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Kompass Gesundheit DAS MAGAZIN FÜR BADEN-WÜRTTEMBERG Problem Prostata Gesund im Job gesund zu Hause Angelina Jolie als Vorbild? Gesunde Rezepte aus der Speisemeisterei Nr. 3 2013 www.kompass-gesundheit-bw.de Zeit der Geschenke Gesundheitspolik im Wahljahr TOP-THEMA SCHLAFPROBLEME

Kompass Gesundheit 3/2013

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Kompass Gesundheit - Das Magazin für Baden-Württemberg 3/2013

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Page 1: Kompass Gesundheit  3/2013

Kompass GesundheitDAS MAGAZIN FÜR BADEN-WÜRTTEMBERG

Problem Prostata

Gesund im Job –gesund zu Hause

Angelina Jolie als Vorbild?

Gesunde Rezepte aus der Speisemeisterei

Nr. 3 2013

www.kompass-gesundheit-bw.de

Zeit der Geschenke

Gesundheitspoli�k

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TOP-THEMA

SCHLAFPROBLEME

Page 2: Kompass Gesundheit  3/2013

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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

ein Drittel unseres Lebens verschlafen wir. Wir halten das für pureVerschwendung. Was könnte man mit diesem vergeudeten Drittelan Lebenszeit nicht alles anfangen! Arbeiten, etwas mit Familieoder Freunden unternehmen, Sport treiben, ins Theater gehen ...Doch leider fordert unser Körper sein Recht: Schlaf. Wenn es umunser Herz geht, werden wir schon nachdenklicher. Mit ge-schwächtem Herzen leidet die Arbeit, macht der Sport keine Freu-de mehr, das Leben wird grau. Um unser Herz machen wir uns Ge-danken! Und da wären wir wieder beim Schlaf – denn der Schlaf istauch fürs Herz wichtig. Wenn wir schlafen, schaltet der Organismusin den Ruhemodus. Die Herzfrequenz sinkt, ebenso der Blutdruck.

Herzerkrankungen können den Schlaf stören. Patienten mit schwererHerzinsuffizienz leiden unter Kurzatmigkeit, und die verursacht Ein-und Durchschlafstörungen. In einer aktuellen Untersuchung der Fir-ma Philips an 3000 Mitarbeitern wurde der Verdacht bestätigt, dass rund 6 % der europäischen Be-völkerung an einer Schlafapnoe leiden. Bei dieser Erkrankung kollabieren im Schlaf die oberenAtemwege, sodass keine Luft mehr in die Lunge gelangt. Der Mensch hört auf zu atmen. Bis zu ei-ner Minute lang. Das ist purer Stress fürs Herz. Der Blutdruck steigt. Es kommt zu einer kurzenWeckreaktion, die der Betroffene selbst nicht wahrnimmt; dann setzt die Atmung wieder ein. Diesesgefährliche Spiel kann sich bis zu hundertmal pro Nacht wiederholen. Die Betroffenen spüren dieFolgen auch tagsüber: Sie fühlen sich müde und elend, lustlos. Schlafapnoe erhöht auch das Herz-infarkt- und Schlaganfallrisiko und begünstigt die Entstehung eines Typ-2-Diabetes.

Unser KOMPASS GESUNDHEIT will Ihnen mit dieser Ausgabe die Bedeutung des erholsamenSchlafs nahebringen und Sie dafür sensibilisieren, was gestörter Schlaf – Schlafapnoe, Ein- undDurchschlafstörungen – für Unheil anrichtet.

Die Bundestagswahlen stehen vor der Tür und alle Parteien übertreffen sich mit ihren Wahlgeschen-ken. Der Vorsitzende der Esslinger Kreisärzteschaft, Dr. Rainer Graneis, gibt Ihnen pointierte Wahl-hilfe. Wir haben auch noch andere Themen für Sie: Arbeit macht nur Spaß, wenn man gesund ist.Um die Gesundheit im Job kümmern sich inzwischen auch Unternehmen – noch längst nicht alle,doch der Trend ist klar: Gesunde Mitarbeiter leisten mehr; und das wird immer mehr Arbeitgebernbewusst. Bei den großen Unternehmen ist betriebliche Gesundheitsförderung inzwischen selbst-verständlich. Und selbst die kleinen engagieren sich für die Gesundheit ihrer Belegschaft, etwa die„Speisemeisterei“ in Stuttgart-Hohenheim: Sternekoch Frank Oehler und sein PR-Chef schicken ihrTeam jede Woche mit einer Fitnesstrainerin in den Park.

Viel Spaß beim Lesen – und genießen Sie Ihren Schlaf,

Ihr Nobert Smetak

3Kompass Gesundheit 3/2013

Dr. med. Norbert Smetak, 1. Bundesvorsitzender desBundesverbandes Niederge-lassener Kardiologen (BNK),Facharzt für Innere Medizinmit Schwerpunkt Kardio-logie und Angiologie

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Impressum

Kompass Gesundheit –Das Magazin für Baden-Württemberg,

Herausgeber: Dr. Magda AntonicRedaktionsleitung: Werner Waldmann (V.i.S.d.P.)

Redaktions-Beirat: Prof. Dr. med. Aulitzky, Dipl. oec. troph. Andrea Barth, Dr. med. Wolfgang Bosch, Dr. med. Ernst Bühler, Dr. med. Hans-Joachim Dietrich, Dr. med. Rainer Graneis,Dr. med. Rudolf Handschuh, Prof. Dr. phil. Dipl.-Psych.Thomas Heidenreich, Dieter Kress, Dr. med. Suso Lederle, Christof Mühlschlegel, Dr. med. ConstanzeNebe, Dr. med. Stefan Reinecke MBA, Dr. med. NobertSmetak, Isolde Stadtelberger, Dr. med. Bernd Voggenreiter, Dr. med. Sieglind Zehnle

Medizinisch-wissenschaftlicher Beirat:Dr. med. Alexander Baisch, Dr. med. Carl-Ludwig v. Ballestrem, Prof. Dr. med. Alexander Bosse, Prof. Dr. med.Claudio Denzlinger, Prof. Dr. med. Rainer Dierkesmann,Dipl.-Psych. Sabine Eller, Dr. med. Wilhelm Gienger, Dr. med. Joachim Glockner, Dr. med. Christian Hayd, Prof.Dr. med. Bernhard Hellmich, Prof. Dr. med. Doris Henne-Bruns, Prof. Dr. med. Christian Herdeg, Prof. Dr. med. Monika Kellerer, Prof. Dr. med. Alfred Königsrainer, Prof.Dr. med. Ulrich Liener, Prof. Dr. med. Alfred Lindner, Dr. med. Gerhard Müller-Schwefe, Dr. med. Martin Runge,Dr. med. Udo Schuss, Prof. Dr. med. Arnulf Stenzl, Prof. Dr. med. Egon Weidle, Holger Woehrle

Juristische Beratung: RA Mirja K. TrautmannPatientenrechte: Markus Grübel (MdB), Michael Henn-rich (MdB), Wolfgang Zöller (MdB)Redaktion: Dr. J. Roxanne Dossak, Andrew Leslie, Ursula Pieper, Marion ZerbstArt Direction: Dr. Magda AntonicHerstellung: Barbara Schüler

Fotos: Cover: © Suto Norbert/ScanStockPhoto.com; S. 8: © DVR; S. 10: © Juanmomino/iStockPhoto.com; S. 12: © Jan Mika/123rf.com; S. 16: © Stefan Redel/ fotolia.com; S. 17: © Fiala; S. 19: © Thorben Wen-gert/pixelio.de; S. 39: © Speisemeisterei; S. 42 links: © Turnverein Nellingen; S. 42 rechts: © DfM; für die Autoren- und Ärzteporträts liegen die Rechte beiden abgebildeten Personen; alle anderen Fotos: MEDITEXT Dr. Antonic

Verlag: MEDITEXT Dr. AntonicVerlagleitung: Dr. Magda AntonicHagäckerstraße 4; D-73760 OstfildernTel.: 0711 7656494; Fax: 0711 [email protected]

Wichtiger Hinweis: Medizin als Wissenschaft ist ständigim Fluss. Soweit in dieser Zeitschrift eine Applikation oderDosierung angegeben ist, darf der Leser zwar darauf ver-

trauen, dass Autoren, Redaktion und Verlag größte Mühedarauf verwandt haben, dass diese Angaben genau demWissensstand bei Drucklegung der Zeitschrift entspra-chen. Dennoch sollte jeder Benutzer die Beipackzettel derverwendeten Medikamente selbst prüfen, um in eigenerVerantwortung festzustellen, ob die dort gegebene Emp-fehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontra-indikationen gegenüber der Angabe in dieser Zeitschriftabweicht. Leser außerhalb der Bundesrepublik Deutsch-land müssen sich nach den Vorschriften der für sie zustän-digen Behörden richten. Geschützte Warennamen (Wa-renzeichen) müssen nicht besonders kenntlich gemachtsein. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann nichtgeschlossen werden, dass es sich um einen freien Waren-namen handelt.

Das Magazin und alle in ihm enthaltenen Beiträge sind ur-heberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlichzugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligungvon MEDITEXT Dr. Antonic strafbar. Die Redaktion behältsich die Bearbeitung von Beiträgen vor. Für unverlangteingesandte Manuskripte, Fotos und Abbildungen wirdkeine Haftung übernommen. Mit Namen gezeichnete Arti-kel geben die Meinung des Verfassers wieder. Erfüllungs-ort und Gerichtsstand ist Esslingen.

Copyright © 2013 by MEDITEXT Dr. Antonic73760 Ostfildern

ISSN 2194-5438

Der nächste „Kompass Gesundheit“ erscheint im November 2013

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inhalt

RubrikenImpressum 4 | Kolumne Dr. Lederle 15 | Apotheker-Kolumne 34 | Aboformular 43

SCHLAFPROBLEME

• Der vernachlässigte Schlaf 6

• Sekundenschlaf: Schlafattacken, die Leben kosten 8

• Schnarchen kann gefährlich sein! Das Schlafapnoe-Syndrom 10

• Wenn Schmerzen die Nacht zur Qual machen 12

So können Sie vorbeugen: Rückenschmerzen – eine weitverbreitete Volkskrankheit 16

Laufspaß für die ganze Familie: 2. Esslinger Lauffieber am Jägerhaus 17

Gespräch mit Klinikmanager Prof. Dr. med. Jörg Martin: Patientenwohl oder Wirtschaftlichkeit 18

Zeit der Geschenke: Was sich Ärzte im Wahljahr von den Politikern erhoffen 22

Im Gespräch mit Michael Hennrich: Gesundheitspolitik im Wahljahr 24

Prostatavergrösserung: Wenn nächtlicher Harndrang den Schlaf stört 28

Vorsorgliche Brustentfernung bei Risikopatientinnen: Angelina Jolie als Vorbild? 30

Notfalldienstpraxis Göppingen 32

Was ist ein(e) IGeL? 32

Erste Hilfe: Herzdruckmassage 33

Das Team der Speisemeisterei: Für Gesundheit, Fitness und Lebensfreude 35

Betriebliches Gesundheitsmanagement: Gesund im Job, gesund zu Hause 36

Neue Rezepte aus der Speisemeisterei 38

Turnverein Nellingen: Demenz und Bewegung 42

Geriatrisches Zentrum Esslingen-Kennenburg: Ehrenamtliches Netzwerk 42

Termine 43

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Wir wollen auf Draht sein, unter Strom stehen,intensiv am Leben teilhaben. Schlafmütze

nennen wir einen, der gerne schläft. Schlaf war of-fenbar, wenn es sich nicht gerade um den Beischlafhandelt, nie sehr beliebt. „Wenn sie nicht zu Feldeziehen, verbringen sie viel Zeit mit Jagen, mehrnoch mit Nichtstun, dem Schlafen und Essen erge-ben.“ Der römische Geschichtsschreiber CorneliusTacitus (55–115 n. Chr.) äußerte sich schon damalsziemlich eindeutig und abfällig über den Schlaf, derhalt – man kann es wenden, wie man will – Nichts-tun bedeutet.

„Ein Wolf im Schlaf fing nie ein Schaf“: Das könn-ten wir dem aufstrebenden Jungmanager in denMund legen. Wer abends lieber ins Bett schlüpft,anstatt sich mit Kollegen und wichtigen Kundendem obligaten Absacker bis ins Morgenrot hineinhinzugeben – no chance, wenigstens im Hinblickauf die steile Karriere. Wer etwas werden will,

schafft, schuftet, arbeitet, klotzt – und macht mitseinem Bett nur stundenweise Bekanntschaft.

Außer der Arbeit brauchen wir natürlich Freizeitauf hohem Niveau: Entertainment, Entspannung,Sport. Die Sportlichen treibt es ins Fitnessstudio.Und das kurz vor dem Schlafengehen. Das machtso richtig munter. Freizeit heißt auch, ins Konzert,Theater oder Kino pilgern, ins Restaurant gehen.Freizeit heißt, sich in Gesellschaft zu zeigen, prä-sent zu sein. Und irgendwie und irgendwann bleibtdann noch ein Eckchen für den Schlaf übrig.

Eine epochemachende ErfindungThomas Alva Edison erfand nicht nur den Platten-spieler und die elektrische Schreibmaschine, er er-fand auch die Glühbirne und vertrieb damit denMenschen die Finsternis, die sie bis dato mühsammit Kerzen, Öl- und Gaslaternen zu erhellen ver-suchten. Mit Edisons Kohlenfadenlampe wurde die

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Der vernachlässigte SchlafWerner Waldmann

Wir sind eine Gesellschaft auf Schlafentzug. Schlaf gilt als überflüssig, nicht der Rede wert. Wer sich auch nurzuzugeben getraut, länger als acht Stunden zu schlafen, wird als Versager beargwöhnt. Doch Schlafproblemesind mittlerweile zu einer Volkskrankheit geworden, die vor keiner Altersgruppe haltmacht. Schon Kinder und Jugendliche schlafen infolge ausufernder Stimulation durch die elektronischen Medien schlecht. Den Erwachse-nen raubt der Alltagsstress den Schlaf. Und auch die Älteren sind nicht gegen Schlafstörungen gefeit.

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Nacht zum Tag. Edison hielt den Schlaf für eine schlechte An-gewohnheit. „Alles, was die Arbeit hemmt, ist Verschwen-dung“, schrieb er. Und weiter: „Immer wieder hören wir Men-schen davon sprechen, wie viel Schlaf sie ,verloren’ haben, alswäre das ein großes Unglück. Sie sollten lieber von dem Un-glück verlorener Zeit reden, verlorener Arbeitskraft, verlorenerMöglichkeiten.“

Die Nacht wurde zum Tag. Glühlampen erleuchteten dieFließbänder und ermöglichten erst die Arbeit rund um die Uhr.Die Schichtarbeit war entdeckt. Arbeit ohne Ende, Endlos-schleife der Arbeit und über allem grelles, gleißendes Licht.

Wache KampfpilotenDas Militär war schon im Zweiten Weltkrieg fasziniert von derIdee, den Schlaf über lange zeitliche Strecken einschränken zukönnen. Bis 1945 wurden mehr als 60 Millionen Pillen Pervitinan die kämpfende Truppe verabreicht. Das heutige Militär istanspruchsvoller. Amphetamin ist eine synthetische psychotro-pe Substanz, die indirekt als Sympathomimetikum das Zentral-nervensystem anregt. Amphetamin wirkt deutlich stimulierendund euphorisierend und gilt als Droge. Auf dem Schwarzmarktwird die Substanz unter den Namen Speed oder Pep angebo-ten. Amphetaminpräparate wie Dexedrin werden in der US-Air-Force, liebevoll als Go-Pills bezeichnet, seit langem fast wieKopfschmerzpillen an die Langstreckenpiloten verteilt, um sievor Schläfrigkeit und Konzentrationsabfällen zu bewahren.Nach der Landung gibt es dann No-go-Pills: Sedativa, die dieCrews wieder aus ihrer Euphorie befreien. Das Leben wirdpharmakologisch der Einsatzplanung angepasst. Wachseinund Schlaf lassen sich nach Bedarf an- oder ausknipsen.Überhaupt tut sich da eine ganz neue Perspektive auf, die bis-lang dem Science-Fiction-Terrain vorbehalten war: PerfekteWachmacher schaffen den „metabolisch dominanten“ Solda-ten, den Megakrieger, die optimale Kampfmaschine, die jedenTag aufs Neue eine exzellente physische und psychische Be-lastungsfähigkeit bietet.

Pharmakologischer Schlafentzug mag in Extremsituationenwie einem Kampfeinsatz zum Schutz der Soldaten eine Be-rechtigung haben, doch bedarf dessen auch ein Normalbürger,der unter Zeitdruck steht, um seine Prüfung bangt oder um seine Karriere kämpft oder nach einem frustrierenden Arbeits-tag hellwach seinem abendlichen Spaß nachkommen will?

Schlafmangel hat FolgenWilliam C. Dement, der große amerikanische Schlafforscher,prägte den Begriff der Schlafschuld, des verpfändeten Geis-tes. Schlafmangel lässt den Menschen mehr oder weniger ne-ben sich stehen. Seine Reizaufnahme- und Reaktionsfähigkeitist nicht mehr kalkulierbar.

Konsequenter Schlafentzug, ein beliebtes Hilfsmittel der Ge-heimdienstexperten, ist extrem wirksam. Einen Mann tagelangnicht schlafen zu lassen, wozu die Experten subtile Methodenentwickelt haben wie rund um die Uhr taghell ausgeleuchteteZellen, beim Einnicken einen Wasserschwall ins Gesicht oderFaustschläge in den Nacken, brutales Anschreien, das hält denSchlaf fern und führt zu Halluzinationen, psychotischen Stö-rungen. Schlafentzug macht krank, kann töten.

Kein Mensch ist den ganzen Tag über gleich bleibend wach.Der Grad der Wachheit verändert sich im Tagesablauf. Denwenigsten ist das wirklich bewusst. Die Phasen höchsterSchläfrigkeit liegen bei den meisten Menschen zwischen 3 Uhrnachts und 6 Uhr morgens oder zwischen 13 und 15 Uhr. Jederdurchläuft diesen fast normierten circadianen Rhythmus, dendie tief in unserem Gehirn verwurzelte innere Uhr vorgibt. Wennman sich schläfrig fühlt, wird die zentralnervöse Aktivierungheruntergefahren. Sobald in solchen Phasen äußere Reize undphysische Anforderungen schwinden und die Außenwelt sichgar monoton gibt, folgen Einschlafattacken, winzig kleineSchlafepisoden, der sogenannte Sekundenschlaf.

Schlaf – nur eine lästige Verrichtung? Manche Menschen schlafen gerne. Schlaf als besinnlicherRückzug ins Private. Ein Sichausliefern an die Macht der Träu-me. Der Luxus, sich im geschützten Raum des eigenen Schlaf-zimmers fallen zu lassen, ins Bett, in seine privaten Träume.Natürlich würde es die Ökonomie am liebsten sehen, wenn je-der 24 Stunden tätig wäre. Was aber würde das für uns bedeu-ten? Ein Leben im Hamsterrad? Statt Leben nur ein Funktio-nieren. Ohne Ende, ohne Anfang, ein Perpetuum mobile? Manwürde sich nicht mehr auf den Abend freuen, als Abschluss ei-nes Tages, nicht mehr auf den kommenden Morgen, an demwir alles noch einmal neu und anders angehen oder mit neuerEnergie fortsetzen können. Jede Nacht sozusagen ein kleinerUrlaub? So gesehen hat der Schlaf für die Menschheit viel-leicht doch noch eine Chance. Wir sollten uns das bewusstmachen, damit wir uns nicht eine große Köstlichkeit des Le-bens aus Torheit, aus Ignoranz vermasseln. Das Drittel unseresLebens, das wir zurückgezogen im Schlaf verbringen, ist mög-licherweise die königlichste Phase unseres Daseins.

Mehr über den Schlaf erfahrenSie auch auf dem „Thementag Schlaf“ am 28. September in Filderstadt:www.dasschlafmagazin.de

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Sekundenschlaf

Schlafattacken, die Leben kosten

Schlaf gilt als Balsam für unsere Seele. Wer gutschläft, fühlt sich tagsüber super, voller Elan und Taten-drang. Doch Schlaf kannauch tödlich sein – und zwarim Straßenverkehr, meistensauf der Autobahn. Gemeintist der berüchtigte Sekun-denschlaf. Die Wissen-schaftler bezeichnen ihnauch als Mikroschlaf.

Bei einem Horror-Unfall auf der Brenner-Auto-bahn starb eine dreiköpfige Familie aus Düs-

seldorf. Der Unfall passierte an einem Samstag ge-gen 8.30 Uhr. Der Audi prallte bei voller Fahrt aufeinen LKW aus Tschechien, der in einer Haltebuchtstand. Am Steuer saß die Mutter. Der Tacho sollnach dem Crash auf 200 km/h gestanden haben.Weil die Polizei keine Bremsspuren entdeckte, ge-hen die Ermittler von Sekundenschlaf aus. Der Auf-prall war so stark, dass das Auto teilweise unterden Lastwagen rutschte und Teile des PKWs bis zu100 Meter weit flogen.

Sekundenschlaf kann tödlich sein, wenn einendie winzige Müdigkeitsattacke in einer kritischenFahrsituation erwischt, etwa in einer Kurve, aus derman sich selbst ins Abseits katapultiert, besondersbei hoher Geschwindigkeit, oder auf einer geradeverlaufenden Landstraße, auf der einen die Schlaf-attacke innerhalb weniger Sekunden auf dieGegenfahrbahn geraten lässt und so in einer töd-lichen Frontalkollision endet. Früher stand im Pro-tokoll der Polizei: Ursache unbekannt. Heute istman klüger und weiß um die Gefahren des Sekun-denschlafs.

Was ist Sekundenschlaf eigentlich?Sekundenschlaf ist das ungewollte Einnicken, dasnur wenige Sekunden dauert. Ursachen dafür gibtes viele. Sekundenschlaf tritt im Straßenverkehr beiübermäßig langen und monotonen Fahrten auf.Das ist in erster Linie auf Autobahnen der Fall.

Man braucht nicht viel Fantasie dazu, sich dieMonotonie vorzustellen, der ein Fahrer ausgesetztist. Besonders einer, der einen LKW steuert. Mitdem Personenwagen kann man mal schneller, mallangsamer fahren, man überholt – man ist in stän-diger Aktion. Das hält wach. LKW-Fahrer müssenihr Vehikel mit regelmäßigem Tempo steuern, meis-tens auf der rechten Spur, meistens in Kolonne mitanderen LKW-Kollegen. Und wenn ein LKW einmalauf die Überholspur wechselt, dann hupen undblinken die PKWs, weil sie sich gestört fühlen undfür kurze Zeit abbremsen müssen.

Besonders gefährlich sind Nachtfahrten zwi-schen 2 und 5 Uhr morgens. Das hängt mit unsererinneren Uhr zusammen, mit dem Biorhythmus. Indieser Zeit ist der Körper auf Schlaf eingestellt undso steigt die Wahrscheinlichkeit, einmal kurz weg-zunicken.

Dr. Roxanne Dossak

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Ursachen für SchläfrigkeitSchläfrigkeit kann viele Ursachen haben. Diplom-psychologin Sabine Eller, Leiterin des Schlaflaborsder Klinik Schillerhöhe: „Teilweise können wir etwasdafür, teilweise tritt sie gegen unseren Willen ein.Es kann zum Beispiel sein, dass die Missachtungbestimmter Regeln, die dem gesunden Schlaf zu-träglich sind, unseren Schlaf beeinflusst. Das wäreetwa eine zu kurze Ruhezeit, die wir sträflicher-weise über Tage, über Wochen durchhalten. Eskönnen aber auch Folgen von Schichtarbeit sein,die uns nicht regelmäßig schlafen lassen und dann,wenn wir schlafen könnten, durch den Rhythmus,der uns nicht entspricht, vielleicht zu Schwierigkei-ten führen. Es gibt auch Verhaltensweisen wie star-kes Rauchen vor dem Schlafengehen oder großeEssensmengen, auch starker Alkoholgenuss, Kof-fein, Tein oder Aufputschmittel, die die Schlafqua-lität beeinträchtigen. Ferner wissen wir, dass auchKrankheiten unseren Schlaf beeinträchtigen, z. B.die Krankheit der unruhigen Beine, welche dieSchlafqualität vermindern. Ursache kann aberauch das Schlafapnoe-Syndrom sein, das dieSchlafarchitektur stört.“

Schläfrigkeit erkennenDie Augen beginnen langsam zu brennen, das Au-genzwinkern wird häufiger, gleichzeitig aber auchlangsamer, und die Pupillen verengen sich zuneh-mend. Außerdem beginnt man zu frösteln. Mangähnt überdurchschnittlich viel, reagiert nicht mehrso schnell wie sonst und macht mehr Fehler beimFahren, übersieht Verkehrsschilder oder Ausfahr-ten. Es fällt einem schwer, die Spur zu halten. Einweiteres typisches Anzeichen ist schlechte Laune –man wird plötzlich nervös oder aggressiv und regtsich über Sachen auf, die einen normalerweisekaltlassen würden. Oft kann man sich gar nichtmehr an die letzten gefahrenen Kilometer erinnernoder hat das Gefühl, nicht zu wissen, wo man ist.Und vielleicht fallen einem sogar für den Bruchteileiner Sekunde die Augen zu – das ist aber dannwirklich schon Alarmstufe Rot. Wer jetzt nicht aufseinen Körper hört und eine Pause macht, läuft Ge-fahr, dass er sein Auto – wenn auch nur für kurzeZeit – führerlos und damit unkontrolliert lässt.

Es ist sehr wichtig, auf die ersten Warnzeichenvon Schläfrigkeit zu achten, wenn man fährt, denndie Gefahr besteht darin, dass wir gar nicht sicher

bemerken und nicht einschätzen können, wie nahwir an einem Einschlafereignis sind. Doch dass wirmüde sind, merken wir, und dies ist eigentlich un-ser bestes Frühwarnsystem.

Aber auch der Sekundenschlaf mit offenen Au-gen ist tückisch, denn in diesem Zustand verarbei-tet das Gehirn die Wahrnehmungen der Augen sogut wie gar nicht mehr bzw. zu langsam, sodasseine Reaktion zu lange dauert. So verlängert sichdie Reaktionszeit schon nach einer vierstündigenNonstop-Fahrt um 50 %. Das bedeutet, dass sichdas Unfallrisiko verdoppelt. Nach sechs StundenFahrt ohne Unterbrechung steigt es sogar auf dasAchtfache. Ein müder Fahrer reagiert nicht nurlangsamer und beurteilt Situationen häufig falsch,sondern er überschätzt auch die eigene Leistungs-fähigkeit.

Das beste Mittel gegen Schläfrigkeit ist, vor einerweiten Fahrt nach einem langen Arbeitstag ausrei-chend zu schlafen. Das ist nicht immer möglich,vor allem dann, wenn LKW-Fahrer in ihrem Fahr-zeug in unbequemen Schlafkabinen Lärm und Hit-ze ausgesetzt sind. So schläft man schlecht. Dage-gen hilft nur ein Kurzschlaf. Auch bei Tag! DiesesPowernapping von zehn bis fünfzehn Minuten istdas Allerwirksamste, was man gegen Schläfrigkeittun kann. Besonders wirksam ist es, diesen Kurz-schlaf mit Koffein zu kombinieren. Kaffee sollteman schon vor dem Kurzschlaf trinken. Er brauchtrund 20 Minuten, um seine Wirkung zu entfalten.

Wer nachts schlecht schläft und sich dadurchtagsüber ständig unausgeruht fühlt, der leidetmöglicherweise unter krankhaftem Schnarchen mitAtemaussetzern (Schlafapnoe). Wer dies weiß undunbehandelt fährt, macht sich strafbar.

Der BSD (BundesverbandSchlafapnoe und Schlafstörun-gen Deutschland e. V.) bieteteine Audio-CD über Ursachendes Sekundenschlafs und Vorbeugungsmaßnahmen an.

Erhältlich ist diese CD beimBSD; Panoramastr. 673760 Ostfildern Preis: 8,- Euro

Mehr über den BSD:www.bsd-selbsthilfe.de

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Schnarchen kann gefährlich sein!

Das Schlafapnoe-Syndrom

Nicht jeder Mensch schnarcht. Es bedarf schonbesonderer Umstände, damit dieses Ge-

räusch entsteht. Die Muskelspannung lässt bei al-len Menschen im Schlaf nach. Auch die Muskeln imRachen und der Zungenmuskel, der die Zungenach vorne zieht, erschlaffen während des Schlafs.Rachenwand, weicher Gaumen und Zungenwurzelnähern sich bei der Einatmung durch den Sog, dervon der Lunge ausgeht, und durch die verringerteMuskelspannung einander an. Im Normalfall reichtdie Muskelspannung jedoch immer noch aus, umden Rachen weit genug offen zu halten, sodass dieLuft ungehindert hindurchströmen kann.

Anders beim Schnarcher: Hier kommt es auf-grund der entspannten Rachen- und Zungenmus-kulatur zu Verengungen. Im Bereich dieser Engstel-len strömt die Luft beim Einatmen schneller. Der

beschleunigte Luftstrom bringt die Weichteile imRachen verstärkt zum Vibrieren. Der Schlafendebeginnt zu schnarchen.

Schnarchen tritt vor allem dann auf, wenn manauf dem Rücken liegt. Die Zungenwurzel fällt in derRückenlage ein wenig nach hinten zur Rachen-wand hin; und da der Hauptzungenmuskel vor al-lem im Tiefschlaf entspannt ist, wird der Schwer-kraft nicht gegengesteuert. Die Folge: Es kommt zueiner Enge im Rachenraum; dadurch beschleunigtsich der Luftstrom, und die Weichteile im Rachenwerden in Schwingungen versetzt – das charakte-ristische Schnarchgeräusch entsteht.

Krankhaftes SchnarchenGefährlich wird das Schnarchen, wenn es dabei zueinem Verschluss der oberen Atemwege während

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Das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom ist ein Beschwerde-bild, das durch Atemstillstände während des Schlafs, sogenannte Apnoen, verursacht wird. Vordergründig manifestiert sich dieses Krankheitsbild durch ein welt-bekanntes, uraltes Phänomen: das Schnarchen.

Werner Waldmann und Marion Zerbst

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des Schlafs kommt und dadurch die Atmung zeit-weise aussetzt. Diese Atemaussetzer bezeichnetman als obstruktive (verschlussbedingte) Apnoen.Durch diese Atemstillstände wird der lebenswichti-ge Gasaustausch beeinträchtigt: Während derAtempausen sinkt der Sauerstoffgehalt des arte-riellen Blutes ab, da kein Nachschub aus der Atem-luft kommt. Infolgedessen kommt es auch zu ei-nem Sauerstoffmangel in den Körpergeweben, dievom Blut mit Sauerstoff versorgt werden. Gleich-zeitig kann das Kohlendioxid, das von den Zellenans Blut abgegeben wird, nicht mehr abgeatmetwerden: Der Kohlendioxidgehalt des Blutes steigtübermäßig an.

Der Sauerstoffmangel, der Anstieg der Kohlen-dioxidkonzentration im Blut und die verzweifeltenAtemanstrengungen des Schnarchers (der ja trotzseiner verschlossenen Atemwege nach Luft ringt)werden vom zentralen Nervensystem registriertund führen zu einer lebensrettenden kurzen Weck-reaktion, durch die der Patient wieder Luft be-kommt. Dieser erste Atemzug nach der Atempauseist in der Regel mit einem lauten Schnarchge-räusch verbunden, weil sich der Verschluss gelösthat, der Rachen aber noch eng ist und durch denhohen Atemantrieb aufgrund der kritischen Situa-tion die Einatmung besonders heftig erfolgt. Nach-dem die Atemwege nun offen sind und sich die At-mung normalisiert hat, schläft der Betroffene wie-der ein – bis zur nächsten Atempause.

Kommt es innerhalb einer Stunde zu mehr alszehn Atemaussetzern, spricht der Arzt von einerobstruktiven Schlafapnoe.

Ein Faktor, der Schnarchen und Schlafapnoe be-günstigt, ist Übergewicht. Doch auch mit zuneh-mendem Alter wird Schlafapnoe immer häufiger.Denn im Alter verringert sich unsere Muskelspan-nung mit dem Effekt, dass auch die Gewebeteile imRachenraum schlaffer werden.

Aber selbst Jugend und Schlankheit sind keineAnti-Schnarch-Garantien: Es gibt auch junge Men-schen, die topfit sind, kein Gramm zu viel auf denHüften haben und trotzdem schnarchen wie dieWeltmeister.

Diagnose im SchlaflaborOb man an Schlafapnoe leidet, wird im Schlaflabordiagnostiziert. Dieser stationären Untersuchunggeht eine Voruntersuchung beim niedergelassenen

Facharzt voraus, der den Verdacht auf Schlafapnoefeststellt. Im Schlaflabor werden am Körper des Pa-tienten Sensoren mit Kabeln befestigt. So wird eineReihe von Körperfunktionen registriert, aus denenman eine Schlafapnoe feststellen kann. Zur Be-handlung erhält der Patient ein Überdruckbeat-mungsgerät mit einer Maske. Dieses hilft, die ge-fährlichen Atemaussetzer beim Schlafen zu verhin-dern.

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Selbsthilfe in Baden-Württemberg:Schlafapnoe-Patienten helfen sich gegenseitig

Die Behandlung einer Schlafapnoe wirft bei vielen Betroffenen Proble-me und Fragen auf. Natürlich unterstützt der Arzt seine Patienten da-bei, doch in der Praxis sind die Erfahrungen anderer Patienten, dieschon länger mit dieser Krankheit zu tun haben, sehr viel wertvoller. In Baden-Württemberg existieren 19 regionale Selbsthilfegruppen, dieim Landesverband Baden-Württemberg Schnarchen – Schlafapnoevereint sind. Die einzelnen Gruppen veranstalten regelmäßig Grup-penabende, auf denen Schlafmediziner Vorträge zu Problemen diesesKrankheitsbildes halten und im Gespräch konkrete Fragen der Betrof-fenen besprechen. Hilfreich ist besonders das Gespräch mit erfahre-nen Patienten, die inzwischen wissen, wie man Probleme mit Gerätund Maske löst. Der Landesverband bietet eine eigene Website an, auf der die Kon-taktdaten und Veranstaltungstermine der Gruppen verzeichnet sind.Außerdem gibt es dort zahlreiche Informationen zu diesem Krank-heitsbild, darüber hinaus findet man aktuelle Beiträge aus Presse,Funk und Fernsehen.

Landesverband Baden-Württemberg Schnarchen – Schlafapnoe e. V., Ulrich ObergfellE-Mail: [email protected]: www.lvbwss.de

Bei der nächtlichen Untersuchung im Schlaflabor werden zahlreiche Körperfunk-tionen registriert wie z. B. die Hirnströmeund die Herzaktivität, der Atemstrom an derNase, Herzschlag und Sauerstoffsättigungdes Bluts, Augen- und Atembewegung unddie Muskelspannung des Kinns. Der QR-Code führt Sie zu einer ausführlichen Beschreibung darüber, was im Schlaflaborim Einzelnen geschieht.

www.dasschlafmagazin.de/archiv/schlaflabor-untersuchung.html

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Wenn Schmerzen die Nacht zur Qual machen

Wer ständig unter Schmerzen leidet, schläft meist schlecht. Der gestörte Schlaf erhöht wiederum die Schmerzempfind-lichkeit – ein Teufelskreis, ausdem den Patienten oft nur ein erfahrener Schmerztherapeutheraushelfen kann. Wir sprachenmit Dr. med. Gerhard H. H. Müller-Schwefe, der das RegionaleSchmerz- und Palliativ-ZentrumGöppingen leitet und Präsidentder Deutschen Gesellschaft fürSchmerztherapie ist.

Welche Wechselwirkungen gibt es zwischenSchmerz und Schlaf?Dr. Müller-Schwefe: Schlaf ist die Phase immenschlichen Leben, die ganz entscheidend dazubeiträgt, dass wir uns erholen und tagsüber leis-tungsfähig sind. Im normalen, gesunden Schlaf fal-len wir in regelmäßigen Zeitabständen in Schlafsta-dien, die für unsere körperliche und geistige Rege-neration besonders wichtig sind. Das sind zumBeispiel die Tiefschlafphasen 3 und 4. Menschenmit chronischen Schmerzen erreichen dieseSchlafphasen eigentlich nie, das heißt, sie habeneinen sehr oberflächlichen Schlaf. Viele Schmerz-

patienten leidenaußerdem unter Ein-schlafstörungen, weilsie keine Position fin-den, in der sie über-haupt in den Schlafkommen können; undwenn sie dann end-lich eingeschlafensind, werden sie häu-fig wieder wach. Zwar

sind kurze Aufwachreaktionen, sogenannte Arou-sals, durchaus normal; aber diese Patienten wer-den von ihrem Schmerz so quälend geweckt, dasssie hinterher nicht mehr einschlafen können.

Solche Menschen durchleiden häufig schlechteNächte, und in der Konsequenz sind ihre Lebens-qualität und Leistungsfähigkeit bei Tage natürlichauch sehr beeinträchtigt. Deshalb fragen wir unse-re Patienten mit chronischen Schmerzen in allerRegel nicht nur nach Schmerzintensität undSchmerzdauer, sondern wollen auch wissen: Ha-ben Sie ausreichend Schlaf, und ist dieser Schlafungestört? Das ist für die Beurteilung der Beein-trächtigung der Lebensqualität durch Schmerzenein ganz wichtiges Kriterium.

Welche Schmerzen stören den Schlaf am meisten?Dr. Müller-Schwefe: Besonders störend sind zweiArten von Schmerzen: zum einen Nervenschmer-zen, die typischerweise prickelnd und brennendsind oder sich wie Ameisenlaufen anfühlen, häufigverbunden mit Berührungsmissempfindungen –diese Patienten können oft das Nachthemd oder

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Schmerz- und Palliativ-Zentrum GöppingenDr. med. Gerhard H. H. Müller-SchwefeSchillerplatz 8/1,73033 GöppingenTel.: 07161 9764-5Fax: 07161 9764-97E-Mail: [email protected]: www.mueller-schwefe.de

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die Bettdecke auf den Füßen nicht ertragen. Sol-che Nervenschmerzen oder neuropathischeSchmerzen, wie sie z. B. bei Diabetikern vorkom-men, sind bei Ruhe und nachts häufig stärker.

Die zweite Art von Schmerzen, die sich nachtsverschlimmert, rührt vom Muskelsystem her. UnserBewegungssystem ist auf Dynamik ausgelegt. DerMensch ist eben ein Lauftier und kein Sitztier; wirsind von unserer Konstruktion her Savannen- undSteppenläufer, aber wir haben unsere Lebensweiseinzwischen komplett verändert: Die meiste Zeit sit-zen oder stehen wir oder sind zumindest nicht inBewegung, und das führt sehr häufig zu Störungenvor allem der körperaufrichtenden Muskulatur. Die-se Muskeln neigen dazu, sich zu verkürzen, wennsie nicht bewegt werden. Nachts, wenn die Musku-latur sich in Ruhe befindet, werden diese Schmer-zen besonders quälend. Schulterschmerzen, diesich in der Nacht verstärken und die Patienten we-cken, gehen in aller Regel von der Muskulatur aus.Auch an Schmerzen im Wirbelsäulenbereich sindmeist nicht die Bandscheiben schuld, sondern ver-kürzte Muskeln. Wenn diese Patienten morgensaufstehen, ist das am Anfang häufig mühsam;doch sobald sie sich wieder bewegen und „in dieGänge kommen“, bessert sich der Schmerz. Hinzukommt noch, dass diese beiden Schmerztypeneine hohe emotionale Komponente haben: Sie sindextrem quälend und machen die Menschen sehrmissmutig und übellaunig.

Wie geht man therapeutisch vor, um solcheSchmerzen und die damit einhergehendenSchlafstörungen in den Griff zu bekommen?Dr. Müller-Schwefe: Zunächst einmal gilt es her-auszufinden, ob die Schlafstörung wirklichschmerzbedingt ist. Es gibt nämlich auch andereErkrankungen, die den Schlaf massiv beeinträchti-gen, beispielsweise können das Depressionensein.

Wenn jedoch tatsächlich Schmerzen die Ursa-che für die Schlafstörung sind, ist eine effektiveSchmerzdiagnostik und -therapie oberstes Gebot.Zunächst muss analysiert werden, welche Ursachedem Schmerz zugrunde liegt; und dieses Problemmuss man dann gezielt therapieren.

Mit welchen Medikamenten werden Schmerzenbehandelt?

Dr. Müller-Schwefe: Es gibt ein Medikament, dassehr selektiv an der Muskulatur und der Übererreg-barkeit der muskelversorgenden Nervenfasern an-greift. Das ist der Kaliumionenkanalöffner Flupirtin(Katadolon®), ein Medikament, das den Mecha-nismus verstärkt, mit dem Nervenzellen ihren Ru-hezustand herstellen. Eine Nervenzelle muss nachjeder Aktion abschalten, wieder zur Ruhe kommen,um anschließend wieder erregbar zu sein; und Flu-pirtin verstärkt diesen Mechanismus über die Öff-nung von Ionenkanälen. Das führt dazu, dass ver-kürzte, überaktive Muskulatur sich wieder mehrentspannt und dass Lernprozesse (die bei der Ent-stehung chronischer Schmerzen stets beteiligtsind) unterbrochen werden: Die Nervenzellen be-kommen jetzt nicht mehr permanent Schmerzinfor-mationen. Und sobald die Patienten dank diesemMedikament weniger Schmerzen haben, schlafensie auch wieder besser.

Es gibt auch noch andere Arzneimittel, die in derSchmerztherapie eine wichtige Rolle spielen. Dassind die trizyklischen Antidepressiva – Medikamen-te, die ursprünglich zur Behandlung von Depres-sionen entwickelt wurden, von denen wir aber heu-te wissen, dass sie ebenfalls Ionenkanäle an Mus-kel- und Nervenzellen stabilisieren. Diese Mittelwirken sehr gut muskelentspannend und schlafin-duzierend. Und häufig reichen zur Schmerzbe-kämpfung schon sehr viel niedrigere Dosen aus,als man sie zur Bekämpfung von Depressionenbraucht.

Gegen Nervenschmerzen helfen Arzneimittel, dieauch gegen Epilepsie eingesetzt werden. Auch siestabilisieren die Nervenzellmembranen und lindernnicht nur den Schmerz, sondern verbessern oftauch die Schlafqualität deutlich. Außerdem arbeitetdie Schmerztherapie mit starken Schmerzmittelnwie beispielsweise Opioiden, weil eine guteSchmerzkontrolle entscheidend dafür ist, dass sichdie Schlafarchitektur wieder normalisiert.

Darüber hinaus kann es durchaus sinnvoll sein,Schmerzpatienten zumindest am Anfang auch ver-schreibungspflichtige Schlafmittel wie beispiels-weise Zolpidem zu verordnen.

Bei welchen Arten von Schmerzen werden Opioide eingesetzt?Dr. Müller-Schwefe: Leider gibt es keine gutenPrädiktoren, anhand derer man voraussagen kann,

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welche Schmerzen auf Opioide reagieren und wel-che nicht. Opioide spielen immer dann eine wichti-ge Rolle, wenn Schmerzen chronisch werden. Siehaben den Vorteil, körpereigene Schmerzbekämp-fungssysteme zu imitieren. Der Körper verfügt überverschiedene Schmerzkontrollsysteme; eines da-von arbeitet mit Endorphinen, sogenanntenGlückshormonen. Dieses Endorphinsystem ist einSchutzmechanismus, der es uns ermöglicht, in kri-tischen Situationen zu überleben. Für unsere Vor-fahren war es überlebenswichtig, bei Verletzungennicht zurückzubleiben und aus dem Rudel ausge-stoßen zu werden. Denn sonst wurde man entwe-der vom Tiger gefressen oder war nicht mehr in derLage, das Mammut zu jagen. In Krisensituationenmuss der Schmerz schnell und effektiv kontrolliertwerden; und da wird unser körpereigenes En-dorphinsystem schlagartig aktiviert. Das erlebenwir auch heute noch bei Unfallopfern, die schwerverletzt sind und dem Notarzt trotzdem sagen:„Was wollen Sie denn? Mir fehlt doch gar nichts.“

Dieses System können wir nutzen, indem wir diekörpereigenen Botenstoffe durch pflanzliche Mor-phinpräparate ersetzen, die genau an den gleichenRezeptoren andocken wie die körpereigenen En-dorphine. Diese Substanzen sind auch gut verträg-lich, weil unser Organismus sie von sich selbst herkennt: Sie verstärken lediglich körpereigene Reak-tionen.

Was kann man noch gegen Schmerzen tun, außer Arzneimittel einzunehmen?Dr. Müller-Schwefe: Medikamente sind natürlichnur ein Baustein der Schmerztherapie. Sie schaf-fen häufig erst die Voraussetzung dafür, dass Pa-tienten wieder aktiv etwas gegen ihren Schmerztun können. Aber eine sinnvolle Schmerztherapieaktiviert die körpereigene Schmerzkontrolle auchnoch auf anderen Wegen, beispielsweise durchAkupunktur oder durch Reizstromverfahren wie dietranskutane Nervenstimulation, bei der über aufge-legte Hautelektroden mit schwachen Strömen Ner-ven, Akupunkturpunkte oder Muskeln stimuliertwerden, um im Rückenmark schmerzhemmendeFasern zu aktivieren. Ferner arbeiten wir auch mitVerfahren der psychologischen Schmerztherapie.Wir bezeichnen das als „Fakirtechniken“: Es sindschmerzdistanzierende Verfahren, bei denen derPatient lernt, dass der Schmerz zwar noch da ist,

aber nicht mehr eine so bedeutsame Rolle spielt –so wie der Fakir sich aufs Nagelbrett legt und dabeiden durch die spitzen Nägel verursachtenSchmerzreiz ausblenden kann. Bei diesen auto-suggestiven Verfahren beeinflussen die Patientenihre Schmerzkontrolle über bestimmte Vorstellun-gen, z. B. mithilfe meditativer Verfahren. Es gibtaber auch körperorientierte Behandlungsmetho-den wie beispielsweise Biofeedback, bei dem manmit Messsonden Muskelspannung abgreift und fürden Patienten auf einem Computerbildschirmsichtbar und hörbar macht. Über diese Rückkop-pelung lernt er, die Spannung seiner Muskulatur sozu beeinflussen, dass eine erhöhte Muskelspan-nung bereits in ihrem Entstehungsprozess unter-brochen werden kann. Das Gleiche funktioniertübrigens auch mit den Blutgefäßen bei Migränepa-tienten: Da greifen wir die Schläfenarterie ab undmachen deren Weit- oder Engstellung für den Pa-tienten wahrnehmbar. So kann er lernen, bei einemMigräneanfall die Gefäße seiner Hirnhäute eng zustellen.

Was ist mit der bei Rückenschmerzen so häufigverordneten Krankengymnastik?Dr. Müller-Schwefe: Natürlich spielen auch Verfah-ren, die das gestörte Bewegungssystem wiederverbessern, eine wichtige Rolle. Schmerzpatientenbewegen sich in aller Regel nicht oder nicht mehr;oder ihre Schmerzen sind überhaupt erst aus demBewegungssystem entstanden. Früher glaubteman, dass bei Rückenschmerzen Bettruhe hilft.Das sieht man heute völlig anders: Schmerzpatien-ten – vor allem, wenn sie unter Rückenschmerzenleiden – brauchen Aktivität. Die Muskulatur, die aufBewegung ausgelegt ist, benötigt Dynamik, dennwenn wir sie nicht benutzen, verkümmert sie sehrschnell. Auch Gelenke und Gelenkkapseln ziehensich bei Inaktivität zusammen, sodass die Gelenkedann nicht mehr beweglich sind, was neueSchmerzen erzeugt. Deshalb ist aktives Training einganz entscheidender Faktor. Das geht aber natür-lich nur, wenn die Patienten keine Schmerzen ha-ben – oder zumindest so wenig, dass sie sich be-wegen können.

Die moderne Schmerztherapie ist multimodal.Das heißt, dass dabei gezielt verschiedenste Ver-fahren der Schmerzbekämpfung in Kombinationmiteinander zur Anwendung kommen: Arzneimittel,

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Verfahren der Anästhesie zur Unterbrechung vonSchmerzinformationen, Stimulationsverfahren wiedie Akupunktur und die transkutane Nervenstimu-lation, aber auch die psychologische Schmerzthe-rapie, Verhaltensmodifikation und Trainingsthera-pie. Dieses Therapiekonzept ist um Klassen effekti-ver als die herkömmliche Behandlung, die in derRegel einen Aspekt nach dem anderen abzuarbei-ten versucht.

Welches Training empfehlen Sie Ihren Patienten?Dr. Müller-Schwefe: Bei den meisten Patientensind durch Inaktivität oder Fehlhaltungen Muskel-gruppen verkürzt. Und verkürzte Muskulatur verur-sacht extrem schnell Schmerzen, weil dadurchSchmerzrezeptoren aktiviert werden. Dagegenmüssen die Patienten selbst etwas tun – zum Bei-spiel mit sogenannten postisometrischen Entspan-nungsübungen, bei denen man einzelne Muskelngezielt anspannt und nach 20 Sekunden wieder lo-cker lässt. Dadurch geht der Muskel in eine tiefereEntspannung als vorher. Das sind Techniken, diePatienten aufgrund der vom Schmerztherapeutendurchgeführten Analyse jeden Tag zu Hause durch-führen und durch die sich viele gestörte Funktionenwiederherstellen lassen: So verbessern sich da-durch beispielsweise Beweglichkeit und Gelenk-funktion. Ferner müssen Koordination, Kraft undAusdauer trainiert werden. All diese Komponentenspielen bei Rückenschmerzen eine wichtige Rolle.Aber die klassische Methode – dass der Hausarztoder Orthopäde dem Patienten sechsmal Kranken-gymnastik verschreibt, und dann muss es wiedergut sein – funktioniert bei Patienten mit chroni-schen Schmerzen nicht.

Sind chronische Schmerzen überhaupt heilbar?Dr. Müller-Schwefe: Wie bei den meisten chroni-schen Erkrankungen ist eine Heilung in vielen Fäl-len nicht möglich. Chronische Schmerzpatientenbrauchen häufig eine dauerhafte medizinische Be-treuung, genau wie Diabetiker. Durch die heute zurVerfügung stehenden Therapiemaßnahmen lassensich die Schmerzen aber zumindest so weit lin-dern, dass sie für den Patienten erträglich werdenund er gut damit leben kann.

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Augen zu und schlafen

„Der Schlaf ist für den ganzen Menschen, was das Aufziehenfür die Uhr ist“ (Schopenhauer).

Während des Schlafens erholen sich Körper, Geist und Seele und wergut schläft, kann das Leben besser genießen.

Abend für Abend erleben wir das Gleiche: Wir werden müde, legenuns ins Bett, schlafen ein und wachen nach etwas mehr oder wenigerals sieben Stunden wieder auf. Etwa ein Drittel unseres Lebens ver-schlafen wir. Doch die Nachtruhe kann durch Schlafstörungen gefährdetsein. Hellwacher Notstand im Bett – Jeder dritte Erwachsene leidet zu-mindest gelegentlich daran, schläft nicht ein, schläft nicht durch oderwacht morgens zu früh auf.

Seit Jahrtausenden hat der Schlaf die Menschen beschäftigt. Er galtals ein „Gott der Nacht“ oder als „kleiner Bruder des Todes“ und stetsals ein unerklärliches Mysterium. Die alten Griechen baten deshalb ih-ren Gott Morpheus um Hilfe. Denn auch sie wussten, den Schlaf kannman nicht erzwingen. Damals pflegte man auch ein Sprichwort: „DerSchlaf ist wie ein Vogel, der sich einem auf die Hand setzt. Greift mandanach, so fliegt er weg.“

Glücklich ist, wer seinen Schlaf regelmäßig findet und sich dabei zuentspannen und zu erholen vermag. Doch vielen gelingt genau dasnicht: Stress und Sorgen lassen sie wach liegen und grübeln. Aber auchKrankheiten von Herz und Lunge, Schmerzen und seelische Störungenkönnen den Schlaf rauben. Und wer abends zu viel isst und bis zu spä-ter Stunde fernsieht, braucht sich nicht zu wundern, wenn ihm die Ruheder Nacht versagt bleibt.

Versuchen Sie deshalb, bereits den Abend entspannt zu verbringen,und nehmen Sie Ihre Probleme nicht mit ins Bett. Denken Sie beim Ein-schlafen lieber an Goethe: „Süßer Schlaf, du kommst wie reines Glück,ungebeten, unerfleht am willigsten.“

Gesundheit beginnt im KopfDie Kolumne von Dr. Suso Lederle

Dr. med. Suso LederleCharlottenstraße 470182 Stuttgart Tel.: 0711 241774E-Mail: [email protected]

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So können Sie vorbeugen

Rückenschmerzen – eine weitverbreitete VolkskrankheitSchätzungen zufolge leiden rund 40 % aller Menschen in Deutschland unter Rücken-schmerzen – und es werden immer mehr. Denn unsere Lebensweise ist alles andere als rückenfreundlich: sitzende Tätigkeit bei wenig Bewegung – und jede Menge Stress. All das ist Gift für den Rücken. Zum Glück kann man einiges tun, um Rückenschmerzen vorzubeugen.Wir sprachen mit Michael Brüderlin, der in Göppingen ein Reha- und Gesundheitszentrum für Menschen mit Rücken- und Gelenkproblemen leitet.

Kann man – egal in welchem Alter – irgendetwastun, um seinen Rücken gesund zu halten?Michael Brüderlin: Je früher man damit anfängt,umso sinnvoller ist es. Doch leider denken vieleMenschen, solange sie noch keine Beschwerdenhaben, gar nicht darüber nach, dass man da etwastun könnte. Es gibt eine interessante Studie, diebesagt, dass Rückenschmerzen von Natur aus ei-gentlich gutartig sind und meistens von selbst wie-der abklingen. Erstmalig auftretende Rücken-schmerzen müssen also keinen großen Behand-lungsbedarf haben; allerdings sollte man spätes -tens dieses Warnsignal zum Anlass nehmen, umetwas für seinen Rücken zu tun.

Kann man Rückenschmerzen vorbeugen?Michael Brüderlin: Neben regelmäßiger Bewegungist gerade bei Rückenschmerzen auch die Entspan-nung oder Stressbewältigung ganz wichtig. Denndie meisten Menschen haben heute viel zu vielStress im Beruf. Und Stress führt zu der berüchtig-ten Flucht-oder-Angriff-Reaktion: Der Blutdrucksteigt, das Herz schlägt schneller – und die Musku-latur spannt sich an. Dauerstress kann daher sehr

leicht zu ständigenMuskelverspannun-gen führen. Da kannman gar nicht früh ge-nug gegensteuern:z. B., indem man Ent-spannungsübungenwie autogenes Trai-ning oder progressiveMuskelentspannung

erlernt und regelmäßig praktiziert. Die beste Vor-beugung ist ein vernünftiger Lebensstil. Damit mei-ne ich, dass man trotz Stress und Zeitknappheitwenigstens für eine körperliche Mindestfitness sor-gen sollte. Schon Turnvater Jahn setzte sich mitdem Motto „Frisch, fromm, fröhlich, frei“ für regel-mäßige körperliche Aktivität ein. Heute heißt esstattdessen „Fett, faul, Fernseher, Flaschenbier ...”Ein normaler Mensch sollte noch in der Lage sein,fünf Liegestütze zu machen, fünf bis zehn Bauch-aufzüge, ein Mann zusätzlich vielleicht noch zwei,drei Klimmzüge. Außerdem sollte man in der Lagesein, 30 Sekunden auf einem Fuß zu stehen, ohneumzukippen. Denn auch eine gute Bewegungsko-ordination ist wichtig, um den Rücken intakt zu hal-ten. Das alles sollte man einmal testen, solangeman noch keine Beschwerden hat; und wenn mandann feststellt, dass das nicht mehr so richtig geht,ist es höchste Zeit, regelmäßig etwas für seine Fit-ness zu tun.

Wie kann man dabei gezielt vorgehen?Michael Brüderlin: Indem man anfängt, regelmäßigetwas zu tun, z. B. ein paar Übungen zu Hause,macht man schon eine Menge, um Rückenproble-men vorzubeugen. Es ist sinnvoll, auch einenRückenschulkurs zu absolvieren. Diese Kurse sindals Prävention gedacht – um Anregungen zu be-kommen, was für Übungen man zu Hause machenkann. Im Rückenschulkurs erhält man Grundkennt-nisse über Aufbau und Funktion seines Rückens,erfährt, wie Alltagsaktivitäten sich rückenschonendbewältigen lassen, und erlernt Kräftigungs- undEntspannungsübungen.

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Michael BrüderlinReha Zentrum BRÜDERLINUlrichstraße 2173033 GöppingenTel.: 07161 [email protected]

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Nach einem gewaltigen Donner-wetter am Sonntagmorgen

wird der Himmel freundlich undPunkt 10 Uhr befanden sich 30 gutgelaunte Teams am Start zum 2.Esslinger Lauffieber. Es war ein Staffel-lauf für jedermann, für Jung und Alt,ohne Zeitmessung, ohne Wettkampf-druck, für Familien und Freunde. JedesTeam bestand aus 3 Läufern. 3, 5,5 und9 km lang waren die Strecken mit unter-schiedlichem Profil.

Sport, Bewegung und gute Stim-mung war die Vision von Sigrid Fialavom GesundheitsCenter FIALA undLaufschuhwerk. Rafael Treite hat mitseiner gekonnten Moderation zur gutenStimmung beigetragen. Auch in diesemJahr ist der Erlös für einen guten Zweckbestimmt. Die kompletten Anmeldege-bühren werden an den Verein „Runningfor Kids“ gespendet.

Die Streckenposten des TV Hegens-berg leiteten die Läufer gekonnt überdie Streckenabschnitte und MatthiasRedemann vom Fiala-Team fuhr noch-mals die gesamte Strecke ab, damit

kein Läufer verloren gehen konnte. DasTeam „Die Stadt“ mit der Nr. 1 wurdevon Max Pickl vom Sport- und Schul-amt, Siggi Beck von Non-Plus-Ultraund Anna-Lena Diller vertreten. Wie imletzten Jahr sind diese drei Läufer einehervorragende Zeit gelaufen.

Auch Firmen wie z. B. Hengstenbergwaren mit drei Teams am Start. Anstelleeiner Tombola wurden von Hengsten-berg Gurken und Senf gespendet. VieleSponsoren haben das Lauffieber nichtnur finanziell, sondern auch mit Teamsunterstützt. Sigrid Fiala freut sich überdieses Engagement und bedankt sichbei allen Beteiligten.

Hermann Beck, der erste Vorsitzendevom TV-Hegensberg, und seine Vereins-freunde haben die Läufer anschließendmit frisch gegrillten Köstlichkeiten ver-wöhnt.

Laufspaß für die ganze Familie:2. Esslinger Lauffieber am Jägerhaus

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mit den Therapieverfahren der anthroposo-phischen Medizin zu einem individuellen und

ganzheitlichen Therapiekonzept.

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Diagnostik: Onkologische Diagnostik mit Spiral-CT und MRT Endoskopie ImmunlaborBeratung: Interdisziplinäre Tumorkonferenzen

Second-Opinion-ZentrumTherapie: Tumorchirurgie Chemotherapie,

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onsbehandlung Ernährungsmedizin Psychoonkologie, Heileurythmie, Musik-,

Kunst- und Farblichttherapie Physiotherapie und äußere Anwendungen

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Gespräch mit Klinikmanager Prof. Dr. med. Jörg Martin

Patientenwohl oder WirtschaftlichkeitÄrzte behandeln die Patienten im Krankenhaus. Das Sagen hat aber die Geschäftsführung. Sie verantwortet, obdie Klinik schwarze Zahlen schreibt oder rote. Letzteres ist der Fall, wenn sie für die Arbeit der Ärzte mehr aus-gibt, als sie von den Krankenkassen bekommt. Klinikmanager sind meist Kaufleute, die sich mit Bilanzen aus-kennen. Es gibt aber auch eine seltene Kombination eines Klinikmanagers: Arzt mit betriebswirtschaftlicher Zusatzausbildung. Prof. Dr. med. Martin, bis vor Kurzem Chef des Göppinger Krankenhauses am Eichert, war ursprünglich Anästhesist. Werner Waldmann sprach mit ihm über Gesundheit, Geld und den Spagat zwischenMedizin und Ökonomie.

Herr Prof. Martin, Sie sind Arzt und Klinikmana-ger. Diese beiden Professionen vertreten imKrankenhaus gegensätzliche Positionen. DerArzt sieht das Wohl des Patienten, der Ge-schäftsführer die Klinik als Unternehmen. Zumin-dest auf den ersten Blick. Der Arzt sieht sich in-zwischen jedoch gezwungen, die Wirtschaftlich-keit seiner Arbeit mit zu bedenken, und der Ma-nager muss auch ans Patientenwohl denken –zumindest unter der Prämisse, dass der gute Rufdes Hauses auch guten Zahlen dient. Dennoch:Bedarf es nicht eines gehörigen Spagats, als Klinikmanager und Mediziner in einer Person imSpannungsfeld zwischen den Anforderungen derMedizin und den heutigen ökonomischen Zwän-gen zu arbeiten?Prof. Martin: Ein Spagat ist das immer, doch alsArzt habe ich den Vorteil, die Abläufe der medizini-schen Arbeit zu verstehen. So kann ich besserunterscheiden, ob medizinische Maßnahmen wirk-lich sinnvoll sind oder nicht. Insofern finde ich, dasses eine fast ideale Kombination ist, Arzt und Mana-ger eines Krankenhauses zu sein.

Haben Sie sich auch schon früher mit betriebs-wirtschaftlichen Gesichtspunkten befasst?Prof. Martin: Ich befasse mich schon seit 15 Jahrenmit betriebswirtschaftlichen Aspekten. Ich kommezunächst aus dem Qualitätsmanagement und derQualitätssicherung. Seit Einführung des neuen Ab-rechnungssystems, der DRGs, habe ich mich ver-mehrt mit ökonomischen Gesichtspunkten der Me-dizin, insbesondere des Krankenhauses, befasst.

Wenn neue Therapiemethoden auf den Marktkommen, werden diese in den Krankenhäusern

offenbar sehr schnell und intensiv genutzt. Geschieht dies nicht zuerst einmal unter dem Aspekt der Erlössteigerung?Prof. Martin: Dies wird uns gerade in der letztenZeit häufig unterstellt. Doch sind unsere Patientenden Angeboten der Kliniken nicht ausgeliefert. Esist heute möglich und wird auch von den Kranken-kassen propagiert, sich eine unabhängige Zweit-meinung einzuholen bzw. sich von einem anderenArzt noch einmal beraten zu lassen. Bevor die Pa-tienten zu uns kommen, gehen sie ja zuerst einmalzu ihrem Hausarzt, eventuell noch zu einem Fach-arzt, und erst dann wird entschieden, welche Be-handlung notwendig ist. Der Arzt draußen in derPraxis überweist den Patienten dann zu uns. Inso-fern können wir in der Klinik nicht machen, was wir wollen. Zudem ist nicht alles Neue an sichschlecht, nur weil es neu ist. Ohne Innovationengäbe es in der Medizin keinen Forschritt. Deshalbist es schon fahrlässig, neu angebotene Therapienvon vornherein als vordergründige Möglichkeit zudiskreditieren, mit der das Krankenhaus mehr Geldverdient.

In letzter Zeit sind bariatrische Operationen (diesogenannte Adipositaschirurgie) bei schwerge-wichtigen Menschen im Gespräch. Diese Opera-tionstechnik – Magenband, Magenbypass usw. –ist durchaus heikel und bedarf aufwändiger prä-und postoperativer Nachsorge.Prof. Martin: Das ist ein schönes Beispiel für dieseProblematik. Wir haben uns hier in Göppingen auchmit diesem Thema beschäftigt. Und wir haben auchmit den Krankenkassen gesprochen, denn diemüssen die Eingriffe letztendlich bezahlen. Es gibteinige Zentren, die hier in der Gegend bariatrisch

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operieren: Esslingen, Bad Cannstatt, das Marien-hospital. Aufgrund der zu erwartenden geringenFallzahlen und der somit geringen Erfahrung, diewir sammeln könnten, haben wir dieses Themawieder fallenlassen. Ich denke, eine solche Ent-scheidung muss zuerst der Arzt treffen, denn erweiß, dass die Anzahl bestimmter Eingriffe derenQualität ausmacht. Eine solche Entscheidung lässtsich nicht zuerst aus betriebswirtschaftlichenGründen treffen.

Stehen Geschäftsführer privat geführter Häuser,die Rendite für ihre Aktionäre erwirtschaftenmüssen, unter einem stärkeren Kommerzialisie-rungsdruck als die Geschäftsführer kommunaleroder konfessioneller Träger?Prof. Martin: Die Geschäftsführer privater Häuserstehen sicherlich unter einem anderen Druck alsdie Kollegen kommunaler oder konfessionellerHäuser. Doch man muss sagen, dass auch in priva-ten Häusern eine sehr gute Medizin gemacht undauch der Versorgungsauftrag erfüllt wird.

Ist das DRG-System, nach dem in Krankenhäu-sern grundsätzlich nach Fallpauschalen abge-rechnet werden muss (egal wie kompliziert eineBehandlung im individuellen Fall ist), ein Segenoder ein Fluch für das Patientenwohl?Prof. Martin: Das DRG-System ist beides. Ein Se-gen, weil man damit ein einfaches, unkompliziertesAbrechnungssystem hat. Auf der anderen Seite istes natürlich schon so, dass das System immer wie-der nachjustiert werden muss. So lässt sich die Ar-beit der Krankenhäuser derzeit nur durch Mengen-steigerung finanzieren. Das DRG-System mussalso dringend nachgebessert werden, doch dashaben die Verantwortlichen erkannt, und da wirdauch etwas passieren.

Stichwort Zielvereinbarungen: In der Industriesind solche Vereinbarungen gang und gäbe undsinnvoll. Aber Zielvereinbarungen mit Chefärztenzu treffen, heißt das nicht: einfach nur mehr Um-satz zu machen, mehr Patienten in kurzer Zeitdurchzuschleusen?Prof. Martin: Auch wir haben in unsere neuenChefarztverträge seit vier oder fünf Jahren Zielver-einbarungen aufgenommen. Diese sind bei uns im-mer dreigeteilt: Die erste Zielvereinbarung betrifft

die Qualität. Das wird mit dem Chefarzt gemein-sam besprochen. Zum Beispiel haben wir mit demChefarzt der Chirurgie im letzten Jahr die Einfüh-rung der so genannten „patient safety card“ verein-bart. Dabei geht es um eine Checkliste im OP, mitderen Hilfe verschiedene Punkte abgefragt werden,die der Sicherheit des Patienten dienen. Das zweiteZiel ist ein Prozessziel: Der Chefarzt ist verpflichtet,Teilbereiche seines Verantwortungsbereichs neu zuorganisieren. Und das dritte Ziel ist ein ökonomi-sches. Es bezieht sich aber nicht auf die Anzahl be-stimmter Operationen, sondern auf das gesamteBudget. Wenn der Chefarzt sein Budgetziel nicht er-reicht, muss er nicht unbedingt mehr operieren, erkann auch Personal- oder Sachkosten einsparen.

Bonuszahlungen beflügeln die Arbeitslust derMitarbeiter, da geht’s um Geld, und mancherschaut zu Recht auf die eigenen ökonomischenVorteile. Sind Bonuszahlungen im Hinblick aufdas Patientenwohl sinnvoll?Prof. Martin: Wir zahlen Boni an Mitarbeiter aus,die sich bei der Projektarbeit besonders engagierthaben; doch wir haben keine Bonusvereinbarun-gen für irgendwelche Fallzahlen.

Aber das gibt es in unserer Kliniklandschaftdurchaus?Prof. Martin: Durch die öffentliche Diskussion wirdsich dieses Problem lösen. Und man darf nicht ver-

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gessen, dass eine Operation ohne Indikation denTatbestand vorsätzlicher Körperverletzung erfüllt.

Kostensteigerungen aufzufangen, heißt natürlichauch, dass man am Personal sparen muss.Wenn das Personal immer mehr ausgedünntwird, müssen immer weniger Mitarbeiter immermehr leisten. Kann das gut gehen, auch im Hin-blick auf die Sicherheit und das Wohlbefindender Patienten?Prof. Martin: Da muss man differenzieren, undzwar in die patientennahen und die patientenfernenBereiche. Wir haben in den letzten drei Jahren mitAugenmaß und Zeit rund 150 Mitarbeiter abge-baut, das sind insgesamt 7 % unseres Personals.Schwerpunktmäßig haben wir dies aber in den pa-tientenfernen Bereichen realisiert, also in der Ver-waltung, bei den Handwerkern usw. Die Zahl derPflegekräfte pro Bett ist gleich geblieben, trotzdemkommt es durch die kürzeren Liegezeiten auch beider Pflege zu einer Arbeitsverdichtung. Wir habenderzeit im ärztlichen Bereich kein großes Problemdamit, Personal zu finden. Im Fachpflegebereich,vor allem in der Intensivpflege und OP-Pflege, ha-ben wir jedoch große Schwierigkeiten damit.

Was halten Sie vom System der Honorarärzte,also auf Zeit „gemieteter“ Mediziner?Prof. Martin: Solche Serviceleistungen haben wir,als die Geburtshilfe in Geislingen noch geöffnetwar, einmal kurzfristig in Anspruch nehmen müs-sen, müssen es heute zum Glück aber nicht mehrtun. Unter den Honorarärzten gibt es sehr, sehrgute Kollegen, doch es gibt auch welche, bei de-nen man sich sagt: Die würde ich nicht einstellen.

Es ist auch schwierig, Honorarärzte in ein beste-hendes Team einzufügen, weil sie nur relativ kur-

ze Zeit da sind –und gute Medizin zu machen, heißtTeamwork.Prof. Martin: Genau.Diese Kollegen ar-beiten auch immerweisungsfrei im ärzt-lichen Bereich, inso-fern ist das ein gro-ßes Problem. Wir

sind froh, dass wir dies in den letzten anderthalbJahren nicht mehr in Anspruch nehmen mussten.

Ist der Patient heutzutage Kunde oder Patient?Prof. Martin: Beides. Der Patient für eine planbareOperation ist ein Kunde: Er wählt die Klinik aus, derer sich anvertrauen will. Ein Patient, der im Notfallin die Klinik eingewiesen wird, ist kein Kunde mehr,weil er sich seine Klinik nicht aussuchen kann.Doch beide, Kunde und Patient, müssen hervorra-gend versorgt werden.

Oft wird in Klinikbroschüren der Terminus„menschliche, liebevolle Fürsorge“ durch denBegriff „professionelle Hilfe“ ersetzt. Bleibt danicht die Menschlichkeit auf der Strecke?Prof. Martin: Wir haben in unserem Leitsatz „Kom-petenz, Qualität, Zuwendung“ stehen. Menschli-che Zuwendung, Einfühlungsvermögen, das ist einganz wesentlicher Faktor in der Medizin. Da mussman auch Gefühle zeigen können. Das lässt sichnicht durch reine Professionalität ersetzen.

Sagen Sie das als Arzt oder als Betriebswirt?Prof. Martin: Als Mensch!

Kommt die Kombination Arzt und Klinikleiter andeutschen Kliniken öfters vor?Prof. Martin: An großen Häusern passiert das im-mer öfter, auch an Universitätskliniken. Diese ha-ben inzwischen nahezu alle einen hauptamtlichenärztlichen Direktor. Das ist sicherlich auch ein Zu-kunftsmodell für große Krankenhäuser.

Ärzte sind heute oft mehr mit Dokumentationund Meetings beschäftigt, als dass sie sich amKrankenbett um die Patienten kümmern undauch das Gespräch mit ihnen suchen können.Prof. Martin: Das neue Patientenrechtegesetz for-dert eine noch umfangreichere Dokumentation, alswir sie jetzt schon haben. Diese Arbeit müssen wirerfüllen. Der Arzt braucht heute zwischen 18 und23 % seiner Zeit für Dokumentation, in den USAsind es über 25 %. Das ist nicht zu ändern. Daszweite sind Meetings. Da gebe ich Ihnen vollkom-men Recht. Konferenzen gibt es im Krankenhausunheimlich oft und mit unheimlich vielen Teilneh-mern. Bei den Meetings, die ich leite, ist nach ma-ximal einer Stunde Schluss. Was in einer Stunde

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Prof. Dr. med. Jörg Martin,ursprünglich Anästhesist, war 25 Jahre lang Geschäfts-führer der Göppinger Klinikam Eichert. Seit Anfang die-ses Jahres ist er Chef der Klinikholding in Ludwigsburgund lenkt damit das Ge-schick von neun Akut-Kran-kenhäusern im Kreis Lud-wigsburg, im Enzkreis und im Landkreis Karlsruhe.

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nicht geklärt werden kann, das wird auch in zweiStunden nicht erledigt.

Wie stehen Sie zum neuen Patientenrechte-gesetz?Prof. Martin: Das Patientenrechtegesetz ist sicher-lich eine ganz gute Sache, es stärkt die Rechte derPatienten, stellt uns aber vor teilweise sehr schwie-rige Aufgaben, gerade in der Dokumentation. DieAushändigung der kompletten Aufklärung einesPatientenfalls mit handschriftlichen Bemerkungenist eine logistisch äußerst schwierige Aufgabe, diewir lösen werden. Insgesamt finde ich es sehr gut,dass viele Aspekte dadurch ins Gespräch kom-men, über die man früher nicht gesprochen hat.

Wie denken Sie über „IGeL“, die individuellenGesundheitsleistungen?Prof. Martin: Als Arzt habe ich dazu eine sehr kriti-sche Einstellung. Was die gesetzlichen Kranken-kassen in Deutschland zahlen, gründet auf wissen-schaftlicher Evidenz, das heißt, diese Behand-lungsmethoden sind erwiesenermaßen wirkungs-voll. Darüber hinaus ist eigentlich nichts notwen-dig, doch jeder ist für sich selbst verantwortlichund muss dies allein entscheiden.

Der klassische Markt wird von Konsumfreiheit,Vertragsfreiheit und Kundenautonomie be-stimmt. Diese Elemente gibt es in unserem Ge-sundheitssystem nicht. Hier stehen wir vor einemParadigmenwechsel: Gesundheit wird zur Ware,der Patient zum Kunden, auch schwere Krank-

heiten, selbst Sterbeprozesse, können industriellund gewinnbringend gestaltet werden. Ein guterWeg?Prof. Martin: Wir leben in einem hochreguliertenWettbewerb, und insofern ist das gut. Man kanndie Gesundheit sicherlich nicht – wie in den USA –dem freien Markt überlassen, sondern hier brauchtman Regulative, die eingreifen, und das tun dieSelbstverwaltungsorgane und der Gesetzgeberdurchaus – wenn auch nicht immer zu aller Zufrie-denheit.

Ihre Zusammenarbeit mit den Krankenkassen,besonders mit der AOK, ist offenbar eine sehrgute, auskömmliche. Doch die AOKs sind nichtüberall in Deutschland so wie hier in Baden-Württemberg.Prof. Martin: Den Rest der Republik kann ich nichtbeurteilen, ich kann nur sagen, dass wir mit derAOK hier im Landkreis Göppingen eine exzellenteZusammenarbeit hatten; das liegt aber auch daran,dass die AOK die einzige Kasse ist, die tatsächlichnoch vor Ort agiert und die lokalen Gegebenheitenkennt, deshalb ist sie auch unser Hauptansprech-partner, und über 50 % unserer GKV-Patientenkommen von der AOK. Des Weiteren haben wirnoch eine sehr gute Zusammenarbeit mit der BKKWMF; dies liegt aber auch daran, dass diese Kassevor Ort ist. Der Vorteil ist, dass man mit der AOKdurchaus auch einmal Innovationen angehen kann,was mit den anderen Kassen aufgrund der nichtörtlichen Präsenz relativ schwierig ist.

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Obwohl es bis Weihnachten noch einWeilchen dauert, fühlt man sich zurzeitan dieses Fest erinnert: Es ist die Zeit derGeschenke und Versprechen angebro-chen. Das hat ganz profane Gründe,denn es steht nicht die Adventszeit vorder Tür, sondern das größte Fest der Poli-tik: die diesjährige Bundestagswahl undder dazugehörige Wahlkampf. All die Din-ge, die in den letzten vier Jahren hättenerledigt oder zumindest begonnen wer-

den können, werden uns Bürgerinnen und Bürgernjetzt versprochen, und das liest sich nach Studiumder Wahlprogramme der großen Parteien in etwaso: Die Renten sollen für Mütter erhöht (CDU), dasRenteneintrittsalter gesenkt (SPD, Grüne, Linke)werden. Der Energieverbrauch soll ebenfalls ge-senkt werden bei Erhalt der Rabatte für energiein-tensive Unternehmen (CDU, FDP), oder Abschaf-

fung der Rabatte (SPD,Grüne, Linke). Mindest-stundenlohn soll es ent-weder nicht (CDU, FDP),in Höhe von 8,50 Euro(SPD, Grüne) oder 10,00Euro (Linke) geben,

Schwarz-Gelb will die Steuern senken oder nichterhöhen, die anderen drei Parteien wollen sie erhö-hen und die FDP sogar den Solidaritätszuschlagabschaffen. Und im Bereich Gesundheit soll esbeim bisherigen Versicherungssystem bleiben,oder nach den Programmen der Oppositionspar-teien die Einheits-Bürgerversicherung geben, eineVerbesserung der Qualität der Krankenhausbe-handlung haben die Grünen im Angebot, eine Ab-schaffung der Budgets die FDP und die Erstattungaller notwendigen Gesundheitskosten die Linke.

Der derzeitige Finanzminister legt einen Haus-haltsentwurf vor, in dem er das Ende der Neuver-schuldung ab 2015 ankündigt. Um gleichzeitig ein-zuschränken, dass die Auswirkungen der Wahl-kampfversprechen, die im Übrigen auch seine Par-tei macht, nicht einberechnet sind.

Wie das in der Realität nach der Bundestagswahl

aussehen wird, kann sich jeder selbst ausrechnen.Nach Ende der Koalitionsverhandlungen und näch-telangem Ringen um die Zukunft des Landes wer-den wachsweiche Kompromisse geschlossen, diemit den hohen Ansprüchen des Wahlkampfes we-nig gemein haben, am gegenwärtigen Zustandnicht viel ändern werden, aber bessere und ge-rechtere Politik für alle versprechen. Dabei gäbe esin der Gesundheitspolitik ein paar Dinge, die drin-gend angegangen werden müssen.

Dazu gehört eine Straffung der Strukturen imGesundheitssystem: Wir brauchen weder eine Ein-heits-Bürgerversicherung noch 134 gesetzlicheKrankenkassen. Konkurrenz belebt das Geschäft,aber eine Größenordnung von zehn Krankenversi-cherungen plus privater Versicherung erscheint völ-lig ausreichend. Bei der Diskussion um die Ab-schaffung der privaten Krankenversicherung mussberücksichtigt werden, dass viele Arztpraxen undKliniken mit der Behandlung von PrivatversichertenVerluste in anderen Bereichen ausgleichen.

Um die Behandlung der Bevölkerung auch in Zu-kunft sicherzustellen und den medizinischen Fort-schritt allen Bürgern zukommen zu lassen, müssenalle Einnahmen zur Finanzierung der Krankenversi-cherung herangezogen werden, nicht nur Einkom-men, sondern auch Zinseinkünfte und Aktiengewin-ne. Dazu sind keine Steuererhöhungen notwendig,und die Belastung wird sozialverträglich verteilt.

Für die kommenden Bundestagswahlen würdeich mir wünschen, dass sich mehr Mitbürger mitSachverstand in die Gestaltung der Gesundheits-politik einbringen können. Unter den Bundestags-abgeordneten der letzten Legislaturperiode gab es143 Juristen, 54 Lehrer und 7 Ärzte. Echte Exper-ten wie Krankenschwestern, Altenpfleger, Ärzteoder Apotheker sind tatsächlich Mangelware, wasan den unzähligen Gesundheitsreformen ablesbarist. Wahrscheinlich ist es tatsächlich so, wie mir einBundestagsabgeordneter vor einigen Jahren er-klärt hat: „Glauben Sie nicht, dass die Gesund-heitspolitik in Berlin einen hohen Stellenwert ge-nießt!“ Trotz alledem: Lassen Sie sich nicht davonabhalten, im September Ihre Stimme abzugeben.

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Zeit der Geschenke: Was sich Ärzte im Wahlja

Dr. Rainer Graneis,Ostfildern

„Für die kommenden Bundestagswah-len würde ich mir wünschen, dass sichmehr Mitbürger mit Sachverstand in die Gestaltung der Gesundheitspolitikeinbringen.“

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23Kompass Gesundheit 3/2013

Eigentlich bin ich eher unpolitisch. Was erhoffe ich mir?Dass die Politiker nach der Wahl zu dem stehen, wassie vor der Wahl versprochen haben. Interessant wirdda vor allem das Verhalten der CDU, die jetzt die Bür-gerversicherung ablehnt und somit uns Ärzte auf ihreSeite bringt. Aber nicht nur manche Politiker pflegen ihrFähnchen nach dem Winde zu hängen.

Ich wünsche mir, dass die niedergelassenen Ärzteein Honorar erhalten, welches sich an ihrer Leistungmisst und auch die allgemeine Inflationsrate berück-sichtigt. Es kann nicht sein, dass wir weiter für einen

Fallwert von 50,00 Euro pro Quartal einen Patienten rundum versorgen müssen.Das entspricht in etwa dem Honorar eines Flaschners pro Stunde. Dass die Ge-bührenordnung für Ärzte (GOÄ) für die Privatpatienten endlich überholt wird. Dieletzte „Renovierung“ stammt aus dem Jahr 1996. Nach den Berechnungen desstatistischen Bundesamtes beläuft sich bis zum Monat März 2013 die kumulier-te Inflationsrate seit 1996 auf 30,5 %. Es sollte also eine bessere Honorierungauch bei den Privatpatienten erfolgen mit dem Ziel eines Inflationsausgleiches.Ein Lichtblick sind die Hausarztverträge, die gerade, vor allem mit der AOK, lau-fend weiterentwickelt werden. Diese bieten eine etwas bessere Vergütung für dieÄrzte unter der Voraussetzung einer möglichst optimalen Betreuung ihrer Pa-tienten an. Diese Verträge sollten zu den jetzigen Bedingungen erhalten undnicht behindert werden. Dann wird unsere Arbeit als Hausärzte endlich wiederentsprechend anerkannt.

Das Wichtigste, das ich von der Gesundheitspolitik er-warte, ist, dass der staatliche Dirigismus aufhört. DiePolitik hat die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu set-zen, sollte aber den einzelnen, im Gesundheitssystemmiteinander Agierenden ihren Gestaltungsfreiraum las-sen. Konkret: Die Selektivverträge der Ärzteschaft mit

den Krankenkassen dürfen nicht behindert werden. Ab-satz 5 des § 73 b im SGB V muss weg. Hier wird den Ärzten vorgeschrieben,dass die Honorierung nicht höher sein darf als im Kollektivvertrag.

Das ist unnötige Gängelung und Behinderung aus Angst, hier würde zu vielGeld ausgegeben. Dies ist nämlich nicht der Fall und die Krankenkassen schau-en schon auf ihre Finanzen und profitieren ja auch nachweislich durch den Ver-trag mit Einsparungen. Eine Win-win-Situation, die immer entsteht, wenn manden Agierenden Vertragsfreiheit lässt.

ahr von den Politikern erhoffen

Dr. Wolfgang Bosch, Ostfildern

Dr. Hans-JoachimDietrich, Göppingen

Dr. Sieglind Zehnle,Ostfildern

Ich bin Realist genug festzustellen, dass diemöglicherweise gemachten Versprechungennicht eingehalten werden.

Ich wünsche mir, dass die Politik endlicheinsieht, dass die im Medizinbereich Tätigenalles getan haben, um das Leben der Patien-ten nicht nur zu verlängern, sondern auchden Zustand im Alter deutlich zu verbessern.

Ich wünsche mir konkret, dass die Par-teien einsehen, dass ein längeres und bes-seres Leben nicht zum Nulltarif zu erreichenist, sondern dass hierfür neue finanzielleQuellen erschlossen werden.

Ich möchte behaupten, dass die finanziel-len Möglichkeiten der Versicherten ausge-schöpft sind, d. h., dass die Krankenkassen-beiträge nicht noch mehr Prozente des Ver-dienstes auffressen. Man muss schließlichsehen, dass der normalverdienende Menschnicht nur für die Krankenkasse arbeitenkann, sondern dass alle anderen Dinge destäglichen Lebens auch gestemmt werdenmüssen.

Der Staat soll sich entschließen bei derVerteilung der ihm zur Verfügung stehendenMittel wesentlich mehr in den Gesundheits-sektor zu investieren. Er gibt damit ja keinimaginäres Geld, sondern das Steuergeldder Versicherten aus. Mir kommt es oft sovor, dass für alles Mögliche Geld vorhandenist, nur wenn es an das Gesundheitssystemgeht, wird geknausert.

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Im Gespräch mit Michael Hennrich

Gesundheitspolitik im Wahljahr

Herr Hennrich, halten Sie den von der Politik verordneten Wettbewerb zwischen den gesetz-lichen Krankenkassen für sinnvoll und ethisch?Welche Folgen hat das für ein Gesundheitswe-sen, das auf Wettbewerb ausgerichtet ist? Wirddie GKV dadurch nicht in die Nähe gewinnorien-tierter Unternehmen gerückt? Werden dadurchnicht zwangsläufig Prinzipien der Solidarität undSelbstverwaltung ausgehebelt und wird dadurchGesundheit nicht über kurz oder lang zu einerWare?Michael Hennrich: Die drei großen Qualitätsmerk-male des deutschen Gesundheitswesens sind derun mittelbare Zugang zur medizinischen Grundver-sorgung für alle Bürger, der schnelle Zugang zu In-novationen und die flächendecken de Versorgung.Hieran orientieren sich die gesetzlichen Kranken-versicherungen und ich bin der festen Überzeu-gung, dass gerade der – wenn auch eingeschränk-te – Wettbewerb unter den Kassen diesen Erfolgausmacht. Schließlich entwickelt sich unser Ge-sundheitssystem dadurch nicht zu einem schwer-fälligen unflexiblen Ungetüm, sondern jede Kasseist angehalten, das bestmögliche Versorgungs- undLeistungsangebot für seine Versicherten zu bieten.Gleichzeitig muss aber auch die Kostenseite imAuge behalten werden, um unser gutes Gesund-heitssystem langfristig finanzierbar zu halten. An-ders wäre es bei einem – eher sozialistisch ausge-legten – Einheitssystem wie etwa in Schweden.Hier ist das Anfälligkeitspotenzial für Ineffizienzgrundsätzlich deutlich höher. Der Satz „Wettbe-werb belebt das Geschäft“ trifft im Gesundheits-system im positiven Sinne zu, wobei die Übernah-me der wesentlichen Versorgungsleistungen vorge-geben ist und damit der Vergleich zu einem ledig-lich profitorientierten Unternehmen der freien Wirt-schaft fernliegt.

Der Gesundheitsfonds hat ein stattliches Finanz-polster angehäuft. Wie sehen Sie die Bereit-schaft der Politik, im Wahljahr mit diesem Über-

schuss großzügige Zuwendungen zu machen?Sollte man diese Reserven nicht besser für dieFörderung der Versorgungsqualität einsetzen?Michael Hennrich: Ich halte es für sehr sinnvoll,dass entsprechende Rücklagen gebildet werden,und die Versorgungsqualität ist auch nicht nur da-durch zu verbessern, dass immer mehr Geld in dasSystem geleitet wird. Schließlich haben wir bereitsheute eine recht gute Versorgungsqualität, und wiees sich für gute Schwaben gehört, ist es üblich,das Geld zusammenzuhalten. Wir müssen hier vor-bereitet sein auf Zeiten, in denen das Finanzpolsterder Krankenkassen, z. B. aufgrund einer schwieri-gen Wirtschaftslage, abschmilzt bzw. die Ausga-ben nicht von den Einnahmen gedeckt sind, wiedas z. B. vor einigen Jahren der Fall war. Wo es aberdringend nötig ist, wird selbstverständlich auchjetzt die Finanzlage gestärkt: Dies ist gerade ge-schehen, indem wir bei der Krankenhausfinanzie-rung nachgebessert haben. Allein in den Jahren2013 und 2014 wird der Krankenhaussektor um 1,1Milliarden Euro entlastet.

Mit der Weiterentwicklung des Gesundheits-fonds und der neuen Beitragsautonomie der Kran-kenkassen (Zusatzbeiträge/Prämienrückerstat -tung) setzen wir ferner den erfolgreichen Weg, dieKostensteigerungen der Zukunft in der gesetz-lichen Krankenversicherung nicht ausschließlich zuLasten der abhängig Beschäftigten und Rentner zufinanzieren, kontinuierlich fort.

Die Gesundheitspolitik versucht immer mehrGeld ins Gesundheitswesen zu pumpen. Über in-novative Versorgungsstrukturen wird eigentlichwenig nachgedacht. Wie sehen Sie dies?Michael Hennrich: Das ist eigentlich originär dieAufgabe der Politik; wir haben der Selbstverwal-tung diverse Möglichkeiten an die Hand gegeben,um entsprechende Innovationen in den Versor-gungsstrukturen vorzunehmen, was ja auch bereitspassiert. Beispielhaft sind die Hausarzt- und Se-lektivverträge nach § 73 b und c SGB V oder auch

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das Modelvorhaben nach § 63 c SGB V, der denentsprechenden Auftrag an die Selbstverwaltungabbildet. Die integrierte Versorgung nach §§ 140 aff. SGB V gehört ebenfalls dazu. Diese Möglichkei-ten könnten aber noch weiter ausgebaut werden;die Akzeptanz der Institutionen und die Sachbezo-genheit der Entscheidungen der Selbstverwaltungmüssen weiter erhöht werden. Dazu sollen Struktu-ren, Verfahren und Organisationsformen in derSelbstverwaltung überprüft werden. Denn nur einedurch transparente und nachvollziehbare Entschei-dungen legitimierte Selbstverwaltung hat Akzep-tanz bei den Betroffenen und kann somit ihre Funk-tion im Gesundheitswesen erfüllen.

Warum dürfen Krankenkassen mit einzelnen Kliniken und Reha-Einrichtungen keine Selektiv-verträge abschließen, um so die Behandlungs-qualität zu fördern? Michael Hennrich: Das wird ein Thema sein, mitdem wir uns in der nächsten Legislaturperiode be-schäftigen werden, wobei es besonders wichtig ist,dass die flächendeckende Versorgung gewährleis-

tet wird. Die Möglichkeit der Selektivverträge darfnicht überstrapaziert werden, da wir sonst Gefahrlaufen, dass kleinere Krankenhausstandorte nichtüberleben können. Wir wollen weiter dafür sorgen,dass wir eine qualitativ hochwertige, am Bedarfausgerichtete Krankenhausversorgung – auch inder Fläche – haben. Die Krankenhauspläne werdenvon den Ländern aufgestellt. Diese würden wir ger-ne bedarfsgerechter ausrichten und auch mehrVerantwortung übernehmen. Wir haben die Selbst-verwaltungspartner auf der Bundesebene beauf-tragt, dafür Sorge zu tragen, dass die erbrachtenLeistungen indikationsgerecht sind.

Alle Player des Gesundheitssystems haben ihreegozentrischen Interessen – Pharma- und Medi-zintechnikindustrie, Krankenhäuser, Apotheker,Ärzteverbände –, doch wer vertritt die Interessender Patienten?Michael Hennrich: Die Politik.

Wir wissen, dass durch Prävention – oder besserVorsorge – zahlreiche kostspielige Volkskrank-

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26 Kompass Gesundheit 3/2013

Die Experten der Klinik für Gesichts-, Kiefer- und Wieder-herstellungschirurgie am Paracelsus-Krankenhaus in Ost-

fildern-Ruit können auch dort Lücken im Gebiss füllen, wo diesfast aussichtslos erscheint. Implantate ersetzen verloren ge-gangene Zähne – auch dann, wenn nur noch wenige Zähne imOber- oder Unterkiefer vorhanden sind. Chefarzt Dr. Dr. Dr. Win-fried Kretschmer und sein Team arbeiten dabei eng mit demweiterbehandelnden Zahnarzt zusammen, der anschließenddie neuen Zähne auf die Implantate setzt. Selbst wenn sich al-tersbedingt der Kieferknochen bereits zurückgebildet hat, kanndieser mit Knochenverpflanzungen wieder implantatfähig wer-den, um auch diese Patienten wieder fest zubeißen zu lassen.

Meist kann ein Implantat aus Keramik oder Titan ambulantund mit örtlicher Betäubung eingesetzt werden. Vor dem Ein-griff steht eine minutiöse Planung. Anhand von Röntgenbil-dern, Kiefermodellen und des geplanten Zahnersatzes müssenPosition und Länge des Implantats bestimmt werden. Eine imLabor hergestellte Schablone ermöglicht die exakte Umset-zung der geplanten Position des Implantates während der

Operation. In schwierigen Fällen wird ein Computertomografhinzugezogen, der den Kieferchirurgen eine dreidimensionaleÜberprüfung des Kiefers ermöglicht. Wenn das Implantat imKieferknochen sitzt, wächst es unter der Schleimhaut in denKnochen ein. Im Unterkiefer braucht es in der Regel drei Mona-te, im Oberkiefer sechs Monate, bis das Implantat vollständig„eingeheilt“ ist. Danach werden die Implantate freigelegt. Ins-besondere im ästhetisch wichtigen Bereich können bei derFreilegung mit Hilfe von Bindegewebstransplantaten vom Gau-men bessere Weichteilverhältnisse um die Implantate erzieltwerden. Die weitere Behandlung erfolgt beim überweisendenZahnarzt, der dann auf der Grundlage eines Abdrucks des Im-plantats und der umgebenden Zähne den Zahnersatz beimZahntechniker herstellen lässt.

Implantate halten theoretisch unbegrenzt lange. Vorausset-zung ist dabei eine gute Pflege. Außerdem können mit dem Al-ter die Knochendichte geringer und der Stoffwechsel im Kno-chen langsamer werden. Implantate mit einer entsprechendenOberfläche erleichtern dann das Einwachsen. Über 95 % der

heiten peu à peu in den Griff zu bekommen wären. Dazu hatsich die Politik ein Präventionsgesetz ausgedacht, das bis-her allerdings auf der Strecke blieb. Weshalb stagniert einesolche sinnvolle Maßnahme im politischen Gerangel?Michael Hennrich: Zunächst muss einmal abgewartet werden,wie die Sache im Bundesrat beraten und entschieden wird. In-vestitionen in die Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsförde-rung sind besser als die oft langwierige und kostenintensiveTherapie von Krankheiten. Ein Problem in der Diskussion umdie Prävention scheint mir auch, dass jeder nach der Förderungder Prävention ruft, aber sich bei der Finanzierung dann dieGeister scheiden. Letztlich ist dieser Bereich auch in wesent-lichen Zügen eine Sache der Eigenverantwortung und liegtnicht nur in den Händen der Politik und des Gesundheitswe-sens, sondern auch bei den Kommunen, Schulen, Unterneh-men, Sportverbänden und jedem Einzelnen. Gesundheitsför-derungs- und Präventionsziele können und sollen schließlichnicht nur „von oben“ vorgegeben werden.

Die Konstruktion GKV und PKV ist von den Eingangskriterienher dem logischen und solidarischen Empfinden nicht zuvermitteln. Sollte Gesundheitssicherung nicht jedem Bürger,unabhängig von seiner sozialen und finanziellen Stellung,

gleichermaßen zustehen? Wo bleibt da die vielbeschworeneGleichstellung?Michael Hennrich: An dieser Stelle muss ich doch ganz klarbetonen, dass die genannte Gesundheitssicherung seit jeherjedem Bürger, unabhängig von seiner sozialen und finanziellenStellung, zusteht! Die immer wieder lancierte bzw. dargestellteMeinung, die Versorgung in der privaten Krankenversicherungsei besser als in der gesetzlichen, stimmt schlichtweg nicht. Ichkann aber verstehen, dass diese Fehldeutung beispielsweisedurch kürzere Wartezeiten bei Privatpatienten gefördert wird.Daher spreche ich mich auch klar für Lösungen dieses Pro-blems aus; es könnte durch eine Anpassung der Gebührenord-nung behoben werden, wenn kein Anreiz mehr für Ärzte ge-schaffen wird, die Quote der Privatpatienten zu erhöhen. Auchhier könnten Selektivverträge einen Beitrag leisten.

Grundsätzlich wollen wir aber am dualen System in der Ge-sundheitsversorgung festhalten, und ich sehe darin auch keinProblem des solidarischen Gedankens.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich im Jahr 2009 mitden Auswirkungen der Neuregelung der Gesundheitsreformauf die private Krankenversicherung beschäftigt. Im Rahmendieses Urteils hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklichdas Nebeneinander von gesetzlicher und privater Krankenver-

Implantate helfen gegen Zahnverlust

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Kompass Gesundheit 3/2013

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Wenn die Zähne schon frühzeitig verlo-ren gehen oder eine Verletzung vorliegt,können Knochenverluste auftreten – derKnochen schwindet. Dann transplantie-ren die auf derartige Eingriffe speziali-sierten Fachleute des Paracelsus-Kran-kenhauses Knochenmaterial, um denKnochen wieder zu stabilisieren. In einfa-

chen Fällen wird Knochenaus dem Unterkiefer ent-nommen, in schwierigenFällen aus der Becken-schaufel. Während dieEntnahme von Unterkie-ferknochen in der Regelin örtlicher Betäubungoder in Dämmerschlaf er-folgt, ist für die Entnahmevon Beckenknochen eineVollnarkose notwendig.Für Letztere ist ein kurzer

stationärer Krankenhausaufenthalt nötig.Die Entnahme von Knochen aus dem Be-ckenbereich ist dank spezieller medizini-scher Geräte schmerzarm und meistnicht mit einer Einschränkung des allge-meinen Befindens verbunden.

sicherung anerkannt und damit das ver-fassungsrechtliche Existenzrecht der pri-vaten Krankenversicherung bestätigt.Das Gericht geht in seinem Urteil davonaus, dass das duale Krankenversiche-rungssystem erhalten und gestärkt wer-den soll. Zitat: „Dabei soll auch die priva-te Säule zur Vollfunktionalität gelangenund ihre Mitglieder in gleicher Weise wiedie öffentlich-rechtliche Versicherungumfassend, rechtssicherhaft und dauer-haft absichern.“

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktionhält am Bestand der privaten Kranken-versicherung fest. Dabei ist zu betonen,dass in der privaten Krankenversiche-rung bei weitem nicht ausschließlich gutVerdienende versichert sind, die bei einerPflichtversicherung in der GKV zu einerAbsenkung des allgemeinen Beitragssat-zes beitragen könnten. Die Hauptversi-cherten in der privaten Krankenversiche-rung sind Beamte mit zum Teil geringen

oder mittleren Einkommen sowie Selbst-ständige, die aufgrund ihres Erwerbssta-tus nicht oberhalb der Beitragsbemes-sungsgrenze verdienen müssen. Ich binaber auch der Meinung, dass im Bereichder teils fehlenden Transparenz durch un-zählige Tarife Veränderungen angegangenwerden sollten, denn es erscheint frag-lich, ob der Versicherungsschutz bei vie-len PKV-Tarifen wirklich den Anforderun -gen einer älter werdenden Klientel ent-spricht. In vielen anderen Bereichen istder Leistungsanspruch von Privatversi-cherten unter dem der GKV, etwa beiHeil- und Hilfsmitteln. Branchenexpertenbehaupten, dass bis zu 80 % der PKV-Tarife einen Versiche rungsschutz bieten,der unter dem der GKV liegt. Damit ist dieFrage zur Zukunft der PKV vor allem aucheine sozialpolitische Frage, die sich ausden Problemen der PKV selbst und ebennicht in erster Linie aus ihrem Verhältniszur GKV ergibt.

Chefarzt Dr. Dr. Dr. WinfriedKretschmer über seine Erfah-rungen mit Implantaten: „Gehtnicht gibt’s bei uns fast nie:Wir finden in Zusammenarbeitmit dem behandelnden Zahn-arzt auch in komplizierten Fällen eine Lösung. Und dieImplantate sind dank der körperverträglichen Materia-lien bei sorgfältiger Pflege inzwischen extrem haltbar.“

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28 Kompass Gesundheit 3/2013

Prostatavergrösserung

Wenn nächtlicher Harndrang

den Schlaf stört

Eine gutartige Prostatavergrößerung kann, je nachdem, wie schnell und stark sie fortschreitet, unangenehmeBeschwerden hervorrufen und die Lebensqualität beeinträchtigen. Vielen Männern ist es peinlich, wegen ihrerProstata zum Arzt zu gehen, doch spätestens wenn diese sich durch Symptome wie Probleme beim Wasserlas-sen bemerkbar macht, sollte man den Gang zum Hausarzt oder zum Urologen nicht scheuen. Werner Waldmannsprach mit Prof. Serdar Deger, Chefarzt der Urologischen Klinik des Paracelsus-Krankenhauses in Ostfildern.

Männer über 50 haben öfters Probleme mit der Blase. Hängtdas immer mit einer gutartigen Pros tatavergrößerung zu-sammen, oder kann auch etwas anderes dahinterstecken?Prof. Deger: Bei „Männerbeschwerden“ handelt es sich in derRegel entweder um Probleme beim Wasserlassen oder um eineVeränderung der Blasenentleerung. Das heißt, man muss häu-fig Wasser lassen, hat hinterher das Gefühl, dass die Blasenicht ganz leer geworden ist, oder muss nach kurzer Zeit schonwieder zur Toilette. Solche Beschwerden müssen nicht unbe-dingt etwas mit einer vergrößerten Prostata zu tun haben. DieProstata kann groß oder klein sein; es gibt keine Standardgrö-ße. Wenn eine Prostata vergrößert ist und den Harnfluss stört,kommt es zu Problemen beim Wasserlassen. Andererseitskann eine Prostata auch vergrößert sein, sogar sehr groß sein –wenn sie aber nach außen wächst und nicht die Harnabfluss-wege versperrt, wird man keine Probleme haben. Es muss alsonicht alles von einer Prostatavergrößerung herkommen; beimMann ist das allerdings eine der häufigsten Ursachen.

Was kann häufiges Wasserlassen noch für Ursachen haben?Prof. Deger: Viele unserer Patienten sind in einem Alter, in demsie mehrere Medikamente nehmen, was dazu führt, dass mehrUrin produziert wird und die Leute dann nachts eben öfter zurToilette gehen müssen.

Und woran erkennt man, ob eine vergrößerte Prostata hinterden Beschwerden steckt?Prof. Deger: Typische Symptome einer gutartigen Prostataver-

größerungsind, dassdie Stärkedes Harn-strahls ab-nimmt, manbeim Was-se r l assend r ü c k e n

muss und der Harn hinterher noch eine Weile „nachtröpfelt“.Auch das Gefühl, die Blase nicht ganz entleert zu haben, ist ty-pisch für eine Prostatahyperplasie.

Was kann man dagegen tun?Prof. Deger: Man sollte als Erstes vom Arzt nachprüfen lassen,ob die Blase beim Wasserlassen richtig leer wird. Als Nächstesmüsste man danach schauen, was der Betroffene zu sichnimmt. Konsumiert er häufig Kaffee und andere koffeinhaltigeGetränke, Alkohol, starke Gewürze? Das alles reizt die Blaseund kann dazu führen, dass man sehr häufig Wasser lassenmuss. Manche Leute trinken tagsüber fast gar nichts undabends dafür zwei, drei Liter; dann ist es natürlich klar, dass sienachts öfter durch eine volle Blase geweckt werden.

Als Naturheilmittel sind Kürbiskerne stark im Kommen. Wennsolche Präparate jedoch innerhalb von drei Monaten keineBesserung bringen, muss man sich etwas anderes überlegen.Es gibt gute Medikamente dafür. Man kann sie in zwei großeGruppen unterteilen: Einige wirken im Bereich des Blasenaus-lasses und innerhalb der Prostata. Dort gibt es Muskelgruppen,die durch diese Medikamente blockiert werden können, so-dass die Prostata weicher wird, was das Wasserlassen erleich-tert. Die zweite Gruppe sind Mittel, die den Hormonhaushaltinnerhalb der Prostata ändern. Dies ist besonders bei Prosta-tae, die eine gewisse Größe überschreiten, interessant, weilman dadurch den Testosteronstoffwechsel innerhalb der Pro-stata beeinflusst und auf diese Weise versucht, die Prostata zuverkleinern.

Was für diagnostische Methoden haben Sie?Prof. Deger: Zuerst reden wir mit dem Patienten. Die Anamne-se, also die Krankheitsgeschichte des Patienten, spielt da einewichtige Rolle. Dann ermitteln wir per Ultraschall die Größe derProstata und versuchen herauszufinden, ob die Blase beimWasserlassen überhaupt richtig entleert wird. Außerdem habenwir ein Instrument namens Uroflow, mit dem wir den Harnstrahlmessen. Es gibt auch noch komplexere Untersuchungen, wie

Prof. Dr. Serdar Deger, Chefarzt Klinik für UrologieKreiskliniken EsslingengGmbH, Paracelsus-Krankenhaus RuitHedelfinger Str. 16673760 OstfildernTel.: 0711 4488-11350 E-Mail: [email protected]

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zum Beispiel die Urodynamik, mit der man den Druck in Blaseund Harnröhre messen kann.

Wann ist eine Operation erforderlich?Prof. Deger: Wenn der Patient nur noch die Hälfte bis ein Drittelder Blase entleeren kann, müssen wir über eine Operationnachdenken, weil dadurch immer Resturin in der Blase ver-bleibt und dies zu Reizungen und Entzündungen führen kann.

Welche Operationsmethode setzen Sie ein?Prof. Deger: Meist kann man durch die Harnröhre operieren.Bei dieser sogenannten transurethralen Resektion wird dieProstata mit einer elektrischen Schlinge ausgeschält. Dieskann man – vor allem bei größerer Prostata – auch mit einemLaser tun oder aber mit dem Laser das Gewebe zerkochen. Dieletztere Methode, das Vaporisationsverfahren, kommt für Pa-tienten in Frage, die sehr starke blutverdünnende Medikamen-te nehmen. Der Goldstandard ist jedoch zurzeit die elektrischeSchlinge; dieser Eingriff kann bei bis zu 90 % der Patienten

durchgeführt werden. Bei einer sehr großen Prostata wird mandiese über einen Bauchschnitt oder mittels minimalinvasiverTechnik entfernen. Wir in Ruit operieren minimalinvasiv, ver-zichten also auf einen größeren Bauchschnitt. Das bedeutet fürdie Patienten weniger Schmerzen und eine schnellere Gene-sung. Die Prostata selbst wird bei all diesen Eingriffen nichtentfernt, sondern nur das vergrößerte Gewebe.

Mit welchen Anästhesieverfahren arbeitet man dabei?Prof. Deger: In der Regel können die Eingriffe unter rücken-marksnaher lokaler Betäubung durchgeführt werden. Bei mini-malinvasiven Operationen arbeiten wir mit einer Allgemeinnar-kose.

Gibt es ein Rezidivrisiko?Prof. Deger: Jede Prostata kann nachwachsen, aber wennüberhaupt, dann dauert das eine Weile. Es gibt nur wenige Pa-tienten, die innerhalb von fünf bis zehn Jahren einen zweitenoder dritten Eingriff benötigen.

Bei der gutartigenProstatavergröße-rung verdrängt die Drüsengeschwulstnach und nach dasgesunde Prostata-gewebe und engtdie Öffnung derHarnröhre ein.

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30 Kompass Gesundheit 3/2013

Vorsorgliche Brustentfernung bei Risikopatientinnen

Angelina Jolie als Vorbild?

Wie bewerten Sie die Entscheidung der Schauspielerin, sich vorsorglich das kom-plette Brustgewebe entfernen zu lassen? Eine mutige Entscheidung oder Verunsi-

cherung vieler Frauen? Prof. Kühn: Die Problematik liegt darin, dass in den öffentlichen Meldungen

die spezielle Problematik von Angelina Jolie unzureichend deutlich wird.Dies führt in der Tat zu einer erheblichen Verunsicherung. Man unter-scheidet heute eine Vielzahl von Brustkrebsformen. Jede Frau hat einLebenszeitrisiko von 1:10 zu erkranken. Die meisten Brustkrebse las-sen sich heute mit den Methoden der modernen Medizin heilen. Nuretwa 5 % der Brustkrebse entstehen durch ein verändertes Erbgut. Beidiesen Frauen ist die Brustkrebsentwicklung im Erbmaterial hinterlegt.Anders als bei „normalen“ Frauen beträgt das Risiko, an Brustkrebszu erkranken, 80 % und mehr. Darüber hinaus sind erbliche Brust-krebse häufig aggressiver als andere. Die Situation einer Frau mit ei-ner Genmutation kann daher keineswegs auf eine normale Frau über-tragen werden. Für Frauen mit einem Gendefekt, die ein sehr hohesRisiko haben, an einem aggressiven Brustkrebs zu erkranken, emp-fiehlt die deutsche S3-Leitlinie, dass diesen Frauen eine vorsorglicheBrustentfernung (mit Wiederaufbau) angeboten werden sollte. DiesesVorgehen ist absoluter Standard. Als Alternative dazu wird in Deutsch-land ein Programm der intensivierten Früherkennung für diese Frauenangeboten.

Unter welchen Voraussetzungen ist eine Genanalyse auf Brust-krebs sinnvoll oder gar zwingend?Prof. Kühn: Zunächst sollte eine Beratung durch den behandeln-den Frauenarzt erfolgen. In vielen Fällen kann die Patientin beru-higt werden, wenn z. B. die Oma oder die Mutter in fortgeschritte-nem Alter an Brustkrebs erkrankt war. Gegebenenfalls leitet der

Frauenarzt die Patientin auch an ein Brustzentrum weiter. Zunächstwird die Familiengeschichte genau erfragt. Es gibt dann einen festge-legten Katalog, nach dem die Wahrscheinlichkeit für einen erblichenBrustkrebs bestimmt werden kann. Danach müssen z. B. drei Frauenerkrankt sein oder aber zwei Frauen, von denen eine unter 51 Jahrealt ist. Mit dem Katalog kann bestimmt werden, ob die Wahrschein-lichkeit für das Vorliegen eines genetischen Brustkrebses mehr als

Die Mutter des Hollywood-Stars Angelina Jolie starb an Brustkrebs. Bei Angelina Jolie wurde ein Gen-defekt festgestellt, der mit einem erheblichen Risiko einhergeht, selbst an Brustkrebs zu erkranken.

Jolie ließ sich deshalb beide Brüste vorsorglich entfernen. Und sie ging damit in die Medien. Dieswurde durchaus kontrovers diskutiert. Irritiert, so die Frage, dies nicht viele Frauen und weckt

sogar den Wunsch nach einer Genuntersuchung? Wir befragten den Esslinger GynäkologenProf. Dr. Thorsten Kühn.

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10 % beträgt. Erst dann wird eine Vorstellung an ei-nem spezialisierten Institut für Humangenetik ver-anlasst, in dem Tests durchgeführt werden können.

Werden die Kosten für diese Untersuchungvon den Krankenkassen erstattet?Prof. Kühn: Die Kosten werden von den Kassen er-stattet, wenn die Voraussetzungen für diese Be-stimmung erfüllt werden.

Dennoch: Welche Risiken bergen Genuntersu-chungen an sich und in diesem speziellen Fall?Prof. Kühn: Genuntersuchungen sollten nur in be-gründeten Fällen durchgeführt werden. Es mussdann auch gesichert sein, wie mit einem eventuellpositiven Ergebnis umgegangen wird. Daher erfor-dert die Durchführung der Untersuchung in der Re-gel eine psychoonkologische Unterstützung. Auchsollten kompetente Brustoperateure verfügbarsein, die die Möglichkeiten der Brustrekonstruktionerörtern können. Daher ist ein Netzwerk von Part-nern erforderlich, um zügig alle Möglichkeiten zubesprechen.

Entscheidet sich eine Frau für eine Totaloperation: Wie wird diese durchgeführt? Prof. Kühn: Bei der vorsorglichen Brustamputationbleiben in der Regel der gesamte Hautmantel so-wie die Brustwarze erhalten. Dies bedeutet, dassnur das Drüsengewebe unter der Haut ausgeräumtwird. Der Ersatz des Drüsengewebes erfolgt in derRegel mit hochwertigen Brustimplantaten. Der Er-satz mit Eigengewebe ist grundsätzlich möglich,wird in diesen Fällen aber seltener durchgeführt, dader Aufwand vergleichsweise hoch ist.

Wie bewerten Sie persönlich diesen Eingriff: als Verstümmelung oder als effektive Prävention?Prof. Kühn: Frauen mit einem erblichen Brust-krebsrisiko haben entweder die Möglichkeit einerintensiven Überwachung oder die einer vorsorg-lichen Brustentfernung. Letztlich muss die Frauselbst entscheiden. Wir führen an unserer Klinikhäufig prophylaktische Operationen bei Genträge-rinnen durch. Die Zufriedenheit ist in der Regel sehrhoch. Am wichtigsten ist es, dass die betroffeneFrau angstfrei leben kann und mit ihrem Körperbildzufrieden ist. Dies ist nach meiner Erfahrung in denallermeisten Fällen gewährleistet.

Was wäre die Alternative bei gefährdeten Frauen:regelmäßige Ultraschalluntersuchungen, MRTsund in welchen Abständen? Prof. Kühn: Die intensivierte Früherkennung be-steht (nach der deutschen S3-Leitlinie) aus einerTastuntersuchung, die alle sechs Monate durchge-führt werden muss, einer halbjährlichen Ultraschall -untersuchung, einer jährlichen Mammografie undeiner jährlichen Kernspinuntersuchung der Brust.

Müssen auch die Eierstöcke entfernt werden?Prof. Kühn: Bei Frauen mit einer BRCA1- oder -2-Mutation wird die Entfernung der Eierstöcke etwaab dem 40. Lebensjahr empfohlen.

Existieren Gentests, die eine Gefährdung für einEierstockkarzinom erkennen lassen?Prof. Kühn: Die BRCA1- oder -2-Mutation ist miteinem 10–40%igen Risiko für die Entstehung einesEierstockskrebses verbunden. Eigene Tests für dasOvarialkarzinom gibt es nicht.

Kompass Gesundheit 3/2013

Prof. Dr. med. Thorsten KühnChefarzt der Klinik fürFrauenheilkunde undGeburtshilfeKlinikum EsslingenTel.: 0711 3103-3051Fax: 0711 3103-3052E-Mail:[email protected]

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Notfalldienstpraxis Göppingen

Die im Februar 2013 eröffnete Notfalldienstpra-xis an der Klinik am Eichert in Göppingen

schreibt jetzt schon Erfolgsgeschichte. Der Startverlief bis auf kleine Anlaufschwierigkeiten völligreibungslos, am Tag nutzen 60–90 Patienten dasAngebot.

Die Notfalldienstpraxis entlastet somit in erhebli-chem Maße die Notfallambulanz der Klinik undführt dazu, dass schwer erkrankte Patienten nochschneller und kompetenter behandelt werden kön-nen und dass auf der anderen Seite wenigerschwer Erkrankte keine übermäßig langen Warte-zeiten mehr haben.

Großen Verdienst an diesem beispielhaften Er-folg haben vorwiegend die Doktores Genske, Frickund Schmidt. Besonders hervorzuheben sind aberauch die medizinischen Fachangestellten unterLeitung von Frau Bergmann und Frau Wieland. So-wohl die Arbeit mit den Patienten als auch die ad-ministrative Tätigkeit wurde von Anfang an rei-bungslos durchgeführt. Es muss hervorgehoben

werden, dass besonders im Computerbereich diemedizinischen Fachangestellten den Ärzten einebesonders große Hilfe sind.

Die qualitative Versorgung der Patienten konntedeutlich gesteigert werden. Auch Spezialuntersu-chungen, die früher in der Praxis nicht durchge-führt werden konnten, gehören jetzt zur Regelver-sorgung.

Einziger Wermutstropfen ist die Politik der Kas-senärztlichen Vereinigung, die zu erheblichem Un-mut geführt hat. Hier sind verschiedene Ärzte-schaften auf dem Weg, die sehr problematischenBeschlüsse der Vollversammlung wieder rückgän-gig zu machen und somit die Attraktivität der gutfunktionierenden Praxis zu erhalten.

Es kann nicht Sinn dieser Beschlüsse sein, dassunter dem Deckmantel der Solidarität unwirt-schaftlich geführte Notfalldienstpraxen subventio-niert werden. Bis Ende des Jahres erhoffen wir unseine Änderung der bisherigen KV-Vorgaben.

Dr. med. Hans-Joachim Dietrich

Kompass Gesundheit 3/2013

Was ist ein(e) IGeL?Jeder Patient dürfte es schon einmal erlebt haben:Krankenkassen bezahlen längst nicht mehr alles.Dazu gehören zum Beispiel Reiseimpfungen, ärztli-che Atteste für die Reiserücktrittsversicherung u. Ä.Solche Leistungen werden von Ärzten dann als so-genannte Individuelle GesundheitsLeistungen(kurz: IGeL) angeboten. Für IGeL muss der Patientselbst zahlen. Um sicherzugehen, dass Ihr Arzt Sieseriös über die IGeL beraten hat, gibt es folgendeCheckliste (von der Kassenärztlichen Bundesverei-nigung, der Dachorganisation aller Kassenärzte):• Hat Ihr Arzt erklärt, warum die IGeL notwendig

oder empfehlenswert ist?• Hat Ihr Arzt Sie darüber informiert, ob es für den

Nutzen der IGeL wissenschaftliche Belege gibtund wie verlässlich diese sind?

• Fühlen Sie sich verständlich beraten (z. B. überNutzen und mögliche Risiken oder Nebenwirkun-gen der IGeL)?

• Hat Ihr Arzt Sie sachlich und ohne anpreisendeWerbung informiert?

• Gibt es eine schriftliche Vereinbarung – auch zuden voraussichtlichen Kosten?

• Haben Sie in der Arztpraxis eine Entscheidungs-hilfe oder Hinweise auf weiterführende Informa-tionen zur IGeL bekommen?

• Haben Sie das Gefühl, dass Sie sich frei füroder gegen eine vom Arzt vorgeschlagene IGeL entscheiden können?

• Haben Sie für Ihre Entscheidung eine angemes-sene Bedenkzeit?

• Sind Sie informiert worden, dass Sie eine Zweit-meinung einholen können?

• Nach der Behandlung: Haben Sie eine nachvoll-ziehbare Rechnung erhalten?

Wichtig ist: Lassen Sie sich zu nichts überreden,was Sie nicht wirklich selbst wollen. Nehmen Siesich im Zweifel genug Zeit. Denn: Ist die Vereinba-rung erst einmal unterschrieben, müssen Sie auchdie Kosten tragen.

RA Mirja Trautmann

Mirja TrautmannRechtsanwältin,Fachanwältin für MedizinrechtSimon & Partner, Rechtsanwälte Schottstr. 10 70192 StuttgartTel.: 0711 2594333Fax: 0711 25943344http://[email protected]

Dr. med. Hans-Joachim DietrichFacharzt für InnereMedizin Vorsitzender derÄrzteschaft GöppingenZiegelstr. 41 73033 Göppingen Tel.: 07161 23121 Fax: 07161 14059

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Erste Hilfe: HerzdruckmassageBei einem Herz-Kreislauf-Stillstand kann schnelles Ein-greifen über Leben und Tod entscheiden. Die Herz-Lungen-Wiederbelebung, also die Herzdruckmassageim Wechsel mit der Beatmung eines Betroffenen, istdie Erstmaßnahme in einem solchen Fall. Da Ersthelferoft Hemmungen vor allem vor der Beatmung haben,wurden die Leitlinien 2010 vereinfacht. Mit Herzdruck-massage allein können Laien oft effektiv helfen, denneine Herzdruckmassage ohne Beatmung ist immernoch besser, als gar keine Maßnahmen zu ergreifen.

Schritt 1: Prüfen Sie das Bewusstsein• durch Ansprache, Rütteln oder Zufügen eines Schmerzes• ohne Bewusstsein � Notruf 112

Schritt 3: Kontrollieren Sie die Atmung• durch Hören, Fühlen und Sehen• verwenden Sie dafür nicht mehr als 10 Sekunden!• bei normaler Atmung � stabile Seitenlage• Atmung nicht normal � mit der Herzdruck-

massage beginnen

Schritt 2: • Kopf strecken und

Kinn anheben

Schritt 4: • Druckpunkt suchen: Der Handballen soll in der Mitte des

Brustkorbs auf dem unteren Drittel des Brustbeins plat-ziert werden. Direkt dahinter liegt das Herz, das durchdie Herzmassage zusammengepresst werden soll. DasBrustbein ist ein Knochen, der durch Knorpelverbindun-gen mit den Rippen elastisch verbunden ist, d. h., eslässt sich bewegen.

Schritt 5: • Den Ballen der anderen Hand auf die erste Hand aufsetzen.• Die Arme gestreckt halten und den Brustkorb des Betroffenen

senkrecht von oben durch Gewichtsverlagerung des eigenenOberkörpers 30 x mindestens 5 bis maximal 6 cm tief eindrü-cken. Für den richtigen Rhythmus können Sie sich an Disco-Beats orientieren, z. B. „Stayin’ Alive“ von den Bee Gees. Dasergibt die optimale „Schlagzahl“ von etwa 100 Kompressionenpro Minute. Druck- und Entlastungsdauer sollten gleich sein.

Mehr zur Ersten Hilfe: Marc Sachsenmaier (Ausbildung)DRK Rettungsdienst Esslingen-Nürtingen gGmbH; Laiblinstegstr. 1; 72622 NürtingenTel.: 07022 3020-21; Fax: 07022 3020-11E-Mail: [email protected]

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Die Apotheker-Kolumne

Achtung: Gefälschte Medikamente!

Man hört immer wieder in den Medien, dassArzneimittel gefälscht werden und in Verpa-

ckungen auf den Markt kommen, die für den Laienecht aussehen. Diese Mittel werden aus dem Aus-land nach Deutschland reimportiert und billiger ver-kauft, oder es landen Medikamente auf unseremMarkt, die irgendwo in Indien, Pakistan, Kolumbien,Afrika oder China in einem Hinterhoflabor zu-sammengepanscht worden sind. Aus Afrika kom-men inzwischen 50–60 % gefälschte Arzneimittel inden Verkehr!

Unter Umständen fehlt den gefälschten Mittelnder versprochene Wirkstoff ganz oder befindet sichin zu geringer Dosierung im Medikament oder – be-sonders schlimm! – der Inhalt dieses Pseudoarz-neimittels ist schädlich. Wir erinnern uns, als dasPotenzwundermittel Viagra zu einem stolzen Preisauf den Markt kam. Da wurde im Internet schnellBillig-Viagra angeboten, in haargenau derselbenVerpackung und blauen Pillenform – nur leider be-fand sich der begehrte Wirkstoff selten in den Ta-bletten. Bei lebenswichtigen Arzneimitteln kanndies gefährlich werden, etwa wenn es sich um Anti-biotika handelt, die gegen Infektionserkrankungenhelfen sollen, oder um Mittel gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder bei Krebs.

Die kriminellen Arzneimittelfälscher produziereninzwischen längst in industriellem Ausmaß, unddies macht die Fälschungsbekämpfung nochschwieriger. Für die Fälscher ist dieses Geschäftseiner immensen Gewinnspannen wegen sehr lu-krativ. Ein Beispiel: Für den Wirkstoff Sildenafil in Vi-agra legt der Fälscher pro Kilo 40–50 Euro auf denTisch. Der Verkaufspreis schwankt zwischen 8 000

und 23 000 Euro, waseine Gewinnspannevon 20 000 bis46 000 % ausmacht!

Viele ordern heuteim Internet, meistwegen eines Preis-vorteils oder aus Be-quemlichkeit. Sieht

man von den reputierlichen Versandapotheken ab,kommt dies unter Umständen einem Vabanquespielgleich. Wenn eine „Internetapotheke“ verschrei-bungspflichtige Medikamente ohne Rezept liefert,sollten die Alarmglocken schrillen. Der Experte fürgefälschte Medikamente vom Zollkriminalamt inKöln, Volker Kerrutt, macht deutlich, dass diesesProblem kein Randphänomen ist, über das manhinwegsehen könnte. Kerrutt: „Der illegale Handelmit Arzneimitteln und Arzneimittelfälschungen ge-hört sicherlich zu den einträglichsten Möglichkei-ten, kriminelle Energie in Bares umzusetzen.“ In derZeitspanne von 1996 bis 2012 deckten die Krimi-nalbeamten 38 Fälle von Arzneimittelfälschungensogar in der legalen Vertriebskette in Deutschlandauf. Da wurden abgelaufene Medikamente umge-packt und wieder in den Markt geschleust.

Bei uns wird gerade ein System entwickelt, wel-ches verhindert, dass gefälschte Mittel in die legaleLieferkette eindringen. Die Medikamente, die inDeutschland über den Apotheker verkauft werden,sind an sich schon sehr sicher. Um die letzten Risi-ken auszuschließen, wird das securPharmSystemeingeführt. Jede Arzneimittelpackung erhält eineSeriennummer, die diese Verpackung einmaligmacht. Diese Nummer ist im quadratischen Data-Matrix-Code zusammen mit Produktnummer, Char-genbezeichnung, Verfallsdatum und Seriennummerverborgen. Bevor der Apotheker die Verpackungabgibt, scannt er den Code und gleicht ihn mit ei-ner Datenbank ab. Stellt er eine Unstimmigkeit fest,bekommt der Kunde eine andere Packung. Dasverdächtige Mittel wird einbehalten und auf Fäl-schung untersucht.

Arzneimittel sind eine besondere Ware. Nichtumsonst hat der Gesetzgeber für Apothekerstrengste Spielregeln erlassen. Wir Apotheker sindnicht nur „Verkäufer“, wir wissen dank unseresPharmakologiestudiums, was in einem Medika-ment steckt, wie es wirkt und sich mit anderen Mit-teln verträgt. Deshalb lohnt es sich, neben seinemHausarzt auch seinen Hausapotheker zu haben.

Christof MühlschlegelRosenau ApothekePlochinger Str. 81; 73730 EsslingenTel.: 0711 315477-0Fax: 0711 315477-19muehlschlegel@rosenau-apotheke.dewww.rosenau-apotheke.de

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Betreutes Wohnen - Menschen, Nähe, Lebensfreude

Quartier am Hainbach - Wohnen mit Service 0711 39 05-118/100

Menschen, Nähe,Lebensfreude

Geriatrisches ZentrumEsslingen-Kennenburg

0711 3905-100

Die Arbeit in Küche und Restaurant eines Sternelokals ist un-geheuer kreativ. Doch sie fordert vom Team alles. Schon die

Rahmenbedingungen sind hart. Das Sterne-Restaurant Speise-meisterei in Stuttgart-Hohenheim hat an sieben Tagen in der Wo-che geöffnet, mittags und am Abend. Das ist so, als wenn manohne Unterbrechung in der Formel 1 fährt. Und das vierzehn Malin der Woche. Dies ist sowohl körperliche wie auch geistige Be-lastung, die bis an die Leistungsgrenze geht. Wenn man die Ar-beit beobachtet, erscheint sie die meiste Zeit eher spielerisch,doch in gewissen Phasen ist es wie beim Reifenwechsel. Inner-halb von Sekunden maximale Leistung. Diese Arbeit über denganzen Tag verteilt, Woche für Woche, belastet die Rückenmus-kulatur ungemein. Das braucht einen wohlüberlegten Ausgleich.

Der Patron Frank Oehler bietet seinen Köchen und Service-mitarbeiterinnen körperlichen und psychischen Ausgleich fürihre anspruchsvolle Arbeit. Jede Woche, bei Wind, Regen oderSchnee, treibt eine charmante junge Dame als Fitness-Coachdas Team der Speisemeisterei in den wunderschönen Park vor

dem Hohenheimer Schloss und motiviert zu körperlichem Aus-gleich. Die Mitarbeiter können auch ein Fitnesscenter besu-chen. Die Kosten werden von der Speisemeisterei übernom-men. Jeder Mitarbeiter darf sich dort anmelden und bezahlt nurZusatzleistungen wie Getränke. Der muskuläre Ausgleich dankdes regelmäßigen Trainings ist das eine, das andere die sinnvol-le Gestaltung der Arbeitszeiten. Bei der Gestaltung des Dienst-plans müssen zwei Aspekte in Einklang gebracht werden, derperfekte Ablauf der Arbeit in Küche und Restaurant und daspersönliche Wohl und die Wünsche jedes Mitarbeiters. FrankOehler pflegt einen offenen Umgang mit seinem Team und för-dert damit die Stärken jedes Einzelnen. Ganz entscheidend da-bei ist, dass jeder auf seinem Posten Verantwortung trägt. Die-ser Führungsstil setzt auf Vertrauen. Jeder soll seine eigenen Er-fahrungen sammeln und damit wachsen. Über Fehler wird offengesprochen; im Team tauscht man sich darüber aus. Man gehtfair miteinander um. Das schafft eine fantastische, kreativeAtmosphäre. Und die Gäste spüren das. Red.

Das Team der Speisemeisterei:

Für Gesundheit, Fitness und Lebensfreude

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Betriebliches Gesundheitsmanagement

Gesund im Job, gesund zu Hause Es wird viel über Gesundheitsvorsorge, über Prävention und Gesundheitsmanagement geredet. Und dabei wirdauch gerne der Zeigefinger erhoben und festgestellt, wie wir uns falsch ernähren, zu viel zu Hause herumsitzen,den Stress geradezu suchen, rauchen, trinken. Wie soll man das ändern? Thomas Schneider, stellvertretenderGeschäftsführer der AOK Bezirksdirektion Neckar-Fils, hat Ideen.

Gesundheit beginnt im Kopf. Wo sollen wir be-ginnen, um den Wunsch nach Gesundheit in dieKöpfe zu bringen? Thomas Schneider: Wir müssen dort ansetzen, wodie Menschen viel Zeit verbringen, wo das Lebender Menschen stattfindet, damit vor allem auch inden Betrieben. Große und kleine Unternehmensollten sich unabhängig von der jeweiligen Brancheindividuelle Strategien ausdenken, wie sie ihrenMitarbeitern Gesundheit schmackhaft machenkönnen. Ich bin mir sicher, dass daran kein Wegvorbeiführt. Wir als AOK – Die Gesundheitskassewollen diese Entwicklung beschleunigen und aktivbegleiten, und zwar rechtzeitig. Wir dürfen nicht zu-warten, bis der Druck durch die wirtschaftlicheNotwendigkeit uns dazu zwingt. Die gesellschaft-lichen Entwicklungen sprechen hier eine deutlicheSprache.

Das bedeutet, so höre ich heraus, dass Sie eineReihe von Unternehmen bereits heute begleiten?Thomas Schneider: Das ist richtig. Es ist kein Ge-heimnis, dass der Wirtschaftsstandort Deutsch-land gefährdet ist, wenn wir nicht heute schon dieGesundheit unserer Kinder und Jugendlichen ernstnehmen. Es kommen weniger junge Leute nach.Der Fachkräftemangel ist bereits in den Betriebenangekommen. Da sehe ich mit großer Sorge, dassauch zunehmend junge Leute durch falsche Ernäh-rung, eklatanten Bewegungsmangel und Überge-wicht bereits in jungen Jahren Gefahr laufen, chro-nische Erkrankungen wie Diabetes mellitus undHerz-Kreislauf-Schäden zu entwickeln. Mit fort-schreitendem Alter wird dies zunehmen, und dannwerden wir gewaltige Probleme damit haben, dieseausufernden Volkskrankheiten ökonomisch in denGriff zu bekommen, wenn wir nicht gegensteuern.Wir werden in Zukunft länger arbeiten müssen, weil

der Nachwuchs spärlicher ausfällt. Wir müssenkünftig also auch im fortgeschritteneren Lebensal-ter leistungsfähig bleiben. Und das geht nicht ohneGesundheit.

Wie steht es mit der psychischen Gesundheit?Arbeitswelt und Privatleben gestalten sich immerkomplizierter, und der Stress nimmt zu.Thomas Schneider: Die Lebenswelten, private undberufliche, verschmelzen in unserer globalen Weltimmer mehr. Durch die modernen Medien hat sichunsere Arbeitswelt verändert. Arbeit bzw. viel zu ar-beiten macht grundsätzlich nicht krank. Auf dieUmstände/Rahmenbedingungen und die Einstel-lung kommt es an. Berufliche und private Zeit istheute oftmals nicht immer streng voneinander ge-trennt. Private Probleme bereiten Stress, beruflicheebenso. Das eine beeinflusst das andere und um-gekehrt. Schwerwiegende Probleme in der Part-nerschaft, Trennung, Krankheit im familiären Um-feld – all das wirkt sich natürlich auch auf die Moti-vation und Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz aus.Spannungen, Überforderung, Unzufriedenheit imBetrieb: Eine solche Belastung setzt sich auch bisins Privatleben fort. Wenn mehrere Faktoren zu-sammenkommen, kann sich dies hochschaukeln,bis der Mensch ausgebrannt und depressionsge-fährdet ist. Es ist nicht zu übersehen, dass psychi-sche Erkrankungen in erschreckendem Ausmaßzunehmen. Genauso verstärken sich aber auch po-sitive Effekte gegenseitig.

Die AOK sorgt dank der Hausarzt- und Facharzt-verträge dafür, dass solche Menschen rasch zumPsychotherapeuten kommen. Was aber kann dieAOK tun, um diesen Erkrankungen vorzubeugen?Thomas Schneider: Wir versuchen gemeinsam mitden Sozialpartnern Instrumente zu entwickeln, wie

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Thomas SchneiderStellvertretenderGeschäftsführerAOK – Die Gesund-heitskasse Neckar-FilsBezirksdirektion der AOK Baden-WürttembergPlochinger Str. 1373730 EsslingenTel.: 07021 9317493

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wir Unternehmen darin unterstützen undbegleiten können, die körperliche undseelische Gesundheit ihrer Mitarbeiteraktiv zu fördern. Hier muss natürlich jedeFirma ihren eigenen Weg finden. Wirkönnen solche Prozesse nur initiierenund fachlich fundiert begleiten. Dabeinehmen wir auch eine Vermittlerrolle einund binden weitere Gesundheitspartnermit ein.

Müsste man nicht zuerst die Führungs-kräfte eines Unternehmens auf dieProblematik aufmerksam machen unddiese dazu befähigen, Wohlbefindenund Gesundheit der Mitarbeiter aufvielfältige Weise zu fördern?Thomas Schneider: Wir müssen mitein-ander ins Gespräch kommen. Die Kran-kenkasse, die Gewerkschaft, die Arbeit-geberverbände, die Unternehmen. Da-bei können wir nur den Spiegel vorhal-ten, eine gemeinsame Analyse der Situ-ation machen und zu einem individuellenWeg ermutigen. Dabei hat die Führungeine wichtige Rolle und Vorbildfunktion.Gesundheit ist heute auch Führungsauf-gabe des Managements.

Gibt es Unterschiede zwischen inha-bergeführten Firmen und Dax-Unter-nehmen?Thomas Schneider: Es ist nicht unbe-dingt eine Sache der Unternehmens-form, sondern vielmehr der Einstellung,des Wollens. Wie man in den Unterneh-men mit Gesundheit umgeht, hängt im-mer von den jeweils verantwortlichenPersonen ab. Die einen haben begriffen,wie wichtig die Gesundheit der Mitarbei-ter für den Unternehmenserfolg ist, an-dere bewerten das Thema noch unterge-ordnet. Wer in die Gesundheit seinerMitarbeiter und seiner Führungskräfteinvestiert, der setzt auf die Wettbe-werbsfähigkeit seines Unternehmensvon morgen. Führungskräfte haben hier-bei Vorbildfunktion und sind wichtigeMultiplikatoren. Die Leistungsverdich-

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tung in der modernen Arbeitswelt istFakt. Deshalb müssen wir Wege finden,wie Mitarbeiter mit Belastungen gut klar-kommen. Und das geht vor allem durchein positives Umfeld im Betrieb und zuHause und durch eine ausgewogene Le-bensweise. Anspannung und Entspan-nung gehören zusammen. Natürlich tra-gen wir dabei auch selbst Verantwortungfür unsere Gesundheit.

Es geht nicht mehr so sehr darum,Krankheiten zu kurieren, sondern vorallem darum, sie zu vermeiden. Fälltder Krankenkasse da in Zukunft nichteine veränderte Rolle zu?Thomas Schneider: Wir müssen als Re-gionalkasse die Gesundheit der Men-schen fördern, sie zu einem gesünderenLeben motivieren, Hilfestellungen bie-ten. Gesundheit sollte auch Spaß ma-chen. Wir gehen auf die Menschen nichtmit dem erhobenen Zeigefinger zu, son-dern motivieren sie, Freude an der Ge-sundheit zu erleben. Unser Wirken fängtim Kindergarten, in der Schule an, gehtweiter über das betriebliche Gesund-heitsmanagement und reicht bis zu An-geboten in der Freizeit. Wir bieten füreinzelne Zielgruppen die unterschied-lichsten Programme an, gehen in Kin-dergärten und Schulen, sensibilisierenKindergärtnerinnen. Wir veranstaltenKurse und Beratungen für Übergewichti-ge und unterstützen die Selbsthilfe. Wirgehen in die Betriebe. Und vor allemknüpfen wir ein Netzwerk zwischen Ärz-ten, Kliniken, Gesundheitseinrichtungen,Vereinen, Kommunen, mit Firmen,Selbsthilfegruppen und Medien – imMittelpunkt stehen dabei die Versicher-ten. Wir als Die Gesundheitskasse müs-sen einen Beitrag dazu leisten, die Men-schen bei ihrer Gesundheit zu unterstüt-zen. Das ist die neue Rolle – die AOK be-findet sich als Gesundheitskasse schonseit vielen Jahren auf diesem Weg.

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Sternekoch Frank Oehler von der Speisemeisterei präsentiert:

Zubereitung • Kartoffeln gut abbürsten und in Spalten schneiden. Mit Oli-

venöl und den Kräutern vermengen. Auf ein mit Backpapierbelegtes Blech legen und im vorgeheizten Backofen bei200 °C ca. 25 Minuten backen. Anschließend würzen.

• Die Radieschen und Kräuter waschen, fein schneiden und inden Quark rühren. Die Gurke waschen, mit einer Reibe grobraspeln und ebenfalls zum Quark geben. Zum Schluss nochmit Knoblauch, Zitronensaft und Zesten, Salz, Pfeffer und Ta-basco abschmecken.

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Zubereitung • Olivenöl in einem Topf erhitzen. Reis und Schalotten darin

glasig dünsten, mit Tomatensaft ablöschen und ca. 16 Minu-ten unter ständigem Rühren köcheln lassen. Dabei nach undnach die Gemüsebrühe zugeben.

• Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Wenn das Risotto al den-te ist, die geviertelten Kirschtomaten, das Basilikum und dengeriebenen Parmesan zugeben. Bewusst wird hier auf Butterverzichtet, da durch den Tomatensaft die nötige Sämigkeitentsteht.

Zutaten (für vier Personen)

Für die Kartoffeln:• 600 g Kartoffeln • 5 EL Olivenöl • ½ TL Paprikapulver,

edelsüß • Salz • ½ TL Cayennepfeffer • Thymian• Rosmarin• Salbei

Für den Quark:• 500 g Magerquark• 1 Bund Radieschen• 1 Gurke• 3 EL Olivenöl• 1 Bund Petersilie • 1 Bund Schnittlauch • 1 Frühlingszwiebel • 1 Bund Dill• 1 Knoblauchzehe • Zitrone, Saft, etwas Zesten• Tabasco • Salz, Pfeffer

Zutaten (für vier Personen)

Für den Fisch• 4 Stücke Seelachsfilet

à 120 g• Zitronenpfeffer, Salz

Für das Gemüse• 2 Fenchelknollen• 100 g schwarze Kalamata -

oliven ohne Stein, geviertelt• 1 Schalotte in feine Würfel

geschnitten• 3 EL Olivenöl• 2 cl Orangensaft

Für das Tomatenrisotto:• 1 EL Olivenöl • 250 g Risottoreis • 2 Schalotten • 250 ml Tomatensaft• 600 ml Gemüsebrühe• 10 Kirschtomaten, geviertelt • Salz, Pfeffer • 80 g Parmesan, frisch

gerieben • 2 EL Basilikum, in Streifen

geschnitten

Quark mit Gurken, Radieschen und Ofenkartoffeln Zitronenseelachs mit Fenchel-Olivengemüse und Tomatenrisotto

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• Den Fenchel in Streifen schneiden, mit den gewürfelten Schalotten in Olivenölkurz andünsten und mit dem Orangensaft ablöschen. Die Oliven zugeben undmit Salz und Pfeffer abschmecken.

• Das Gemüse in eine Auflaufform geben. Den rohen Seelachs mit Salz und Zitronenpfeffer würzen, auf das Gemüse legen und im Ofen bei 120 °C ca. 8 Minuten glasig garen.

• Das Tomatenrisotto gemeinsam mit dem Gemüse und dem Seelachs anrichten.

Die Philosophie der Speisemeisterei

Sterne-Restaurants führen eine exzellente Kü-che. Sie befriedigen den Genuss anspruchsvol-ler Gäste auf hohem Niveau. Das aber mussnicht alles sein. Die Speisemeisterei in Stutt-gart-Hohenheim orientiert sich an einer Philo-sophie, die mehr will als nur exquisite Speisenin stilvollem Ambiente auf den Tisch zu bringen.Frank Oehler will sein Mitarbeiterteam und sei-ne Gäste rundum glücklich machen: für Leibund Seele sorgen.

Die gemeinsamen Werte der Speisemeisterei sind: Respekt, Wertschätzung,Bildung, Liebe, Höflichkeit, Tradition, Kontinuität und Stabilität, Nachhaltigkeit,Vertrauen, Qualität, Demut, Authentizität.

Die Küche im Wandel der Zeit„Aktuell spüren wir wieder den Drang und Wunsch zur Nähe der Produkte unddes Kochens“, so Frank Oehler. „Diesem kommen wir mit einer eigenen Menü-linie Stuttgart und Land nach. Auch der Integration selten gewordener Züchtun-gen wollen wir in Zukunft wieder mehr Beachtung schenken.“

Die Philosophie der Gerichte„Wir bieten ein Menü mit Zutaten aus Baden-Württemberg, ein Menü mit inter-nationalen Einflüssen und Zutaten, die aus aller Welt kommen können, und eindurchgängig vegetarisches Menü. Aus den Vorspeisen und Desserts dieser dreiMenüs kann jeder Gast seine Wahl treffen. Schließlich bieten wir noch einenHauptgang an, der für zwei Personen serviert wird. Hier wechseln sich Fleischund Fisch alle acht Wochen ab.“

Die Philosophie der Küche„Das lässt sich schnell auf einen Nenner bringen. Wir schwören auf ehrliche,wirkliche Nachhaltigkeit. Wir suchen geschmacksintensive Noten, die jedochihr Produkt nicht verleugnen. Regionale Lieferanten liegen uns am Herzen. Wirbeziehen unsere Produkte direkt von ihnen. Persönliche Kontakte sind dabeidas Salz in der Suppe.“

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Ein Gesundheitserlebnis der besonderen Art

Das Merkel’sche Schwimmbad in Esslingen

Mitten in der historischen Altstadt von Esslingen liegt das denkmalgeschützteMer kel’sche Schwimmbad. Es bietet seinen Besuchern Entspannung in be-

sonderem Ambiente. Hier lädt ein großes Becken, umgeben von eleganter Ju-gendstilkulisse, mit 34 Grad warmem Thermalwasser zum Schwimmen ein. Auchdas römisch-irische Dampfbad mit seiner lichtdurchfluteten Jugendstil-Lounge isteinen Besuch wert. Man kann sich hier mit einer orientalischen Hamam-Massageverwöhnen lassen oder im Inhalationsraum mit Sauerstoff-Sole-Gemisch ganztief durchatmen – ein wichtiges Angebot vor allem für Menschen mit Allergienoder anderen Atemwegserkrankungen.

In der Wellness-Oase mit sieben verschiedenen Saunen kann man bei einerVielfalt an Beauty- und Wohlfühlbehandlungen leicht den Alltag vergessen. DasAngebot reicht von Massagen, Fango undKrankengymnastik bei Rückenschmerzenbis hin zum entschlackenden Ganzkörper-Wickel mit Salz aus dem Toten Meer.

In der Dachlandschaft des Bades kannman in der Kamin- oder Kaskaden-Saunaschwitzen und sich danach gemütlich aufder Dachterrasse räkeln – und die Aussicht über Burg, Weinberge und die Dächervon Esslingen genießen.

Das Sportbad mit sechs Bahnen und Sprungan lage richtet sich an ganz Fit-nessbewusste. Eine Etage tiefer können die ganz Kleinen im Lehrschwimmbe-cken erste Schwimmversuche unternehmen.

Das Merkel’sche Schwimmbad macht SommerpauseBis zum 8. September werden verschiedene Sanierungsarbeiten im Bereichder Technik durchgeführt. Die Filteranlagen werden erneuert. DieSandfilter im Mineralbad und im Lehrschwimmbecken werdendurch moderne Mehrschichtfilter mit Sand und Anthrazitersetzt. Auch im Sportbecken werden die Filter ausge-tauscht. Das Filtrieren des Wassers wird dadurchnoch effizienter. Neben der Erneuerung der Filterstehen in der diesjährigen Sommerpause auch Reparaturarbeiten im Treppenhaus zum Lehr-schwimmbecken an. Bei der Heizungsanlage wirdunter anderem die Heizverteilung neu eingestellt.Dazu kommen die üblichen jährlichen Wartungsar-beiten. Der reguläre Betrieb startet wieder am Mon-tag, 9. September zu den gewohnten Öffnungszeiten.

Tag der offenen Tür am

8. September 2013

Am Sonntag, dem 8. September, sind alle Interessier-

ten von 10 bis 17 Uhr zum Tag der offenen Tür eingeladen.

Bäderchefin Deborah Büttner wird den Besuchern bei

Führungen Historisches und Technisches über das Merkel’sche

Schwimmbad erklären. Auch Kinder kommen auf ihre Kosten.

Um 11 Uhr wird eine Fotoausstellung mit Bildern von Martin Kögl

eröffnet. Der Hobby-Fotograf aus Denkendorf beschäftigt sich

mit der Makrofotografie und nimmt dabei vor allem Tropfen

in ihren unterschiedlichsten Formen unter die Lupe.

Der Eintritt am Tag der offenen Tür

ist frei.

Das Merkel'sche Schwimmbad bietet Wellness-und Fitnessangebote für die ganze Familie. Halten Sie sich fit und tanken Sie neue Energiefür den Alltag!

Merkel’sches SchwimmbadMühlstraße 6 | 73728 EsslingenTel. 0711 3907-700 | www.merkelsches-schwimmbad.de

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Seit Anfang Juni gibt es in Ost-fildern ein Angebot des Turn-

vereins Nellingen für Menschen mitGedächtnisstörungen und De-menz. Demenz – eine bis heute mitschweren sozialen Problemen undNebenwirkungen einhergehendeDiagnose. Nur allzu leicht werdenBetroffene abrupt aus vertrautenRollen und Beziehungen herauska-tapultiert. Und nur allzu leicht lau-fen sie Gefahr, bis dahin gepflegteAktivitäten, Hobbys und Interessenfallen zu lassen oder aus den ent-sprechenden Kontakten ausge-schlossen zu werden. Neben derdirekt betroffenen Person gilt dieshäufig auch für die sie begleiten-den Familienangehörigen.

In den vergangenen Jahren ist esansatzweise gelungen, für eineReihe von Betroffenen Möglichkei-ten der Fortführung solcher Akti-vitäten und sozialer Bindungen zueröffnen. Dabei hat sich der Sport(und Bewegung allgemein) als einesehr große Chance erwiesen. Sportzu treiben und in Bewegung zubleiben ist vielen Demenzbetroffe-

nen ein wichtiges Anliegen undsehr vielen von ihnen auch langeZeit möglich. Aus diesem Grundbegann Ende letzten Jahres die Zu-sammenarbeit zwischen dem TVNellingen und der Demenz SupportStuttgart, die für das Projekt „Wasgeht! Sport, Bewegung und De-menz“ verantwortlich zeichnet. Ge-meinsam mit dem Projektträgerwurde beim TV Nellingen ein Bewe-gungs- und Sportangebot entwi-ckelt, das auf Menschen mit Ge-dächtnisproblemen/Demenz zuge-schnitten ist. Bei den wöchentlichstattfindenden Treffen wird ver-sucht, gemeinsam in Bewegung zukommen. Mit einfachen Übungen,angeleitet von erfahrenen Übungs-leitern aus dem Gesundheits- undRehabereich, werden Koordination,Beweglichkeit und Balance trai-niert.

Kompass Gesundheit 3/2013

Turnverein Nellingen

Demenz und Bewegung

Weitere Informationen:Geschäftsstelle des TV NellingenAnsprechpartner: Tobias Schramek Tel.: 0711 340153115E-Mail: tobias.schramek@ turnverein-nellingen.de

Ihren Erfahrungen einen Sinn gebenJede Ihrer Erfahrungen und Fertigkeiten zählt in ei-nem Haus, in dem es immer etwas zu bewegengibt. Neue Ideen sind uns sehr willkommen. Sie en-gagieren sich für einen überschaubaren Zweck undin einem Zeitraum nach Ihren Möglichkeiten – dasist für uns selbstverständlich. Die Bereicherung derLebenswelt unserer Bewohner und Patienten ge-hört zur diakonischen Ausrichtung unseres Zen-trums. Haben Sie beispielsweise Erfahrungen mit:Aquarium, Basteln, Computer, Dichten, Ernährung,Fernsehen, Geranien, Hund …

Sie nehmen etwas mit aus dem ehrenamtlichen NetzwerkBringen Sie sich ein – mit Computer, Geranie oderHund! Wir bieten: • Professionelle Organisation und qualifizierte An-

sprechpartner in Ihrem Projektumfeld• Fortbildungen und Fahrtkostenersatz• Kostenloses Fitnesstraining

Geben Sie Ihren Erfahrungen einen neuen Sinn undnehmen Sie dafür wieder etwas mit: Informationen,Kraft, Lebensfreude, Miteinander, Nähe …

Kontakt und Koordination:Silke Köhler, Ehrenamtliches NetzwerkGeriatrisches Zentrum Esslingen-KennenburgKennenburger Straße 63, 73732 EsslingenTel.: 0711 3905-141 E-Mail: [email protected]

Geriatrisches Zentrum Esslingen-Kennenburg

Ehrenamtliches Netzwerk

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Kompass Gesundheit 3/2013

Kompass GesundheitDAS MAGAZIN FÜR BADEN-WÜRTTEMBERG

AbonnementJa, ich möchte „Kompass Gesundheit“ regelmäßig lesen. Bitte senden Sie mir die „Kompass Gesundheit“-Ausgaben nach Erscheinen zu. „Kompass Gesundheit“ erscheint 4-mal jährlich.Ich übernehme die Porto- und Versandkosten in Höhe von Euro 10,-pro Jahr.Ich kann diese Vereinbarung jederzeit widerrufen.Bitte keine Vorauszahlung! Sie erhalten von uns eine Rechnung.

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Widerrufsrecht: Mir ist bekannt, dass ich die Verein barung innerhalb einer Woche beiMEDITEXT DR. ANTONIC (Leser-Service, Postfach 3131, 73751 Ostfildern) widerrufen kann.Die Frist beginnt mit Absendung dieses Formulars.

Faxen Sie Ihre Bestellung an 0711 7656590

oder senden Sie diese in einem Briefumschlag an:MEDITEXT DR. ANTONICPostfach 313173751 Ostfildern

Der nächste Kompass Gesundheit erscheint im November 2013

Arzt-Patienten-Forum in Zusammenarbeit mitder Kasseärztlichen Vereinigung Baden-Würt-temberg, der Kreisärzteschaft Göppingen undder NWZ

• 17.10.2013 19.00 Uhr WENN GELENKE UND RÜCKEN SCHMERZEN –Rheuma, Arthrose und GichtMehrgenerationenhaus GeislingenSchillerstr. 4; 73312 GeislingenReferenten: Dr. med. Stefan Worm (Göppingen), Dr. med. Ralf-Peter Rogge (Saulgau), Prof. Dr. med.Dominik Parsch (Stuttgart), Alexander Thieß (Göp-pingen)Moderation: Dr. med. Hans-Joachim Dietrich

• 11.11.2013 19.00 Uhr DAS SCHWACHE HERZ – Diagnose und Therapie der Herzinsuffizienz heute Stadthalle, Klosterneuburg-SaalBlumenstr. 41; 73033 GöppingenReferenten: Prof. Dr. med. Dr. h.c. Christian Schlen-sak (Tübingen), Dr. med. Norbert Smetak (Kirch-heim), Prof. Dr. med. Stephan Schröder (Göppingen)Moderation: Dr. med. Hans-Joachim Dietrich

Gesundheit beginnt im Kopf TREFFPUNKT Rotebühlplatz StuttgartRotebühlplatz 28; 70173 Stuttgart

• 25.9.2013 20.00 Uhr PANKREAS – Die verborgene Bauchdrüse Dr. med. Suso Lederle im Gespräch mit Prof. Dr. med. Michael Schäffer und Dr. med. Ulrich Wellhäußer

• 23.10.2013 20.00 UhrTINNITUS – Wie Sie wieder Ruhe im Ohr finden Dr. med. Suso Lederle im Gespräch mit Dr. med.Helmut Müller und Dipl. Psych. Andreas Grimm

• 6.11.2013 20.00 UhrHERZSCHWÄCHE – Eingreifen, bevor es zu spät ist Dr. med. Suso Lederle im Gespräch mit Prof. Dr. med. Thomas Nordt

Mehr Infos: www.treffpunkt-rotebuehlplatz.de

Termine

Page 44: Kompass Gesundheit  3/2013

ThementagSCHLAF28. September 2013FILHARMONIEFilderstadt

Anmeldung

Ich nehme mit insg. Personen an der Veranstaltung teil.

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Straße:

PLZ:

Ort:

Tel.:

Faxen Sie Ihre Anmeldung an: 0711 7656590 oder senden Sie diese in einem Briefumschlag an:

MEDITEXT Dr. AntonicDas SchlafmagazinPostfach 31 31

73751 Ostfildern

www.dasschlafmagazin.de

Der Eintritt ist frei!

28. 09. 2013 FILHARMONIE Filderstadt

Thementag

SCHLAF

» Insomnie – endlich wieder schlafen

» Kampf gegenkrankhaftes Schnarchen

» Gutes Bett – guter Schlaf

» Burn-out vermiest den Schlaf

» Schlechter Schlaf – schlechter Sex

» Übergewicht – mit dem Skalpell gegen die Pfunde

Mehr im Internet unterwww.dasschlafmagazin.de

Gra

fik: ©

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