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Klausur S 345 Strafrecht SS 2013 Friedrich Toepel

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Page 1: Klausur S 345 Strafrecht SS 2013 Friedrich Toepel

Klausur S 345 StrafrechtSS 2013

Friedrich Toepel

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• Erster Tatkomplex: Das Geschehen in der Kneipe

• A. Strafbarkeit des W• I. § 185 StGB gegen A und B durch das

Schild• Objektiver Tatbestand• Beleidigung = Kundgabe von Missachtung • hier: unverdient geringere Wertschätzung

gegenüber Ausländern und damit auch A und B durch Verweigern des Zutritts zu seiner Kneipe mittels Schildes

• auch Personenmehrheiten = beleidigungsfähig• „Ausländer“ als solche aber abgegrenzte

Gruppe • allenfalls Beleidigung von A und B unter einer

Kollektivbezeichnung

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• Jedoch nur wenn:

• Kreis der betroffenen Personen klar umgrenzt

• Zuordnung des einzelnen zweifelsfrei ist hier bei Formulierung wie „die Ausländer“

ohne jede Eingrenzung bzw. Präzisierung,

• offen ob eine statusrechtliche oder rassisch-ethnische Ausgrenzung vorgenommen werden soll und ob Doppelstaatler als (Auch-) Ausländer erfasst sind.

• Schild allein daher noch keine Beleidigung

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• II.§ 185 StGB gegen A durch die Äußerung des W

• 1. Objektiver Tatbestand

• Ausdruck von Missachtung = mgölicherweise

• dass W unbegründetes Nichthineinlassen in die Kneipe gegenüber A unterstrichen hat,

• zweitens A grundlos geduzt hat und

• drittens ihm schließlich die Fähigkeit, das Schild lesen zu können, abgesprochen hat.

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• (1) Anbrüllen = Kundgabe einer geringen Wertschätzung dar +

• (2) grundloses Duzen:

• Nicht jede Unhöflichkeit und Taktlosigkeit = Beleidigung.

• Achten auf die konkreten Tatumstände

• In deutscher Kneipe mit salopper Anrede auch unter Fremden durchaus zu rechnen

• W zeigt mit der Anrede „Du“seine Verachtung gegenüber dem A,

• nicht bereit, die normale Höflichkeitsform zu benutzen,

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• Aber nur subjektiv eine Rolle spielend

• Solange Missachtung nicht objektiv eindeutig erkennbar, Tatbestandsverwirklichung -

• (3) A könne „wohl nicht einmal lesen“:

• = Tatsache

• Behauptung des W müsste unwahr sein

• A hat Schild laut Sachverhalt gelesen hat,

• daher Aussage unwahr

• Obj. Tb. insoweit +

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• 2. Subjektiver Tatbestand

• Vorsatz hinsichtlich Behauptung, A könne nicht lesen, - , wenn W diese für richtig hielt

• Irriges Ausgehen von Möglichkeit eines Wahrheitsbeweises aber irrelevant:

• Gem. § 192 StGB Formalbeleidigung:

• Wahrheitsbeweis der behaupteten Tatsache schließt § 185 StGB nicht aus, wenn das „Beleidigende“ sich schon aus der Form oder den Umständen ergibt.

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• Äußerung über das Lesevermögen des A im engen Zusammenhang mit dem Anbrüllen, die Ausländer hätten nichts in seiner Kneipe verloren, das als beleidigende Werturteile qualifiziert wurde (s.o.).

• Situation zeigt beleidigenden Charakter,

• auf Wahrheit der Tatsachenbehauptung Vorsatz des W diesbezüglich kommt es nicht mehr an.

• 3.Rechtswidrigkeit

• Notwehr, § 32 StGB?

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• Gemäß § 32 II StGB = gegenwärtiger, rechtswidriger Angriff des A auf ein notwehrfähiges Rechtsgut des W)

• Hier Verletzung des Hausrechts des W• Hausfriedensbruch, § 123 I Alt.1, 2 StGB des

A?• (1) Tatbestand• Geschäftsraum i.S.d. § 123 I StGB = Kneipe • (abgeschlossene Räumlichkeit, die dauerhaft

überwiegend für gewerbliche Zwecke genutzt wird)

• W = Inhaber des Hausrechts.

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• (a) Eingedrungen (Alt.1)?

• Eindringen = Betreten des geschützten Raums gegen den Willen des Berechtigten

• gegen den Willen des W?

• Kontext mit Schild mit der Aufschrift „Ausländer sind hier unerwünscht“ ?

• Begriff „Ausländer“ nicht exakt bestimmbar.

• bleibt offen, ob ethisch-rassische oder eine statusrechtliche Abgrenzung

• Für Hausverbot Schild daher zu unbestimmt

• Schild außerdem als Diskriminierung nach § 138 I BGB sittenwidrig und damit nichtig.

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• (b) Nicht entfernt (Alt.2)?

• echtes Unterlassungsdelikt:

• Entfernen dem Täter nach der Aufforderung objektiv und subjektiv möglich

• Bevor A jedoch reagieren konnte, stürzten sich bereits C und D auf A.

• Verlassen der Kneipe objektiv nicht mehr möglich.

• (2) Zwischenergebnis

• Notwehrrecht des W nach § 32 StGB –

• Beleidigungen daher rechtswidrig.

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• 4.Schuld +

• 5. Strafantrag gem. § 194 I S.1 StGB gestellt.

• Strafbarkeit gem. § 185 StGB +

• III. § 186 StGB durch die Aussage, A könne nicht lesen

• 1. Objektiver Tatbestand

• Fähigkeit, lesen zu können = Tatsachenbehauptung

(dem Beweis zugänglich)

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• Inhalt der Behauptung bei Kenntnisnahme durch Dritte geeignet die betroffene Person verächtlich zu machen

• In der Kneipe neben A und W noch C und D, die aufgrund der Lautstärke der Äußerung das Gebrüllte auch gehört haben.

• 2. Subjektiver Tatbestand:• Vorsatz auch bezüglich der Ehrenrührigkeit • Kenntnis von der Anwesenheit von C und D,

die seine Äußerung mitbekamen.• Unwahrheit: A hatte das Schild laut

Sachverhalt gelesen • Strafbarkeit gem. § 186 StGB +

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• IV. § 187 StGB durch die Aussage, A könne nicht lesen

• 1. Objektiver Tatbetand:

• W hat objektiv eine unwahre Tatsache in Beziehung auf einen anderen behauptet.

• 2. Subjektiver Tatbestand:

• wider besseres Wissen?

• positive Kenntnis von der Unwahrheit der Tatsache hatte, dolus eventualis reicht nicht aus

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• Für sichere Kenntnis davon, dass A kein Analphabet ist, gibt es keine Anhaltspunkte im Sachverhalt.

• Somit hat sich W nicht gem. § 187 StGB strafbar gemacht.

• V. § 231 StGB durch „tatkräftiges“ Einmischen in das Gerangel

• 1. Objektiver Tatbestand• Schlägerei = Streit von mindestens drei

Personen mit gegenseitigen Körperverletzungen

• auch, wenn jemand, in Trutzwehr gegen 2 Angreifer vorgeht

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• nicht, wenn der Angegriffene sich auf reine Schutzwehr beschränkt

• Hier: C und D stürzen sich auf A

• lebensnahe Sachverhaltsauslegung: iA beschränkte sich nicht auf Schutzwehr

• W daher an dieser Schlägerei durch seine Einmischung auch beteiligt.

• 2. Subjektiver Tatbestand

• Vorsatz +

• 3. Objektive Bedingung der Strafbarkeit

• schwere Körperverletzung i.S.v. § 226 StGB, durch die Schlägerei verursacht

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• D Arm gebrochen hat, dass dieser steif bleiben wird = schwere Körperverletzung i.S.d. § 226 I Nr.2 Alt.2 StGB vor.

• Problem: W hat erst nach dem Armbruch bei der Schlägerei mitgemischt

• (1) h. M.

• Zeitpunkt der Beteiligung irrelevant

• Charakter des § 231 StGB als abstraktem Gefährdungsdelikt.

• Danach W hat § 231 StGB erfüllt.

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• Dafür: Ungereimte Ergebnisse bei Beweisschwierigkeiten/rechtspolitische Erwünschtheit

• jeder Beteiligte könnte sich mit der Schutzbehauptung der Strafbarkeit entziehen, die Folge sei schon vor seinem Eingreifen eingetreten. („in dubio pro reo“)

• W also gem. § 231 StGB strafbar• (2) Mindermeinung• Wer sich erst nach Eintritt der schweren

Folge an der Auseinandersetzung beteiligt, hat keinen potentiellen Beitrag zur Gefährlichkeit der Schlägerei beigesteuert (S/S/Stree)

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• W daher nicht gemäß § 231 StGB strafbar • Dafür: Schutzzweck des § 231 StGB

• B. Strafbarkeit des A• [Nur erwähnen, falls nicht bereits inzident

geprüft:• I. § 123 I Alt. 1 oder Alt. 2 StGB durch

Betreten bzw. Nichtverlassen der Kneipe• -, s. oben]• II. § 231 StGB durch Prügeln mit C und D• Die Strafbarkeit des A ist aber gem. § 231

Abs. 2 StGB ausgeschlossen, wenn nicht vorwerfbar

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• Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe insofern bereits tatbestandsausschließend:

• § 32 II StGB?

• (1) Notwehrlage

• Gegenwärtiger Angriff auf die körperliche Unversehrtheit des A durch C und D.

• Rechtswidrig: Nothilfe gem. § 32 StGB zugunsten des Hausrechts des W?

• -, § 123 StGB nicht erfüllt

• Notwehrlage +

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• (2) Notwehrhandlung, Erforderlichkeit:• Beteiligung an der Schlägerei = geeignet und

relativ mildestes Mittel des A• weglaufen konnte er nicht mehr, • (3) Verteidigungswille• +• Tatbestand des § 231 I StGB –

• C. Strafbarkeit des C wegen Beteiligung an einer Schlägerei

• § 231 I StGB?• zusammen mit D in feindseliger Absicht auf

den Körper des A eingewirkt

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• Schlägerei +

• Verletzung des D = schwere Körperverletzung i.S.v. § 226 I Nr.2 StGB

• durch die Schlägerei verursacht +

• Strafbarkeit ist auch nicht gem. § 231 II StGB ausgeschlossen, da dem C kein Notwehrrecht zustand

• C gem. § 231 StGB strafbar +

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• D. Strafbarkeit des D wegen Beteiligung an einer Schlägerei

• Problem: D als Opfer zugleich auch Täter?• Strafgrund für § 231 StGB = generelle

Gefährlichkeit von tätlichen Auseinandersetzungen für Leib und Leben,

• nicht die Verursachung der schweren Körperverletzung

• Daher auch D nach dieser Vorschrift strafbar• Folglich: Strafbarkeit des D gem. § 231 I

StGB +• Gericht kann aber gem. § 60 StGB von einer

Bestrafung absehen.

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• E. Konkurrenzen und Ergebnis

• W = §§ 185, 186; 52 StGB

• § 231 StGB dazu in Tatmehrheit (§ 53 StGB)

• C und D = jeweils § 231 I StGB

• A = straflos

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• Zweiter Tatkomplex: Die Attacke aus dem Pkw• A. Strafbarkeit des C• I. Körperverletzung, § 223 StGB durch

Versetzen in Todesangst• Vollendete Körperverletzung -• Körperliche Misshandlung und

Gesundheitsbeschädigung erfordern körperliche Auswirkung

• Reine Angst- und Panikgefühle Gesundheitsbeschädigung

• Nur, wenn als Folge der Panik feststellbarer krankhafter Zustand eintritt (wie etwa Herzrasen)

• keine Anhaltspunkte für körperliche Auswirkung im Sachverhalt

• Körperverletzung –

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• II. Körperverletzung, § 223 StGB durch Verursachung der Schnittverletzungen bei B

• 1. Objektiver Tatbestand• Schnittverletzungen des B =

Gesundheitsschädigung • Verfolgung durch C (sowie E und F) = kausal

im Sinne der conditio-sine-qua-non-Formel• Erfolg auch dem C objektiv zurechenbar?• Täter eine rechtlich missbilligte Gefahr

geschaffen hat, die sich im tatbestandsmäßigen Erfolg realisiert

• Vorhersehbarkeit:

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• Wer durch einschüchterndes, aggressives Verhalten Mitmenschen erschreckt, muss mit Panik und Flucht rechnen

• keine freiverantwortliche Selbstschädigung des B: Dieser hat aus Angst und Panik keinen anderen Ausweg gesehen, als sich in ein Haus zu flüchten, welches bei Nacht typischerweise verschlossen war.

• also nicht freiwillig und eigenverantwortlich sich selbst gefährdet, sondern aus Verfolgungsnot

• objektiver Tatbestand +

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• 2. Subjektiver Tatbestand• mindestens dolus eventualis?• C wollte A und B zusammenschlagen, also

körperlich misshandeln. • Aber: Vorsatz muss auch den konkreten

Verletzungserfolg erfassen. • An Schnittverletzungen durch das Opfer

selbst dachte C nicht. • Vorsatz somit –

• BGHSt 48, 34, 37 stellt auf Irrtum im Kausalverlauf ab

• Bei wesentlicher Abweichung Vorsatz –

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• BGH bejaht im vorliegenden Fall wesentliche Abweichung

• steht im Gegensatz zu seiner sonst großzügigen Bejahung einer unwesentlichen Abweichung, sofern mit dem konkreten Kausalverlauf nur irgendwie „nach der Lebenserfahrung gerechnet werden“ kann

• Ergebnis: § 223 StGB –

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• III. §§ 223, 224 I Nr.4, II, 22, 23 I Alt. 2 StGB Versuchte gefährliche Körperverletzung durch Losstürmen

• 1. Vorprüfung

• Keine Strafbarkeit wegen vollendeter Tat

• Strafbarkeit des Versuchs +, §§ 23 I Alt. 2, 12 II, 223 II, 224 II StGB

• 2. Tatentschluss

• unproblematisch i.S. von §§ 223, 224 I Nr.4 StGB +

• 3. Unmittelbares Ansetzen, § 22 StGB

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• (1) Gefährdungstheorie• betroffenes Rechtsgut aus Sicht des

Täters bereits unmittelbar (konkret) gefährdet ist.

• (2) Sphärentheorie• räumlich-zeitlichen Zusammenhang: zeitliche

Nähe zur Tatbestandsverwirklichung und die räumliche Beziehung zwischen Täter und Opfer.

• (3) Zwischenaktstheorie• zwischen der in Frage stehenden Handlung

und der Tatbestandsverwirklichung dürfen keine weiteren wesentlichen Zwischenakte mehr liegen

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• (4) Gemischt subjektiv-objektive Theorie

• überwiegend vertretene Ansicht und Rechtsprechung: Schwelle zum „Jetzt geht es los“ muss subjektiv überschritten sein und objektiv zur tatbestandsmäßigen Ausführungshandlung angesetzt worden sein

• Hier: Zufahren auf Á und B durch C gemeinsam mit E und F

• Stoppen unmittelbar vor A und B, die als Fußgänger unterwegs waren,

• Losstürmen auf A und B, laut schreiend

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• A und B sind als Opfer konkretisiert,

• mit der Ausführungshandlung des Planes wurde begonnen

• unmittelbares Ansetzen +

• 4. Rechtswidrigkeit/Schuld +

• 5. Rücktritt vom Versuch, § 24 I StGB?

• nicht fehlgeschlagen?

• Fehlgeschlagen = wenn der Täter erkennt, dass er mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln den tatbestandlichen Erfolg nicht oder nicht ohne zeitliche Zäsur herbeiführen kann

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• C: hat Tatplan nicht aufgegeben, sondern weitergesucht

• zu Fuß und mit dem Pkw, aber A und B nicht gefunden

• angestrebter Erfolg also nicht mehr zu erreichen,

• fehlgeschlagener Versuch +

• Rücktritt gem. § 24 StGB –

• Strafbarkeit gem. §§ 223 I, II, 224 I Nr.4, II, 22, 23 I Alt. 2 StGB +

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• IV. §§ 227, 22, 23 I Alt. 1, 25 II StGB durch Losstürmen

• Erfolg: B an einer Schnittwunde verblutet, Vorsatz fehlt allerdings

• Folge: nur Körperverletzung mit Todesfolge• keine vollendete, sondern nur eine versuchte

Körperverletzung (s. oben)• Versuchte Körperverletzung mit Todesfolge?• 1. Strafbarkeit des erfolgsqualifizierten

Versuchs• Versuchsstrafbarkeit von

Erfolgsqualifikationen i.S.d. § 18 StGB ist grundsätzlich anerkannt

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• Unterscheiden:• versuchten Erfolgsqualifizierung = die

schwere Folge vom Vorsatz umfasst, aber nicht eintretend

• Erfolgsqualifizierter Versuch = Versuch des Grunddelikts führt bereits zum Eintritt der schweren Folge

• Hier: Tatbestand der Körperverletzung versucht und B ist dann nach der Flucht zu Tode gekommen.

• Strafbarkeit aus dem erfolgsqualifizierten Delikt hier nur möglich, wenn § 227 StGB den qualifizierten Erfolg an die tatbestandliche HANDLUNG anknüpft

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• Wenn die Erfolgsverursachung lediglich an den tatbestandlichen ERFOLG des Grunddelikts anknüpfen würde, kann es keinen erfolgsqualifizierten Versuch des § 227 StGB geben.

• (1) Mindermeinung (Letalitätsthese):

• folgt aus der Formulierung des § 227 StGB (Tod der verletzten Person), dass sich der Tod als Konsequenz des Verletzungserfolges darstellen muss.

• kein erfolgsqualifizierter Versuch möglich, bei dem gerade der Verletzungserfolg des Grunddelikts fehlt.

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• Dafür: Wortlaut, hohe Strafdrohung

• (2) andere Auffassung: • Körperverletzungshandlung kann

Anknüpfungspunkt für den Todeserfolg sein.• spezifische Gefahren, denen das Gesetz

begegnen will, • Dazu gehört auch der Umstand, dass das in

Panik versetzte Opfer bei einem gegenwärtig bzw. noch als gegenwärtig empfundenen Angriff aus Furcht gefährliche Handlungen begeht und dadurch zu Tode kommtDafür: Gesetzgeber verweist auf §§ 223 bis 226 StGB, also auch auf deren Versuch

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• § 227 StGB soll der mit der Körperverletzung verbundenen Gefahr der qualifizierenden Todesfolge entgegenwirken

• solche spezifische Gefahr kann aber auch schon von der bloßen Körperverletzungshandlung ausgehen.

• etwas versteckte Stelle, an der der Meinungsstreit hier relevant wird

• Möglich, den Meinungsstreit statt bei der Frage der Strafbarkeit des Versuchs bei der Zurechenbarkeit und dort beim Kriterium der Gefahrrealisierung zu erörtern und zu entscheiden

• 2. Tatentschluss• C zur Begehung von körperlichen Misshandlungen

entschlossen +

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• 3. Unmittelbares Ansetzen• + , s. oben• 4. Zurechenbarkeit der schweren Folge• das der konkreten Tathandlung des C

typischerweise anhaftende Risiko im Tod des B realisiert?

• Gefahrzusammenhang durch eigenes Verhalten des B unterbrochen?

• jedoch schon oben festgestellt: hier keine eigenverantwortliche Selbstgefährdung, sondern verständliche, unfreiwillige Reaktion auf massiven Angriff,

• schwere Folge ist daher dem C zuzurechnen.

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• 5. Rechtswidrigkeit +

• 6. Schuld:

• Hinsichtlich des Eintritts des Todes bei B müsste C gem. §§ 227 i.V.m. 18 StGB zumindest fahrlässig gehandelt haben.

• subjektive Vorhersehbarkeit des Todeserfolges +

• Geschehensablauf ungewöhnlich zu bezeichnen, aber es liegt nicht außerhalb der Lebenserfahrung, dass ein Mensch in Todesangst und auf der Flucht befindlich auch höchst riskante Wege beschreitet,

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• Keine Anhaltspunkte für mangelnde Vorhersehbarkeit ind er Person des C

• C = somit fahrlässig im Hinblick auf die Todesfolge +

• 7. Ergebnis• Strafbarkeit des C gem. §§ 227, 22, 23 I Alt.1

(25 II) StGB +

• V. § 240 StGB Nötigung zum Weglaufen• Fraglich hier nur der Vorsatz des C: • wollte nicht erreichen, dass A und B

weglaufen, eigentliches Ziel die beiden zu schlagen.

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• Jedoch: für dolus eventualis im Hinblick auf den Nötigungserfolg nur erforderlich, dass er für möglich hält, dass A und B weglaufen und dies billigend in Kauf nimmt.

• Sachverhalt unklar = Tatfrage ob Vorsatz vorliegt,

• VI. § 241 StGB Bedrohung durch Losstürmen

• Bedrohung mit Verbrechen?

• Laut Sachverhalt: Auftreten von C, E und F massiv und aggressiv

• lässt den Schluss der Opfer zu:

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• man trachte ihnen nach dem Leben oder doch zumindest nach der körperlichen Unversehrtheit in einem Ausmaß, das den Tatbestand des § 226 StGB erfüllt.

• Daher +

• B. Strafbarkeit des A• I. §§ 303, 25 II StGB mittels Einschlagens

der Fensterscheibe durch B• 1. Objektiver Tatbestand• § 25 II StGB?• gemeinsamer Tatplan?• +, konkludent durch Reichen des Steins

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• a) Anreichen des Steins im Sinne der subjektiven Theorie = Indiz für As Täterwillen, dass B das Fenster einschlug

• ein eigenes Interesse daran, ins Haus zu gelangen.

• Aufheben und Anreichen des Steines ist auch ein wesentlicher Tatbeitrag im Ausführungsstadium,

• b) Vertretbar, Tatherrschaft anzunehmen. (auch Gegenteil vertretbar)

• 2. Subjektiver Tatbestand

• Vorsatz +

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• 3. Rechtswidrigkeit

• aggressiver Notstand gem. § 904 BGB?

• (1) Notstandslage

• gegenwärtige Gefahr für A und B?

• Verfolger objektiv betrachtet bereits abgehängt,

• Gegenwärtigkeit der Gefahr –

• Notstandslage –

• (2) Erlaubnistatbestandsirrtum

• A und B hatten nicht bemerkt hatten, dass die Verfolger ihre Spur verloren hatten,

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• bei Vorliegen der von ihnen vorgestellten Tatsachen gerechtfertigt

• = Erlaubnistatbestandsirrtum• Irrtum auch unvermeidbar,• für eine Vergewisserung keine Zeit• Ob mit den eingeschränkten

Schuldtheorien nach § 16 StGB direkt oder analog angewendet behandelt – wobei es auf die Vermeidbarkeit nicht ankäme –

• oder mit der strengen Schuldtheorie nach § 17 StGB, hier irrelevant!

• A nicht gem. §§ 303, 25 II StGB strafbar

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• II. §§ 212 I, 13 StGB – Totschlag durch Untätig bleiben und Verlassen des B

• 1. Objektiver Tatbestand• a) tatbestandsmäßiger Erfolg (Tod des B) +• b) zur Abwendung des Todes von B objektiv

gebotene und ihm mögliche Handlung unterlassen?

• A wäre es möglich gewesen, von der Straßenecke aus einen Notarzt zu rufen

• c) kausal für den Erfolg?• Unterlassene Handlung dürfte nicht

hinzugedacht werden, ohne dass der tatbestandsmäßige Erfolg entfiele.

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• nicht mehr festgestellt werden, ob bei einem Anruf durch A das Leben des B hätte gerettet werden können!

• Daher „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten), Kausalität –

• A nicht gem. §§ 212 I, 13 StGB strafbar

• III. §§ 212, 13, 22, 23 I Alt.1 StGB durch Untätigbleiben und Verlassen des B

• Tatentschluss bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale des Totschlags durch Unterlassen?

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• (1) Erfolg

• A wusste, dass B ohne Hilfe sterben würde.

• (2) Fähigkeit zur Erfolgsabwendung (hypothetische Kausalität)

• + um einen untauglichen, aber gleichwohl gem. § 23 III StGB strafbaren Versuch.

• (3) Fehlen eines Erfolgsabwendungsversuchs +

• (4) Garantenstellung

• Ansicht As, aufgrund seiner Eigenschaft als Mitbewohner des B für dessen Wohl verpflichtet zu sein.

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• Beschützergarant für das Leben des B aus enger Gemeinschaftsbeziehung?

• bloßes Zusammenleben genügt nicht.

• Garantenstellung aus Gefahrengemeinschaft?

• A und B befinden sich in der gleichen Situation

• gemeinsame Opfersituation kann aber nicht die Rechtspflicht zu gegenseitigem Schutz etablieren,

• hier außerdem durch äußeren Zwang von Straftätern herbeigeführt

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• Garantenstellung des A daher –

• Vorstellung des A?

• unrichtiger rechtlicher Schluss aus bekannten Tatsachen

• = Wahndelikt

• A nicht gem. §§ 212 I, 13, 22, 23 I Alt.1 StGB wegen versuchten Totschlags durch Unterlassen strafbar

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• IV. § 323 c Unterlassene Hilfeleistung

• (1) Tatsituation

• Unglücksfall?

• plötzlich eintretendes Ereignis, das erhebliche Gefahren für Menschen oder Sachen hervorruft

• auch vom Gefährdeten selbst verursachte Ereignisse

• hier +

• (2) Tatbestandsmäßiges Verhalten

• Hilfeleistung unterlassen haben, obwohl erforderlich, möglich und zumutbar ?

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• (a) Hilfeleistung war erforderlich,

• da B noch lebte und eine medizinische Versorgung auf jeden Fall geboten war.

• (b) möglich,

• über die Telefonzelle den Notarzt zu verständigen

• c) zumutbar ?

• für die Zumutbarkeit:

• Verletzungen des B – für A erkennbar – lebensbedrohend

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• Gegen die Zumutbarkeit:

• A fürchtete immer noch Angriffe von C, E und F

• außerdem aufgrund des illegalen Aufenthaltes des A diesem die Abschiebung drohte, wenn er gegenüber Notarzt und Polizei auftreten müsste.

• Hilfeleistung daher nicht zumutbar

• (Gegenteil vertretbar)

• A nicht gem. § 323 c StGB strafbar

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• C. Ergebnis und Konkurrenzen

• C = §§ 227, 22, 23 I (25 II) StGB tateinheitlich mit § 241 StGB strafbar gemacht

• §§ 224, 22 StGB tritt dahinter im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurück

• A = nicht strafbar