komm. Jer. , S. 305) lesen B ^ B i n K13IS „Eingang der Schalischim", d.h. „derAdjudanten" o.a.),  Rudolph  (Komm. Jer. , S. 242),  Volz  (Komm. Jer., S. 339)und  Weiser   (Komm. Jer., S. 339) halten an M fest. Gemeint ist jedenfalls einbesonderer Treffpunkt.168

  Rudolph  (Komm. Jer., S. 241) : „Der König kommt innerlich von Je r unddem von ihm verkündeten Gotteswort nicht los und läßt ihn deshalb noch ein

mal zu einer geheimen Unterredung holen. Vielleicht hofft er wieder (vgl. beiJer 37,17ff) auf ein günstiges Jahweorakel aufgrund der von ihm veranlaßtenRettung des Propheten ...".169  S. dazu oben S. 82.17 0  Zu ^K 7KB> vgl. 2.Sam 14,18 (2.Sam 3,13); l. Kön 2,14; vgl. auch Jer 37,17.  — i n 3 r r 7 X wird jeweils gebraucht, wenn unangenehme Auskünfte erwartet werden können (vgl. Jo s 7,19; l.Sam 3,17.18 (!); 2.Sam 14,18.

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86 Jeremia 38,14-28

mia wie in V. 15 antwortet, könnte darauf hindeuten, daß hier aufJer 38,1—6 angespielt werden soll, wo der König eine Garantie fürJeremias Leben nicht geben kon nte oder wollte (vgl. Je r 38,1—6).Auch V. 16 die Antwort des Königs wird eine Anspielung auf diesenAbschnitt beabsichtigen; denn mit „diesen Männern" sind (wie in38,9) offensichtlich Schephatja und Genossen gemeint. Die Verse15 — 16  würden also 38,1—6 berücksichtigen und klarstellen, warumder König jetzt plötzlich Jeremias Auskünfte hinnimmt. An sich isteine solche Äußerung Jeremias (V. 15) auch deswegen auffällig,weil aus der Formulierung ... in3n-_7K schon hervorgeht, daß derFragende durchaus mit einer unangenehmen Auskunft rechne t17 1 .Ferner ist zu beachten, daß die beiden Versteile in dieser Reihen

folge nicht gut zueinander passen172. Da sich die Verse  15 — 16  aufJer 38,1—6 beziehen, ist hier mit einem späteren Nachtrag zu rechnen (nach Vorschaltung von 38,1—6!). Diese Entscheidung fußtnicht nur auf den Ergebnissen der Analyse von Je r 38,1—6.7 — 13,also  darauf,  daß eine Anspielung auf einen nachgetragenen Text(Jer 38,1—6) selbst ein Nachtrag sein muß. Innerhalb der Erzählung von 38,14—28 fallen diese Verse 15—16 schon deswegen auf,weil sie im Blick auf die folgende Unterredung (vgl. besonders V.

19ff) eine Rollenverschiebung vornehmen. Nach V. 19ff ist derKönig derjenige, der resignierend keinen Ausweg mehr sieht undfür sich Schlimmes befürchtet, und der deswegen von Jeremia ermut igende Zusicherungen erhält (. . . l irr K7 V. 19.20). Nach V.15.16 sind die beiden Hauptpersonen in diesem Abschnitt jedochgenau umgekehrt charakterisiert. Am wenigsten verständlich erscheint der Stimmungsumschwung bei Jeremia, wenn er in V.15b 1 7 3  feststellt, daß der König doch nicht auf seinen Rat hören171

  Vgl. Anm. 170!172  Das scheint auch  Rudolph  zu merken, wenn er im Kommentarteil (S. 241)den Text in der umgekehrten Reihenfolge paraphrasiert: ,,... es ist zwecklos,daß sie miteinander reden, der König hört ja doch nicht auf seinen Rat, undwenn er ihm die Wahrheit sagt, gibt er ihn dem Tode preis".173  Auch aus der Abfolge des V. 15 (a. . . . "|7 T1K "O und b. "J^^K -Ol) istersichtlich, daß hier ein Bearbeiter am Werk ist. Die erste Vershälfte berücksichtigt 38,1—6. Sie wird in V. 16 vorausgesetzt und aufgenommen. Die Fortsetzung(b.) geht hinter die Aussagen von a. einen Schritt zurück (vgl. die Umstellungbei  Rudolph;  s. die vorige Anm.), ist also an sich an dieser Stelle nicht mehr

nötig! Was der Bearbeiter mit dieser Feststellung im Munde des Propheten beabsichtigt, ist deutlich: Der Prophet weiß nach seiner Vorstellung natürlich vonvornherein, daß dem König nicht zu raten ist. Eine solche Vorwegnahme desAusgangs der Erzählung stößt sich jedoch mit der weiteren Darstellung insofern,als die ausführliche Argumentation Jeremias dem König gegenüber nur verständlich ist, wenn nach Meinung des Verfassers dieser Verse eine positive Entscheidung Zedekias noch möglich war.

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Analyse 87

wird, dann aber seine Redeweise im folgenden durch ihren drängenden Charakter ausgezeichnet ist, mit dem Ziel, den König zuüberzeugen. Alle diese aufgezeigten Spannungen werden erklärlich,wenn man davon ausgeht, daß V. 15.16 erst später eingeschaltet

wurden, um den Abschnitt 38,14—28 auf 38,1—6 abzustimmen 1 74 .Die Verse 17.18 enthalten die eigentliche Auskunft Jeremias auf dieFrage des Königs (V. 14) 1 7 5. Die Antwort Jeremias in V. 17 ist durchdie Botenformel als Jahwewor t gekennzeichnet. Es handelt sich umeine an eine Bedingung geknüpfte Heilszusage176. Die Erfüllung derBedingung177  ist allein Sache des Königs. Entsprechend gilt zunächstdie anschließende Heilszusage dem König, dann aber auch „dieserStadt"  (*p*H  K7 riKTH "Vl?m)178  und abschließend wieder dem König

und „seinem Hause". Auffällig ist besonders die Wiederholung in V.17b179 .  Da in V. 20 die Zusage an den König noch einmal auftaucht,hier jedoch nur das Schicksal Zedekias wichtig erscheint, dürfte einesolche dem König geltende Aussage in V. 17 in jedem Fall zum Originalbestand gehören. Schwierigkeiten bereitet allerdings die Beantwortung der Frage, ob beide den König betreffende Bestandteile dieses Verses als ursprünglich festzuhalten sind, oder ob eine nachträglicheErweiterung vorliegt und aus welchen Gründen dann eine solche vorge

nommen wurde. Auf V. 17b180

  wird man deswegen nicht allzu vorschnell verzichten, weil sich hiermit in V. 22 die Erwähnung „derFrauen, die übrig geblieben sind im Hause des Königs" zu berührenscheint181.

V. 18 knüpft direkt an V. 17 an, indem jetzt auf die Folgen verwiesen wird, die die Nichterfüllung der Bedingung für die Stadt (V. 18a)und den König haben wird182. An sich sind diese Aussagen implizitschon in V. 17 enthalten. Zum anderen fällt auf: Während V. 18

im Blick auf die folgende Darstellung hier lediglich als eine theore-

174  Daß durch V. 15.16 das Außerordentliche der Auskunft des Propheten vorbereitet werden soll (V. 17!), ist nicht anzunehmen.175  LXX hat den kürzeren Text!176  Vgl. Jer 42 ,10! S. dazu unten S.  129ff.177  Zu 7K HS" vgl. 2.Kön 24,12;  18,31;  7,4; l.Sam 11,3.10; zu 733"|7Ö "HB?Jer 38,17.18.22; 39,3.17 8  Zu ...B?K3 fps? vgl. Je r 21,10; 32,29; 34,2.22; 37,8.10 (39,8); 38 ,18/ 23;

(52,13 = 2.Kön 25,9); der jeweilige Kontext all dieser Stellen gehört einer späteren Bearbeitungsschicht an.179  Duhm  hält V. 17b für einen Zusatz (Komm. Jer. , S. 305).

18 0  Zu „du und dein Haus" vgl. Gen 45,11 und Dtn 14,26!18 1  Auch die Nähe der Formulierungen ...  ,-)B?-7K Ry> in V. 17 und. . . nB?"7K niKSIIS in V. 22 dürfte beabsichtigt sein.i82  Zuü7isn-K7vgl. Jer 38,23a (Ende); 32,4; 34,3.

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88 Jeremia 38,14-28

tische Erwägung aufzufassen ist, für die es noch gar keinen konkreten Gr und gibt, wird in V. 21 noch einmal, und diesmal aufgrundder Reaktion des Königs (V. 19) aus einem konkreten Anlaß, dieFrage behandelt, welche Folgen die Weigerung des Königs haben

wird, die gestellte Bedingung zu erfüllen. Diese zweifache Erörterungder Folgen einer möglichen Weigerung Zedekias kann nicht ursprünglich sein. Da die Verse 20ff fest im Text verankert sind, ist V. 18als ein V. 17 erweiternder Einschub einzustufen183. Das Verfahrenerinnert an Jer  42,10ff 184.

V. 19 berichtet über die Reaktion des Königs. Zedekia trägt seineBedenken vor, die ihn hindern, die ihm gestellte Bedingung zu akzeptieren1 85 . Der Hinweis auf „die Juden, die zu den Chaldäern

übergelaufen sind" erinnert an den  Vorwurf,  dem sich Jeremia ausgesetzt sieht , als er Je rusa lem durch das Benjamintor zu verlassensucht (B,"TB>3n 7K 7D1 Jer 37,13.14). Die primären Gründe derFurcht vor diesen Überläufern18 6  bleiben ungenannt. Das 1KT187  'IKerfährt am Schluß des Verses eine inhaltliche Ergänzung (l77l?nm

"3 1 8 8 ) .

V. 19 hat kompositions- und erzähltechnisch eine retardierende  Auf-

gabe und ist für die folgenden Ausführungen des Propheten wichtig.V. 20a knüpft an das li rr |D von V. 19 an : Zedekias Bedenken werden zurückgewiesen (... llrr K1?). V. 20b bezieht sich auf V. 17 undwiederholt die Heilszusage189.

Die mit dieser bedingten Heilszusage implizit ausgesprochene  Auf-

forderung an den König, sich den babylonischen Fürsten zu ergeben,wird in V. 21 insofern verst ärkt , als je tz t dem König die Folgen einer

183 Vgl  Wanke,  Baruchschrift , S. 130, Anm. 39, der, ohne auf Einzelheiten

eingehen zu können, für V. 17f den Verdacht deuteronomistischer Bearbeitung äußert.  Kremers,  EvTh, S. 125, Anm. 8, streicht V. 17aj3b.l8 (zusammenmit V. 23).  Thiel,  Diss., S.  559f,  Anm. 1 wagt keine Entscheidung.i84  Vgl. dazu unten S.  129ff.185  Vgl. Jer  42,13f.186  Die Bezeichnung m W taucht auf Je r 32,12; 40,11.12; 41,3; 44,1 (43,9;52,28.30).18 7  Zu 1KT siehe Jer 42, 16 ; im Jeremiabuch nur an diesen beiden Stellen.188  Zu 771? hithp. vgl. besonders l.Sam 31,4(1); Ri 19,25 (Ex 10,2; l.Sam6,6).

i89

  Zu "|BiBl Tim "|7 3Ü"1 vgl. Gen  12,13!  - V. 20b ist eine persönlicheHeilszusage. Wenn das Schicksal Jerusalems hier nicht mitbedacht ist, so könnte das Ursache dafür sein, daß dieser Versteil nur auf die in V. 19 vorgebrachten Einwände reagiert und diese zerstreuen soll. Andererseits darf nicht übersehen werden, daß Jerusalem sonst lediglich in dem m.E. nachgetragenen V. 18und dem sicher sekundären V. 23 mit einbezogen wird. In V. 17 erschien immerhin die Stellung von ... DKtn Tl?n auffällig.

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Analyse 89

möglichen negativen Entscheidung ausgemalt werden. Daß der Prophet

von Ja hw e vorbereitet ist, auch die Auswirkungen einer Ablehnung

des Angebots darzustellen ( n w  ,lK"in IBiK)190, er innert gleichfalls an

Jer 42.10ff (vgl. besonders V. 13!) 1 9 1 . V. 22a knüpft mit "nVa IV33

mirr1 und .. . 733 -|70 nft?-7K sicher absichtl ich an V. 17 an. Eine

Weigerung des Königs, auf die Bedingung der Heilszusage (V. 17) ein

zugehen und sich freiwillig zu ergeben, wird ihn und „sein Haus" 192

gerade nicht retten, sondern vielmehr erst endgültig sein Schicksal be

siegeln19 3.

Während die Verse 2 0 - 2 2 (in je de m Fall V. 20; aber auch V. 21

schließt gut an!) nach V. 19 unbedingt erforderlich sind, ist V. 23

längst als eine wiederholende und explizierende Erweiterung von V.

22 erkannt1 9 4 . Ein späterer Bearbeiter195  vermißte hier die Erwäh

nung der Söhne des Königs196, ferner eine noch einmal verdeutli

chende Feststellung, daß Zedekia sich nicht retten werde 1 9 7 , beson

ders aber die ausdrückliche Einbeziehung der vollkommenen Zerstö

rung Jerusalems19 8 .

Jer 38,24-28

Die Verse 24—28 behandeln ein anderes Thema als V. 14ff, sindalso als eine eigene, wenn auch mit de m vorher Erzähl tem verknüpfte

Einheit anzusehen. Zur Frage, ob die jetzige Stellung dieses Abschnitt s

ursprünglich ist199, ist zunächst festzuhalten: a. 38,24—28 enthält

zahlreiche zurückweisende Verknüpfungselemente20 0 , aus denen her

vorgeht, daß diese Verse ohne einen vorausgehenden Bericht nicht

vorstellbar sind. Vorausgesetzt werden Nachrichten über eine Zu

sammenkunft zwischen Prophet und König und eine Wiedergabe

l» Zu Hin- -IKin c. 131 vgl. Nu 23,3; Ez.  11,25; Jer 24,1.191  Hier durch eine Audiovision, Jer 42,10ff Wiedergabe einer Audition.

192  Was mit der Bemerkung über die Frauen, „die übrig geblieben sind im Haus

des Königs von Juda" gemeint ist, bleibt unklar. Vielleicht sollte damit an Jo- jakins Schicksal erinnert werden (vgl. 2.Kön 24,15), also daran, daß schon einmal eine ähnliche Situation gegeben war?!193

  Zu V. 22b und die verschiedenen möglichen Interpretationen dieser imQina-Metrum abgefaßten Strophe vgl. die Kommentare. Wahrscheinlich ist für• 11?3ün doch hi zu lesen.194

  Vgl. die Kommentare!

195  j e r  38,18 und 23 gehen m.E. auf ein und denselben Bearbeiter zurück.196  Vgl. 2.Kön 25,7.

19 7  Vgl. Je r 34,3; 38,18; 52,9.

198 Vgl  d a z u  oben zu V. 17 und 18.199  Vgl.  Volz  und  Rudolph  (jeweils Komm. Jer. , zu 37,21) .200 Vgl v . 24 n7Kn-B"'")3"T3; in V. 25 wird auf ein vorausgegangenes Gesprächzwischen Prophet und König angespielt.

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Analyse 91

man K71 angedeutete Gefahr für den Prophete n konkretis iert . Sie

geh t, wie schon einmal , von den ant? aus20 5 . V. 26 enthält im

Munde des Königs die Lösung des Problems. Die Antwort, die Je

remia den a""lB? erteilen soll, setzt einen Bericht über eine  Inhaf-

tierung Jeremias im „Hause Jonathans" sowie über seine dortige

lebensgefährliche S ituat ion (Btt> maV; vgl. Jer 38,7—13!) voraus.

Während das BE? maV hier nach Jer 38,7 — 13  am Platz ist, wird in

37,20 nich t deut lich , worau f sich das . . . BB? rTIBK K71 konkret be

zieht. Denn aus 37,15f ist zunächst noch nicht ersichtlich, daß

Je re mia in Lebensgefahr schwebt. Darüber informiert erst Je r 38 ,

7ff (38,1-6).

Daß in 38,26 das „Haus Jona thans" als der Ort erwähnt wird,

vor dem dem Propheten am meisten graut, ist deswegen verwunder

lich206 , weil nach der Darstellung von Jer 38,7—13 für den Prophe

ten gerade mit dem .zweiten' Aufenthalt in einer Zisterne eine be

sondere Gefahr für sein Leben verbunden war. Die Frage, warum

hiermit auf die ers te Gefangensetzung Je remias — so die jetzige Text

anordnung — angespielt und nich t auf Jer 38,7—13 Bezug genommen

wird, was an sich viel näher gelegen hätte, erledigt sich jedoch, wenn

sich, wie oben schon angede ute t, die Zisterne von Jer 38,7—13 eben

im Haus Jo na th an s befindet, also der Aufenthaltsor t des Prophe tenin Je r 38,7ff dem in Je r 37,15 f entsprich t. Abgesehen davon, daß

in den bisherigen Analysen von Jer 37,17—21 und 38,1—6 der Nach

tragscharakter dieser Abschnitte nachgewiesen werden konnte, also

38,1—6 als nachträglich erläuternder Zusatzbericht zu 37,12—16,

und 37,17—21 als noch späterer Einschub erkennbar wurden, spricht

für diese Gleichsetzung auch schon Jer 37,16, wo das „Haus Jona

thans" als das Gefängnis Jeremias außerdem durch ... "I13n ma spe

zifiziert word en ist. Die BnE? von 38,25ff (besonders V. 27) sindursprünglich dieselben, die in 37,15f Jeremias Unterbringung in der

Zisterne im Hause Jo na th an s veranlaßt ha tten. Ihnen gegenüber

leuchtet die Auskunft Jeremias ein, er habe den König darum gebe

ten, nicht wieder an diesem Ort zurückgebracht zu werden.

V. 27 setzt einen Szenenwechsel voraus. Die D,"1B? sind nach Mei

nung des Verfassers kaum im Beisein des Königs, also noch wäh

rend des Zusammentreffens zwischen Prophet und König in Erschei-

2 0 5  Vgl. Je r 37,14.15f (und 38 ,1-6 als spätere .Erläuterung' zu 37 ,1 1- 16 !) . -

Während Zedekia Jeremia als Propheten befragte (38,14), geht es den B"HB? —so die Darstellung des Verfassers  —  lediglich darum, von Jeremia über den Wortlaut des zwischen König und Prophet stattgefundenen Gesprächs informiert zuwerden.206  S. dazu oben S. 75f.

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92 Jeremia 38,14-28

nung getreten. Aus V. 28 geht hervor, daß man sich die Szene imWachthof vorstellen soll, wo Je re mi a sich weiterhin aufhält, nachdem der Rat des Königs zum erwünschten Erfolg geführt hat (imBlick auf 1?T~7K B K V. 24) und die von den an«? drohende Gefahr abgewendet ist.

Das n-iaan i s n a W Ö T  3B?-I  in V. 28a deutet darauf hin, daß nochweitere Nachrichten über Je rem ia zu erwarten sind. Die Verknüpfungmit dem folgenden ist zudem durch 39,14 (isna imam-nK In-p-n1

maan) sichergestellt.

Dennoch ist zwischen Jer 38,28a und 28b.39,lff eine deutlicheSchnittstelle. Während bis 38,28a Situationen vor der Einnahme Jeru

salems behandelt wurden, informieren die in Jer 39—41 enthaltenenBerichte über die Lage nach der Eroberung Jerusalems 2 0 7 .

c) Ergebnisse und Folgerungen

Jer 38,14-28 besteht aus zwei Abschnitten (38,14-23 und 38,24-28),  die eng miteinander verknüpft sind. Die Abtrennung von Jer38,24—28 und Versetzung hinter Jer  37,21,  wie sie von  Volz  und

 Rudolph  vorgeschlagen wird, ist nicht gerechtfe rtigt.Jer 38,14ff ist direkte Fortsetzung von Jer 38,7 — 13.  Die jetzt fehlenden Hinweise, aus welchem Anlaß der König auf ein Gesprächmit dem Propheten Wert legt, waren in einer früheren Fassung inJer 38,13 enthalten. Aus 38,13 ging ursprünglich208  hervor, daß Jerusalem nicht mehr lange gehalten werden konnte, da die Versorgung der Stadt zusammengebrochen war.

Das Gespräch zwischen König und Prophet ist nachträglich durch

mehrere Zusätze erweitert worden. Jer 38,15 —

 16 wurde im Blickauf Je r 3 8 , 1 - 6 eingeschaltet; Je r 38, 18 ist ein Nachtrag zu 38,17,V. 23 zu 38,22.

Der Verfasser von 38,14.17.19—22 will offensichtlich betonen, daßJahwe bis zuletzt durch seinen Propheten die Möglichkeit angeboten hatte, der drohenden Katastrophe zu entgehen. Die an eine Bedingung geknüpfte Heilszusage (Jer 38,17) sowie die anschließendeErörterung der Folgen für den Fall, daß die Bedingung nicht ein

gehalten wird, erinnert an Jer 42,10.13. Festzuhalten ist ferner, daßan beiden Stellen (Jer 38,17ff und Je r 42,10ff) ein vorgegebener

207  Zur Abgrenzung Je r 39,1—41,18 vgl. die Ausführungen zu 41,16—18!208  j e r  38,13 läßt sich mit Hilfe von Je r 37,21 rekonstruieren; vgl. dazu obenS. 8lf undS. 83.

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Jer 39,1-40,6 - Aufbau und Inhalt 93

Text in ähnlicher Weise erweitert worden ist (Jer 38,18 und 23;Jer 42,15.17f)2 0 9 .

Jer 38,24—28 lenkt den Blick wieder auf die besondere Situation

des Propheten und dient zugleich als Verbindungsstück zum Folgenden (vgl. J er 38 ,28a und J e r 39 ,14). Aus Jer 38,26 geht deutlich hervor, daß der Verfasser hier eine andere Abfolge als die jetzige (Jer 37,11-16;  3 7 , 1 7 - 2 1 ;  38,1-6; 38,7ff) voraussetzt. Daß erhier nicht auf Jer 38,1—6 (Jeremias zweite Gefangensetzung in einerZisterne) eingeht, sondern auf die Gefangenschaft des Prophetenim Hause Jonathans (Jer 37,15.16) anspielt und die damalige Situation als besonders gefährlich kennzeichnet (V. 26bß), leuchtet nurdann ein, wenn er die jetzige Darstellung Jer 38,1—6 (incl. Jer 37,17—21) noch nicht vor Augen hatte, also nur die Textfolge Jer 37,1 1 - 1 6 ;  3 8 , 7 - 1 3 ; 38,14ff kennt.

8. Jer 39,1-40, 6

a) Aufbau und Inhalt

Jer 39 ist längst als ein Produkt verschiedener Be- und Überarbeitungen bekannt2 1 0 . Die an Jer 38,28 anknüpfende Einleitung (V. 1)berichtet an dieser Stelle viel zu spät über Zeit und Umstände derBelagerung Jerusalems. V. 2 erwähnt den Zeitpunkt, zu dem dieBelagerung zum Erfolg führte. Beide Verse entsprechen zum größten Teil J e r 52,4ff und 2.Kön  25,lff.  Die Feststellung in V. 3, daß„alle Fürsten des Königs von Babel" auftraten und sich im "|inn "ii?E>niederließen, taucht jetzt völlig zusammenhanglos auf, da die an

schließenden Verse (V. 4f) darüber berichten, wie König Zedekiaund sein Gefolge sich zur Flucht entschließen, und wie sie nach deren Mißlingen vor Nebukadnezar nach Ribla gebracht werden, damitsie dort abgeurteilt werden. Der Leser erfährt, daß die Söhne desKönigs (vgl. Jer 38,23!) sowie die obersten Führer hingerichtet werden (V. 6), und daß Zedekia selbst geblendet und in Fesseln nachBabel verschleppt wird. Diese Verse wie auch die folgenden V.  8 —

10 (Bericht über die Zerstö rungen in Jerusalem V. 8, über die Ver

schleppungen V. 9, sowie über die Behandlung des Restbestandesder Bevölkerung durch den Babylonier Nebusaradan V. 10) habenwiederum ihre Parallelen in Jer 52 und 2.Kön 25 .

20 9  Zu Jer 42,10ff vgl. unten S.  129ff.21 0  Vgl. schon  Hitzig,  Komm. Jer. , S.  305ff.

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94 Jeremia 39,1-40,6

Erst in den Versen  11 — 14 steht Je remia wiederum im Mitt elpunkt:Nebukadnezar selbst ordnet an, daß der schon erwähnte Nebusaradansich um den Propheten kümmern und sich nach dessen Anweisungenrichten soll (V. l l f ) . V. 13 bringt nun den als t rn 3B "3 1 tituliertenNebusaradan und die in V. 3 zusammenhanglos erwähnten ans' zusammen. Diese lassen Je remia aus dem Wachthof holen und gebenihm die Freiheit, „und er blieb unter dem Volk".

Jer  39,1 — 14 zerfällt demnach in folgende Bestandteile: 39,1—2.4—10 (Diese Verse entsprechen, wenn auch gekürzt, im wesentlichenJer 52,4-16 und 2.Kön 25,1-12) und 39,3.14 (Notiz über die babylonischen  W"\V  in Jerusalem und die durch sie veranlaßte Befreiung

Jeremias aus dem Wachthof) sowie 39,13 (als Verklammerung- undÜberleitungsvers)211.

Jer 39,15—18 blendet zurück: Jeremia ist noch im Wachthof underhäl t hier von Jahwe den Auftrag, dem Ebed Melech ein persönliches Heilswort auszurichten. Dieses Stück muß in irgendeinem primären oder sekundären Zusammenhang zu Je r 38,1—13, bzw. 38,7—13,  stehen, Es könnte im Blick auf den Fortgang der Erzählungan dieser Stelle ohne weiteres fehlen.

Jer 40,lff enthält einen weiteren Bericht über eine Befreiung Jeremias.  Diesmal ist es Nebusaradan allein, der den Propheten unterden für die Verbannung bestimmten Juden (in Rama) erkennt undihn freiläßt. Der Babylonier stellt den Propheten nach einleitendenund belehrenden Worten vor die Wahl, entweder mit ihm nach Babelzu ziehen, wo für seine Zukunft gesorgt sein wird, oder aber im Lande zu bleiben, „wo immer es ihm gut dünkt". Jeremia entscheidetsich für die letzte Möglichkeit und gelangt zu Gedalja (V. 6).

Zur Frage nach der Entstehungsgeschichte dieser äußerst verwickeltenTextgestalt ist zunächst festzuhalten, daß Jer 39,1 — 14;  39 ,15-18und 41,1—6 jetzt jeweils eine abgeschlossene Einheit darstellen. DieHauptschwierigkeit, auf die man stößt, ist die Frage, in welchem Verhältnis die beiden Erzählungen, in denen über eine Freilassung Jeremias berichtet wird (Jer 39,1-14, bzw. V. 3.14, und Jer 40,1—6),zueinander stehen2 12 .

21 1  Interessanterweise fehlen in der LXX die Verse 4—13. Im allgemeinen rechnet man mit einem Ausfall durch Homoioteleuton (vgl.  Rudolph,  Komm. Jer .,S. 243).21 2  Die Ansichten der bisherigen Forschung gehen in der Beurteilung dieses Sachverhalts weit auseinander. Vgl. hierzu die Kommentare sowie die ausführlicheDarstellung der verschiedenen Thesen bei  Wanke,  Baruchschrift, S. 106, Anm. 10.

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Analyse 95

b) Analyse

Die Entstehung von Jer 39,1 — 14

Der den Abschnitt abschließende V. 14 knüpft mit der Feststellung

der Befreiung Jeremias aus dem Wachthof an Jer 38,28a an. Als

handelndes Subjek t (PI.) können im jetzigen Zusammenhang nur

die in V. 13 erwähnten Personen gemeint sein. Die gleichen Namen

sind schon (außer Nebusaradan!) in V. 3 genannt. Da in V. 3 die Be

merkung über das Auft re ten der babylonischen B'HB? in der jetzigen

Abfolge völlig unmotiviert ist, wenn nicht an eine spätere Fortset

zung gedacht war, eine solche andererseits mit dem gleichen Subjekt

in V. 14 vorliegt, beziehen sich beide Verse aufeinander: d.h. V. 14

muß die ursprüngliche Fortsetzung von V. 3 sein213. Beide Verse berichten in knapper Fo rm, wie nach der Einnahme Jerusa lems (Jer

38,28b) mehrere namentlich genannte babylonische B,1B? in Jerusa

lem eintreffen, sich im ylftil "ii?B? nieder lassen 214  und schließlich Je

remia aus dem Wachthof holen lassen, um den Prophe ten freizu

geben215 .

Für Jer 39,14 stell t sich nicht nur die Frage nach dem Verhältnis

zu Jer 40,6, auch der Text ist, so wie er vorliegt, schwierig. Unklar

ist, was mit m3n -7K iHKSin1? gemeint sein soll.  Rudolph216  , Wei-

ser 211  und  Wanke

216   berücksichtigen bei der Rekonstr ukt ion dieses

Versteils voreilig den folgenden Abschnit t J er 4 0 , 1 - 6 und streichen

im Blick darauf zunächst ...  _ |3 W7"n -7K als unpassenden Zusatz219 ,

um dann aus man-7K lnKSin"? ein wanVl inKSinV zu konjizieren220.

Die Behauptung, daß die Nennung Gedaljas hier ein Zusatz sei, ist

 jedoch nur möglich, wenn sich sicherstellen läßt, daß der zusetzen

de Bearbeiter Je r 40,l f f im Auge hatt e. Da die vorliegende Konstruk

tion . . . " p m^ Tl -^K IHK lin-1! durchaus kor rekt ist und zudem durchaus verständlich und sinnvoll erscheint , solange man den folgenden

Abschnitt J e r 40 ,1 ff unberücks ichtigt läßt , bes teh t also zunächst gar

213  Zu den babylonischen Namen in V. 3 vgl.  Rudolph,  Komm. Jer ., S.  244f.

214  Duhm,  Komm. Jer. , S. 309 : „nämlich zum Gericht und zur Ordnung derDinge".215  Bei dieser Darstellung mag durchaus eine Rolle gespielt haben, daß im Blickauf die Freilassung des Propheten durch die babylonischen D,"1B?das Verhalten

der jerusalemer B"HB? umso verwerflicher erscheinen mußte.216  Komm. Jer. , S. 245 .217  Komm. Jer. , S. 345.21 8  Baruchschrift, S. 109f.219  Siehe dazu auch unten S. 102.220  So schon  Rothstein,  HSAT, z.St. - Siehe aber zu N13 und KIT (hi) in ähnlicher Konstruktion 2.Sam 5,2 (l .Chr 11,2) ; Nu 27,17.

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96 Jeremia 39,1-40,6

kein Anlaß, hier einen Zusatz nach Jer 40,5.6 zu postulieren. Somit

bleibt -7K iHKSin1? abhängig von . . . "7K inK limi.  Duhm  häl t an

diesem Text fest und nimmt einen terminus technicus an: „jeman

den .herausführen ins Haus' bedeutet: ihm Freiheit und Bürgerrecht

zurückgeben" 221. Mir scheint es jedoch wahrscheinlicher, daß das

schwierige m3n_7K durch die Verschreibung eines ursprünglichen

irv37 iriKSin1?222  entstanden ist: Der Prophet kam zu Gadalja, da

mit jener ihn nach Hause herausbringen konnte. Dazu paßt das ab

schließende ai?n -pna asn.

Auf die Frage, wo und ob nach der ursprünglichen Weiterführung

von Jer 39,14 zu suchen ist 223, ist später einzugehen224.

Die beiden V. 3 und 14 wurde durch die nachträgliche Einschaltungvon Jer 39,4—12225  auseinandergerissen. V. 13 dient jetzt mit der

Wiederaufnahme der Namen aus V. 3 und der Erwähnung des Nebu

saradan (V. 9 ff) dazu, eine Verbindung zwischen dem Auft reten Ne-

busaradans und dem der  0*~\W  herzustellen.

Im Blick auf Jer 39,4—12 ist zu fragen, ob diese Einschaltung in

einem Zuge vorgenommen wurde, oder ob verschiedene Hände daran

beteiligt waren226. Die Interpolation der Verse 4—10 auch ohne die

 jetzt folgenden Verse 11.12 wäre durchaus vorstellbar. Die Aufnahme von V. ll f , ohne daß die Verse 4 — 10 schon vorausgesetzt wer

den konnten, ist nicht denkbar.

Zunächst wird man klären müssen, zu welchem Zweck hier die aus

Jer 52/2.Kön 25 stammenden Nachrichten aufgenommen wurden.

Sicherlich sollte auf diese Weise auch der geschichtliche Hintergrund

des knappen Berichts über die Freilassung Jeremias nach der Ein

nahme der Stadt (Jer 38,28b.39.3.14) aufgezeigt werden 227. Doch

22 1  Duhm,  Komm. Jer., S. 312 ; Giesebrecht,  Komm. Jer ., S. 210, übersetzt :

„... ihn nach Hause herauszuführen".222  Gemeint ist Jeremias Haus. 1JV37 ist eventuell später mit Gedalja in Verbindung gebracht worden; jedenfalls hat der Verfasser von 40,5.6 die Vorstellung, daß Je remia bei Gedalja wohne (V. 5 WK 3E>1 und V. 6 mK 3BH).223

  Die Nennung Gedaljas führt auf Jer 40,7ff (Jer 40,6 entspricht 39,14); dieSchlußnotiz Bl?n "Jina 3B?,1 könnte auf Jer 42 vorausverweisen, wo Jeremia nachlanger Unterbrechung (Jer 40,7—41,16 spielt der Prophet überhaupt keine Rolle!)wieder auftaucht.224

  Jer 39,15 — 18

  behandeln ein ganz anderes Thema; vgl. dazu unten S.  99ff.

225  Wahrscheinlich wurden im gleichen Arbeitsvorgang auch die Verse  39,1 — 2mitaufgenommen.226  Wie oben schon angemerkt, entsprechen Je r 39,4—10 sowie V. 1.2 im wesentlichen, wenn auch stark gekürzt Je r 52,4—11.13 — 16 (= 2.Kön 25,1—7*.9-12).

227  So  Wanke,  Baruchschrift, S. 107.

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Analyse 97

erklärt dieses Anliegen nicht, daß die Verklammerung der aus Jer

52/2.Kön 25 entnommenen Verse228  gerade so und nicht anders

vorgenommen werden mußte. An sich wäre nämlich eine Einschal

tung zwischen Jer 39,2 und 3 viel geschickter gewesen, also die Ab

folge 39,2.4*-8, anschließend 39,3.14, sodann 39,9-10. 2 2 9  ( 1 1 -

12 usf.). Da in diesem Fall jedoch Nebusaradan nicht mit der Ak

tion zur Befreiung Jeremias (39,14) in Verbindung zu bringen war, ist

die Textfassung, wie sie je tz t vorliegt, daruf zurückzuführen, daß es

dem Bearbeiter hier gerade um den Nachweis ging, daß auch Nebusara

dan an der Befreiungsaktion beteiligt war.

Einen vorgegebenen Bericht (Jer 38,28b; 39,3.14) über die Befreiung

Jeremias derart zu erweitern, daß in dem darin genannten Kreis der

B""1E> je tz t auch der aus Je r 52/2.Kön bekannte Nebusaradan aufge

nommen, also an der geschilderten Aktion beteiligt wird, erscheint

wiederum nur dann sinnvoll und erforderlich, wenn dem Bearbeiter

die Einbeziehung Nebusaradans gerade hier wichtig war, bzw. wenn

es sonst gar keine andere Möglichkeit gab, ihn ins Spiel zu bringen.

Daraus ist zu folgern, daß der Bearbeiter keinerlei Kenntnis von

.Nachrichten" oder anderweitig überlieferten Erzählungen gehabt

haben kann, in denen Nebusaradan Jeremias Freilassung veranlaßt.

Die öfter vertretene These 2 3 0  daß ein zweiter , unabhängig existierender Bericht über Jeremias Befreiung in Rama durch Nebusaradan

(Jer 40,l ff ) den für den jetzigen Text von Je r 39 veran twortlichen

Bearbeiter veranlaßt habe, das Kapitel 39 in die vorliegende Fassung

zu bringen, leuchtet daher nicht ein.

Wenn aber ein unabhängig existierender Bericht (wie etwa Jer 40,

l ff)2 3 1  nicht die Ursache gewesen sein kann, neben den in V. 3 ge

na nnten B'HB? auch den Nebusaradan noch anzuführen, so hat man zu

fragen, welches Ziel der Bearbeiter überhaupt mit seiner Kompilation verfolgen wollte. Denn daß es ihm nur darum ging, die Namen

der B'IB? um einen wei teren zu vermehren, ist unwahrscheinlich. Sein

Vorgehen ist nur sinnvoll, wenn er die Person gerade des Nebusara

dan benutzen wollte, noch weitere Bemerkungen mit dem Thema

228  Daß 2.Kön 25/Jer 52 von Je r 39 abhängig sind, ist nicht denkbar.229

  In diesem Fall wäre es nicht einmal nötig gewesen, die chronologischen An

gaben aus 2.Kön 25/Jer 52 zu unterschlagen, weil diese Textfolge ohne chronologische Differenzen ausgekommen wäre (gegen  Wanke,  ebd. S. 107).23 0

  Vgl.  Thiel,  Diss., S.  566ff;  Wanke,  ebd., S. 108f, der Je r 39,1 lf und 4 0 ,1 - 6für eine „Legendenbildung der exilischen Zeit (hält), vielleicht aus deuteronomistischen Kreisen . .. , wobei nicht ausgeschlossen ist, daß diese an historischesGeschehen anknüpfte" (S. 109).23 1  Vgl. dazu un ten S.  lOOff.

7 Pohlmann, Jeremiabuch

BayerischeStaatsbibliothek

München

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9 8 Jeremia 39 ,1- 40 ,6

„Befreiung Jeremias" zu verknüpfen, und zu zeigen, wie wichtigdie Gesta lt des Je remia selbst dem babylonischen König war. InJer 39,11.12 schildert er nämlich, daß sich Nebukadnezar persönlich mit dem Schicksal des Propheten befaßt, und im direkten Anschluß an die aus 2.Kön 25/Jer 52 stammende Erwähnung Nebusaradans läßt er diesem den königlichen Auftrag erteilen (V. 11), sichum Jeremia zu kümmern232 .

Während nun einerseits aus der in 39,13.14 konstruierten Beteiligung Nebusaradans zu folgern war, daß eine solch mühsam erreichteVerknüpfung nicht einsichtig wäre, wenn an anderer Stelle (z.B.Jer 40,lff) oder auch sonst anderweitig existierend ein Bericht überNebusaradans rettendes Handeln an Jeremia vorausgesetzt werdenkonnte oder bekannt war, daß also Jer 39,13

 — 14 keinesfalls im

Blick auf Jer 40,lff abgefaßt worden sein kann, so ist andererseitsnicht zu übersehen, daß die Verse 39,11—12 deutlich auf Jer 40,2—6 vorausweisen. Es liegen nicht nur unübersehbare Verknüpfungselemente zwischen 39,12  ( ,32 3 3  . . . 17 B?l?n-7Kl 1-71? B'fc Tl"l?1 linp. . . -I3T  Htm  BK) und 40 ,4 ( . . . "]"7» VS-JU» B'fKl) vor; auch dieVerse 39,11.12 selbst lassen im folgenden eine ausführlichere Beschreibung erwarten, als sie zunächst in 39,13f enthalten ist, näm

lich wie Nebusaradan dem von Nebukadnezar ihm erteilten Befehlnachkommt.

Da also Jer 40,lff als Bericht über eine zweite Freilassung des Propheten durch Nebusaradan allein, diesmal in Rama, nicht die Voraussetzung für das literarische Vorgehen des für Je r 39,3—14 verantwortlichen Bearbeiters gewesen sein kann, zugleich jedoch die Verse39,11.12 auf Je r 40,2—6 vorausweisen, bzw. Teile aus Jer 40,2ff anJer 39,11.12 anknüpfen, liegt die Vermutung nahe, daß Jer 40,1 ff

in einer früheren Fassung gar keine Notiz über eine erneute Freilassung Jeremias in Rama enthielt, sondern ursprünglich als die vonJer 39,11.12 zu erwartende Fortsetzung konzipiert worden war.

Allgemein anerkannt ist, daß der jetzige Einleitungsvers (Jer 40,1),der das folgende als Befreiungsaktion in Rama vorprägt, nicht mehrin seiner ursprünglichen Fassung erhalten sein kann, sondern vielmehr auf redaktionelle Gestaltung zurückgehen muß2 3 4 .

23 2

  Überlegungen, ob eine solche Anordnung durch Nebukadnezar historisch seinkann oder nicht, bleiben rein spekulativ (vgl.  Wanke,  Baruchschrift, S. 109;Thiel,  Diss., S. 566) .233  Dem ... "I37"1  "IB?K3 BK "O scheint in Jer 40,5f zu entsprechen, daß Nebusaradan dem Propheten anbietet, sich zwischen zwei Möglichkeiten zu entscheiden.234  Vgl.  Wanke,  Baruchschrift, S. 110;  Thiel,  Diss., S.  566f.

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Analyse 99

J e r 39 , 15 - 18 / 40 , 1 - 6

Die Schwierigkeit, daß Jer 40,1—6 durch den jetzigen Einleitungsvers „den Anstrich einer selbständigen Einheit" erhält235, läßt sich

m.E. nur im Zusammenhang mit der Beurteilung von Jer 39,15—18lösen. Dieses Heilswort236  an Ebed Melech zerstört jetzt deutlichaufgrund seiner Stellung die durch die in Je r 40,2ff enthal tenenVerknüpfungselemente erkennbare und belegte Verbindung zwischen4 0 , 1 - 6 und 39,1 lff. Daß der den vorliegenden Text 3 9 , 1 - 1 4 mitseinen Verbindungslinien zu 40,2ff konstruierende Bearbeiter diesesStück (Jer 39 ,15 -18 ) in seiner Vorlage (also Je r 38, 28 b; 39 ,3 .14 ;39,15 — 18) schon zu berücksichtigen ha tte, ist deswegen weniger

wahrscheinlich als die Annahme einer noch späteren Interpolationzwischen 39,1 — 14 und  40,lff,  weil dann wiederum gar nicht einzusehen ist, warum in diesem Fall der Bearbeiter zu einer derartkonfusen Kompilation gezwungen war, wie sie vorliegt. Für einespätere Einschaltung von 39,15 — 18  in die schon vorgegebene Komposition 39,1—14; 40 ,l ff spricht ferner, daß diese Verse (besonders V. 17) hier nach einer genaueren Schilderung der Gefahrenfür die Bewohnerschaft Jerusalems und Judas (vgl. 39,8—10) verständlicher sind, als nach einem lediglich knappen Bericht über

Jeremias Befreiung durch die babylonischen an© (39,3.14) 23 7 . DaßJer 39,15—18 von dem für 39,1—14; 40 ,l ff verantwortl ichen Bearbeiter selbst hier eingeschaltet wurde, halte ich für ganz abwegig 238.

Geht man folglich davon aus, daß durch die nachträgliche Interpolation von Jer 39,15 — 18  die ursprüngliche Weiterführung von39,1 — 14 durch 4 0, lf f un terbr ochen worden ist, so wird man dieEntstehung der auffälligen Textfassung von Jer 40,1 mit diesemInterpolationsvorgang in Verbindung zu bringen haben. Hier stelltsich die Frage, ob der Interpolator bei der Abfassung von 40,1 aufeinen vorgegebenen Text zurückgreifen konnte, oder ob er diesenVers selbst formuliert hat, so daß es sich erübrigt, nach der Originalfassung zu suchen.

235  Thiel,  Diss., S. 569.

23 6  Sofern man in 39,15—18 einen älteren Kern zu erkennen meint  (Thiel,

Diss., S. 565) oder diese Verse überhaupt für echt hält  (Rudolph,  Komm. Jer. ,

S. 249; unsicher  Giesebrecht,  Komm. Jer. , S. 211), erwägt man als ursprünglichen Kontext Jer 38  (Thiel  hinter  38,13;  ebenso  Rudolph; Giesebrecht   hinter 38,28a).  Duhm  hält dieses Stück für ein „Produkt des Ergänzers" (Komm.Jer., S. 312); für  Wanke  (Baruchschrift, S. 112) handelt es sich „kaum" umein originales Jeremiawort.237  Ähnlich  Wanke,  Baruchschrift, S. 112, Anm. 19.238  Gegen  Thiel,  Diss., S.  561.563ff.

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100 Jeremia 39,1-40,6

Die Formel ... 7K mn"iB?K I3in 2 3 9  in 40,1 berücksichtigt nicht,daß im folgenden gar kein an Jeremia ergangenes Jahwewort mitgeteil t wird. Daß dieser Versteil ( . . . 1B?K "!3"rn) jetzt als generelleÜberschrift zu Jer 40—45 (oder Jer 40—43) zu werten sei 240, leuchtet nicht ein; denn erst in Jer 42,10 ist von der Mitteilung einesJahwewortes durch Jeremia die Rede. Jeremia selbst spielt im größten Teil der folgenden Berichte überhaupt keine Rolle241 . Somitgestaltet der Interpolator von 39,15-18 mit ... rrn"itfK n3*rn dieerforderlich gewordene neue Einleitung zu den folgenden Versen40,2—6,  da eine direkte Fortsetzung im Erzählstil nicht gut möglich war. Die Weiterführung der Formel . . . rrn""iB?'K "I3"in mit... ri7B? iriK ist allerdings auf die folgende Darstellung insofern nicht

abgestimmt, als diese eben gar nichts mehr an Bemerkungen überdie Zeit „nach" der Entlassung (n"7B?) bzw. „Wegschickung" ausRama enthält2 4 2 . Außerdem greifen diese Worte dem ... innpavoraus. ... innpa wiederum nimmt V. 2a vorweg243.

Mehr als dieser verworrene Aufbau ist vorerst nicht zu erkennen.Versucht man von der folgenden Erzählung aus auf eine möglicheOriginalfassung von Jer 40,1 zurückzuschließen, so stößt man hierzunächst auf die Schwierigkeit, daß auch die Verse 2—6 stark über

arbeitet sind. Am wenigsten problematisch ist noch die Rede desNebusaradan in V.  2—3244.  riKtn m?"in setzt konkrete Bemerkungenüber das, was „diesem Ort" widerfahren ist, voraus, bezieht sichalso auf die Darstellung der jetzt auf 39,3 folgenden Verse 39,4—10.  Diese Worte (V. 2b.3) im Munde des Babyloniers haben dieFunktion, die Handlungsweise Nebusaradans verständlich zu machen. Der für sie zuständige Verfasser bemüht sich, — wohl auchim Blick auf 3 9,11 .12 — die Fürsorge der Babylonier für den Pro

pheten damit zu erklären, daß Nebukadnezar und Nebusaradan die jeremianische Verkündigung kannten und von ihrer Richtigkeit überzeugt waren.

Die Hauptprobleme beginnen mit V.  4 2 4 5 .  Nach M konstatiert Ne-

239  Vgl. Jer 7,1 ; 18, 1; 21 ,1 ; (25,1) 30, 1; 32 ,1 ; 34, 1; 34,8; 44,1 (46,13).240  Vgl. z.B.  Giesebrecht,  Komm. Jer. , S. 212 ;  Weiser,  Komm. Jer., S. 350; Rudolph,  Komm. Jer ., S. 22 7;  Wanke,  Baruchschrift, S. 108, Anm. 12.241

  So mit  Thiel,  Diss., S.  569ff.

242  In Jer 34,8 ist das . .. n n K sachgemäß.243  Zu B-pTK vgl. 40, 4.- 40, lb/ 3 scheint an 39,9 anzuknüpfen.244  LXX hat den kürzeren Text. — Zu Einzelheiten vgl. die Kommentare; ferner  Wanke,  Baruchschrift, S. 105.Ms Die LXX liest lediglich -pVl? V»"IUl B'B'KI... "pnnnD nm (ohne BVHhinter ynnnD).

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Analyse 101

busaradan die Befreiung Jeremias von seinen Fesseln 246, um ihmanschließend freizustellen, mit ihm und unter seiner Obhut nachBabel zu ziehen oder (V. 4aj3) auch nicht; das ganze Land steheihm offen (V. 4b); er könne auch zu Gedalja zurückkehren (31B?)und bei diesem bleiben oder überallhin ziehen, wohin es ihm gutdünke (V. 5a). Deutlich nimmt V.  4bß  die zweite Hälfte von V. 5avorweg. Es liegt also eine nachträgliche Erweiterung vor, die 2 4 7  zugleich auch die Ursache für den völlig verderbten, jedenfalls jetztunverständlichen Versanfang von V. 5 ... air'S 1 ? 11T11?1248 gewesen sein dürfte. War 31B>,-K7 11Y)1?1 originaler Bes tandteil der RedeNebusaradans2 49, so ist davon auszugehen, daß diese Worte sichentweder auf Jeremia bezogen, also die 2. Person enthielten, oder

aber eine Selbstaussage Nebusaradans in der 1. Person darstellten.Unter Berücksichtigung des vorliegenden Kon sonan ten bes tan desscheint mir letzteres wahrscheinlicher. Im Blick auf den Kontext(vgl. V. 4 -pnnnD und . . . B'iTKl) liegt da nn folgende Re ko ns tr uk tion nahe: 31B?K  K7250  nm-"71?1251  („aber hierher werde ich nichtzurückkehren!"). Diese Feststellung im Munde Nebusaradans paßtm.E. nach V. 4a hervorragend, nachdem hier der Verfasser denBabylonier dem Propheten die Zusage geben läßt, für ihn zu sor

gen, wenn er mit nach Babel zieht. Falls Je re mi a je do ch bleiben

246  Im Blick auf den jetzigen Einleitungsvers (40,1) liegt hier der Koinzidenzfall vor, d.h. IVinnD drückt hier zugleich mit dem Aussprechen die gleichzeitig vorgenommene Freilassung Jeremias aus (vgl. auch BVH). Da jedoch BVHnicht ursprünglich sein muß (vgl. LXX!), ist andererseits, wenn man den schwierigen und strittigen V. 1 unberücksichtigt läßt, auch die Übersetzung möglich:„Und nun, siehe, ich habe dich von deinen Fesseln (damals) befreit; wenn ...".In diesem Fall kann -pnnnD auf Jer 39,13.14 (Freilassung Jeremias durch die

babylonischen D,

1B>, von denen Nebusaradan in V. 13 an erster Stelle genanntwird!) zurückverweisen, nin mit folgendem  Perf.  im Sinne eines Rückverweisesbegegnet z.B. Jos  22,11;  l.Sam 12, 1; 2.Sam 3,24; 14 ,32; 18,10.247  V. 4ba erinnert an Gen 13,9; 21,5! - Die Textfassung der LXX wirkt geschlossener, könnte demnach den älteren Text bewahrt haben. Eine möglicheKürzung läßt sich jedoch nicht mit Sicherheit ausschließen.248

  Rudolph  (Komm. Jer ., S. 246) und  Wanke  (Baruchschrift, S. 105) schließen sich der Textkonstruktion von  Volz  (Komm. Jer., S. 346) an, der in V. 4... "lE?',n-7K1 bis "]7 „als dtgr. zu den fast gleichlautenden Worten in 5" streichtund den Rest . . . imi? 1 . . . 31Ü"7K in naE? n3B?7 -|T1?3 31Ü-BK ändert.24 9  Giesebrecht   (Komm. Je r. , S. 212) hält diese Worte für eine „völlig entstellte Glosse".250  Zu 31E>K K7 vgl. l.Sam 15,26.« i Zu nin"71? vgl. 2.Kön 8,7 (c. K13); 2.Sam 20,16 (c. 3 i p ) . - Das jetzige... imi?1 dürfte nach der Auffüllung von V. 4b (s. dazu unten Anm. 253!)zustande gekommen sein; vielleicht hängt diese Leseart auch mit der Kenntnisund Anwendung ähnlicher Aussagen wie Jer 22,10.11.27; 44,14 zusammen.

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102 Jeremia 39,1-40,6

möch te , ist für Nebusaradan der Befehl seines Königs (vgl. Jer 39,

l l f ) gegenstandslos geworden (daher : . . . 31E>K K7 nin_11?l).

Daran anschließend konnte der Verfasser dieser Verse Nebusara

dan den Propheten auffordern lassen, sich zurück zu Gedalja zu begeben, oder wohin sonst es ihm beliebe. Da kein Anlaß besteht,

31B? mit „keh re um und geh" zu überse tzen 252 , da auch die Ab

folge der Aufforderung, als erstes und betont den Aufenthalt bei

Gedalja in den Blick zu rücken und anschließend erst auf andere

Möglichkeiten zu verweisen, bestät igt, daß mit . . . 31B? an eine Rück

kehr  wieder   zu Gedalja und nicht an eine erste Kontaktaufnahme

zwischen Jeremia und diesem gedacht ist253, setzt V. 5 einen frühe

ren Aufenthalt Jeremias bei Gedalja voraus. Davon war in der Tatschon in Jer 39,14 die Rede! So wird auch klar, warum sich V. 6

die Not iz, wie Jeremia zu Gedalja nach Mizpa gelangt, sehr eng

mit Jer 39,14 (zweite Hälfte)254  berührt und wie eine Wiederho

lung bzw. Wiederaufnahme wirkt. Jer 39,14 imVll'^K ist kein

nachträglich eingedrungener Zusatz25 5 , der Jer 40,1—6 schon vor

aussetzt. Da 40,5 im Blick auf 39,14 an eine Rückkehr  wieder   zu

Gedalja denkt2 5 6 , kann der Verfasser in V. 6 die vorgegebenen For

mulierungen aus 39,14 wieder aufnehmen und ergänzen, um die

ältere Verknüpfung zum Folgenden, den Berichten über Gedalja in

Mizpa, wiederherzustellen.

" 2  Gegen  Rudolph,  Komm. Jer. , S. 246. - Vgl. zu 318? c. 7K z.B. Nu 23,5.16!253  Diesen Eindruck, als handle es sich hier um eine erste Kontaktaufnahme,versucht die Einschaltung von V. 4b jetzt zu erwecken, die ja im wesentlichen

V. 5a0 entspricht. Die jetzige Textfassung von V. 4 hängt damit zusammen,daß nach der Meinung des hier zuständigen Bearbeiters Nebusaradan den Propheten nicht zur Rückkehr  wieder   zu Gedalja aufgefordert haben kann, berücksichtigt also Jer 40,1. Wahrscheinlich ist sogar in 40,1 und V. 4b dieselbebearbeitende Hand am Werk gewesen (vgl. dazu unten die Zusammenfassung!).Durch 40,4b soll das vorgegebene eindeutige 7K 31B? als nur eine von mehreren Möglichkeiten umgedeutet werden.254

  Duhm  (Komm. Jer. , S. 312) hält „V. 14b für eine Vorwegnahme von 40 ,6 ,der wahren Forsetzung von 39,14a"; zu  Rudolph  und  Wanke  siehe oben S. 95 .255  Die These, hier liege eine Vorwegnahme  (Duhm)  von 40,6 oder ein Zusatz

(Rudolph  „wegen 40,6") vor, ist eine reine Verlegenheitsauskunft, solange sichnicht aufdecken läßt, was sich der für eine solche nachträgliche Einschaltungaus Jer 40,5f verantwortliche Bearbeiter dabei gedacht hat, oder welches Motiv ihn dazu veranlaßt.25 6

  Der Aufbau von V. 5 deutet daraufhin, daß der Verfasser für Jeremia eineEntscheidungssituation konstruiert, wiewohl seine Darstellung nur mit der Notiz enden konnte, daß sich Jeremia schließlich bei Gedalja aufhielt!

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Analyse 103

In 40,5.6 ist jetzt die Formulierung Bl?n "]ina WK 3E>1 (bzw. aan

...  inK2 5 7) auffällig. Aus 39,14 ging hervor, daß Je re mia freigelas

sen wurde und sich schließlich, nachdem die babylonischen B,-1E>

ihn an Gedalja übergeben hatten 2 5 8 , „unter dem Volk" aufhielt

( . . . Bl?n "pna SBh). Der für 40 ,5 .6 zuständige Verfasser hat dem

nach 39,14 modifiziert und aus den vorgegebenen Nachrichten einen

Aufenthalt Jeremias „bei Gedalja unter dem Volk" 2 5 9  kombiniert.

Ihm war offensichtlich daran gelegen, auf diese Weise die Person

des Propheten deutlicher in die Nähe des Gedalja zu rücken, so daß

der Leser je tz t davon auszugehen ha t, Je remia sei bei den folgen

den, in Je r 40,7—41,18 ber ichteten Ereignissen immer zugegen ge

wesen, obwohl der Prophet in den folgenden Abschnitten überhaupt

nicht in Erscheinung tritt und an keiner Stelle seine Gegenwart während der geschilderten Begebenheiten vorausgesetzt, bzw. nirgends

auf einen Aufenthalt Jeremias in Gedaljas Nähe, also in Mizpa, Be

zug genommen wird 260 .

Als Ergebnis der Analyse von Jer 40,(l) 2 6 1  (2—6) kann festgehalten

werden:

Da sich . . . T V n K B'toKl in V. 4a auf Jer 39,12 zurückbezieht , soll

hier zusammen mit dem vorausgehenden ... -pnnnD

26 2

  (V. 4aa), dasauf 39,13.14 zurückverweist, herausgearbeitet werden, daß Nebusara

dan dem Befehl seines Königs nachgekommen ist (39,11 — 12) und

sich fürsorglich um den Propheten auch nach seiner Freilassung ge

kümmert hat. Der für Jer 40,2—6 zuständige Verfasser berücksich

tigt Nachr ichten über eine frühere Begegnung Jeremias mit Gedalja

(40,5 . . . n3Bh! - vgl. 39 ,14 ). Vo n einer leichten Modifika tion263

abgesehen, stellt er am Schluß seiner Darstellung die in 39,14 vorge

gebene Situation wieder her. Es war also nicht seine Absicht, über

weitere historische Ereignisse und Begebenheiten zu informieren.

Ihm lag lediglich an einer genaueren Beschreibung der dem Prophe

ten gegenüber positiven Einstellung der Babylonier.

257  Das Fehlen von inK in der LXX ist darauf zurückzuführen, daß diese For

mulierung zusammen mit dem folgenden Dl?n "]in3 in der Tat recht merkwürdig klingt.258

  Vgl. dazu oben S. 95f.259  Der Hinweis, daß Jeremia „zu Gedalja nach Mizpa ka m" (40,6 Anfang) in

Verbindung mit dem folgenden y"1K3 . . . inK 3EH spiegelt deutlich die Vorstellung des Verfassers wieder, daß sich „das Volk, das übrig geblieben war imLand" insgesamt in Mizpa versammelt hatte.260

  Das geschieht erst in Jer 43,6! - Zu Jer 42 vgl. unten S.  123ff.26 1

  Vgl. dazu unten S. 104f.262

  Zu . . . -pnnnD siehe oben S. 10 1.263 Yg] dazu oben!

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104 Jeremia 39,1-40,6

Im Blick auf Jer 40,1 ist aus all dem zu folgern: Aus dem oben nachgewiesenen Kompositionszusammenhang Jer 38,28b; 39,1 — 14; 40 ,2ff 264 fän t  der jetzige Einleitungsvers zu Jer 40,2ff nicht nur formal(vgl. . . . 1E*K 13 i n ) , sondern auch inhalt lich265  heraus, wenn hiermitgeteilt wird, daß Nebusaradan den Propheten in Rama 2 6 6 , gefesselt, unter den für die Verbannung nach Babel bestimmten Ju-däem antrifft. War oben2 6 7  schon festgestellt worden, daß Jer 40,1in der vorliegenden Fassung auf den Interpolator zurückgeht, derJer 39,15 — 18  zwischen Jer 39,14 und 40,2ff eingeschaltet hat, sokönn en wir je tz t hinzufügen, daß der Interpolator bei der Abfassungdes Überleitungsverses 40,1 keinerlei ältere, in dem ihm vorgegebenenErzählzusammenhang entha ltene Notizen über Jeremias Situation

nach seiner Freilassung durch Nebusaradan und die übrigen babylonischen B'IB? ausgewertet haben kann.

Bevor die Frage zu klären ist, auf welche Weise der Interpolator zuden jetzt in 40,1 enthaltenen Aussagen kommt, ist zunächst nochdarauf aufmerksam zu machen , daß 40,1 in seiner jetzigen Textgestalt reichlich überfüllt268  erscheint. Der jetzige Aufbau dieses Verseskann so nicht von einer Hand 2 6 9  stammen. Denn die Anmerkung. . . Kim hinkt in der jetz igen Stel lung nach und wird von dem vor

ausgehenden ... n7B> "inK weit überholt270. Muß man daher eineVorform des jetzigen Textes postulieren, so liegt es nahe, anzunehmen, daß nach dem Einschub von 39,15 — 18 als Überle itung zu 40,2ffin V. 1 lediglich a-Vian . . . 3  "IIBK271  Kim mm nKa . . .  -IB>K  ia tnn"?33 ursprünglich war.

264  Diese Textfassung ist allerdings erst das Ergebnis der Bearbeitung einer älteren Vorlage.265

  Die Kommentare (vgl. z.B. Weiser 

  und  Rudolph,  jeweils z.St.) versuchenim Blick auf Jer 40,1 und die darin enthaltenen Angaben mit Vermutungenweiterzukommen.266   Da mit ntn B1pBn-7K ... (V. 2) Jerusalem gemeint ist, diese Formulierung im Munde Nebusaradans aber nur sinnvoll ist, solange man sich vorstellenkann, daß er sich in Jerusalem oder in unmittelbarer Nähe davon aufhält, stehtdie Ortsangabe „in Rama" in V. 1 hierzu im Widerspruch.267  Siehe dazu oben S. 100.2« Zu . . . "1BW "13751 mit folgendem  ,-inK c. Verb vgl. Jer 34,8; . . . "IB?'K "13Tnmit 3 und folgendem Infinitiv vgl. Jer 21,1; (45,1); zu . . . "1B*K "13in mit fol

gendem Nominalsatz (durch 1 eingeleitet) vgl. Jer 34,1 (32,1.2).269  Man fragt sich, warum in diesem Fall der Bearbeiter nicht besser konstruierte :  np-o  TTK-ITI31  nVan: nVas . . . t rp ma -noK-Kim mm nKa . . .  -IE?K  nann. . . V7K  -IBK-I  (2) nn-i3  WK  .

270  . . . n7E> "inK ist im Blick auf die folgende Darstellung unsachgemäß! Vgl.dazu oben S. 100.271  Zu dieser Formulierung vgl. Hiob 36,8.

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Zusammenfassung und Ergebnisse 105

Für die Ents te hung dieser Vorform des jetzigen Verses 40 ,1 war aus

schlaggebend, daß der Interpolator in 40,2ff von einem Zusammen

treffen Jeremias mit dem für die Exilierung zuständigen Beamten Ne

busaradan (vgl. J e r 39,9f) las, der den Propheten nach Babel mi tzu

nehme n bere it ist, also nach Jer 40,2ff gerade mit der Durchführung

der Exilierung befaßt ist. Da man in späterer Zeit (vgl. die chronisti

sche Auffassung) allgemein der Ansicht war, daß nach der Erobe

rung Jerusalems durch Nebukadnezar im wesentlichen alle Jerusale

mer und Judäer exiliert worden sind, scheint der Interpolator die

Not iz in Je r 39,14 „ und Je remia blieb unter dem Volk " mit Jer 4 0,

2ff kombiniert und so aufgefaßt zu haben, als sei damit Jeremias

Aufenthalt unter den für die Verbannung bestimmten Volksgenossen

gemeint (daher in Jer 40,1 ni7l"73 mna) . Das . . . TIOK-Kim beru htauf einem Mißverständnis von Jer 40,4. Der Verfasser von 40,1 legte

die in V. 4 vorgegebene Formulierung ...ynnnD, die sich ursprüng

lich auf Je r 39,13.14 —Jeremias Entlassung aus dem Wachthof  —

zurückbeziehen will2 7 2 , so aus, als sei damit gemeint, Nebusaradan

habe den Propheten gefesselt unter der mi m ni7l vorgefunden und

befreit.

Gegenüber dieser Textform, die als Ort des Geschehens an Jerusa

lem oder Jerusalems Nähe denken läßt (vgl. 40 ,2 Ende Bipan~7K

ntn),  wird durch die noch spätere Einschaltung von . . . nVa? "inK

die ganze Angelegenheit nach Rama2 7 3  verlegt. Der Grund dafür

war offensichtlich, daß 40,5 nicht mehr als Aufforderung zur Rück

kehr  wieder   zu Gedalja einleuchtete, bzw. als Aufforderung zur

Rückkehr wieder in judäisches Gebiet mißvers tanden wurde.

c) Zusammenfassung und Ergebnisse

Die oben vorgelegten Analysen ergeben zur Entstehungsgeschichte

von Jer 39 ,1 -4 0, 6:

Erkennbar ist ein älterer Grundtext Jer 38,28b; 39,3.14*, der im

Anschluß an Je r 38,7—28* 27 4  über die Freilassung Jeremias aus

dem Wachthof ber ichte te , und dessen Fortse tzung in Je r 40,7—Jer

41 oder darin enthaltenen Teilstücken vorliegen muß.

Dieser Text wurde unter Verwendung von Nachrichten, die auchin Je r 52 und 2.K^n 25 entha lten sind, derart umgestal tet (Einschal-

272  Siehe dazu oben S. 101.27 3

  Zum Ortsnamen Rama vgl. Je r 31,15.274  Vgl. zu Je r 3 8,7-28 die Analyse oben S.  77ff.

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106 Jeremia 39,1-40,6

tung von Jer 39,1.2 und 4—10), daß nun darüber zu lesen ist, wie

der für die Deportation zuständige Nebusaradan (vgl. 39,9f) sich im

Auftrag Nebukadnezars um den Prophe ten Je remia kümmern (39,1 lf)

soll und daraufhin bei der Befreiung Jeremias eine führende Rolle

spielt275. Darauf folgte der konstruierte „Bericht" 2 7 6 , wie Nebusara

dan, bevor er nach Babel zurückkehrte, den Propheten noch einmal

zu sich rufen ließ (Jer 40,22 7 7), um ihm mit dem Hinweis auf die

von ihm veranlaßte Befreiung (40,4) auch weiteren Schutz zuzusa

gen, falls er mit ihm nach Babel ziehe (Jer 39,1-14; 40,2-6 2 7 8 a ) .

Im ursprünglichen Text (Jer 38,28b; 39,3.14*) wird lediglich Jeru

salems Einnahme sowie die durch babylonische anB? (ohne Nebu

saradan) veranlaßte Freilassung Jeremias konstati ert . Der Verfasserlegt also hier keinerlei Wert auf die Mitteilung weiterer Einzelhei

ten. Nicht das Schicksal derer, die in die Hände der Babylonier fie

len, das Los der für die Verbannung Bestimmten, das Verhalten der

Babylonier, die unmittelbaren Folgen für Jerusa lem usw., sondern

die nach der Einnahme Jerusalems folgenden Ereignisse im Lande

scheinen den Verfasser in erster Linie zu interessieren. Denn Jer 38 ,

28b;  39,3.14 ist in dieser Kürze nur sinnvoll, wenn eine Weiterfüh

rung beabsichtigt ist, diese Verse also als notwendiges Zwischen

stück im Blick auf die je tz t anschl ießenden Erzählungen (Jer 40,7ff)

oder Teile davon konzipiert wurden, in denen über die weitere

Entwicklung im Lande berichtet wird.

Dagegen legt der Je r 38 ,28b; 39,3.14 umgesta ltende Bearbeiter gro

ßen Wert auf die Nachrichten über die weittragenden Folgen der

Eroberung Jerusalems, über das Schicksal des Königshauses und

der Stadt ( 39 ,4 -8 ) und der judäischen Bevölkerung (39,9f). Die

mit diesen Informationen verknüpfte Darstellung auch des Ergehensdes Propheten Jeremia, d.h. seiner Behandlung durch die Babylonier,

hat schließlich zur Folge, daß der Leser den Eindruck haben muß,

die judäische Bevölkerung sei bis auf den geringen Rest un te r Ge

dalja in Mizpa (Jer 40,6), wo sich auch Jeremia aufhält, im wesent

lichen exiliert worden (vgl. 39,9f). Im Blick auf diesen Sachverhalt

liegt es nahe, den für die Erstellung der Textfolge Jer 39,1 — 14;

275  Jer 39,13 nennt jetzt Nebusaradan an erster Stelle der babylonischen B,")B?.276  Kremers  (EvTh, S. 132) spricht hier von einer ,jüngere(n) Prophetenlegende"

(39,11.12; 40,1—6), rechnet also dementsprechend nicht damit, daß der Interpolator dieser Verse auch deren Verfasser war.277

  In Je r 40,2 könnte ein n7BH (nach der Vorschaltung von 40 ,1; vgl. dazuoben S. 104f) weggefallen sein (siehe Je r 38,14 np ' l . . . nVtf-'l).278a i n  d e r  oben rekonstruierten Textfassung!

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Zusammenfassung und Ergebnisse 107

40,2—6 verantwortlichen Bearbeiter mit jener golaorientierten Redaktion in Verbindung zu bringen, der, wie wir an Jer 24 zeigenkonnten, die Vorrangstellung der babylonischen Gola ein besonderes Anliegen war 2 7 8 0 .

Daß der Verfasser besonders die zuvorkommende Behandlung desProphe ten durch die Babylonier herausstellt (39,1 lf; 40,2ff) undeine Situation konstruiert, in der der Prophet vor der Wahl stand,mit nach Babel zu ziehen oder im Lande zu bleiben, hängt wohldamit zusammen, daß jetzt das Verhalten der judäischen Beamtenum so verwerflicher erscheint (vgl. Je r 37—38) — die Babyloniersind besser als die eigenen Volksgenossen in Juda —, zum anderendeutet die Aufforderung an Jeremia, mit nach Babel zu ziehen, d.h.die Tatsache, daß der Verfasser von 40,2ff eine solche Möglichkeitfür Je remi a in Erwägung zieht, daraufhin, daß ihn die Frage bewegte, warum der Prophet überhaupt im Lande zurückgebliebenwar.

Die uns jetzt vorliegende Textfassung (Jer 39,1—14.15—18; 40,1—6)kam zus tande, als Jer 39,15—18 nachträglich zwischen Jer 39,1—14und Jer 40,2—6 eingeschaltet wurden und dabei Jer 40,2—6 als nun

selbständige Einheit mi t einer Einleitung (= Jer 40,1) versehen werden mußte. Dabei mißverstand der Interpolator von Jer 39,15—18(zugleich der Verfasser von Jer 40,1) die ihm vorgegebene TextfolgeJer 39,1—14; 40,2—6. Die Notiz, daß sich Jeremia nach seiner Freilassung (39,14a) unter dem Volk aufhielt (39,14b), ferner die Erwähnung des für die Deportation zuständigen Beamten (vgl. 39,9fQ-natj-a-i) Nebusaradan in 40,2ff (a-naa-ai), sowie die Worte diesesNebusaradan (40,4f ), in denen von einer Freilassung Jeremias dieRede ist, ließen den Interpolator kombinieren, der Prophet habe sichnach seiner Befreiung aus dem Wachthof (14a) unter dem Volk  auf-

gehalten (14b), das von dem in 40,2ff erwähnten Nebusaradan indie Verbannung geführt werden sollte, und 40,2ff berichte nun darüber, wie Jeremia ein zweites Mal seine Freiheit erhielt. Die Textgestalt von 40,l 2 7 9  enthält also keinerlei historisch wertvolles Material. Sie ist das Ergebnis von Überlegungen, die der Verfasser von40,1 im Blick auf den vorgegebenen Textzusammenhang (vor derEinschaltung von 39,15—18) anstellte, und denen er bei der Abfas

sung dieses Verses Rechnung trug.

278b Zu Einzelheiten vgl. oben S. 29.279  Jer 40,1 lautete ursprünglich: . . . 3 IIBK-Kim mm nKB . . . "1B?K "WTrTn733 B,7)Bn. Dieser Text wurde später noch einmal erweitert (n7B? "WKinK mnp3.. . ) .

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108 Jeremia 40,7-41,18

9. Jer 40,7-41,18

a) Inhalt

Jer 40,7-12Im Anschluß an die Bemerkung, daß sich Jeremia bei Gedalja in Mizpa aufhält (Jer 40,6), erfährt der Leser in Jer 40,7—9 im wesentlichen mit den gleichen Worten wie in 2.Kön 25,22—24, daß sich mehrere namentlich genannte judäische Heerführer bei Gedalja in Mizpaeinfinden, als sie erfahren haben, daß dieser von den Babyloniernzum Statthalter eingesetzt worden ist. Gedalja fordert sie auf, imLande zu bleiben und garantiert ihnen, daß sie von den Babyloniern

nichts zu befürchten haben, sofern sie sich den neuen Oberherrengegenüber loyal verhalten (V. 9) . Über 2.Kön 25,22ff hinausgehendstell t Gedalja in V. 10 fest, daß er in Mizpa seine Aufgaben undPflichten gegenüber den Babyloniern wahrzunehmen hat; die Heerführer sollen sich um die einzubringende Ernte kümmern und sichin ihren Ortschaften aufhalten. Auch die folgenden Verse haben in2.Kön 25 keine Parallele: Die unter den Nachbarvölkern zerstreutenJuden, die von der Situation in Mizpa Kenntnis erhalten, kehren

nach Juda zurück und beginnen mit der Erntezeit (Jer 40,12).

Jer 40,13-16

Der schon einmal erwähnte Jochanan ben Koreach (vgl. V. 8) kommtzusammen mit seinen Männern und allen Heerführern nach Mizpa(V. 13). Sie warnen Gedalja vor einem Mordanschlag, den Ismael (V.8) im Auftrag des ammonitischen Königs Baalis plane (V. 14). Gedal

 ja schlägt diese Warnung in den Wind und läßt sich auch nicht auf

den vertraulichen Vorschlag Jochanans ein, diesen Ismael heimlichzu beseitigen, um auf diese Weise größeres Unheil vom „Rest Judas"abzuwenden (V. 15—16).

Jer 41,1—3 schildern die Ermordung Gedaljas: Der schon erwähnteIsmael (40,8,14.15.16) erscheint mit seinen Leuten in Mizpa (V. la).Bei oder nach einem gemeinsamen Essen (V. lb) mit Gedalja wirddieser erschlagen (V. 2), ebenso alle in Mizpa anwesenden Judenund Chaldäer.

Jer 41,4-10

Einen Tag nach Gedaljas Ermordung kommen achtzig Pilger ausSichern, Silo und Samaria, die auf dem Weg nach Jerusalem sind,an Mizpa vorbei. Ismael geht ihnen entgegen und lockt sie mit der

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Analyse 109

Aufforderung zu einer Zusammenkunft mit Gedalja in die Stadt,um sie dort in der Nähe eines Brunnens niederzumetzeln. Zehn vondiesen Leuten können sich dadurch retten, daß sie auf von ihnenversteckte Lebensmittelvorräte verweisen (V. 8). V. 9 enthält eineden Handlungsablauf unterbrechende Notiz über den Brunnen, inden Ismael die Leichen der Erschlagenen  warf.  Nach seiner Untatversucht Ismael mit dem Rest der Bewohner Mizpas sowie den Gedalja anvertrauten Königstöchtern ammonitisches Gebiet zu erreichen.

Jer 41 ,11-18

Jer 41,1 lff ni mm t einen Szenenwechsel vor. Jo chan an ben Koreacherhält von den schlimmen Ereignissen in Mizpa Nachricht und machtsich zusa mm en mi t seinen Leuten zum Kampf gegen Ismael auf. Bei„den großen Wassern zu Gibeon" stoßen beide Gruppen aufeinander. Bevor es zu einer Auseinandersetzung kommt, läuft der größteTeil der Leute, die sich bei Ismael befanden, zu Jochanan über (V.13—14). Ismael selbst kann sich mit nur wenigen Männern absetzenund begibt sich zu den Ammoni te rn (V. 15). Jo ch an an und seineHeerführer ziehen mit „dem ganzen Rest der Leute Ismaels ..." indie Gegend von Bethlehem, von wo aus sie aus Furcht vor den Chaldäern die Auswanderung nach Ägypten planen (Jer 41,16—18).

b) Analysen

Die vorliegende Textfassung Jer 40,1—41,18 ist nicht aus einemGuß. Das wird zunächst am deutlichsten bei 40,7—41,3.

4 0 , 7 - 9 (vgl. 2.Kö n 25,23f) ber icht en , wie sich niB>3 "1B?K . . .  nt?"73,an ihrer Spitze Ismael ben Nethanja und Jochanan ben Koreach, zuGedalja nach Mizpa begeben, als sie gehört hatten, daß Gedalja dortim Auft rag des Königs von Babel residiert. Nach Jer 40,13ff erscheinen wiederum niE?3 ")B?K . . .  ,")B>"73 vor Gedalja in Mizpa, diesmalunter die Führung des Joc ha na n ben Koreach. Im Blick auf den vorausgehenden Ko nt ex t kann je tz t 40,13ff nur an eine erneute Kon taktaufnahme gedacht sein. Dem widerspricht 280  jedoch in V. 13 selbst

das n"TB?3 "1B?K, womit die bisherige Si tuation der Heerführer und J o chanans charakterisiert werden soll, und die Formulierung ... 1K3nnosan. Das mi?3  "IB?K  (vgl. Je r 40,7) ist als Näherbes timmung zuB ^ n n  ,-)B?"73 nur sinnvoll, wenn dadurch ausgedrückt werden soll,

Vgl. hier auch  Wanke,  Baruchschrift, S. 113f.

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110 Jeremia 40,7-41,18

daß diese Heerführer bisher noch nicht in der Umgebung von Mizpaoder Gedaljas Nähe aufgetreten sind (so deutlich in Jer 40,7)2 8 1 .Aus dem ausführlichen ... 7K 1K3 geht ebenfalls hervor, daß hierdas bereits in 40,7ff erwähnte Zusammentreffen nicht zu berücksichtigen war, bzw. 40,13 nicht auf 40,7ff abgestimmt ist. Auch daß esin 40,13ff „alle Heerführer" sind, die sich zusammen mit Jochanannach Mizpa begeben, spricht dafür, daß 40,13ff die erste Kontakt-aüfnahme zwischen Gedalja und Jo ch an an und den Heerführernschildern will. Denn wäre es dem Verfasser von 40,13ff nur darumgegangen, hier darzustellen, wie Gedalja vor einem gegen ihn gerichteten Mordanschlag gewarnt wurde, so hätte es durchaus genügt,zu berichten, wie sich lediglich Jochanan allein oder mit wenigen

Leuten zu diesem Zweck mit Gedalja in Verbindung setzte. DieErwähnung „aller Heerführer" ist außerdem insofern jetzt ungeschickt, als man von 40,7ff her zunächst annehmen muß, daß sichunter all diesen Heerführern auch Ismael befindet, ehe sich plötzlich in V. 14 herausstellt, daß dieser offensichtlich von all den Heerführern als ein gefährlicher Feind eingestuft wird.

Nimmt man all diese Spannungen ernst, so ist die Schlußfolgerungunumgänglich, daß in 40,7 — 16 zwei ineinander verschachtelte, erstsekundär aufeinander abgestimmte Berichte über das Zusammentreffen der Heerführer mit Gedalja in Mizpa vorliegen282.

Bei der Aufhellung des Entstehungsprozesses, der zur jetzigen Textgestalt geführt hat, ist zu beachten, daß Jer 40,7—9 im wesentlichen wörtlich mit 2.Kön 25,23-24 (vgl. auch Jer  41,lf*  mit 2.Kön25,25) übereinstimmt, hier also literarische Zusammenhänge bestehen müssen. Es gibt drei Möglichkeiten, wie man sich die Übereinstimmungen zwischen 2.Kön 25 und Je r 40,7ff /41 ,lf erklären kann:a. 2.Kön 25,23-25 ist ein Auszug aus Jer  40,7-41,lff  283

.  b. Die jetzigeVerbindung von Je r 40,7ff mit Jer 40,13ff beruht auf einer nachträglichen Berücksichtigung der Nachrichten in 2.Kön 25, d.h. Jer 40,7ffist aus 2.Kön 25 nachgetragen worden, c. Die engen Berührungenzwischen beiden Texten sind auf die Auswertung einer beiden gemeinsamen Quelle zurückzuführen284.

28 1  Duhm  (Komm. Jer. , S. 315) hält m t?3 "IE?K für eine Glosse nach V. 7 (so

mit  Hitzig,  Komm. Jer. , z.St.) , ohne allerdings die Gründe für einen solchenunverständlichen Zusatz angeben zu können.28 2  Vgl. hier auch  Wanke,  Baruchschrift, S.  113ff.283  So  Giesebrecht,  Komm. Jer. , S. 211 ; Duhm,  Komm. Jer., S. 31 5;  Rudolph,

Komm. Jer., S. 249; Noth,  Überlieferungsgeschichtliche Studien, S. 86f u.a.28 4  So Mowinckel,  Zur Komposition des Buches Jeremia, S. 29f;  Eißfeldt,

Einleitung, S.  398f;  Kremers,  EvTh, S. 126;  Wanke,  Baruchschrift, S. 115.

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Analyse 111

Im Blick auf die Entstehungsgeschichte von Jer 40,7—41,3 ist daher

auf die Frage einzugehen, ob der literarische Charakter von 40,7—10

(und 41,lf) darauf hindeutet, daß diese Version über die erste Zu-

sammenkunft der Heerführer in Mizpa aus einem Quellenmaterial

stammen muß, das der einarbeitende Redaktor auswerten konnte,

oder aber  darauf,  daß diese Verse lediglich eine aus tendenziöser Ab-

sicht ad hoc geschaffene Einheit, also ein „konst ruierter Bericht"

sind. Stellt sich heraus, daß der Redaktor hier Quellenmaterial ver-

wendet hat, so ist eine Entscheidung für eine der oben erwähnten

(vgl. b. und c.) denkbaren literarischen Beziehungen zwischen Jer

40/41 und 2.Kön nur möglich, wenn 2.Kön selbst in die Untersu-

chung miteinbezogen wird. Ergibt sich, daß Jer 40,7—9(10) als ad

hoc konstruierter Bericht zu werten ist, muß 2.Kön 25,23—25 einJer 40,7 bis 41,3 auswertender Auszug sein (vgl. oben a.).

Jer 40,7 — 12 ist deutlich zusammengesetzt aus einem Bericht über

die Zusammenkunft aller „Heerführer" bei Gedalja in Mizpa  (7 — 10)

und Nachrichten über die Rückkehr der unter die Nachbarvölker

versprengten Juden ins Land Juda (11 — 12).

Jer 40,7—10: Die Verse 7—8 entsprechen aufbaumäßig 40,11 — 12.

Die Folge von 11?BE?,1 ist jeweils das  1K3,1.  Während in V. 11 der

Objektsatz zu 11?BB? umfassender vom n"lin,7 miKE? spricht, der Ge-

dalja anvert raut ist ( . . . ambl? "fpDn 'Bl), wird die en tsprechende

Aussage in V. 7a (. .. mpon "3) durch das folgende285  inK Tpon '31

. . . B^lK in V. 7b im Vergleich zu V. 11 insofern stark eingeschränkt,

als der mim1? miKB? hier auf lediglich „Männer, Frauen . . . "  usf.286

reduziert ist. Der Verfasser von 40,7 ist anders als der für Jer 40,11

zuständige Autor der Meinung, daß nur eine kleine Gruppe von

„Männern, Frauen ..." nicht nach Babel exiliert wurden (40,7b En-

de).  Für diese allein ist nach seiner Ansicht Gedalja zuständig.

Hier liegt eindeutig jene spätere Auffassung vor, die davon ausgeht,

daß nach der Eroberung Jerusa lems durch die Babylonier das ganze

Land im wesentlichen ohne Bewohner war. Da 40 ,1 lf die Situat ion

im Lande weitaus günstiger beurteilt287 , können diese Verse nicht

noch später an 40,7ff angefügt worden sein288. Der Jer 40,11 — 12

entsprechende Aufbau von 40,7—8 ebenso wie die inhaltlichen Aus-

sagen in V. 7b zwingen zu dem Schluß, daß der Verfasser von 40,

285  LXX hat den kürzeren Text; es fehlt f"IKn n7TBl »]DT.286  Zu Jer 40,7b vgl. auch Jer 41,16!287  Hier ist die Reihenfolge . . . j n i " ^ und anschließend .. . T'pDn "Ol zu be-achten.288  Gegen  Wanke, Baruchschrift, S. 113.

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112 Jeremia 40,7--11,18

7—8 die Verse 40,11 — 12  schon berücksichtigt und die darin enthaltene Notiz über die Lage im Lande vorweg korrigieren will.

Da Jer 40,13ff deutlich darüber be rich te t, wie sich a-VTin -)B?-73

zum ersten Mal mit Gedalja in Verbindung setzen (vgl. oben!), hatder Verfasser von 40,7ff diesen Abschnitt schon auswerten können 289

Während von den in 40,8 namentlich erwähnten Personen die an erster Stelle genannten Ismael ben Nathanja und Jochanan ben Koreach2 9 0  in 40,13ff und 41,lff sowie in den folgenden Berichten einebesondere Rolle spielen, da sie hier als Anführer jeweils verschiedener Gruppen charakterisiert sind, ihre bevorzugte Nennung demnachim Blick auf den anschließenden Kontext verständlich ist, fragt mansich, aus welchem Grund der Verfasser noch weitere Namen mitteilt,obwohl im folgenden darauf keinerlei Bezug genommen wird. Dieüber Ismael und Jochanan hinausgehenden Angaben könnten ohneweiteres fehlen. Wahrscheinlich hängt die Aufzählung weiterer Namen lediglich damit zusammen, daß der Verfasser, nachdem er einmal angefangen hatte, Namen der B^nn  ,*1B?-7B (V. 7) zu nennen,nämlich Ismael und Jochanan (V. 8), nun nicht mit B^nn  ,-iB?-73fortfahren konnte (also: „Da hörten alle Heerführer ..., daß ...;und sie kamen zu Gedalja . . . ; nämlich Ismael . . . und Jochanan . . .

und alle Heerführer"); andererseits war mit der Aufzählung von nurzwei Namen (Ismael und Jochanan) das B'Vnn  ,-)E?-73 aus V. 7, daszugleich Subjekt von ixa'l in V. 8 ist, nicht abgedeckt 291.

Die Verse  9 — 10 enthalten eine an „alle Heerführer"2923  gerichteteRede Gedaljas. Das 1?3E*,1 berei tet hier allerdings nicht die Mitteilung eines den Heerführern geleisteten Eides vor292**; denn die RedeGedaljas ist eine Art Zuspruch, verknüpft mit der Aufforderung, im

289 Vgl. dasmfra -|B?Kin V. 7; B'Vnn  ,

-|B?_

73 begegnet außer Jer 40,7.13;41,11.13.16; 42,1.8; 43,3.5 nur noch 2.Sam 24,2 (singl.); l.Kön 15,20; 2.Kön9,5 (jeweils 7'nn nfe); 2.Kön 25,23 entspricht Jer 40,7; 2.Kön 25,26 ist mitJer 43,5 zu vergleichen.290  Ob der folgende Name .Jonathan" eine spätere durch Dittographie entstandene Variante zu .Jochanan" ist  —  dieser Name fehlt LXX und 2.Kön 25,23 —

oder aber zum ursprünglichen Textbestand gehört (vgl. M), läßt sich nicht mehrfeststellen.291  Woher der Verfasser die Namen hat, läßt sich nicht mehr feststellen (zuTIDÜM und TOSan vgl. 2.Sam 23,28.29.34 und l.Chr ll.20ff.30).292

» Das BmB?lK71 klappt nach.2920  Auf "I8K7 . . . 1?3B?,1 folgt in der Regel die Mitteilung dessen, was derSchwörende unbedingt tun bzw. zulassen wird (einleitet mit K7 BK, vgl. Jos14,9; oder mit .. . n31 BVlbK ^-nül?"1  nB in l.Kön 2,23; oder mit mm—nin l.Kön 1,29) oder in keinem Fall tun bzw. zulassen wird (eingeleitet mitBK, vgl. Nu  32,10f; Dtn  l,34f;  oder mit . . . BX . . . nin—-n in l.Sam 19,6;28,10; Jer 38,16; oder mit . . . BK . . . n31 BV17K • 'V-nB?!?" n3 in 2.Sam 3,35).

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Analyse 113

Lande zu bleiben und dem König von Babel zu dienen (V. 9). In V.10a stellt Gedalja seine Position in Mizpa dar; V. 10b enthält konkrete Anweisungen an die Heerführer, sich um das Einbringen derErnte zu kümmern usw. Unklar ist, ob nach lKTTrVx mit M T131?B

B"TEon zu lesen ist293, oder aber mit LXX und 2.Kön 25,24 294

Button nai?B2 95. Die Lesart ... n 1iai?B nach lKmn"7K klingt merkwürdig und stößt sich außerdem mit dem folgenden ... nai?l. Auchdas Fehlen der nota accusativi ist auffällig29 6. Zieht man aus diesem Grund aneon  ,131?B (LXX) vor, so fragt man sich allerdings,warum diese ungewöhnliche Formulierung297  gewählt wurde. Die„Knechte der Chaldäer" sind sicher nicht die Chaldäer selbst.  Duhm

denkt zwar an „die babylonischen Beamten samt ihren Schutzman-

schaften . . ,"2 9 8

. Aber gerade dann wäre eher „die Knechte des Königs von Babel (oder: Nebukadnezars)" zu erwarten.

Die Mahnung, im Lande zu bleiben, erinnert an Jer  42,10ff 299.  Sieist insofern merkwürdig, als aus der vorher ber ichteten Kontaktaufnahme zwischen den Heerführern und Gedalja an sich schon hervorgeht, daß man nicht die Absicht hatte, das Land zu verlassen. V. 9wirkt daher insgesamt wie eine Aneinanderreihung von nicht  auf-einander abgestimmten formelhaften Wendungen. Die Funktion die

ses Verses ist immerhin deutlich: Gedalja versichert unter Eid denHeerführern, an erster Stelle Ismael und Jochanan, daß sie nichts zubefürchten haben. Im Blick auf dieses Zusammentreffen und Gedal

 jas Zusagen muß die im folgenden berichtete Ermordung des Statthalters durch Ismael um so abscheulicher erscheinen.

Die aus tendenziöser Absicht vorgenommene Einschaltung dieseskonstruierten3 0 0  Berichtes über das Zusammentreffen aller Heerführer bei Gedalja in Mizpa hatte zu berücksichtigen, daß auch Jer

293  So  Giesebrecht,  Komm. Jer. , z.St.;  Rudolph,  Komm. Jer ., z.St.;  Weiser,

Komm. Jer., z.St.;  Wanke,  Baruchschrift, S. 104.294  So  Volz,  Komm. Jer. , z.St.;  Duhm,  Komm. Jer. , z.St.29 5  Zu ... 1K"m_7K bzw. Km mit folgendem B + inf. vgl. Gen 46,3; Ex 3,6;34,30; l.Sam 3,15; zu Km mit folgendem B + Nomen vgl. Dtn 1,29; Jos 10,18(Bna  IKTTTVK) ;  Dtn 7,18.20; 28,10; Ez 2,6.296  So mit  Duhm,  Komm. Jer. , z.St.; gegen  Giesebrecht,  Komm. Jer. , z.St.297  Üblich ist „die Knechte des Königs von Babel", bzw. „die Knechte Nebu

kadnezars"; vgl. 2.Kön  24,10.11;  l.Kön 20,23 (die Knechte des Königs vonAram).29 8  Komm. Jer ., z.St. ; so auch  Volz,  Komm. Jer., S. 345.29 9  Für  Rudolph  (Komm. Je r. , z.St.) ist V. 9b a ein Hinweis  darauf,  „daß unter den Truppenführern jetzt schon die Neigung bestand, nach Ägypten auszuwandern".30 0  Siehe oben S. Ulf.

8 P ohlman n, Jere miabu ch

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114 Jeremia 40,7-41,18

40,13ff (vgl. auch 41,1 ff) von einer solchen Zusammenkunft in Miz

pa die Rede war301 . Folglich muß te der Jer 40,7ff einarbeitende Re

daktor eine Erklärung dafür mitliefern, warum in der folgenden Er

zählung die Anwesenheit der Heerführer in Mizpa nicht schon vor

ausgesetzt werden kann. Diese Aufgabe übernimmt V. 10. Durch die

Feststellung, daß Gedalja in Mizpa bleiben will, und die Aufforde

rung an „alle Heerführer", sich um die Ernte zu kümmern und sich

in ihren Städten aufzuhalten (V. 10b)3 02 , wird beim Leser je tz t der

Eindruck erweckt, als berichte Jer 40,13ff darüber, wie Jochanan

und niB?3 -)B>'K B'V-nn n f - V a und schließlich auch Ismael (vgl. Jer

41,1 ff) sich hier zum zweiten Mal, nachdem sie die Aufforderung

Gedaljas (V. 10b) befolgt hatten, mit Gedalja in Mizpa in Verbin

dung setzten.

Tendenz und Absicht des den Abschnitt Jer 40,7 — 10 konstruieren

den Redaktors wurden oben schon angedeutet. Es ging ihm um eine

Korrektur der in der Vorlage Je r 39,14 und Je r 40,11 ff enthaltenen

Angaben über die Situation im Lande und die beginnende Konsoli

dierung der Verhältnisse303. Außerdem lag ihm daran, die  Verwerf-

lichkeit von Ismaels Verbrechen an Gedalja, worüber in 41,1 ff zu

lesen ist, hervorzuheben und zu verdeutlichen.

Der dem Redaktor vorgegebene Text bestand folglich aus Jer 40 ,

11 — 12  (Not izen über die Rückkehr der aus Juda geflüchteten Bevöl

kerungsteile) und 40,13 — 16 (Bericht über das erste Auftauchen einer

Gruppe von Heerführern unter der Führung des Jochan an bei Gedal

 ja in Mizpa). Dieser Text war die ursprüngliche Fortsetzung von

Jer 39,143 0 4 .

Abgesehen von Eingriffen auch in 40,12 3 0 5  ist ferner Je r 41, lf f leicht

überarbeitet worden.

30 1  Siehe oben S. 110.30 2  V. 10b berührt sich eng mit V. 12b. Indem der Verfasser von 40.7 — 10 un terBerücksichtigung von V. 12 hier auch „alle Heerführer" mit dem Einbringen derErnte in Verbindung bringt, erreicht er eine Uminterpretation des die bisherigeSituation der Heerführer beschreibenden mt?3 "1B?Xin 40,13;  niB?a "IB?K zeigte in V. 13 ursprünglich an, daß es sich hier um nach der Eroberung Jerusalemsversprengte Truppen handelt (vgl. Je r 52,8) .  —  V. 10a könnte eine ältere, in der

dem Redaktor vorliegenden Fassung enthaltene Notiz abgewandelt haben, dieursprünglich an Je r 39,14 anschließend . . . Wf 1  im1? "TU lautete und lediglich indie 1. Person umformuliert wurde.303

  Vgl. oben zu 40,7.30 4

  Vgl. oben zu 39,14.305  In LXX fehlt BB>... 13BH . _n nDSBn m711 -7K ist eingetragen, um alle in derVorlage erwähnten Nichtexilierten für Gedaljas .Kolonie' in Mizpa zu verein-

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Analyse 115

Der in Jer 41,1—3 enthaltene Bericht über die Ermordung Gedaljasist durch die vorausgehenden Verse 40,14ff vorbereitet; Je r 41, 4( 11 ).18 setzen explizit diese Nachrichten über den Tod Gedaljas voraus.

Die LXX hat den kürzeren und weniger anstößigen Text. Es läßtsich allerdings kaum mit letzter Sicherheit entscheiden, ob die LXXnoch auf eine ältere Textvorlage zurückblickt oder aber in der ihrvorgegebenen Fassung enthaltene Wiederholungen herausnimmt306

und Spannungen beseitigt307.

In V. 2 liest LXX lediglich: „... und sie erschlugen den Gedalja,den der König von Babel über das Land eingesetzt hatte". M wirkthier in der Tat überladen308. Hier klappt der Relativsatz .. .TpDn-")B>K

ungeschickt nach. Man fragt sich, warum der IB'K-Satz nicht direkt an. . . imVll -nK 13"1 anschließt, wenn er überhaupt zum ursprüngl ichenTextbestand gehörte.

V. 3 wirkt jetzt „durch den umständlichen Anschluß, die Uberladen-heit des Satzes wie ein Anhängsel an das Erzählte" 30 9 . In der jetzigen Fassung310  kann dieser Vers nur ausdrücken wollen, daß alleJuden in Mizpa umgebracht wurden. Dem widerspricht jedoch später V. 10. Gemeint sein können an sich nur die Juden aus der nä

heren Umgebung Gedaljas.Nach allem wird man besonders für Jer 41,2—3 mit nachträglicherBearbeitung zu rechnen haben. Deutlich ist, daß 41,1 darüber informieren will3 1 1 , wie Ismael, dessen Auftreten 40,14ff schon angekün-

nahmen und so den Eindruck zu erwecken, als wären alle übriggebliebenen Bewohner, von den Heerführern abgesehen, in Mizpa zusammengekommen.30 6  Das könnte der Fall sein, wenn jeweils der Vatername des Gedalja in V. 1und V. 2 und der des Ismael in V. 2 sowie die zweite Erwähnung Mizpas in

V. 1 Ende fehlen; vgl. auch in V. 3 das Fehlen von in,

7Tl_

nK.307  Vgl. das merkwürdige "]7Bn  ,3-|l in V. 1 M.30 8  In V. 3 Ende nan7Bn 'BUK nK auszulassen, bestand allerdings für LXXkein Anlaß; vgl. Jer 41,16 (= LXX 48,16); hier dürfte M später noch erweitert worden sein.30 9

  Wanke,  Baruchschrift, S. 94, Anm. 11.31 0  Faßt man nDSB3 als erläuternde Glosse zu BB? auf (so  Duhm,  Komm. Jer.,S. 317; Rudolph,  Komm. Jer. , S. 250, schlägt eine Änderung in nnE>B3 vor;so auch  Weiser,  Komm. Jer., S. 352.), so stellt sich die Frage, ob der Glossator mit dieser an sich überflüssigen Erläuterung (vgl. V. 1 nnDSBn) lediglich

unabsichtlich jetzt den Eindruck erweckt, alle Juden in Mizpa seien von Ismael umgebracht worden oder ob sich darin ein bestimmtes Anliegen ausdrückt.31 1  Die Zeitangabe „im 7. Monat" ist keineswegs auffällig oder anstößig (gegenWanke,  Baruchschrift, S. 94, Anm. 11 und S. 115), da ein Hinweis auf denFestmonat hier (vgl. die Notizen über die Erntearbeiten in 40,12!) auch ohnedie Jahresangabe sinnvoll ist (vgl.  Volz,  Komm. Jer., S. 350).

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116 Jeremia 40,7-41,18

digt hatte, erstmalig312  je tz t mit Gedalja in Mizpa zusammentriff t.Ob die Verse 2—3 ursprünglich außer über Gedaljas Ermordung auchnoch über das gleiche Schicksal weiterer Personen berichten wollten,bleibt unsicher313. Im Blick auf das im folgenden (Jer 41,4—10) geschilderte weitere Vorgehen Ismaels314  wird man jedo ch annehmendürfen, daß sich auch Jer 41,1—3 nicht auf die Nachricht lediglichüber Gedaljas Ermordung beschränkte.

Die in Jer 41,4—9 vorliegenden Nachrichten über weitere Greuel taten Ismaels sind für den weiteren Erzählungszusammenhang ohneeine erkennbare Bedeutung, da im folgenden an keiner Stelle aufdie Ermordung der Pilger aus Sichern, Silo und Samaria Bezug genommen wird. Die sich in 41,10 anschließende Darstellung, wie Ismael mit allen, die er in Mizpa in seine Gewalt bringen konnte, vondort aufbricht, um sich zu den Ammonitern zurückzuziehen (V. 10),un d wie er. schließlich auf Grund einer Intervention Jochanans alleinsich nur mit seinen Leuten absetzen kann (V.  11 — 15) , ebenso wiedie Schilderung der anschließenden Maßnahmen Jochanans (V. 16f),wäre auch ohne Kenntnis der Verse 4—9 schlüssig. Abgesehen davon,daß die erzähltechnische Funktion von 41,4—9 somit im Blick aufden weiteren Kontext undeutlich bleibt 315 , ist nicht zu übersehen,

daß dieser Abschnitt zahlreiche Unklarheiten und Spannungen enthält. Zunächst ist Ismaels Verhalten und Vorgehen in jeglicher Hinsicht vollkommen rätselhaft316. Zudem gibt besonders V. 8 zu sachlichen Bedenken Anlaß. Ein Hinweis auf verborgene Vorräte an Getreide, öl und Honig ma?3 ist im Munde jener Männer aus Sichern,Silo und Samaria deswegen kaum vorstellbar, weil diese währendihrer Reise, aber ebensowenig vorher weder das Recht noch die Möglichkeit gehabt haben dürften, fern ihrer Wohnsitze Lebensmittel

lager anzulegen. Hat der Verfasser andererseits geheime Lebensmitteldepots in der Nähe ihrer Heimatstädte vor Augen, so leuchtet dieReaktion Ismaels nicht ein, jene zehn Männer infolge ihres Angebots

3»2  Vgl. oben zu Jer 40,7ff und  40,13ff.313  . . . B'IBJBn'nKI in V. 3 könnte eine spätere Erweiterung sein; Jer 41,18führt immerhin als Erklärung für die Flucht nach Ägypten lediglich die Ermordung Gedaljas an, nicht jedoch die der Chaldäer.3>4  Vgl. dazu unten S. 116f.315

  Vgl.  Rudolph,  Komm. Jer. , S. 352: „Nun folgt ein höchst merkwürdigesZwischenspiel".  —  Immerhin mag die Darstellung der Ermordung der Männeraus Sichern usw. auch damit zusammenhängen, daß auf diese Weise Ismaels verbrecherischer Charakter noch deutlicher gekennzeichnet werden konnte.316 Welchen Grund gab es für Ismael überhaupt, die Pilger unter einem Vorwand nach Mizpa und dort in eine Falle zu locken und sie zu liquidieren?  —

Vgl. hier auch die Fragen und Erwägungen  Duhms  (Komm. Jer. , S. 318).

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Analyse 117

zu verschonen. Ismaels Verhalten erscheint nur dann einleuchtend,wenn er annehmen durfte, daß die erwähnten Vorräte erreichbar,also in Mizpas Nähe deponiert waren und jene zehn Männer ihmdie Verstecke zeigen konnten (n"TB?3). Dann müßten allerdings die

zehn, anders als jet zt aus dem Kontex t zu en tnehmen ist, selbst ausMizpa oder der näheren Umgebung stammen. Faßt man V. 8 in derTat so auf, daß hier ursprünglich nicht die vorher genannten Pilgeraus dem ehemaligen Nordreich mit Ismael verhandeln, sondern Bewohner Mizpas oder Anhänger Gedaljas, so wären die oben angedeuteten Schwierigkeiten317  behoben: V. 8 hätte bei dieser Annahme zunächst darüber informiert, wer von Gedaljas Anhängern aus welchem Grund dem Blutbad (vgl. 41,1—3*) entging, wäre also die ur

sprüngliche Fortsetzung von  41,1—3*.  Die Verse 41,4—7 wären alsnachträgliche Interpolation einzustufen.

Diese Auffassung von der Entstehung dieses Abschnittes ist schondeswegen nicht abwegig, weil V. 8 ohne die je tz t vorangehendenVerse 4—7 hervorragend an 41,3* anschließt; zum andern ist daraufaufmerksam zu machen, daß der für die Verse 4—7 zuständige Interpolator durch sein Verfahren eine gewisse Abqualifizierung jenerspäter unter Jochanan nach Ägypten abgewanderten Gruppe (Jer

41,16 —

 18) erre icht, da ihr nun auch Personen zuzurechnen waren,die aus der Mischbevölkerung des ehemaligen Nordreiches stammten3 1 8 , so daß wir damit auch die Frage nach dem Motiv319  für dieangenommene Interpolation beantwortet haben3 2 0 .

317 Vgl. Josephus,  Ant . X, § 170; Josephus  ändert seine Vorlage. Aus den Männern „aus Sichern, Silo und Samaria" werden Leute  ältb  r7?c  \cbpa<;.  Sie sindnicht (so M und LXX) auf dem Wege nach Jerusalem (mm n ,3), sondern wol

len Gedalja mit Geschenken aufsuchen.318  Die Hinweise auf die Trauerbrüche in V. 5, besonders die Beschreibung alsB ,"n)nB, könnten durchaus abwertend gemeint sein (vgl. die Verbote in Dtn14,1;  Lev 19,28; 21,5). Gegen die oben erwogene Textentwicklung spricht durchaus nicht, daß die in V. 4 geschilderte Pilgerreise aus dem ehemaligen Nordreichnach Jerusalem (Die Meinung  Giesebrechts,  Komm. Jer. , z.St., daß nicht derTempel in Jerusa lem, sondern ein Heiligtum in Mizpa das Ziel der Wallfahrergewesen sei, hat sich mit Recht nicht durchgesetzt!) auf historische Gegebenheiten anspielt. Das Darbringen von Opfergaben, überhaupt die Ausübung des Kultes in Jerusalem durch Bewohner des ehemaligen Nordreiches kann später vom

 judäischen Standpunkt aus durchaus negativ bewertet worden sein; vgl. hierzu Janssen,  Juda in der Exilszeit, 1956, S.  102ff;  118.

31 9  Vielleicht hatte der Interpolator außerdem daran Anstoß genommen, daßhier einige wenige aus dem Kreis um Gedalja sich mit Ismael auf ein .Geschäft'einließen.32 0  Daß die Verse 4—7 im jetzigen Kontext literarisch nicht ungeschickt verklammert sind, ist noch kein Beweis dafür, daß hier ein orginaler Textzusam-

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118 Jeremia 40,7-41,18

In Jer 41,10 hat die LXX wiederum den kürzeren Text, scheint al

lerdings auch hier nur die in M enthaltenen Wiederholungen zu ver

meiden. Die Wendung Bl?n n,"lKB?-73 ist an sich schon auffällig32 1.

Einen „Rest" mit „ganzer Rest" zu umschreiben, ist der Versuch,

die Eindeutigkeit der Aussage zu erhöhen, bzw. Zweifel an der Eindeutigkeit erst gar nicht aufkommen zu lassen. Die Entstehung der

 je tzt vorliegenden Dublette „ganzer Rest . . . " und B'IKBJin Bl?n"73

nDSB3 läßt sich nur so erklären, daß sich ein späterer mit "73 _nK1

. . . DnKB'in Bl?n nicht begnügen konnte oder wollte, weil nach

seiner Auffassung sich eben in Mizpa der ganze Rest des Volkes

aufhielt (vgl. oben zu Jer 40,12!) . Denn mit . . . Bl?n_73 konnte ur

sprünglich nur die Kolonie um Gedalja in Mizpa, bzw. deren Rest

bestand nach dem von Ismael angerichteten Blutbad gemeint sein322

.

Eine ähnliche Funkt ion wie der Zusatz Bl?n miKtf'VB-nK scheint auch

der 1B?K-Satz zu haben. Die hierin enthaltene Erwähnung des Nebu

saradan lenkt den Blick des Lesers zurück auf jene Texte, in denen

bisher Nebusaradan eine Rolle spielte (vgl. Jer 39,9ff und 40,1—6;

vgl. dazu oben S. 95ff). Der "IB?K-Satz erweckt damit den Eindruck,

als habe sich die von Nebusaradan nicht in die Verbannung geführ

te Restbevölkerung (vgl. Je r 39,10 und 40 ,l ff ) insgesamt in Gedal

 jas Nähe aufgehalten.

Jer 41,11 — 15  setzt offensichtlich Jer 40,13—16 sowie die anschlie

ßenden Nachrichten über Ismaels Schandtat (vgl. ni?"in-73 nx) vor

aus.  Von der Frage abgesehen, ob der wiederum kürzere Text der

LXX3 2 3  hier ursprünglicher ist als die M-Fassung, ist dieser Abschnitt

für unsere Fragestellung unproblematisch. Er enthält lediglich die für

das Verständnis des folgenden Berichtes Je r 41,16—18 wichtigen An

gaben, wie nach Bekanntwerden der Mordtaten Ismaels nun die In

tervention Jochanans dazu führt, daß die aus Mizpa Verschleppten

zu Jo ch an an überlaufen und Ismael sich mit nur wenigen Männern

auf ammonitisches Gebiet retten kann.

menhang vorliegen muß.  —  Zur Frage einer chronologischen Einordnung derInterpolation, bzw. Zuordnung zu einer Bearbeitungsschicht vgl. unten S. 122.32 1  Vgl. Jer 8,3 (39,3) ; 41,10; 41,16; 42,2 ; 43 ,5 ; s.a. Ez 9,8; Hag  1,12.14;2.Chr 34,9.32 2

  Bl?n-

73 bedeutet hier wie z.B. auch Gen 35,6 eine an einem Ort oder umeine Person konzentrierte Menschengruppe, keinesfalls „das ganze Volk", istalso am besten mit „alle Leute" wiederzugeben.323

  In V. 11 für mini-]3  VK^BB?1'  nur IajUatjX, in V. 12 für m i m - p 7KS?a«?

,_Bl?

nur 101?; vgl. auch V. 13, wo der Vatername Jochanans sowie das mBEH amSchluß fehlt; in V. 14 liest LXX nur ]ini—7K  13B>"1; in V. 15 .Ismael' ohne Vaternamen; in V. 15 fehlt ferner ]lnT

  ,1DB.

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Analyse 119

Jer 41 ,16-18

Die originale Verklammerung dieser Verse mit dem vorausgehendenKontext steht außer Frage. Die Nachrichten über Gedaljas Ermor

dung, über die versuchte Verschleppung seiner Anhänger und derenVerhinderung durch Jochanan und die Feststellung, daß Ismael sichdem Zugriff Jochanans durch Flucht entziehen konnte, werden erwartungsgemäß mit Informationen über das weitere Verhalten undVorgehen nun Jo ch anan s und seiner Leute fortgesetzt.

Die vorliegende Textgestalt von Jer 41,16—18 hat jetzt zugleich dieAufgabe, zum in Jer 42 folgenden Bericht über eine Versammlungbeim Propheten Je re mi a überzuleiten: Jo ch an an und die B'mnn "HB?

brechen auf, um aus Furcht vor den Chaldäern im Blick auf die Ermordung Gedaljas (V. 18) mit dem ganzen Rest nach Ägypten zuziehen (V. 17). In der Nähe von Bethlehem macht man zunächstHalt (V. 17 an"? rva 72K . . . laBH). Die in Jer 42 geschilderte Befragung Jeremias soll sich der Leser demnach während dieses  Auf-

enthaltes bei Bethlehem vorstellen.

Es läßt sich jedoch zeigen, daß die jetzige Verknüpfung zwischenJer 41,16—18 und Jer 42 nicht ursprünglich sein kann. Denn Jer

41,16—18 enthält deutliche Anzeichen späterer Überarbeitung. InV. 16 berei tet besonders der erste "IB?K-Satz Schwierigkei ten. "1B>K. . .  ^K^aff"  nKB 3"E>n ist im Blick auf nDSBn-|B sachlich unrichtig.Man bevorzugt daher im allgemeinen entweder die Lesart der LXX,liest also „... welchen er abgejagt hatte dem Ismael, Männer ...,welche er von Gibeon gewonnen hatte" 3 2 4  oder ändert mit  Hitzig

325

... ¥ti1\   ")B?K in . . . anK nas?  -IB?K 326. Mit einer Streichung des ersten "1B?X-Satzes dürfte man jedoch dem ursprünglichen Text näher

kommen. Die doppelte Näherbestimmung von Bl?n m-)KE?"73 nKdurch zwei ")B?K-Sätze ist an sich schon auffällig. Vom Kontext herist eigentlich deutlich, welcher Personenkreis nur gemeint sein kann.Jedenfal ls wäre über die Bemerkung ]11?3)B a ^ n "1B?K hinaus keineweitere Notiz erforderlich gewesen: ... n,"iKB?"73, nämlich B"H3l. . . ^ül tPSÖl usf.327 ,  das sind die, die Joc han an dem Ismael ausGibeon wieder abgewinnen konnte. Mit dem ersten Relativsatzscheint daher ein späterer klarstellen zu wollen, daß es sich hierum die ganze, einst in Mizpa konzentrierte Restbevölkerung handelte.

324  So Giesebrecht, Komm. Jer., 215f; vgl. auch Duhm,  Komm. Jer., S. 319.325  Komm. Jer., z.St.326  So Rudolph,  Komm. Jer., S. 252;  Volz, Komm. Jer., S. 349f; Weiser,  Komm.Jer., S. 352.327  nanVan  ,B?1K ist längst erkannte Glosse zu dem als B'Hia) verlesenen B' ia i .

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120 Jeremia 40,7-41,18

Daß sich die nachträgliche Bearbeitung dieses Abschnitts nicht inden bisher genannten Zusätzen erschöpft, wird deutlich, wenn mansich den Aufbau dieser Verse 16—18 genauer ansieht. Die vorliegende Textfolge nnSB K137 n377 . . . 13ET1 IB^l . . . np"1 erscheint verdächtig und viel problematischer, als es in den vorliegenden Übersetzungen erkennbar wird328 . Denn „sich niederlassen (bleiben, Haltmachen = IBB^T), um nach Ägypten zu ziehen" (B'-iSB K137 n377),also die Folge 1. npV - 2. T? n  - 3. BB?" - 4. X137 n377 ist nichtnur in sonstigen Beschreibungen von Aufbruchsituationen ungebräuchlich, sondern auch unsinnig329. Eine solche Unsinnigkeit kannnur entstanden sein, weil in einen Text, worin ursprünglich lediglicheine Notiz über die Auswanderung einer Gruppe unter der Führung

des Jo chan an nach Ägypten entha lten war, ein späterer Bearbeiterdie Bemerkung über den Aufenthalt bei Bethlehem nachträglich einfügte330. Es handelt sich um einen recht ungeschickten  Eingriff 

331

mit dem Ergebnis allerdings, daß die im Anschlußkapitel Jer 42 geschilderte Prophetenbefragung jetzt während dieses Aufenthaltes beiBethlehem stattfindet332 .

328 Vgl. z.B.  Rudolph,  Komm. Jer ., S. 25 2: „Da nahm Jochanan den ganzenRest des Volkes ..., Männer, Frauen und Kinder und Eunuchen ..., und siemarschierten ab und machen Rast in der bei Bethlehem gelegenen Herberge desKimham. Ihre Absicht war, nach Ägypten weiterzuziehen (V. 18) wegen derChaldäer ..."; vgl. auch  Wanke,  Baruchschrift, S. 116: „Und es nahm Jochanan ... und sie zogen ab und machten Halt in der Herberge Kimhans bei Bethlehem, mit der Absicht, nach Ägypten weiterzuziehen; wegen der Chaldäer,denn ..."329 Vgl. dagegen Gen  11,31:  „Und Terach nahm (np"'!) seinen Sohn Abram undLot, den Sohn Harans, seinen Enkel und Saraj seine Schwiegertochter ... und

sie zogen (od.: „und er führte sie") mit ihnen (1K2J,

1) aus Ur Kasdim, um insLand Kanaan zu ziehen C|1?1B nSIK n377) , und sie kamen bis Charan (IKB'I|-in—Tl?) und blieben dort (BE> laB^I)"; ferner: Gen 12,5: nB71?i1KS,1 . . , np' 1: . . 1K3'1 • • •; vgl. auch Gen  14,11;  24,10;  32,23;  36,6(1); 46,6; Jos  22,9f;l.Kön 11,18; Je r 41,12.330 Vgl. hier auch die Analyse von Jer 43,5-7 und die Erwägungen zum Verhältnis dieser Verse zu Jer  41,16ff;  vgl. unten S. 155f.331  Der ursprüngliche Text lautet wahrscheinlich: „Da nahm Jochanan und alldie Heerführer, die bei ihm waren (den ganzen Rest des Volkes) Männer, Frauen,Kinder und Eunuchen, die er aus Gibeon zurückgebracht hatte (V. 16) und sie

machten sich auf (oder: gingen los = "]"7n), um nach Ägypten zu kommen(K137;  oder: und sie kamen nach Ägypten; vgl. Je r 43 ,7 ; 2.Kön 25 ,26); dennsie fürchteten sich vor den Chaldäern ..." (V. 18). Daß wahrscheinlich auchüber die Ankunft in Ägypten informiert oder diese wenigstens konstatiert wurde,  ist wegen Jer 24; 42,14 (vgl. auch zu Jer 43,5—7) naheliegend; vgl. fernerS. 164f.332  Zu den Zielen und Absichten des Bearbeiters vgl. unten S.  142ff.

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Zusammenfassung und Ergebnisse 121

c) Zusammenfassung und Ergebnisse

Der jetzigen Textgestalt Jer 40,7—41,18 geht eine ältere Fassung voraus,  die aus J e r 40 , ( 10*) .11 - 12* .13 - 16 ; 41 ,1 - 3 * . 8 - 10 .1 1 - 15 .1 6 -

18*  bestand.

Im Anschluß an Jer 39,3.14 3 3 3  (Jerusalem ist gefallen, der Prophetwird freigelassen und bleibt anschließend unter dem Volk) berichteteJer 40,11 — 12  darüber, wie sich die in die Nachbarländer versprengten Juden auf die Nachricht, daß Gedalja als Statthalter eingesetztist und sich die Lage beruhigt hat, in ihre Heimat zurückbegeben unddort die Erntearbeiten in Angriff nehmen. Nach diesen Notizen über

die beginnende Konsolidierung im Lande folgte in 40,13ff ein bisJer 41,18 durchlaufender Bericht über Entwicklung und Umstände,die zur Ermordung Gedaljas in Mizpa führten und die anschließenden Auseinandersetzungen rivalisierender Gruppen: In Je r 40, 13 — 16nehmen unter der Führung eines Jo ch an an ben Koreach bisher nochversprengte Truppenführer mit Gedalja in Mizpa Kontakt auf. Jochanan warnt den Statthalter vor einem Mordanschlag eines gewissenIsmael, der im Auftrag des ammonitischen Königs Baalis geplant sei.Gedalja schlägt jedoch diese Warnung in den Wind (Jer 40,16). Wäh

rend eines gemeinsamen Essens in Mizpa anläßlich des Festmonats(7.  Monat) gelingt es Ismael, den Statthalter und seine Leute zu beseitigen (Jer 41,1—3*). Es bleiben lediglich zehn Männer verschont,weil sie Kenntnis von verborgenen Lebensmittelvorräten haben undIsmael davon Mitteilung machen können. Mit all denjenigen, die inseine Hand gefallen sind, bricht Ismael anschließend auf, um sichauf ammonitischen Gebiet zurückzuziehen (Jer 41,8 — 10).  Inzwischen hat Jochanan von Ismaels Schandtat erfahren. Er stellt sich

ihm mit seinen Männern entgegen mit dem Erfolg, daß ganze Gruppen von Ismael zu ihm überlaufen. Ismael selbst kann sich nur mitwenigen Anhängern zu den Ammonitern retten (Jer 41,11 — 15).  Jo chanan wiederum und seine Männern zusammen mit jenen G rupp en ,die er Ismael abjagen konnte, machen sich auf den Weg nach Ägypten (Jer 41,16—17*334), um auf diese Weise dem Zugriff der Chaldäer zu entgehen, deren Einschreiten man wegen der Ermordungdes Statthalters durch Ismael befürchtet (Jer 41,18* 3 3 4 ) .

Dieser vorgegebene Text wurde an folgenden Stellen nachträglicherweitert:

333  Siehe dazu oben S.  95ff.334  Zum Text vgl. auch die Synopse im Anhang!

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122 Jeremia 40,7-41,18

1.  In Jer 40,7 — 10 kons trui ert3 3 5  ein Bearbeiter eine erste336  Zusammenkunft zwischen Gedalja und allen Heerführern (Ismael, Jochanan . . . ) : Indem der Bearbeiter hier darüber beri chten kann, wieGedalja allen Heerführern, auch Ismael, besondere Zusagen macht

(V. 9), erreicht er, daß die im folgenden erwähnte Ermordung Gedal jas durch Ismael umso verwerfl icher erscheint. Zudem ist es dem fürJer 40,7—9 verantwortlichen Autor und Interpolator ein Anliegen,die ihm vorliegende Darstellung der Situation im Lande (Jer 40,11 —12) dahingehend zu korrigieren, daß dem Statthalter Gedalja lediglich „Männer, Frauen (usf.) ..., von denen, die nicht nach Babelabgeführt wurden", anvertraut waren (anders die Darstellung von40,11!),  also nach der Eroberung Jerusalems sich im Lande nur noch

kleinere Gruppen aufhielten, die sich dazu ausschließlich in Mizpaangesiedelt hatten 3 3 7 . Jer 40,7 — 10 ist folglich der gleichen bearbeitenden Hand zuzuweisen, auf die auch Jer 40,2—6 zurückgeht 338.

2.  Während man in Jer 41,1—3 lediglich mi t kleineren Eingrif fen339

in den Text zu rechnen hat, dürften die jetzt folgenden Verse 4—7m.E. insgesamt als später nachgetragen zu bewerten sein340. Der Interpolator bewirkt durch diese Einschaltung eine gewisse Abqualifi-zierung jen er später unt er Joch anan nach Ägypten abwanderndenGruppe (Jer  41,16ff;  bzw. 43,5—7), weil darunter nun auch Personen aus der Mischbevölkerung des ehemaligen Nordreiches gewesensein müssen. Dieses Motiv deutet daraufhin, daß für diesen Eintragdieselbe Hand zuständig ist, auf die auch Je r 40,7ff zurückgeht.

3.  In J e r 41,16—18 hat ein Bearbeiter die Vorlage zunächst dahingehend verändert, daß er durch einen Zusatz in V. 16 den Eindruckerweckt, als sei hier von der ganzen, einst in Mizpa unter Gedalja

sich konzentrierenden Restbevölkerung die Rede. Die ursprünglicheFeststellung, daß Jochanan mit seiner Gruppe nach Ägypten  auf-

bricht (V. 17), arbeitet er ferner durch Einfügung weniger Wortederar t um, daß hier je tz t von einem Auf enthal t des ganzen Restvolkes (vgl. V. 16) in der Nähe von Bethlehem zu lesen ist. Die Folgedieser Eingriffe ist, daß man sich die in Jer 42 geschilderte Prophetenbefragung jetzt während dieses Aufenthaltes bei Bethlehem vorzustellen hat.

33« Gegen  Wanke,  Baruchschrift, S. 115; vgl. oben S.  11 Off.336 Vgl. Jer  40,13ff.337  Vgl. auch oben Anm. 305!33 8  Vgl. oben S. 106f.339  Vgl. oben  S. 115f.340  Vgl. oben S. 116f.

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Jer 42,1-22  -  Inhalt  123

10.  Jer   42,1-22

a)  Die  bisherige Forschung

Während  Duhm  in  diesem Kapitel  mit  zahlreichen Zusätzen rechnet3 4 1 , halten  Volz

342 , Nötscher 

343 , Weiser 

344 , Rudolph

345  und an

dere  im  wesentlichen  am  vorliegenden Text fest.  Man  nimmt lediglich eine Versetzung oder Umsetzung  von Jer  43,1—3 zwischen  42,18

und  19 vor, um  einen besseren Zusammenhang  zu  gewinnen.

Thiel346   will  J e r  42,1—5.7—9a.l7*  als  ursprünglichen Kern  des Ka

pitels auffassen;  den  Rest schreibt  er  einer deuteronomistischen Bearbeitung  zu.  Ähnlich bleiben  für  Wanke  nach Abzug  der  Textbestand

teile,  die von  wahrscheinlich mehreren  von  deuteronomistischer Theologie beeinflußten Überarbeitungen3 47  herrühren sollen,  nur J e r 42 ,

2—5.7.8a.9aa.l9*.22* übrig348.  Thiel  und  Wanke  kommen  im  wesentlichen deswegen  zu  ihrem Ergebnis, weil  sie  methodisch davon ausgehen,  daß  nicht eine Predigt oder längere Ausführungen, sondernnur  ein  kurzer Spruch  als  Antwort  auf die in Jer  42,2—5 geschilderte Anfrage  des  Volkes,  bzw. der  Heerführer  zu  erwarten sei 3 4 9 .

b) Inhalt

V.  1  berichtet  von  einer Zusammenkunft aller Heerführer,  von  denenzwei auch namentlich genannt sind, sowie  des  ganzen Volkes  bei Je

remia.  Man  bittet  ihn,  sich  für sie bei Jahw e einzusetzen, damit  sie

Auskunft darüber erhalten,  wie sie  sich wei terhin verhalten sollen(V.  2—3). Jer emi a geht  auf   diese Bitte  ein und  verspricht, ihnen Jahwes Willen mitzuteilen  und  ihnen nichts  zu  verheimlichen  (V. 4) .

Sie wiederum rufen Jahwe  zum  Zeugen  auf, daß sie  entsprechendden Anweisungen,  die sie  erhalten werden, handeln wollen  (V. 5).

In jedem Fall,  wie der  Bescheid auch ausfällt, wollen  sie auf   Jahwes

34 1  Komm.  Jer., S. 321; 42 ,15-18  sei  Zusatz, 42,9-14 stark überarbeitet,  für42,19—22  sei die  Textfassung  der LXX der von M  vorzuziehen.342  Komm. Jer., S. 283.343  Komm.  Jer., S. 289f.344

  Komm. Jer., S.  361.363.34 5  Komm.  Jer., S. 236.34 6

  Die  deuteronomistische Redaktion  des  Buches Jeremia,  S. 579f.347  Mindestens zwei!  Vgl.  „Untersuchungen  zur  sogenannten Baruchschrift".S.  129, Anm. 32.348

  Wanke,  aaO, S. 130.34 9

  Thiel,  aaO, S. 572; Wanke,  aaO, S. 120.

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124 Jeremia 42,1-22

Stimme hören (V. 6). Damit ist die von V. 2 bis V. 6 verlaufendeWechselrede zwischen Jeremia und seinen Gesprächspartner beendet.Nach zehn Tagen empfängt der Prophe t ein Ja hw ew or t (V. 7). Erruft alle Heerführer, von denen jetzt nur einer namentlich genanntwird, sowie das ganze Volk zusammen (V. 8), um ihnen Jahwes Antwort mitzuteilen (V. 9 Botenformel). Die Antwort lautet: Wenndie Betroffenen im Lande bleiben, wird Jahw e sie aufbauen undpflanzen und nicht mehr herausreißen, denn er bereut das Böse, daser ihnen angetan hat (V. 10). Sie sollen sich nicht vor dem Königvon Babel fürchten, denn Jahwe will mit ihnen sein (V. 11) undihnen Barmherzigkeit erweisen (V. 12). Falls man sich jedoch weigert, im Lande zu bleiben und meint, man müsse nach Ägypten

ziehen, um Krieg und Hunger zu entgehen (V. 13 und V. 14), fallsman die Absicht habe, sich in Ägypten anzusiedeln (V. 15), so werdeman gerade in Ägypten Hunger und Krieg nicht entgehen können(V. 16). Alle diejenigen, die diese Absicht haben, werden ohne Ausnahme umkommen, weil Jahwe selbst Unheil über sie bringt (V. 17).Denn Jahwe wird seinen Zorn über diejenigen, die nach Ägyptenziehen genauso ausgießen wie vorher über Jerusalem (V. 18). In denVersen 19—22 spricht der Prophet selbst (sicher ab V. 20) und weist

daraufhin, daß man sich großen Schaden zufüge, wenn man JahwesAufforderung nicht nachkomme und Jahwes Stimme nicht gehorche.

c) Analyse

Die für das einleitende 1B?1"135° erforderliche Ergänzung oder Weiterfuhrung erfolgt in V. 2 mit ...  T)BK,1.  Durch die Erwähnung derHeerführer und die namentliche Nennung Jochanans ben Koreach

erscheint Jer 42 als Fortsetzung der vorausgehenden Berichte. Esfällt allerdings auf, daß die Formulierung „alle Heerführer und Jochanan .. ," 3 5 1  in dieser Reihenfolge nicht üblich ist352. Vom „ganzen Volk, klein und groß" 3 5 3  war in den vorausgehenden Berichtenüber Gedalja und die Ereignisse nach seiner Ermordung bisher nicht

350 Mit 1B?!'! („da traten hinzu ...") kann, wie Jos 14,6; 21,1 zeigen, durchauseine neue Einheit einzusetzen; von daher ist es nicht zwingend, „41,16 — 18 als

einleitende Angabe der Situation zu 42,1—43,7 zu rechnen" (gegen  Wanke,  aaO,S. 119); zu 1E?ri in Verbindung mit Bl?n _73 vgl. Jos  8,11;  l.Kön 18,30.35 1  Zur Erwähnung des Jesanja vgl. die LXX und unten zu Jer 43,2!352 Vgl. Jer  40,13;  41,11.16; 42,8; siehe auch 43,5 = 41,16 (jeweils: Jochananb.  K. und alle Heerführer!).3s3  Zu Vn i -TSI | ü pa o.a. vgl. 2.Kön 23,2; 25,26 ; Esth 1,5; Jo na 3,5; Jer6,13;  8,10; 16,6; 31,34.

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Analyse 125

die Rede3 5 4 , ebensowenig von Jeremia, der zum letzten Mal in Jer

40,6 erwähnt worden war355

.

In V. 2 liest LXX vor n o m ein imam-7K un d läßt auf liaK-l ein

V7K folgen. Welche Fassung die ursprünglichere ist, läßt sich nichtmit Sicherheit entscheiden356.

Die wörtliche Rede setzt ein mit dem Hinweis, daß man sich dem

Propheten als Bittsteller naht357

. Darauf folgt die Bitte selbst (V.

2aß)3 58

.  Wenn das Ersuchen um Fürbitte mit dem Hinweis „denn

wir sind wenige von vielen übrig geblieben, wie deine Augen uns

sehen"3 5 9

  begründet wird, so charakterisiert der Autor die Sprecher

damit deutlich als die Repräsen tanten der ganzen Res tbewohner

schaft Judas 3 6 0 ; denn es kann sich ja nur um einen Vergleich zwi

schen Juda einst (viele) und jetzt (wenige) handeln. Somi t geht auch

dieser Vers wie V. 1 und V. 8 deut lich von der Vorstellung einer

Versammlung des ganzen Volkes aus361.

35 4  Vgl. aber Je r 42,8 und 44,12.

355  .. . .. und er  blieb unter  dem Volk,  das übrig war im Lande"  (vgl. auch  39,

14).  .356 B?ll c. 7K ist bei  folgendem  "IBK allerdings fast  die  Regel; vgl. Gen  43,19,44,18;  Nu  32,16; Jos  14,6; 21,1; l.Kön  18,21;  20,22; 2.Kön  2,5; Esr 4,2; Ausnahmen lediglich  Gen 18,23;  l.Kön  18,36 (20,28;  s. App. BHS).357

  Zu  lininn  Kl -7DnVgl.  Jer  37,20; 38,26.358

  LXX liest  nur  nKtn m"lKB?n-73 TJ3und übergeht somit  i n i ? 3 ,  während© nur 1111?3 zu  kennen scheint. Eine Überprüfung  des Sprachgebrauchs von77Dnn  in  Verbindung  mit  "Tl?3 ergibt, daß in der  Regel  . . .  *T1?3 direkt folgen  muß und  nicht durch Angaben darüber,  an wen sich  die  Bitte richtet, von77Dnn getrennt wird  (vgl. l.Sam  7,5; 12,19; Jer  29,7; 37,3; 42,20).  Von  daher

ist  das nachklappende nKtn miXB'n-'PB 11?3 verdächtig. Dazu kommt,  daßdurch  die  Formulierung „für diesen ganzen Rest" zwischen  den  Bittstellernund denen,  für die  Fürbitte geleistet werden soll, unterschieden würde, dieseDifferenzierung jedoch  in der  folgenden Begründung  der  Bitte wieder aufgehoben wird. nXTH miXB^n-^B 11?3 ist  daher hier nicht ursprünglich, sondern  interpretierender Zusatz!  Die  LXX-Lesart geht  auf den  Versuch zurück, stilistischeSpannungen  zu  vermeiden. „Dieser ganze Rest"  ist  zudem insofern eine rechtmerkwürdige Formulierung,  als sie den  Gedanken  an  einen weiteren (wahren?)Rest beinhaltet!3s9

  Zu  -IKB?1  ... vgl. 2.Kön  19,30 (=Jes 37,31); Zeph  2,7; 3,12 ; 2.Chr  34,21.360  Vgl. ähnlich  Jes 37,4.361

  Das übersieht  Wanke,  wenn  er meint  (S. 120, Anm. 7), in V. 1 und V. 8usf. liege eine nachträgliche Verallgemeinerung  des Sachverhalts vor, die Hinweise  auf das  ganze Volk seinen sekundär  (vgl. auch  zu Jer 4 3 ; aaO, S. 126,Anm.  26; S. 129, Anm. 36). Schon  im  Grundbestand dieses Kapitels, wozuV.  2 in jedem Fall zählt, ging  es also  um  eine Versammlung  des  „ganzen Volkes".

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126 Jeremia 42,1-22

V. 3 gibt das Ziel der Fürbitte des Prophe ten bei Jahwe an 36 2. Erbe

ten wird eine Auskunft Jahwes 3 6 3  darüber, wie man sich jetzt gene

rell verhalten soll, über „den Weg, auf dem wir gehen ..  . "3 6 4

.  Über

die Reaktion des Propheten berichten die V. 2 und 3 . Jeremia läßt

sich auf die Bitte3 6 5  so, wie sie umschrieben und begründet wurde

(B3,13"73), ein3 6 6  und versichert ausdrücklich, daß er Jahwes Auskunft

ohne etwas zu übergehen367, übermitteln wird.

In den V. 5—6 melden sich die Bittsteller noch einmal zu Wort368.Daß man gemäß der Auskunft Jahwes handeln werde, war an sichmit der in V. 2 enthaltenen Bitte implizit schon angedeutet; dennochist V. 5 hier sinnvoll, da er mit der ausdrücklichen Versicherung 369

des Volkes dem vorausgegangenen Vers und der darin enthaltenenZusage des Propheten korrespondiert: Der Prophet will alles genaumitteilen (V. 4), die Bittsteller wollen alles genau tun (V.  5)3 7 0 .

V. 6 enthält mehrere Merkwürdigkeiten, erscheint zudem als inhaltliche Wiederholung von V. 5. Das „ob gut oder ob schlecht" 3 7 1  am36 2

  Vgl. Jer  37,3, wo das Ziel  der  Fürbitte fehlt.363  111 hi. mit Jahwe  als Subjekt  Jer  33,3; l.Sam  23,11;  Dtn 30,18; Jes  43,12;48,3 (2.Sam 7,11).364  Vgl.  l.Sam  9,6; hier  ist  „der Gottesmann" nach einem konkreten „Weg"

gefragt; daher heißt  es  n"7l? 1137n"IB?K HBTTnK  117 T T -71K  (Harnet  Bzur Bezeichnung  des  Futurum, wenn nicht  die  Dauer einer Handlung gemeintist!),  während  es in Jer 42,3  (H3" [Vi "IB?K "j -nn-nK  m m  U 7 " 7 n  =  Mare'B) um ein duratives  bzw. grundsätzliches Handeln geht  (Zu den  Funktionender hebräischen .Tempora', bzw. zu den Funktionen  des Harnet  und des Mare'vgl. besonders  H.  Bobzin,  Die  .Tempora'  im  Hiobbuch, Diss. Marburg,  1974,S. 30ff.). — Daß Je r 42,3 nicht  an  einen konkreten  Weg, sondern  an  eine Verhaltensweise gedacht  ist, belegen Jer  7,23; Dtn  5,33(!); l.Sam  12,23; zu "131mit folgendem nfc?»  (1. Pers.  pl. comm.)  vgl. Ex  24,3.7; 19,8; Dtn 5,17.

**  Vgl.  l.Sam 12,19.23;  Nu 21,7.36 6  Zu  ,ni?BE' vgl.  l.Sam 12,1. Jer  37,3.6. wird  auf die Bitte direkt folgend(V.  4—5 sind eingeschobene Situationsangaben)  das Jahwewort  an Jeremia mitgeteilt.367

  Vgl. Jer  38,14.36 8  V. 5  benutzt einleitend  das Stilmittel  der  Inversion  (vgl.  l.Kön  22,23,  wo1"iaK  nan eine Handlung innerhalb  der Haupthandlung bezeichnet). Hier (Jer42,5)  hat die Inversion betonenden Charakter.  Zur  Inversion vgl.  Richter,  Traditionsgeschichtliche Untersuchungen  zum Richterbuch, Bonn 1963, S.  355f.369  Zur Benennung Jahwes  als  „Zeugen" vgl. Gen 31,50; l.Sam 12,5; Mi 1,2;Mal 3,5; s.a. Ri  11,10; „wahre Zeugen" begegnen Jes 8,2.37 0  Die besondere Bereitschaft, „auf Jahwes Stimme  zu  hören" oder „alles  zutun  . . . "  wird ähnlich betont  in Dtn 5,27; Ex  19,8; 24,3.7; Jos  24,24, jeweilsalso, wo ein Prophet  als  Mittler zwischen Jahwe  und dem  Volk auftritt; vgl.ferner  Ri  11,10; (2.Kön  10,5 als Ergebenheitsformel  an Jehu gerichtet; Je r35,10 gegenüber Jonadab);  in  Verbindung  mit  1?BB?1 begegnet nt?l?l Dtn 30,12.13; Jer  35,10;  Dtn 5,27(!);Jos  l,16f; Ex 24,7.371  Zu  ergänzen  ist  nach Je r 40,4 UT1?3.

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Analyse 127

Anfang stößt sich nicht nur mit dem folgenden „damit es uns gutgehe"; diese Erwägung ist auch im Blick auf die bisherigen Versicherungen verdächtig372. Wenn hier überhaupt die Möglichkeit in Betracht gezogen wird, der Bescheid Jahwes könnte so aussehen, daß

man nicht Gefallen daran findet, so ist das hier ein zusätzlicher Gesichtspunkt, der nach Jer 42,1—4.5  —  besonders V. 3 - überraschenmuß,  da die Bitte um eine Auskunft Jahwes über „den Weg, den wirgehen und die Sache, die wir tun" (V. 3) eine solche „Vorerwägung"nachträglich ausschließt. Diese zusätzliche Selbstverpflichtung, in

 jedem Fall „auf Jahwes Stimme zu hören" 3 7 3  muß zudem im folgenden mit den Textstellen in einem Zusammenhang gesehen werden, in denen das „Hören auf Jahwes Stimme" eine besondere Rolle

spielt. Der hier (Jer  42 ,13 ;  42,21;  besonders in 43,4.7) konstatierteUngehorsam erscheint nach Jer 42,6 um so verwerflicher. V. 6 istsomit deutlich im Blick auf diese Stellen verfaßt, was sich für Jer42,1—5 nicht feststellen ließ 374. V. 6 setzt sich ferner im wesentlichen aus vorgeprägten Wendungen zusammen, die nicht aufe inanderabgestimmt sind375.

In V. 8 3 7 6  lesen wir, daß Jeremia .Jochanan ... und alle Heerführer... und das ganze Volk, klein und groß" zu sich ruft. Merkwürdig

37 2  Vgl. ... -)3in-733 in V. 5.373  Diese Formulierung begegnet auffallenderweise gleich zweimal.374

  Thiel  (aaO, S. 575; vgl. auch  Wanke,  aaO, S. 126) führt V. 6 auf deuteronomistische Redaktionsarbeit zurück. Der Hinweis, daß V. 6 zahlreiche Wendungen enthalte, die diese deuteronomistische Redaktion auch sonst verwende,ist jedoch als Argument für den Nachtragscharakter deswegen nicht allein ausreichend, weil sich auch in Jer 42,1—5 solche deuteronomistischen Formelnund Sprachelemente nachweisen lassen; vgl. besonders V. 3 "P"fB T " l und

Dtn 5,33; l.Sam  12,23;  Jer 7,23; ähnlich V. 5 und Dtn 5,27; 30,12.13; Jos1,16. Wichtiger sind die Spannungen, die zwischen V. 6 und V. 1—5 erkanntwurden.375  Vgl. . . . 31ü- BK un d 117-3Ü" 1B?K ]l?a7; daß m m 7ipa l?aB> durch eineEinschaltung (.jemanden zu Jahwe senden" begegnet nur noch Jer 42,9.20)auseinandergerissen wird, ist sonst (außer Jer 43,4 und Hag 1,12) nicht zu belegen; . .. B ö " ]l?a7 oder . . . a ü " ! (o.a.) wird sonst lediglich verwendet, wennzui Einhaltung der Gebote oder zum Hören auf Jahwes Stimme aufgefordertwird (vgl. Dtn 4,4 0; 5,16.26; 6,3 .18; 12,25.28; 22,7; Je r 7,23; 38 ,20 ; 2.Kön25,24/Jer 40,9 in der Aufforderung, dem König von Babel zu dienen.), taucht

aber niemals als Begründung im Zusammenhang einer Selbstverpflichtung auf(vgl. Jo s 24,24; Dtn 26,14 Bekenntnis).37 6  Zur Weiterführung von m m " 1 3 1 i m (V. 7) mit . . . K ip ' l (V. 8) istl.Kön 13,20 zu vergleichen. Daß nicht sofort der Inhalt des Jahwewortes folgen muß, belegen auch Je r 28 ,12; 33,1; 36,27. - Über die Bedeutung undFunktion des Zeitraums von „zehn Tagen" lassen sich nur Vermutungen anstellen (vgl. dazu Jer 28,12!).

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128 Jeremia 42,1-22

ist , daß K"lp hier einmal mit ?K und dann anschl ießend mit 7 konstruiert wird. Nach  Rudolph311 ,  der sich auf   König316   beruft, wäre7 Weiterführung von 7K379. Untersucht man den Sprachgebrauchvon Knp c. 7 3 8 0 , so stellt sich allerdings heraus, daß in der Regeldamit ein „Herbeirufen" im Sinne von „zu sich rufen, holen lassen,versammeln" ausgedrückt wird381 , und daß diese Konstruktion jeweils dann verwendet wird, wenn zwischen dem, der „ruft" und dem,der  „gerufen wird", eine gewisse räumliche Trennung besteht, dieunter Umständen die Einschaltung einer weiteren Person erforderlich macht. Nlp c.  VK  dagegen ist hauptsächlich im Sinne von „anrufen, ansprechen, aufrufen, berufen" gebräuchlich, und zwar jeweils dann, wenn man sich in Rufnähe oder Sichtweite aufhält und

direkter Kontakt möglich ist382. Da nach der Darstellung von V. 7zwischen dem Zeitpunkt der Prophetenbeauftragung und dem Ergehen des Jahwewortes ein Zeitraum von zehn Tagen liegt, ist anzunehmen, daß der Autor in V. 8 eine Neueinberufung der Versammlung vor Augen hat. Es ist kaum denkbar, daß er sich den ganzenVorgang so vorstellte, als hätten sich Jochanan und alle übrigen Beteiligten während der zehn Tage in unmittelbarer Nähe Jeremiasaufgehalten, so daß der Prophet sie lediglich „aufzurufen" oder

„anzurufen" brauchte, wie V. 8a zu übersetzen wäre. Wenn nundie zweite Vershälfte in der sonst immer üblichen Formulierung aufdie vom Kontext her zu erwartende Einberufung der Versammlungeingeht, so liegt es nahe, die Abweichungen im Sprachgebrauch zwischen der ersten und zweiten Vershälfte damit zu erklären, daß.Jochanan ... und alle Heerführer ..." in V. 8a oberflächlich und

377  Komm. Je r. , z.St.378  Lehrgebäude der hebräischen Sprache, II, 2, § 319 o.379

  So auch  Wanke,  aaO, S. 118, der außerdem V. 8b (zusammen mit V. lb)als nachträgliche Erweiterung auffassen will (S. 131); Ehrlich,  Randglossen,4.  Bd., S. 347, ändert in ... 73 7K1. „Die Korruption entstand durch Mißverständnis von 7 in ]ÖpB7" (ebd.).38 0  Nach Abzug aller Stellen, wo KTp c. 7 „benennen" (z.B. 2.Sam 11,13 u.ö.)bedeutet.381  Vgl. Gen 12,18; 20,8.9; 24,5 7.58 ; 26,9 ; 31,4; 39,14; Ex 7 ,11; 8,4.21  (s.BHS App.); 9,27; 10,16 (vgl. 10,11);  12,21.31;  19,7.20; Lev 9,1; Nu 16,12;22,5.37;  Dtn 31 ,7; Jos 9,22; 23,2(! ); 24,1 .9; Ri 4,6 ; 12 ,1 ; 16,18.25; l.Sam3,5ff;  19,7; 2.Sam 1,15; 9,2; 21 ,2 ; l.Kön 1,32; 2,36.42; 12,3 ; 20,7; 2.Kön

4,12.15.36 (s. BHS App.); 9 ,1 ; 12,8; Jer 1,15 u.ö.38 2  Vgl. Gen 19,5; Ex  34,31;  36,2; Lev 10,4; Dtn 5,1 (vgl.  1,1-5);  29, 1; Jos6,6; 10,24; Ri 9,54;  18,23;  l.Sam 9,26; 16,8(!); 17,8(!); 26,14; 29,6; 2.Sam1,7(1);  15,2; l.Kön  13,21;  17,10.11;  18,3; 22,9; 2.Kön 4,22; 6, 11 ; 7,10(!) u.ö.An einigen Stellen liegt Dittographie vor (7[K]K1p,)I  z.B. 2.Kön 4,36; 2.Sam14,33(!), so daß auch hier ursprünglich der Bedeutung entsprechend KTp c.7 zu lesen war.

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Analyse 129

nicht auf die zweite Vershälfte abgestimmt nachgetragen wurden3 8 3 .Da auch sonst Jer 42 keinerlei Anzeichen enthält, die für eine festeVerankerung der in 42,1 und 8 erwähnten Personen in diesem Kapitel sprechen, sie sich vielmehr, ohne das Gesamtgefälle des Texteszu ändern, ausklammern lassen, an 42,1 außerdem noch die obenerwähnte sonst nicht übliche Reihenfolge der Personen auffällt, enthielt demnach Jer 42 ursprünglich lediglich Nachrichten über eineVersammlung des Restvolkes ohne die Heerführer.

In V. 9 ist die zweite Vershälfte nach der Botenformel sicherlichnicht ursprünglich (einschließlich 7K"1B?'' TI7K?)38 4. Denn zwischenBotenformel3 85  und dem eigentlichen Jahwewort ist der eingeschaltete Relativsatz nicht nur formal auffällig, da normalerweise auf dieBotenformel das Ja hwewor t direkt folgt, sondern auch inhaltlichüberflüssig386.

Die Verse 10—18 enthalten die mit der Botenformel in V. 9 angekündigte Jahwerede; daran anschließend spricht in V. 19—22 derProphet selbst.

Je r 42 ,10-18

Die Jahwerede in V. 10 setzt ein mit einer bedingten Heilszusage,die abschließend begründet wird. Die Bedingung387, an die die Heilszusage geknüpft ist, scheint aus einer Situation heraus formuliert zusein, in der der Verbleib im Lande zum Problem geworden war, bzw.größere Auswanderungsbewegungen eine Rolle spielten. Die Heilszusage selbst verwendet Formulierungen, die wörtlich schon in Jer24,6 begegnen388, dort allerdings ausschließlich für die Gola in Babylon in Anspruch genommen sind.

383  Das geschah durch einfache Übernahme der Reihenfolge von Je r 41,16 einschließlich des inK "1B?K, das Jer 42,8 vollkommen überflüssig ist (fehlt in derLXX, ebenso „ben Koreach" ; die LXX kürzt teilweise bewußt; vgl. Jer 40 ,13und 40,15.16! 41,11 und 14.16; zu den absichtlichen Kürzungen der LXXvgl.  Giesebrecht,  Komm. Jer. , S. XXXIIff!).38 4  Fehlen in der LXX könnte auf absichtliches Übergehen der bloß wiederholenden Floskeln zurückgehen.385  Vgl. Je r 37,7.9;  38,2.3;  39,16; 44,2.7.11.25; 45,2 u.ö. mit 7K-1BV  "T\bx.386

  Duhm,  Komm. Je r. , z.St. rechnet mit Zusätzen; vgl. auch  Thiel,  aaO, S.575,  der zudem auf leichte sprachliche Differenzen zwischen V. 9b und V. 2und V. 5 hinweist.387  Zur Aufforderung, im Lande zu bleiben, vgl. auch Je r 40,9 (und 2.Kön25,24).388  „Ich baue sie und reiße sie nicht ein, ich pflanze sie und reiße sie nichtaus ..."

9 Pohlmann, Jeremiabuch

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130 Jeremia 42,1-22

Mit Recht nimmt man im allgemeinen an, daß die terminologischenÜbereinstimmungen an diesen beiden Stellen wie auch sonst389  nichtzufällig sein können3 9 0 . Wenn man allerdings konstatiert, „daß dieprogrammatische Begriffsreihe aus 1,10 in unter sich sprachlich, in-halüich und strukturell verwandten Zusammenhängen steht, die biszur terminologischen Übereinstimmung reichen und deuteronomisch-deuteronomistisches Gepräge auch in der Durchführung aller wesentlichen Gedanken zeigen"391, so ist dem nur eingeschränkt zuzustimmen. Gerade eine Gegenüberstellung von Jer 42,10 und Jer 24,6,wo die „programmatische Begriffsreihe" fast wörtlich übereinstimmt,deckt Diskrepanzen und Spannungen zwischen den jeweiligen Kontexten auf, die daraufhindeuten, daß sich hier verschiedene Konzep

tionen ausdrücken.

Ist es denkbar, daß ein und derselbe Redaktor bzw. eine und dieselbetheologische Schule einerseits in Jer 42 den im Lande Verbliebenendie, wenn auch an Bedingungen geknüpfte, Möglichkeit einer von Jahwe gestalteten heilvollen Zukunft anbietet, andererseits jedoch schonin Jer 24 diese heilvolle Zukunft lediglich den Exilierten in Babylonvorbehält und die im Lande Zurückgebliebenen ausdrücklich davonausnimmt? Oder kann umgekehrt ein und dieselbe Hand in Jer 24

programmatisch das Heil auf die babylonische Gola beschränken,später aber an anderer Stelle (Jer 42) dem „Rest" im Lande dochnoch eine Chance zugestehen?

Die offensichtlichen terminologischen Berührungen zwischen beidenTexten dürfen uns nicht den Blick dafür verstellen, daß sich in Jer24 und Jer 42 jeweils ganz verschiedene Vorstellungen über den Gangder Heilsgeschichte ausdrücken, die sich gegenseitig ausschließen. Jer42,10 bietet eine heilvolle Zukunft an unter der Bedingung 392, daßman im Lande bleibt. Jahwe wird sich dem Rest im Lande wieder zuwenden; denn sein Gerichtshandeln ist abgeschlossen393. Das Landselbst, das Festhalten am Land gewährleistet, daß Jahwe seinemVolk wieder aufhilft.

389  Vgl. Jer 1,10;  12,14ff; 18,7ff;  31,28ff.38ff; u.ö.390 Ygj  Herrmann,  Die pr oph eti sch en Heilser wartung en, S.  162ff;  im Anschluß

an  Herrmann  ferner  Wanke,  aa O, S. 125f;  Thiel,  aaO , S. 11 8. 12 0 un d jewe ilszu den fraglichen Stellen.391  So  Herrmann,  aaO, S. 169.39 2  Das Nichteinhalten dieser Bedingung, also das Verlassen des Landes, hatnicht eigentlich neues Unheil zur Folge, es bewirkt aber eine Fortdauer derUnheilssituation in Ägypten (V. 16).393 yg j 42 ,1 0b „ de nn es re ut mich das Unh eil, das ich eu ch ange tan ha be " .

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Analyse 131

Jer 24 hat von vornherein und unzweideutig festgelegt, daß geradedie,  die im Lande bleiben konnten, bis hin zu denen, „die in Ägyp-ten wohnen", verworfen sind und vertilgt werden, so daß sie schließ-lich ganz aus dem Land verschwinden. Jahwe stellt sich ausschließ-lich auf die Seite der babylonischen Gola; nur ihr gelten die Zusa-gen, daß Jah we .aufbauen werde . . . "

Die von  Wanke  im Anschluß an  Herrmann  vollzogen Feststellung,daß Jer 42,10 einer deuteronomistischen Bearbeitung des Jeremia-buches zuzurechnen sei394, die in „besonders enger Beziehung zuden genannten Abschnitten steht"3 9 5 , läßt sich demnach so nichtaufrecht erhalten.  Der deuteronomistische Sprachcharakter   einzelnerStellen oder Abschnitte allein kann noch  kein  ausreichender  Grund

sein,  von einer einheitlichen  deute ronomist ischen Bearbeitung desJeremiabuches auszugehen, wie die Gegenüberstellung von Jer 42,10und Jer 24,6 beweist. Die Problemlage erscheint um einiges kompli-zierter396.

Die Begründung der Heilszusage (V. 10b) 3 9 7  hat deutlich das ganzeVolk vor Augen 39 8 . Denn die Formulierung „das Böse, das ich euchgetan habe" kann sich nur auf die Katastrophe beziehen, die das

ganze Volk mit der Unterjochung unter die Babylonier getroffenhatte.

V. 11 Wenn hier auf die mit der Bedingung in V. 10 implizit ausge-sprochene Aufforderung „im Lande zu bleiben" die Mahnung folgt„fürchtet euch nicht vor dem König von Babel"39 9 , so erinnert dasan Jer 40,9 4 0 0 . Dort liegt allerdings die umgekehrte Reihenfolge(1 .  „Fürchtet euch nicht ..."; 2. „Bleibt im Lande ...") vor 401.Selbst wenn man diese Parallelität als Argument dafür anführt, daß

39 4  Vgl. auch  Thiel,  aaO, S. 575.39 5

  Wanke,  Baruchschrift, S. 126.396  Auch  Wanke  merkt schließlich an, daß möglicherweise mit mehreren Bear-beitungen zu rechnen sei (S. 129, Anm. 32).39 7  Vgl. Je r 18,18; 26,3 .13.19; 2.Sam 24,16; Joel 2,13; Ex 32,12.14.398 ygj  s chon oben zu Je r 42,2 (sowie V. 1 und V. 8) .399  Durch das dreimalige KT wirkt der Vers stark überladen (vgl.  Duhm,  Komm.Jer., S. 322).400  Jer 40,9: „Fürchtet euch nicht vor den Knechten der Chaldäer" (so LXX

und 2.Kön 25,24); die Aufforderung ist hier lediglich an die Heerführer undihre Leute gerichtet.401  Wie Nu 14,9; Dtn 1,21;  20,lff;  31,6; Jes 51,7; Joel 2,22; Hag 2,5; Sach8,13.15(1); Neh 4,8; 2.Chr 20,17 und andere Stellen zeigen, kann die Beistands-zusage auch eine bestätigende Funktion warhnehmen, und ein vorausgehendesWort abschließen, so daß auch die in Jer 42,10.11 vorliegende Abfolge möglichist.

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132 Jeremia 42,1-22

somit der Anschluß von V. 11 an V. 10 gut möglich ist, so läßt sichandererseits doch nicht übersehen, daß V. 11 zusammen mit V. 12die beiden in V. 10 und V. 13 enthaltenen Teile der Alternative auseinanderdrängen 402.

Aber auch die Fortsetzung von V. 11 mit V. 12 ist nicht unproblematisch. Die beiden Verse können in der Fassung von M kaum vonein und derselben Hand stammen; denn es ist höchst merkwürdig,daß nach der Beistandszusage gegen den König von Babel in V. 11anschließend noch versichert wird, derselbe König (aus dessen HandJahwe erretten will, wie V. 11 formuliert!) werde „sich erbarmen...". Die LXX liest V. 12 ganz in der 1. Person Jahwes 4 0 3 , wärealso in diesem Punkt besser mit V. 11 in Einklang zu bringen 404.

Außerdem wäre mit Jahwe als Subjekt in V. 12 auch die Aussage„euch in euer Land zurückkehren lassen" besser auf das „euch ausseiner Hand (des Königs von Babel) retten" in V. 11 abgestimmt 405 .

Auf diese Weise ließen sich zwar die Spannungen zwischen V. 11und V. 12 beheben. Um so größer allerdings wäre jetzt der Widerspruch zu V. 10. Während dieser Vers mit seinen Aussagen der fürJer 42 vorausgesetzten Situation genau Rechnung trägt, würden

V. 11 und V. 12 ein dieser Si tuat ion vol lkommen unangemessenesThema unangemessen zur Sprache bringen: Hier wäre von der Errettung aus der Hand des Königs von Babel und einer Rückkehrermög-lichung durch Jahwe die Rede, obwohl man sich nach V.  10406

"O2  Vgl. die Alternativen K7 OKI - DK in Jer 38, 17 .1 8; 12,16.17;  17,24ff;  22,4.5.403  Zu D ' ö m DD7 jnKl mit folgendem Drll bei gleichem Subjekt und Objektvgl.  Dtn 13,18; für M kann man auf l.Kön 8,50 (vgl. auch Ps 106,46) verwei

sen.404  Unklar ist in V. 12, ob es in der zweiten Vershälfte n't fni (M! - So auchWanke,  Baruchschrift, S. 118;  Thiel,  aaO, S. 57 6; ferner die Kommentare zuJeremia von  Rudolph  und  Weiser,  jeweils z.St.) oder D'B^HI (so a'®33; ferner dieKommentare von  Duhm, Giesebrecht, Volz  z.St.) heißen muß. Eine Überprüfung des Sprachgebrauchs ergibt, daß „wohnen lassen" mit folgender Ortsangabe c. Präposition nie mit 7K oder 75? (Einzige Ausnahme wäre Hos   11,11! —Vgl. aber BHS App.!) , sondern mit D konst ruier t wird (vgl. Gen 47,6; l .Sam12,8;  30,21;  2.Kön 17,6.24.26; Hos 12,11 u.ö.). Demnach muß in V. 12D^HI gelesen werden. 31B? hi kennt in der Regel nur Jahwe als Subjekt (vgl.

z.B.  l .Kön 8,34; Gen 28 ,15; Jer 16,15 (24,6), wenn es in einer Verbindungmit DDn?31K-7K o.a. auftaucht; das bestätigt die Lesart der LXX (= TVn'TPm),so daß anstelle der 3. Person (M) hier die 1. Person ursprünglich gewesen seinkönnte.« • Daß V. 12 DDnK Tl1D',B?m (LXX) zuüDHK :TE>ni (M) verlesen wurde , ist gutvorstellbar.406  Dort heißt es ja nicht: „Kehrt um und bleibt . . . ! " Vgl. auch Je r  42,13!

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Analyse 133

noch im Lande selbst aufhält. Selbst unter Berücksichtigung vonJ e r 41 ,17 in der jetzigen For m 4 0 7  wären die Formulierungen „ausder Hand des Königs von Babel retten" bzw. „euch in euer Landzurückkehren lassen" (V. 12) recht übertrieben, falls man sie als„eine auf den speziellen Fall bezogene Aussage" 408  verstehen will,in dem Sinne, als sei damit gemeint, die Judäer dürften von derGrenze wieder in ihr Land zurückkehren. Wählt man also für V.12 die LXX-Lesart, so kann dieser Vers zusammen mit V. 11 nurals spä terer Zusatz zu V. 10 eingestuft werd en 40 9 .

Zieht man die andere, weniger wahrscheinliche Möglichkeit in Betracht, mit M in V. 12 den König von Babel als Subjekt anzusehen —

 jedenfalls von V. 12aß an —, so kann man die dann zwischen V. 11und V. 12 bestehenden Spannungen damit erklären, daß, wie obenschon angedeutet , V. 12 auf einen anderen Verfasser zurückzuführenist als V. 11, also späterer uminterpretierender Zusatz ist. V. 12 versucht dann eindeutig den in V. 11 erwähnten König von Babel nachträglich positiver zu charakterisieren und ihn gleichsam als Mitarbeiter Jahwes herauszustellen, während er nach V. 11 eher als zuüberwindender Gegenspieler, dem man etwas entreißen muß,  auf-zufassen wäre. Im übrigen gilt auch hier das oben Gesagte 410.

V. 12 ist also in keinem Fall ursprünglich. Es handelt sich hier entweder (LXX-Lesart) zusammen mit V. 11 um einen akzentverschiebenden Zusatz zu V. 10 oder (M-Lesart) um eine uminterpretierende Erweiterung zu V. 11.

Die Entscheidung darüber, ob V. 11 als originale Fortsetzung vonV. 10 bewertet werden darf oder aber erst später (allerdings früherals V. 12!) nachgetragen wurde, mag offen bleiben411 . Eine ur

sprüngliche Weiterführung von V. 10 mit V. 11 ist immerhin nichtunmöglich412 . Dagegen spricht zwar, daß V. 11 die beiden in V. 10und V. 13 enthaltenen Teile der Alternative auseinanderreißt. Andererseits spielt das Motiv KT in V. 16 eine Rolle , so daß V. 10

40 7  Von einem Verlassen kann auch hier keine Rede sein, da man sich nochim Raum von Bethlehem aufhält; vgl. außerdem zu Jer 41,16ff oben S.  119ff.4 08

  Thiel,  aaO, S. 576.409  Dieser Zusatz hät te die Funkt ion, die Versammlung des ganzen Volkes

(V. 1 und V. 8) als eine Zusammenkunft derer zu kennzeichnen, die das Landschon verlassen haben, also (gegen Jer 42,10 und 13) schon auf dem Weg nachÄgypten sind.410  Vgl. oben Anm. 409!411  V. 11 wird daher im folgenden (vgl. die zusammenfassenden Partien!) mit(11) gekennzeichnet.412  Vgl. oben Anm. 401!

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134 Jeremia 42,1-22

mit folgendem V. 11 und V. 13.14.16 4 1 3  in gewisser Hinsicht  auf-

einander abgestimmt erscheinen.

Wir kommen auf die oben erwähnte 4 1 4  Parallelität zwischen Jer

42,10f und Je r 40 ,9 zurück. Zwischen beiden Textstell en müssenBeziehungen bestehen. Da gezeigt werden konnte, daß Jer 40,7ff

eine spätere Einschaltung ist, in V. 9 zudem die Aufforderung, im

Lande zu bleiben, an dieser Stelle merkwürdig klingt415 , ist davon

auszugehen, daß der für J e r 40,7ff zuständige Verfasser bei der Ge

staltung dieses Abschnitts Jer 42,10f ausgewertet hat. Die hier so

mit vorausgesetzte Verbindung zwischen Jer 42,10 und V. 11 muß

deswegen allerdings noch nicht ursprünglich sein.

V. 13 knüpft deutlich an V. 10 an und enthält zusammen mit V.14 die negative Seite der Alternative 4 16 . Die syntaktische und in

haltliche Weiterführung erfolgt in V. 16 (Drohwort). V. 15, auffäl

lig mit der Botenformel versehen, wiederholt lediglich mit anderen

Worten, was in V. 13 und V. 14 schon zu lesen war, ist also Du

blette. Dieser merkwürdigen Doppelung entspricht, daß nicht nur

V. 16, sondern auch in V. 17 ein Drohwort mitgeteilt wird417 . Als

eine einfache Weiterführung von V. 16 kann V. 17 schon deswegen

nicht verstanden werden, weil die Anrede in der 2. Person (V. 16)nicht durchgehalten wird. Zudem bezieht sich V. 17 deutlich auf

den als Dublette zu V. 13f erkannten V. 15, indem die gleichen

Formulierungen wie dort verwendet werden4 1 8 .

V. 18, mit *3 und Botenformel eingeleitet, will offensichtl ich die

vorausgegangenen Drohworte begründen, enthält jedoch merkwür

digerweise weder Anklagen noch Vorwürfe, sondern lediglich eine

weitere Drohung, die durch einen Hinweis auf Jahw es Zornesgericht

über Jerusa lem erläute rt wird. Der in den Versen 10.(11).13.14 . und16 vorliegende Argumentationsgang erübrigt eine solche Begründung:

Da in V. 10 Ja hwe s Hei lshandeln an Bedingungen geknüpft war, im

pliziert das Nichteinhalten dieser Bedingungen das Ausbleiben des

Heilshandelns, bzw. Unheil.

4 1 3  V. 16 ist V. 13 und V. 14 zuzuordnen (Vgl. dazu unten!).

4>4  Siehe dazu oben S. 131f.4

is Siehe oben S. 113.•M 0DT17K n i r r 7 ip3 S7BB? T1737 in V. 13 berücksichtigt n icht, daß Jahweselbst spricht, ist also Zusatz, der mit V. 6, wahrscheinlich auch mit V. 21 sowie Jer 43,4.7 (vgl. dazu unten!) in Verbindung steht.4 17

  Vgl. nur V. 16 (Ende) m a n 0B?1 und V. 17 W » \418 Vgl. DE* T07 D n s a K137 DMD D"B?! Vgl. dazu 42,14 D"nsa f-lK K13ohne DB? TIJ7, dafür mit 3B?J DB?1!

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Analyse 135

Die Zweistrangigkeit im Aufbau dieses Abschnitts (Jer 42,10—18)ist somit unübersehbar419 . Einander zuzuordnen sind 42,10(11)13.14.16 einerseits und (12)15.17.18 andererseits.

Da die jetzige Text folge nur das Ergebnis einer sekundären Ver-schachtelung sein kann, ist zu fragen, welcher Versgruppe die Priorität zuzuerkennen ist.  Wanke

420  vermutet, daß 42,15.1 7f zusammen mit V.  1 lf ursprüngl icher ist 421. „Das Wort V. 10.13f.16,  dassich aufgrund seiner grundsätzlicheren und reflektierteren theologischen Position als jünger" erweise422, könne „sich dagegen gut andie durch Heilswort (V.  11 f) und bedingtes D rohwor t (V.  17 — 18)angedeu tete Heils — Unheilsalternative angeschlossen habe n, und . . .diese explizit" ausgestalten423.

An dieser Auffassung ist jedoch nicht nu r problem ati sch , daß V. 11keineswegs so eindeutig mit V. 15.17f in Verbindung gebracht werden kann4 2 4. V. 15 aber (zusammen mit V. 17f) allein wäre sowohlfür die Betroffenen wie für den Leser eine unbefriedigende und uneinsichtige An tw or t, die der in J e r 42 ,l ff dargestellten Situat ion nichtgerecht wird. Denn daß es ein Fehler war und blieb, nach Ägyptenzu ziehen, kann ja nur dann überzeugen, wenn die Möglichkeit, imLande zu bleiben, überhaupt erst einmal durch Hinweise auf gewisseZukunftsaussichten in den Blick gerückt worden war 4 2 5 .

Entscheidend ist, daß V. 17 als Fortsetzung von V. 15 in der drittenPerson formuliert ist und somit aus der direkten Anrede 4 2 6  herausfällt427. Das bedeutet, daß V. 17 auf diese Weise eine an die Versammelten ergangene Warnung vor der Auswanderung nach Ägypten ge-

419  So auch  Wanke,  aaO, S. 122;  Thiel  (aaO, S. 579f) will die Verse 10-18

ganz (außer V. 17) als Produkt einer deuteronomistischen Redakt ion auffassen,wird damit allerdings den Spannungen und Doppelungen sowie den stilistischenUnterschieden im Text nicht gerecht.420

  Wanke,  aaO, S. 130.421  Diese Verse gehörten nach  Wanke  allerdings auch schon nicht mehr zumursprünglichen Bestand von Jer 42; s.o. S. 123.422  Siehe dazu aber oben zu V. 10; dort auch die kritischen Einwände.423

  Wanke,  aaO, S. 130.424  Vgl. dazu oben! V. 12 fällt aufgrund der oben vorgelegten Analyse ohnehin aus.42 5  Vgl. ähnlich Jer 40,9 im Blick auf Jer 40,1 lf.426 Vgl. den gesamten Kontext!42 7  Das wird von  Wanke  übersehen! — Thiel  will gerade diesen Vers für einen„authentische(n) Gottesspruch" halten. Merkwürdig ist seine Begründung, wenner feststellt, daß der in V. 17 vorliegende Personenwechsel erfahrungsgemäß aufeine Naht verweise, „also auf einen älteren aufgenommen Text" (vgl. aaO, S.573).  —  Nähte sind mitunter auch Folgen jüngerer Einschübe!

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Analyse 137

haben. Sie verstehen diese Verse so, als sei „inzwischen eine Wider-

rede der Zuhörer erfolgt"4 3 3  und meinen daher, sie hinter Jer 43,

1—3 versetzen zu müssen. Den Worten Jeremias fehle die Begrün-

dung; „umgekehrt h inkt 43,1—3 nach 42,19—22 nach . . . ; motivier t

werden die Verse erst da nn , wenn man 43,1—3 vor 42 ,1 9 stel lt "4 3 4 .

Dagegen ist je do ch einzuwenden, daß sich da nn Jer 43 ,2 nicht mehr

auf das Ja hw ew or t 42 ,19 beziehen kann, wie das in der vorliegen-

den Textfolge der Fall ist, dieses vielmehr erst auf 43,2 folgen wür-

de4 3 5

.  Ferner ist nicht einzusehen, daß hier „eine inzwischen erfolg-

te Auflehnung gegen die Worte des Propheten voraus(ge)setzt" ist436.

Der ganze Abschnitt hat vielmehr prospektiven, warnenden Charak-

ter4 3 7 . Das belegt der Gebrauch der Formel IVTn  J ? T 4 3 8 ;  ebenso

findet DVn D33  ,nT ,5?n" ,34 39  in der deuteronomist ischen Predigt als

abschließende Warnung Verwendung, die künftige Verhal tensweisen

im Auge hat. Selbst wenn man diese Formel mit der LXX streicht 4 4 0 ,

belegt ihre Einschaltung, daß dieser Abschnitt als eine Rede des Pro-

pheten verstanden wurde, die vor einer noch ausstehenden, möglicher-

weise falschen Entscheidung warnen will, aber noch nicht auf eine

bereits getroffene Entscheidung reagiert. Damit ist die Stellung dieser

Verse vor Jer 43 ,l f f sichergestellt.

Bevor jedoch das Verhältn is von Jer 42,19—22 zu m näheren und

weiteren Kontex t, besonders zu Jer 42,5—6; 43, l ff und 42,10ff

erläutert werden kann, sind noch folgende Detailfragen zu klären:

Daß das .isnn 5?T in V. 19b a noch einmal in V. 22 au fge nommen

wird, ist auffällig441. Aussage und Wortgebrauch dieses Verses (V.

4 3 3  So  Rudolph,  Komm. Jer ., S. 256.4 34  So  Volz,  Komm. Jer., S. 354.

43s Vgl.  Wanke,  aaO, S. 118, Anm. 3 im Anschluß an  Kremers,  Der leidendeProphet, Diss. Göttingen 1952.43

«  Weiser,  Komm., S. 363.4 3 7

  Gegen  Wanke,  der V. 19bßff als eine Vorwegnahme der Entscheidung derFlüchtenden auffaßt und daher mit einer jüngeren Einschaltung zwischen 42,19baund 22ab|3 rechnen möchte (aaO, S. 123).43 8  Oder Singl.; vgl. Gen  15,13; Jos 23,12; (l.Sam 28 ,1; l.Kön 2,37; Je r 26 ,15;42,22).439  Vgl. Dtn 4,26; 8,19; 30 ,19; 31 ,28; 32,46; l.Sam 8,9; (vgl. auch 2.Kön 17,13.15).440

  Der Einsatz mit "3 ist in der Tat merkwürdig (sonst nur Jer 11,7 als selb-ständiger Satz, der in der LXX fehlt.); ebenso die Abhängigkeit von 1S?"Tn S7T,falls man . . . VIT'1?!T nicht als Parenthese einordnen will.4 4 1

  Volz  will aus diesem Grunde „die Sätze 19b/3 (von ' 3 an) 20f als Parenthese... betrachten" (Komm. Jer., S. 354); Duhm  führt V. 22 auf einen späteren Be-arbeiter zurück, der ihn an die auf Baruch zurückgehenden Verse 19—21 (nachLXX) anhängte (Komm. Jer., z.St.);  Wanke  hält an V. 19aba und V. 22a/Jb „als

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138 Jeremia 42,1-22

22) stehen in großer Nähe zu Jer 42,17 4 4 2 . Fragt man, warum hieranstelle von „Ägypten" (V. 17) von einem Dlpä die Rede ist, wohinman „kommt, um zu siedeln" (DB? TilV)44 3, so wird die Funktiondieses Verses deutlich: V. 22 will die im vorausgehenden Kont ex t

enthaltene Warnung vor einer Auswanderung nach Ägypten (vgl.besonders V. 17) ausweiten zu einer generellen Warnung vor einemVerlassen des Landes überhaupt, mit welchem Zielort auch immer.Nur so erklärt sich, daß hier in V. 22 schließlich zum dritten Malim gleichen Kapitel die Drohung auftaucht, daß man „sterben" werde4 4 4 .  Somit ist V. 22 ein Zusatz, der die Aussagen von V. 17 voraussetzt und erweitert.

V. 19

Der Versanfang ist offensichtlich gestört. Die LXX liest  ä e\ä\r)oe

KÜpioc, was einem nirr-")3"r "IB?K oder vielleicht noch eher einemmrr -)3"r ")E?K "l3Tn entsprechen dürfte445. Als ursprünglicher Textvon V. 19 wäre dann mrr TJT "1B?K "I3"rn nt anzunehmen4 4 6 . Dasnt könnte alsbald durch Haplographie (V. 18 Ende!) ausgefallen sein;das Fehlen von "1B?K T3"rn wäre ebenfalls leicht auf ein Schreiberversehen zurückzuführen. Möglich wäre allerdings auch lediglich ein einfacher Ausfall von nt447, so daß V. 19 (Anfang) eventuell mit ntnin''—131 einsetzte448. Mir scheint jedoch das mit Hilfe der LXX

ursprüngliches Jahwewort der Erzählung" (aaO, S. 125) fest und erklärt denRest für eine jüngere Einschaltung (aaO, S. 123; vgl. schon oben Anm. 437!).442  v. 22 iman ... 3-irn;  v. 17 ... 3-im imaw. 22 na?  TO

1? KU

1?  ...mpa3;

V. 17 ÜB? 1117  D n s a K137.  Lediglich für  W1Q  D'E? c. inf. wird in V. 22 f o nverwendet.44 3  Wanke  übersieht, daß wegen . . . D1pa3 in V. 22 die beiden Teile des vonihm als „ursprünglich" postulierten Jahwewortes (V. 19a „Geht nicht nachÄgypten" V. 19ba.22a/Jb „wisset wohl, daß ihr durch Schwert, Hunger undPest sterben werdet an dem Ort, zu dem ihr gerne gehen wollt, um euchdort anzusiedeln") gar nicht auf einander abgestimmt sind."• »Jer 42,16.17.22.445  So übersetzt die LXX (26,13) Jer 46,13 HIT "13T "IB>K T3TH mit  aeXdXriae KVpuK   (Jer 46,13 ist eine Überschrift und leitet einen neuen Abschnitt ein!); vgl. allerdings auch Jer 50,1 und LXX 27,1.446  So auch  Giesebrecht,  Komm. Jer. , z.St.; vgl. zu dieser Formel 2.Kön 19,21

(= Jes 37,22); Jes  16,13;  ferner ähnlich Jer  38,21.4 4 7  Ebenso von  Giesebrecht   (Komm. Jer. , z.St.) erwogen; vgl. auch  Duhm,Komm. Jer., z.St. u.a.4 48  Allerdings wird diese Lesart, so nahe sie liegt, nicht durch die LXX bestätigt, kann auch die Entstehung der LXX-Ubersetzung nicht so gut erklären. mrP~TJT nt ist ferner nur Sach 4,6 belegt. — TJ)T nt  —  so  Wankes  Vorschlag  —  ist ohne jegliche Einleitungsfloskel sonst nicht üblich.

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140 Jeremia 42,1-22

den Ungehorsam und die Abwanderung nach Ägypten herzustellen.Denn nach der positiven Darstellung der Gesprächspartner Jeremiasin Je r 42 ,l ff würde der Leser ohne die in Je r 42,19—21 enthal tenenWarnungen an die Betroffenen in Jer 43,1 ff völlig unvorberei tet undüberrascht von deren negativen Verhaltensweisen erfahren. Der Vorbereitung dieses Abschnitts Jer 43,lff dient auch das im Blick aufJer 42,10ff zusammenfassende „geht nicht nach Ägypten" in V. 19.

d) Ergebnisse und Folgerungen

Jer 42 ist keineswegs aus einem Guß. Mehrere Versgruppen hebensich deutlich durch Wiederholungen und unterschiedlichen Sprach

gebrauch voneinander ab:a) 4 2 , l * - 5 . 7 - 9 * . 10.(11) 13.14.16b) 42,(12)15.17.18c) 42,6.19.20.21d) 42,22.

Außerdem waren in einigen Versen kleinere Einschaltungen feststellbar4 59 , die mit der Verschachtelung dieser Versgruppen zusammenhängen.

Die älteste Fassung des Kapitels bestand aus den Versen 42,1*—5.7—9.10.(11)13.14.16; diese bilden die Vorlage für die später eingearbeiteten Versgruppen b—d.

Die Kernfassung von Jer 42 war als prophetische Abschlußrede Jeremias an das durchs Gericht gegangene Restvolk im Lande gestaltet,vergleichbar einer Abschlußrede verheißenden und mahnenden Inhalts,  wie sie z.B. l.Sam 12 Samuel in den Mund gelegt wi rd 460.

Die in Jer 42,1*—5.7—9 dargestellte Szenerie ist geradezu ideal. Dasganze Volk findet sich von sich aus beim Propheten Jeremia ein.Es betrachtet sich selbst als übriggebliebenen Rest einer früherenGröße und bittet in dieser Situation den Propheten, für sie Fürbitteeinzulegen. Jahwe soll bestimmen, wie sie sich jetzt verhalten sollenund was zu tun ist. Sie verpflichten sich, in allem auf Jahwe zu hören. Ihrem demütigen und ehrerbietigen Verhalten entspricht diepositive Reakt ion des Propheten. Daß Ja hw e sich ihnen zuwenden

will, stellt die bedingte Heilszusage in V. 10 fest: Im Lande selbstwill Jahwe an ihnen heilvoll handeln. Es besteht kein Anlaß, das

459  In Jer 42,2 nKtn nnKB?n-73  "T5?3; vgl. oben zu 42,9; 42,13.  Die Erwähnung der „Heerführer und Jochanans ..." in V. 1 und V. 8 gehörte nicht zumältesten Textstadium dieser Verse.460  Vgl. besonders die Verse 19—25 und den Ausklang in V. 25!

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Ergebnisse und Folgerungen 141

Land zu verlassen. Das würde vielmehr bedeuten, Jahwes Angebotnicht ernst zu nehmen und somit die Chance einer hoffnungsvollenZukunft zu verspielen; denn Jahwes Gerichtshandeln ist abgeschlos-sen (V. 10b!). Das Verlassen des Landes hätte zur Folge, daß mangenau mit dem Unheil weiterhin konfrontiert würde, dem man durcheine Auswanderung zu entgehen hoffte.

Dem Verfasser dieser Verse liegt deutlich daran, zum Verbleib imLande aufzufordern und vor einer Abwanderung nach Ägypten zuwarnen. Der Grund dafür ist offensichtlich, daß infolge allgemeinerUnruhen und Unsicherheiten (vgl. besonders V. 14!) bedeutendeAbsetzbewegungen nach Ägypten im Gange waren 46 1  und sich allge-mein die Frage nach der Zukunft im Lande aufdrängte462. Die inden Versen 10.(11).13.14.16 enthaltene Antwort spiegelt die Ein-stellung derer wieder, die Jahwes künftiges Heilshandeln mit demLande selbst und denen, die sich im Lande befanden, in Verbin-dung bringen463. Ähnliche, direkt auf das Land bezogene Zukunfts-hoffnungen, die nicht erst mit dem Anbruch einer Heilszeit nachder Rückführung der babylonischen Gola rechnen, scheinen auchnoch in Jer  32 4 6 4  erkennbar.

Daß sich hier jeweils eine Art Alleinvertre tungsanspruch gegenüberden Exilierten ausdrückt, wird man noch nicht sagen können. DasProblem ist nicht, welche Volksteile Jahwe näher sind oder sich alsden wahren Rest bezeichnen dürfen465; es scheint sich eher um denVersuch zu handeln, die Identitätskrise zu bewältigen, die eintrat,als man sich nach dem Verlust der Eigenstaatlichkeit, des Königtums,des Tempels und des gewohnten Kultlebens die Frage stellen mußte,wodurch und worin man sich noch als Jahwevolk vers tehen ko nn te.Die schon in der Tradition vorgegebene Verbindung zwischen Jahweund dem Land bot eine Möglichkeit, die theologische Krise zu be-wältigen.

Die mit der Heilszusage verknüpfte konkrete Warnung vor der Aus-wanderung nach Ägypten impliziert, daß im vorausgegangenen Kon-text das Thema „Ägypten" schon einmal angeklungen war. Das istin der Tat in Jer 41,16ff der Fall. Diese Stelle wird somit voraus-gesetzt , allerdings nicht in der Form, wie sie je tz t vorl iegt 466.

461  Vgl. die Notiz in Jer  41,16ff;  siehe dazu oben S.  119ff.462  Ob die im Text dargestellte historische Situation auch die des Autors ist,kann zunächst offen bleiben.463  Vgl. hierzu auch  Ackroyd,  Exile und Restoration, S. 57.464  Vgl. besonders V. 15!465  Vgl. dazu Ez 11, besonders die Verse 14ff; siehe auch Ez  33,23ff!466  Vgl. dazu oben S.  119ff.

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142 Jeremia 42,1-22

Wenn in der vorliegenden Fassung von Jer 41,17 festgestellt wird,man habe sich bis in die Gegend von Bethlehem zurückgezogen, um„nach Ägypten zu ziehen" , andererseit s in Jer 42 ,3 der gleiche Personenkreis den Propheten jetzt erst um eine Auskunft angeht, wasman überhaupt tun solle, so erscheint das Verhalten der Beteiligtenrecht merkwürdig. Der Leser muß den Eindruck haben, man habeden Propheten um eine Jahweorakel gebeten, obwohl die Vorentscheidung schon gefallen war. Die in Jer 42 berich te te Befragungdes Propheten kommt im Blick auf Jer 41,16ff zu spät, da man sichfragen muß, warum der Prophet nicht bereits eingeschaltet wurde,bevor der Entschluß zur Auswanderung nach Ägypten gefaßt undauch schon teilweise in die Tat umgesetzt worden war. Diese Schwie

rigkeit empfinden auch die meisten Kommenta to ren, wenn sie zurErklärung für dieses merkwürdige Verhalten der GesprächspartnerJeremias auf eine gewisse Unentschlossenheit und schwankende Unsicherheit der Beteiligten verweisen467.

Solange man davon ausgeht, daß die Jer 41,16ff beteiligten Personen mit denen in Jer 42 identisch sind, wird man sich in der Tatmit solchen psychologisierenden Vermutungen weiterhelfen müssen.

Es ließ sich jedoch nachweisen, daß diese Gleichsetzung erst sekundär zustande gekommen ist und als das Ergebnis einer aus einer bestimmten Absicht heraus vorgenommenen Überarbeitung verstandenwerden muß.

Ursprünglich wurde zwischen beiden Personenkreisen unterschieden.Wie in der Analyse von Jer 42 gezeigt werden konnte, sind in 42,1und 8 „die Heerführer und Jochanan ben Koreach" erst später eingefügt worden4 6 8 . Ursprünglich war lediglich von einer Versamm

lung des ganzen Volkes (7ni-

"75?1 )üpa 05?n_

73) die Rede (vgl. obenzu V. 1 und 7).

Ebenso ließ sich für die vorliegende Fassung von Jer 41,16ff feststellen, daß auch hier der Text nachträglich bearbeitet worden seinmuß.  Wenn es je tz t he ißt: „Und es nahm Jochanan , der Sohn des

467  „Als es galt , sich endgültig wegen des Verlassens der Heimat zu entscheiden, wurden offenbar nicht wenige bedenklich, und es wird nicht an Stimmen

gefehlt haben, die den Entschluß, nach Ägypten auszuwandern und damit dieHeimat für immer preiszugeben, für voreilig erklärten ..." (so  Rudolph,  Komm.Jer., S. 255); vgl. auch  Weiser,  Komm. Jer., S. 360: „Gegen den in Eile undAngst gefaßten Plan zur Flucht nach Ägypten ... hatten sich wahrscheinlichBedenken erhoben, so daß man sich entschloß, ... ein göttliches Orakel einzuholen, was jetzt zu tun sei"; vgl. auch  Duhm,  Komm. Jer ., S. 320.468  Siehe dazu oben S. 129.

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Ergebnisse  und  Folgerungen 143

Koreach,  und  alle Heerführer,  die bei ihm  waren,  den  ganzen Restdes Volkes  . . . ,  Männer, Frauen, Kinder  und  Eunuchen  ... (V. 17)

und  sie  zogen  los und  machten Halt  in der  Herberge Kimhams  bei

Bethlehem,  mit der  Absicht, nach Ägypten  zu  ziehen;  (V. 18) we-

gen  der  Chaldäer, denn  . . Z'469,  so muß der  Leser  in der Tat an-

nehmen,  daß Jer 42  jetzt  die  direkte Fortsetzung  ist und die in  diesem Kapitel berichtete Zusammenkunft beim Propheten Jeremiawährend dieses Aufenthalts  bei  Bethlehem stat tfand.

Die Analyse  von Jer  41,16—18  hat  jedoch ergeben4 7 0,  daß in  diesenVersen ursprünglich lediglich davon  zu  lesen  war, wie die  Gruppenum Jochanan nach Ägypten abzogen.  Die jetzige Darstellung  ist  erst

die Folge späterer Eingriffe,  die mit der  Absicht vorgenommen wurden,  die in Jer 42*  geschilderte Zusammenkunft  des  Volkes  ppa

7l"i:r"t5?i  (Jer 42,1)  beim Propheten Jeremia  nun bei  Bethlehem stattfinden  zu  lassen,  so daß der in Jer 42  erwähnte Rest  des  Volkes  im

Lande  mit  denen identisch erscheinen mußte,  die  sich nach  J e r  41,16ffauf   der  Flucht nach Ägypten befanden.  Der  Bearbeiter konnte  auf

diese Weise  die  gesamte Restbewohnerschaft  im  Lande,  von der in

seiner Vorlage  die  Rede  war,  anschließend nach Ägypten verschwinden lassen471.  Das  Ziel dieses Bearbeiters  ist  deutlich:  Er  wollte  den

Nachweis  von der  restlosen Verlassenheit  des  Landes erbringen.

Mit  der  Durchführung dieses Anliegens — es  korrespondiert  mit den

in  Jer 24  e rkannten Vorstellungen — hängen auch  die  zahlreichenWiederholungen  und  Spannungen zusammen,  die wir bei der  Analyse  von Jer 42  feststellen mußten.

So wurden  Jer  42 ,19.20.21 4 7 2  nachträglich  am  Schluß  des  Kapitelsangefügt,  um  einen besseren Übergang  von Jer  42,1*—5.7—9*.10(11)

13.14.16  zu dem in Jer  43,lff vorliegenden „Bericht"4 7 3

  über  die un-erwartet ablehnende Reaktion gegenüber Jeremia  und die  Abwanderung nach Ägypten herzustellen474. Wahrscheinlich während  des  gleichen Bearbeitungsvorganges  kam es  auch  zur  Einschaltung  von Jer

42,(12)15.17.18. Diese Verse berühren sich sehr  eng mit  Gedankenund Formulierungen  in Jer 44 , mit dem  Kapitel also,  mit dem die

 jetzige Fassung  der  Erzählungen endet.  Wie  dort  den  Juden  in  Ägyp-

469

  Vgl. die  Übersetzung  Wankes,  Baruchschrift,  S. 116.47 ° Siehe oben  S. 119ff.471  Daher  die  Wiederaufnahme  von Jer  41,16ff   in Jer  43,5—7!  —  Vgl.  dazuunten  S. 153ff.472

  Jer  42,22  ist ein  noch späterer Zusatz  (vgl.  dazu oben  S.  137f).4 73

  Zu Jer  43,lff   vgl. unten  S. 145ff.474

  Vgl. oben  S. 139f.

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144 Jeremia 42,1-22

ten generell eine Rückkehrmöglichkeit bestritten wird  und der  Verfasser dieses Kapitel deutlich keinerlei Gemeinsamkeiten mehr zwischen ihnen  und der von ihm  vertretenen Richtung sieht oder sehenwill,  so  warnen  Je r  42,15.17.18 generell  vor  einer Abwanderungnach Ägypten4 7 5 .  Im  Unterschied  zu Jer 42,16 ist  diese Warnungnicht damit begründet,  daß man  gerade  in  Ägypten weiterhin  mit

Krieg  und  Hungersnot rechnen müsse. Jer  42,17.18 argumentieren,daß diejenigen,  die  nach Ägypten auswandern,  den  ehemaligen  Je-

rusalemern vergleichbar sind, über  die Jahwe s Zorn  und  Gericht  er-

gangen  war. Das  erinnert  an die in Jer 24  vorliegende Konzeption(vgl. besonders 24,8ff).  Der  Standpunkt  des  Verfassers  ist  deutlicherkennbar:  Die  Heilslinie verläuft ausschließlich über  die  babyloni

sche Gola.

e) Zusammenfassung

Der jetzige Text  von Jer 42  enthält zahlreiche Spannungen  und

Wiederholungen. Diese waren  die  Folgen  der  Bearbeitung einer vorgegebenen Fassung,  die  über eine Zusammenkunft  des  Restvolkesim Lande beim Propheten Jeremia berichtete  und  eine durch  den

Propheten vermittelte bedingte Heilszusage  für  eine besser Zukunftim Lande enthielt.

Die Redaktion 4 7 6 3 , deren Spuren auch  in J e r  41,16ff nachweisbarwaren 4 7 6 0 , nimmt eine tendenziöse Uminterpretation  im  Sinne  der

Theorie  vor, die sie  schon  Jer 24  programmatisch fixiert hatte, —Die Heilslinie läuft ausschließlich über  die  babylonische Gola.  Das

Land selbst  war bis zur  Rückführung  der  Exilierten ohne Bewohner! — weil sich dieser vorgegebene Tex t (4 2, 1* .2 -5 .7 .8 *. 9— 10 .

(11)13a. 14.16) gegen  den  Alleinvertretungsanspruch  der  Gola oderderer,  die  sich  von ihr  herleiteten, sperrte,  und  Aussagen enthielt,die ihrer Auffassung entgegenstanden.  So  erklären sich auch  die auf-

fällig engen sprachlichen Berührungen zwischen  Jer 42,10 und 24,6.

Sie sind darauf zurückzuführen,  daß  hier  die  wesentliche,  der  eigenenTheorie widersprechende Aussage,  die dem  Rest,  d.h. den im  Landeübrig gebliebenen galt, wörtlich aufgegriffen  und  ausschließlich  für

die Gola  in  Anspruch genommen wurde.

Wie  wir  oben sahen, blickte  die  älteste Fassung  von Jer 42 aufNachrichten über eine Abwanderung nach Ägypten zurück  (Jer

47 S  Vgl.  besonders 42,17; siehe dazu oben  S. 136.

47«a  Es  handelt sich  um Jer  42,1*.6.8*.(12)15.17.18.19.20.21.4 * b  Zu Je r  43,lff   vgl. unten  S. 145ff.

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146 Jeremia 43,1—7

Männer . . . " bezweifeln jed och , daß Je rem ia die Worte Jahwes richtig wiedergegeben habe. Sie behaupten, Jeremia sei gar nicht vonJahwe beauftragt worden, ihnen die Auswanderung nach Ägyptenzu verbieten (V. 2). Baruch ben Nerija habe den Propheten gegen

sie aufgehetzt, um sie den Babyloniern auszuliefern. V. 4 kommentiert diese Argumentation mit der Feststellung, daß ,Jochanan undalle Heerführer und das ganze Volk" nicht auf ,Jahwes Stimme"hörten, „ im Land Juda zu ble iben". Die Verse 5—7 informierenüber die Konsequenzen des in V. 2ff beschriebenen Verhaltens:Jochanan und die Heerführer machen sich mit dem „Rest Judas"auf nach Ägypten (V. 5—7a). Diese Aktion wird wiederum mit einemKommentar versehen (vgl. V. 4). V. 7aß interpretiert die Auswande

rung nach Ägypten als Ungehorsam gegenüber Jahwe. Abschließendteilt V. 7b noch den Namen des Ortes mit, den man in Ägypten   auf-

sucht.

c) Analyse

Je r 43 ,1 -4

V. 1 setzt mit *Jf1 und folgendem inf. c. 3 4 8 1  ein und deutet damit

den Einsatz eines neuen Abschnitts an. Zugleich dient dieser Versals Verbindungsstück zwischen Jer 42 und dem Folgenden, indemer inhaltlich auf die vorausgegangene „Prophetenrede" 4 8 2  zurückverweist, syntaktisch aber in V. 2 seine Fortsetzung findet, bzw. zu V.2 hinführt. D5?n_73-7K "13"T7483 hat Je r 42,1 .8b vor Augen, wiederholt also eine der Situationsangaben aus dem vorausgehenden Kapitel,  obgleich diese auch für Jer 43 ,l ff noch gelten müßten. Andererseits bereitet diese erneute Erwähnung von DS?n~73 als Adressaten

der Worte Jeremias den späteren Hinweis auf den Ungehorsam auchdes „ganzen Volkes" in V. 4 vor. Nachdem in V. 2 und V. 3 lediglich die ablehnende Haltung von Einzelpersonen 484  im Mittelpunktstand und „das ganze Volk" überhaupt nicht berücksichtigt wurde,käme ohne den Hinweis in V. 1 die Notiz in V. 4 unbegründet undunvermittelt. Auffällig ist das doppelte Objekt zu "13T7. "H3T"73"nK487Dn,VK  4 8 6 mn- in7B?  "1E?K  485nin" ist nicht in erster Linie ein Rück-

48 1  Vgl. dazu Richter,  Richterbuch, S. 358.482

  Vgl. Jer 26,8 (Dtn 31,24; l.Kön 8,54).483  Die LXX übersetzt lediglich D5?n 7K.48 4  Zu . . . m t e n 731 vgl. unten S. 149.4»s Dn"n7K fehlt in der LXX; es scheint jetzt dem im7K in V. 2 zu korrespondieren.486  D n ^ K ist (s. BHS, App.) zu streichen (Dittographie!).487  DrvVK bezieht sich auf das vorausgehende DS?~73 und setzt dieses voraus.

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Analyse 147

verweis488, der sich auf die Prophetenrede in J e r 42 bezieht . Als sol

cher wäre er überflüssig, da vom Kontext her klar ist, was mit ni733

"1317 m w gemein t war. Es handelt sich vielmehr um eine kom

mentierende Klarstellung, die deutlich aus dem Erzählstil heraus

fällt. Sie hat offensichtlich den Sinn, sicherzustel len, daß Jer em ia

wirklich von Jahwe beauftragt ist und — darauf scheint der Ton zu

liegen — diesen Auf trag ganz im Sinne des Auftraggebers zuverlässig

ausgeführt hat. Insofern drückt ...  " H S T V S T K  lediglich explizit

aus,  was Jer 42 in der Art seiner Textgestaltung implizie rt 489. Da

in V. 2b eben diese Zuverlässigkeit des Prophe ten bezweifelt wird

( n i T "|n7B? K7), hat der verdeut lichende, den Leser le itende Hinweis

schon die Argumentation an dieser Stelle vor Augen. Zum anderen

wird auf diese Weise betont, daß „das ganze Volk" „alle WorteJahwes" zur Kenntnis genommen hatte.

n"?Kn n n s i n - V s riK am Schluß des Verses klappt zwar eindeut ig

nach, ist jedoch andererse its deswegen sinnvoll, weil so für den Le

ser klargestellt wird, daß unter „allen Worten Jah we s, die . . . " nur

die in Je r 42 von Je remi a vermittelten Ja hw ew or te zu verstehen

sind; mn'' n3T~73"rK allein könnte mißverständlich sein; lediglich

nVKH D ,-I3in"73 nK wiederum genügte deswegen nicht, weil es of

fensichtlich in dem ganzen Vers darauf ankam, im Blick auf das

Folgende das auftraggemäße Verhalten des Propheten besonders

herauszustellen490. Daß das auffallende doppelte Objekt zu 1317

in V. 1 dazu berech tig t, eines von beiden zu s treichen 491 , scheint

daher durchaus nicht zwingend492.

488  So am Schluß von V. 1.

489  Vgl. auch besonders Je r 42 ,5 !

490

  Siehe oben.491  Vgl. Duhm,  Komm. Jer. , z.St., der D

,- | 3 i n

_7 3 TiK am Schluß für ursprüng

licher hält. .Jeremia hat von Jahwe selbst gar nicht so viel .Worte' mitzuteilengehabt". Die zweite Hälfte von V. la gehe auf den Bearbeiter zurück, der Jer42,7—22 „so ungebührlich vermehrt hat".  —  Daß es viele Worte waren, soll dieser Vers jedoch gar nicht ausdrücken!  —  Vgl. ferner  Thiel,  aaO, S. 580 , der imletzteren Ausdruck „mit Wahrscheinlichkeit" das ursprünglichere Objekt wiederfindet.492

  Die komplizierte Aufgabe, die V. 1 erfüllen muß , hat einen kompliziertenAufbau zur Folge. Wenn  Wanke  diesen Vers ganz herausnimmt, so mit Gründen

und Argumenten, die er nicht aus dem Text Jer 43,lff und seinem Anschlußnach vorn selbst gewonnen hat. Daß Jer 43,1 „als Adressaten der Jahweworte"das ganze Volk genannt sei, entspreche „der Verallgemeinerung des Sachverhalts, wie sie schon im Zusammenhang mit 42,10.13f.l6 begegnet ist" (vgl.aaO,  S. 129; ferner S. 126, Anm. 26: „Der deuteronomistischen Bearbeitungentspricht auch gut die Ausdehnung des aktiven Personenkreises auf das ganzeVolk (V. 4). Demgegenüber nennen 43,2.5 nur die Heerführer.").

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148 Jeremia 43,1—7

Nach dieser so in V. 1 gesta l te ten Einl e i t ung (Si tua t io nsa nga ben

un d Ko mm en ti er un g) se tz t in V. 2 die e igent l i ch wei ter führe nde

Erzählung ein, die über die Reaktion auf die vom Propheten ver

mi t te l ten Ja h we w o r t e ber ich te t . Es we rd en e r wä hn t e in b ishe r n icht

genannte r Asar ja ben Hoscha ja 4 9 3  sowie der aus den vorhergehen

den Te xt en be ka nn te Jo ch an an ben Kor eac h un d DHtn D,E?lKn~73

in ,ö"V~7K DnaK 4 9 4 . Ihre in wörtl icher Rede in der zweiten Vers

hä l f t e en tha l t ene Argumenta t ion ende t mi t Ve rs  34 9 5

.  Die Au fzäh

lung der Personen überrascht zunächst, weil der gleich zu Anfang

genannte Asarja dem Leser bisher völ l ig unbekannt is t 4 9 6 . Auffällig

493

  LXX liest Asarja ben Maaseja (50,2), ebenso schon (49,1) für Jazanja benHoschaja 42,1 (M).  Jazanja begegnet schon Jer 40,8; hier ist er der Sohn desMaachathi. Ob der Vatername ursprünglich Maaseja (LXX) oder Hoschaja (M)lautete, ist nicht mehr feststellbar.

494 o'HTn hat die LXX entweder noch nicht gelesen oder übergangen (zu D,*7Tin Verbindung mit „ungehorsam sein" vgl. Dtn  1,43!),  sie übersetzt: „und alleMänner, die mit Jeremia sprachen ..."  (e'Ürai>Te<;  reo Iepeuia  Xeyovres); dieWiedergabe von O'HaKinjmit  eiTrawes  ist allerdings sonst nicht üblich; normalerweise übersetzt die LXX das determinierte Partizip von "iaK mit Xe7C0e oderXeywrec (vgl. Jes 5,19; 5,20; 42,17; 65 ,5 ; Jer  21,13;  Ez 11,3 u.ö). D

,_iaK(n)

bereitet im jetzigen Zusammenhang auch deswegen Schwierigkeiten, weil dieseForm gar nicht als verdeutlichender Rückbezug auf Jer 42,1 (so das Verständnis der LXX) verwendet werden kann. Sollte ausgedrückt werden, daß es sichum schon vorher erwähnte Personen handelt, die mit Jeremia gesprochen hatten (Jer 42 ,l ff ), so hätte man "131 c. 3 oder 7K (vgl. Sach  1,9.13.14;  2,2.7;4,1.4.5;  5,5.10; 6,4; Gen 16,13) zu erwarten. Zum Gebrauch von OnöKn vgl.die eben aufgeführten Stellen (Jes 5,19.20 usf. ). — Es muß daher mit Textverderbnis gerechnet werden; der alte Vorschlag  (Giesebrecht),  für D^HaK daher D

,"ia zu lesen (vgl. Nu 20,10), kommt einer Lösung am nächsten (so auch

 Rudolph,  Komm. Jer ., z.St.;  Wanke,  aaO, S. 118). Zu beachten ist, daßD'B^Kn-Vs in der Regel immer entweder attributiv (Ex 4,19; Nu 14,22; Je r44,15;  Neh 11,2) oder durch einen folgenden -IB?K-Satz (2.Sam 1,11; 17,12,Jer 42,17 [vgl. auch LXX 49,17!]) näher bestimmt wird, also eine solche Näherbestimmung auch hier nicht fehlen darf (gegen  Volz,  Komm., S. 354).495

  Die LXX fügt vor Beginn der wörtlichen Rede  Xeyomes  (i aK 7) ein; obsie auf Grund der hebräischen Vorlage dazu Anlaß hatte oder hier selbständig vorgeht , läßt sich nicht mehr entscheiden, da i a K 7 auch durchaus fehlenkann (vgl. Je r 40 ,14.16; 44,24) . Ebensowenig läßt sich klären, ob das in derLXX fehlende " )3ia nriK absichtlich übergangen wurde oder aber erst späterin den hebräischen Text eingedrungen ist. Beide Lesarten wären möglich und

sinnvoll (vgl. Jer 37,1 4; zu "131 pi.c. "ipB? vgl. Sach 13, 3; Mi 6,12; Jer 9,4).Für UTlVK las LXX IJ^K; auch hier muß die Frage nach dem ursprünglichenText offenbleiben. Das sehr häufig auf n7B? (mit Jah we als Subjekt) folgende7K c. Suffix (vgl. Jer  42,5.21;  43,1 u.ö.) kann durchaus auch fehlen (vgl. Jer28,15). Andererseits ist zu beachten, daß U ^K dem 0rn7K in V. 1 korrespondiert.496

  Vgl. Jer 42,1 und 8!

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Analyse 149

ist zudem, daß er vor Joc han an rangiert, im folgenden je do ch überhaupt keine Rolle mehr spielt (vgl. 43,5 ! )

4 9 7.  Dazu kommt, daß

die sonst übliche Reihenfolge , Joc ha na n . . . un d alle Hee rfü hre r" 498

nicht eingehalten wird, dafür aber von D'BJaKn'Vs die Rede ist499.Ohne die Erwähnung Jochanans ben Koreach wüßte der Leser nicht,wer mit D'&JJKn'Vs gemeint sein soll. Da jedoch Jochanan sonst immer in Verbindung mit den Heerführern auftaucht 5 0 0 , besondersaber in Je r 42 ,1 und 8 (vgl. auch Jer 43,4.5) neben Jochanan dieführende Rolle der Heerführer betont ist, so kann sich D'TOKn'Vsnur auf sie beziehen und keinesfalls auf die Gesamtheit der Versammelten. Der Verfasser hat wahrscheinlich nur deswegen anstelleder sonst üblichen „Heerführer" die abqual ifizierende Umschreibung

... D^lKn-Vs gewählt, weil der Leser im Folgenden mit einer Argumentation dieser Sprecher konfrontiert wird, die überraschenderweise so gänzlich den in J e r 42,3—5 wiedergegebenen Erklä rungenwiderspricht. Er mußte hier kommentieren, weil der Leser sonstnicht mit den zwischen Jer 42 und 43,2—3 bestehenden Diskrepanzen in den jeweils geschilderten Einstellungen oder Verhaltensweisenzu recht kommt.

Die so vorbereitete direkte Rede richtet sich an den Propheten. Der

hierin enthaltene Vorwurf der Lüge501  wird explizit durch Zitat vonJer 42,19 5 0 2  auf die vom Propheten ausgesprochene Forderung,nicht nach Ägypten zu ziehen, bezogen 503. Für diese in V. 2 aus-

497  Auch wenn es nicht gelingt, das Auftauchen dieses Namens an dieser Stellemit den Motiven und Intentionen eines Autors in Verbindung zu bringen undzu erklären, darf diese Textauffälligkeit noch nicht als ein ausreichender Grundfür die Annahme angesehen werden, hier müsse eben ein zuverlässiger Bericht

über ein historisches Ereignis vorliegen.498  Vgl. Jer  40,13;  41 ,11.13.16; 42 ,8 ; in 42,1 „alle Heerführer undJochanan".499  D'B^Kn-^S begegnet schon einmal in Je r 42,17 (sonst nur noch 44 ,15 ;41,12 ist zu korrigieren; vgl. LXX!); auch sonst sind zwischen diesen beidenVersen Berührungen festzustellen; vgl. DB* "11)7, eine Floskel, die ausschließlichzum Sprachgut von Jer 44 und den davon abhängigen Versen in Je r 42 (15.17.22) gehört (außerhalb des Jeremiabuches nur noch Gen 12,10 und Jes 52 ,4)!50 0  Vgl. Jer  40,13;  41,11.13.16.s°> Zu ipB? vgl. auch Jer 40,16.502

  Die Bitte oder Warnung in Je r 42,19 (1K3n_

7K) wird hier durch 1K3n_

K7in eine absolutes Verbot umgewandelt. Der Grund dafür wird der sein, daß dieAufforderung hier als Jahwerede verstanden wird, während sie in 42 ,19 alsProphetenrede aufzufassen ist (?).50 3  Zu . . . MW ^n7B? K7 vgl. auch Je r 28,15;  29,31,  wo es Jeremia ist, deranderen Propheten die Legitimität abspricht; vgl. auch Jer 29,9; ferner Jer42,5.21.

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150 Jeremia 43,1-7

gesprochene Zurückweisung504  des Prophetenwortes als Täuschung

folgt in V. 3 die Begründung der Sprecher, eingeleitet mit ' 3 ! Die

Behauptung, der Prophet lüge, wird durch eine weitere Behauptung,

Baruch sei es gewesen, der ihn dazu veranlaßt habe 5 0 5 , gestützt;

letztere schließlich fußt auf einer erneuten Unterstellung, nämlich,

Baruch wolle5 0 6 , daß man in die Hände der Babylonier falle 507.

Zunächst überrascht an V. 3 besonders, daß die Person des Baruch

hier vollkommen unvermit tel t ins Spiel gebracht wird ; denn zum

letzten Mal war von ihm in Jer 36 die Rede 5 0 8 , also in einem Text,

der über Ereignisse aus der Zeit Jojakims (4. Jahr ) berichte t. Jer

32 rückt zwar zeitlich näher an Jer 43 heran509 , liegt aber jet zt für

den Leser noch weiter zurück.

Ebensowenig vorbereitet ist der Leser auf die dem Baruch hier un

terstellte Beeinflussung des Propheten5 1 0

. Die Art der in Je r 43,2—3

50 4  Vgl. zur  Zurückweisung  der Aufforderung „ihr sollt nicht nach Ägypten

ziehen"  die  Feststellung  am Schluß  in 43,7  QnSÖ  ?-|K  1K3,1.  Auffällig sinddie reichlichen geprägten Wendungen ("1p^.  nin"  -|r!7E?  K7, DB?' 1157).sos zu rroa vgl. 2.Chr 32,11(15).506 

  . . . nn  |5?a7 soll nach  Rudolph  eine mögliche Folge  als  Absicht Baruchs

deklarieren (Komm.  Jer. , S.  257); nach  Weiser   (Komm. Jer., S. 364)  „unterschiebt"  man  „den beiden (Baruch  und Jeremia)  die Absicht";  für  Giesebrecht(Komm. Jer., S. 218) ist  Baruch Subjekt;  LXX übersetzt  iva  5cöc T^udc, versteht also Jeremia  als  Subjekt! — . . . "P3 . . . nn  |S?a7  mit  Baruch oder Jeremia oder beiden  als Subjekt  ist  eine nicht angemessene Redeweise; denn  inder Regel  ist  allein Jahwe Subjekt, wenn die  Formel 733 - - ] 7 a  ' D'TBton  "T3 jniverwendet wird (vgl. Jer  20,4.5; 21,7; 22,25; 27,6;  29,21;  32,3.28; 34,2.20.21;44,30;  46,26; pass. 21,10; 32,4.24.25.36.43; 37,17; 38,3.18; 39,17; Ausnahmensind Jer  26,24; 38,16,  wo das  Objekt eine Einzelperson  ist; vgl. auch 2.Sam21,9); angemessen wäre  z.B. „damit wir in die Hände  der  Chaldäer fallen" (7D1),

vgl. 2.Sam 24,14.5°7  Angst  vor den  Chaldäern spielt schon Jer  41,18 eine Rolle; vgl. auch  42,11.sos  Jer 36  passim, sonst  Jer  32,12.13.16; 43,3.6;  45,1.2ff.509  „10 . Ja hr Zedekias"510

  Duhm  erklärt sich  die Sache,  daß  Baruch „vermutlich  . .. den  reichlichsechzigjährigen Propheten gewöhnlich bedient  und sich  ihm  gewissermaßenunentbehrlich gemacht (habe), sodaß  man daraus  auf   einen Einfluß  des  Baruchauch  in  wichtigeren Dingen geschlossen  hat. Vielleicht war er  eifrig  für das Dableiben  im  Lande eingetreten  und  hatte sich mit den anderen herumgestr itten"(Komm. Jer., S. 325);  vgl. auch  Volz,  Komm. Jer., S. 357:  „Wie Baruch  in  die

sen ehrenvollen Verdacht  kam, sagt  er uns  nicht; vermutlich hatte  er in denzehn Tagen  des  Wartens, während Jeremia sich zurückgezogen hielt,  das Volkim Sinne  des Propheten  zum  Bleiben ermahnt"; ähnlich lauten  die  ErklärungenWeisers  (Komm. Jer., S.  363f). Erklärungsversuche dieser  Art  setzen jedoch voraus,  daß es  sich  bei Je r  43,1—7  um  einen protokollartigen historischen Bericht(So gebraucht auch  Weiser   den  Terminus „Berichterstattung"; vgl. Komm. Jer. ,S.  364 und S. 365 , Anm. 1; Rudolph  hält Baruch  für  einen „Berichterstatter",

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152 Jeremia  43,1 — 7

sätzlich beteiligte Person erweitert werden. Der Grund dafür kann

nur der gewesen sein, daß die in Jer 42, lf f en thal tenen Angaben für

die Darstel lung in J e r 43, lf f nicht ausre ichten, also ein Nachtrag

erforderlich wurde. Bei der Darstellung der merkwürdigen Neuein

schätzung des Propheten in den Augen der Sprecher mußte nach

träglich noch durc h weitere Informationen (über J e r 42 ,l ff hinaus

gehend) belegt werden, wie sie überhaupt zu ihrer Annahme gelan

gen konnten, dem Propheten könne man nicht mehr mit demsel

ben Vertrauen begegnen wie zu Beginn der Zus ammenkunft , bzw.

der Prophet sei ihnen gegenüber inzwischen zu einer negativen Ein

stellung gelangt. Es war infolge des Textgefälles von 42 ,l ff auch

nicht gut möglich, die gleichen Personen jetzt plötzlich dem Jere

mia einen ohne äußeren Einfluß vollzogenen Gesinnungswandel unterstellen zu lassen; deshalb mußte der Autor hier, um einen sol

chen beabsichtigten Gesinnungswandel überhaupt glaubhaft machen

zu können, erst neue Voraussetzungen schaffen. Das gelingt ihm

mit einem nachträglichen Hinweis auf Baruch, der die Unterstellung

einer negativen Einflußnahme auf den Propheten im Munde der

Sprecher ermöglicht5 13 .

V. 4 Durch das St ichwort S?aB?"K7l wird der Leser besonders an Je r

42,6 (vgl. auch Jer 42,13.21) erinnert. Somit konstatiert V. 4 zu

nächst zusammenfassend, daß das hier dargestellte Verhalten den

in Je r 42,6 gegebenen Versprechungen widerspr icht , also nicht le

diglich als ein auf Grund von Mißverständnissen entstandenes berech

tigte Miß trauen gegenüber Jeremia und Baruch aufgefaßt werden  darf.

Im Blick auf Jer 42,1 — 5  und besonders auf V. 6 hat diese den Er

zählgang unterbrechende Kommentierung also eine klarstellende Funk

tion5 1 4 .

Die Reihenfolge , Jochanan . . . und alle Heerführer und das ganzeVolk . . . " verweist zurück auf Jer  42,8

5 1 S  und 4 3 , 1 ; da hier die Be-

5'3  Daß diese neu eingeführte Person überraschenderweise der seit langem

nicht erwähnte Baruch (vgl. Jer 36!) ist, hängt damit zusammen, daß für denbeabsichtigten Zweck gar kein anderer Name zur Verfügung stand und BaruchsGegenwart auf Grund der Annahme einer Versammlung „des ganzen Volkes"nahe lag.  —  Vielleicht hat hier außerdem das sogenannte Trostwort an Barucheine Rolle spielt (Jer 45). Während es Je r 42,10 he ißt: „Wenn ihr . . . , baue icheuch und reiße nicht nieder ..." usf., ,widerspricht' dem Jer 45,4 „Siehe, was

ich gebaut habe, das reiße ich ein . . . " usf. Dieser .Widerspruch' zwischen Je r42,10 und Jer 45,4 (Auf die Frage nach der ursprünglichen Stellung von Jer45 kann hier nicht eingegangen werden.) mag hier (Jer 43,3) .mitbedacht' worden sein.51 4  Zu  Wankes  Auffassung, daß V. 4 zu streichen sei (aaO, S. 126), vgl. obenS. 146.sis Vgl. auch Jer 42,1.

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Analyse 153

teiligung „des ganzen Vol kes" an der Versammlung festgestellt war 51 6,lag es nahe, das Volk auch in Je r 43 ,4 durch eine Bemerkung überdie Reaktion auf Jeremias Rede einzubeziehen und die sich aufdrängende Frage nach gerade seinem Verhalten somit zu beantworten.

Die Wendung m W f"lK3 n3B?7517  spielt auf die Jahweworte in Jer42,10 und 13 an und setzt diese voraus! Die Feststellung, daß sichalle Beteiligten weigerten, im Lande zu bleiben, bereitet zugleichden folgenden Abschnitt vor, der über die Folgen dieser Entscheidung berichtet; außerdem wird so geklärt, daß nicht nur ein Auswandern nach Ägypten, sondern das Verlassen des Landes überhauptUngehorsam bedeutete.

Jer 43,5—7 schildern die Konsequenzen der Ablehnung des Prophetenbescheids: Joch an an und seine Heerführer mac hen sich mit dem„Rest Jud as" auf nach Ägypten. Diese Verse berühren sich auffälligmit Jer  41,16f.  Zum Teil handelt es sich sogar um wörtliche Wiederholungen518 . Andererseits sind die Unterschiede deutlich. Beides istmerkwürdigerweise bisher wenig oder gar nicht beachtet worden undverlangt in jed em Fall nach einer Erklärung.

Wir hatten oben schon darauf hingewiesen, daß der Übergang von

V. 4 zu V. 5 nicht besonders gelungen ist. War eben noch „das ganzeVo lk " neben Joch an an usf. Subjekt, so ist es in V. 5 („ de r Rest . . . " )lediglich Objekt des Handelns Jochanans und der Heerführer 519. Selbstwenn man V. 4 als kommentierenden Zusatz streicht5 2 0 , bleibt dieerneute Einführung Jochanans sowie der Hinweis auf die Heerführerauffällig, da sie als handelndes Subjekt von V. 2 her bekannt sind 521 .

si6 Deutlich wird hier auf den Einleitungsvers 43,1 Bezug genommen; dennohne den Hinweis in V. 1 (DS?n-73~7K *13T7) wäre in V. 4 die Einbeziehung

„des ganzen Volkes" merkwürdig unvermittelt.517  Auffällig ist in V. 4 ferner die Formulierung min"' ^TK, die sonst nurim Jeremiabuch an einigen, der Überarbeitung verdächtigen Stellen (vgl. Jer31,23;  37 ,1 ; 39 ,10 ; 40 ,1 2; 43,4.5) und in Jer 44 ,9.14.28 begegnet (außerjere-mianisch: Ruth 1,7; Dtn 34,2; 2.Kön 23,24; 25,22; Sach 2,4; Neh 5,14; l.Chr6,40; 2.Chr 9,11; 15,2.8; besonders häufig l.Macc  fr) lovSa).

518 Vgl.  j e r  43 t 5 a  u n d 41,16aa; die syntaktische Abfolge ist in beiden Versengenau die gleiche ( 1 . np-1 c. Objekt; 2. "IB?K-Satz; 3. weiteres Objekt (D"n3));4.  -1B?K-Satz).51 9  Jer 43,5 liest .Jochanan ... und alle Heerführer", während es in der Paral

lelstelle heißt: . Jochanan . . . und alle Heerführer IHK "IB?K" (4 1, 16 ; vgl. auch41,11). Daß das Fehlen von inK 1B?K in 43,5 durchaus nicht zufällig ist, sondern begründet sein kann, wird weiter unten aufgezeigt. Vgl. unten S. 157.s2»  Wanke,  aaO, S. 126.52 i Vgl. Jer 38,1.4.6; 36 ,14-20. Zur Weiterführung von np-1 in V. 5 mit1K3"1 in V. 7 ist zu bemerken, daß eigentlich (vgl. Gen  14,11; 11,31;  12,5;24,61;  36,6; 2.Kön 25,20; s.a. Jer 41,12) noch T^n als Zwischenglied (od.

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154 Jeremia 43,1—7

Der ganze Rest des Volkes besteht nach V. 5f aus a) denen, „die

aus a l len Völkern , wohin s ie zers t reu t waren , zurückgekehr t waren"

(V.  5 ) 5 2 2 ,  sowie b) aus einer Gruppierung von Menschen, die „Nebu

saradan . . . bei Gedalja gelassen hat te" (V. 6a) und ferner aus c) Je

remia und Baruch (V. 6b) 5 2 3 . Diese in J e r 43 ,5 f vor ge no mm en e klas

sif iz ierende Erfass ung des „ R e s t e s " m u ß u m so auffa l lend er sein ,

wen n un mi t t e l ba r vorher in Je r 42  5 2 4  ohne weiteres vorausgesetzt

wird, daß der Leser ohne Erläuterungen weiß, was unter MTW n'IKB?52!

zu verstehen ist .

Deut l ich is t zu nä ch st , daß sich J e r 43 ,5 b auf die in J e r 40, 1 l f erwä hn

ten . Juden" bez ieh t , d i e s i ch in Moab , Ammon und Edom 5 2 6  aufge

hal t en ha t te n u nd nach J u d a zu rü ck ke hr te n, als s ie von der beginnenden Konsol id ierung im Lande Nachr ich t e rh ie l ten . Ih re ausdrück

liche Erwähnung an dieser Stelle, ist deswegen so auffallend, weil sie

in den vo raus gehen den Te x t en se it J e r 4 0 , 1 2 5 2 7  übe rha upt ke ine

KS'  c. n377) üblich oder sogar erforderlich ist, wenn Aufbruchs- oder Auszugssituationen geschildert werden. Auch hier (V. 5—7) ist demnach der Erzählcharakter gestört (vgl. V. 4).522  Nicht mehr feststellbar ist, ob die LXX eine bewußte Kürzung dieser Aus

sage vornimmt oder ob ihre Vorlage DB? . . . D,

Un-7Da noch nicht enthielt(vgl. auch Jer 40,12).s23  Die gängigen Kommentare und Übersetzungen geben Jer 43,5.6 allerdingsso wieder, als ob mit dem „Rest Judas" lediglich die gemeint seien, die „ausden Völkern" zurückgekehrt waren" (vgl.  Rudolph,  Komm. Jer ., z.St.;  Volz,

Komm. Jer., z.St.;  Weiser,  Komm. Jer., z.St.;  Wanke,  aaO, S. 117; anders  Duhm,

Komm. Jer. , z.St. ), da sie offensichtlich den auf „den ganzen Rest Judas" folgenden "1E?K-Satz als erläuternden Relativsatz auffassen und nicht als erstenTeil der weiteren den „Rest " klassifizierenden Aufzählung zuweisen.524 Vgl. V. 2 und V. 15; wahrscheinlich handelt es sich in V. 2 um einen Nach

trag (vgl. das vorausgehende 1J1B3), der die Sprecher nicht mehr in DS?n~73einbezogen haben will, sondern als Mitüer zwischen Volk und Prophet versteht.V. 15 gehört sicher nicht zum ältesten Bestand des Kapitels; vgl. dazu oben S.134.  Durch den Nachtragscharakter dieser Stellen wird jedoch nicht die Tatsacheabgewertet, daß hier der Begriff n'IKE? ohne weitere Explikation verwendetwerden kann.s2s Vgl. auch Jer 40,11 und 15!52 6  Vgl. Jer 43,5 DTM-VS».527 Wenn es in Jer 40,12 jetzt heißt: „und sie kamen ins Land Juda zu Gedal

 ja nach Mizpa . . . " , so erscheint die Erwähnung . Judas" hier eigentlich über

flüssig, da die Feststellung, daß man zu Gedalja nach Mizpa kam, „Land Juda"mit einschließt. Eine nachträgliche Ergänzung durch „ins Land Juda" ist dahernicht anzunehmen; als solche ist eher „zu Gedalja nach Mizpa" zu verstehen.Dahinter stand offensichtlich die Absicht, die verschiedenen Gruppen in Mizpazu konzentrieren, um auf diese Weise leichter und überzeugender von der restlosen Abwanderung nach Ägypten berich ten zu können (vgl. Je r 41,10! ). Dieses Verfahren ist jedoch nicht konsequent durchgehalten (vgl. aber Jer 41,10.

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Analyse 155

Rolle spielten. Auch Jer 41,16 können sie nur in den Text hineingelesen werden; da dort die gleiche zeitliche und örtliche Situationwie in J e r 43 , lf f gemeint ist, ist ihr plötzliches Auftauchen hier umso erstaunlicher528.

Jer 43,6 verweist mit dem Relativsatz „welche Nebusaradan ... beiGedalja ... gelassen hatte" 5 2 9  auf die Kolonie Gedaljas in Mizpa 530,hat also nicht in erster Linie die Situation von Jer 41,16 vor Äugen,sondern meint, noch einmal auf einen zeitlich weiter zurückliegendenZeitpun kt anspielen zu müssen. Die in J e r 41 ,1 6 gewähl te Umschreibung „des ganzen Restes des Volkes" als diejenigen, „die er (Jochanan) aus Gibeon zurüc kb ra ch te " (4 1, 16 b) , die an dieser Stelle richtigdie vorher berichtete Auseinandersetzung zwischen Ismael und Jochanan bei Gibeon bea cht et, wird nicht aufgenomme n ode r fortgeführt,obwohl vom vorausgehenden Kontext her und durch den Zusatz „ausMizpa, nachdem ...", auch an dieser Stelle deutlich war, daß sich dieGrupp e um Jo ch an an auch aus Leu ten zu samm enset zte, die zur Kolonie Gedaljas in Mizpa gehört hatten.

Außerdem stellt sich die Frage, warum überhaupt hier 5 3 1  eine Gruppedamit charakterisiert wird, Nebusaradan habe sie bei Gedalja gelas

sen. In Jer 40,5 wird Gedalja erwähnt als der, den der König von Babel in den Städten Judas 5 3 2  eingesetzt hat (733 _- j7a T p s n "1B>'K. . . ""W^), ebenso Je r 40 ,7a. 40, 7b folgt die Fest stel lung , „daß er (derKönig von Babel) ihm Männer und Frauen ... zugewiesen hatte" 5 3 3 ;40,11 heißt es: ,,... und daß er (der König von Babel) über sie den

13.14.16) , da Je r 40,10 auch Städ te erwähnt, in die man zurückkehrt, undsogar noch Je r 43,5 von MTW f"lK3 "1137 (oder mit LXX: P N 3 ) spr icht ,also eventuell noch den von uns postulierten Text Jer 40,12 ohne „zu Gedal

 ja nach Mizpa" wiederspiegelt.s28  Rudolph  kann dieser Schwierigkeit nur mit der Annahme entgehen, daß

diese aus dem Ausland zurückgekehrten Jud äer „beim Abzug Jochanans 41,16noch nicht dabei (waren) und sich . . . demnach inzwischen bei ihm eingefunden (hat ten) , offenbar weil sie wegen ihrer verdächtigen Vergangenhei t keingutes Gewissen hatten und mit Grund bei einer neuen babylonischen  Straf-

expedition für ihr und (6aa) ihrer Familien Leben fürchteten" (Komm. Jer.,S. 257).529  Vgl. Je r 41,10 (39,10).53 0  Ob „Männer, Frauen und Kinder" als Erläuterung zu V. 5b gezogen wer

den darf (so  Rudolph,  Komm. Je r. , S. 257) oder die Kolonie in Mizpa charakterisiert (zusammen mit „und die Prinzessinnen [vgl. 41,10] und E?DJn~73"),läßt sich grammatisch nicht entscheiden; es liegt allerdings nahe, besonders imBlick auf 41,10 die Prinzessinnen noch in den "1B?K-Satz miteinzubeziehen.ssi Jer 43,6; vgl. 41,10.53 2  Die LXX hat „im Lande Juda".533  Vgl. 2.Kön 25,23 (= Je r 40 ,7a; 7b ha t keine Entsprechung!).

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156 Jeremia  43,1 — 7

Gedalja eingesetzt hatte"; 41,2 und 41,18 entsprechen hier (Gedalja,„den der König von Babel eingesetzt hatte ...") 40,5. Wir lesen demnach Jer  40 ,5 .7 .11;  41,2.18 als Erläuterung zur Person Gedaljas:733 |Va TpDn IB?K. Die ihm vom König von Babel zuerkanntenKompetenzen erstrecken sich somit auf das Land bzw. die StädteJudas 5 3 4 .

Daß in Jer 43,6 also Nebusaradan mit Gedalja in Verbindung gebrachtwird, ist daher ungewöhnlich. Da der 0 ^ 3 0 - 3 1 sonst nur in Je r 39,9ffund Jer 40,1 eine Rolle spielt 535, liegt also auch in diesem Fall in Jer43,6 ein weit auseinanderliegende Texte verklammernder Rückverweisvor, indem der Verfasser von 43,6 die nach Jer 39,9f von Nebusaradan im Lande Zurückgelassenen jetzt dem Kompetenzbereich Gedal

 jas zuweist und so erreicht, daß auch die in Jer 39,9f erwähnten Menschengruppen zu den Auswanderern gezählt werden müssen.

Jer 43,5f treiben also die Erzählung nicht voran, oder besser: wollendie bisherige Erzählung gar nicht weiterführen. Das geschieht erst inV. 7.

Das Verfahren, den durch den Erzählungsablauf erreichten Informationsstand des Lesers über die Auswanderungswilligen, wie er Jer

41,16f erreicht ist, dadurch anzuheben, daß auf vor Je r 41,16 Berichtetes Bezug genommen wird, hat offensichtlich zunächst die Funktion, die verschiedenen und zerstreuten Angaben über den Kreis derer,die mit Jochanan nach Ägypten ausgewandert sein könnten, aufzunehmen und systematisierend zusammenzustellen. Der Anlaß dazukann aber nur der gewesen sein, daß die Auskünfte in der Textvorlage darüber nicht eindeutig waren, daß sie also das Interesse desjenigen nicht zufriedenstel lten, de r in Je r 43,5 eine Klarstellung ver

sucht. Dieses Interesse bestand nicht einfach darin, lediglich alle Hinweise auf diejenigen, die eventuell zu den Auswanderern zu zählenwaren, zu sichten und zwischen diesen und den möglicherweise imLande Gebliebenen zu unterscheiden, um so eine Informationslücktezu füllen. Beachten wir, daß der Verfasser von Je r 43,5f auch Gruppen zu den Auswanderern rechnet (V. 5b), die von Jer 41,16 undder vorausgegangenen Erzählung her gar nicht unter die Auwande-rungswilligen bei Bethlehem (Jer 41,17) zu subsummieren waren,wie die aus den Nachbarländern zurückströmenden Flüchtlinge (Jer

534  Vgl. Jer 40,5.7 ; 41, 2.18 ; 40,11 auf den „Res t" (vgl. 2.Kön 25,22).s3s Jer 39,9 — 10 berichten, daß Nebusaradan den Rest  ("in"')  des Volkes insExil führte, von den unteren Volksschichten aber Teile im Lande zurückließ(vgl. 2.Kön 25 , l lf f) ; in Jer 41 ,l ff findet Nebusaradan den Jeremia unter denen,die nach Babel exiliert werden sollen.

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Analyse 157

40 ,1 lf ), so wird deutlich, daß seine literarischen Ambit ionen vonder Voraussetzung geleitet sind, daß alle bisher erwähnten Gruppendas Land verlassen haben mußten. Sein leitendes Vorverständniswar die Vorstellung, daß das ganze Land Juda nach der Katastrophevon 587 öde und gänzlich ohne Bewohner war. Wenn es aber seinZiel war, diese Sicht auch ins Je re mi ab uc h einzut ragen und es dementsprechend zu überarbeiten, war folglich dieses ihm vorliegendeJeremiabuch deswegen für ihn anstößig und unbefriedigend, weildie darin enthaltene Darstellung auch andere Schlüsse zuließ, bzw.sogar gegenteilige Angaben über die Verhältnisse im Land enthielt 5 3 6.

Indem der Verfasser in Jer 43,5f auf Je r 41, 16 eingeht, bzw. diese

Stelle hier wieder aufnimmt und sie zugleich durch zusätzliche Angaben, die im Blick auf vorausgegangene Texte eingefügt werden, modifiziert, erhält also der Leser den Eindruck, schließlich sei niemandmehr im Land Juda zurückgeblieben. Um diesen Eindruck konsequ en t zu vermi tteln, wird auch in Je r 43 ,5a der Begriff n,1KlP"'73M W anstelle von D5?n nnKB?'_73 (Jer 41,16 5 3 7 ) verwendet5 3 8 .Auße rdem wird je tz t verständlich, warum die in Je r 41,16 durchmK ")B?K bewirkte Einschränkung, daß nur die Heerführer um Jo chanan zugegen und beteiligt waren, in Jer 43,5 ausgefallen ist und

hier von allen Heerführern die Rede ist. Auch hier geht es darum,den Kreis der in Jer 41,16 erwähnten Personen möglichs t zu erweitern 5 3 9 .

536 Vgl. dazu oben!s37  Vgl. schon Jer 41,10.53 8  I r W n,"1KB? ist in jedem Fall der umfassendere  Begriff;  zudem kannDS?H n,"1KB? insofern mißverständlich sein, als diese Wendung ebenso die Bedeutung „Rest der Leute" (vgl. Jer 39,3 „alle übrigen Fürsten . . . " ) haben kann

(05? = Leute, im Sinn einer kleineren Gruppe so in Gen 14,16; 32,8; 33,15;35,6);  außerdem taucht n-rin ,7 nnKB? in Jer 42,15 und 19 auf (vgl. auch40,11(?).15), dort sachgemäß angewendet als Umschreibung „des ganzen Volkes",  der Gesamtbevölkerung Judas (so deutlich Jer 40,15), was folglich Jer43,5f berücksichtigt werden mußte. Die einfache Übernahme und Wiederholung von Jer 41,16 war also auch wegen Jer 42 für einen Bearbeiter mit deroben erwähnten Vorstellung von einem menschenleeren Land gar nicht möglich.53 9  Beinhaltet die Formulierung in Jer 41,16 die Möglichkeit , daß der Leserden Text so verstand, als hätten sich eben nur die Heerführer um Jochanan,

nicht aber alle Heerführer überhaupt an dem Auswanderungsvorhaben beteiligt,so war sie in dieser Form in Jer 43,5 nicht verwendbar. Jer 43,6 erreicht daherdurch das Fehlen von mK "IB?K, daß der Leser sich die Frage nicht mehr zustellen braucht, wo denn die in Jer 40,7ff (besonders V. 10) erwähnten Heerführer geblieben waren. Vielleicht ist auf ähnliche Motive das unvermittelteund sonst unverständliche Auftauchen weiterer Namen in Jer 43,2 (Asarja!Vgl. auch Jer 42,1) zurückzuführen.

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15 8 Jeremia 43 ,1 -7

d) Jer 43,1—7 Zusammenfassung

Jer 43,1—7 gliedert sich deutlich in zwei Abschnitte (V. 1—4; 5—7),von denen keiner ohne den anderen denkbar oder sinnvoll ist.

Beiden Abschnit ten ist gemeinsam, daß sie jeweils an ihrem Ende kommentiert werden, d.h. V. 4 beurteilt die in den vorausgehenden Versen dargestellte Argumentation, V. 7aß die in den Versen 5—7 geschilderte Aktion. Beides, Argumentation und Aktion wird als Ungehorsam gegenüber Jahwe gewertet.

Jer 43,1—4 bereiten die Verse 5—7 vor; sie sollen die Gründe darlegen, warum es zu der in V. 5—7 geschilderten Aktion kam. An

dererseits komplettieren die Verse 5—7 den vorausgehenden Abschnitt , indem sie die prakt ischen Folgen der in J e r 43,1—4 dargestellten Verhaltensweise berichten. Der Schwerpunkt der ganzenEinheit liegt zweifellos auf den Versen 5—7.

Jer 43,1—7 ist ein durch und durch komponiertes literarisches Gebilde, in dem der dafür verantwortliche Verfasser seine Vorstellungen über die Weiterentwicklung der Verhältnisse in Juda nach derEroberung Jerusalems literarisch fixierte, wobei er zugleich andere

vorgegebene Texte mit anderen Informationen berücksichtigte, auswertete und in seinem Sinne korrigierte.

Nicht nur die in V. 1 und V. 4 verwendete Sprache ist stark formelhaft geprägt; auch die wörtliche Rede der Verse 2—3 besteht ausvorgegebenen Wendungen, die zum Teil sogar unangemessen aneinander gereiht sind (... T3 jni mit Baruch als Subjekt!). Der Wortgebrauch von Jer 43,5—7 stimmt teilweise, der syn taktische Aufbauganz mit Jer 41,16f überein. Die in Jer 43,5f vorausgesetzte Situa

tion entspricht örtlich und im Blick auf den Personenkreis der inJer 41,16. Wenn man Jer 42,7 berücksichtigen will, so sind seit derAnkunft bei Bethlehem (41,17) lediglich zehn bis elf Tage verstrichen, sonst hat sich an der äußeren Lage nichts geändert. Dennochenthält Jer 43,5f zahlreiche Angaben, die über die in Jer 41,16f zulesenden hinausgehen und den Kreis der Auswanderer so erweitern,daß alle Personen und Gruppen, von deren Verbleib im Lande inden vorausgegangenen Texten die Rede war (Jer 39 bis 42 Ende),darunter subsummiert werden konnten und somit nach Ägypten verschwanden540.

Der Vergleich von Jer 43,5—7 mit Jer 41,16f erhellt somit deutlichdie Absicht des Verfassers. Es geht ihm um den Nachweis, daß nach54 0  Die mit Je r 43,5—7 vorgenommene Versetzung des „Restes Judas" nachÄgypten berücksichtigt konsequent erweise Je r 44 (vgl. 44,12.14.(28) ).

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Jer 43,8-13 -Analyse 159

der Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier schließlich das ganzeLand von seinen Bewohnern verlassen war. Da er „den ganzen RestJu d a s" 5 4 1  in einem Akt des Ungehorsams nach Ägypten abrückenläßt5 4 2 , bleibt auf die Frage nach der Zukunft Israels, bzw. nach dem

wahren Jahwevolk nur der Hinweis auf die babylonische Gola. Nursie oder diejenigen, die sich von ihr herleiten konnten, waren das eigentliche Gottesvolk.

12.  Jer 43,8-13

a) Inhalt

Jeremia erhält in Tachpanes von Jahwe den Auftrag, vor dem Palastdes Pharao im Beisein von Zeugen „große Steine" zu verbergen (V.8.9) und dort ein Jahwewort mitzuteilen: Jahwe wird Nebukadnezar nach Ägypten schicken, und dieser wird über jenen Steinenseinen Thron aufschlagen (V. 10). Nebukadnezar wird Ägypten vernichten (V. 11), die Tempel zerstören, das unterste zu oberst kehren un d seinen Feldzug schließlich erfolgreich beenden (V. 12.13) .

b) Analyse

Der Abschnitt enthält ein Unheilsorakel543  an Ägypten. Eine Begründung für dieses von Jahwe bewirkte Unheil fehlt544. Abgesehen davon,daß sich die geschilderte Zeichenhandlung des Propheten jeglicherDeutung entzieht5 4 5 , enthält der Text auch sonst zahlreiche, wohlkaum mehr eindeutig lösbare Schwierigkeiten.

54 1

  Die Bezeichnung „Rest Judas" ist nicht „cum grano salis zu verstehen" ,wie  Rudolph  meint (Komm. Jer. , S. 257). Für  Rudolph  besteht hier eine Schwierigkeit, weil er Jer 43,1—7 für einen zuverlässigen Bericht aus der Hand desBaruch hält (vgl. oben Anm. 510!), der Bericht aber in diesem Punkt nichtzuverlässig ist, wenn festgestellt wird, daß die gesamte Restbevölkerung ausgewandert sei.s42  Vgl. zur endgültigen Verwerfung Jer 44.543

  Duhm  weist daraufhin, daß das Orakel „einen ähnlichen Eindruck wie13,lff.  51,59ff ..." macht.54 4  Die Beantwortung der Frage, warum Ägypten mit Krieg zu rechnen hat,

scheint dem Verfasser unwichtig.545 Was das Verstecken von ni77) D'33K bedeuten soll, läßt sich nicht mehrfeststellen  (Duhm,  Komm. Jer. , S. 326: „Das Verstecken der großen Steine istsonderbar genug".).  Volz  (Komm. Jer ., S. 360) interpretiert: , Je remia weissagtdurch eine sinnbildliche Handlung, daß der babylonische Großkönig, vor demdie Juden geflüchtet sind, auch nach Ägypten kommen werde ... Die sinnbildliche Handlung ist sehr geschickt; die eingesenkten Steine erregen Aufsehen,

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160 Jeremia 43,8-13

In V. 9 ist p*?a3 13783  (an "Key.) in der Bedeutung völlig unklar (vgl.die Ko mm en ta re ). Merkwürdig ist ferner die Verb indung von f»ü„(heimlich) verbergen/verscharren" mit ... TS?1?546. Denn ]öO drückteine Handlung aus, die keine Zeugen kennt oder braucht. Die D'BUK

Dmn"'spielen zudem im folgenden keine Rolle 547.

In V. 10 ist miDE? wieder unsicher  (an.  Xe7.), für 1X03 Tiaen wirdwohl ... nK  DB?  zu lesen sein (vgl. LXX!) 5 4 8 . 'niaD 1B?K ist auffällig,denn nach V. 9 erwartet man, daß Jeremia und nicht Jahwe selbstdie Steine versteckt. LXX liest entsprechend die 2. Person.  Volz

549

und  Rudolph550  ha lt en an der 1. Person fest. Eventuell ist der in je

dem Fall schwierige Text darauf zurückzuführen, daß  ,nJaD 1E?K alsErläu te rung zu n^Kn D":3K7 7S?aa nachget ragen wurde.

V. 12 wechselt, wahrscheinlich durch versehentliche Verlesung verursacht, das Subjekt ('nsm 5 5 1  = Jahwe; DB1B>1 = Nebukadnezar).Außer ... 3"iri7  1B?K1552  in V. 11 ist der ganze V. 13 zusatzverdächtig,  weil hier teilweise eine Wiederholung der Aussagen von V. 12vorliegt553.

Zur Stellung im jetzigen Kontext

Berücksichtigt man, daß der vorausgehende Abschnitt Jer 43,1—7ohne Fortsetzung kaum denkbar ist, als weiterführender Text aberJer 43,8—13 mit den Aussagen lediglich über das Schicksal Ägyptens 5 5 4  gerade im Blick auf vorausgehende Texte wie Jer 42,17ffnicht ursprünglich sein kann, als solcher folglich nur Jer 44 oderTeile daraus in Betracht kommen, so stellt sich die Frage, aus welchen Gründen und von wem diese Verse 43,8—13 gerade hier un-

wirken als ständige Predigt, dienen als Zeugen der Weissagung". Die Frage nachder Bedeutung der „sinnbildlichen Handlung" ist damit jedoch nicht beantwortets4« Vgl. zu JDB Jer  13,4ff;  ferner Jos 7,21.22; 2,6; Gen 35,4; Ex 2,12.54 7  Das DH^K fehlt in der LXX in V. 10; zu n iaKI ohne folgende Adressevgl. Jer 51,64(!) ; vgl. auch Je r 1,17.54 8  Vgl. Je r 49 ,38!54 9  , Je re mi a u nd Jahwe sind identisch"; vgl. Komm. Jer. , S. 359 .sso Vgl. Komm. Jer., z.St.ssi Zu . . . E?K VlXm mit Jahwe als Subjekt vgl. Je r 17,27; 21,14; 49 ,27; 50,32;Am 1,14; in Jer 32,29 sind die Chaldäer Subjekt.

552 Vgl . da zu di e K o m m e n t a r e ! — . . . 3 i n 7 "1B?X1 faß t man all geme in als Dublette zu ma 1 ? "IB?K auf. Zu V. 11 insgesamt ist J e r 1 5,2 zu ve rg le ichen .55 3  So schon  Duhm,  Komm. Jer ., S. 327.ss*  Im Text findet sich keine Spur einer Aussage darüber, welche Folgen denndie angekündigte Unternehmung Nebukadnezars in Ägypten für dort lebendeJuden haben wird. Nach Je r 42 in der vorliegenden Fassung sowie Jer 43,1 — 7wären explizite Hinweise zu erwarten gewesen.

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Zur Stellung  im  jetzigen Kontext 161

tergebracht wurden  und in  welchem Verhältnis  sie zu  Kapitel  44

stehen5 5 5 .

Folgende Möglichkeiten  der  Entstehung  der  vorliegenden Textfas

sung  (Jer  4 3 , 1 - 7 ;  8 - 1 3 ;  44,lff ) wären denkbar:a)  Die  vorliegende Textfolge könnte  auf   einen Eingriff eines späterenInterpolators zurückgehen,  der Jer  43,8—13 nachträglich  in  einenschon vorgegebenen Textzusammenhang 43,1—7; 44 ,1 ff   einarbeitete.In diesem Fall wäre damit  zu  rechnen,  daß der  Interpolator entweder  auf   andere jeremianische Traditionen (außerhalb  des ihm  vorliegenden Jeremiabuches,  für das die in Je r 2 1 ; 24;  37ff nachgewiesene Redaktion zuständig war)5 56  zurückgreifen konnte, oder aber

die Einheit 43,8 — 13  zwecks Einschaltung  in den  jetzigen Kon tex tselbst geschaffen  hat. Daß ein  Interpolator  Je r  43,8 — 13  an  andererStelle  der von der  Redaktion erstellten Fassung  des  Jeremiabuchesvorgefunden  und von  dort  an die jetzige Stelle versetzt hä tt e,  ist

deswegen nicht anzunehmen, weil  für  eine Rückversetzung,  die ja

in diesem Fall möglich sein müßte, keinerlei Lücke  im  je tz t vorausgehenden Kontext auszumachen  ist.

b) Andererseits wäre  es  auch denkbar,  daß die  gegenwärtige Text

fassung  J e r  42—44  als  ganze  das  Ergebnis  nur  eines Redaktionsvorganges  ist, d.h. daß Jer  43,8 — 13  im  Zuge  der  Überarbeitung  von

Jer 41—42  und  Neufassung  von Je r  43,1—7  (im  Blick  auf Jer 41,

1 — 18!)  vor das  Abschlußkapitel  Jer 44  vorgeschaltet wurde.  Daß

der  für  diese Textfolge zuständige Verfasser  Je r  43,8-13 selbst  ab

gefaßt haben könnte,  ist  deswegen wenig wahrscheinlich, weil  aus

den  auf den  Redaktor zurückzuführenden Einträgen  in Jer 42 (vgl.

besonders  Je r  42,17ff) deutlich  zu  entnehmen  ist, daß er  lediglich

an Aussagen über  das  Schicksal  der Juden  in  Ägypten, nicht aber555  Zur  Stellung von Jer  43,8ff   im  jetzigen Kontext  vgl. auch  Rietzschel,  Urrolle,S.  109f; im  Anschluß  an  Kremers,  Der  leidende Prophet,  S. 95ff,  beantwortet Rietzschel  die  Frage, warum nicht „die Weissagung, sondern  die Predigt  (Jer 44)an  den  Schluß  . ..  gestellt wurde",  da  doch dieses Stück „einen weit wirkungsvolleren Schluß  für den  erweiterten Erzählungszyklus abgegeben (hätte)  als diePredigt", dahingehend,  daß die  Predigt  Jer 44 als  eine  den  Abschiedsreden  imdeuteronomistischen Geschichtswerk vergleichbare Abschiedsrede aufzufassen  sei,die  die  Zeit  der  prophetischen Unheilsverkündigung endgültig abschließe  (aaO,

S.  110). — Nach  Wanke,  Baruchschrift,  S. 131, ist die  Frage „kaum mehr  zu beantworten  . . . ,  wann  das  Anhangstück 43,8—13  in den  Uberlieferungskomplexeingefügt wurde, zumal  es  sich  um ein in  sich geschlossenes Stück handelt,  daskeinerlei Beziehungen  zu den  vorausgehenden  und  folgenden Abschnitten  aufweist."55*  Kenntnis  der der  Redaktion vorausgehenden Fassung  des  Erzählzusammen-hanges  Jer 37,11 bis Jer 42 ist  auszuschließen.

11 Pohlmann, Jeremiabuch

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162 Jeremia 43,8-13

über die Zukunft Ägyptens selbst interessiert ist. Aus den gleichenGründen ist auszuschließen, daß der Redaktor eine weitere Quelle,von seiner Vorlage abgesehen, auswertete. Daß der Redaktor selbstim Grunde gar kein Motiv gehabt hätte, diese Verse hier einzuschalten, führt zu dem Schluß, daß dann die zu bearbeitende Textvorlage selbst dazu den Anlaß gegeben haben müßte. Wir hätten folglich davon auszugehen, daß der Abschnitt ursprünglich an einer anderen Stelle der dem Redaktor vorliegenden Textfassung verankertwar und von dort zwischen Jer 43,1—7 und Jer 44 versetzt wurde.

Eine sichere Entscheidung zwischen diesen Möglichkeiten a) und b)der Textentstehung ist schwierig. Immerhin sprechen folgende Überlegungen m.E. dafür, der Möglichkeit b) den Vorzug zu geben:

Zu a) ist zu bedenken: Die These, daß der Interpolator noch andereQuellen zur Verfügung gehabt und ausgewertet haben muß, ist deswegen nicht zwingend, weil deutliche Berührungen unseres Abschnittsmit Stellen wie J e r 13, lff (vgl. auch Jer 51,59ff )557, Jer 25,9 (vgl.43 ,1 0 'nnp7i nVs? ''un), Jer 15,2 ( . . . nia1? nia1?  -IB>K)  erkennbarsind, der Interpolator selbst also im Rückgriff auf die genanntenStellen die vorliegende Einheit geschaffen haben könnte. Zudem istzu fragen, ob man überhaupt zur Annahme berechtigt ist, dem Interpolator habe noch weiteres Quellenmaterial vorgelegen. Im Blickgerade auf die Berührungen zwischen Jer 43,8 — 13  und den oben genannten Texten im Jeremiabuch spricht gegen die Herleitung diesesAbschnitts aus einer anderen Quelle, daß schwer einzusehen ist, warum während des langen Entstehungsprozesses des Jeremiabucheseine solche Quelle nicht schon berücksichtigt, sondern erst, nachdemder Bearbeitungsprozeß im wesentlichen abgeschlossen war, noch ausgewertet werden konnte.

Demnach wäre eher davon auszugehen, daß der Interpolator von 43,8—13 auch der Verfasser dieser Verse war. Hier ist allerdings wiederum zu beachten, daß man in diesem Fall kaum erklären kann, warumdieses in sich geschlossene Stück, „das keinerlei Beziehungen zu denvorausgehenden und folgenden Abschnitten aufweist"55 8  derart ungeschickt im jetzigen Kon text verklammert worden wäre.

Abgesehen von diesen Schwierigkeiten, die im Blick auf die Annahmea) auftauchen, hat die Möglichkeit b) auch schon deswegen mehr fürsich, weil sich zeigen läßt, daß Jer 43,8 — 13  nicht an den gegenwärtigen Kontext gebunden ist, also nicht unbedingt als eine für den

 jetzigen Zusammenhang verfaßte Einheit eingestuft werden muß. Da

SST  Vgl.  Duhm,  Komm. Jer ., S. 326.558 Vgl.  Wanke,  Baruchschrift, S. 131.

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Zur Stellung im jetzigen Kontext 163

hier die Schilderung einer Zeichenhandlung vorliegt, die sich zumalsehr deutlich mit Jer 13,lff berührt, ist es durchaus möglich und vorstellbar, daß Jer 43,8—13 ebenfalls ursprünglich die Darstellung ledig

lich eines visionären Erlebnisses des Propheten bot

5 5 9

, also ähnlichwie Jer  13,lff,  wo gar kein wirklicher Aufenthalt Jeremias am Eu-phrat gemeint ist, den Propheten gar nicht von Ägypten aus seineHandlung vornehmen ließ560. In diesem Fall ist mit der Möglichkeitzu rechnen, daß Jer 43,8 — 13*  ursprünglich an anderer Stelle in derder Redaktion vorgegebenen Textfassung verankert war. Daß Jeremia jetzt in Tachpanes selbst auftritt, wäre folglich erst das Ergebnis der Verklammerung von Je r 43,8ff in den jetz igen Ko nt ex t (hinter J e r 43,1—7) und einer entsprechenden Bearbeitung. Da Jer 4 3 ,

8—13 betont am Schicksal Ägyptens interessiert ist, Ägypten aberin der Vorlage zum ersten Mal in Je r 41,16—18 in den Blick rückt,wo über die Abwanderung der Gruppen um Jochanan nach Ägypten berichtet wurde, liegt es nahe, die ursprüngliche Stellung unseres Abschnitts entweder zwischen Jer 41,16—18* und Jer 42*oder aber im Anschluß an den Bericht über die Versammlung desganzen Volkes vor Je remia, also hinter Je r 42 * zu vermuten.

Die Unheilsankündigung Jer 43,8 — 13  scheint sich mit J e r 42 ,1 3f .l 6(Ankündigung von Kriegswirren in Ägypten) insofern zu berühren,als hier jeweils betont wird, daß gerade Ägypten keine Sicherheitbieten kann. Jer 43,8—13 könnte also entweder auf denselben Verfasser zurückgehen, der auch für Jer 42 ,1 3. f. l6 zuständig ist, oderaber auf einen späteren Bearbeiter, der das in J e r 42 ,1 6 angekündigteUnheil für Ägypten im Vorblick (Jer 43,8 — 13  zwischen Jer 41,16—18*  und Jer 42*) oder Rückblick (Jer 43,8-13 hinter Jer 42*) alsvon Jahwe beabsichtigt und in die Wege geleitet hervorheben woll

te56 1 .  Für die Annahme eines späteren, zeitlich jedoch vor der gola-

559 Vo ra us se tz ung für diese Tex tau ffa ssun g ist ledigl ich, da ß On JD nn S in V .8 erst nachträglich bei Einschaltung von 43,8 — 13 in de n jet zig en Ko nt e xt eingefügt wu rd e. Vielle icht mu ßt e auß erd em no ch ein urspr üngli ches "]7 Dlp (vgl.Je r 13,4) oder . . . 1 "pH (vgl. z.B. 17,19; 19,1) wegfallen. Daß . . .  TV?  in Verbindung mit p ü verdächtig ist, wurde oben schon dargelegt (siehe oben S. 160).560  Zur Zeichenhandlung vgl. auch Je r  51,59ff.  —  Vgl. hier auch die Erwägung Duhms,  Komm. Jer ., S. 326: „Wenn er (Jer) ihnen (den Abwanderern) Ägyptens Schicksal in Palästina verkündigt hätte, so hätte sein Orakel doch den

Nutzen haben können, sie von dem Zug nach Ägypten abzuhalten."  Duhmhat also den Eindruck, daß 43,8ff besser in den Zusammenhang eines Berichtes paßt, der über Pläne oder Absichten, nach Ägypten auszuwandern, informiert, also noch nicht die Anwesenheit von Auswanderern in Ägypten voraussetzt.561  Jer 42,16 läßt Jahwe ganz aus dem Spiel und konstatiert nur kommendeKriegswirren.

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164 Jeremia 43,8-13

orientierten Redaktion anzusetzenden Bearbeiters spricht, daß imBlick auf beide möglichen Stellungen sich Jer 43,8—13 gattungsmäßig deutlich vom Kontext insofern abhebt, als die Erzählform, die

sonst durchgehalten wird, hier aufgegeben ist.Handelt es sich um einen Nachtrag zu dem oben nachgewiesenenErzählungszusammenhang (Jer 37,11 bis J e r 42* ), so kommt vonden beiden aufgezeigten Möglichkeiten einer ursprünglichen Stellungvon Jer 43,8—13* m.E. am ehesten die zwischen Jer 41,16—18*und Jer 42* in Frage. Daß sich ein Bearbeiter durch den Berichtüber die Abwanderung jener Gruppen um Jochanan nach Ägyptenveranlaßt sah, direkt im Anschluß daran die Frage zu behandeln,

welche Zukunftsaussichten für die Auswanderer in Ägypten bestanden, erscheint naheliegender als eine die Aussagen in Jer 42* (V. 16),wenn auch in anderer Form, wiederholende Stellung hinter Je r 42*.

Ein weiteres Argument dafür, daß Jer 43,8—13 zunächst zwischenJer 41,16—18* und Jer 42* eingeschaltet worden war, ergibt sichim Blick auf die in Je r 43,9 enthaltene konkrete Or tsangabe562 .Während hinter Jer 42* nach den hier allgemeinen Erwägungenüber eine mögliche Abwanderung nach Ägypten (Jer 42,14.16) einsolcher ägyptischer Ortsname unmotiviert auftauchen würde 563 , konnte damit hinter Jer 41,16—18* viel besser an die zuvor berichteteAbwanderung nach Ägypten angeknüpft werden, weil hier die Nennung einer ägyptischen Stadt, vielleicht sogar die Erwähnung vononnsnn als einer bekannten Grenzfestung, sachgemäß erscheint564.

Wenn, wie wir mit einigen Gründen annehmen dürfen, der fraglicheAbschnitt Jer 43,8 — 13*  ursprünglich (als Nachtrag zum vorgegebenen Erzählungszusammenhang Je r 37,11 bis Je r 42*) hinter J e r

562  Sicherlich ist auch die Annahme nicht unmöglich, daß 0n 3Snn3 erst infolgeder Versetzung von Jer 43,8—13 in den jetzigen Kontext im Blick auf Jer43,7 (Om sn n- ni? 1K3-1) eingefügt worden ist (zu V. 8 vgl. oben Anm. 559!) .Andererseits ist deutlich, daß auch vor der Aufnahme dieses Abschnitts inden jetzigen Kontext eine Lokalisierung des ni?-1S_n' ,3, bzw. Angaben über

 jene Stadt, in der Nebukadnezar seinen Thron aufstellen lassen wird (43,10),mitgeliefert worden sein müssen.563  Wie käme der Bearbeiter gerade hier auf eine bestimmte ägyptische Stadt(vgl. Anm. 562), wo sich das in der Vision des Propheten ereignende Gesche

hen abspielen soll!?564 Vielleicht stammt sogar die in Jer 43,7 jetzt der allgemeinen Feststellung„und sie kamen nach Ägypten" nachklappende Notiz „und sie kamen nachTachpanes" aus der ursprünglichen Fassung von Jer 41,16—18*, so daß dort,bevor diese Verse überarbeitet wurden, abschließend im Blick auf die Auswanderung Jochanans und seiner Leute zu lesen war: „und sie kamen nach Tachpanes".

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Zur Stellung im jetzigen Kontext 165

41,16—18*  untergebracht worden war565, so waren diese Verse andieser Stelle nicht mit mit dem Anliegen der Endredaktion in Einklang zu bringen, die im vorgegebenen Text erwähnte Abwanderungder Gruppen um Jochanan nach Ägypten dahingehend umzuarbeiten,

daß der Leser den Eindruck erhält, außer Joch an an und seinen Leuten sei schließlich die gesamte Restbevölkerung nach Ägypten ausgewander t (vgl. je tz t J e r 43,1—7). Da die Redaktion zur Durchführungihrer Absicht die in Jer 41,16—18* konstatierte Abwanderung nachÄgypten rückgängig macht, indem jetzt zunächst nur von einemAufenthalt der Auswanderungswilligen bei Bethlehem die Rede ist,war die ursprünglich folgende Darstellung eines visionären Erlebensdes Propheten mit ihren Aussagen über künftige kriegerische Ereig

nisse in Ägypten jetzt an dieser Stelle störend und anstößig. IhreVersetzung war einerseits erforderlich, weil es sonst nicht möglichgewesen wäre, Jer 41,16 — 18*  und Jer 42* zu einem zeitlich undsachlich zusammenhängenden Geschehen umzugestalten (Versammlung des Restvolkes zusammen mit Jochanans Leuten in der Nähebei Bethlehem zwecks einer Prophetenbefragung). Zum anderen wären die Aussagen über kriegerische Ereignisse in Ägypten, bzw. dieErörterung der Frage, welche Zukunftsaussichten Auswanderer in

Ägypten haben werden, jetzt noch gar nicht am Platz, da eben dieAbwanderung nach Ägypten hier noch gar nicht deutlich ins Augegefaßt war (vgl. J e r 42,1—6).

Daß Jer 43,8—13* ursprünglich zwischen Jer 41,16 — 18*  und Jer42*  zu lesen war, um hier nachträglich die geringen Zukunftsaussichten der unt er Jo ch an an nach Ägypten Abgewandert en anzudeuten,und dann im Zuge einer späteren Überarbeitung aus diesem Kontextherausgenommen werden mußte, würde auch die je tz t auffällige Stel

lung von Jer 43,8 — 13  in der uns vorliegenden Textanordnung verständlicher machen5 6 6 . Die jetzige Textfolge (Jer 43,1 — 7;  8—13;44,lff) stimmt deutlich mit der von uns rekonstruierten Textfassung(Jer 41 , 1 6 - 1 8 * ; J er 4 3 , 8 - 1 3 * ; Jer 42*) darin überein, daß jeweilsan den Bericht über die Abwanderung nach Ägypten (Jer 41,16—18*;vgl.  43,1—7) das an Ägypten gerichtete Drohwort anschließt (Jer 43,8 - 1 3 *  hinter 41,16-18*; 43,8-13 jetzt hinter 43,1-7) und jeweilsdarauf die Schilderung einer Versammlung des ganzen Volkes vor

5*5 Der Interpolator von Jer 43,8—13 war m.E. zugleich auch der Verfasserdieser Verse (vgl. die Berührungen mit den oben genannten Stellen im Jeremiabuch; zum Motiv vgl. oben S. 163.566  Mit der Versetzung hinter Jer 43,1—7 waren folgende Eingriffe in den Textvon 43,8—13* verbunden: V. 8 Einschaltung von DrUDnn3; V. 9 Zusatz von... TS?1?, in V. 10 von Dn^K (vgl. dazu oben S. 163).

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166 Jeremia 44

dem Propheten Jeremia folgt (Jer 42* in Juda; Jer 44 in Ägypten).Die Redaktion hätte also dem Aufbau der von ihr bearbeiteten Textvorlage entsprechend ihre Neuauflage gestaltet!

13.  Jer 44

a) Zur Stellung im jetzigen Kontext

V. 1 setzt voraus, daß in den vorhergehenden Abschnitten darüberberichtet wurde, wie die Juden und der Prophet Jeremia nach Ägypten gelangt sind. Dem korrespondiert, daß die Notiz, in Jer 43,6

über die Verschleppung Jeremias nur verständlich ist, wenn im folgenden noch über ein Wirken des Propheten in Ägypten zu lesensein wird567. Während also Jer 44,lff deutlich mit Jer 43,1—7 verklammert ist und sich implizit darauf zurückbezieht568, gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß eine Weiterführung mit Jer 45 beabsichtigt war. Zwischen Jer 44 und Jer 45 bestehen keinerlei Verbindungen. Wie Jer 45 in keinem Punkt Jer 44 voraussetzt , so gibtes umgekehrt keine Spuren in Je r 44, die daraufhin deuten könnten,daß Jer 45 noch folgen wird, bzw. die überhaupt eine Kenntnis vonJer 45 verraten569.

b) Die Spannungen im Text

Daß das vorliegende Kapitel keine ursprüngliche, in einem Guß voneiner Hand konzipierte Einheit sein kann, ist allgemein570  anerkannt.Von den zahlreichen Wiederholungen abgesehen (vgl. die Gerichtsankündigungen in 44,11—14 und 44,26—27; ferner 44,2-6 und 44,20—23) deutet darauf besonders der merkwürdige Umstand, daß in

5*7 j m Blick auf die in Jer 43,2—4 enthalten Vorwürfe wäre viel eher zu erwarten gewesen, daß man Jeremia (zusammen mit Baruch) allein zurückläßt.568 Gegen  Rietzschels  Ansicht (Urrolle, S. 109), daß man in Je r 44 (zusammen mit 43,8—13) „eine willkommene Ergänzung für ein literarisches Werkgesehen hat, das mit der etwas nüchternen Nachricht schloß, daß der Propheteinige Zeit nach der Zerstörung Jerusalems von jüdischen Flüchtlingen nachÄgypten verschleppt worden sei."

5*9 Auf Jer 45 kann hier nicht eingegangen werden. M.E. ist Jer 45 nicht alsAbschluß der Erzählungen Jer 37—44, sondern als Einleitung aufzufassen, diekonzipiert wurde, als die in Jer 46ff vorliegenden Fremdvölkerorakel hier untergebracht wurden. Vgl. Jer 45,1 nVKH D,"l3Tn (so ähnlich schon  Ehrlich,Bandglossen IV, S. 352).570 Vgl. aber  Giesebrecht,  Komm. Je r. , S. 220ff und  Weiser,  Komm. Jer., S.370.

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168 Jeremia  44

44,1 enthält nicht eigentlich Situationsangaben, sondern nur die

ausführliche Adresse , für die „das Wort, das an Jer em ia erging" be

stimmt ist574 . An dieser Adresse fällt auf, daß sie alle in Ägypten

wohnhaften Juden vor Augen hat. Die Aufzählung der einzelnen

Orte5 7 5  scheint eine bewußt vorgenommene Ausweitung gegenüber

Jer 43,7 (omDnn-ns? 1K3"1)  ZU sein, um klarzustellen , daß alle Ju de n

in Ägypten ausnahmslos von den folgenden Ausführungen betroffen

sind.

Zu V. 2-14

Die in V. 2 einsetzende Rede des Propheten besteht aus drei Teilen:

a) 2— 6 Rückblick auf den Götze ndi ens t in J u d a und Jerusalemund dessen Auswirkungen

b)  7 — 10 das gegenwärtige Verha lten de r Juden in Ägypten

c)  11 — 14 Unhei lsankündigung

a) 44,2-6

Vers 2 eingelei tet durch die Botenfo rmel erinnert die Juden in Ägyp

ten an die Situation in den Städten Judas und Jerusalem und wie

es dazu kam. Die Begründung für Jahwes Gerichtshandeln, das die

. . . " ) ,  32,1 („im  zehnten Jahre Zedekias  . . . " ) ,  34,1  („und Nebukadnezar  . . . " ) ,

34,8 („nachdem  der  König einen Bund schloß  . . . " ) , 35,1 („in den Tagen Jo jakims  ...") und 40,1  („nachdem Nebusaradan  . . . " )  Informationen über die jeweilige Si tuation.s?

4  Ähnlich sind  die  Überschriften  zu den Völkerorakeln  in Je r 47,1; 49,34und  50,1 gestaltet.

575 r_)iei )jCue  i m  Lande Ägypten wohnen", werden  in Jer 24,8 erwähnt.  —  DieOrtsnamen  in V. 1  begegnen (außer DTinD)  in Jer 46,14 (vgl. auch V. 19) undJer  2,16  (außer 71tJa  und  DTinD).  Sie  sind insofern auffällig  und an  sich überflüssig,  als mit ...  D , m n , n - 7 3  für den  Leser deutlich  ist, daß niemand von denin Ägypten wohnhaften Juden  an welchem  Ort  auch immer ausgenommen ist. —Zur Erwähnung  des  „Landes Pathros"  ist auf  Jes  11,11 und Ez 29,14; 30,14(Ez 30,13ff begegnen noch weitere Namen)  zu  verweisen. Interessant  ist  besonders Jes  1 1 1 ' ,  da  hier d<e Juden  <n „Assur, Ägypten,  Pathrof,  Kusch, Elam,Sinear, Hamath  und auf den  Inseln  des Meeres" als der  Rest  des Jahwevolkesbezeichnet werden  und in den  Heilsplan Jahwes einbezogen sind,  der  Stand

punkt  des  Verfassers dort also  dem von Jer 44  entgegensteht.  In Jes 11,11 istdas Thema  die Sammlung  der Diaspora; das  Exil oder  die  Frage eines Führungsanspruchs  in der  Auseinandersetzung zwischen  den Vertretern  der  babylonischen Gola und den im  Lande Verbliebenen sowie anderen Gruppen  in Ägypten spielt anders als in Jer 44  keine Rolle (mehr?).  Jer 44 ist  dagegen offensichtlich  auf   eine Abwertung oder sogar Ausklammerung  der  ägyptischen Judenaus,  um die  eigenen Ansprüche besser  zu  vertreten.

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170 Jeremia 44

Es wäre sehr wohl vorstellbar, daß ein späterer für Jer 44,4—6 verantwortlicher Bearbeiter vorliegende Texte sprachlich auswertet,bzw. sich bewußt deren Sprache (geprägte Wendungen) bedient 5 8 2.

Der auffällige Personenwechsel (vgl. V. 4 und V. 5) sowie die Tatsache, daß V. 2 von V. 6 teilweise wieder aufgenommen bzw. wiederholt wird, erklären sich m.E. am besten, wenn man annimmt, daßV. 4—6 nicht vom gleichen Verfasser wie V. 1—3 stammen. DemAutor von V. 4—6 lag daran, hier eine besondere Anmerkung überdie Rolle und Bedeutung der Propheten einzuflech ten583.

b) Je r 4 4 , 7 - 1 0 und c) Jer 44 ,1 1- 1 4

An 44,1—6 (bzw. 1—3) knüpft die an die Juden in Ägypten gerichtete Frage an, warum auch sie sich selbst zugrunde richten wollen(V. 7), indem sie in Ägypten den gleichen Götzendienst ausüben (V.8 DnnK D'-n^KV 1üp7). Die Erklärung für ihr Verhalten könne nurdie sein, daß sie vergessen haben, was in Juda und Jerusal em „dieKönige . . . " usf. getan hat ten (V. 9) , die sich nicht an Jahwes Satzungen hie lten (V. 10). Jahwe werde darum (p1?) mit den Juden inÄgypten ins Gericht gehen (V. llf) und sie genau so bestrafen wie

Jerusalem (V. 13). Der Feststellung, daß niemand von ihnen übrigbleiben werde, folgt am Ende von V. 14 die Einschränkung „außerden Entronnenen".

5«2 Zu V. 4a n7B?1 D'3B?H . . . ri7B?K1 vgl. Jer 7,25; (11,7); 25,4; 26,5; 29,19;35,15 und 2.Chr 36,15. - Zu V. 4b nir?S? c. n3i?n vgl. Jer 7,10; 32,35 (44,22);zu TIKJB? IB'Kvgl. Dtn  12,31.  - Zu V. 5 OJTK'nK 1ün_K71 1S?BB? K71 vgl.Jer 7,24.26; 11,8;  17,23;  25,4; 34,14; 35,15. - Zu V. 6 . . . -nan Tnni vgl.

Jer  7,20; 42,18(1); vgl. dazu auch 2.Chr 12,7; 34,21 (2.Kön 22,13 c. nX-);34,25 (2.Kön 22,17 c. nX"). Zu ... nixn31 min1' "1i?3 vgl. Jer 7,17.34; 11,6;33,10; 44,6.9.17.21. Zu naaB>7 n3"in7 vgl. Jer 7,34; (27,17); 25,11.18; 44,2.22;  zu nm  BYO  vgl. Je r 11,5; 25,18; 32,20;  44,23.  - Besonders auffällig sinddie Berührungen mit Jer 7 (V. 10.17.20.24.25.26.34), mit Jer 25 (vgl. V. 4.5.11);  vgl. auch Jer 44,20-23.583 Vgl.  F.-L. Hossfeld   und /.  Meyer,  Der Prophet vor dem Tribunal, ZAW 86,1974,  S. 30—50, den Exkurs zur Formel „Und ich (Jahwe) sandte (sende) allemeine (seine) Knechte, die Propheten, unaufhörlich ..." auf Seite 47f: „1. DerVerfasser sieht die Propheten bis hin zu Jeremia als eine einheitliche Reihe von

Boten Jahwes. 2. Sie fungieren als Jahwes Knechte; wer sie nicht hört, hör tJahwe nicht (vgl. 7,25; 35,15). 3. Dieses prophetische Unternehmen scheitertan der permanenten Widerspenstigkeit des Volkes. Ein Interesse am Schicksalder Propheten wird nicht geäußert. Andererseits ist die Prophetie völlig eindeutig;  daß sich einmal wahre und falsche Vertreter Jahwes gegenüberstanden, istaus dem Blickfeld entschwunden". Die Formel stößt sich an sämtlichen Stellenmit dem Zusammenhang und ist jeweils sehr locker mit dem Kontext verankert.

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Analyse zu den Versen 2—14 171

Von kle ineren Nacht rägen abgesehen 5 8 4  wird an der Einhei t l ichkei t

der Ve rs e 44 ,7 — 10 fe st zuh alt en sein.  Rudolph  me in t zwar , Sprü nge

im Text festzustellen, die ihn zu der Folgerung kommen lassen, in

den Versen 7—8 liege ein älterer Kern vor; alle übrigen Verse zeig

ten „in erster Linie die Verwandtschaft mit der Quelle C" 5 8 5 . Dage

gen ist j e d o c h ei nz uw en de n, daß au ch für di e V. 7—8 di e oft be

tonte „Verwandtschaf t mit der Quel le C" fests te l lbar is t 5 8 6 . Auch

da ß ri7TTl ni?"l in V. 7 ein mal in de r B e d e u t u n g „ U n h e i l " au ft au ch t

und in V. 9 dann (ms?"i) mit „Böses" zu übersetzen ist, kann nicht

als In di z für einen Bru ch im Te xt ge we rt et we rd en . E be n so we ni g ist

es zut reff end , d aß V. 9f vom T h e m a absc hwe ife n. Bei de Vers e grei

fen auf J e r 44,2ff zurück, „u m die En ts pr ec hu ng des je t z ig en mit

dem früheren Verhal ten klarzuste l len 5 8 7 .

Die Vers e 11 — 14 enth al te n folg erichtig di e in de n vo ra us ge he nd en

Ver sen vorbe re i t e t e Ger i ch t sandrohung 5 8 8 . V. 13 ha t die Fu nk t i o n ,

5*» Vgl. die Textabweichungen der LXX: 0 37 nnDH p ö 7 (V. 8b) fehlt inder LXX und ist vielleicht erst nachträglich aus V. 7 in M eingedrungen. InV. 9 ist D3ni?T nKi wahrscheinlich zu streichen; zu lesen ist mit LXX und

v. 17 (vgl. v. 21): asna? nis?-i nKi mvr -37a nu?-rnKi  DD-TIISK mi?-)-nK

DS^J m?1 nKi. Ob  VKV   K71 in V. 10 in der LXX absichtl ich ausgelassen wurdeoder erst noch später in M eingeschaltet wurde, läßt sich nicht mehr klären. WennLXX nur  , npn3 137n -K71 liest, könnte in M (mit zusätzlichem T i m s ) einespätere Angleichung an Je r 44,23 vorliegen; die Kombination ' m i n s "J7H mitfolgendem ' n p m i ist sonst unüblich. Zu DD'niSK "JD71 DD'ID1?  , ,nni"IB'K istJer 7,14; 23,39; 24,10; 35,15 (03T,3K7l D37 "nn: "IB?'K mit vorausgehendemDipa oder naiKH) zu vergleichen; Je r 9,12 und 26,4 formulieren IVTin'nH(DD'JD1?) Drr:D7  , nni "1B?K; das Fehlen von DD^D1? in der LXX könnte also absichtliche Verkürzung sein. Der Personenwechsel in V. 10, den LXXbeseitigt (LXX liest Drrm3K für DDTIISK) ist verständlich, weil die „Väter,

die Könige . . . " (Vgl. V. 9) und die in der Rede des Propheten Angesprochenenauf einer Linie gesehen werden (vgl. so auch  Thiel,  Diss., S. 589) .555  Rudolph,  Komm. Jer ., S. 259.556 Vgl. z.B. V. 8 mit V. 3; V. 7 scheint auf Jer 9,20 anzuspielen; vgl. auchJer  44,11;  es ist daher nicht einzusehen, wieso  Rudolph  V. 3 streicht, aberan den Versen 7—8 festhält.517  Thiel,  Diss., S. 585, Anm. 2.588  In Jer 44,1 lff bietet LXX einen wesentlich kürzeren Text. Wenn V. 12a(vonTinpVlbis ina"1) korrigierender Zusatz zu m i n , - 7 3 - n K n n s n V l in V. 11ist, der sicherzustellen sucht, daß unte r m i n , - 7 3 „im Lande Ägy pte n" eben nicht

mehr zu verstehen ist als jener Rest, . . . D n x a - p K K137 Dm D iaE?"IB?K(vgl. Je r 42 ,17), so muß die Lesart der LXX nicht unbedingt auf der Kenntniseines älteren als in M jetzt vorliegenden Textes deuten. Es ist durchaus möglich, daß die LXX diesen jetzt merkwürdigen V. 12a so nicht übernehmen wollte und hier gekürzt hat (Die Formulierung  TOV  änoXeaai  nävTaf; Toi)<; Kara-

Xoiwouc scheint HTW  TFltö  in V. 12a zu berücksichtigen.). — Die Abweichungen zwischen M und LXX in den Versen 13—14 sind von geringerer Be-

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Analyse  zu den  Versen  15—19 173

gen rühren, wird  in der  Regel damit beantwortet,  daß in Je r  44,15 —

19  und  44,25f vorgegebenes Traditionsgut enthalten  sei, das bei der

Abfassung  des  Kapitels mitverarbeitet wurde, indem  der für die  jetzige Textgestalt  von Jer 44  verantwortliche Autor  die  oben genannten Stücke  (V.  1 5 - 1 9 ;  25f)  durch 44 ,1-13  und  44,26ff ausweitete.

Voraussetzung  für die  Richtigkeit dieses Lösungsvorschlages  ist der

Nachweis,  daß  44,15 — 19  tatsächlich einen vorgegebenen älterenText enthalten. Aber auch dann wäre noch  zu  überprüfen,  ob die

Spannungen zwischen  44,15 und 44,19 (vgl.  auch  V. 25f)  schonbei  der  Verklammerung  in den  jetzigen Tex tzu sam men han g entstanden sein müssen oder aber unter Umständen erst durch nachträgliche Eingriffe bewirkt wurden.

In diesem Zusammenhang  ist zu  beachten,  daß Je r  44,20  auf Jer

44,15  in der  vorliegenden Fassung abgestimmt  ist. Da der  ganzeAbschnitt  Je r  44,20—23  als  späterer Einschub einzustufen  ist,  könnte  die  Änderung  in V. 15, daß  eben nicht  nur die  Frauen, sondernauch  die  Männer sowie  . . .  D,3B?',n Dl?n-731  dem  Propheten antworten, folglich  mit der  nachträglichen Aufnahme  von J e r  44,20—23zusammenhängen:  Der  Verfasser  und  Interpolator  von J e r  44,20—

23,  der  sich  mit der in  44,15 — 19

  vorliegenden Argumentation auseinandersetzen will  und  deswegen  dem  Propheten direkt  im An-

schluß  an die  Verse  15—19 vor  dessen eigentl icher An tw or t (44,24ff)seine Gedanken  in den  Mund legt, wollte  den  Kreis derer,  die die in

44,15 — 19  enthaltene Ablehnung  des  Propheten  und  seines Wortesaussprechen,  auf das  ganze Volk ausweiten5 92.

sw  In V. 15 ist  dann D-IHK DV17K7  . . .  O'BJJKn-^D  als  späterer,  V. 19b  auswertender Zusatz  des  Interpolators von Jer  44,20—23 einzustufen,  der die Auf-

gabe  hat, jetzt  in den  Kreis derer,  die dem  Propheten antworten, auch  dieMänner einzubeziehen,  und so die Sonderstellung  der  Frauen,  bzw. die Ab-seitsstellung  der  Männer  zu  beseitigen sucht.  Daß  hier  die  Männer  als  diejenigen eingeführt werden,  die von der  Ausübung  des  Fremdgötterkultes  der  Frauenwissen  (vgl. dazu  V. 19b),  erscheint recht ungeschickt,  bzw.  überflüssig; dennaus  der  folgenden direkten Rede  ist zu  entnehmen,  daß die  Männer sogar selbstan diesem Kult beteiligt sind, also nicht  nur von den  Gebräuchen  der  Frauenwissen.  Die  merkwürdige Notiz  . . . 'S  D,5?T'n  in V. 15 ist  wahrscheinlich  nurdarauf zurückzuführen,  daß der  Bearbeiter sich selbst damit  die  Frage beantwortet,  mit  welchem Recht  er in V. 15  neben  den  Frauen auch  die  Männer

nennen  darf,  obgleich doch  in  seiner Vorlage allein  die  Frauen  dem  Prophetenantworten.  Die  Berechtigung fand  er in V. 19b, wo die  Frauen sich  auf dasEinverständnis  der  Männfcr berufen.  —  Eventuell enthält  711) ?np  mia i?nhinter D^jn-73 noch  die  Reste  des  ursprünglichen Textes;  Duhm  (Komm. Jer. ,S.  330)  liest  711J  7ip3  für 7113 Vnp („da  antworteten alle Weiber,  die  dabeistanden  mit  lauter Stimme also"); möglich wäre auch  (vgl.  laj?  pt. c. 3 inJer  28,5) 7111  7Hp3 m i a s n  (vgl.  2.Chr 20,5).  Die  zweite Vershälfte  ist die

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174 Jeremia  44

M.E. war also in V. 15 ursprünglich allein von den Frauen die Rede,

die dem Propheten antworteten. Dem entspricht, daß sich der Pro

phet in V. 24f auch zunächst5 9 3

  nur an die Frauen wendet, um erst

anschließend die ganze Versammlung einzubeziehen (V. 26).

Im Blick auf diese Auffassung von der En ts tehung der jet zigen Text

gestalt von 44,15 — 19 spielt es keine Rolle, ob dieser Abschn it t älteres ,

dem für J e r 44 , l f f zuständigen Verfasser schon vorliegendes Tradi

tionsgut enthält. Zudem läßt sich m.E. für diese Verse zeigen, daß gar

kein Anlaß besteht, hier, wie allgemein üblich 594 , einen vorgegebenen

und dann überarbeiteten Text zu postulieren 595 . Der ganze Abschnitt

ist durchweg so formuliert, daß man ohne diese Annahme aus

kommt5 9 6

.

durch  die Einbeziehung  der  Männer erst ermöglichte Sammelbezeichnung,  aufdie es dem  Bearbeiter (vgl. J er  44,20!) hier ankam.593

  Zu Je r  44,20-23 siehe unten  S. 175f.59* Vgl. die  einschlägigen Kommentare!595  Thiel  (Die deuteronomistische Redaktion,  S. 582) gesteht immerhin selbstzu,  daß es  hier schwer  sei, „zwischen überliefertem Text  und  redaktionellerBearbeitung  zu  unterscheiden".

596  Zu V. 16  "131 pi c. nin" DB?3 vgl. Jer  26,16;  Dtn  18,20.22; l.Kön 22,16;Sach  13,3;  l.Chr 21,19; 2.Chr 33,18; zu V. 17  nfrvj nB>5?  "3 vgl. Jer  42,3.5(Hier  ist davon  die  Rede, daß man auf das Wort  des  Propheten eingehen will;V.  17  scheint diese Stelle  vor Augen  zu  haben  und ihr jetzt  die  abweisendeReaktion  der  Frauen entgegenzusetzen.);  zu I^DB  KX,-1B>K  13in vgl. besonders  Nu  30,3; 32,24; l.Sam  2,3;  auch aus der  Formel  . ..  n3 7a 7 lüp1? gehtlediglich hervor,  daß der  Verfasser hier auf Jer  7,16ff zurückblickt,  bzw. imRückgriff   auf   diese Stelle  den Vorwurf   des  Fremdgötterkultes  (Jer 44,7ff)  erläutert. In Jer 7,18 ist von D ,301 "]DH die Rede,  das hier aufgenommen wirdund  im  Blick  auf den Kontext  mit  lüpV  (zu "10p7 vgl. 44.3.8) kombiniert

wird  (so auch  Jer  44,18.19.25;  19,13;  32,29).  . . .  ">B>N3  (vgl.  auch schon Jer42,18  und  ferner 44,30) setzt  das jetzige Tun mit dem Verhalten  in der Vergangenheit gleich und  stellt damit zugleiche eine Beziehung zu Jer 44,13 (1B>K3.  . .:  Gleichsetzung  des  Strafhandelns Jahwes einst  und jetzt!)  her (vgl. schonoben  zu Jer  42,18).  Zur Abfolge ir"IE?1 1TS7Ö UTOKl UtUK  vgl. schon Je r1,18;  2,26; 25,18; 19,4; 32,32; 44 ,9; ferner  Neh 9,32.34;  Dan 9,8. Zu "-)»3mxn31 min" vgl. Jer 44,9 (6.21); 7,17(1); 7,34; 11,6; 33,10. - V. 17b ist freiformiUiert (erinnert immerhin  an Je r  42,14; vgl. Jer 5,12  (14,13); 14,15), ebensoV.  18  unter Verwendung vorgegebener Formeln  (.. .  "IÜp7  V. 18a; zu V. 18bvgl. Jer  14,15; 44,27).  - V. 19  berührt sich wieder deutlich  mit Jer  7,16ff

(vgl. besonders V. 18). Aus der  dortigen Erwähnung  der  Männer (ni3Kn),  diezusammen  mit den  Frauen  an den Vorbereitungen  für die Ausübung  des Kultesder Himmelskönigin beteiligt sind, wird hier  der  Schluß gezogen,  daß die Männer hier  vom Verhalten  der  Frauen wissen  und es billigen.  Auf   diesem Wegegelingt  es dem  Verfasser, neben  den  Frauen  (vgl. V. 15 in der  ursprünglichenFassung!) auch  die Männer  und damit  die  ganze Versammlung  als  Anhängerdieses Kultes bloßzustellen.

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Analyse zu den Versen 20—23 175

M.E. kann also davon ausgegangen werden, daß Jer 44,15 — 19  freie

Schöpfung des auch für Jer 44,1—3.7—14 zus tändigen Auto rs ist.

Um die Behauptung zu belegen, daß die ägyptischen Juden mit den

Vätern usf. in J u da und Jerusa lem, was die Ausübung von Fremd

götterkulten betri fft , auf eine Stufe zu stellen sind (vgl. Jer 44,7ff ),

greift unser Verfasser auf das in Jer 7,16ff vor liegende Beispiel zu

rück. Er gestaltet den Abschnitt Jer 44,15—19 derart, daß jetzt im

Munde der Frauen die bewußt festgehaltene Kontinuität zwischen

dem Verhalten einst und jet zt deutl ich wird (vgl. . . . "IB>K3 in V. 17!).

Zugleich scheinen die Verse  15 — 19 damit an 44,9 anzuknüpfen

(onn3E>n) und auf die hier gestellte Frage zu antworten. Die ursprüng

liche Fortsetzung, d.h. die Reaktion Jeremias auf diese ungeheuerli

che Abweisung des Jahweg laubens, folgt in J e r  44,24ff.  44,20—23ist, wie schon angedeutet, nachträgliche Einschaltung 59 7 .

Je r 44,20-23

Dieser Abschnitt setzt sich mit den Argumenten auseinander, die in

den vorausgehenden Versen  15 — 19 zugunsten der Ent scheidung vor

gebracht wurden , die Warnung Jeremias nicht zur Kenntnis zu neh

men. Die Folgen der Entscheidung spielen hier keine Rolle.

Jeremia gibt dem ganzen Volk, den Männern und den Frauen zu be

denken (v. 20), ob es nicht gerade der Götzenkult gewesen war, der

Jahwe bewog (V. 21), im Blick auf diese Greuel ihr Land zu verwü

sten (V. 22). Weil man auf Jahwes Stimme nicht hörte und nicht in

seinen Gesetzen wandelte, sei ihnen dieses Unglück wider fahren.

Die hier vorliegende Argumentation wiederholt inhaltlich lediglich

schon vorausgehende Feststel lungen (vgl. J e r 44 ,9 .1 0. 13 ). Der Ver

fasser dieser Verse setzt sich mit der in 44,15ff vorliegenden Argumentationsweise auseinander, mit dem Ziel sie zu widerlegen. Nicht

das Verhalten der Frauen steht zur Diskussion, sondern ihre Theorie

über die Gründe und Ursachen der Katastrophe 5 9 8 . Insofern haben

diese Verse betrachtenden, reflektierenden Charakter. 44,25ff dage-

597  j e r  44,20— 23 he be n sich deu tli ch vom bish erige n Duk tu s des Kapitels ab. —

Volz  (Ko mm. Je r. , S. 366) und  Rudolph  (K om m. Jer . , S. 25 9. 26 1) halten an

V. 21—22 als ursprünglichem („echt") Bestandteil des Kapitels fest.  Duhm

(Komm. Jer. , S. 332) spricht von „Ergän zerst i l" .  Thiel  (Die deute ronom ist i sche Reda kti on , S. 594ff) führt 4 4,2 0ff auf de n Verfasser von 44 , 1 — 14 zu

rück.

598 N a c h  Mowinckel  (Zur Ko mp os it io n des Buch es Je re mi a, S. 10) sind die

Verse 20—23 „anerkanntermaßen ein Einschub eines Pedanten, der nicht hat

leiden wollen, daß der Gottesmann eine lange Rede lediglich an die Frauen

gehalten hat . . . "

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178 Jeremia 44

V. 27 soll demnach deutlich machen, daß auch ein Heilswort wieJer 31,28 nicht mehr für die ägyptische Gola in Anspruch genommen werden  darf 

608.

V. 28 hebt praktisch die Aussage über die absolute und ausnahmslose Vern ichtung aller ägypt ischen Jud en (V. 27) wieder auf, indem jetzt davon die Rede ist, daß eine geringe Zahl der Katastrophe entgehen und nach Juda zurückkehren wird (vgl. auch V. 14).

Während  Duhm609

 , Volz610  und  Rudolph

611  die erste Vershälf te(V. 28a) für einen Zusatz derselben Hand halten, die auch in 44,14das D^^D-DK "'S anfügte612, will  Thiel  neuerdings an der Einheitlichkeit des vorliegenden Textes festhalten. Er versucht die Spannungen

damit zu erklären, daß hier ein der Redaktion schon vorliegendesGerichtswort (V. 26.28a) durch V. 27.28b kommentiert und ergänzt wurde6 1 3 . Daß die Red aktion (D = deu teronomis tische Redaktion) überhaupt eine umfassende Vernichtung ankündigt (V. 27),hängt nach  Thiel  damit zusamm en, daß in Jer 42,17 ein originalerGerichtsspruch reproduziert wird614, an den D „ihre eigenen Ge-richtsdrohungen in K. 42 wie in 44,1 — 14 an(lehnt )" . Das werde andem Umstand deutlich, „daß D 42,17ba in V. 14 zitiert, zugleichaber durch den Passus  D'ÜVD-DK  '3 entschärft. Dieser Passus berücksichtigt das in 44,26*.28a enthaltene überlieferte Gerichtswort,das im Gegensatz zu 42,17 mit dem Überleben eines Restes rechnet6 1 5 . D gleicht hier also die Inhalte zweier nicht ganz kongruenter Prophetenworte miteinander aus" 6 1 6 .

Diese, wie  Thiel  selbst feststellt , „kompl iziert e Erkläru ng"6 1 7  überzeugt jedoch schon deswegen nicht, weil wir zeigen konnten, daß

608  Zu  H31D7  K71  n3717 vgl. J e r  21 ,10 ; 24 ,5 .6 .9 ;  2 9 , 1 1 ;  39,16 (vgl.  Amos9,4).609  Komm. Jer., S. 333.6io Komm. Jer., S. 362.6 , 1  Komm. Je r. , S. 263; für  Rudolph  handelt es sich hier um ein vaticiniumex eventu, „das die Weissagung von V. 26f im allgemeinen bestätigt, aber vonder Heimkehr einiger weiß".612  Weiser,  K o m m .  Jer. , S.  373*.  e rkenn t  in V. 28  lediglich eine „Modi fizie-r u n g "  zu den  vorausge henden Versen.61

3  Diss.,  S. 6 0 3 .

61 4

  Vgl. aber dazu oben S.  134ff.61 5  Daß es überhaupt .überlieferte' (also doch wohl echte) Prophetenworte gegeben haben kann, die zugleich neben der Gerichtsankündigung die Einschränkung und Entschärfung mitliefern, indem sie mit dem Überleben eines Restesrechnen, halte ich für unwahrscheinlich.616  Aa O, S. 60 4 .617  AaO , S. 6 0 3 .

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Analyse zu den Versen 24—30 179

Jer 42,17 gar nicht als originales, der Redaktion schon vorliegendesGerichtswort einzuordnen ist618. Da ferner die sprachlichen Berührungen von V. 28b mi t 4 4,12 und 14 (DB? TI37 . . . n- iKlp-73; vgl.

42,17) und mit 42,19.22 (37T) keineswegs zwingend nahelegen

619

,daß dieser Halbvers (V. 28b) von D, das heißt vom für Jer 44 hauptsächlich zuständigen Verfasser stammt, auf den auch V. 27 zurückgeht, ist damit auch  Thiels  Voraussetzung für seine Annahme hinfällig, daß V. 28a (zusammen mit V. 26) Bestandteil eines überlieferten Gerichtswortes gewesen sein muß 6 2 0 . Denn geht V. 28b nichtauf den gleichen Verfasser wie V. 27 zurück, so kann V. 28b nichtmehr so verstanden werden, als ob hier ein und derselbe Verfasserhiermit die Existenz eines vorgegebenen Gerichtswortes (V. 28a) be

rücksichtigen wollte.

Zu Jer 44,28b ist zunächst festzuhalten: Die Spezifizierung zunun" n,lKB?-73 als n n s a p K 7 D"K3n ist insofern schon verdächtig,  als damit merkwürdigerweise der Verfasser von V. 28b Wertdarauf legen würde, daß die Errettung eines geringen Restes, derins Land Juda zurückkehrt, die ausnahmslos und endgültig für denUntergang bestimmten Juden in Ägypten (V. 27) erkennen lassensoll, wie Jahwe und sein Prophe t Recht beha lten .

Diese Spannung erklärt sich, wenn man mit  Weiser 621  und  Rudolph

61

...  D n s a - p K 7 D'Ksn als unsachgemäßen Zusatz (nach 44, 12. 14)eines späteren Glossators auffaßt623  und unter dem ntVT nnKB? inV. 28b die Juden Palästinas vers teht , zu denen die 3"in 'D^D zurückkehren (vgl. 28a) 6 2 4 . Der Einwand  Thiels625 ,  gegen diese Ansicht

6'8 Vgl. oben S.  134ff.  Von einem Ausgleich zweier vorgegebener (42,17  und44,26.28a) nicht kongruenter Prophetenworte kann also nicht die Rede sein.6 , 9

  Sprachliche Berührungen können hier insofern kein Beweis sein, als auchein späterer Bearbeiter Formulierungen aus den oben genannten Stellen  auf-greifen konnte (vgl. oben Anm. 581!).620  „Die Möglichkeit eines geringen Restes mußte nach 27 ausdrücklich erwähnt sein, um 28b sinnvoll formulieren zu können , wie er je tz t vorliegt"(Thiel,  Diss., S. 601).621 Komm. Jer., S. 369.622 Komm. Jer., S. 262; vgl. schon  Ehrlich,  Randglossen IV, S. 351 .623 Dieser Zusatz könnte dem Umstand Rechnung tragen, daß der Glossatorvon zu seiner Zeit in Ägypten wohnhaften Juden weiß, die er allerdings nicht

mit denen gleichsetzen konnte, deren absolute Vernichtung (V. 27) mit derAusnahme weniger (V. 28a) in seiner Textvorlage angekündigt war. Der Glossator versucht also den vorgegebenen Text mit den tatsächlichen Verhältnissenseiner Zeit in Einklang zu bringen, indem er die je tz t in Ägypten wohnhaftenJude n warnend daraufhinweist, daß Jah we und sein Prophet bestätigt wurden.624 Vgl. dazu unten S. 180.625 Diss.,S. 601, Anm. 1.

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180 Jeremia 44

sperre sich der sonstige Sprachgebrauch von m w n'lKB?' in J e r 42—44,  ist deswegen nicht stichhaltig, weil er auch hier wieder von vorn-herein von der unbewiesenen Voraussetzung ausgeht, daß V. 28b

dem gleichen Verfasser zuzuschreiben ist wie die entsprechendenVerse in Je r 42 . Aus den gleichen Gründen ist auch  Thiels  Argumen-tation mit dem logischen Zusammenhang hinfällig. Wenn  Thiel  meint,daß es doch nur sinnvoll sei, „daß die ägyptische Diaspora, mit dernach Meinung von D Jeremia diesen Konflikt ha tt e, das Eintreffendes Jahw ew or te s erfährt — und zwar an sich selbst —, während dieim Mutterland verbliebenen damit gar nichts zu tun haben" 6 2 6 , soschließt er von vornherein die Möglichkeit aus, daß es für einen spä-teren Bearbeiter sehr wohl angebracht sein konnte, hier eine Ver-

bindungslinie zwischen den Juden in Ägypten und denen in Palä-st ina6 2 7  herzustellen628.

Um V. 28 zutreffend zu beurteilen, ist zudem zu beachten , daß inV. 29 noch einmal von einer Möglichkeit die Rede ist, wie sich dieägyptischen Juden von der Zuverlässigkeit der vorausgegangenenGerichtsankündigungen überzeugen (... I3?m 137a1?) können. Diese

 jetzt vorl iegende Doppelung von Aussagen kann nur so entstandensein, daß V. 28 (ohne den späteren Zusatz . . . p K 7 D^sn) als nach-

träglicher Einschub zwischen 26f und 29f nachgetragen wurde, weilinzwischen die Tatsache zu berücksichtigen war, daß Juden in Jeru-salem und Juda lebten, die offensichtlich aus Ägypten stammten 6 2 9 .

626 Diss.,S. 601, Anm. 1.627 Gemeint sein können allerdings nicht die „im Mutterland verbliebenen"(Thiel,  aaO, S. 60 1, Anm. 1); wenn sich der Bearbeiter auf den Standpunktseiner Vorlage stellt (Jer 42/43), so muß es sich um die inzwischen aus Baby-

lon zurückgekehrte Gola handeln.628 Vgl. dazu unten!629  Thiel  (Die deuteronomistische Redaktion, S. 60lff) führt gegen diese, wiewir meinen, begründete Auffassung historische Argumente an: Daß V. 14 Endeund V. 28 „Zusätze auf Grund wirklicher Ereignisse darstellen", sei deswegenwenig einleuchtend, weil diese Annahme voraussetze, „daß die Ju de n in Ägyp-ten das hier vorausgesagte Gericht tatsächlich an sich erfahren haben, nur daßnoch einige Flüchtlinge nach Judäa entkommen konnt en ." Eine solche Annahmesei aber ganz ungewiß.  Thiel  bedenkt jedoch nicht, daß der Bearbeiter an diesenStellen lediglich erklären will, wie der den Ankündigungen in Jer 44 widerspre-

chenden Umstand überhaupt eintreten konnte, daß zu seiner Zeit doch aus Ägypten zurückgekehrte Juden in seinem Gesichtskreis auftauchten. Diese Diskrepanzlöst sich für ihn mit der Annahme, daß die Existenz aus Ägypten zurückgekehr-ter Juden in Judäa eben als Zeichen für das in Ägypten geschehene Gericht zuwerten ist. Wann und wie dieses Gericht sich abspielte, war für ihn gar nichtdas Problem. Insofern ist die Suche nach einem möglichen historisch zutreffen-den Ereignis müßig.

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Ergebnisse 181

Gerade daran aber, so die Auffassung des für V. 28 und V. 14by

zuständigen Bearbeiters, sollen die Zeitgenossen erkennen63 0 , daß

das Ja hwe wort eingetroffen ist (denn diese Ju den seien dem Gericht

entronnen6 3 1) .

Es ist die Funktion der abschließenden Verse 29—30632

, für den Le

ser das unausweichliche Eintreffen der vorausgehenden Unheilsan-

kündigungcn in der Zukunft sicherzustellen: Wie sich die Weissagung

in J e r 44,29f für den Leser erfüllt hat 6 3 3 , so muß auch die in 44,26f

in Erfüllung gehen.

d) Ergebnisse

Jer 44 in seiner ursprünglichen Gestalt hatte die ausnahmslose Ver

nichtung aller ägyptischen Juden angesagt. Ihre damit ausgesproche

ne Verwerfung berührt sich deutlich mit Jer 24 (vgl. besonders V. 8;

siehe auch Jer 42,17f). Dem Verfasser geht es um den Nachweis,

daß das Ausscheiden der ägyptischen Ju de n aus Jahwes Heilsplan,

wie es der Prophet schon vor der Eroberung Jerusalems angekündigt

hatte,  Wirklichkeit geworden ist.

Zu diesem Zweck berichtet er über eine Auseinandersetzung zwischen allen ägyptischen Ju den und dem Propheten Je rem ia 6 3 4 , die

630 Wenn  der Verfasser  von V. 28 herausstellt,  daß der  rmJF n'lKB?', d.h.  nachunserer Auffassung  die Juden  in  Palästina,  an den aus  Ägypten Entronnenen  erkennen (37T1) wird,  daß Jahwes Wort eintrifft (Dip"1

  'a 13 1 . . . ) , so  liegt hieroffensichtlich eine  die Aussagen  im  folgenden Vers  29  berücksichtigende Modi-fizierung vor  (vgl. . . .

  , _I31  ia ip"  Dip  -0  13?m 15737).

63i  Zur Funktion  der  D'UVD  in  oder nach einem Gerichtsgeschehen  vgl. Gen

14,13;  2.Kön 9,15; Jes  66,19; Jer  50,28;  Ez  14,22; 24,26;  33,21.632  In V. 29  fehlt  in der LXX  OD^S?  . . . ntn  Dipa3. Wahrscheinlich sind  dieAugen  des Übersetzers  von dem  ersten DD,l?3? gleich  auf das  zweite übergesprun-gen.  - Zu 1,7D vgl. J er  21,14; 23,2.34; 25,12; 27,8; 29,10.32;  36,31;  zu  ns?l7vgl. Jer  44,11.27; 21,10; 39,16; Amos  9,4. Zur Wendung  „in die  Hand seinerFeinde  und ..." in V. 30 vgl. Jer 19,7;  21,7; 22,25;  34,20f.633

  Es  handelt sich deutlich  um ein vaticinium  ex  eventu;  so Rudolph,  Komm.Jer.,  S. 263;  Thiel,  Diss., S.  605; gegen  Weiser,  Komm. Je r. , S. 374. -  44,30hat wahrscheinlich Ereignisse  vor Augen,  die um  570/69  mit dem Tode  des Pha-rao Hofra endeten  (vgl. Herodot,  161 ff);  für die  Abfassungszeit dieser Verse er

gibt sich daraus allerdings lediglich  der  terminus  a quo  (Thiel,  Diss., S. 606,datiert diese Verse zusammen  mit D  nach  560; vgl. dazu unten  S.  189ff).634  Offensichtlich bewußt antitypisch  zur Schilderung  der Versammlung  des gan-zen Volkes vor dem Propheten Jeremia  in Je r  42,lff (ursprüngliche Fassung! —Vgl. dazu oben  S.  140ff).  Dem in Jer  44,26—27.29f vorliegenden Ergebnis derprophetischen Antwort geht voraus  a)  eine erste  an das  Volk gerichtete Rededes Propheten;  b) die  Abweisung  des  Propheten durch  die  Frauen;  c) die  speziell

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182 Jeremia 44

dem Leser verdeutlicht, daß das Verhalten der ägyptischen Judenmit dem der Bewohner Judas und Jerusalems einst gleichzusetzenist, also auch die gleiche Strafe verdient. Zur Illustration dieses Verhaltens dient besonders die dem Propheten eine Abfuhr erteilende

Antwort der an der Versammlung beteiligten Frauen in den Versen15—19. Bei der Gestaltung dieses Abschnitts konnte der Verfasserschon vorliegende Nachrichten (Jer 7,16ff) über Fremdgötterkultein Jerusalem auswerten. Die These, daß in Jer 44,15 — 19  älteres vorgegebenes Traditionsgut sich erhalten hat, ist also zu modifizieren.

Die jetzigen Spannungen und Brüche im Text von Jer 44 sind dieFolge späterer Bearbeitung. Die ursprüngliche Textfassung bestandaus Jer 4 4 , 1 - 3 . 7 - 1 4 * . 1 5 (oh ne D"B?3Kn-7D bis BTTOH D'n7K7 und

V. 15b) bis 19.24 (nur: „Da sprach Je re mia zu allen Frauen") .25(ohne ...mn- iaK-nD).26.27.29.30. Jer 44,4-6 sind mit großer Wahrscheinlichkeit erst später nachgetragen, Jer 44,20—23 mit Sicherheit.Mit der Einschaltung le tzterer Verse waren Eingriffe in Je r 44 ,15und 24 verbunden, die zu den jetzigen Spannungen und Widersprüchen führten. Neben den in der Vorlage allein erwähnten Frauenwerden jetzt auch die Männer genannt, so daß eine Ausweitung aufdas ganze Volk möglich wurde. Daß beide Nachträge auf ein und

dieselbe Hand zurückgehen, ist wenn auch nicht beweisbar so dochwahrscheinlich.

Von sonstigen kleineren Eingriffen abgesehen (vgl. die Abweichungen der LXX!) sind ferner noch von besonderer Bedeutung die Zusätze in Jer 44 ,14 (Ende) und 44 ,2 8. Es handel t sich um Korrekturen (V. 14  Ö-BVD-OK  " 3 ; V. 28 ohne  DB?'  1137 Dnna-pK*? D"Kan),die die Tatsache berücksichtigen, daß es in Palästina Juden gab, deren Herkunft aus Ägypten bekannt war. Nach Auffassung des für

44,14 (Ende) und 44,28 verantwortlichen Bearbeiters mußten diesedem Gericht, wie es die Vorlage über die ägyptischen Juden angekündigt hatte, entronnen sein.

Die letzte uns vorliegende „Bearbeitung" weiß von aus Ägyptenstammenden Juden in Palästina sowie von Juden, die sich in Ägypten aufhalten (vgl. die jetzige Fassung von 44,28).

darauf bezogene Reaktion des Propheten. Auch Jer 42 enthält vor der eigentli

chen prophetischen Antwort drei Redegänge: a) die an den Propheten gerichtete Rede des ganzen Volkes (42,2—3); b) die Zustimmung des Propheten (42 ,4) ;c) die positive Reaktion des Volkes (42,5).

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III. ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE

UND AUSWERTUNG

A. Die golaorientierte Redaktion des Jeremiabuches

1.  Anliegen und Theologie

Für die Ents tehung der vorliegenden Fassung des Jeremiabuches istim besonderen Maße ein redaktionelles Programm ausschlaggebend

gewesen, dessen Ziel es war, vorgegebene Texte 1  dahingehend zu

überarbeiten, daß allein und ausschließlich die babylonische Gola

(unter Jojakin) als legitime Nachfolgerin des alten „Israe l" in Jah

wes Heilsplan erscheint.

Innerhalb dieses Programms kommen Stellung und Inhalt von Jer

24 eine Schlüsselfunktion zu. Das Kapitel ist ohne Frage2  erst sekun

där mit dem jetz igen Kon tex t (hinte r J e r 21,1 lff   — Worte an dieFührenden — und vor Jer 25 /26 — Zeit Jojakims —) verklammert

worden, also mit einem redaktionellen Anliegen in Verbindung zu

bringen. Der in Je r 24 vorliegende Visionsbericht des Prophe ten Je

remia stammt nicht von Je remia selbst. Es ist auch nicht denkbar,

daß darin ein jeremianischer Kern enthalten ist. Das Kapitel ist viel

mehr eine spätere Komposition aus vorgeprägten Wendungen, die im

Rückgriff auf andere Texte in tendenziöser Absicht erstellt wurde.

Jer 24 soll, den ersten Teil des Je remiabuches (vorwiegend Worte

des Propheten)3  abschließend, die Vorrangstellung der babylonischen

Gola betonen (Jer 24,1 — 7),  bzw. die von Jahwe beschlossene unein

geschränkte Verwerfung derer, die nach der ersten Exilierung in Je

rusalem und im Lande verblieben waren, als vorausverkündigt (Jer

24,8-10) feststellen.

Auch Jer 21,1 — 10 sind sowohl hinsichtlich ihrer Stellung im Kon

tex t4  wie auch ihrer Aussageintention auffällig. Dazu kommt, daß

• Vgl. dazu unten S.  198ff.2  Vgl. dazu oben S. 19f.

3  Zur Beurteilung von Jer 25 vgl. oben S. 46, Anm. 148.

4  Jer  21,1 ff Zeit Zedekias (Belagerung Jerusalems durch die Babylonier)  —  Jer21 ,l lf f Königssprüche (Jer 22,11 Schallum; Jer 22 ,1 3- 19 Jojak in; 22,24ffJojakim).

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184 Zusammenfassung  — Die golaorient . Redakt ion d. Jeremiabuches

diese Verse deutlich auf Jer 24 abgestimmt sind. Die folgenden Kö-nigssprüche weit überholend kündigt der Prophet hier schon die un-ausweichliche und restlose Vernichtung Jerusalems unter Zedekiaan. Die da mi t impliz it aufgeworfene Frage, ob die endgültige Ver-werfung Jerusa lems und der Je rusa lemer un te r Zedekia das Ende derGeschichte des Jahwevolkes bedeutet, beantwortet Jer 24 (3—7) mitdem Verweis auf die erste Gola in Babylon (Jojakin) und der Fest-stellung, daß allein diese Gola in Jahwes Heilsplan einen Platz habenwird. Im Blick auf diese Korrespondenz und unter Berücksichtigungder übrigen Verbindungslinien zwischen beiden Abschnitten5  sinddie beiden Einheiten Jer 21,1 — 10 und Je r 24 als eine aufeinander ab-gestimmte Rahmenkomposition einzustufen.

Das Hauptanliegen der für diese merkwürdige Textfolge zuständigenRedaktion ist nicht in erster Linie, hier „das Gericht mit dem Versa-gen der Führer des Volkes und wohl auch mit dem blinden Vertrauendes Volkes auf seine Leiter ..." zu begründen6 . Auch daß „in derVerwerfung der Zurückgebliebenen und der Ägyptenflüchtlinge im-plizit die Enttäuschung der dtr. Kreise über die Fehlreaktion dieserGruppen auf das Gericht Jahwes ..., besonders ... über die wiederin den Synkreti smu s verfallende Bevölkerung des judäischen Territo-

riums, ihrer eigenen Hörer also, zum Ausdr uc k" ko mme 7 , trifft nichtden Kern der Sache.

Ausschlaggebend für die Entstehung der Rahmenkomposition (Jer21,1 —10/Jer 24) war die Absicht des Verfassers, hier den Nachweiszu erbringen, daß sich die zusammen mit Jo jakin nach Babylon Ver-bannte n (1 . Gola) hinsichtlich ihrer beansp ruchte n Sonderstellungauf den Propheten Jeremia und die ihm offenbarten Jahweworte be-rufen können.

Der Verfasser konstatiert in Jer 21,1 — 10 unmißverständlich die abso-lute Verwerfung Jerusa lems und der Jer usale mer (unte r Zedekia) undsomit ihr unwiderrufliches Ausscheiden aus Ja hwes Heilsplan. DieVorschaltung dieses Abschnitts vor die folgenden Königssprüche undWorte über die Führenden bewirkt, daß jetzt die Äußerungen des Pro-pheten über die Könige, und hier in erster Linie über Jojakin, imSinne des für die Rahmenkomposition zuständigen Verfassers umge-deutet werden können: Anders als das Gerichtshandeln Jahwes, das

für Zedekia und die im Lande Verbliebenen das Ende bedeutet, sind

s  Vgl. dazu oben S. 41ff; so auch  Thiel,  Die dtr . Redaktion , WMANT 41 , S.260.6  Thiel,  aaO, S. 260; vgl. auch S. 301.

7  Thiel,  aaO, S. 261.

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Anliegen und Theologie 185

die Ereignisse unter Jojakin, die erste Exilierung, als ein Gerichtshandeln Jahwes zu werten, das im Vollzug zugleich Beginn eines Heilshandelns Jahwes bedeutet8 .

Dieser in J e r 2 1,1 —10/Jer 24 fix ierten Theorie, daß Jah we s Heilsplan allein die erste Gola berücksichtigt, Jerusalem und Juda dagegen Ja hw es Vernichtungswil len preisgegeben sind, en tspr icht offensichtlich jetzt auch der weitere Aufbau des Jeremiabuches. Währendzunächst in J e r (26)2 7/28 bis 33(34) im wesentli chen Rolle und Bedeutung der ersten Gola positiv im Mittelpunkt steht (vgl. Jer 24,3—7)9, handeln Jer 37—44 ausschließlich über das Schicksal Judasund Jerusalems während und nach der Belagerung Jerusalems durchdie Baby lonier (Zeit Zedekias und Gedaljas; vgl. J e r 24,8 — 10).  Im

Blick auf Jer 21,1-10/Jer 24 enthalten die Kapitel Jer 37-44 zudem den Nachweis, daß sich diese Prophetenworte erfüllt haben. Dennder für die jet zige Textgestalt von Jer 37—44 zuständige Verfasser(oder Redaktor) kommt in seiner Darstellung der Geschichte Judasnach der Eroberung Jerusalems zu dem Ergebnis, daß schließlichdas Land gänzlich verlassen und ohne Bewohner war (vgl. J e r 24,10)und der nach Ägypten ab gewanderte Rest des Volkes (vgl. Je r 24,8)sich selbst disqualifizier t ha t. Je r 21 ,1 —10/Jer 24 un d J e r 37—44

sind folglich nach dem Schema „Weissagung und Erfüllung" aufeinander abgestimmt. Die Rahme nko mpo si tio n Je r 2 1,1 —10/Jer 24und die vorliegende Textgestalt der Schlußerzählungen Jer 37—44wie auch deren jetzige Stellung sind auf ein und denselben Redaktionsvorgang zurückzuführen.

Die Untersuchungen zur Entstehungsgeschichte von Jer 37—44 führen zu dem Ergebnis, daß der Anteil redaktioneller Bearbeitung andiesen Kapiteln wesentlich höher zu veranschlagen ist, als die bishe

rige Forschung annahm.Bevor die redaktionell en Bestandteile im Einzelnen aufzuführen sind,empfiehlt es sich, die vorliegende Fassung in ihrer Geschlossenheitund Aussageintention noch einmal umschreibend zu charakterisieren.

Die jetzige Fassung Jer 37—44 behan del t zunächs t in einem erstenTeil (Jer 37,1—40,6) die Belagerung Jerusalems bis zur Eroberung

8  Jahwe schickt die min'' ni73 ins Land der Chaldäer „zum Guten" (n31Ü7);

vgl. Jer 24,5.9  Da sich die vorliegende Arbeit in erster Linie die Untersuchung von Jer 37—44 zum Ziel gesetzt hat, müssen wir uns im Blick auf die Frage nach der Entstehung von Jer 26—35 mit dem Hinweis begnügen, daß Stellung und Aufbaudieser Kapitelfolge mit der in Jer  21,1 —10/Jer 24 greifbaren Redakt ion ineinem wie auch immer im einzelnen gewerteten ursächlichen Zusammenhangstehen (vgl. auch oben S. 46f).

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186 Zusammenfassung  —  Die golaorient. Redaktion d. Jeremiabuches

der Stadt und deren Auswirkungen. Gleich zu Anfang (Jer 37,1 — 10)stellt der Prophet Jeremia klar, daß die Bedrohung und BelagerungJerusalems durch die Babylonier den Untergang zur Folge haben wird.Die Jerusa lemer unte r Zedekia haben keinerlei Chance zur Rettung.Jahwes Entschluß ist eindeutig und unwiderruflich. Die anschließenden Textpartien (Jer 37,11—38,28a), in denen das Schicksal des Propheten im Blick auf seine Botschaft (Bedrohung durch seine Gegner, Gefangenschaft, Auseinandersetzungen mit dem König) im Mittelpunkt stehen, enden mit Nachrichten darüber, wie die Stadt eingenommen wird (Schicksal des Königs, Zerstörungen usf.) und schließlich eine geringe Restbevölkerung, darunter auch Jeremia, unter demStatthalter Gedalja in Mizpa zurückbleibt (Jer 38,28b—40,6). In einem

zweiten Teil (Jer 40,7—Jer 44) wird die Geschichte dieses in Mizpaansässigen Restes geschildert. Nachdem weitere Gruppen zu Gedaljanach Mizpa gestoßen sind (Jer 40,7 — 16), kommt es zu Auseinandersetzungen und schließlich zur Ermordung des Statthalters (Jer 41,lff).In den folgenden Wirren setzen sich die Mörder Gedaljas in ammoni-tisches Gebiet ab (Jer 41,15). Die ganze übrige Restbevölkerung unter der Führung ehemaliger Truppenführer plant die Flucht nachÄgypten (Jer 41,16—18), von der man sich auch durch die Warnun

gen des Propheten Jeremia (Jer 42) nicht abhalten läßt (Jer 43,1—8).Der Prophet muß sich den Auswanderern anschließen. In Jer 44 mußder Prophet anläßlich einer Volksversammlung aller in Ägyptenwohnhaften Juden deren Verhalten mit dem der Bewohner Judasund Jerusalems vor der Katastrophe gleichsetzen und damit entsprechend ihre ausnahmslose Verwerfung und Vernichtung ankündigen,so daß schließlich hier das Ausscheiden auch der ägyptischen Judenaus Ja hw es Heilsplan kons tat ier t wird.

Der für Jer 37—44 zuständige Bearbeiter wertet folglich die Geschichte Judas und Jerusalems unter Zedekia wie auch die Geschichte dernach der Eroberung Jerusalems im Lande Verbliebenen als eine durchlaufende Unheilsgeschichte ohne weitere Zukunftsaussichten 102.

Die oben vorgelegten Analysen haben gezeigt, daß diese Textfassungzustande gekommen ist in der Konfrontation mit einem vorgegebenen Textzusammenhang, in dem die Geschichte Judas und Jerusalems während und nach der Eroberung durch die Babylonier aus

i° a  In Jer 37—44 gehen folgende Texte auf diesen golaorientierten Redaktorzurück: 37,1-10; 38,1-6.15-16.18.23; 39,1-2.4-13; 40,2-6.7-10*; 41,4-7 .10* .16* .17*; 42 , l* .6.8* . (12. )13b . l5.17-21; 43 , 1-7 .8- 13; 4 4 , 1- 3 . 7-14*.15*.16-19.24*.25*.26-27.29-30.

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Anliegen und Theologie 187

einem ganz anderen Blickwinkel10D  beurteilt wird. Um Intention,

Theologie sowie redaktionelle Technik en d er für die jetz ige Tex t

gestalt Je r 37—44 verantwortlichen Bearbeitung besser kon tur ie ren

zu können, soll zunächst dieser der Bearbeitung vorgegebene Text

zusammenhang vorgestellt werden. Es handelt sich um Jer 37,11 —

16;  3 8 , 7 - 1 4 . 1 7 . 1 9 - 2 2 . 2 4 - 2 8 a . 2 8 b ;  39,3.14; 40,(10.) 11-41,3.8.9.

1 0 * . l l - 1 5 . 1 6 * . 1 7 * . 1 8 ; 4 2 , l * . 2 - 5 . 7 * . 8 * . 9 - 1 0 . ( l l . ) 1 3 a . l 4 . 1 6 n .

Die Analyse ergab, daß Jer 37,11 — 16 ursprünglich noc h wei tere

Texte vorausgegangen sein müssen12.

In J e r 3 7 , 1 1 - 1 6 wird berichtet, wie Je remia bei dem Versuch, Je

rusalem zu verlassen, verhaftet wird. Auf Betreiben der D,1B> setzt

man den Prophe ten im Hause Jo na th an s in einer Zist erne gefangen

(37,15), wo er längere Zeit aushalten muß (Jer 37,16). Da erfährt

Ebed Melech, ein ausländischer Palastbediensteter, von der Situa

tion Jeremias (Jer 38,7). Er begibt sich ans Benjamintor und infor

miert dort den König, daß hier ein großes Unrecht geschieht und

sich der Prophet in Lebensgefahr befindet (38,8—9). Der König ord

net daraufh in an, Je remia sofort aus der Zis terne zu holen und ihn

aus seiner gefährlichen Situation zu befreien (38,10), was auch ge

schieht (38,11 —13a).  Einer weiteren Anordnung des Königs ent

sprechend wird Jer emia im Wachthof unte rgebra cht u nd dort auch,solange es die Versorgungslage der Stadt zuläßt, mit Nahrungsmitteln

versorgt13. Weil sich die Belagerungssituation Jerusalems immer mehr

zuspitzt, setzt sich König Zedekia mit dem Propheten persönlich in

Verbindung (Jer 38,14). In dem Gespräch betont Jeremia, daß Jah

we auch je tz t noch die Möglichkeit anbiete t, der drohend en Kata

strophe zu entgehen (Jer 38,17). Der König erhält eine am eine Be

dingung geknüpfte Heilszusage. Nachdem Zedekia seine Bedenken

vorgetragen hat (Jer 38,19), erfolgt eine Erörterung der Folgen fürden Fall, daß der König auf die Bedingung nicht eingeht (Jer 38,

20ff).  Im Anschluß daran weist Zedekia den Propheten darauf hin,

lob Vgl. dazu den Hinweis Ackroyds,  „tha t, underlying the narratives as they

are now presented, there is a clear tradition that Jeremiah, at the point atwhich Judah collapsed, saw the real hope for the future not particularly withthe exiles in Babylon, but with the Community gathered round Gedaliah. Hisadherence to that Community when the choice was offered suggests this, and

his subsequent advice to the avengers of Gedaliah 's death to stay in Judah andnot to go to Egypt confirms the point."; Exile and Restoration, S. 57.u Die Begründung für diese Abgrenzung ist den jeweiligen Textanalysen zuentnehmen; vgl. auch die Synopse im Anhang.i2  Siehe dazu oben die Analyse zu Je r 37,1 lff, S.  59ff.13

  So V. 13 in der oben rekonstruierten Fassung (vgl. auch die Synopse imAnhang).

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188 Zusammenfassung  —  Die golaorient. Redaktion d. Jeremiabuches

daß der Inhalt des Gesprächs nicht bekannt werden  darf,  wennJeremias Leben nicht erneut in Gefahr kommen soll (Jer 38,24—26).  Je remia verhält sich ent sprechend den Anweisungen des Königsund bleibt bis zur Einnahme Jerusalems im Wachthof (Jer 38,27 —

28a).  Nachdem die Stadt gefallen ist, sorgen mehrere babylonischeD,ltt> dafür, daß der Prophet aus dem Wachthof entlassen wird. Je-remia kommt zu Gedalja, der ihn nach Hause entläßt, so daß derProphet sich unter dem Volk aufhält (Jer 38,28b.39,3.14).

Darauf folgt in Je r 40,1 lff die Sch ilderung darüber , wie sich die indie Nachbarländer versprengten Juden, als sie von der EinsetzungGedaljas als Statthalter erfahren, in ihre Heimat zurückbegeben.Nach diesen Notizen über die beginnende Konsolidierung im Lan-de beschreibt Jer 40,13ff in einem bis J e r 41, 18 * durchlaufendenBericht, wie es zur Ermordung Gedaljas in Mizpa kam und schließ-lich die an der Ermordung Beteiligten sich auf ammonitisches Ge-biet zurückziehen müssen, während eine Restgruppe der in Mizpaansässigen Juden im Gefolge ehemaliger Truppenführer aus Furchtvor drohenden Repressalien der Babylonier nach Ägypten auswan-dert.

In dieser Situation kommt es zu einer Versammlung der im Landeverbliebenen Restbevölkerung. Das ganze Volk Vill  11? 1  ]üpa findetsich beim Propheten Jeremia ein (Jer 42,1*) mit dem Anliegen,Jeremia möge für sie bei Jahwe fürbittend eintreten. Jahwe soll be-stimmen, wie sie sich jetzt verhalten sollen und was nun zu tun ist.Das Volk verpflichtet sich, in allem auf Jahwe zu hören. Dem de-mütigen und ehrerbietigen Verhalten des Volkes entspricht die posi-tive Reaktion des Propheten. Die bedingte Heilszusage in Jer 42,10stellt fest, daß Jahwe sich dem Volk zuwendet und im Lande selbst

an ihnen heilvoll handeln wird. Es bestehe daher kein Anlaß, dasLand zu verlassen. Das würde vielmehr bedeuten, die von Jahweangebotene Chance einer hoffnungsvollen Zukunf t im Lande zuverspielen, denn Jahwes Gerichtshandeln sei abgeschlossen (Jer42,10b). Eine eventuell geplante Auswanderung habe zur Folge,daß man gerade mit dem Unheil konfrontiert werde, dem man mitdem Verlassen des Landes zu entgehen hoffe (Jer 42,13.14.16).

Es ist deutlich, daß die in diesen Texten enthaltene Darstellung derSituation im Lande nach der Eroberung Jerusalems späteren Vor-stellungen widerspricht14. Es genügt vorerst, die wesentlichsten Punk-te hervorzuheben: Das Land ist nicht nur weiterhin bewohnt 1 5 , die

14  Vgl. das chronistische Geschichtswerk.l s  Vgl. dagegen 2.Chr  36,17ff.

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Anliegen und Theologie 189

nach der Einnahme Jerusalems im Lande Verbliebenen erhalten sogar

die Zusage, daß gerade im Lande mit Jahwes künftigem Heilshandeln

zu rechnen ist. (vgl. Je r 42 *). Zudem ka nn hier der Prophet seinem

König in letzter Stunde noch die Rettung der Stadt in Aussicht stel

len (Jer 38,17), wenn auch unter der Bedingung, daß er sich zuvor

den Babylon iern ergibt. Jerusa lem und die Jerusa lemer sowie die Be

wohner des Landes sind hier folglich nicht von vornherein (vgl. Jer

3 7 , 1 - 1 1 ;  Jer 2 1 , 1 - 1 0 ; Je r 24 , 8 - 1 0 ) dem Vernichtungswillen Jahwes

preisgegeben. Man wird diesen Textzusammenhang als das Produkt

von Bemühungen zu bewerten haben, den eigenen Standort in Juda

nach der Katastrophe von 587 theologisch zu reflektieren.

Die Gegenüberstellung von Vorlage und jetziger Endfassung Jer  37 —

44 erhellt, daß sich hier Auseinandersetzungen zweier einander wi

derstreitender Richtungen des nachexilischen Judentums widerspie

geln. Die für die jetzige Fassung von Jer 37—44 verantwor tl iche Re

daktion will offensichtlich die für die Vorlage maßgeblichen Gedan

ken und Hoffnungen zurückweisen, daß Ja hwe Juda und seine Be

wohner auch nach der Katastrophe nicht aufgegeben hat und unab

hängig von einer Exilswende sein künftiges Heilshandeln gerade das

Land und seine Bewohner zum Ziel haben wird.

Nach allem ist klar, daß diese redaktionelle Bearbeitung mit Bestre

bungen in Verbindung zu bringen ist, die Rolle und Bedeutung der

Exilierten, bzw. derer, die sich von ihnen herleiteten (n7l)n - ,J3), be

sonders herauszustellen. Der Redaktor steht auf Seiten der Golaju-

den1 6 . Wie die Redaktion dazu kommt, von einer der Gola von Jah

we gewährten Vorrangstellung auszugehen, bleibt allerdings unklar17 .

16  Wir haben gezeigt, daß die Redaktion in besonderer Weise die Bedeutungder Exilierung unter Jojakin hervorhebt. Hier ist daran zu erinnern, daß  auf-fälligerweise im Ezechielbuch die Zeitangaben mit der Deportation Jojakinsin Verbindung gebracht werden (vgl. dazu  Zimmerli,  Komm., S. 43 ), also auchhier die erste Exilierung einen besonderen Stellenwert erhält. Nach  Garscha

(Studien zum Ezechielbuch, vgl. S. 141ff und S. 250) gehen diese Datierungen auf einen sogenannten deuteroezechielischen Bearbeiter zurück, der diePosition der Exilierten vertritt (grundsätzliche Unheilsverkündigung gegen dasLand Israel und seine Bewohner  —  Heilsverkündigung für die Gola; vgl. S.298.).  Ezechiel selbst ist in der vorliegenden Fassung Angehöriger der Gola

Jojakins. Daß auch sonst im Ezechielbuch der ersten Gola eine Sonderstellung zukommt, ist zumindest in Ez 11 deutlich.  —  Vgl. auch  Duhm,  Komm.,S. 198f.11

  Vgl.  Thiel,  Die deuteronomist ische Redaktion, WMANT 41 , zu Je r 24:„Hier könnte die Deutung des Exils als einer Läuterung mit Bewährung imHintergrund stehen, doch läßt der Text dies nicht deutlich erkennen" (S.261).

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190 Zusammenfassung  — Die golaorient. Redaktion d. Jeremiabuches

Versuchen wir den historischen Anlaß für das Unternehmen der Re

daktion aufzuspüren, so ist hier besonders zu berücksichtigen, daß

die Redaktion entgegen der Darstellung der Vorlage die Geschichte

Judas und Jerusalems während und nach der Katastrophe von 587

als eine von Jahwe bewirkte Unheilsgeschichte ohne jegliche Zu

kunftsaussichten kennzeichnen kann mit dem Ergebnis, daß das

Land schließlich gänzlich ohne Bewohner ist, daß sie dagegen der

babylonischen Gola einen besonderen Platz zuweist, indem die

Rückkehr der Exilierten mit dem Anbruch der Heilszeit im Lande

gleichzusetzen ist (vgl. J e r 24,5—7!).

Es mag naheliegend sein, diese Auffassung von der geschichtlichen

Entwicklung nach 587 v.Chr. mit den Hoffnungen und Erwartungender Exilierten in Babylon in Verbindung zu bringen 18 . Dennoch ist

es abwegig, die Verantwortlichen für die redaktionelle Umgestaltung

der oben beschriebenen Vorlage unter den jüdischen Verbannten in Ba

bylon zu suchen. Denn einmal hat die Entstehung jener Theorie, daß

Juda nach 587 v.Chr. von seiner gesamten Restbewohnerschaft verlas

sen war, einen beachtlichen zeitlichen Abstand zu den geschilderten Er

eignissen zur Vorausse tzung. Da Juda niemals in seiner Geschich te von

den nach 587 v.Chr. im Lande Verbliebenen und deren Nachkom

men aufgegeben worden ist1 9 a , war zum anderen eine solche Theorie,

ohne anstößig zu sein, erst dann vertretbar, wenn ihre Anhänger die

derzeitig in J ud a Ansässigen zu einem großen Teil als aus Babylon

Zurückgekehr te ansehen ko nn te n und folglich selbst schon in Juda wirk

ten. Daß sich die golaorientiere Redaktion in der aufgezeigten Art und

Weise mit einer Textvorlage auseinandersetzt, die aus der Sicht des

Landes geschrieben wu rde und die Erwartungen de r Judä er nach

587 v.Chr. ausdrückt, ist also schon das Endstadium eines Riva-

litäts-  oder Konkurrenzverhältnisses, wie es sich nach 587 v.Chr.zwischen Exilierten und im Lande Verbliebenen entwickelte 1 9 0 .

Der von der Redaktion in der vorliegenden Form für das Golaju-

dentum vertretene Ausschließlichkeitsanspruch, der ähnlich beim

Chronisten erhoben wird, kann sich in J u d a erst allmählich durch

gesetzt haben. Beachten wir die Nähe zur chronist ischen Vorstellung

sowie den Umstand, daß noch in Neh 1,2 die palästinischen Juden

als Zurückgebliebene, der Deportation Entronnene bezeichnet wer-

18 Vgl. Nicholson,  Preaching to the Exiles, S.  13lff.

19a Zur Geschichte des Landes Juda und seiner Bewohner nach 587 v.Chr. vgl.besonders  Janssen,  Juda in der Exilszeit; ferner  Herrmann,  Geschichte Israels

in alttestamentlicher Zeit, S.  353ff.

•9b

  Vgl. dazu z.B. Ez 11 und 33!

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Zum redaktionellen Verfahren 191

den 1 9 c , hier also die Vorstellung vom nach der Katastrophe völligseiner Einwohner entblößten Land noch nicht vorliegt, so kannman für die zeitliche Ansetzung der Redaktion frühestens das 4.Jahrhundert (längere Zeit nach Nehemia, vor Entstehung des chronistischen Geschichtswerkes) in Anspruch nehmen 2 0 .

Es ist m.E. keineswegs wahrscheinlich, daß die Redaktion dem Führungsanspruch babylonischer Ju den erst zum Durch bru ch verhelfenwollte. Dem Vorhaben der Redaktion, die Vorrangstellung des babylonischen Gola judentums in Juda in der Ause inanderse tzung mitentgegenstehenden Texten literarisch herauszuarbeiten, wäre ohnedie ent sprechende Begünstigung durch die gesellschaftlichen Verhältnisse in Juda wenig Aussicht auf Erfolg beschieden gewesen. Erst derRückhalt in einflußreichen, etablierten Kreisen aus Babylon stammender Ju de n konn te bewirken , daß die Darstellung der Redakt ion sichdurchsetzte und offiziellen Charakter, und das heißt: schließlichkanonische Geltung erhielt.

Die geschichtlichen Voraussetzungen der Redaktion müssen Entwicklungen in Juda gewesen sein, die infolge wachsender Einflußnahmebabylonischer Diasporajuden schließlich deren unbestrittene geistigeund politische Führungsposition in Juda zu Folge hat te n2 1 .

Da es im Rahmen dieser Untersuchung nicht möglich war, den Spuren der Redaktion auch in den übrigen Partien des Jeremiabuchesausführlich nachzugehen, ist es hier nicht angebracht, über diese allgemeine Feststellungen und Überlegungen zu den historischen Voraussetzungen der Redaktion hinauszugehen.

2.  Zum redaktionellen Verfahren

Die redaktionelle Umgestaltung der Vorlage (Jer 37,11—Jer 42*)zusammen mit der in Jer 21,1 — 10 und J e r 24 vorgen omme nen Bearbeitung vertritt ein doppeltes Anliegen: Mit der Absicht, die hervorragende Rolle der babylonischen Gola (unter Jojakin) und ihrerNachkommen ins rechte Licht zu rücken und ihren Alleinvertretungs-

19c Vgl. zu Neh 1,2  Mowinckel,  Studien zu dem Buche Ezra-Nehmia III, S.

106ff.20  Daß in Jer 44 die Diasporajuden in Ägypten pauschal verworfen werden,ist bei dem Versuch einer genaueren zeitlichen Einordnung keine große Hilfe,da hier ausführlichere Informationen erforderlich wären.21 Daß wesentliche Impulse für die Entwicklung in Juda aus der babylonischenGola gekommen sein müssen, ist im Blick auf die Hervorhebung von Persönlichkeit wie Serubbabel, Nehemia und Esra deutlich.

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192 Zusammenfassung  —  Die golaorient. Redaktion d. Jeremiabuches

anspruch darzustellen, war offensichtlich zugleich die Aufgabe ver-knüpft, die diesem Ansatz entgegenstehenden Texte mit den eigenenTheor ien in Einklang zu bringen. Daß diese Texte J e r 37,11—Jer42*  nicht zum Zweck ihrer Auswertung aufgegriffen wurden, ist zu-dem aus der Art und Weise ihrer redaktionellen Bearbeitung ersicht-lich. Die Redaktion war offensichtlich gezwungen, sich mit der Vor-lage und ihren Aussagen auseinanderzusetzen. Gewicht und Ansehenvon Jer 37,11—Jer 42* müssen folglich so bedeutend gewesen sein,daß es bei dem Versuch, die eigenen Theorien literarisch zu fixieren,nicht mehr möglich war, diese Texte 2 2  zu ignorieren oder gar zu eli-minieren. Der Redaktion stand nur noch der Ausweg offen, zu korri-gieren und zu interpretieren.

Daß die Redaktion sich nicht lediglich damit begnügen konnte, imSinne ihrer These die Geschichte der Eroberung Jerusalems und derweiteren Entwicklung im Lande neu darzustellen, also allein Jer37,11—Jer 42* zu überarbeiten, ist der von ihr gleichfalls geschaffe-nen Rah menkompo si ti on Je r 21,1 —10/Jer 24 zu ent neh men . DieRedaktion geht offensichtlich davon aus, daß ihrer These erst dannwirklich Gewicht und Ansehen zuzubilligen war, wenn die Darstel-lung dieser Geschichte dem prophetischen Wort korrespondierte,

also sich auf Je r 21,1 —10/Jer 24 berufe n konn te .Dieses Verfahren, ein Korrespondenzverhältnis zwischen Jer 21,1 — 10/Jer 24 und Jer 37—44, also zwischen „Prophetenwort" und Geschiehtdarstellung herzustellen, deutet daraufhin, daß die Redaktion voneiner bestimmten Vorstellung vom Aufbau eines Prophetenbuchesausgeht und dementsprechend eigene und zur Verfügung stehendeTexte anordnet oder dem vorgegebenen Aufbau der Vorlage im Zugeder Überarbeitung Rechnung tragen mußte. Maßgebend für die Redak

tion war in je dem Fall die Aufteilung in „P ro ph et en wo rt e" und„Berichte" über die Verwirklichung des Angekündigten 23.

Wollte man die Abfolge „ Pr op he te nw or te " — „Beric hte " auf dieRedaktion in dem Sinne zurückführen, daß sie hier ursprünglichvoneinander unabhängig existierende Textmaterialien kompilierte,also selbst für die jetzige Abfolge verantwor tl ich zeichnet , so hät tesich die Redaktion folglich in einem Arbeitsgang sowohl der Mühe

22  Zur Frage, ob Jer 37,11—Jer 42* unabhängig tradiert worden ist oder abereinem größeren Textzusammenhang zuzuweisen ist, vgl. unten S.  20lff.23  Eine solche Aufteilung berücksichtigt das im Deuteronomium (vgl. 18,20—22) entwickelte Kriterium zur Beurteilung wahrer oder falscher Prophetie:Allein die Verwirklichung des Angekündigten erweist Prophetie als wahre Pro-phetie.

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Zum redaktionellen Verfahren 193

der Kompilation  wie  auch  der  Überarbeitung  der  kompilierten Textezu unterziehen gehabt. Dazu kommt,  daß in  diesem Fall  die  Redaktion  die den  eigenen Ansichten widersprechenden Texte erst hättesammeln müssen,  um sie  anschließend  mit dem  eigenen Anliegen  in

Einklang  zu  bringen.  Das  Motiv wäre  die  programmatische Absichtgewesen, umfassend  die  Texte,  die dem  eigenen Ansatz entgegenstanden, zusammenzutragen  und  umzuschreiben.

Während  man  hier  mit  einem  für die  Redaktion selbst äußerst komplizierten Verfahren (Sammlung vorgegebener Texte, Systematisierung „Pro phet enwo rte — Berichte ", Uminterp reta tion durc h Überarbeitung) rechnen müßte, könnte  die  Annahme,  daß in der  Vorlageder Redaktion schon  die  Abfolge „Prophetenworte"  — „Beri chte"enthalten  war, für  sich  in  Anspruch nehmen,  daß der  Redaktion  in

diesem Falle  im  Blick  auf die  eigenen Theorien eine eindeutige  Auf-

gabe gestellt  war,  deren Lösung  sie  sich nicht entz iehen ko nn te .Da  das  vorgegebene „P ro ph et en bu ch " einer golaor ienti erten Geschichtsbetrachtung widersprach  und mit  seiner Darstellung  die  Sonderrolleder Gola  in  Frage stellte,  gab es als  solches selbst Veranlassung, hierzu reagieren  und  durch redaktionelle Eingriffe  den  Widerspruch  zur

eigenen Auffassung auszuräumen.

Wir müssen  uns  hier  auf   diese Überlegungen beschränken,  da zu

einer abschließenden Klärung  der  Frage,  ob  eine Textvorlage  mit

der Aufteilung „P ro phe te nw or te " — „Be ric hte " vorgegeben  war  oderaber diese Anordnung erst  der  Arbeit  der  Redaktion zuzuschreibenist, weitere Textpartien  des Jeremiabuches  mit in die  Untersuchungeinbezogen werden müßten 2 4 .

Die verschiedenen redaktionellen Verfahrensweisen dagegen,  die die

Redaktion  in der  Auseinandersetzung  mit den ihr  vorgegebenen Texten — in  welcher Gestalt auch immer  — anwendet , lassen sich  je-

doch  im  Blick  auf den  Umgang  mit Je r  37,11—Jer  42*  aufhellenund darstellen.

Charakteristisch  für das  Vorgehen  der  Redaktion sind einmal Erweiterungen  der  Vorlage  mit dem  Ziel, deren Aussagerichtung grundsätzlich  zu  verändern. Diese Erweiterungen vorwiegend  an den  Rändern  der  Vorlage  (Jer  3 7 , 1 - 1 0 ;  Jer 44)  sind  von der  Redaktion

selbst geschaffen, also nicht Bestandteil einer anderweitig vorgegebenen Quelle.  So ist Jer  37,1 — 10  als  programm atische Einleitungzu  den  folgenden Erzählungen vorgeschaltet worden.  Es  handelt sich

24  Vgl.  hierzu noch unten  S. 20lff, wo wir  noch einmal  auf   diese Frage  zu-

rückkommen werden.

13 Pohlmann, Jeremiabuch

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194 Zusammenfassung  —  Die golaorient. Redaktion d. Jeremiabuches

um eine durchkomponierte Einheit, die von dem Redaktor unterBerücksichtigung der in Je r 37,1 lff entha ltenen In format ionen undNachrichten in der Absicht gestaltet wurde, die Bedeutung von nachfolgenden Aussagen der Vorlage (Jer 38,17 ff) abzuschwächen. DieRedaktion wendet hier das gleiche Verfahren an, das sie auch schonbei der Konzipierung von Jer 21,1 — 10 und Je r 24 eingeschlagen hat.In der Vorlage wesentliche und der eigenen Theorie widersprechende Aussagen (Jahweworte) werden durch Vorschaltung von deneigenen Anspruch bestätigenden Jahweworten entschärft. Das geschieht in Je r 2 1 , 1 - 1 0 ; Je r 24 und Je r 37,1 — 10, indem hier Jahweworte mit grundsätzlichen, übergreifenden Aussagen vorausgeschickt werden, so daß den folgenden Jahweworten nur noch rela

tives Gewicht zukommt (vgl. sojer 38,17ff im Blick auf Jer  21 ,1 —10 und Jer 3 7 ,1 - 10 ). Ähnlich verfährt der Redaktor mit Je r 2 4 , 1 -7, wenn er hier die ursprünglich an die Bewohner im Lande gerichte te bedingte Heilszusage aus Jer 42 ,10 ausschließlich als Heilszusage für die Gola vereinnahmt. Derartiges Vorgehen setzt voraus,daß der Freiheit im Umgang mit der Vorlage Grenzen gesetzt waren, so daß die Aussagen der Vorlage selbst nicht mehr eliminiertoder willkürlich verändert werden konnten.

Dem entspricht, daß die Redaktion, als sie J e r 37 ,1 — 10 als Neueinsatz zu den folgenden Erzählungen konzipierte, die ursprünglicheEinleitung oder zumindest einen Teil davon nicht einfach wegfallen ließ. Mit großer Wahrscheinlichkeit war Jer 34,1—7* ursprünglich vor Jer 37,1 lff zu lesen25. In diesem Text wird Zedekia ähnlich wie später noch einmal in Jer 38,17ff eine Chance zu Re tt un gangeboten (bedingtes Heilswort). Diesen damit gegebenen Widerspruch zu den eigenen Vorstellungen behob die Redaktion, indem

sie Jer 34,1—7* in überarbeite ter Fassung an den jetz igen Or t versetzte. Da Kap. 33 als spätere Einschaltung zwischen Jer 32 undJer 34 einzustufen ist26, schloß Jer 34 direkt an das ebenfalls vonder Redaktion gestaltete Kap.  32 2 7  an. Diese Abfolge läßt deutlichdie Handschrift der Redaktion erkennen. Denn mit der in Je r 32,16—44 (bes. 36—44) vorgelegten Interpretation der Geschichte vomAckerkauf Jeremias vertritt die Redaktion die Auffassung, daß sicherst nach der Exilswende die Situation im Lande zum Guten wendet(vgl. Je r 32,37ff und 32,43 ). Hier wird also wiederum zunächst die

positive Bedeutung des Exils in den Mittelpunkt gerückt. Im An-

25  Vgl. dazu oben S.  62ff.26  So mit  Thiel,  Deuteronomistische Redaktion, S. 525; vgl. auch  Rudolph,

Komm. Jer., S.  215ff;  Duhm,  Komm. Jer ., S.  270ff." Zu Jer 32 vgl. oben S.  46ff.

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Zum redaktionellen Verfahren 195

schluß daran behandelt Jer 34,8-22 (bes. 17-22) entsprechend abwertend ausschließlich das Schicksal Judas und Jerusalems. BeideKapitel sind offensichtlich im Blick auf den Aufbau von Jer 24( 2 4 , 1 - 7 Bedeutung der Gola - 2 4 , 8 - 1 0 Schicksal Jud as und Jerusalems) konzipiert und entsprechend hintereinandergeschaltet worden. Auf diese Weise gelang es der Redaktion, die vorgegebene Heilsweissagung Jer 32,6—15 für die Gola zu vereinnahmen sowie die bedingte Heilszusage an Zedekia Jer 34,1—7* gleichsam zu entwerten,so daß damit diese beiden Texte auf die eigene Konzeption abgestimmt waren.

Die Erweiterungen am Schluß der Erzählungen haben die Aufgabe,abschließend die These zu illustrieren, daß entgegen den Vorstellungen der Vorlage schließlich das Land nach der Eroberung und Zerstörung Jerusalems völlig ohne Bewohner war. Die Redakt ion greiftdie Notizen der Vorlage über die Auswanderung der Gruppen unterJochanan (Jer 41,16—18*) auf und gestaltet daraus einen Berichtüber die Abwanderung aller Restbewohner Judas nach Ägypten (Jer43,1—7;  vgl. besonders die Verse 5—7!). Daß schließlich auch dieExistenz einer ägyptischen Judenschaft den Anspruch des babylonischen Golajudentums nicht in Frage stellt, will die Redaktion mit

der in Jer 44 geschilderten Auseinandersetzung zwischen Jeremiaund den ägyptischen Juden herausarbeiten.

Im gleichen Zusammenhang mit diesen Erweiterungen an den Rändern der Vorlage, die dazu dienen, Anliegen und Aussagen des vorgegebenen Textzusammenhanges grundsätzlich umzuorientieren,müssen die Korrekturen gesehen werden, die die Redaktion im vorgegebenen Text selbst anbringt (vgl. Je r 41,16—18 und Jer 42 pas-sim!).  Die Vorlage berichtete ursprünglich zunächst über die Aus

wanderung einiger Gru ppen unt er der Führung Joc hanans nachÄgypten und im Anschluß daran die Zusammenkunft der Restbevölkerung Judas beim Propheten mit dem Ergebnis, daß Jeremiavor ähnlichen Schritten warnt und mittels einer bedingten Heilszusage (Jer 42,10) zum Verbleiben im Lande auffordert. Währenddort zwischen Auswanderern und verbleibender Restbevölkerungim Lande unterschieden wird, verändert die Redaktion diese Ereignisabfolge dahingehend, daß die Zusammenkunf t vor Je remi a je tz t

als eine Zusammenkunft der gesamten Restbevölkerung erscheint,die un ter Führung des Jo ch anan nach Ägypten auswandern will.Hier werden durch die geschickte Einfügung weniger Worte die Voraussetzungen für die folgenden Erweiterungen geschaffen, aus denenschließlich zu entnehmen ist, daß die gesamte Restbevölkerung dasLand verlassen hat.

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Zum redaktionellen Verfahren 197

Situationen und Personen gegen die Darstellung der Vorlage in einmöglichst ungünstiges Licht zu rücken. Mit dieser Tendenz ist wahrscheinlich auch Jer 41,4—7 in Verbindung zu bringen. Diese Versesind, wie wir meinen, erst nachträglich mit dem jetzigen Kontextverklammert worden3 0 . Die Redaktion versucht hier die Auswanderer nach Ägypten auch noch dadurch zu diskreditieren, daß ihnennun Personen aus der Mischbevölkerung des ehemaligen Nordreicheszuzurechnen sind31.

Es kann also festgehalten werden: Der Erzählzusammenhang derVorlage wird nicht nur durch die Erweiterungen an den Ränderngrundsätzlich umgepolt. Die Art und Weise, wie die Redaktion innerhalb der Vorlage mit Zusätzen und Einschaltungen (Jer 38,1—6;39 ,1 -4 0, 6* ; 40 ,7 -1 0 *; 4 1 , 4 - 7 ; vgl. auch zu Jer 4232) in den Erzählzusammenhang eingreift, läßt erkennen, daß sie sich darumbemüht, auch im Detail Vorgänge und Personen in ein möglichstschlechtes Licht zu rücken und damit die generelle Abwertung derGeschichte Judas während und nach der Katastrophe konsequentabzusichern.

so Siehe oben S. 116f.3i Siehe oben S. 117.32  Vgl. dazu die Analyse von Je r 42 ,1 .

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198 Zusammenfassung  — Der ursprüngl. Kern v. Jeremia 37 bis 44

B.  Der ursprüngliche Kern der Schlußerzählungen Jer  37—44

1.  Anliegen und Theologie

Wir haben oben 3 3  schon den der Redaktion vorgegebenen Textzusammenhang Jer 37,11—Jer 42* vorgestellt34  und beschrieben. Derhierfür zuständige Verfasser drückt in diesen Texten seine Überzeugungaus,  daß Jahwe Juda und seine Bewohner auch nach der Katastrophevon 587/86 nicht aufgegeben hat: Unabhängig von einer Exilswendewird Jahwes Heilshandeln künftig gerade das Land und die in JudaVerb liebenen zum Ziel haben (vgl. J e r 42 *) .

Es ist deutlich, daß die Abfassung dieser Texte das Ergebnis von Bemühungen ist, die Situation in Juda nach 587/86, d.h. nach demVerlust der Eigenstaatlichkeit, des Königtums des Tempels, vomStandpunkt der im Lande Verbliebenen theologisch zu verarbeiten.Es geht offensichtlich dar um, eine Identi tät skr ise zu bewältigen, alssich nach der Katastrophe von 587/86 und den damit verbundenenFolgen für das politische und religiöse Leben im Lande generell

die Frage stellte, wodurch und worin man sich noch als Jahwevolkverstehen konnte.

Anders als die spätere Überarbeitung legt der zuständige Verfasserbesonderen Wert  darauf,  hervorzuheben, daß Jahwe Juda und Jerusalem bis zuletzt die Möglichkeit zur Rettung angeboten hatte. Soerhält König Zedekia noch in letzter Stunde die Chance, die Katast rophe abzuwen den (vgl. J e r 38,17ff ), wenn auch unt er der Bedingung, daß er sich der babylonischen Oberherrschaft unterwirft.

Die Eroberung Jerusalems durch die Babylonier ist demzufolge nichtals endgültiges Strafgericht Jahwes aufzufassen, mit dem das Verwerfungsurteil über die Stadt und Juda ausgesprochen werden sollte.  Die gewaltsame Einnahme der Stadt und die damit verbundenenAuswirkungen gehen vielmehr, so die Auffassung des Autors, aufdas Konto derer, die sich weigerten, auf Jahwe zu hören, die Stadtder Oberherrschaft der Babylonier auszuliefern.

Mit dieser Interpretation der Ereignisse von 587/86 kann der Verfasser die sicher längere Zeit gehegten Befürchtungen 35  zurückwei-

33  Siehe dazu oben S.  187ff.34  Vgl. hier auch die Synopse im Anhang, die erste Spalte!35  Vgl. dazu  Janssen,  Juda in der Exilszeit, S.  5 7 ff.

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Anliegen  und  Theologie 199

sen,  daß das  Verhältnis zwischen Juda  und  Jahwe durch  die Ka

tastrophe grundsätzlich  in  Frage gestellt sein könnte.

Damit sind zugleich  die  Voraussetzungen überhaupt  für  jene  Er

wartungen geschaffen,  die mit  Jahw es Eintreten  für  J uda  und  seineBewohner auch nach 587/86 rechnen möchten.  Daß  Anlaß  zur Hoff

nung besteht, versucht  der  Verfasser  mit dem  Hinweis  auf das  Landselbst  zu  begründen. Indem  er  besonders herausstellt,  daß  geradein „diesem Land"  (vgl. Je r  32,15)  mit  Ja hw es hilfreichem Eingreifen gerechnet werden darf   (Jer  42,10), wird deutlich,  daß er an die

in  der  Tradition vorgegebene enge Verbindung zwischen Jahwe  und

dem Land3 6  denkt  und aus  dieser Verbindung ableitet,  daß  Jahwe

sein Land nicht aufgeben wird.Außerdem  ist es dem  Verfasser offensichtlich  ein  Anliegen,  auf   diese Weise seine Volksgenossen  in  J uda  zum  Verbleiben  im  Lande  zu

bewegen,  bzw. vor  Auswanderungsbestrebungen  (vgl. Jer  42,13f!)zu warnen.  Die  Abfassung  des  ursprünglichen Kerns  von Jer  37—44fällt demnach  in  eine Zeit,  als  sich infolge allgemeiner Unruhen  und

Unsicherheiten  (vgl. J e r  42,14) verstärkt  die  Frage nach  der  Zukunftim Lande stellte  und  offensichtlich schon beachtliche Gruppen nach

Ägypten ausgewandert waren.Ohne Zweifel spielt Jeremia auch  in der von uns  rekonstruiertenFassung  des  ursprünglichen Kernes  von Jer  37—44 eine hervorragende Rolle.  Es ist jedoch unübersehbar,  daß  hier nicht  die  Darstellungder „prophetischen Existenz"  des  Jeremia  im  Mittelpunkt  der  literarischen Bemühungen  des  Verfassers steht3 7 .  Das  zentrale Anliegendes Verfassers  war die  Beantwortung  der  Frage nach  dem  Selbstverständnis seiner Volksgenossen  in Ju da nach 587/ 6.  Bei der  Beantwor

tung dieser Frage beruft sich  der  Verfasser  auf die  Autorität  des

36  Vgl. dazu  z.B. von Rad,  Theologie  J, 1963, 4.  Aufl.,  S. 312f.

37  Gegen  Wanke,  der in  seinen „Untersuchungen  zur  sogenannten Baruchschrift"zu  dem  Ergebnis kommt,  daß es  „einzige  und  zentrale Absicht  des  ErzählzyklusKap.  37—43*  ist, die  Wirklichkeit  der  prophetischen Existenz Jeremias  vor Augen  zu  führen"  (Wanke,  Baruchschrift,  S. 155). Das Thema  des  ganzen Zykluskehre abgewandelt  in  jeder einzelnen Erzählung,  in der Jeremia auftri tt, wieder(Verweis  auf die  Formulierung „Variationen über  ein  Thema"  bei  Kremers,  EvTh

13,  S. 131).  Wanke  rechnet allerdings  (vgl. dagegen  die  oben vorgelegten Analysen; siehe auch oben  S. 187) zu  diesem,  der  jetzigen Fassung  Jer  37—44 vorgegebenen Erzählungszyklus  Jer  37 ,11 -16 ;  1 7 - 2 1 ;  3 8 , 1 - 6 ;  7 - 1 3 ;  14-28a;  38,28b;  39,3.14a;  40,6; 40 ,13 -16; 41 ,1* -15; 41 ,16-1 8; 42 , l* .2-5.7 .8a .9aa . l9*.22*;  43,2f.5a.6b.7aa(b?)  (vgl.  Baruchschrift,  S. 9lff; S. 130 und  passim).  DiePerson  des  Verfassers möchte  Wanke  „am  ehesten unter  den  Angehörigen  derKolonie  um  Gedalja  (zu)  suchen"  (s. S.  146f.).

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200 Zusammenfassung  —  Der ursprüngl. Kern v. Jeremia 37 bis 44

Jeremia, dessen Worte, vielleicht auch schon manche dem Propheten erst nachträglich zugeschriebene Äußerungen, ihm die Möglichkeit anbo ten, in einer recht hoffnungsarmen und schwierigen Zeitneue Zukunftsperspektiven auszuarbeiten und aufzuzeigen. Hinterallem wird ein Jeremia sichtbar 3 83 , von dem man zur Zeit des Verfassers wußte oder annahm, daß er die Katastrophe für vermeidbargehal ten, weil er die Unterwerfung unter Babylons Oberherr schaftempfohlen hatte, daß er an einer hoffnungsvollen Zukunft für Judaauch angesichts der Belagerung festgehalten (Jer 32,6—15) und daßseine Zukunftshoffnungen sich nach der Eroberung Jerusa lems aufJ u d a und das Weiterleben in „diesem La nd " (vgl. J e r 42,10 und32,15!) konzentriert hatten 3 8 b .

2.  Zur Frage vorgegebener Überlieferungen

Der schwierigen Frage, ob bei der Konzipierung des Textzusammenhanges Je r 37,11—Jer 42* schon schriftliches Material (Einzelerzählungen) oder aber im wesentlichen nur mündliche Erzählungen ausgewertet werden konnten, konnte im Rahmen dieser Arbeit nichtnachgegangen werden. Immerhin spricht einiges dafür, daß der Verfasser in jedem Fall von vorgegebenen Überlieferungen abhängig ist.

Es fällt auf, daß der Prop het in Je r 37 , l l - 3 8 , 2 8 b * ; 39,3.14 einewesentl iche Rolle spiel t, während er in den folgenden Berichtenüber die Ereignisse in Mizpa unter Gedalja (Jer 40,11—Jer 41,18*)nicht einmal erwähnt wird. Lediglich Jer 39,14 stellt eine Verbindung zwischen Je re mi a und Gedalja her. Allerdings ist Jer 39 ,14,daß Gedalja den Propheten schließlich nach Hause entlassen habe,eine für die weiteren Schilderungen völlig überflüssige Notiz. Dasspricht dafür, daß der Autor an dieser Stelle vor der Aufgabe stand,eine Überleitung von den Jeremiaerzählungen zu den folgenden Berichten über Gedalja zu konstruieren, um hier überhaup t einen Zusammenhang herzustellen. Es liegt daher die Vermutung nahe, daßder für den gesamten Erzählkomplex verantwortliche Autor hier

38a Siehe auch unten S.  201 f.38b Vgl. hierzu  Ackroyd   (Historians und Prophets, SEÄ 33, 1968, S. 52, Anm.44),  der, ohne auf Einzelheiten einzugehen, feststellt: „... as so often in OldTestament stnictures, the original matenal has been allowed to stand, and thatoriginal material shows a Jeremiah for whom hope lay in Gedaliah, in continuedSubmission to Babylon, in Palestine. That view has been largely obscured by therestructuring of the narrative".

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Zur Uberlieferungsgeschichte von Jeremia 37,11 bis Jeremia 42* 2 0 1

verschiedenartige Überlieferungen zusammengearbeitet hat. Für Jer37,11—38,28b*; 39,3 konnte er auf Erzählungen zurückgreifen, indenen sich das Interesse an Jeremias Rolle als Prophet und seinemErgehen während der Belagerung Jerusalems (Anfeindung der D"nfc>,Gefährdung des Propheten, seine Rettung durch den AusländerEbed Melech, die dem Propheten gegenüber positive Haltung Ze-dekias) ausdrückte.

Für die Schilderung der weiteren Entwicklung in Juda (Jer  40,11—41,18*) dagegen scheint der Verfasser sich auf eine Darstellung zubeziehen, die den Beginn der Konsolidierung der Verhältnisse un-ter Gedalja, die Umstände der Ermordung des Statthalters sowiedie sich daran anschließenden Auseinandersetzungen rivalisierenderGruppen beschreibt und schließlich erklärt, wie es zur Gründungeiner jüdischen Kolonie in Ägypten kam. Das Abschlußkapitel Jer42*  geht im wesentlichen auf das Konto des Verfassers 39. Die Si-tuation einer Versammlung des ganzen Volkes beim Propheten Je-remia ist durch und durch Fiktion. Es gibt zudem keinerlei Hin-weise, daß dem Autor hier historische Nachrichten zur Verfügungstanden, an die er anknüpfen ko nn te 4 0 .

3.  Zur Überlieferungsgeschichte von Jer 37,11 bis Jer 42*

Wichtig für die Erhellung der Entstehungsgeschichte des Jeremia-buches wären Erkenntnisse darüber, ob Jer 37,11—Jer 42* für eineVerklammerung mit einem umfassenderen Textkomplex bestimmtwar und wie dieser ausgesehen haben könnte.

Wir haben oben schon darauf hingewiesen, daß mit einiger Wahr-scheinlichkeit vor J e r 37 ,1 lff ursprünglich J e r 34,1—7* zu lesenwar. Auch Jer 32,6—15* dürfte auf Grund seiner Aussagetendenzmit Jer 37,11—Jer 42* in einem Zusammenhang gestanden haben.Darüber hinaus sind beim gegenwärtigen Stand der Untersuchunglediglich einige Vermutungen erlaubt: Wir dürfen voraussetzen,daß es schon vor Abfassung unseres Erzählzusammenhanges ein be-achtliches Interesse an der Gestalt Jeremias, an seinem Wort undWirken gegeben haben muß. Denn eine mit der Person Jeremias

argumentierende Darstellung der Geschichte Judas während und

39  Jer 42,10 muß in der vorliegenden Fassung zwar dem Verfasser von Jer37,11—Jer 42* zugeschrieben werden, könnte allerdings im Rückgriff auf vor-gegebene Formulierungen entstanden sein.4 0  Zu Je r 42 vgl. oben S.  123ff.

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202 Zusammenfassung  —  Der ursprüngl. Kern v. Jeremia 37 bis 44

nach der Kat as troph e von 587/ 6 kon nt e nur dann die erhoffte undbeabsichtigte Wirkung erzielen, wenn Jeremia zur Zeit der Abfassungvon Jer 37,11—Jer 42* bekannt und als Prophet anerkannt war.Von eventuell vorgegebenen Einzelerzählungen abgesehen, muß folglich auch schon mündlich tradie rtes oder sogar schriftlich fixiertes,von Jeremia stammendes und vielleicht sogar schon ihm nachträglichzugeschriebenes Spruchgut existiert haben, mit dem der Verfasservon Jer 37,11—Jer 42* vertraut gewesen sein wird. Somit stellt sichdie Frage, ob unser Verfasser es lediglich bei der Konzipierung vonJer 37,11—Jer 42* bewenden ließ, also diesen Erzählungszusammenhang als eine besondere Schrift geschaffen hat und ihr nebenoder unabhängig von einer wie auch immer gearteten jeremianischen

Spruchtradition eine eigenständige Rolle zugedacht hat; oder ob erzugleich das erreichbare Überlieferungsgut, wenn es ihm nicht schonin einer Art von Sammlung vorlag, selbst zusammenstellte und mitseiner Darstellung verknüpfte, zumindest, sofern er darin seine  Auf-

fassung bestätigt finden konnte.

M.E. ist davon auszugehen, daß Jer 37,11—42* niemals unabhängigvon anderweitig überlieferten jeremianischen Traditionsstücken existiert hat. Es erscheint mir wahrscheinlicher, daß dieser Textzusammenhang von vornherein als Teil eines Prophetenbuches, das weiteres

 jeremianisches Gut oder Jeremia jedenfalls zugeschriebene Stückeenthielt, geschaffen worden ist. Im Blick auf das Anliegen des Verfassers, sicherzustellen, daß trotz der Katastrophe von 587/6 geradeJuda und seine Bewohner künftig mit Jahwes Heilshandeln rechnendürfen, läßt sich vermuten, daß der Verfasser nicht darauf verzichtet hat, vorgegebene Gerichtsworte oder auch Heilsankündigungenseiner Darstellung vorauszuschicken, sei es, weil er in den Heilsan

kündigungen eine Bestätigung seiner eigenen Auffassung sah, sei es,weil er durch seine Beschreibung der Ereignisse während und nachder Katastrophe den bedrohlichen Charakter von Gerichtsworten,die das Selbstverständnis Jerusalems und Judas in Frage stellten, mildern konnte.

Wir müssen es bei diesen Überlegungen bewenden lassen. Es hängtvon weiteren Untersuchungen ab, ob sich unsere Vermutungen bestätigen und ob sich über Je r 3 7 , 1 1 - 4 2 * (incl. Jer 3 2 , 6 - 1 5 * ; 34,1 — 7*) h inaus aus der je tz t vorliegenden Gesta lt des Je re mi abuc he sweitere Bestandteile eines der golaorientierten Redaktion vorgegebenen Prophetenbuches herausanalysieren lassen413.

4 1 a  Siehe dazu auch schon oben S. 46f.

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Zur historischen Situation  des  Verfassers 203

4.  Zur   historischen Situation  des  Verfassers

Abgesehen  von der  wenig konkre ten Feststellung,  daß Jer  37,11—Jer

42*  in J u d a  in  einer Zeit voller Unruhen  und  Unsicherheiten4 1 0  ab-

gefaßt worden sein muß 4 2 , stößt  ein  Versuch,  die  Entstehung  des

Erzählzusammenhanges genauer  zu  fixieren,  auf so  große Schwierig-

keiten  und  Unsicherheitsfaktoren,  daß ich es  vorerst nicht  für  ange-

bracht halte , hier über einige Anm erk ung en hinauszugehen.

Die Erzählungen zeichnen sich  in  einigen Abschnitten durch eine  auf-

fällige Detailkenntnis,  bzw.  Vorliebe  für  Details  aus. So  wird  in Jer

37,11 — 16 nicht  nur der  Name  des  Wachthabenden  im Tor,  sondern

auch  der

  Name seines Vaters  und

  Großvaters erwähnt.  In Je r

  38,7ff

fällt  die  ausführliche Beschreibung  der  Maßnahmen  auf, die zur Be-

freiung Jeremias  in die  Wege geleitet werden  (Jer  38,1 lf ). Je r 37 ,

21a 4 3  nennt  den  Herkunftsort  des  Brotes,  mit dem  Je remi a nach

seiner Befreiung versorgt wird.  Jer 39,3  kennt  die  Namen  der  baby-

lonischen Fürsten,  die Jeremia  aus dem  Wachthof holen lassen.  In

Jer  40,14  taucht  der  Name  des  ammonitischen Königs  auf. Jer 41,9

liegt eine historische Notiz  zu  einem Brunnen  in  Mizpa vor44 .

Um  so  mehr fällt  auf, daß der  Verfasser sich  die  Schilderung  derEroberung Jerusalems erspart.  Die  Beschränkung  auf   lediglich einen

kurzen Hinweis  (Jer  38,28b;  39,3) mag auf der  Annahme  des  Verfas-

sers beruhen,  daß  jene Ereignisse  den  Lesern seiner Zeit durchaus

noch gegenwärtig sind45 .  Zum  anderen scheint  der  Verfasser aller-

dings auch deswegen  auf   eine ausführliche Beschreibung  und  Dar-

stellung  der  Einnahme Jerusalems  zu  verzichten, weil  ihm  mehr  als

das  Wie der  Eroberung  die  Frage nach  der  Bedeutung dieses ein-

schneidenden Ereignisses  für ihn und  seine Volksgenossen  in  Juda

ein Problem ist46 .

Daraus sowie  im  Blick   auf die  genannten Detailangaben  ist  jedoch

nicht  zu  folgern,  daß der  Verfasser selbst  als an den  geschilderten

Ereignissen Beteiligter schreibt47 . Seine Kenntnisse stammen wahr-

scheinlich  aus  vorgegebenen Erzählungen  und  Berichten4 8 .

4ib  Vgl. Je r  42,13.14.16.

42  Siehe oben  S. 198.4 3

  Dieser Vers schloß ursprünglich  den  Bericht über Jeremias Befreiung  ab, waralso hinter  Jer  38,13a  zu  lesen.44

  Vgl. auch  die  Detailangaben  in Jer  32,6—15  und Jer 34,7.4 5

  Vgl.  Wanke,  Baruchschrift,  S. 132.*  Vgl. oben  S. 198f.4 7

  So  Wankes  Vermutung,  vgl. Baruchschrift,  S. 146f.4 8

  Vgl. oben  S. 200f.

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204 Zusammenfassung  — Der ursprüngl. Kern v. Jeremia 37 bis 44

Als einen Hinweis dafür, daß der Verfasser in einem zeitlich deut-lichen Abstand über sein Thema berichtet, wird man seine seinWerk abschließende Darstellung der Volksversammlung vor demPropheten Jeremia werten können. Die Abfassung dieses fiktivenBerichtes dürfte zumindest voraussetzen, daß es zur Zeit des Ver-fassers nicht mehr möglich war, den Wahrheitsgehalt von Jer 42*zu überprüfen oder in Frage zu stellen. Die Entstehung des Erzähl-zusammenhanges Jer 37,11—Jer 42* ist daher m.E. nicht vor derMitte des 6. Jahrhunderts, sondern eher später anzusetzen.

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Konsequenzen f. d. Darstellung d. Geschichte Ju da s um 587 v.Chr. 2 0 5

C.  Konsequenzen

für die Darstellung der Geschichte Judas um 587 v.Chr.

Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen zwingen zu einigen Korrekturen nicht unwesentlicher Einzelzüge innerhalb der bisherigen Geschichtsdarstellung der fraglichen Epoche.

Jenes Bild des Propheten Jeremia in den Erzählungen, das ihn zwischen unbedingter Gerichtsankündigung (vgl. nur Jer  21,lff;  37,1 —10) und beding ter Heilsankündigung (vgl. Je r  38,17ff;  42,10) hinund her pendeln läßt, ist erst das Produkt redaktioneller Textgestaltung. Ebensowenig können Jeremias erste Freilassung aus der

Zisterne durch Zedekia (Jer 37,17—21), seine erneute, durch dieFürsten beim König durchgesetzte Einkerkerung (Jer 38,1—6),seine Befreiung aus dem Wachthof durch Nebusaradan (Jer 39,1 —14),  die Verhinderung seiner drohenden Deportation nach Babel(Jer 40,1—6) sowie schließlich am Schluß der Erzählungen seineund Baruchs Verschleppung nach Ägypten (Jer 43,1—7) 4 9  und Jeremias dortiges Wirken als historisch angesehen werden. Zugleich verliert die Gestalt Zedekias ihr widersprüchliches, bisher als schwäch

liches Hin- und Herschwanken interpretiertes Verhalten5 0

. Der König ist erst in den Augen späterer Bearbeiter jener ratlose Mann,der dreimal das Gespräch mit dem Propheten sucht; erst die Redaktion zeichnet ihn als ein willenloses Werkzeug in den Händender Fürsten, die ihm die Liquidierung des Propheten diktieren undderen Diktat er sich beugt (Jer 38,1—6).

Der oben herausgearbeitete Kern der Schlußerzählungen Jer 37,11 —42*  kennt einen durchaus sympathischen Zedekia, der nichts von

der ungerechten Behandlung des Propheten weiß und, sobald erdavon erfährt, Jeremia sofort aus seiner mißlichen Lage befreienläßt Qer 38,7 — 13), der sich im Gespräch mit dem Pro pheten dessenArgumentation nicht verschließt und Jeremias Lösungsvorschlag,sich den Babyloniern zu ergeben, nur deswegen nicht akzeptiert,weil er persönlich die Rachegelüste der Volksgenossen fürchtenmuß,  die zu den Babyloniern übergelaufen sind und sich mit ihnenarrangiert zu haben sche inen (vgl. J e r 38,14—23). Der König ist of

fensichtlich zwischen die Fronten geraten: Auf der einen Seite (Jer37,12ff;  vgl. beso nders V. 15 ; 38,24ff) steh en die Vert re te r d er

49  Jer  43,1 — 7 kann künftig nicht mehr als Argument für die These von derbesonderen Bedeutung Baruchs innerhalb der Jeremiaüberlieferung anerkanntwerden. Vgl. dazu oben Anm. 510 und Anm. 513.so Vgl. dazu oben S. 64 die Anm. 92; s.a. Anm. 158, S. 79.

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206 Zusammenfassung

Kriegspartei, die Fürsten, die nichts von einer Kapitulation Jerusa-lems wissen wollen und jedes Überlaufen zum Feind streng bestra-fen Qer 37,1 lf f) , die in keinem Fall erfahren dürfen, daß KönigZedekia im Gespräch mit dem Propheten auf die Möglichkeit hin-gewiesen wurde, sich selbst und die Stadt an die Babylonier zuübergeben Qer 38,17ff und 38,24ff). Auf der anderen Seite schei-nen nicht unbedeutende Gruppen schon Kontakt mit den Bela-gerern aufgenommen und sich auf ihre Seite geschlagen zu haben,wahrscheinlich doch deswegen, weil sie Zedekias Strategie gegen-über den Babyloniern nicht billigten.

Der König sieht nach allem nun für sich keinen Ausweg mehr Qer38,19).  Immerhin nimmt er noch die Möglichkeit wahr, den Prophe-ten vor den Nachstellungen der Fürsten abzusichern (Jer 38,24—28),so daß Jeremia trotz des Verdachts, ein Überläufer zu sein (vgl.Je r 37,1 lf f), mit dem Leben davon ko mm t.

Wie weit diese Darstellung der historischen Wirklichkeit entspricht,läßt sich nicht mit eindeutiger Sicherheit entscheiden. Daß Jeremiader Vorwurf gemacht wird, er wolle zu den Babyloniern überlaufenQe r 37 ,1 lf f) , un d da ß in J e r 38 ,19 von den zu den Belagerern über-gelaufenen Juden die Rede ist, dürften am ehesten historisch zuver-lässige Nachrichten sein; denn ein Anlaß, solche Nachrichten zu er-finden, ist nicht erkennbar.

Daß sich während der Belagerung Jerusalems zahlreiche Juden mitden Babyloniern in Verbindung setzten und sich auf deren Seiteschlugen, legt die Vermutung nahe, daß sie die Rettung Jerusalemsvon einer möglichst schnell zu vollziehenden Kapitulation  erhoff-

ten . Zedekias Befürchtungen, wie sie in Je r 38,19 dargelegt werden,könnten dann den Hintergrund haben, daß der König in den Augendieser jüdischen Grup pe der Hauptschuldige an der ausweglosen Si-tuation ist, weil er unter dem Einfluß der Fürsten die Chance einerrechtzeitigen Kapitulation verspielt hat.

Galt Jeremia als potentieller Überläufer Qer 37,13), den man beider ersten besten Gelegenheit unschädlich zu machen suchte, soist es nicht abwegig, daraus zu folgern, daß der Prophet selbst bzw.sein Verhalten Anhaltspunkte für eine solche Verdächtigung liefer-ten, daß also der historische Jeremia in der Tat für die Kapitula-tion plädiert hat.

Kaum eindeutig ist die Frage zu beantworten, ob es als historischgelten kann, daß Jeremia nach seiner Befreiung aus der Zisterneauch dem König gegenüber im ausführlichen Gespräch diese  Auf-

fassung vertrat, noch sei es Zeit, den Willen Jahwes zu tun und zu

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Konsequenzen  f. d. Darstellung d. Geschichte Judas  um 587 v.Chr.  207

kapitulieren.  Für die  Historizi tät eines Zusammentre ffens Jer emiasmit  dem  König könnte  man am  ehesten  J er  38,24—28  als  stützen-des Argument anführen. Hier  ist das  Verhalten Zedekias  dem  Pro-pheten gegenüber  wie das Jeremias  dem  König gegenüber  so  dar-gestellt,  daß in  keiner Weise  der  Verdacht nahe liegt,  es  handele sichhier  um  einen tendenziösen Versuch,  den  Propheten  in  einem  Ge-

spräch  mit dem  König auftreten  zu  lassen,  um ihn so in  seiner  Be-

deutung aufzuwerten.

Daß Jeremia nicht mehr  mit  Gedalja  und den  Ereignissen  in  Mizpasowie deren Folgen  in  Verbindung gebracht werden kann, wurdeoben 5 1  schon angedeutet.  Die  Geschichte über  die  beginnende Kon-solidierung  in Juda  und  deren Störung durch  die  Ermordung  Ge-

daljas endete ursprünglich  mit  einer Notiz darüber,  wie  durch  Ab-

wanderung einer Gruppe unter Jochanan  ben  Koreach nach Ägyp-ten dort eine jüdische Kolonie ent stand . Je re mi a spielt hier nir-gends eine Rolle52.  Die  Darstellung  Jer 42*, wo der  Prophet  vor

der versammelten Restbevölkerung Judas auftritt  und mit  einemJahwewort (bedingte Heilszusage)  zum  Bleiben  im  Lande auffordert,bzw.  vor dem  Abwandern nach Ägypten warnt, stammt ganz  aus

den Händen  des  Verfassers  des  ursprünglichen Kerns  von Je r  37 —

44  (=  37,11—42*).  Es ist  allerdings nicht unwahrscheinlich,  daß derhistorische Jeremia nach  der  Eroberung Jerusalems durch  die  Baby-lonier  in der Tat  sich dafür eingesetzt  hat ,  auch angesichts  der nun

widrigen Verhältnisse  im  Land Juda nicht aufzugeben  (vgl. die  Aus-sage  in Jer  32,15!).

5i  Vgl. S. 200f.52  Gegen  Herrmann,  Geschichte Israels  in  alttestamentlicher Zeit, München  1973,

S.  356f.

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Synopse zur Textentwicklung von Jeremia 37 bis 44 211

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Synopse zur Textentwicklung von Jeremia 37 bis 44 219

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Synopse zur Textentwicklung von Jeremia 37 bis 44 223

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Anmerkungen zur Synopse zur Textentwicklung von Jer 37—44

A Vgl. dazu oben S.  62ff.B Das merkwürdige . . . X3

  ,D erklärt sich m.E . am bes ten,

wenn man hier mit einem Textausfall des ursprünglichdiesen Objektsatz regierenden Verseingangs rechnet, alsodavon ausgeht, daß IJVOT N3  "O von einem vorausgehenden »atrri oder ähnlich abhängig war (vgl. z.B. Nu 21 ,1 ;22,36;  l.Sam 23,7; 26,3.4; u.ö.). Berücksichtigt man, daßdie ursprüngliche Fortse tzung von Jer 37,16 in Je r 38,7vorliegt (vgl. dazu oben S. 77ff) und in dieser Abfolge die

Doppelaussage . .. V« W 0 T «3  "O (37,16) und 13m _, 3. .. 7X m' an ' -nx (38,7) auffällt, so liegt es nahe, dieEntst ehung der jetzigen Fassung von Je r 37, 16 und 38,7mit der nachträglichen Einschaltung von Jer 38,1—6 (vgl.dazu S. 7 Off) in Verbindung zu bringen. Der Inter polato rvon 38,1—6 fand einen Text vor, der darüber berichtete,wie die  W1V   Jeremia gefangen setzen lassen (37,15), undwie Ebed Melech von Jeremi as Aufen thalt in der Z isterneerfährt (37,16: .. . l ^K T ia » PWM; vgl. 38,7aa). Da derAbschnitt 38,1—6 nachträglich die Hintergründe der Verhaftung des Propheten und seiner Unterbringung imma n rY»a aufdecken soll te (vgl. dazu S. 74ff), m ußte derInterpolator zunächst die Notiz über Ebed Melechs Initiative unberücksicht igt lassen. Er tilgte in 37,16 . . . SEC Iund ließ es bei der Feststellung ... X3 '3 bewenden, umdann nach 38,1—6 auf Ebed Melech zurückzukommen, al

so mit V. 7 den alten Anschluß an 37,15 wiederherzustellen. 38,7aa dürfte der ursprüngliche Verseingang zu 37,16(. .. X3 ?D) sein, 38,7a/3 (.. . im ] "3 ; vgl. 37,16) geht aufden Interpolator zurück.

C HI-Stücke sind noch spätere (nach der redaktionellen Bearbeitung II vorgenommene) Einschübe. Zu Je r 37,17—21vgl. oben S.  64ff.

D Zu Je r 37, 21 vgl. unt en Jer 38,1 3 und S. 82.

E Je r 38,6 ist nacht räglich erwei tert word en (vgl. die Klam- N>mer!) und dem Bearbeiter zuzuschreiben, der Jer 37,17 —21 zwischen  37,11 — 16  und 38,1—6 einschaltet; vgl. dazuS. 73 und S. 76, Anm. 149.

F Vgl. dazu oben S. 78, Anm. 157 .G Hier ist mit einem Textausfall zu rechnen: vgl. dazu oben

S. 82.H  Zu dem  in M folgenden Zusatz  pxnn32 mx  T\bti  nnx

mx innpa nn-in-p a-mo-an  vgl. oben S. 105.

I BVn ist späterer Zusatz (vgl. die LXX!); siehe dazu obenS. 101, Anm. 246.

J Zu dem in M folgenden Zusatz  T\Z>bb  y r » 3 n i r n - V x i"\b  naiP vgl. S. 101 und S. 102, Anm. 253.

K 3Hr,_

xV 1211171 ist wahrscheinlich aus ursprünglich3TOK  üb  rUFTTO entsta nden ; vgl. dazu oben S.  lOlf.  >

L Zu 40,10 vgl. oben S. 114, Anm. 302 . |M 40,12 Wr- Wll "HPK .. . y i W r r V a ntf"! ist eventuell I

erst später in I eingedrungen (vgl. die LXX!).N Zum in M folgenden nnDS an m

,171)-

,7S vgl. S. 114,

Anm. 305.O Zu 41,2 vgl. S. 115.P Zu 41,3 vgl. S. 115, Anm. 310.Q Zu 41 ,4 -7 vgl. S. 116f.R Zu 41,17f vgl. S. 164, Anm. 564.S (I) = Jer 4 3, 8- 13 ! - Zu Einzelheiten vgl. S.  159ff!T Jer 42, lf liest die LXX (= 49,lf ) . .. " W " 1 " * ' l

... nniri irrn-r-1?«.

U Die Zugehörigkeit von Jer 42,11 zum Erzählzusammenhang I bleibt unsicher; vgl. dazu S.  131 ff.

V Zu Jer 43,8-13 siehe auch oben zu Jer 41,18; vgl.ferner S.  159ff.

W Zu dem in M folgenden  DV IM*? a n S Q - p S1? B'N3n

vgl. S. 179f.

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Synopse zur Textentwicklung von Jeremia 37 bis 44 2 25

B.  Übersicht über den Textbestand

a) des ursprünglichen Kerns der Schlußerzählungen Jer 37—44: Jer 37,11 — 16;38,7-14.17.19-22.24-28a.28b; 39,3.14; 40,(10)11-41,3.8.9.10*. 11-15.16*.17*.18;  42 , l* .2 -5 .7* .8 .9-10 . ( l l ) .13a . l4 .16 .

b> der golaorientierten Redaktion in Je r 37 - 4 4 : 37 ,1 -1 0; 38 ,1 -6 .1 5- 16 .1 8.2 3 ; 3 9, 1- 2. 4- 13 ; 40 ,2 -6 .7 -1 0* ; 41,4-7.10*.16*.17*. 42, l* .6 .8*.(12)13b.15 .17 -21 ;  4 3 ,1 - 7 . 8 - 1 3* ;  44 ,1-3 .7-14* .15*.16-19.24*.25*.26-27.29-30.

c) späterer Zusätze, die nachträglich in die von der golaorientierten Redakt ionvorgelegte Textfassung eingearbeitet wurden:  37,17—21;  38,15 — 18;  vgl. in 40,1.4.12;  42,22; 44,4-5; vgl. in 44,14.15; 44,20-23; vgl. in 44,24; 44,28.

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