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1 Kontraktmanagement in der Neuen Steuerung Diplomarbeit angefertigt an der Fachhochschule Köln Fachbereich Sozialpädagogik vorgelegt von Andreas Pollak Bahnhofsstr. 39 53123 Bonn Matrikel-Nr. 11024617 im WS 2003/2004 1. Gutachter: Herr Prof. Dr. K. Hofemann 2. Gutachter: Herr Prof. Dr. Dr. H. Schubert

Kontraktmanagement in der Neuen Steuerung … · Kreislauf der Budgetierung 62 Abbildung 16. Ebenen eines Sozialraum-Konzepts 64 ... Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen

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Kontraktmanagement in der Neuen Steuerung

Diplomarbeit

angefertigt an der Fachhochschule Köln

Fachbereich Sozialpädagogik

vorgelegt von

Andreas Pollak

Bahnhofsstr. 39

53123 Bonn

Matrikel-Nr. 11024617

im WS 2003/2004

1. Gutachter: Herr Prof. Dr. K. Hofemann

2. Gutachter: Herr Prof. Dr. Dr. H. Schubert

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1. Signifikante Unterschiede von wirtschaftlichen Gütern

und (personenbezogenen) sozialen Dienstleistungen 8

Abbildung 2. Der Nonprofit-Sektor als intermediärer Bereich 13

Abbildung 3. Verbreitung des NSM 23

Abbildung 4. Kernelemente des Neuen Steuerungsmodells 25

Abbildung 5. Entstehung und Zuordnung von Produkten 26

Abbildung 6. Neue Bezugsgrößen der Steuerung 28

Abbildung 7. Leitgedanke zur Steuerung 40

Abbildung 8. Kernelemente des Kontraktmanagements 42

Abbildung 9. Kontraktkaskade 45

Abbildung 10. Unterscheidung zwischen externen- und internen

Kontrakten 48

Abbildung 11. Kontraktmanagement 52

Abbildung 12. Ziele eines zu führenden Dialogs der Kontraktpartner 55

Abbildung 13. Ziele von Kontraktmanagement 56

Abbildung 14. Voraussetzungen für Kontraktmanagement 59

Abbildung 15. Kreislauf der Budgetierung 62

Abbildung 16. Ebenen eines Sozialraum-Konzepts 64

Abbildung 17. Formen der Privatisierung 69

Abbildung 18. Kontraktmanagement zwischen senatorischem

Bereich und zugeordneter Dienststelle 82

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Abkürzungsverzeichnis

Art. Artikel

Abs. Absatz

BAT Bundesangestelltentarifvertrag

BSHG Bundessozialhilfegesetz

bzw. beziehungsweise

d.h. das heißt

DIN Deutsche Industrie Norm

f. und folgende Seite

ff. und mehrere folgende Seiten

GG Grundgesetz

GO NW Gemeindeordnung NRW

KGSt Kommunale Gemeinschaftsstelle

für Verwaltungsvereinfachung

KJHG Kinder- und Jugendhilfegesetz

KLR Kosten- und Leistungsrechnung

NSM Neues Steuerungsmodell

o. g. oben genannt

u. a. unter anderem

usw. und so weiter

S. Seite

vgl. vergleiche

z. B. zum Beispiel

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4

Eidesstattliche Erklärung

Ich versichere hiermit, dass ich die vorstehende Diplomarbeit selbständig angefertigt,

keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt und wörtlich entlehnte Stellen

als solche kenntlich gemacht habe.

_______________________ _______________________

Ort/Datum Unterschrift

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

2 Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen sowie

deren Abgrenzung zu wirtschaftlichen Gütern bzw. Dienst-

leistungen 4

2.1 Güter und Dienstleistungen 4

2.2 Besonderheit sozialer Dienstleistungen 6

2.3 Allokations- und Distributionssystem von Gütern und Dienst-

Leistungen 9

2.4 Profit- und Non-Profit-Unternehmen 11

2.5 Beschreibung ökonomischer Begrifflichkeiten aus dem NSM 14

2.5.1 Effektivität und Effizienz 14

2.5.2 Input, Output und Outcome 14

3 Einführung des Neuen Steuerungsmodells in der öffentlichen

Verwaltung und dessen Auswirkung auf die Sozialverwaltung 15

3.1 Kritikpunkte an der herkömmlichen Organisation der Verwaltung 15

3.1.1 Das Tilburger Modell und dessen Übertragung auf deutsche

Verhältnisse 19

3.2 Das Neue Steuerungsmodell im Überblick 22

3.2.1 Produktdefinition 25

3.2.2 Outputorientierte Steuerung 28

3.2.3 Dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung 29

3.2.4 Controlling 29

3.2.5 Kontraktmanagement 31

3.2.6 Qualitätsmanagement 31

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6

3.3 Entwicklungen, aus denen die Notwendigkeit einer Modernisierung

der Sozialverwaltung hervorgehen 34

3.3.1 Positive Auswirkungen des NSM´s auf die Sozialverwaltung 36

3.3.2 Kritikpunkte, die das NSM in der Sozialverwaltung hervorruft 37

4 Kontraktmanagement als Kernelement des NSM´s 40

4.1 Einleitung und Implementierungsgrund 40

4.2 Die Grundkonzeption des Kontraktmanagements 41

4.2.1 Die Kernelemente des Kontraktmanagements 42

4.3 Die verschiedenen Beziehungsebenen im Kontraktmanagement 45

4.3.1 Die Rolle des Bürgers 49

4.3.2 Verantwortungsdezentralisation als Leitmotiv des Kontrakt-

managements 50

4.4 Verbindlichkeit von Kontrakten 53

4.5 Ziele von Kontraktmanagement 54

4.6 Sanktionen und Anreize 57

4.7 Voraussetzungen für ein funktionierendes Kontraktmanagement 58

4.8 Das Kontraktmanagement im Zusammenhang mit Budgetierung

und Sozialraumbezug 60

4.8.1 Budgetierung und Kontraktmanagement 60

4.8.2 Sozialraumbezug und Kontraktmanagement 63 4.9 Förderung des Wettbewerbsgedanken durch Kontraktmanagement 66

4.9.1 Bedeutung von Benchmarking 71

4.10 Neue Anforderungen im Berufsbild 73

4.10.1 Motivation und Kooperation 73

4.11 Betrachtung der Problemfelder im Kontraktmanagement 77

5 Die praktische Umsetzung von Kontraktmanagement 81

5.1 Inhalte und Gestaltung von Kontrakten 81

5.1.1 Beispiel eines Hauptkontrakts aus Bremen 82

5.1.2 Beispiel eines Fachbereichkontrakts aus St. Augustin 85

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5.2 Die Erfahrungen der Stadt Tilburg mit Kontraktmanagement 86 5.3 Interview zum Thema Kontraktmanagement 88

6 Resümee 93

7 Literaturverzeichnis 96

8 Anhang 102

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Einleitende Fragestellungen: ! Welche Probleme entstehen bei der Übertragung von ökonomischen Instrumenten in die soziale Arbeit

und ist eine solche Übertragung überhaupt empfehlenswert?

! Gestaltet sich die Leistungsherstellung in der sozialen Arbeit durch Kontraktmanagement effizienter?

! Welche Chancen und Gefahren birgt das Kontraktmanagement für die soziale Arbeit?

Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen sowie deren Abgrenzung zu wirtschaftlichen Gütern bzw. Dienstleistungen

Einführung des Neuen Steuerungsmodells in der öffentlichen Verwaltung und dessen

Auswirkung auf die Sozialverwaltung

Kritikpunkte an der herkömmlichen Organisation der Verwaltung

Das Neue Steuerungsmodell im Überblick

Entwicklungen, aus denen die Not-wendigkeit einer Modernisierung der Sozialverwaltung hervorgehen

Kontraktmanagement als Kernelement des NSM´s

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Die praktische Umsetzung von Kontraktmanagement zur Abrundung der theoretischen Betrachtung

Resümee

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1 Einleitung

Die aktuellen Diskussionen über den Reformbedarf der kommunalen Verwaltung

verdeutlichen, dass die Einführung eines modernen Managements im öffentlichen

Dienst notwendig ist. Das Neue Steuerungsmodell bildet die Grundlage der aktuellen

Reformmaßnahmen. Es beinhaltet für die Kommunalverwaltung eine neu definierte

Kundenorientierung sowie eine Einführung betriebswirtschaftlicher Steuerungs-

instrumente. Öffentliche Dienstleistungen, hierunter fällt auch die Herstellung von

Sozialleistungen, sollen effizienter und effektiver werden. Folglich spielen in der

sozialen Arbeit ökonomische Zusammenhänge eine zunehmend bedeutende Rolle.

In vielen Sozialverwaltungen wird ein regelrechter Strukturwandel vollzogen.

Neben den fachlichen Standards sind zunehmend auch ökonomische Rationalitäts-

kriterien, die in der privaten Wirtschaft beheimatet sind und sich dort bewährt haben,

von Bedeutung. Aus diesem Grund ist es für die Berufsgruppe der Sozialarbeiter/

Sozialpädagogen1 mittlerweile unausweichlich, sich mit diesem Thema zu befassen.

Durch das Neue Steuerungsmodell sollen die wesentlichen Steuerungslücken auf

kommunaler Ebene beseitigt werden, die als hemmende Faktoren für effiziente

Aufgabenerledigung angesehen werden.

Kontraktmanagement als neues Steuerungsinstrument soll helfen, den Weg zu mehr

Effizienz und Effektivität in der Kommunalverwaltung zu ebnen. Die Grund-

prinzipien von Kontraktmanagement gehen auf Managementkonzepte privater

Unternehmen zurück. Die Einführung von Kontraktmanagement im öffentlichen

Bereich hat nicht nur eine umfassende und tiefgreifende Neuorganisation der

Beziehungen innerhalb der Verwaltung zum Ziel, auch die Beziehungen der

Verwaltung zu außenstehenden sind davon betroffen. Die vorliegende Arbeit

unternimmt den Versuch einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Kontrakt-

management. 1 Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit nur die männliche Schreibweise verwendet. Leserinnen fühlen sich bei der Lektüre dieser Arbeit bitte dennoch angesprochen.

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Folgende Leitfragen stehen hierbei im Mittelpunkt:

! Welche Probleme entstehen bei der Übertragung von ökonomischen

Instrumenten in die soziale Arbeit und ist eine solche Übertragung überhaupt

empfehlenswert?

! Gestaltet sich die Leistungsherstellung in der sozialen Arbeit durch

Kontraktmanagement effizienter?

! Welche Chancen und Gefahren birgt das Kontraktmanagement für die soziale

Arbeit?

Zur Untersuchung der Leitfragen ist diese Arbeit, abgesehen von der Einleitung und

dem Resümee, in vier Teile gegliedert. Deren Zweck und Inhalt wird im Folgenden

kurz dargestellt:

Teil 1: Der erste Teil widmet sich den ökonomischen Grundlagen für soziale

Dienstleistungen sowie deren Abgrenzung zu wirtschaftlichen Gütern bzw.

Dienstleistungen. Die Instrumente des Neuen Steuerungsmodells kommen

ursprünglich aus dem Bereich der Profit-Unternehmen. Es ist sinnvoll, zu Beginn

dieser Arbeit die Besonderheiten für soziale Dienstleistungserstellung heraus-

zuarbeiten, da die signifikanten Unterschiede der produzierten Güter/Dienst-

leistungen von Unternehmen und öffentlicher Verwaltung ihre Berücksichtigung

finden müssen. Es reicht nicht aus, die Anwendbarkeit von Kontraktmanagement in

der Sozialverwaltung zu untersuchen, ohne einen Bezug zu dessen Herkunft

aufzuzeigen.

Teil 2: Hier wird zunächst die Notwendigkeit der Verwaltungsmodernisierung

erörtert. Es folgt ein kurzer Überblick über die Herkunft, die Kernelemente und die

Funktionsweise des Neuen Steuerungsmodells, um das Instrument Kontrakt-

management in diesen Kontext einordnen zu können. Teil zwei endet mit einer

kritischen Betrachtung der Anwendbarkeit des Neuen Steuerungsmodells.

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Teil 3: Der dritte Teil beschäftigt sich im speziellen mit dem Kontraktmanagement.

Es wird als Kernelement des Neuen Steuerungsmodells vorgestellt. Seine zugrunde

liegende Steuerungsphilosophie wird dargelegt. In diesem Abschnitt werden zudem

weitere Ziele, die mit der Einführung von Kontraktmanagement einhergehen,

präzisiert. Mit Hilfe dieses Gliederungspunkts soll verdeutlicht werden, welche Vor-

und Nachteile mit der Einführung von Kontraktmanagement in der Sozialverwaltung

verbunden sind und welche Auswirkungen dies auf die einzelnen Mitarbeiter hat.

Teil 4: Dieser Teil befasst sich mit der praktischen Umsetzung von

Kontraktmanagement. Es werden verschiedene Anwendungsbeispiele aufgezeigt und

erörtert. Um die Betrachtungen zum Thema Kontraktmanagement abzurunden,

wurde abschließend ein Interview geführt.

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2 Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen

sowie deren Abgrenzung zu wirtschaftlichen Gütern bzw.

Dienstleistungen

2.1 Güter und Dienstleistungen

Bedürfnisse lassen sich als Mangelerscheinungen charakterisieren, die aufgrund

unterschiedlicher Begebenheiten entstehen können. In unserer Gesellschaft werden

Güter und Dienstleistungen ge- und verbraucht, um vorhandene Bedürfnisse zu

befriedigen. Das setzt eine Transformation eines Bedürfnisses in Bedarf bzw.

Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen voraus (vgl. Finis Siegler 1997, S. 21).

Die Nachfrage bzw. der Bedarf wird vor allem durch Käufe an anonymen Märkten

realisiert. Zudem besteht in Ausnahmefällen die Möglichkeit der eigenen

Herstellung. Die Anbieter orientieren sich bei der Herstellung der Güter und Dienst-

leistungen an den Wünschen der Nachfrager. Güter und Dienstleistungen weisen

signifikante Unterscheidungsmerkmale auf:

Grob lassen sich Freie- und Wirtschaftsgüter voneinander unterscheiden. Freie

Güter sind in nahezu unbegrenzter Menge vorhanden und ihr Konsum ist

unentgeltlich. Sie werden von Natur aus bereitgestellt. Luft ist ein Beispiel für ein

freies Gut, das jedem zur Verfügung steht. Da sie nichts kosten und man mit ihnen

keinen Gewinn erzielen kann, sind sie nicht Gegenstand wirtschaftlicher

Überlegungen. Wirtschaftliche Güter hingegen sind nicht frei verfügbar, sie werden

hergestellt und zu einem bestimmten Preis angeboten. Von ursächlicher Bedeutung

ist dabei der zu erwartende Gewinn. Wirtschaftliche Güter sind von materieller/

sächlicher Natur. Daraus kann man ableiten, dass sie sichtbar, transportierbar und

lagerfähig sind. Sie werden meist in Massen hergestellt, wobei ihre Produktion nicht

an einen bestimmten Standort gebunden ist. Aus diesem Grund fallen die Herstellung

der Güter und ihr entsprechender Verkauf zeitlich und örtlich auseinander (vgl. Finis

Siegler 1997, S. 24).

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Der Produktionsprozess, welcher durch eine Kombination von Anlagen, Maschinen,

menschlicher Arbeitsleistung und Werkstoffe gekennzeichnet ist, gestaltet sich

transparent. Somit können die Kosten, die durch die Herstellung verursacht werden,

sehr genau einem erstellten Gut zugerechnet werden. Das ist für den Hersteller von

großer Wichtigkeit, weil erkannt werden kann, ob sich der Verkauf des Guts zu

einem bestimmten Preis rentiert. Um Güter preiswert herzustellen, werden in den

Produktionsprozess Mechanisierungsmöglichkeiten einbezogen.

Eine eindeutige begriffliche Definition von Dienstleistungen ist aufgrund einer

ausgeprägten Heterogenität in diesem Bereich sehr schwierig. Häufig werden diese

in Negation zu wirtschaftlichen Gütern beschrieben. So werden Dienstleistungen

u. a. als nicht materiell und nicht lagerfähig beschrieben. Arnold systematisiert

Dienstleistungen folgendermaßen:

Zunächst grenzt er persönliche und automatisierte Dienstleistungen voneinander ab.

Eine Dominanz der menschlichen Leistung im Erstellungsprozess ist charakteristisch

für persönliche Dienstleistungen. Im Unterschied dazu werden bei automatisierten

Dienstleistungen wesentliche Bestandteile der Leistung von Automaten bzw.

Maschinensystemen erbracht (z. B. Datenbanksysteme, Selbstbedienungsautomaten).

Für die vorliegende Arbeit sind die persönlichen Dienstleistungen von Interesse, die

sich sowohl sach- als auch personenbezogen gestalten können (vgl. Arnold 2003a, S.

219). Die sachbezogene Dienstleistung wird am Sachgut eines Nachfragers

durchgeführt (Reifenwechsel beim Auto), während sie bei der personenbezogenen

Dienstleistung direkt an der Person des Nachfragers (Soziale Arbeit, Beratungs-

gespräch) erbracht wird (vgl. Arnold 2003a, S. 216). Der Prozess der Herstellung

wird durch die menschliche Arbeitskraft geprägt, er ist sehr personalintensiv. Andere

Faktoren sind nachrangig auch von Bedeutung, wie z. B. die räumliche Ausstattung.

Es wird behauptet, die Produktivität dieser personalintensiven Art der Leistungs-

erstellung sei weder mess- noch kontrollierbar (vgl. Finis Siegler 1997, S. 24).

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2.2 Besonderheiten sozialer Dienstleistungen

Ökonomisch betrachtet gehört die soziale Arbeit in den Bereich der Dienstleistungen,

in die Kategorie der personenbezogenen Dienstleistungen (vgl. Punkt 2.1).

Personenbezogene Dienstleistungen umfassen jedoch sehr unterschiedliche Bereiche.

Für die Dienstleistungserstellung in der sozialen Arbeit muss eine Begrenzung

vorgenommen werden, die in der Vokabel „personenbezogene soziale Dienst-

leistungen“ zum Ausdruck gebracht wird (vgl. Merchel 2001, S. 33). Das Adjektiv

„personenbezogen“ kann jedoch weggelassen werden, da es bereits im Adjektiv

„sozial“ enthalten ist. Die sozialen Dienstleistungen werden nur in Anspruch

genommen, wenn besondere Umstände, deren Anlass ist ein soziales Problem ist,

eine vorher nicht vorhandene Nachfrage erfordern. Z. B. dann, wenn das Verhalten

eines Kindes Hilfen zur Erziehung erforderlich macht. Dieser Anlass grenzt sich

zunächst von anderen Dienstleistungen ab. Durch diesen Umstand ist der Bedarf

dieser Leistungen nicht genau vorherseh- und bestimmbar. Die sozialen

Dienstleistungen weisen weitere Besonderheiten/Charakteristika im Vergleich zu

anderen Dienstleistungen sowie zur Güterproduktion auf (vgl. u. a. Arnold 2003a S.

215 ff. – und Merchel 2001 S. 33 f.):

Es existiert keine Leistung im herkömmlichen Sinn, womit gemeint ist, dass z. B. ein

fertiges Produkt als Ergebnis eines Herstellungsprozesses entsteht. Es spielen auch

Sachleistungen (z. B. Räumlichkeiten) innerhalb der Leistungserstellung eine Rolle,

doch die Kernleistung ist der Prozess innerhalb der Dienstleistung. Sie zeichnet sich

also durch eine Immaterialität bzw. eine Intangibitlität aus, da sie weder sichtbar

noch greifbar ist. Der Dienstleistungsempfänger ist dadurch nur bedingt in der Lage,

die angebotene Dienstleistung und deren Nutzen einzuschätzen (vgl. Merchel 2001,

S. 33).

Soziale Dienstleistungen sind durch eine Unteilbarkeit und Nicht-Speicherbarkeit

gekennzeichnet. Die Produktion und Konsumtion erfolgen zeitgleich in einem

Vorgang, der unter dem Uno-actu-Prinzip bekannt ist. Aufgrund dieser Tatsache, ist

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eine soziale Dienstleistungserstellung auf Vorrat nicht möglich. Da der Bedarf dieser

Leistungen ist nicht genau vorherseh- und bestimmbar ist, ergeben sich dadurch

Probleme in der Kapazitätsplanung.

Es ist unabdingbar, dass ein externer Faktor (Klient/Kunde) in den Erstellungs-

prozess einbezogen wird. Dies geschieht in einer solchen hohen Intensität, dass der

externe Faktor die Rolle des Koproduzenten einnimmt. Es ist notwendig, dass er für

die Dauer der Erbringung der Dienstleistung zur Verfügung steht. Von Seiten des

Klienten setzt dies ein Mindestmaß an Kooperationsfähigkeit und -willigkeit voraus

(vgl. Finis Siegler 1997, S. 30). Aufgrund dieser Konstellation kann man die

Schlussfolgerung ziehen, dass der Erfolg bzw. Misserfolg einer Leistung nicht

eindeutig zurechenbar ist. Die Effizienz des Produktionsprozesses kann nicht exakt

vorhergesagt werden und liegt nicht allein in der Verantwortung des Anbieters.

„Der Konsument wird zum „Prosument“ und der Produzent zum „Koduzent““

(Trube 2001, S. 192). Das Zurechnungsproblem für die Ergebnisverantwortung ist

aufgrund dieser Intransparenz nur schwer bzw. nicht zu lösen, zudem stellen sich die

erhofften Ergebnisse manchmal nicht sofort, sondern erst zeitverzögert ein.

Soziale Dienstleistungen werden an einer Person erbracht, somit ist die

Leistungserstellung an einen Standort gebunden. Die räumliche Distanz zwischen

Anbieter und Nachfrager sollte nicht zu groß sein, deshalb können soziale

Dienstleister ihren Standort nicht beliebig wechseln. Sie müssen Maßnahmen

ergreifen, um eine räumliche Distanz zwischen dem Nachfrager und dem Anbieter zu

überwinden (vgl. Merchel 2001, S. 34).

Durch die hohe Individualität im Prozess der Leistungserstellung lassen sich soziale

Dienstleistungen nur begrenzt standardisieren. Sie müssen variabel auf unter-

schiedliche Bedürfnisse der Nachfrager reagieren können. Im Gegensatz zu den

meisten Konsumgütern kann die Qualität von sozialen Dienstleistungen nicht vor

ihrer Erbringung beurteilt werden. Somit ist als weiteres Wesensmerkmal zu nennen,

dass sie Erfahrungsgüter sind (vgl. Bäcker/Bispinck/Hofemann/Naegele 2000, S.

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334). Der Nachfrager begibt sich in die „Obhut“ des Dienstleisters. Erst nach

Beendigung der sozialen Dienstleistung „erfährt“ er deren Qualität. Der Nachfrager

muss darauf vertrauen können, dass er die richtige Leistung erhält. Diese

Konstellation macht soziale Dienstleistungen im hohem Maße zu Vertrauensgütern.

Dieses Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis tritt besonders dann auf, wenn der

Klient wegen „fehlender Sachkenntnis und/oder wegen eingeschränkter Handlungs-

und Entscheidungsfähigkeit den Profi [den Dienstleister] als „Agenten“ zur

Spezifizierung der erforderlichen Einzelleistungen einsetzt“ (Bäcker/Bispinck/Hofe-

mann/Naegele 2000, S. 334). Der Dienstleister bestimmt nach Vorgabe durch den

Staat zugleich über das Angebot und die Nachfrage (vgl. Punkt 2.3). Er muss

hinreichende Maßnahmen ergreifen, die vertrauensschaffende Wirkung haben.

Abbildung 1 veranschaulicht zusammenfassend die signifikanten Unterschiede von

wirtschaftlichen Gütern und (personenbezogenen) sozialen Dienstleistungen:

Abbildung 1. Signifikante Unterschiede von wirtschaftlichen Gütern und (personenbezogenen)

sozialen Dienstleistungen (eigene Darstellung)

Merkmale von wirtschaftlichen Gütern:

Merkmale von (personenbezogenen) sozialen Dienstleistungen:

Stofflichkeit/Sachlichkeit

Transportierbarkeit/Lagerfähigkeit

Transparente Herstellbarkeit

Standortungebundenheit

Massenfertigung Erfahrungs- und Vertrauensgüter

Standortgebundenheit

Integration des externen Faktors

Speicherbarkeit nicht gegeben

Immaterialität/Intangibilität

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2.3 Allokations- und Distributionssystem von Gütern und Dienst-

leistungen

Vergleicht man die Allokation und Distribution von Sachgütern und Dienstleistungen

im wirtschaftlichen Bereich mit den Dienstleistungen im sozialen Bereich, so lassen

sich diverse Unterschiede erkennen. Güter und Dienstleistungen können auf

verschiedene Weise angeboten werden, und zwar in Form von privaten, öffentlichen

oder meritorischen Gütern und Dienstleistungen (vgl. Finis Siegler 1997, S. 31).

Güter und Dienstleistungen werden zu privaten Gütern, wenn sie auf anonymen

Märkten angeboten und nachgefragt werden. Sie werden vom Konsumenten als

autonome Wirtschaftssubjekte erworben, um vorhandene Bedürfnisse zu befriedigen.

Dies geschieht aufgrund ihrer individuellen Präferenzen und in Abhängigkeit vom

zur Verfügung stehenden Einkommen (vgl. Finis Siegler 1997, S. 31). Zentrale

Bezugsgröße zur Koordination zwischen Angebot und Nachfrage ist der Preis.

Die Aneignung der privaten Güter vollzieht sich meist in Form von schlüssigen

Tauschbeziehungen. Leistung und Gegenleistung sind direkt miteinander verbunden.

Dass heißt, der Kunde (gleichzeitig Konsument und Zahler) bekommt nach einer

Gegenleistung (do-ut-des-Prinzip), in Form der Bezahlung, vom Anbieter im Tausch

das private Gut. Das schließt Dritte von der Bedürfnisbefriedigung aus, da auch die

Eigentumsrechte am Gut/der Dienstleistung erworben werden (Finis Siegler 1997, S.

31). Private Güter werden individuell konsumiert, es gilt das Ausschlussprinzip.

Ein Beispiel für öffentliche Güter ist die innere Sicherheit und die damit

verbundene Terrorismusbekämpfung. Öffentlich vom Staat bereitgestellt, wird

diesen Gütern ein kollektiver Nutzen unterstellt. Finanziert werden sie durch

Steuerzahlungen, und somit durch die Allgemeinheit. Öffentliche Güter werden am

Markt weder angeboten noch nachgefragt, jeder kommt in den Genuss dieser Güter,

die auch Kollektivgüter genannt werden. Daher gilt bei ihnen auch nicht das

Ausschlussprinzip. Sie produzieren externe Effekte, „d. h. sie stiften nicht nur einen

individuellen, sondern auch einen sozialen Nutzen“ (Finis Siegler 1997, S. 32).

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Als meritorische (lateinisch = verdienstlichte) Güter/Dienstleistungen werden die-

jenigen Leistungen bezeichnet, die zwar auf anonymen Märkten angeboten werden

könnten, bei denen jedoch das Ergebnis der marktmäßigen Steuerung politisch

beeinflusst wird. Der Staat will hierdurch ein bestimmtes Versorgungsniveau

sicherstellen und nicht ausschließlich vom Markt bestimmen lassen. Meritorische

Güter/Dienstleistungen sind zwischen privaten- und öffentlichen Gütern/Dienst-

leistungen angesiedelt. Für sie gilt auch das Ausschlussprinzip, jedoch werden sie im

Wege politischer Entscheidungen zu quasi-öffentlichen Gütern gemacht (vgl. Finis

Siegler 1997, S. 32). Als Beispiel kann man u. a. die Bereiche der medizinischen

Versorgung und der Bildung anbringen. Konsumtätigkeiten bringen hier einen

direkten individuellen Nutzen, zugleich aber auch einen indirekten Nutzen für die

Allgemeinheit (Volksgesundheit, guter Bildungsstand einer Gesellschaft).

Auch soziale Dienstleistungen sind aufgrund ihrer Zwitterstellung (sie sind

gleichzeitig Individual- und Kollektivgut) meritorische Güter bzw. Dienstleistungen

(vgl. Finis Siegler 1997, S. 32). Durch die Bereitstellung der sozialen

Dienstleistungen greift der Staat in die Präferenzen der Klienten ein, da er letztlich

festlegt, was angeboten wird. Der plausible Grund der Nutzung dieser Dienst-

leistungen liegt in der Unabhängigkeit von Geld, um einkommensschwache

Bevölkerungsgruppen nicht zu benachteiligen. Soziale Arbeit z. B. richtet ihr

Angebot häufig an benachteiligte Bevölkerungsgruppen (z. B. an hilfebedürftige

Kinder und Jugendliche, Behinderte und ältere Menschen). Der Staat ist gesetzlich

dazu verpflichtet, ihnen entsprechende Dienstleistungen (durch eine Meritorisierung)

zur Verfügung zu stellen. Deutschland hat ein historisch gewachsenes System der

sozialen Sicherung. Im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung hat die

kommunale Politik die Aufgabe, die konkrete Erbringung der sozialen Leistung zu

gewährleisten. „Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle

Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener

Verantwortung zu regeln“ (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG).

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Die Aneignung von sozialen Dienstleistungen vollzieht sich in Form von nicht

schlüssigen Tauschbeziehungen. An diesen sind ein Leistungsempfänger, ein

Leistungserbringer und die Kostenträger (hiermit ist der Staat, aber auch einzelne

Spender, Vereine usw. gemeint) beteiligt. Der Leistungserbringer produziert die

Dienstleistung in Zusammenspiel mit dem Leistungsempfänger, der hierauf einen

Rechtsanspruch hat. Der Kostenträger fungiert als Finanzgeber für den Leistungs-

erbringer. Somit steht der erbrachten Leistung keine unmittelbare Gegenleistung des

Empfängers gegenüber (vgl. Arnold 2003c, S. 278). Durch diese Konstellation ist die

Tauschbeziehung nicht schlüssig. Soziale Dienstleistungen werden entweder vom

Staat in eigener Regie hergestellt, oder durch Organisationen ohne Erwerbscharakter

(vgl. Punkt 2.4, Non-Profit-Unternehmen), die im Auftrag des Staats handeln.

2.4 Profit- und Non-Profit-Unternehmen

Wie der Name erkennen lässt, ist bei Profit-Unternehmen ein zu erwartender

Gewinn der ausschlaggebende Grund für die Herstellung von Gütern bzw.

Dienstleistungen. Sie arbeiten nach dem erwerbswirtschaftlichen Prinzip.

Profit-Unternehmen konkurrieren untereinander um die Gunst der Nachfrager auf

Märkten. Es muss ihnen gelingen, ihre Güter bzw. Dienstleistungen so zu gestalten,

dass sie von den Konsumenten für deren Bedürfnisbefriedigung ausgewählt werden

(vgl. Finis Siegler 1997, S. 39). Zu den Gestaltungsmöglichkeiten gehören der Preis,

die Qualität oder ein angebotener Service. Je mehr die Güter bzw. Dienstleistungen

den Kundenwünschen entsprechen, desto größer sind die Absatzchancen für ein

Unternehmen. Damit Unternehmen Gewinne erzielen können, müssen sie ihre

Produkte zu einem Preis absetzen, der über den Herstellkosten liegt (vgl. Finis

Siegler 1997, S. 39). Profit-Unternehmen sind in unzähligen Branchen (z. B. in der

Automobilindustrie, im Pharmazie- und Gesundheitsbereich) angesiedelt. Die

Hoffnung, dass sich ein entsprechendes Wirken rentabel gestaltet, ist in fast allen

Fällen der ausschlaggebende Tätigkeitsgrund.

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12

Bei Non-Profit-Unternehmen ist ein zu erwartender Gewinn nicht der ausschlag-

gebende Grund für die Leistungserstellung. Es handelt sich hierbei nicht um

gewinnorientierte Unternehmen. In diese Kategorie gehören z. B. Vereine, Wohl-

fahrtsverbände, Gewerkschaften oder Stiftungen. Sie finanzieren sich durch

öffentliche Mittel, Spenden, Beiträge oder Gebühren.

Die freien Wohlfahrtsverbände übernehmen beispielsweise staatliche Aufgaben und

sorgen „einerseits für eine Entlastung staatlicher Institutionen, andererseits bewahren

sie den Bürger vor allzu intensiver staatlicher Einflussnahme auf seinen privaten

Lebensbereich“ (Arnold 2003b, S. 197). Ihr Ziel ist das Erbringen von spezifischen

Leistungen für Personen mit einem Bedarf an Hilfe. Daher ist eine Bedarfs-

orientierung bei der Leistungserbringung vordergründig. Die Wohlfahrtsverbände

haben durch jahrelange Erfahrung eine hohe Fachkompetenz in bestimmten sozialen

Arbeitsfeldern entwickelt. Sie werden als Ratgeber bei entsprechenden politischen

Entscheidungen herangezogen. Gleichzeitig versuchen sie durch Lobbytätigkeiten

ebenfalls Einfluss auf die Politik zu nehmen.

Non-Profit-Unternehmen sind von vielfältiger Natur. Auf den Großteil von ihnen

trifft zu, dass sie zwischen Staat und Markt im sogenannten intermediären Sektor

angesiedelt sind, da sie weder zum öffentlichen noch zum privatwirtschaftlichen

Sektor gehören (vgl. Arnold 2003b, S. 193).

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13

Wie Abbildung 2 verdeutlicht, erfolgt die Regulation der Nachfrage weder

ausschließlich durch den Markt noch durch den Staat. Es geschieht durch eine

Kombination von Bürokratie, Solidarität und Markt:

Abbildung 2. Der Nonprofit-Sektor als intermediärer Bereich (Quelle: Arnold 2003b, S. 196)

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14

2.5 Beschreibung ökonomischer Begrifflichkeiten aus dem Neuen

Steuerungsmodell

Zum Abschluss dieses Gliederungspunkts werden ökonomische Begrifflichkeiten

definiert, die im weiteren Verlauf dieser Arbeit von großer Bedeutung sind.

2.5.1 Effektivität und Effizienz

! Effektivität

Unter Effektivität (Wirksamkeit) versteht man den Grad der Zielerreichung.

Je effektiver man arbeitet, desto wirksamer ist eine Arbeit. Ziel ist es, das

Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen zu optimieren.

! Effizienz

Unter Effizienz (Wirtschaftlichkeit) versteht man die Relation zwischen den

eingesetzten Mitteln und dem Ergebnis der Arbeit. Es gilt mit minimalen

Mitteln einen vorgegebenen Erfolg zu erzielen (Minimalprinzip), bzw. einen

maximalen Erfolg mit vorgegebenen Mitteln (Maximalprinzip) zu erzielen.

2.5.2 Input, Output und Outcome

! Input

Unter Input wird der geld- oder mengenmäßige Einsatz von Mitteln

(Ressourceneinsatz) verstanden, um Güter und Dienstleistungen zu

produzieren.

! Output

Unter Output versteht man ein (messbares) Ergebnis, das aus einer

Produktion von Gütern und Dienstleistungen entsteht.

! Outcome

Unter Outcome versteht man die Wirkung von Gütern oder Dienstleistungen.

Es handelt sich folglich um ein Leistungsergebnis.

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15

3 Einführung des Neuen Steuerungsmodells in der

öffentlichen Verwaltung und dessen Auswirkung auf die

Sozialverwaltung

3.1 Kritikpunkte an der herkömmlichen Organisation der Verwaltung

Richtet man seinen Blick auf die Institution „öffentliche Verwaltung“ erfährt man

sehr schnell, wie es um ihr Ansehen in der Öffentlichkeit bestellt ist. Die öffentliche

Verwaltung ist kein gewinnorientiertes Unternehmen, sie ist jedoch per Gesetz

verpflichtet, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu handeln. Die Bürger möchten

„value for money“, denn letztlich sind sie es, die die Verwaltung finanzieren. Mit

knappen Mitteln soll ein bestimmter Erfolg erzielt werden.

Es werden mit dieser Institution Begrifflichkeiten in Verbindung gebracht, die kein

gutes Licht auf die Beschäftigten werfen. Haben wir nicht selbst schon einmal über

die öffentliche Verwaltung gesagt, dass sie zu teuer, zu bürokratisch oder zu

unmodern ist? Das Attribut der Bürgerfreundlichkeit wird ihr gänzlich aberkannt.

Auch Experten gehen von der Notwendigkeit einer Modernisierung aus. Der

deutschen Verwaltungsorganisation wird in wissenschaftlichen Erhebungen ein

signifikanter Modernitätsrückstand im internationalen Vergleich diagnostiziert (vgl.

Merchel/ Schrapper 1996, S. 8). Nachfolgend werden die Ursachen für die Kritik an

der öffentlichen Verwaltung dargestellt.

Die Kritik an der bürokratischen Verwaltungsorganisation im deutschen Wohl-

fahrtsstaat ist durch eine lange Tradition und Kontinuität gekennzeichnet. Im

Rahmen des kooperativen Föderalismus der Bundesrepublik Deutschland ist es das

Recht und die Pflicht der kommunalen Politik und Verwaltung, die örtlichen

Angelegenheiten eigenverantwortlich zu organisieren und auszuführen (vgl. Grunow/

Grunow-Lutter 2000, S. 26). Aufgrund dieses weit gefassten Auftrags der Gestaltung

von Lebensverhältnissen und der Daseinsvorsorge übernimmt die kommunale Ebene

eine große Verantwortung für die Bürger. Kommunale Leistungen stehen in sehr

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16

direktem Maße auf dem Prüfstand der sie beurteilenden Öffentlichkeit. Die

Effektivität und Bürgernähe der konkret erbrachten Leistungen ist ein wesentlicher

Legitimationsbestandteil für den Leistungshersteller (vgl. Grunow/Grunow-Lutter

2000, S. 26). Defizite in Form und Inhalt der erbrachten Leistung und der dafür

eingesetzten Ressourcen werden sehr kritisch wahrgenommen. Im Laufe der Zeit

nahm die Kritik an der Verwaltungsorganisation zu und somit erhöhte sich auch ein

Modernisierungsdruck, wobei folgende Umstände von Bedeutung waren:

Der vom Grundgesetz postulierte Rechtsstaat und der von ihm postulierte Sozialstaat

führte zu einer Zunahme der potentiellen und faktischen Betroffenheit der Bürger

durch die Verwaltung (vgl. Grunow 1988, S. 10). Die Planungs- und Steuerungs-

funktionen des Staates haben zugenommen, bei denen es ständig kompliziertere

Zusammenhänge, wie z. B. neuartige Typen von Problemlagen, verringerte finanz-

ielle Handlungsspielräume und veränderte Erwartungshaltungen der Bürger, zu

berücksichtigen gilt. Dadurch, dass immer mehr Bürger mit Verwaltungstätigkeiten

in Berührung kamen, rückte das bürokratische Verwaltungshandeln in den Fokus

einer breiten und zumeist kritischen Öffentlichkeit. Es gibt zwei unterschiedliche

Bezugspunkte für die Bürokratiekritik. Die Verwaltung ist einerseits als gesellschaft-

licher Problemlöser anerkannt, andererseits nimmt man ihr Dasein als Herrschafts-

instrument und Machtfaktor wahr. Die Leistungsfähigkeit der Verwaltung war mit

dem Aufbau einer Herrschaftsstruktur verknüpft. Die kontinuierliche Bürokratie-

kritik, „die letztlich eine Staatskritik darstellt“, begründet sich insbesondere durch

den Herrschaftscharakter der Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft (Grunow

1988, S. 12). Um diese Machtposition zu legitimieren, muss in demokratischen

Staaten ein Einverständnis der davon Betroffenen vorliegen. Die Legitimations-

grundlagen können sich in verschiedenen gesellschaftlichen Entwicklungsphasen

ändern. Insbesondere der Kontext der deutschen Vereinigung mit der Gegen-

läufigkeit von weitreichenden gesellschaftlichen Umwälzungen bei geringen

Ressourcen und die zunehmende Globalisierung erforderte eine Neubestimmung der

Rolle des Staates und seiner Verwaltung (vgl. Naschold/Bogumil 1998, S.71).

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17

Es war der Verdienst von Max Weber (1864-1920), eine Herrschaftssoziologie als

Grundmuster bürokratischer Organisationen zu entwickeln. Bis vor einiger Zeit war

die Verwaltung nach den Grundsätzen einer rationalen Bürokratie nach dem Max

Weber Prinzip organisiert, die als effektivste Form der Erledigung von Verwaltungs-

aufgaben galt. Die Merkmale dieser bürokratischen Organisation lassen sich folgen-

dermaßen charakterisieren (vgl. Hill 1997, S. 65 ff.):

! Hauptamtliches, qualifiziertes, alimentiertes Personal

! Trennung von Amt und Person

! Hierarchische Über- und Unterordnung von Dienstposten mit entsprechenden

Weisungs- und Kontrollbefugnissen

! Formal festgelegte Arbeitsteilung und Spezialisierung

! Eindeutige Kompetenzregelung

! Strenge Regelgebundenheit (Recht und Gesetz) bei der Aufgabenerledigung

! Aktenmäßigkeit und Schriftlichkeit des Verwaltungshandelns

Die Steuerung der Verwaltung gestaltete sich „input-orientiert“, d. h. das Handeln

der Verwaltung wurde durch Vorgabe von Stellen und Sachmitteln gesteuert. Dieses

Organisationsmodell hatte sich über Jahre für die Bewältigung von voraussagbaren

und gleichgelagerten Sachverhalten bewährt. Doch dieses klassische Verwaltungs-

modell hatte die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit überschritten. Immer

umfangreichere Leistungsmängel des herkömmlichen Organisationsmodells offen-

barten sich. Die Aufgabenerfüllung durch die Verwaltung erwies sich mehr und mehr

als ineffizient. Die Hauptmängel der klassischen Konzeption wurden in der

Steuerung der Verfahren (Regelsteuerung), in der funktionalen Arbeitsteilung nach

dem Verrichtungsprinzip bei starker Hierarchisierung, im Mangel prozess-

kettenbezogener Kooperation und im Fehlen eines strategischen Managements

gesehen (vgl. Naschold/Bogumil 1998, S. 79).

Beispielhaft sei erwähnt, dass für die Erreichung der Sachziele die ausführenden

Stellen verantwortlich waren. Hierfür benötigten sie Ressourcen in Form eines

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Budgets. Die zentralen Instanzen trugen hierfür die Verantwortung. Durch eine

getrennte Fach- und Ressourcenverantwortung waren die Inhalte und Ergebnisse des

Verwaltungshandelns häufig nicht transparent, zudem war ein Bewusstsein für die

Kosten von konkreten Leistungen kaum vorhanden. In der Gestaltung des Budgets

lag eine Ursache für die Unterstellung einer ineffizienten Aufgabenerfüllung durch

die Verwaltung. Der Basiswert für ein Budget war der Referenzwert des Vorjahres.

In erster Linie war es also nicht an Leistungen oder Wirkungen gekoppelt. In diesem

Zusammenhang spricht Banner von einem System der „organisierten

Unverantwortlichkeit“, welches nicht die optimale Leistung, sondern den maximalen

Ressourcenverbrauch belohnt (vgl. Banner 1991, S. 7). Die Mittel durften auch nicht

auf andere Haushaltsstellen übertragen werden, was eine flexible Handhabung nicht

zuließ. Je nach Haushaltslage wurde das Budget um einen bestimmten Prozentsatz

angehoben oder gekürzt (Rasenmähermethode). Regelmäßig überkam die Ver-

waltung zum Jahresende das „Novemberfieber“. So wurden noch zahllose Ausgaben

mit der Absicht getätigt, Haushaltsreste nicht verfallen zu lassen bzw. zurückführen

zu müssen (vgl. Trube 2001, S. 196). Zudem wollte man eine Anpassung der Mittel

im Folgejahr umgehen, welche sich dann auf niedrigere Ausgaben gründete.

Speziell der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung

(KGSt) ist es mit den Begriffen “Tilburg“ und “Neues Steuerungsmodell“ gelungen,

richtungsweisende Veränderungsprozesse in der Kommunalverwaltung einzuleiten.

Die KGSt stellt sich auf ihrer Website folgendermaßen dar:

„Die KGSt ist der Verband für kommunales Management. Sie wurde am 01. Juni 1949 in Köln als Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung gegründet und ist

eine dienstleistungsorientierte Fachorganisation der Städte, Gemeinden und Kreise, die unabhängig vom Staat und den politischen Parteien arbeitet. Die KGSt hat rund 1600

Mitglieder - vor allem Kommunen aus Deutschland und Österreich" (http://www.kgst.de/inha0003.htm, eingesehen am 18.11.03).

3.1.1 Das Tilburger Modell und dessen Übertragung auf deutsche

Verhältnisse

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Das Neue Steuerungsmodell ist eine Modernisierungsstrategie für Kommunal-

verwaltungen. Durch seine Einführung sollen die o. g. Problemlagen beseitigt

werden. Den deutschen Kommunen wurde das Modell vor allem von der

Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) angeboten.

Das Neue Steuerungsmodell hat seinen Ursprung in den Niederlanden, und zwar in

der Stadt Tilburg. Dort unternahm man 1985 den Schritt, die Stadtverwaltung zu

reorganisieren. In ihrem Bericht 12/1992 schildert die KGSt das niederländische

Reformprojekt aus deutscher Sichtweise und so erreichte das „Tilburger Modell“ bei

den deutschen Kommunalreformern große Bekanntheit. Die Stadt wurde ausgewählt,

da das dort entwickelte Finanzsteuerungssystem „den höchsten vorfindbaren Grad an

instrumenteller Geschlossenheit und Unternehmensähnlichkeit aufweist“. (KGSt-

Bericht 5/1993, S. 24).

In Tilburg war lange Zeit ein zentralistisches Verwaltungsmodell vorherrschend.

Es besagte, dass die Politik die Verwaltungstätigkeiten festsetzt und diese sowohl im

Großen als auch in den Details selbst steuert. Dies geschah über Einzelanweisungen,

die ein strikt hierarchisch organisierter Verwaltungsapparat auszuführen hatte. Im

Laufe der Zeit wurde die Verwaltung mit immer umfangreicheren und veränderten

Aufgabenfeldern konfrontiert. Durch ein Größenwachstum der Verwaltung wurde

versucht, den geänderten Anforderungen zu begegnen. Das Verwaltungshandeln

wurde hierdurch jedoch immer teurer und langsamer. Die Stadt Tilburg war

insgesamt in einer angespannten finanziellen Lage, die defizitäre Verwaltung

verschlimmerte diese Situation. Rückblickend kann dieser Umstand als ausschlag-

gebender Faktor für die Reorganisierung der Verwaltung betrachtet werden. In dem

Maße, wie die kommunalen Einkünfte geringer wurden, wuchs in Tilburg die

Nachfrage nach wirtschaftlich verantwortlichen Handeln durch die Verwaltung ( vgl.

Kosten 1996, S. 21).

In der Verwaltungsreform von Tilburg findet seit 1985 eine deutliche Akzentuierung

der Verwaltungsstruktur hin zur Implementierung betriebswirtschaftlicher Elemente

statt. Die öffentliche Verwaltung sollte stärker betriebswirtschaftliche Größen

berücksichtigen. Im Mittelpunkt der Überlegungen standen Begrifflichkeiten wie

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Kontraktmanagement, Kompetenz-Dezentralisierung, Management-Berichte und

Controlling. Kontraktmanagement avancierte in Tilburg zum Schlüsselbegriff, der

alle Neuerungen symbolisiert (vgl. Kosten 1996, S. 23).

Dies erforderte eine Kulturveränderung in der gesamten Organisation. Im Mittel-

punkt der Reform stand ein neues Leitbild. Die Stadtverwaltung verstand sich als

Dienstleistungsunternehmen mit einer entsprechenden Organisationsstruktur,

welches seine Leistungen kundenorientiert zu erbringen hat (vgl. Mix 1996, S. 13).

Das Tilburger Modell beschränkt sich nicht ausschließlich auf die Binnen-

organisation der Verwaltung. Auch der Politik wurde eine neue Rolle zugewiesen.

Die Abkehr von der ursprünglichen Verwaltungsorganisation sah zusätzlich eine

deutliche Trennung von Politik und Verwaltung vor. Dadurch wurde der Abschied

vom verwaltungszentrierten Denken eingeleitet (vgl. Kosten 1996, S. 22).

Neue Fachbereiche wurden gegründet. Jeder Bereich war nunmehr für eine

bestimmte Aufgabe (für ein Produkt) zuständig. Von Seiten der Politik und der

Verwaltungsspitze erhielten diese Bereiche eine größere Handlungsfreiheit mit der

Auflage, stärker ergebnisorientiert zu arbeiten. Den Direktoren der Fachbereiche

wurde die Verantwortung für den Input, den Prozess der Leistungserstellung und den

Output übertragen (vgl. Mix 1996, S. 14). In den Mittelpunkt des Verwaltungs-

handelns rückten Effizienz- und Effektivitätsgesichtspunkte.

In Kontrakten wurden Absprachen zwischen der Politik und den verantwortlichen

Leitungen der Fachbereiche über Aufgabenstellung und angestrebte Resultate

vereinbart. Hierfür wurde den Fachbereichen ein entsprechendes Budget zur

Verfügung gestellt. Die größere Handlungsfreiheit wurde den Fachbereichen unter

der Prämisse gewährt, dass sie regelmäßig Bericht erstatten sollten.

Die Verwaltungsreform in Tilburg war kein Selbstläufer, sondern ein langan-dauernder und stetiger Prozess. Auf Modellversuche wurde in Tilburg verzichtet. Von Anfang an wurden

alle Bereiche der Tilburger Verwaltung in diesen Reorganisationsprozess einbezogen. Politiker, Verwaltungsspitze und Mitarbeiter mussten gleichermaßen mitarbeiten.

Das Modell wurde flexibel gehandhabt, Erfahrungen wurden analysiert und

verarbeitet, so dass das Modell ein regelrechtes Eigenleben entwickelte.

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21

Die ökonomische Vernunft des Verwaltungshandelns wurde erhöht, das Image der

Stadt hatte sich nachhaltig verbessert. Das belegt die Tatsache, dass die kommunale

Finanzpolitik ab dem Jahr 1988 einen Überschuss vorweisen konnte, was allerdings

losgelöst von den Zielen des Verwaltungshandelns zu betrachten ist (vgl. Mix 1996,

S. 17 f.). Das Tilburger Modell bietet keine Garantie dafür, dass die richtigen Ziele

für das Verwaltungshandeln von der politischen Führung ausgewählt werden.

Aufgrund des wirtschaftlichen Denkens besteht die Gefahr, bestimmte

kostenintensive Zielfelder zu vernachlässigen. Um dies zu verhindern, wird in

jüngster Zeit in Tilburg den Bürgerwünschen bei der Festlegung der Leistungs-

erstellung viel Bedeutung eingeräumt (vgl. Mix 1996, S. 36).

Das Tilburger Modell wird in der neueren Literatur gelegentlich als das Mekka der

Verwaltungswelt bezeichnet. Bis heute gibt es noch zahlreiche Versuche, dieses

erfolgreiche Modell zu imitieren. Wer dieses Modell jedoch in möglichst kurzer Frist

übernehmen will, wer nur einige Teilbereiche kopiert oder sich davon kurzfristige

Wunder erhofft, verkennt den dahinter steckenden langwierigen Prozess und stößt

somit auf Probleme (vgl. Kosten 1996, S. 33).

Die Erfahrungen der niederländischen Stadt wurden auch zum Vorbild für deutsche

Überlegungen, wie eine Verwaltung zu reorganisieren ist.

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22

3.2 Das Neue Steuerungsmodell im Überblick

Ausgehend vom Tilburger Modell wird die Idee übernommen, die organisatorischen

Schwierigkeiten der öffentlichen Verwaltung mit betriebswirtschaftlichen Steuer-

ungselementen in den Griff zu bekommen. Die Verwaltung muss in die Lage versetzt

werden, sich den komplexen und dynamischen Umweltsituationen (vgl. Punkt 3.1)

anzupassen.

Durch das Neue Steuerungsmodell ist regelrecht ein neues Leitbild für das

Verwaltungshandeln entstanden (vgl. Pippke 2000, S. 284). Es unterstreicht das neue

Selbstverständnis der Organisation und ihrer Mitarbeiter und bildet die Grundlage für

ihr abgestimmtes Handeln. Ein bürokratisches Behördenhandeln mit alther-

gebrachten Strukturen und Tugenden ist nicht mehr gefragt. Im Mittelpunkt des

neuen Leitbildes steht die „ziel- und kostenbewusste Steuerung der Verwaltung als

ein kundenorientiertes Dienstleistungsunternehmen“ (Merchel/Schrapper 1996, S. 7).

Die Verwaltungsleistungen werden somit als Dienstleistungen verstanden, der

Adressat ist der Bürger als Kunde. Somit soll sich die Verwaltung an den

Bedürfnissen der Bürger orientieren und ihre Leistungen dementsprechend laufend

anpassen. Das Neue Steuerungsmodell beinhaltet den Aufbau einer unternehmens-

ähnlichen, dezentralen Führungs- und Organisationsstruktur mit den Instrumenten

Kontraktmanagement, Qualitätsmanagement, Produktbildung und Controlling.

Der Prozess der Leistungsherstellung soll durch eine Zusammenführung der Fach-

und Ressourcenverantwortung optimiert werden. Begleitet wird die neue Struktur

durch die Aktivierung des Wettbewerbsgedanken (vgl. Punkt 4.9).

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Hervorzuheben ist dabei die Breite, mit der dieses Modell inzwischen in den

Kommunalverwaltungen umgesetzt wird. Die beiden Pie Charts der Abbildung 3

veranschaulichen dies anhand von Daten, welche 1997 von Bogumil und Kißler

veröffentlicht wurden (vgl. Bogumil/Kißler 1997, S. 19):

Verbreitung des NSM

2%

98%

Großstädte, die nicht mitdem NSM experimentierthaben.

Größstädte, die mit demNSM experimentierthaben.

Verbreitung des NSM

17%

83%

Mitgliedsstädte desDeutschen Städtetags,die Ansätze des NSM´snicht ausprobiert haben.

Mitgliedsstädte desDeutschen Städtetags,die Ansätze des NSM´sausprobiert haben.

Abbildung 3. Verbreitung des NSM (eigene Darstellung)

Die Tatsache, dass 98% der Großstädte und 83% (von insgesamt 267) der Mitglieds-

städte des Deutschen Städtetags Ansätze des Neuen Steuerungsmodells ausprobiert

haben, verdeutlicht dessen besondere Bedeutung. Der große Finanzdruck, dem alle

Kommunen unterliegen, war sicherlich ein Antriebsfaktor. Es sollte jedoch nicht der

Fehler gemacht werden, das Neue Steuerungsmodell lediglich als ein Sparmodell zu

betrachten. Bei seiner Umsetzung lassen sich mittelfristig durchaus auch

Einsparerfolge erzielen. Vornehmlich ist es als eine Modernisierungsstrategie für das

Verwaltungshandeln zu verstehen, welche von einer anderen Qualität als die

vorherigen Strategien ist, die in einer regelrechten Verwaltungsreform-Welle der

60er und 70er Jahre hervorgebracht wurden (vgl. Ast, 2000, S. 291 und Lüder 1996,

S. 94).

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Durch das Neue Steuerungsmodell sollen die wesentlichen Steuerungslücken auf

kommunaler Ebene beseitigt werden. Nach Auffassung der KGSt (vgl. KGSt-Bericht

5/1993, S. 9 ff.) handelt es sich hierbei um:

! Die Strategielücke, d. h., dass sich die kommunale Politik meist nur an

kurzfristigen Zielen (z. B. beeinflusst durch aktuelle Bürgerwünsche und

bevorstehende Wahlen) orientiert. Dies behindert eine Entwicklung von

längerfristigen, strategischen Zielen.

! Die Managementlücke, d. h., das Management der Verwaltung neigt dazu,

für die Bewältigung von Problemen eher mit einem Größenwachstum (anstatt

mit einer Leistungssteigerung) zu reagieren. Durch eine Trennung der Fach-

und Ressourcenverantwortung erfolgt die Zuteilung der Ressourcen durch

zentrale Instanzen (z. B. von der Kämmerei). Den fachlich verantwortlichen

Stellen fehlen Anreize, den Mitteleinsatz möglichst gering zu halten.

! Die Attraktivitätslücke, d. h., Mitarbeiter werden kaum dazu motiviert,

Engagement und Kreativität am Arbeitsplatz zu entwickeln. Dies ist auf eine

starke Hierarchiebildung und einer damit verbundenen mangelnden Ent-

scheidungskompetenz zurückzuführen. Zudem hat man keinen Einfluss auf

die Ressourcen.

! Die Legitimitätslücke, d. h., bürokratische Inflexibilität und Selbst-

bezogenheit werden nicht mehr vom Bürger toleriert. Die Verwaltung muss

den Beweis, dass sie ihre Handlungsfähigkeit nicht verloren hat, durch eine

transparente Leistungserstellung antreten,.

Die Beseitigung der soeben benannten Steuerungslücken bildet den Ausgangspunkt

für das Neue Steuerungsmodell. Hierdurch soll das neue Leitbild, welches die

Verwaltung als ein kundenorientiertes Dienstleistungsunternehmen betrachtet, in die

Realität umgesetzt werden.

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Die Abbildung 4 veranschaulicht die Kernelemente und die Funktionsweise des

Neuen Steuerungsmodells:

Abbildung 4. Kernelemente des Neuen Steuerungsmodells (Quelle: Niklas/Szlapka 1998 S. 84)

3.2.1 Produktdefinition

Die Verwaltungsleistungen werden zu quantifizierbaren Produkten zusammen-

gefasst, da das Neue Steuerungsmodell den Output in den Mittelpunkt der Be-

trachtung stellt.

Ausgehend von den Zielvereinbarungen im Kontraktmanagement werden

gewünschte Outputs nach Menge, Qualität und Preis definiert, die dann die Grund-

lage der Mittelzuweisung bilden. Über die Produktdefinition wird der bedeutsame

Schritt von der Input- zur Outputsteuerung vollzogen (vgl. Winter 2000, S. 103).

Der Output soll nach Effektivitäts- und Effizienzgesichtspunkten gemessen und

bewertet werden, die Ergebnisse fließen von Neuem in den Steuerungskreislauf.

„Produkte spielen bei der outputorientierten Steuerung als Ergebnis der

Geschäftstätigkeit und der Gestaltung von Leistungskontrakten die zentrale Rolle“

(Knorr/Scheppach 1999, S. 37). Sie werden nach vorher festgelegten Standards

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definiert, um so in den jeweiligen Arbeitsfeldern Leistungs- und Kostenvergleiche zu

ermöglichen.

Demnach ordnen die unterschiedlichen Kommunen nach ihren Vorstellungen auch

die Produkte immer bestimmten Produktgruppen und diese wiederum Produkt-

bereichen zu – „wie etwa die gemeinnützige Arbeit (Produkt) der Hilfe zur Arbeit

(Produktgruppe) und diese dann der Hilfe zum Lebensunterhalt (Produktbereich)“

(Trube 2001, S. 188). Hierdurch wird ein zu hoher Detaillierungsgrad der

Steuerungsobjekte durch die übergeordneten Stellen vermieden.

Es soll eine Zusammenführung der fachlichen und politischen Steuerungserforder-

nisse vorgenommen werden, welche im Rahmen eines Gegenstromverfahrens

ermittelt werden (vgl. Winter 2000, S. 103). Die jeweils höhere Ebene diskutiert mit

der jeweils nachgeordneten Ebene ihre Steuerungserfordernisse und dement-

sprechend werden Produktanpassungen vorgenommen. Die Grundidee der Produkt-

anpassung im Gegenstromverfahren ist eine Produktbereichsbildung, die dann die

Arbeitsgrundlage für Verwaltungseinheiten ergeben. Die Leistungen sollen laufend

der veränderten Nachfrage und natürlich den vorhandenen Mitteln angepasst werden.

Abbildung 5 soll die Produktentstehung und -einordnung veranschaulichen:

Anpassung im Gegenstromverfahren

Zuordnung durch die

Kommunen

Leistungserstellung durch die

einzelnen Einheiten

Abbildung 5. Entstehung und Zuordnung von Produkten (eigene Darstellung)

Produktbereich = Zusammenfassung von Produktgruppen

Produktgruppe = Zusammenfassung

von Produkten

Produkt

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27

Das Produkt ist das kleinste, in seiner Qualität und Quantität gemessene, Ergebnis

des Verwaltungshandelns. Die Kosten, die seine Erstellung verursacht hat, können

dem Produkt als Kostenträger zugeordnet werden (vgl. Winter 2000, S. 103).

Durch Festlegung der Qualität und der Quantität von Produkten sollen u.a. folgende

Ziele erreicht werden (vgl. Knorr/Scheppach 1999, S. 37):

Betrachtet man die outputorientierte Steuerung ist es durchaus naheliegend, dass die

Arbeitsergebnisse die entscheidenden Kriterien dafür sein sollen, nach der die

Verwaltung und die Kommune ihr Handeln auszurichten haben.

Laut Trube fußt dies auf vier zentralen Annahmen/Unterstellungen der Verwaltung:

1. Von Amts wegen weiß man, was das richtige/gute Ergebnis einer Leistung ist

2. Die Operationalisierbarkeit und Messbarkeit der Leistung muss gegeben sein

3. Die gemessene Leistung muss dem Handeln tatsächlich zurechenbar sein

4. Die erfolgsorientierte Steuerung müsste einen angemessenen Vergleich der

jeweiligen Leistungen erlauben (vgl. Trube 2001, S. 190)

Diese Annahmen/Unterstellungen offenbaren jedoch speziell für die Sozialver-

waltung ein Problem, welches sich aus der Besonderheit sozialer Dienstleistungen

(vgl. Punkt 2.2) ergibt.

! Transparenz in der Verwaltung und dem Verband für Politik, Bürger und

Klient

! Erfassung der Kosten- und Leistungsströme

! Leistungsgerechte Vertragsgestaltung

! Beurteilung der eigenen Wettbewerbsposition

! Kosten- und Qualitätsvergleiche mit anderen Anbietern sozialer

Dienstleistungen

! Vermeidung von unnötigen Mehrkosten und effiziente Kostenkontrolle

durch entsprechende Produktbudgets

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Neue Bezugsgrößen der Steuerung sowie neuer Ausgangspunkt für die Vergabe von Mitteln

Eine Bewertung der Qualität und auch der Quantität bei personenbezogenen sozialen

Leistungen, wie z.B. bei einer Beratung, lässt sich nur schwer am Produkt/Output

messen (vgl. Punkt 3.3.2).

3.2.2 Outputorientierte Steuerung

Bisher wurde das Verwaltungshandeln über die Zuteilung von Ressourcen gesteuert,

also über den Input (vgl. 3.1). Der Verwaltung wurde vorgeschrieben, wie viel Geld

sie ausgeben darf. Dieses Verfahren wurde jedoch nicht daran gekoppelt, welche

Leistungen mit diesem Geld erzeugt werden sollten.

Die outputorientierte Steuerung sieht vor, dass die Politik (Rat/Kreistag) in

Absprache mit der Verwaltungsspitze Ziele formuliert. Die Verwaltung hat ihr

Handeln dementsprechend auszurichten. Der Ressourcenverbrauch ist nunmehr nicht

mehr ausgabenbezogen, sondern er gestaltet sich aufwandsbezogen. Es muss deutlich

zum Ausdruck kommen, mit welchen Leistungen man ein Ziel umsetzen will.

Deshalb muss die Verwaltung ihr Leistungsangebot und die erbrachten Leistungen

(Output) genau kennen, um sie bürgernah, wirksam und wirtschaftlich zu gestalten

(vgl. Hofemann 2001, S. 31).

Voraussetzung für eine outputorientierte Steuerung ist die Bildung von Produkten.

Die Planung, die Durchführung und die Kontrolle des Verwaltungshandelns ist auf

das Produkt ausgerichtet.

Die Abbildung 6 verdeutlicht die Rolle der Produkte und deren Wirkung:

Abbildung 6. Neue Bezugsgrößen der Steuerung (eigene Darstellung)

Input (Mittel)

Prozess der Herstellung

Output (Produkte)

Outcome (Wirkung)

Page 37: Kontraktmanagement in der Neuen Steuerung … · Kreislauf der Budgetierung 62 Abbildung 16. Ebenen eines Sozialraum-Konzepts 64 ... Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen

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Für den Bürger und die Verwaltung sollen die Ziele durch die Bildung von

Produkten im Rahmen der outputorientierten Steuerung nachvollziehbarer werden

und es soll zusätzlich eine Kostentransparenz entstehen.

In der Orientierung an Leistungen (Output) und Wirkungen (Outcome) wird der

grundlegende Unterschied zwischen der alten und der neuen Budgetierungsweise

deutlich.

3.2.3 Dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung

Im Verwaltungsapparat selbst soll die strenge hierarchische Struktur aufgelöst und

durch neu zu errichtende, dezentrale Dienstleistungseinheiten/Einrichtungen ersetzt

werden. In diesen Einheiten arbeiten diejenigen Mitarbeiter, die auch bisher die Ver-

antwortung für die Leistungsherstellung hatten (Fachverantwortung). Im Neuen

Steuerungsmodell erhalten sie neben dieser Fach- auch die Ressourcenver-

antwortung.

Die KGSt verspricht sich durch diese Übertragung von Verantwortung eine größere

Flexibilität für die Mitarbeiter, ein verstärktes Kostenbewusstsein für einen ratio-

nalen Ressourceneinsatz sowie eine konsequente Ergebnisorientierung.

Die Steuerung dieser Dienstleistungseinheiten/Einrichtungen erfolgt im Rahmen des

Kontraktmanagements. Hier werden für einen festgelegten Zeitraum sachliche,

personelle und finanzielle Ressourcen für die zu erbringenden Leistungsergebnisse

(Produkte) vereinbart (vgl. Lüder 1996, S. 95).

3.2.4 Controlling

Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich beim Controlling um einen Soll-

Ist- Vergleich der angestrebten Ziele. Die daraus erlangten Informationen sollen die

Steuerungsebene unterstützen. Kommend aus dem englischen Sprachraum - in

Verbindung mit dem New Puplic Management - hat der Begriff seit den 80er Jahren

im deutschen Sprachgebrauch Konjunktur.

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30

Controlling wird als eine Komponente des Führungssystems einer Unternehmung

genutzt und stellt mehr als lediglich ein Planungs- und Kontrollinstrument dar.

Gleichsam ist es ein Steuerungs- und Analyseinstrument, indem es sowohl dem feed-

back als auch dem feed-forward zur realistischen Einschätzung der Zukunft dient

(vgl. Knorr/Scheppach 1999, S. 72 und Lüder 1993, S. 266).

Controlling wird auch in der öffentlichen Verwaltung verwendet. Vom Verwaltungs-

controlling wird sich insbesondere eine verbesserte Informationsversorgung der

Verwaltungsführung „und ein wirtschaftlicheres, effektiveres und transparenteres

Verwaltungshandeln“ versprochen (Lüder 1993, S. 265). Organisatorische Rahmen-

bedingungen müssen vorhanden sein, die auch ein wirtschaftliches Handeln fördern,

wie es im Neuen Steuerungsmodell der Fall ist.

Voraussetzung für ein funktionsfähiges Controlling im Zusammenspiel mit Kontrakt-

management ist die strategische und operative Planung (vgl. Knorr/Scheppach 1999,

S. 74). Unter operativer Planung ist das Ansteuern von Zielgrößen, durch ein

Berichtswesen im Soll- Ist- Vergleich, zu verstehen. Da sich die Steuerung der

dezentralen Verwaltungseinheiten gerade über Ziele vollziehen soll, ist es sinnvoll

diese nachzuhalten, um eine Kontrollfunktion zu erhalten. Eine regelmäßige Bericht-

erstattung ist deshalb Bestandteil des Controllings.

So ist eine klare Zielartikulation und eine entsprechende Messbarkeit dieser Ziele

notwendig. Zudem sollte Klarheit über Ziele und Standards (Quantität und Qualität)

bei der Aufgabenerfüllung herrschen, vor allem sollte die Operationalisierbarkeit der

Ziele gegeben sein (vgl. Trube 2001. S. 177), um eine verlässliche Arbeitsgrundlage

zu schaffen. Der Zielfindungsprozess selbst soll durch Controlling und dessen

Erfahrungswerte aktiv unterstützt werden (vgl. KGSt-Bericht 3/2001, S. 35).

Im Rahmen der strategischen Planung werden langfristige Organisationsziele

entwickelt.

Beim Controlling geht es also um die Unterstützung eines fortwährenden

Steuerungskreislaufs mit Zielentwicklung, Strategie, Aktion und Evaluation (vgl.

Trube 2001, S. 199).

Page 39: Kontraktmanagement in der Neuen Steuerung … · Kreislauf der Budgetierung 62 Abbildung 16. Ebenen eines Sozialraum-Konzepts 64 ... Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen

31

3.2.5 Kontraktmanagement

Im Neuen Steuerungsmodell hat das Instrument Kontraktmanagement eine zentrale

Bedeutung. Es ist ein Steuerungsinstrument und durch den Abschluss einer Ziel-

vereinbarung oder eines Kontrakts gekennzeichnet, in dem für eine Periode definiert

wird, wer welche Ziele in nachprüfbarer Weise umsetzt. Das Kontraktmanagement

kann sowohl interorganisatorisch als auch intra-organisatorisch angewendet werden.

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit steht dieses Instrument im Mittelpunkt detaillierter

Betrachtungen (vgl. Punkte 4-6).

3.2.6 Qualitätsmanagement

Neben den o. g. Elementen gewinnt zunehmend auch das Qualitätsmanagement an

Bedeutung. Das Wort „Qualität“ kommt ursprünglich aus dem Lateinischen („qualis“

= wie beschaffen). In der Deutschen Industrie Norm wird sie wie folgt beschrieben:

„Qualität ist die Beschaffenheit einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte

und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen“ (DIN 55350-11, Begriffe zu Qualitäts-

management und Statistik – Teil 11: Begriffe des Qualitätsmanagements). Unter

einer Einheit wird ein Produkt bzw. eine Dienstleistung verstanden. Festgelegte

Erfordernisse können beispielsweise vertraglich vereinbart oder gesetzlich vor-

geschrieben sein. Die vorausgesetzten Erfordernisse sind in erster Linie nicht

ausgesprochene, aber vermutete Kundenwünsche. Der Definition zufolge wird die

Qualität einer Einheit durch das Verhältnis zwischen realisierter und geforderter

Beschaffenheit bestimmt. Sie ist keine rein objektiv zu bewertende Eigenschaft,

sondern hängt entscheidend von den Anforderungen der Kunden ab (vgl.

www.dbb.de/position/pdf/Qualitätsmanagement..., eingesehen am 10.01.04). Je nach

subjektiven und individuellen Erwartungen sowie Bedürfnissen variieren die

Anforderungen.

Um zu strukturieren, nach welchen Merkmalen sich Qualität während der

Herstellung von Gütern bzw. Dienstleistungen richten kann, lassen sich unter-

schiedliche Kriterien heranziehen.

Page 40: Kontraktmanagement in der Neuen Steuerung … · Kreislauf der Budgetierung 62 Abbildung 16. Ebenen eines Sozialraum-Konzepts 64 ... Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen

32

Donabidian unterscheidet drei Dimensionen (Donabidian 1980, S. 80):

! Potential- oder Strukturdimension: Sie meint die stabilen

Voraussetzungen, unter denen eine Leistung erbracht wird (hiermit sind

Rahmenbedingungen wie z. B. räumliche, sachliche und personelle

Ausstattung gemeint).

! Prozessdimension: Sie meint alle Aktivitäten, die während der

Leistungsherstellung anfallen (im Jugendamt z. B. Anamnese, Hilfeplanung,

Ausführung und Dokumentation des Hilfeprozesses).

! Ergebnisdimension: Sie bezieht sich auf den Grad der Erreichung der

angestrebten Leistungsziele (Output/Outcome) unter der Berücksichtigung

der Zufriedenheit des Kunden.

Qualitätsmanagement wird als Gesamtheit der qualitätsbezogenen Tätigkeiten und

Zielsetzungen verstanden, es beinhaltet also Qualitätsplanung, -lenkung, -sicherung,

und -verbesserung (vgl. Bruhn 1997, S. 28 und Eversheim 1997 S. 14). Es gibt

zahlreiche Konzepte mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen und Vorgehens-

weisen zum Qualitätsmanagement. Die Frage, welches Konzept in der öffentlichen

Verwaltung zum tragen kommt, um eine Verbesserung der Qualität des Verwaltungs-

handelns zu erreichen, muss jede Verwaltung für sich selber klären.

Ein Qualitätsmanagementansatz für die öffentliche Verwaltung sollte folgende Ziele

in den Mittelpunkt stellen (vgl. www.dbb.de/position/pdf/Qualitätsmanagement...,

eingesehen am 10.01.04):

! Die Kundenzufriedenheit. Sie setzt die Kenntnis der Erwartungen der

Kunden voraus.

! Eine Orientierung an den Bedürfnissen der Mitarbeiter. Zu erreichen ist

dies durch Förderung einer adäquaten Information und Kommunikation

innerhalb der Verwaltung sowie durch ausreichende Entscheidungsspiel-

räume für die Mitarbeiter.

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33

! Ein effektives und effizientes Verwaltungshandeln. Die Arbeit soll

effektiver und effizienter gestaltet werden.

! Ein auf Kontinuität angelegter Verbesserungsprozess. Die Arbeit soll in

einen Kreislauf der ständigen Verbesserung geführt werden.

Die Bürger als Kunden der öffentlichen Verwaltung haben oft keine Wahl, ob sie

eine Leistung in Anspruch nehmen oder nicht. In der Regel muss sich die

Verwaltung als Anbieter öffentlicher Dienstleistungen ihre Kunden nicht suchen.

Hinsichtlich ihres Angebots kann sie nicht frei entscheiden, vielmehr resultieren

öffentliche Dienstleistungen aus gesetzlichen Vorgaben und politischen

Entscheidungen. Trotzdem spielt das Qualitätsdenken für die öffentliche Verwaltung

eine immer bedeutendere Rolle (vgl. www.dbb.de/position/pdf/Qualitätsmanage-

ment..., eingesehen am 10.01.04). Dies ist vor dem Hintergrund zunehmender

Produktivitätsanforderungen, infolge knapper werdender Mittel und gestiegener

Ansprüche der Bürger, zu sehen.

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34

3.3 Entwicklungen, aus denen die Notwendigkeit einer Modernisierung

der Sozialverwaltung hervorgehen

Die Aufgaben, die eine Sozialverwaltung zu erledigen hat, haben sich geändert.

Die Geschichte des deutschen Wohlfahrtsstaates ist von einer kontinuierlichen Aus-

weitung des Aufgabenspektrums geprägt. Die Anforderungen an eine soziale

Dienstleistungsproduktion sind eingebettet in längerfristig wirkende gesellschaftliche

und sozialstrukturelle Trends (vgl. Hofemann 2001, S. 26). Die Trends haben sich

dahingehend geändert, dass sich Problemlagen verschoben haben. Unübersichtliche

persönliche Konflikte und Notlagen treten in den Vordergrund, wie z. B. psychische

Krankheiten. Leistungsressourcen der individuellen Selbst- und Familienhilfe durch

netzwerkartige Verflechtungen entwickeln sich erkennbar zurück. Das bedeutet, dass

hilfebedürftige Menschen mehr und mehr auf professionelle Hilfen angewiesen sind.

Parallel hierzu haben die öffentlichen Dienstleistungshersteller mit einer zu-

nehmenden Mittelverknappung und freie Wohlfahrtsverbände mit sinkenden

Einnahmen zu kämpfen. Hier sind u. a. folgende Gründe anzuführen:

! Massenarbeitslosigkeit

! Demographischer Wandel

! Finanzielle Wirtschaftskrisen

! Andauernde Flüchtlingsintegration

Betrachtet man die Entwicklung der Organisationsaufgaben, so kann man erkennen,

dass o. g. Faktoren eine wachsende Inanspruchnahme von gesetzlichen Leistungen

bewirken. Staatlich verantwortete soziale Sicherung gerät in die Defensive. Dieser

Umstand beschränkt sich nicht nur auf die gesetzlichen Sozialversicherungen,

sondern auch zunehmend auf die Erbringung sozialer Dienstleistungen durch

Kommunen oder Wohlfahrtsverbände (vgl. Hofemann 2001, S. 25).

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35

Das herkömmliche Organisationsmodell offenbarte Schwächen bei der Lösung der

veränderten Problemlagen (vgl. Punkt 3.1).

Beim Bestreben der Politik in diesem zentralistischen Modell „alles möglichst

detailliert und umfassend zu regeln, blieben die Kosten (und natürlich auch die

Bürgernähe) des Verwaltungshandelns auf der Strecke“ (Hofemann 2002, S. 31).

Aufgrund dieser starren Struktur der Verwaltungsorganisation konnten die

veränderten Problemlagen nicht adäquat aufgefangen werden. Eine effektive und

effiziente Aufgabenerfüllung war nicht mehr gewährleistet. Diese Diagnose trifft in

erster Linie die lokale Politik und erst in zweiter Linie die Verwaltungsorganisation,

da das Detailinteresse der einzelnen Kommunen und die daraus resultierenden

Einzeleingriffe in den Verwaltungsablauf mit den neuen Anforderungen nicht

vereinbar sind (vgl. Wohlfahrt 1996, S. 91).

Die zentralen Instanzen (in erster Linie die Politik sowie Verwaltungsführung) waren

regelrecht überfordert. Relevante Entscheidungen rechtzeitig, sachkundig sowie

wirtschaftlich zu treffen, war oft nicht möglich. Dezentrale Stellen, welche über das

operative Fachwissen verfügten, wurden nur unzureichend einbezogen. Eine Orga-

nisation, deren erfolgreiches Arbeiten nur von der Schnelligkeit und der Intelligenz

des steuernden Zentrums abhängig ist, wird der Vielfalt und dem Wechsel der

Problemlagen nicht mehr gerecht (vgl. Hill 1997, S. 65).

Die bis dato vorherrschende Auffassung, dass die verfassungsmäßig garantierte

Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG) ein Markenzeichen des „Modells

Deutschland“ sei, „schlug Ende der 80er Jahre und Anfang der 90er Jahre [...]

weitgehend um, indem man der Kommunalverwaltung strukturelle Innovations-

schwächen attestierte“ (Trube/Wohlfart 2000a, S. 19).

Die Erbringung sozialstaatlicher Leistungen wird zum größten Teil von den

Kommunen verantwortet. Insbesondere die oftmals untransparente Leistungs-

erstellung durch die Sozialverwaltung wurde hinterfragt. Der Legitimationsdruck auf

die Sozialverwaltung erhöhte sich, da sich die steigenden Kosten der Sozialhilfe zu

einem hohen Risiko für die kommunale Selbstverwaltung insgesamt entwickelten

(vgl. Trube/Wohlfart 2000a, S. 20).

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36

Durch steigende Kosten bei gleichzeitig sinkenden Einnahmen entstand eine

Zwickmühle. Der Modernisierungsdruck zu mehr Wirtschaftlichkeit hin wurde so

groß, dass sich auch die Sozialverwaltung diesem nicht mehr entziehen konnte.

Ansonsten drohte ihr ein Verlust ihrer Handlungsfähigkeit. Das lange Zeit vor-

herrschende Selbstverständnis einer Förderung sozialer Leistungserbringung gehört

der Vergangenheit an.

Finanzielle Mittel, Personal und sachliche Ressourcen sind für die Bewältigung der

anstehenden Aufgaben begrenzt. Daher gewinnen die beiden Rationalitätskriterien

Effektivität (Zielbezogenheit und Qualität) und Effizienz (wirtschaftlicher Re-

ssourceneinsatz) an Bedeutung (Merchel/Schrapper 1996, S. 8 f.).

Der Veränderungsdruck auf die öffentlichen Träger sozialer Leistungen soll durch

eine organisatorische Neuorientierung, wie sie die Einführung des Neuen Steuer-

ungsmodells vorsieht, bewältigt werden.

Innerhalb der Sozialverwaltung ist eine kontroverse Debatte um das Neue Steuer-

ungsmodell mit seinen betriebswirtschaftlichen Elementen entbrannt. Die ver-

schiedenen Sichtweisen schwanken zwischen großer Zustimmung einerseits, und

pessimistischem Misstrauen andererseits.

Im Folgenden werden positive und negative Auswirkungen für die Sozialverwaltung

dargestellt, die durch die Einführung des Neuen Steuerungsmodells gesehen werden.

3.3.1 Positive Auswirkungen des Neuen Steuerungsmodells auf die

Sozialverwaltung

In Deutschland gibt es eine mehr als einhundertjährige Tradition der staatlichen

Bürokratie. Damals wurde der Bürger als Untertan begriffen und auch so behandelt.

„Wo die Bürokratisierung der Verwaltung einmal restlos durchgeführt ist, da ist eine

praktisch so gut wie unzerbrechliche Form der Herrschaftsbeziehung geschaffen

worden“ (Weber 1972, S. 570). Formalismus stand im Mittelpunkt dieses büro-

kratischen Handelns. Der Bürger tauchte als Person mit eigenen Ansprüchen, als

Klient oder gar als Kunde überhaupt nicht auf.

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37

Die Kundenorientierung im Neuen Steuerungsmodell verschafft der sozialen Arbeit

eine ganz andere (freundlichere) Grundlage, wovon der Bürger profitieren soll.

In der Öffentlichkeit steigt das Ansehen der Sozialverwaltung, denn durch die neue

ökonomische Sichtweise wird ein adäquater Umgang mit knappen Ressourcen

propagiert. Die Aufgaben in der Sozialverwaltung sind umfassender geworden.

Die operative Einheit besitzt neben der Fach- nun auch die Ressourcenver-

antwortung. Dieser Umstand stärkt ebenfalls den einzelnen Mitarbeiter.

Die positiven Auswirkungen für die soziale Arbeit durch eine Ökonomisierung teilt

Effinger in drei Ebenen ein:

! Die zwischenmenschliche Ebene: Die ehemals hierarchischen Beziehungen

verändern sich. Beziehungen mit Austauschcharakter stehen im Zentrum, in

denen die Beteiligten als Subjekte mit eigenen Interessen gesehen werden.

! Die professionelle Ebene: Kundenorientiertes Handeln erlaubt eine

Erneuerung einer deutlich professionelleren Distanz.

! Die institutionelle Ebene: Durch die betriebswirtschaftlichen Steuerungs-

aspekte erhalten die Organisationen einen Entwicklungsimpuls zur

Herausbildung von Betriebsstrukturen. Dies soll effektives und effizientes

Arbeiten ermöglichen (vgl. Effinger 1994).

3.3.2 Kritikpunkte, die das Neue Steuerungsmodell in der Sozialver-

waltung hervorruft

Es gibt zahlreiche Praktiker in der sozialen Arbeit, die dem Neuen Steuerungsmodell

kritisch gegenüberstehen. Es beinhaltet Orientierungen, die in diesem Arbeitsfeld

eine lange Zeit nicht die geringste Rolle gespielt haben. Diese Praktiker fragen sich,

ob eine Adaption betriebswirtschaftlicher Instrumente zu einer fachlichen Ent-

eignung und damit zur Degradierung von sozialer Arbeit führt. Es wird angezweifelt,

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ob die Arbeitsfelder der sozialen Arbeit überhaupt anhand von Rationalitätskriterien

(Effektivität und Effizienz) zu gestalten sind (vgl. auch Grunow 1996a). Begründet

werden diese Zweifel durch die Besonderheiten, die eine soziale Dienstleistungs-

produktion mit sich bringt. Durch das Uno-actu-Prinzip und der Koproduktion des

Klienten, ist der Beitrag des Produzenten einer Dienstleistung zu „seinem“ Produkt

nicht auszumachen (vgl. Hofemann 2001, S. 41).

Zudem ist die soziale Arbeit meist im Rahmen von Non-Profit Organisationen

angesiedelt, die vollkommen andere Zielsetzungen als güterproduzierende Profit-

Unternehmen haben (vgl. Punkt 2.4). Was in einer Sparte zu einer bewährten

Struktur geführt hat, muss aufgrund gravierender Unterschiede nicht zwangsläufig in

einer anderen Sparte zu Erfolg führen.

Neben der grundsätzlichen Kritik an einer Übertragung betriebswirtschaftlicher

Instrumente in die soziale Arbeit werden auch konkret Instrumente des Neuen

Steuerungsmodells hinterfragt. Besonders das Definieren und Beschreiben von

Produkten, wie es die output-orientierte Steuerung vorsieht, gerät in das Fadenkreuz

der Kritik. Im Neuen Steuerungsmodell ist eine starke Ergebnisorientierung

vorgesehen, das heißt im Mittelpunkt stehen zu definierende Produkte und deren

Wirkungen. Es ist jedoch sehr problematisch, soziale Dienstleistungen regelrecht

dahingehend festzulegen, indem man sie in ein festes Korsett zwängt. Zu sehr sind

sie von Rahmenbedingungen (z. B. Uno-actu-Prinzip; Koproduzentenschaft) ihrer

Erstellung abhängig. Vieles hängt vom Prozess der Erstellung ab. So ist es sehr

gewagt, bereits im Voraus Produkte und deren Wirkungen festzulegen. Man kann

zynisch feststellen, dass die Beurteilung einer sozialen Dienstleistung nach dem

Ergebnis manchmal ähnlich sinnvoll sein kann, wie die Beurteilung eines Films am

„Happy End“ (vgl. Arnold 1998, S. 261).

Entscheidende Strukturbedingungen für den Leistungsbedarf sind nicht zu

beeinflussen. Man kann nicht immer Wirkungen von Leistungen voraussagen.

Manchmal ist eine Arbeit in Gebieten sinnvoll und notwendig, obwohl vorher schon

abzusehen ist, dass keine Wirkung erzielt wird. Soziale Dienste arbeiten nicht selten

in Problemfeldern, die so konzipiert sind, dass sie durch die soziale Dienstleistung

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selbst gar nicht zu verändern sind, d. h. der Wirkungsfaktor erweist sich als irrelevant

(vgl. Trube 2001, S. 193). Zusammengefasst gibt es bei der Erbringung von sozialen

Dienstleistungen durch die Sozialverwaltung einige Faktoren, aufgrund derer eine

Produktbildung wenig Sinn macht.

Weitere Kritikpunkte, die speziell mit dem Instrument Kontraktmanagement im

Zusammenhang stehen, werden in Punkt 4.11 betrachtet.

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4 Kontraktmanagement als Kernelement des NSM

4.1 Einleitung und Implementierungsgrund

Die niederländische Stadt Tilburg begann 1985 mit der Implementierung von

Kontraktmanagement. Hier erhielt der Begriff des Kontraktmanagements seine

eigentliche Prägung. In Deutschland ist das Instrument Kontraktmanagement als

Bestandteil des Neuen Steuerungsmodells bekannt. Seit 1992 hält es Einzug in

deutschsprachige Kommunalverwaltungen (vgl. Plamper 2000, S. 234). Inzwischen

haben zahlreiche deutsche Kreise, Städte und Gemeinden verschiedene Formen einer

Kontraktgestaltung eingeführt.

Kontraktmanagement spielt beim Aufbau einer unternehmensähnlichen, dezentralen

Führungs- und Organisationsstruktur in öffentlichen Verwaltungen (vgl. Punkt 3.2)

eine entscheidende Rolle. Die bisher vornehmlich hierarchisch und auf

Einzelanweisungen beruhenden Beziehungsmuster sollen durch eine ergebnis-

orientierte Steuerung „auf Abstand“ abgelöst werden. Von großer Bedeutung ist die

Beziehung zwischen den Kontraktpartnern. (vgl. KGSt-Bericht 4/1998, S. 10 und

Plamper 2000, S. 234).

Abbildung 7 soll die Leitgedanken zur Steuerung verdeutlichen:

Abbildung 7. Leitgedanken zur Steuerung (nach: KGSt-Bericht 4/1998, S. 10)

Leitgedanken zur Steuerung:

Statt:

Einzelanweisungen, Verfahrenskontrollen und hierarchische Eingriffe nachträgliche, punktuelle Kontrollen

Besser:

Ziel- und Ergebnissteuerung

durch Vereinbarung von Leistungs- und Finanzzielen kontraktbezogene(s) Controlling

und Berichterstattung

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Das Kontraktmanagement ist als „Kernelement“ des Neuen Steuerungsmodells zu

betrachten (vgl. u. a. Trube/Wohlfahrt 2000a, S. 18 und Knorr/Scheppach 1999, S.

11) und beruht auf der Vorstellung einer Steuerung über Zielvereinbarungen.

Kontraktmanagement ist ein ökonomischer Lösungsansatz zur Optimierung

ineffizienter Steuerungsformen. Es bezieht sich auf unterschiedliche Ebenen,

verschiedene Parteien sowie auf differenzierte Gegenstände. Hierauf wird im

weiteren Verlauf dieser Arbeit detailliert eingegangen (vgl. Punkt 4.2 ff.).

4.2 Die Grundkonzeption des Kontraktmanagements

Es ist sinnvoll, sich der Grundkonzeption des Kontraktmanagements über die beiden

Wortbestandteile zu nähern:

Die erste Worthälfte - „Kontrakt“ - verdeutlicht, dass ein zustande gekommener

Vertrag/Vereinbarung zentraler Bestandteil des Instruments sein muss. Die zweite

Worthälfte - „Management“ - verweist auf seine Herkunft aus der Privatwirtschaft.

Gesteuert wird über Vereinbarungen, in denen Ziele und die zur Zielerreichung

erforderlichen Leistungen und Mittel gleichermaßen festgeschrieben werden.

„Die Idee des Kontraktmanagements kann als die grundlegende „Führungs-

philosophie“ der Neuen Steuerung bezeichnet werden“ (Trube 2001, S. 177).

Mit der „Steuerung auf Abstand“, wie es durch Kontraktmanagement vorgesehen ist,

wird eine stärkere Dezentralisierung der Organisationsstrukturen angestrebt.

Verantwortung wird dadurch in der Organisationshierarchie „von oben nach unten“

übertragen. Man kann davon ausgehen, dass gerade die Ausführungsorgane (Fach-

bereiche/Ämter) aufgrund ihrer Nähe zum Geschäft sowie ihrer diesbezüglich

genauen Kenntnisse in der Lage sind, die angebotenen Leistungen effizienter und

bürgernäher zu gestalten.

Die sonst übliche zeitaufwendige Detailsteuerung von Politik und Verwaltungsspitze

entfällt, eine erhöhte Transparenz über die von der Verwaltung zu erbringenden bzw.

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erbrachten Leistungen und die damit verbundenen Kosten entsteht (vgl. KGSt-

Bericht 4/1998, S. 11).

Der Stellenwert von Kontraktmanagement ist hoch einzuschätzen, da es vom

Anspruch her ein neuer Führungsstil ist, d. h. „vereinbaren statt anordnen“, und es

den Wettbewerbsgedanken über Auftragsvergabe mit Leistung und Gegenleistung in

die Steuerung einbringt (vgl. Trube, 2001, S. 177).

4.2.1 Die Kernelemente des Kontraktmanagements

Natürlich hat es auch früher in der Verwaltung Ziele gegeben. Gesteuert wurde die

Verwaltung jedoch überwiegend durch Einzelanweisungen, Verfahrenskontrollen

und punktuelle und hierarchische Eingriffe und Kontrollen (vgl. Punkt 3.1). Für die

Steuerung der Kommunalverwaltung durch Kontraktmanagement sind folgende drei

Elemente grundlegend:

Zielelement

Kontraktmanagement

Vereinbarungselement Steuerungselement

Abbildung 8. Kernelemente des Kontraktmanagements (eigene Darstellung)

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Das Zielelement:

„Kontraktmanagement bedeutet, über Zielvereinbarungen zu steuern. Das heißt,

Kontrakte enthalten Ziele“ (KGSt-Bericht 4/1998, S. 12).

Anhand der Ziele soll die Verwaltung in die Lage versetzt werden, flexibler und

wirtschaftlicher zu arbeiten. Sie sind zu verstehen als in Zukunft liegende Soll –

Größen, welche in einem bestimmten Zeitraum zu erreichen sind. Sie geben eine

Handlungsorientierung, ohne den Weg der Zielverfolgung vorzuschreiben.

Die Ziele orientieren sich an den übergeordneten politischen und ressortinternen

Zielsetzungen. Bei der Festlegung der Formulierung detaillierter Ziele - insbesondere

bei der Festlegung von Menge und Qualität - ist die richtige Balance entscheidend.

Eine zu exakte Festlegung verhindert Gestaltungsspielräume vor Ort und provoziert

Eingriffe in das operative Geschäft. Zu grob formulierte Zielsetzungen erzeugen ein

Steuerungsdefizit bei der zuständigen zentralen Einheit. Fehlentwicklungen können

nur schwer frühzeitig erkannt und umsteuernde Maßnahmen dadurch nicht recht-

zeitig eingeleitet werden.

Es ist vordringlich die Aufgabe von Politik und Verwaltungsführung in Verbindung

mit den jeweils nachgeordneten Einheiten, Ziele zu setzen bzw. zu vereinbaren (vgl.

Wallerath 1997, S. 59 und KGSt-Bericht 3/2001, S. 13).

Das Vereinbarungselement:

„Kontraktmanagement bedeutet, über Zielvereinbarungen zu steuern. Das heißt,

Ziele werden vereinbart“ (KGSt-Bericht 4/1998, S. 13). Am Ende dieser Verein-

barung steht der konkrete Leistungsauftrag mit einem daran gekoppelten Budget.

Der Kontrakt soll durch die verschiedenen Parteien partnerschaftlich geschlossen

werden. Im Vordergrund steht eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit zugleich

hohem Verbindlichkeitsgrad und hoher Transparenz. Da dieses Verfahren nicht von

hierarchischer Auferlegung bestimmt ist, werden die entwickelten Ziele „realistischer

festgelegt und stoßen bei den Partnern auf höhere Akzeptanz. Das erhöht die

Motivation und den Grad der Zielerreichung“ (KGSt-Bericht 4/1998, S. 13).

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Das Steuerungselement:

„Kontraktmanagement bedeutet, über Zielvereinbarungen zu steuern. Dafür

benötigen die zentralen bzw. übergeordneten Einheiten steuerungsrelevante

Informationen“ (KGSt-Bericht 4/1998, S. 13).

Verwaltungsführung oder Politik erhalten die erforderlichen Informationen zur

Steuerung und Kontrolle durch Berichte, die von der operativen Ebene zu

tonungsgemäß vereinbarten Zeitpunkten erstellt werden.

Um die Zielerreichung messen zu können, werden Kennzahlen festgelegt. Für diese

Kennzahlen werden Soll-Größen (Planwerte) im Kontrakt vereinbart. Im Rahmen

des Controllings wird die tatsächliche Entwicklung erfasst und analysiert.

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit (Punkt 4.7) wird der Stellenwert von Controlling

für das Kontraktmanagement erörtert.

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45

4.3 Die verschiedenen Beziehungsebenen im Kontraktmanagement

Durch Kontraktmanagement sollen sowohl die Beziehungen von Politik und

Verwaltung als auch die Beziehungen innerhalb der Verwaltung (Binnenbereich) neu

definiert werden. Es werden unterschiedliche Kontrakte geschlossen, beteiligt sind

jeweils verschiedene Hierarchieebenen (vgl. KGSt-Bericht 4/1998, S. 10).

Die Abbildung 9 veranschaulicht die unterschiedlichen Hierarchieebenen:

Abbildung 9. Kontraktkaskade (Quelle: KGSt-Bericht 4/1998, S. 8)

Das Hauptaugenmerk wird auf folgende drei Kontraktebenen gerichtet:

! Politische Kontrakte

! Verwaltungskontrakte

! Externe Kontrakte

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Die politischen Kontrakte beziehen sich auf das Verhältnis zwischen Politik und

Verwaltung, wohingegen die Verwaltungskontrakte die verwaltungsinternen

Beziehungen gestalten. Hierdurch werden die strategischen- und operativen Ent-

scheidungsebenen getrennt. Zuletzt spielen Kontrakte mit außenstehenden (externen)

nicht-öffentlichen Einrichtungen eine zunehmend große Rolle.

Auf diese drei Aspekte soll nun spezieller eingegangen werden.

Basis für alle nachgeorderten Kontrakte ist der produktorientierte Haushalt, aus dem

der Hauptkontrakt resultiert. In diesem Zusammenhang ist in der Literatur oft von

Zielvereinbarungen die Rede.

Im produktorientierten Haushalt werden Leistungs- und Finanzziele verbindlich vom

Rat/Kreistag unter der Beteiligung von Fachausschüssen und der Verwaltungs-

führung beschlossen. Dieser Beschluss ist das Ergebnis eines Diskussionsprozesses

zwischen Politik und Verwaltung über Leistungs- und Finanzziele der kommenden

Haushaltsperiode (vgl. KGSt-Bericht 4/1998, S. 17). Der Begriff des Kontrakts setzt

im Grunde zwei gleichberechtigte Partner voraus, wobei dies im realen Verhältnis

von Politik und Verwaltung nicht gegeben ist. Solange der Beschluss am Ende eines

kooperativen Beratungsprozesses zwischen Rat und Verwaltung steht, darf folglich

ein gemeinsam getragener Kontrakt unterstellt werden (vgl. Schwarting, www.hfv-

speyer.de/lba/schwachting/aufsatz5.pdf, eingesehen am 20.11.03).

Der Politik bleibt die Vergabe von Leitlinien und Grundsatzentscheidungen

vorbehalten und im Gegenzug hat sie zu respektieren, dass die Verwaltung den

Einzelfall regelt und die Art der Aufgabenerledigung bestimmt (vgl. KGSt-Bericht

10/1996, S. 10). Die Politik hat dann zu entscheiden, welche Menge der jeweiligen

Leistung von der Verwaltung einzukaufen ist, um die gewünschte Wirkung

(Outcome) zu erzielen.

Durch das Separieren der Zuständigkeiten der Aufgabenbereiche von Politik und

Verwaltung findet eine „Rückbesinnung“ statt. Als Konsequenz hieraus ergibt sich

eine stärkere Trennung der Sphären von Politik und Verwaltung.

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47

Abgeleitet von dem produktorientierten Haushaltsplan als Hauptkontrakt werden in

Fachbereichs- bzw. Amtskontrakten Leistungs- und Finanzziele weiter

konkretisiert. Kontraktpartner für Fachbereichs- und Amtskontrakte sind auf der

einen Seite Verwaltungsführung, auf der anderen Seite Fachbereichs- bzw.

Amtsleitung (vgl. Wallerath 1997, S. 61 und KGSt-Bericht 4/1998, S. 19). Durch

das Kontraktmanagement werden die Ziel- und Budgetaspekte einer Dienststelle

zusammengeführt.

Im Rahmen der vereinbarten Ziele soll den jeweils ausführenden Ebenen ein

„möglichst großer Freiraum in der Bewirtschaftung der bereitgestellten Ressourcen“

ermöglicht werden, so dass sie möglichst flexibel agieren können (Wallerath 1997, S.

60). Durch längerfristige Vereinbarungen sollen Ad-hoc Steuerung und permanente

Nachsteuerung entfallen. So ist eine selbständige Prioritätensetzung der einzelnen

Fachbereiche/Ämter möglich, wobei das Erreichen der vereinbarten Ziele immer in

deren Fokus liegt.

Beide o.g. Kontrakttypen haben gemein, dass die Mittelzuweisung leistungs- und

ergebnisorientiert erfolgen soll, was eine Abkehr von der bisherigen Budgetierungs-

praxis darstellt. Für Kontraktmanagement ist es hilfreich, zwischen Auftraggeber und

Auftragnehmer zu unterscheiden. Einige Kommunen ziehen dabei eine formale

Separierung vor, die alle operativen Tätigkeiten der Verwaltung (die Auftragnehmer)

von den bestellenden Einheiten (die Auftraggeber) organisatorisch und hierarchisch

trennen (vgl. www.kommunaler-wettbewerb.de, eingesehen am 10.10.03).

Es können aber auch Kontrakte mit externen Stellen geschlossen werden, wie z. B.

mit Trägern der freien Wohlfahrtspflege. In diesem Fall wird dann ein Kontrakt von

Seiten der Steuerungszentrale mit einem nicht-öffentlichen Produzenten geschlossen

(vgl. Trube 2001, S. 174). Somit kann ein „Markt sozialer Dienstleistungen“ ent-

stehen. Knorr und Scheppach sehen hier auch eine Möglichkeit einer effizienteren

Herstellung von Dienstleistungen, indem sie feststellen, „dass sich eine Monopol-

stellung mit der effizienten Herstellung von Gütern und Dienstleistungen,

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48

insbesondere Kundenorientierung und Innovationsbereitschaft einer Kommunal-

verwaltung prinzipiell nicht vereinbaren lässt“ (Knorr/Scheppach 1999, S. 10).

Die Mitarbeiterzielvereinbarungen bilden eine weitere Möglichkeit, Kontrakte

abzuschließen (vgl. Abbildung 6, Kontraktkaskade). Diese finden entweder bei

Mitarbeitern unterschiedlicher Hierarchieebenen oder auf der selben Hierarchieebene

statt.

Differenziert man die dargestellten Kontrakte nach ihrem Wirkungsbereich, kann so

zwischen „externen“ und „internen“ Kontrakten unterschieden werden.

Die Abbildung 10 zeigt dies:

Kontrakte

Externe: Interne:

Abbildung 10. Unterscheidung zwischen externen- und internen Kontrakten (eigene Darstellung)

Politik -

Verwaltungsspitz

e

Verwaltungsspitz

e -

Fachabteilung/

Amt

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49

4.3.1 Die Rolle des Bürgers

Mit der Einführung des Neuen Steuerungsmodells soll den Verwaltungsmitarbeitern

eine neue Sichtweise vermittelt werden. Mit dem Leitmotiv „Kundenorientierung“

soll die herkömmliche Vorstellung ersetzt werden, in welcher der Bürger nicht

unbedingt im Mittelpunkt der Verwaltungstätigkeit stand.

Dem Bürger kommt im Konzept des Neuen Steuerungsmodells eine Dreifachrolle zu

(vgl. Trube 2001, S. 174 f.):

a) Der Bürger als (politischer) Auftraggeber:

Die Auftraggeberposition nimmt der Bürger über den Stimmzettel wahr, indem er

eine Partei seiner persönlichen Präferenz wählt.

b) Der Bürger als Koproduzent:

Der Bürger tritt als Koproduzent dann in Erscheinung, wenn er am Produktions-

prozess der öffentlichen Leistung beteiligt ist.

c) Der Bürger als Kunde:

Der Bürger ist als Endverbraucher - der bereitgestellten öffentlichen Güter - Kunde

der Verwaltung oder der von ihr beauftragten externen Stellen.

Bei der Ausgestaltung des Vorhabens der Kundenorientierung haben einige

Kommunen sichtbare und gute Ergebnisse erzielt. In einigen Kommunen ist z. B. die

Internetpräsenz bemerkenswert sowie die Geschwindigkeit, mit der an der

Weiterentwicklung von aus dem Internet abrufbaren Formularen, Anträgen etc.

gearbeitet wird. Maßnahmen zur Verbesserung der Bürger- oder Kundenorientierung

können jedoch völlig losgelöst von den Prinzipien und Instrumenten der Neuen

Steuerung eingeführt werden. Kundenorientierung muss sich nicht erst durch äußere

Vorgaben einstellen, es ist insbesondere auch eine Frage der Innovationsbereitschaft

der Mitarbeiter.

Page 58: Kontraktmanagement in der Neuen Steuerung … · Kreislauf der Budgetierung 62 Abbildung 16. Ebenen eines Sozialraum-Konzepts 64 ... Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen

50

4.3.2 Verantwortungsdezentralisation als Leitmotiv des Kontrakt-

managements

Die Dezentralisation und damit die Ablösung großer, oft überörtlicher

Organisationseinheiten zugunsten kleinerer problemnaher Stellen, ist ein Leitmotiv

des Kontraktmanagements. „Je mehr Ermessensspielraum und Verantwortung

weitergegeben und eingefordert werden sollen, umso eher bietet sich Kontrakt-

management an“ (Plamper 2000, S. 236).

Wie bereits erwähnt, drohen Risiken aus einer starken Zentralisation durch die

dadurch entstehende Überlastung der Spitze und deren Entfernung von den

Entscheidungssachverhalten (vgl. Punkt 3.1). Der Abschluss von Vereinbarungen im

Kontraktmanagement hat steuerungstechnisch keinen Sinn, wenn die Zentrale nicht

dazu bereit ist, Verantwortung in der Hierarchieebene weiter nach unten zu

delegieren (vgl. Trube 2001, S. 180). Durch den Dezentralisierungsansatz und die

Delegation wird einerseits angestrebt, dass immer diejenige organisatorische Ebene

die Entscheidungsgewalt über einen Sachverhalt erhält, die hierfür die höchste

Kompetenz aufweist. Andererseits sollen die einzelnen Mitarbeiter eine erhöhte

Motivation, Verantwortungsbereitschaft und Ergebnisidentifikation erhalten.

Gerade die ineffiziente Trennung der Fach- und Ressourcenverantwortung der

herkömmlichen Verwaltungsstruktur war ein entscheidender Anlass, die Diskussion

zum Neuen Steuerungsmodell in Gang zu setzen. Die Fachbereiche können erst mit

eigener Ressourcenverantwortung Kunden- und Marktverantwortung übernehmen

(vgl. KGSt-Bericht 12/1991 und 5/1993).

Trube sieht die Bedeutung der Dezentralisation und Delegation von Aufgaben sowie

von Verantwortung von zwei Seiten aus:

Sie dient der Kunden- bzw. Bürgernähe, wobei damit vornehmlich die Marktnähe zu

verstehen ist.

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51

Zudem soll sie der Binnensteuerung der Verwaltung dienlich sein, nämlich als:

a) ein Instrument zur Steigerung von Leistung und Qualität sowie als

b) ein Instrument der Haushaltssteuerung und

c) soll der Delegation der Personalentwicklung dienen.

(vgl. Trube 2001, S. 182 ff.).

Die Abgabe von Verantwortung und der Abbau von Hierarchieebenen ist somit eine

unbedingte Voraussetzung, um über vereinbarte Ziele und entsprechende Kontrollen

zu steuern.

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52

Zum Abschluss soll die folgende Grafik den sehr komplexen Aufbau der

unterschiedlichen Beziehungen und Rollen der jeweiligen Parteien im Kontrakt-

management verdeutlichen:

Abbildung 11. Kontraktmanagement (Quelle: Trube 2001, S. 176)

Page 61: Kontraktmanagement in der Neuen Steuerung … · Kreislauf der Budgetierung 62 Abbildung 16. Ebenen eines Sozialraum-Konzepts 64 ... Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen

53

In der vorhergehenden Abbildung 11 ist die Verwaltung als „Konzern Stadt“

dargestellt. Diese Darstellung ist nachzuvollziehen, wenn man sich die Leitidee des

Neuen Steuerungsmodells vor Augen hält, in der die Verwaltung als modernes

Dienstleistungsunternehmen gesehen wird. Durch Kontraktmanagement kann der

„Aufsichtsrat“ (Politik/Verwaltungsführung) die Erledigung der jeweiligen Aufgaben

steuern. Gesucht werden die Leistungserbringer für die Aufgaben sowohl innerhalb

des „Konzerns“ (innerhalb der Verwaltung) als auch außerhalb, in Form von

externen Anbietern (vgl. Trube/Wohlfahrt 2000a, S. 21 ff.).

Auf die Vergabe von Aufgaben an externe Anbieter wird in Punkt 4.9 eingegangen.

4. 4 Verbindlichkeit von Kontrakten

Im Brockhaus - Lexikon wird der Begriff Vertrag bzw. Kontrakt als Rechtsgeschäft

bezeichnet, das durch Angebot und Annahme zustande kommt. Die Vertragsparteien

verpflichten sich zur Erbringung von Leistung und Gegenleistung, wobei diese

Verpflichtung einklagbar ist. Primär legt der Begriff also nahe, dass es sich in der Tat

um einen verbindlichen Vertrag für beide Seiten handelt, der Leistung und

Gegenleistung für einen bestimmten Zeitraum festschreibt. Im Rahmen des

Kontraktmanagements wird eindeutig präferiert, Kontrakte mit der Verbindlichkeit

von Weisungen aufgrund einer Vertrauensbasis zu schließen. „Im öffentlichen

Bereich ist Kontraktmanagement eher im nichteinklagbaren, das heißt in einem auf

Vertrauen beruhenden Bereich angesiedelt“ (Plamper 2000, S. 234).

Ein Initiator des Tilburger Modells, Schrijvers, erklärt ebenfalls ausdrücklich, dass

man von einem Kontrakt spricht, aber davon im juristischen Sinne keine Rede sein

kann. Auch er betont das Wesen der Absprache zwischen zwei Parteien. Angesichts

der Komplexität des Instruments verwundert es jedoch, „dass die Frage nach dem

Rechtscharakter der Kontrakte oder Zielvereinbarungen bislang weiterhin verdrängt

wurde“ (Wallerath 1997, S. 60). Verwaltungsintern haben Kontrakte somit keine

Rechtsverbindlichkeit im Sinne von Einklagbarkeit. Der Kontrakt entwickelt seinen

Wert bei der Klärung von Rahmenbedingungen, bei der Schlichtung und bei der

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54

Anpassung an eine veränderte Sachlage. „Kontrakte binden die Kontraktpartner an

die ausgehandelten Ziele (Selbstbindung) und bieten beiden eine zuverlässige

Vertrauensgrundlage. Sind Zielanpassungen notwendig, muss jeweils neu verhandelt

werden“ (KGSt-Bericht 4/1998, S. 9).

Externe Kontrakte zwischen öffentlichen Einrichtungen und privaten bzw. nicht

öffentlichen Produzenten sind rechtsverbindliche Verträge, die sich aber ansonsten

nicht von Kontrakten unterscheiden.

4.5 Ziele von Kontraktmanagement

Durch eine Zusammenführung der Fach- und Ressourcenverantwortung in den

dezentralen Organisationseinheiten „soll eine Erhöhung der Effizienz (wirtschaft-

licher Aspekt), aber auch eine Erhöhung der Effektivität (Grad der Zielerreichung,

fachlicher Aspekt) bewirkt werden. Gleichzeitig soll die Kostentransparenz erhöht

werden“ (Knorr/Scheppach 1999, S. 33).

Vereinfacht ausgedrückt soll Kontraktmanagement dazu führen, dass die Politik

festlegt, “Was“ die richtigen Dinge sind, wohingegen die Verwaltung bestimmt,

“Wie“ die Dinge richtig erledigt werden. Durch Kontraktmanagement wird die

Verantwortung dezentraler Einheiten (Ämter oder Fachbereiche), bei Sicherstellung

einer zentralen Steuerung, gestärkt. Eine Balance zwischen dezentraler

Verantwortung und zentraler Steuerung herzustellen, ist ein Ziel. Ein sich selbst

regelndes System mit dem Instrument Kontraktmanagement als Reintegrationsmittel

soll geschaffen werden, das durch das ökonomische Interesse der handelnden

Akteure zu leistungsfähigeren Strukturen führen soll und die Desintegration

hierarchisch organisierter Verwaltungen (zugunsten dezentraler, ergebnisver-

antwortlicher und autonomer Geschäftssegmente) nach sich zieht (vgl. Wallerath

1997, S. 59 und Dahme 2002, S. 65).

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55

Mit Kontrakten werden länger andauernde und offene Austauschbeziehungen auf

Vereinbarungsbasis eingegangen. Das hat somit zur Folge, dass ein Dialog zwischen

den Partnern ausgelöst wird (vgl. Plamper 2000, S. 234 f.).

Aufgrund der Tatsache, dass sich die Kontraktpartner sehr spezifisch auf die zu

erreichenden Ziele konzentrieren, werden diese klar und realistisch ausgewählt.

Das Fortwähren des Dialogs über einen langfristigen Zeitraum bietet eine Grundlage

für das Erkennen von Verbesserungsmöglichkeiten bei der Zielumsetzung.

Die Abbildung 12 verdeutlicht, was durch einen Dialog der Kontraktpartner erreicht

werden soll:

Abbildung 12. Ziele eines zu führenden Dialogs der Kontraktpartner (eigene Darstellung)

Das Vereinbarungselement ist in diesen Austauschbeziehungen „der Wert des

Kontrakts als Management-Werkzeug zum Erzielen von Einsparungen, [und] zum

Erhöhen der Effektivität“ (Plamper 2000, S. 235).

Als Nebeneffekt ist darüber hinaus eine Imageverbesserung für den öffentlichen

Dienst, durch Modernisierung und Angleichung der Strukturen an private Unter-

Klare und Konzentration realistische auf die Leistungsmessung Ergebnisse Größeres Ein Fortwähren Vermögen von des Dialogs im Lernen und Bezug auf die Verbesserung zu erreichende Leistung

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nehmen, zu erwarten. Oft wurde im Zusammenhang mit der Verwaltung assoziiert,

dass sie zu teuer, zu bürokratisch, zu unmodern sei, usw.

Die Folgende Grafik fasst die genannten Ziele zusammen:

Abbildung 13. Ziele von Kontraktmanagement (eigene Darstellung)

Durch

Kontraktmanagement

folgendes erreichen:

! Klare Rollenverteilung zwischen Politik und Verwaltung

! Stärkung der Verantwortung

dezentraler Einheiten bei Sicherstellung einer zentralen Steuerung

! Erhöhung der Effektivität ! Transparenz der Leistungserstellung

erhöhen ! Auslösung eines Dialoges zwischen den

Kontraktpartnern

! Imageverbesserung als Nebeneffekt

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57

4.6 Sanktionen und Anreize

Eine Erfüllung oder gegebenenfalls eine Nichterfüllung eines Kontrakts kann mit

Anreizen respektive Sanktionen verbunden werden. Diese sind zwar nicht unbedingt

notwendig, aber sie können ergänzend vereinbart werden (vgl. KGSt-Bericht 4/1998,

S. 14). Um die Möglichkeiten von Sanktionen und Anreizen zu untersuchen, wird

zunächst eine Trennung vorgenommen. Zunächst rücken die Amts- bzw. Fach-

bereiche in den Mittelpunkt der Betrachtung.

Der Mitarbeiteraspekt wird nicht an dieser Stelle, sondern im weiteren Verlauf der

Arbeit (Punkt 4.10.1) aufgegriffen.

Bezogen auf die Amts- bzw. Fachbereiche ist zu attestieren, dass Anreize oder

Sanktionen sich in der Praxis noch nicht durchgesetzt haben. Es gibt keinen

erwarteten Gewinn als Anreiz für das Gelingen eines Kontrakts, zudem ist ein

Aufkündigen der Geschäftsbeziehungen verwaltungsintern als klarste Sanktion selten

möglich (vgl. Plamper 2000, S. 238).

Angesichts der dürren Finanzlage und dem damit verbundenen Sparzwang der

Kommunen und angesichts der Tatsache, dass es sich um öffentliche Gelder handelt,

sind geforderte materielle Anreize nur schwer zu verwirklichen.

Die Politik oder übergeordnete Stellen haben die Macht, eine Einrichtung

aufzulösen, zu reorganisieren oder die Führung abzulösen, wenn diese Einrichtung

die vereinbarten Ergebnisse nicht erbringt (vgl. Plamper 2000, S. 238).

Auf die Rolle des Wettbewerbs im Kontext von Anreizen und Sanktionen wird im

Kapitel 4.9 eingegangen.

Page 66: Kontraktmanagement in der Neuen Steuerung … · Kreislauf der Budgetierung 62 Abbildung 16. Ebenen eines Sozialraum-Konzepts 64 ... Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen

58

4.7 Voraussetzungen für ein funktionierendes Kontraktmanagement

Im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung ist Kontraktmanagement nicht isoliert

zu sehen, sonst würden sich die möglichen Vorteile nicht, oder nur zum Teil

einstellen. Die Einführung des Kontraktmanagements sollte Teil einer Gesamtreform

sein, welche eine neue Steuerungsphilosophie für die öffentliche Verwaltung

beinhaltet (vgl. Plamper 2000, S. 237).

Kontraktmanagement ist nur sinnvoll, wenn Fach- und Ressourcenverantwortung

dezentralisiert sind, und die Bereitschaft und Fähigkeit (Abgabe von Macht) seitens

der Verwaltungsführung besteht, im Rahmen von Vereinbarungen die dezentralen

Einheiten auf Abstand zu führen (vgl. www.kommunaler-wettbewerb.de, eingesehen

am 10.10.03). Ein Mitarbeiter einer untergeordneten Ebene wird sich kaum

kooperativ oder gestalterisch verhalten, wenn er weiß, dass der Verhandlungsprozess

durch die höhere Ebene determiniert ist. Vielmehr wird dann der Versuch angeregt,

durch Täuschung (punktgenaue Ausgabe des Budgets - Budgetmaximierung) für sich

Vorteile zu erringen. Von den Fachbereichs- bzw. Amtsleitern muss zudem die

Bereitschaft vorhanden sein, Gestaltungsspielräume zu nutzen und über die

Ergebnisse zu berichten.

Das „Kontraktmanagement erfolgt „Bottom Up“ und „Top Down“ in einem

Gegenstromverfahren, das heißt, von unten werden „Angebote“ zu Leistungen,

Maßnahmen und Produkten für eine spezifische Zielgruppe definiert, die von oben

wiederum mit „Nachfrage“ und der Definition von Leistungs- und Finanzrahmen

(Kennzahlen) versehen werden“ (Knorr/Scheppach 1999, S. 40). Um die Einhaltung

des Leistungs- und Finanzrahmens zu gewährleisten, sollte Kontraktmanagement

durch Controlling begleitet werden. Ein reibungsloses Funktionieren von

Kontraktmanagement wird durch Controlling unterstützt und somit stellt es ein

notwendiges Element für das Kontraktmanagement dar (vgl. KGSt-Bericht 4/1998,

S. 28 und Knorr/Scheppach 1999, S. 72). Die Kontraktpartner sollen willens sein, bei

Bedarf Korrekturen an der Vereinbarung vorzunehmen.

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59

Kontraktmanagement darf nicht zu mehr Bürokratie führen (vgl. KGSt- Bericht

4/1998, S. 16). So ist es nicht sinnvoll, flächendeckend für alle Produkte der

Verwaltung in gleichem Detaillierungsgrad Ziele festzulegen. Dies würde in einer

nicht mehr vertretbaren Mehrarbeit enden.

Zusammenfassend soll folgende Grafik die Voraussetzungen wiedergeben:

Abbildung 14. Voraussetzungen für Kontraktmanagement (eigene Darstellung)

Dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung

Bereitschaft, Gestaltungsspielräume zu nutzen

Controlling als bedeutendes Element im Kontraktmanagement

Klarheit über Ziele und Standards (Quantität und Qualität)

Kontraktmanagement darf nicht zu mehr Bürokratie führen

Page 68: Kontraktmanagement in der Neuen Steuerung … · Kreislauf der Budgetierung 62 Abbildung 16. Ebenen eines Sozialraum-Konzepts 64 ... Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen

60

4.8 Das Kontraktmanagement im Zusammenhang mit Budgetierung und

Sozialraumbezug

4.8.1 Budgetierung und Kontraktmanagement

Ein sehr bedeutendes Element im Kontrakt ist das Budget, welches eng mit der

outputorientierten Steuerung im Zusammenhang steht.

Im Neuen Steuerungsmodell und im Kontraktmanagement stellt das Budget einen

Finanzplan dar, der die Allokation von Ressourcen steuert; des Weiteren hat das

Budget, wie im privatwirtschaftlichen Bereich, auch eine Dokumentationsfunktion

(vgl. Knorr/Scheppach 1999, S. 90 und Budäus 2000, S. 69).

Die Dokumentation soll Kosten und ebenso Leistungen erfassen und nicht nur

Informationen für die Politik und Verwaltung liefern, sondern auch für den Bürger.

Durch das Verhandlungsverfahren soll nicht nur allein die Möglichkeit eingeräumt

werden, den finanziellen Rahmen festzulegen. Gleichzeitig soll die Leistungsmenge

angepasst werden, da ein direkt darstellbarer Zusammenhang zwischen Budget und

Leistungsmenge besteht. Wesentliches Element der outputorientierten Budgetierung

ist es, dass dem Beschluss zur Finanzierung einer Leistung eine Verhandlungsphase

vorausgeht, in welcher wesentliche Größen wie Qualität, Quantität, Preis usw.

festgelegt werden. Das Budget wird also nicht einseitig verkündet. Im Gegensatz

hierzu erfolgte vor der Implementierung des Neuen Steuerungsmodells die

Festlegung des Budgets relativ losgelöst von den zu Grunde liegenden Leistungen

(vgl. Punkt 3.1). Die neue Art der Budgetierung stärkt die dezentrale Verantwortung

einer Organisationseinheit für ihren Finanzrahmen bei vereinbartem Leistungs-

umfang. Über den Mitteleinsatz darf selbst bestimmt werden, somit steckt das

Budget einen Handlungsrahmen für den Leistungserstellungsprozess ab.

Mit dem Instrument des Kontraktmanagements gilt es, das Budget so zu handhaben,

„dass einerseits eine Dezentralisierung von Fach- und Ressourcenkompetenz weit-

reichende Effizienz generierende Automatismen freisetzen kann und andererseits die

Verwaltung“ steuerbar im Sinne des politisch Gewollten bleibt (Winter 2000, S.

103).

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61

Den Organisationseinheiten wird eine Erhöhung der budgetären Flexibilität als

Arbeitsgrundlage ermöglicht, um den Leistungserstellungsprozess zu vollziehen.

Somit kann das Budget als ein im Haushaltsplan festgelegtes Geldvolumen definiert

werden, das einer Organisationseinheit für eine jeweilige Periode von den

Entscheidungsträgern (Rat/Verwaltungsführung) zugeteilt und durch Ziel-

vereinbarungen abgesichert wird (vgl. Kühn 1999, S. 29).

„Die Budgetierung ist insofern konstitutiver Teil des Kontraktmanagements, indem

sie für die inhaltlichen Ziele jeweils die Finanzziele definiert“ (Trube 2001, S. 194).

Hinter dem Konzept dieser Art von Budgetierung liegt die Absicht, das Effektivitäts-

und Effizienzbewusstsein der dezentralen Einheiten zu stärken sowie eine

Kostenrechnung für einzelne Leistungen bzw. Produkte oder für den Sozialraum zu

ermöglichen. Die dezentralen Einheiten erlangen eine Position, in der sie selbst die

Verantwortung für das Budget tragen, und dies schafft ein ganz anderes Bewusstsein

- „eigenes Geld“ gibt man sparsamer aus als „fremdes Geld“.

Über die bloße Aufstellung eines Budgets hinaus wird somit die Finanzierung als

Dringlichkeitswertung, Kontrolle und Abweichungsanalyse (Controlling) verstanden

(vgl. Knorr/Scheppach 1999, S. 90 und Wallerath 1997, S. 62).

Das von der Verwaltung Bewirkte wird unter Berücksichtigung des dazu

eingesetzten Budgetvolumens kontrolliert. Das Ergebnis der Kontrolle wird die

Ausstattung des politisch Gewollten in der nächsten Budgetperiode. „Dies zielt

darauf ab, den tatsächlichen Ressourcenverbrauch und nicht nur den Geldverbrauch

zu erfassen, zu dokumentieren und unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten zu

steuern“ (Budäus 2000, S. 69).

Page 70: Kontraktmanagement in der Neuen Steuerung … · Kreislauf der Budgetierung 62 Abbildung 16. Ebenen eines Sozialraum-Konzepts 64 ... Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen

62

Bezogen auf das Budget entsteht somit ein Kreislauf, den die Abbildung 15

verdeutlichen soll:

Abbildung 15. Kreislauf der Budgetierung (nach: Winter 2000, S. 102)

Als weiterer Effekt ist ein Grundstein für Kosten- und Leistungsvergleiche, auch

bezogen auf einen möglichen Wettbewerb, gelegt (vgl. Trube 2001, S. 195).

Produktbezogene Daten – und zwar sowohl Ist- als auch Plandaten - kann die

Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) liefern.

Die Budgetierung von Verwaltungsleistungen kann als ein System der dezentralen

Verantwortung einer Organisationseinheit für ihren Finanzrahmen, bei festgelegtem

Leistungsumfang, bezeichnet werden.

Politische Willensbildung

Leistungs-erstellung der Verwaltung

Wirkung des Verwaltungs-handelns

Das politisch Gewollte

Leistungs-vereinbarung mit der Verwaltung

Kreislauf der Budgetierung

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63

4.8.2 Sozialraumbezug und Kontraktmanagement

Jenseits von Produktbeschreibungen kam es zu konzeptionell alternativen Ansätzen,

in deren Zusammenhang der Sozialraum als Ausgangspunkt der Steuerungsversuche

genannt wird (vgl. Trube 2001, S. 190). Im Folgenden soll eine erweiterte

Perspektive im Bezug auf das Kontraktmanagement, unter dem Aspekt der

Budgetierung und einer konzeptionellen Alternative zur Produktdefinition, am

konkreten Beispiel des sozialpädagogischen Arbeitsfeldes der Jugendhilfe dargestellt

werden.

Durch die Verwaltungsreform und durch leere Kassen steht auch die Jugendhilfe

unter einem wachsenden Effizienzdruck. „Binnenorganisatorisch dominiert derzeit in

vielen kommunalen Jugendämtern eine enge bürokratische Logik: Jugendämter sind

sortiert nach Produkten, Abteilungen oder Hilfearten“ (Hinte 2003, S. 10).

Dieses starre Gerüst ist schwer zu durchbrechen und lässt somit wenig Raum für

Innovation. Die produktartig angelegten Hilfen zur Erziehung in den §§ 27ff. KJHG

untermauern dies. Das Hilfeangebot determiniert schubladenartig im Voraus die

jeweils zu gewährende Hilfe für die einzelne Person.

Aus dem vorhandenen Hilfekatalog wird für Kinder/Jugendliche ein Angebot vom

Jugendamt ausgewählt, welches nur in den seltensten Fällen genau auf eine Person

zugeschnitten ist. Dies kann man als Diktatur des Angebots bezeichnen und

dementsprechend „ist auch das Marktgebaren der Erbringer der Hilfen zur

Erziehung. Wer ein Produkt hat, will es auch verkaufen“ (Hinte 2003, S. 12).

Selbstverständlich ist das Vorhandensein eines Leistungsanspruchs durch das KJHG

sehr positiv zu werten.

Bei einer entsprechenden Leistungsberechtigung übernehmen in diesem Arbeits-

umfeld meist freie Träger den Vollzug der Leistungserbringung und zwar im Auftrag

und durch Bezahlung (Fallfinanzierung) des Jugendamts. Dieser Umstand hat dazu

beigetragen, dass die Praxiskräfte vor Ort der Versuchung ausgesetzt sind, „Fälle

zu produzieren, um Geldströme zu sichern – mit der Folge, dass anschließend alle

Beteiligten über zu viele Ausgaben, zu viele Fälle und zu viel Bürokratie klagen“

Page 72: Kontraktmanagement in der Neuen Steuerung … · Kreislauf der Budgetierung 62 Abbildung 16. Ebenen eines Sozialraum-Konzepts 64 ... Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen

64

(Hinte 2003, S. 12). Hinzu kommt, dass das Jugendamt gleichzeitig als Auftraggeber

und Nachfrager den Bedarf für die Klientel als Leistungsberechtigte definiert.

Wenn jedoch die Jugendhilfe den Anspruch ernst nimmt, sich an der Lebenswelt

ihrer Adressaten auszurichten, benötigt sie eine Binnenorganisation, die zumindest

einen Kompromiss zwischen bürokratischer Logik und der Dynamik der Lebenswelt

der Betroffenen darstellt (vgl. Hinte, http://www.uni-essen.de/issab…, eingesehen

am 18.12.03).

Hier gewinnt die Sozialraumorientierung mit dem Instrument des Sozialraumbudgets

als Verrechnungsform im Binnenverhältnis zwischen Kostenträger und Leistungs-

erbringer an Bedeutung.

Die folgende Grafik veranschaulicht die relevanten Ebenen eines Sozialraum-

Konzepts (vgl. Hinte 2003, S. 32):

Abbildung 16. Ebenen eines Sozialraum-Konzepts (eigene Darstellung)

Die räumliche Ebene: Der abgesteckte Sozialraum wird als Bezugspunkt für die professionellen Aktivitäten gesehen.

Die Steuerungsebene: Hier dient der Sozialraum als geografische Bezugsgröße für die Konzentration von Personal und anderen Jugendhilferessourcen. Im Sozialraum legen Fachkräfte Wirkungsschwerpunkte für kleinere räumliche Einheiten fest, die variabel sind.

Die Finanzierungsebene: Regionale Budgets werden installiert. Diese ermöglichen zum einen den Fachkräften eine Einzelfallarbeit unter Berücksichtigung der Ressourcen des Sozialraums und zum anderen sollen Strukturen für quartiernahe Unterstützung von Hilfesuchenden mit Schnittstellen zu anderen Tätigkeitsfeldern geschaffen werden.

Die methodische Ebene: Der Wille der Betroffenen/Klienten muss erkundet werden. In einer Aushandlungssituation „auf Augenhöhe“ müssen, unter Nutzung sozialräumlicher Ressourcen gemeinsam mit dem hilfebedürftigen Menschen, Perspektiven und Handlungsschritte zur Unterstützung entwickelt werden.

Page 73: Kontraktmanagement in der Neuen Steuerung … · Kreislauf der Budgetierung 62 Abbildung 16. Ebenen eines Sozialraum-Konzepts 64 ... Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen

65

Die Erfüllung dieser Ebenen bedeutet im Bereich der Hilfen zur Erziehung (§ 27 ff.

KJHG) den Einstieg in eine sozialräumlich agierende kooperative und integrative

Jugendhilfe durch ein systematisches Kontraktmanagement, in dem der soziale Raum

die zentrale Bezugsgröße für die Steuerung von Geld und Fachlichkeit darstellt (vgl.

Hinte, http://www.uni-essen.de/issab…, eingesehen am 18.12.03).

Die Kontrakte werden zwischen den freien- und öffentlichen Trägern geschlossen.

Das Sozialraumbudget ist als nicht detailliert zugeordnete Geldzuwendung für in

Sozialräumen agierende Institutionen zu verstehen, die mit einem präzisen

Leistungsauftrag, inklusive Standards und Indikatoren, verbunden sind. Das

Sozialraumbudget ist ein im Kontrakt verankertes Instrument, das dem

Leistungsempfänger eine Erbringung genau passender Hilfen zur Erziehung

ermöglichen soll. Die neu gestalteten §§ 77 und 78 KJHG bieten hier (mit

Inkrafttreten zum 1.1.99) die notwendigen Gestaltungsmöglichkeiten. Der ebenfalls

neu gestaltete § 93 BSHG unterstreicht die Notwendigkeit der Kooperation zwischen

Jugendhilfe und Sozialhilfe, die bis dato durch eine strikte Trennung nicht möglich

war.

Des Weiteren soll das Sozialraumbudget eine bessere Nutzung sozialräumlicher

Ressourcen und einen rechtzeitigen Einsatz von Jugendhilfe-Maßnahmen und damit

eine Verkürzung von Hilfeverläufen unterstützen (vgl. Hinte 2003, S. 29).

Da die nicht-öffentlichen Träger über ein festes Budget verfügen, sind sie nicht mehr

der Versuchung (durch Fallfinanzierung) ausgesetzt, Fälle zu produzieren. Es wird

im Gegenteil darauf geachtet, Prävention unterhalb der §§ 27 ff. KJHG zu betreiben,

um möglichst wenig Fälle zu erhalten oder sie zumindest möglichst zügig,

entsprechend den im Kontraktmanagement vereinbarten Standards, zu bearbeiten.

Durch diese Maßnahmen soll der Arbeitsablauf hinsichtlich der Wirkung der

Leistungserbringung verbessert werden und das übliche „Feilschen“ um Geld und

Stunden im Hilfeplangespräch (§ 36 KJHG) entfällt.

Als zentraler Punkt dieses Ansatzes werden der Wille und die Rechte der

Betroffenen in den Vordergrund gestellt und gleichzeitig wird gefordert, mit den

jeweiligen Menschen eines Quartiers die dortigen Lebensbedingungen für alle zu

verbessern und räumlich gestaltend zu wirken (vgl. Hinte 2003, S. 31).

Page 74: Kontraktmanagement in der Neuen Steuerung … · Kreislauf der Budgetierung 62 Abbildung 16. Ebenen eines Sozialraum-Konzepts 64 ... Ökonomische Grundlagen für soziale Dienstleistungen

66

Der soziale Raum als zentrales Steuerungselement wird die Diskussion auf

kommunaler Ebene und speziell die Verfahren des Kontraktmanagements in den

nächsten Jahren wesentlich prägen (vgl. Hinte, http://www.uni-essen.de/issab…,

eingesehen am 18.12.03).

Er bietet sozialen Dienstleistungsherstellern zumindest eine sehr ernst zu nehmende

Alternative zur Produktdefinition. Bezogen auf das vorab genannte Arbeitsfeld ist

der soziale Raum als zentrales Steuerungsinstrument zu empfehlen.

4.9 Förderung des Wettbewerbsgedanken durch Kontraktmanagement

Durch die Einführung des Neuen Steuerungsmodells soll es zu einer Effizienz- und

Effektivitätssteigerung von Verwaltungsleistungen kommen, insbesondere das

Element Kontraktmanagement soll dies ermöglichen.

Die These, dass Wettbewerb Ansporn zu mehr Leistung bietet, ist weit verbreitet.

Man kann folgende drei verschiedene Formen des Wettbewerbs unterscheiden (vgl.

www.kommunaler-wettbewerb.de, eingesehen am 10.10.03):

1) marktlicher Wettbewerb

2) marktähnlicher Wettbewerb

3) nicht-marktlicher Wettbewerb

Diese verschiedenen Wettbewerbsformen eignen sich für verschiedene

Aufgabenbereiche der Verwaltungen. Marktlicher Wettbewerb findet vor allem in

den technischen und infrastrukturellen Tätigkeitsbereichen statt, während

marktähnlicher Wettbewerb in sozialen Dienstleistungsbereichen anzutreffen ist.

Nicht-marktliche Wettbewerbsformen hingegen nehmen eine untergeordnete Rolle

ein, sofern sie nicht mit externen Impulsen - wie beispielsweise der Kunden-

orientierung - verbunden werden.

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67

Folgt man dem Kontraktmanagementansatz ist dabei zunächst unerheblich, ob

Leistungen über einen frei zugänglichen Markt bezogen werden oder ihre

Verrichtung in der Organisation verbleibt, da ebenfalls die Möglichkeit besteht, auch

externe Kontrakte mit z. B. privaten Anbietern zu schließen. „Der Schritt vom

Kontraktmanagement zum Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Dienst-

leistungsanbietern ist für die bestellende Einheit, den Auftraggeber, relativ klein - für

kommunale Anbieter bzw. verselbständigte Organisationseinheiten ist Wettbewerb

eine der größten Herausforderungen“ (www.kommunaler-wettbewerb.de, eingesehen

am 10.10.03).

Wettbewerb ist kein Ziel der Verwaltungsmodernisierung, sondern als Instrument zu

betrachten, indem externer Druck auf Arbeitsprozesse ausgeübt wird. Durch die

transparent zu gestaltende Leistungserstellung (z. B. durch die Produktdefinition)

können Formen von Wettbewerb in die bislang als ineffizient und bürokratisch

geltenden Strukturen Einzug nehmen. Zum einem soll die Möglichkeit bestehen,

Leistungen zu vergleichen, und zum anderen sollen diese im Bedarfsfall ausgetauscht

werden können.

Im Kontraktmanagement ist ein outputorientierter Zielvereinbarungsprozess

grundlegend für die Budgetierung. Dahinter steckt die Leitidee, dass im Inneren der

Verwaltung die gleichen Nachfrage- und Leistungsbeziehungen entstehen, wie zu

einem beliebigen anderen privaten Anbieter; das „günstigste Angebot entscheidet, ob

der Auftrag innerhalb der Verwaltung erledigt oder extern vergeben“ wird (Wallerath

1997, S. 60).

Zu beachten ist jedoch, ob die Transaktionskosten (das sind die Kosten der

Anbahnung, des Abschlusses und der Abwicklung von Kontrakten) die

Kostenvorteile der Fremdproduktion nicht wieder aufheben (vgl. Lüder 1996, S. 96).

Die Effizienzsteigerung im Kontraktmanagement soll also auch aus der Nutzung

eines innerorganisatorischen Wettbewerbs erfolgen sowie aus einem Wettbewerb mit

externen Anbietern.

Knorr und Scheppach gehen sogar von der Möglichkeit aus, dass Sozialverwaltungen

in einem längerfristigen Prozess immer mehr lenkende und steuernde Funktionen

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68

übernehmen werden und dass das operative Geschäft der Durchführung sozialer

Dienstleistungen auf Verbände, Initiativen und privatwirtschaftliche Organisationen

übertragen wird. Diese Vorgehensweise „entspricht dem Grundgedanken der

schlanken Verwaltung“ (Knorr/Scheppach 1999, S. 120).

Im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung wird diese Übertragung der

Leistungserstellung auch schon praktiziert, und zwar dort, wo Güter und

Dienstleistungen für die Kommune an einem funktionierenden Markt zu kaufen sind.

Von den geeigneten Anbietern erhält der, der das beste Angebot abgibt, den Auftrag.

Diese Form ist jedoch nur sinnvoll, wenn ausreichend Wettbewerb vorhanden ist,

wie es z. B. in technischen Bereichen der Fall ist.

Im Bereich der Sozialverwaltung werden einige Leistungen in beschränkt

öffentlichen Ausschreibungen nachgefragt, und zwar dort, wo die Sozialverwaltung

bereits mit privaten/öffentlichen Anbietern zusammenarbeitet. Die Beschränkung der

Ausschreibung ergibt sich daraus, dass z. B. für eine Leistung die Anerkennung als

Jugendhilfeträger erforderlich ist, oder sich nur örtliche Jugendhilfeträger beteiligen

sollen (vgl. Knorr/Scheppach 1999, S. 120).

Für die Sozialverwaltung ist die Ausgliederung bzw. eine Privatisierung von

Aufgaben an sich nichts Neues. Bislang waren kommunale Einrichtungen,

Wohlfahrtsverbände und kirchliche Einrichtungen gemeinsam für die Erbringung

sozialer Dienste zuständig. Im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips wird die

Sozialverwaltung dazu angehalten, einen Vorrang der freien Träger bei der

Erbringung sozialer Dienste zu beachten. Dies gilt sowohl für die Kinder- und

Jugendhilfe (vgl. § 4 KJHG), als auch für die Sozialhilfe. Bei ihr wird jedoch

ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Subsidiaritätsprinzip die wirtschaftlichen

Hilfen nicht mit einschließt (vgl. § 10 Abs. 4 BSHG). Es gibt unterschiedliche

Formen der Privatisierung.

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69

In der Abbildung 17 wird zwischen formaler, materieller und funktioneller

Privatisierung unterschieden:

Abbildung 17. Formen der Privatisierung (Quelle: Trube/Wohlfahrt 2000b, S. 44)

Die §§ 77, 78a-f KJHG bzw. die §§ 93, 93a-d BSHG beinhalten Rechtsvorschriften,

die bei der Gestaltung von Leistungsverträgen zu beachten sind. Diese Verein-

barungen über Leistungsangebote, Entgelte und Qualitätsentwicklung sind exem-

plarische Beispiele für die Anwendung des „Neuen Steuerungs – Denkens“ in der

sozialen Arbeit.

„Gegenüber dem traditionellen Weg der Finanzierung sozialer Dienste durch

Zuwendungen und Subventionen werden Leistungs- und Kostenvereinbarungen

zunehmend zu einem Strukturelement der Finanzierung sozialer Dienste (Kontrakt-

management)“ (Trube/Wohlfahrt, 2000b S. 44). Somit ist ein Grundstein dafür

gelegt, dass die Sozialverwaltungen ihre Aufgabenerfüllung mittels Kontrakt-

management ausgliedern (siehe Abbildung 11, funktionelle Privatisierung) und

steuern können. Kommunale Anbieter, Wohlfahrtsverbände und privat – gewerbliche

Anbieter stehen dadurch nebeneinander in einem Konkurrenzverhältnis, in dessen

Mittelpunkt die Zuteilung eines Budgets steht.

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70

Nachdem sich das Kontraktmanagement im Bereich der sozialen Dienstleistungs-

erstellung in der öffentlichen Verwaltung etabliert hat, wird deutlich, dass hierdurch

die Leistungserbringung der externen Anbieter durch den Aufbau einer Art

Netzwerkorganisation rationalisiert werden soll (vgl. Dahme 2002, S. 63). Zwar gibt

es im sozialen Sektor schon länger Formen von Kooperation und Vernetzung, diese

sollen jedoch systematisch ausgebaut werden. Diese Vernetzungen nicht-öffentlicher

Anbieter werden nicht nur von der kommunalen Sozialverwaltung gewünscht,

sondern auch von der Sozialgesetzgebung akzentuiert. Hintergrund ist eine

gemeinsam zu führende Qualitätsdiskussion. Zudem sollen sich Synergieeffekte

einstellen und Überangebote abgebaut werden, letztlich sollen auch Kosten

eingespart werden.

Der Wechsel von der Input- zur Outputorientierung über das Kontraktmanagement

stellt jedoch keine Zwangsläufigkeit für einen Wettbewerb dar, dies trifft speziell auf

den Bereich der sozialen Dienstleistungen zu. Deutschland steht diesbezüglich noch

vor einem weiten Weg (vgl. Plamper 2000, S. 238).

Zwar stehen die Produkte insofern in Konkurrenz zueinander, als dass ein begrenztes

Budget auf die Einzelmaßnahmen verteilt werden muss, wodurch zwangsläufig

Prioritäten gesetzt werden und gegebenenfalls Produkte nicht oder nur vermindert

von der Politik nachgefragt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich ein Produkt

gegen ein anderes aufgrund einer besseren Preiswürdigkeit durchgesetzt hat.

Vielmehr ist die Nachfrage nach den Einzelleistungen ein Bezugspunkt der Politik

für die Verwaltung. Hierauf kann die Verwaltung keinen Einfluss nehmen und sie

darf es auch nicht. Die Politik entscheidet bekanntermaßen nach der Autorisation

durch den Bürger (durch Wahl), welche Leistungen angeboten werden sollen.

Ein Dienstleistungsanspruch der Kunden an die Sozialverwaltung, in dem alle

Leistungen realisiert werden, kann es nicht geben, da dem Kunden der

Sozialverwaltung ein wesentliches Merkmal der Bedürfnisdurchsetzung fehlt:

Gegenleistung in Form von Bezahlung (vgl. Grunow 1996b, S. 42).

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71

Des Weiteren kann man nicht davon ausgehen, dass sich für jede Nachfrage – und

dies gerade bei der Nachfrage nach sozialen Dienstleistungen - ein nicht-öffentlicher

Produzent findet. Die nachgefragten Leistungen sind in diesem Bereich oft sehr

spezifisch und müssen somit hohen Anforderungen genügen.

4.9.1 Bedeutung von Benchmarking

Durch die Besonderheit sozialer Dienstleistungen (vgl. Punkt 2.2) gewinnt das

Benchmarking an Bedeutung. So sollen insbesondere diejenigen Bereiche, die keinen

oder nur eingeschränkten Zugang zu externen Anbietern haben, durch den

Benchmarkingprozess erfasst werden.

Unter „Benchmarking ist eine kontinuierliche Suche nach und die Anwendung von

effizienten Praktiken“ zu verstehen (Watson 1993, S. 20). Benchmarking ist ein

Begriff aus dem Management. Es kommt dort zum Einsatz, wo Mitanbieter einer

Leistung existieren, an deren Handeln, an deren Vorgehen man die Güte des eigenen

Vorgehens ermessen und optimieren kann. Das Wort „Benchmark“ kann man mit

„Maßstab“ oder „Bezugspunkt“ für eine auszuführende Arbeit übersetzen. Der

Begriff „Benchmarking“ beinhaltet eine prozesshafte Komponente, man kann ihn mit

dem Wort „Leistungsvergleich“ übersetzen.

Im kommunalen Raum ist dieses Instrument seit Jahren als interkommunaler

Vergleich mit anderen derselben Branche bekannt; Ziel ist das „Lernen vom Besten“.

Die Bertelsmann-Stiftung hat 1990 mit dem weltweiten Wettbewerb "Demokratie

und Effizienz in der Kommunalverwaltung" in diesem Feld für Aufsehen gesorgt

(vgl. www.dhv-speyer....de, eingesehen am14.10.03).

Benchmarking hat zusätzlich den Anreiz, „dass es gewissermaßen als Marktersatz

dienen kann“, denn im öffentlichen Bereich gibt es den Markt - somit den

Wettbewerb um die Gunst des Kunden - nur in wenigen Bereichen (Rothgängel,

www.bay-gemeindetag.de..., eingesehen am 08.12.03).

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72

Der Vergleich mit anderen erfolgt anhand normierter Bewertungskriterien. Die

Voraussetzung hierfür ist das Vorhandensein einer standardisierten Datenbasis,

um die Vergleichbarkeit der Institutionen zu ermöglichen.

Anhand des § 34 KJHG -Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform - kann man

beispielhaft verdeutlichen, wie Benchmarking angewendet werden kann. Kommunen

mit einer vergleichbaren Einwohnerzahl und Sozialstruktur können vergleichen, wie

viele Heimkinder sie jeweils in Familien vermitteln konnten. Von großer Bedeutung

ist hier die Dauerhaftigkeit der Vermittlung, d. h. der Umstand, wie viele Kinder

auch in der Familie bleiben. Gäbe es hier große Unterschiede, sollte sich die

Kommune mit der geringeren Dauerhaftigkeit bei Vermittlungen hinterfragen.

Vielleicht kann sie von der anderen Kommune geeignetere Methoden der Betreuung

von bereits vermittelten Kindern lernen. Schwierigkeiten ergeben sich allerdings

beim Vergleich verschiedener Kommunen, da ihre Ausgangslagen selten

übereinstimmen.

Der Nutzen von Benchmarking erschließt sich nicht nur allein durch den

Datenvergleich:

Ein besonders wichtiger Aspekt ist der regelmäßig und kontinuierlich zu führende

Diskussions- und Austauschprozess zwischen den Teilnehmern, wo oft neue

Lösungsansätze aus anderen Kommunen in den Mittelpunkt treten.

Eine Plattform hierfür bietet das Internet. Auf der Webseite www.kommunaler-

wettbewerb.de findet man z. B. das Ergebnis eines Projekts innerhalb des deutschen

Netzwerks „Kommunen der Zukunft“. Dieses Netzwerk wurde 1998 von der Hans –

Böckler - Stiftung, der Bertelsmann – Stiftung und der KGSt ins Leben gerufen. Es

ermöglicht den Gemeinden, Städten und Kreisen Erfahrungsaustausch und

gegenseitige Unterstützung.

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73

4.10 Neue Anforderungen im Berufsbild

Durch die Einführung des Neuen Steuerungsmodells mit dem Kernelement

Kontraktmanagement werden die Mitarbeiter einer Verwaltung, speziell in dem

Bereich der Sozialverwaltung, mit neuen Anforderungen konfrontiert. Sie müssen die

Bereitschaft aufbringen, den langandauernden und tiefgreifenden Wandel in der

Verwaltungsorganisation mitzutragen.

Die Übertragung von betriebswirtschaftlichen Kennziffern auf die Verwaltung, wie

es das Neue Steuerungsmodell vorsieht, erfordert zumindest ein Vorhandensein

ökonomischer Grundkenntnisse seitens der Mitarbeiter.

Durch die Dezentralisation der Fach- und Ressourcenkompetenz hat sich der Ver-

antwortungsgrad der einzelnen Mitarbeiter erhöht, was die flexibel zu gestaltende

Leistungserbringung anbelangt. Wirkungsvolles Handeln „im Sinne von Kunden-

orientierung, Effektivität und Effizienz ist nur dann herstellbar, wenn auf der Ebene

der Mitarbeiter Motivation, Mitwirkungsbereitschaft und Bewusstsein von

Verantwortung“ entwickelt werden kann (Merchel/Schrapper 1996, S. 9). Die

Mitarbeiter müssen also dazu in der Lage sein und die Motivation aufbringen, mit

dieser Verantwortung auch richtig umgehen zu können.

In diesem Sachverhalt können Kontrakte als ein Instrument der Mitarbeiterführung

dann steuernde und motivierende Wirkung entfalten, wenn über zu erreichende Ziele

in einem kooperativen Stil Vereinbarungen getroffen werden (vgl. Merchel/

Schrapper 1996, S. 9). Auf die Aspekte der Kooperation und Motivation wird im

Folgenden detaillierter eingegangen.

4.10.1 Motivation und Kooperation

Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Mitarbeiter das eigentliche

Potenzial eines (Dienstleistungs-) Unternehmens darstellen.

Voraussetzung für das Bewältigen der neuen Anforderungen - hin zu einem

modernen Dienstleistungsunternehmen - ist, dass die einzelnen Mitarbeiter zur

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74

Kooperation und Innovation motiviert sind. Motivation ist der ausschlaggebende

Grund, weshalb eine Person bereit ist, eine Tätigkeit auszuüben.

Die Annahme, dass Kontrakte steuernde Funktionen übernehmen, wurde in den

vorangegangenen Kapiteln verdeutlicht. Auf die Frage, ob sie zudem auch

motivierende Auswirkungen auf die einzelnen Mitarbeiter haben, wird im Folgenden

eingegangen (siehe auch Punkt 4.6).

Von Bedeutung hierfür ist die Unterscheidung zwischen intrinsischer Motivation,

deren zugrundeliegendes Motiv in der Person selbst liegt, und extrinsischer

Motivation, deren zugrundeliegendes Motiv außerhalb der Person liegt, oder durch

fremde Personen bestimmt wird (z. B. durch Belohnung oder Bestrafung) (vgl.

Heckenhausen 1989, S. 455).

Intrinsische Motivation ist dadurch definiert, dass das Lernen oder Arbeiten aus

eigenem, innerem Antrieb und zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse geschieht.

Intrinsische Motivation ist dann vorhanden, wenn eine Aktivität für unmittelbare

Bedürfnisbefriedigung unternommen wird und die Belohnung dafür in der

Ausführung dieser Aktivität gesehen wird. Geld oder Bewunderung spielen bei einer

intrinsisch motivierten Person keine auslösende Rolle.

Bezogen auf die Mitarbeiter einer Verwaltung lässt sich festhalten, dass sich

intrinsische Motivation entwickelt, wenn der Beruf als Berufung gesehen wird, und

wenn der Mitarbeiter voll und ganz in seinem Wirken aufgeht. Anreize von außen

zur Motivationssteigerung spielen hier eine untergeordnete Rolle.

Anders verhält es sich bei extrinsischer Motivation. Hier wird ein Arbeits- oder

Lernanreiz durch die Erwartung einer nachfolgenden Belohnung ausgelöst. Dieser

von außen wirkende Anreiz kann entweder in materieller Form (z. B. Geld, Bonus)

oder immaterieller Form (z. B. Anerkennung durch Kollegen/Vorgesetzte, Zugewinn

an Verantwortung) gegeben sein.

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75

Das Instrument Kontraktmanagement bietet eine Basis für Anreize in materieller

Form, jedoch lassen sich diese aus dreierlei Gründen schwer in die Tat umsetzen.

Zum einen ist der chronische Geldmangel in der öffentlichen Verwaltung

anzuführen. Hinzu kommt die Tatsache, dass bei der Mitarbeiterentlohnung in der

Verwaltung zur Zeit noch andere Faktoren (Alter, Kinderzahl) als die erbrachte

Leistung von Bedeutung für die Entlohnung sind – Beschäftigte wünschen sich zu

Recht, dass sich ihre (Mehr-) Leistungen auszahlen (vgl. KGSt-Bericht 2/2002, S.

17). Die Dienstverhältnisse der Angestellten bei öffentlichen Verwaltungen richten

sich nach dem BAT (Bundesangestelltentarifvertrag). Dieser enthält Bedingungen

zum Abschluss eines Arbeitsvertrags. Im öffentlichen Dienst achtet man auf einen

weitgehenden Gleichklang der Arbeitsbedingungen, womit ein Personalwettbewerb

zwischen den verschiedenen Körperschaften des öffentlichen Dienstes vermieden

werden soll. Individuell vereinbart braucht in der Regel lediglich nur noch die

Tätigkeit zu werden, der dann in der Regel eine festgelegte Lohnebene zugeordnet ist

(vgl. Barth 1994, S. 2). Kritisiert wird das unflexible Bezahlungssystem des BAT´s.

Dem Wunsch der Mitarbeiter nach leistungsgerechter Bezahlung kann nicht

entsprochen werden. Dieser Umstand entpuppt sich auch bei der Anwerbung von

neuen Mitarbeitern (insbesondere bei Führungskräften) zum Hindernis.

Außerdem ist auf die Besonderheit sozialer Dienstleistungen zu verweisen, da der

Output nur schwer zu beobachten und/ oder zu bewerten ist (vgl. Punkt 2.2).

Deshalb ist es nicht ratsam, z. B. für eine Outputsteigerung einen Anreiz zu

versprechen.

In einem tayloristischen Modell einer Güterproduktion ist dies einfacher. Ein

erhöhter Output, z. B. durch eine erhöhte Schlagzahl, wird meist besser entlohnt (z.

B. durch einen Bonus).

Immaterielle Anreize lassen sich in der Verwaltung, speziell auch in der

Sozialverwaltung, geeigneter einsetzen. Hier gewinnt das Mitarbeitergespräch an

Bedeutung. Das Mitarbeitergespräch ist ein Instrument, dass die Kooperation der

unterschiedlichen Hierarchieebenen fördert. Es soll dazu dienen, die strategischen

und operativen Ziele einer Organisation gemeinsam mit den Beschäftigten durch

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76

regelmäßigen und intensiven Austausch über wichtige Themen, zu erreichen (KGSt-

Bericht 2/2002, S. 10 ff.).

Die einzelnen Wirkungsfelder des Mitarbeitergesprächs lassen sich folgendermaßen

ordnen (vgl. KGSt-Bericht 2/2002, S. 14 ff.):

a) Ergebnissicherung

Im Rahmen von Kontrakten gibt die Verwaltung Zusagen für zu erbringende

Leistungen. Alle beteiligten Hierarchieebenen, von den Fachbereichen bis hin

zu Einzelpersonen, sollten hierbei eingebunden werden. Dies ist eine wichtige

Grundlage für gegenseitige Verlässlichkeit und Vertrauen und es wird

deutlich, wozu sich jeder Einzelne verpflichtet hat.

b) Personalführung

Durch die Vereinbarungen über die zu erbringenden Leistungen ist die

inhaltliche Seite der Führung abgedeckt. Die personenbezogene Seite

beschäftigt sich mit der Befähigung der Mitarbeiter und ihrer Motivation.

Damit Ziele erreicht werden, sollte zusammen mit gegenseitiger

Unterstützung gearbeitet werden.

c) Kulturveränderung

Bisher war die öffentliche Verwaltung von einer bürokratischen Kultur

geprägt. Das Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern war durch

Hierarchie, Gehorsam und Delegation geprägt. Durch Kontraktmanagement

sollen sich die Mitarbeiter trotz hierarchischer Unterschiede auf gleicher

Augenhöhe treffen. Mitarbeiter sollen ihre Ideen und Wünsche einbringen.

Somit ist das Mitarbeitergespräch als Ausdruck und Instrument einer gewollten

Kulturveränderung hin zu einem kooperativen Stil zu betrachten, womit auf der

personenbezogenen Seite Motivation zu Verlässlichkeit, Vertrauen und Kooperation

entwickelt werden soll.

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77

4.11 Betrachtung der Problemfelder im Kontraktmanagement

Die Implementierung betriebswirtschaftlicher Instrumente im Zuge der Einführung

des Neuen Steuerungsmodells wird natürlich nicht vorbehaltlos und ohne Skepsis

angenommen (vgl. Punkt 3.3.2). Dies gilt auch für das Instrument Kontrakt-

management. Es ist heute auch im Bereich sozialer Dienste nicht mehr wegzu-

denken, gleichwohl löst dieses Instrument kontroverse Auseinandersetzungen um die

Gestaltung einer effektiveren und effizienteren Leistungserstellung aus (vgl.

Boeßenecker/Trube/Wohlfahrt 2000, S. 11). An dieser Stelle werden die problem-

atischen Aspekte von Kontraktmanagement erläutert.

Eines dieser Probleme ist von rechtspolitischer Natur. Die im Kontraktmanagement

neu gewonnene Vorstellung der Steuerung ist mit der Grundidee der kommunalen

Selbstverwaltung schwer zu vereinbaren (vgl. Trube 2001, S. 179).

Die Gemeindeordnung in NRW sieht nach § 40 Abs. 1 vor, dass die Verwaltung der

Gemeinde ausschließlich durch den Willen der Bürgerschaft bestimmt wird und

somit ist auch der Rat für die Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig

(vgl. www.gkd-rsa.de…, eingesehen am 16.01.04). Zudem können die laufenden

Geschäfte auch nur dann auf den Bürgermeister oder auf die Verwaltung übertragen

werden, wenn sich der Rat eine Entscheidung von bestimmten Geschäften oder für

einen Einzelfall nicht vorbehält (vgl. § 40 Abs. 3 GO NW). Dies entspricht kaum der

Vorstellung der Nicht-Einmischung der gewählten Körperschaften - wie im

Kontraktmanagement vorgesehen ist - in den Verwaltungsvollzug (vgl. Trube 2001,

S. 179).

Durch die Einführung des Kontraktmanagements in die Sozialverwaltung wurde ein

Grundstein für Privatisierung und Ausgliederung sozialer Dienste gelegt (vgl. Punkt

4.9). In Deutschland müssen Privatisierung und Ausgliederung sozialer Dienste vor

dem Hintergrund der besonderen Bedeutung des Non-Profit-Sektors beurteilt werden

(vgl. Trube/Wohlfahrt 2000b, S. 43).

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78

Das Subsidiaritätsprinzip ist für nicht–öffentliche Organisationen (z. B. Ein-

richtungen der freien Wohlfahrtspflege) eine Art Bestandsgarantie für deren

gemeinnützigen Tätigkeiten. Eine gleichzeitige Förderverpflichtung durch die

öffentliche Hand ist sozialrechtlich festgeschrieben. Eine lange Zeit spielten Über-

legungen zur Privatisierung und Ausgliederung keine wesentliche Rolle. Den sozial-

rechtlichen Änderungen der letzten Jahre ist allerdings zu entnehmen, dass ihre

Zielsetzung auf eine konsequente Deregulierung hin angelegt ist, welche den

besonderen privilegierten Status der Wohlfahrtsverbände Schritt für Schritt

einschränkt (vgl. Trube/Wohlfahrt 2000b, S. 43). Ein besonders anschauliches

Beispiel liefert der Pflegebereich, in dem nach einer Studie aus NRW, bereits die

Hälfte der Pflegebedürftigen durch privat-konzeptionelle Anbieter betreut werden.

Ein wichtiger Faktor der Privatisierung im Sozialbereich ist sicherlich der

Gesichtspunkt der Kostenersparnis. Zugleich kann man die Privatisierungsdebatte

„als Ausdruck eines gesamtgesellschaftlichen Umdenkens in Richtung >>mehr

Eigenverantwortlichkeit – weniger Staat<< und Reduzierung der Aufgaben der

Sozialgemeinschaft hin zu Kernaufgaben begreifen“ (Trube/Wohlfahrt 2000b, S. 43).

Die Reduzierung der öffentlichen sozialen Aufgaben hin zu wenigen Kernaufgaben

hat sowohl für den Wohlfahrtssektor als auch für jeden Einzelnen in der Gesellschaft

Auswirkungen:

Die Konkurrenz um ein Budget wird zum Kennzeichen für den Wohlfahrtssektor

als Anbieter operierender Träger und Einrichtungen, die ihre Leistungen auf dem

Markt auszurichten (Kundenorientierung) und betriebswirtschaftlich zu bestimmen

haben (Produktbildung) (vgl. Trube/Wohlfahrt 2000b, S. 45). Die Vergabe von

öffentlichen Aufgaben durch das Kontraktmanagement kann dazu führen, dass

wichtige Partizipationsmöglichkeiten von nicht-öffentlichen Organisationen im Non-

Profit-Sektor in dem Bereich der sozialen Dienste gemindert werden. Organisationen

dieses Sektors „mutieren“ dann zu nachgeordneten Behörden öffentlicher

Institutionen (vgl. Trube/Wohlfahrt 2000b, S. 48).

Für den Einzelnen lassen sich die Auswirkungen beispielhaft an der zum 01.01.04

inkraftgetretenen Gesundheitsreform erkennen (Zunahme der individuellen Ver-

antwortlichkeit in vielen Bereichen der Gesundheitsversorgung).

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Bei sozialen Dienstleistungen handelt es sich um Güter mit einem mertiorischen

Charakter, die vom Staat als quasi-öffentliche Güter bereitgestellt werden (vgl. Punkt

2.3). Die Vorgehensweise, bei der sich die Allokation dieser Güter an einer

marktlichen Steuerung orientieren soll, ist sehr unvorteilhaft, „da hierdurch die

soziale Selektion verschärft wird“ und auch die Allokation dieser Güter eine

Verzerrung erfährt, die durch das Nachfragepotenzial (sprich über das Geld) bedingt

wird (Trube/Wohlfahrt 2000b, S. 46). Eine effiziente Allokation unter dem Blick-

winkel der sozialen Gerechtigkeit ist gefährdet.

Seitens der Sozialverwaltung ist es erwünscht, dass sich die Leistungserbringung der

externen Anbieter netzwerkartig gestalten soll (vgl. Punkt 4.9). Diese Vernetzungs-

variante, nicht selten als verordnet erlebt, bereitet den Fach- und Leistungskräften

nicht ganz unbegründet Unbehagen (vgl. Dahme 2002, S. 64 ff.):

Wurde doch Anfang der 80er Jahre im Wirtschaftssektor ein ähnlicher Umbau

vollzogen. Als Folge hat sich die Arbeit in diesem Bereich radikal verändert, was

sich u. a. in einem Wandel des Arbeitsethos zeigt. Es wird die Gefahr gesehen, dass

soziale Dienstleistungshersteller wie ein Zulieferernetzwerk in der Automobil-

industrie organisiert werden, in der die Verwaltung die strategische Führung des

Netzwerks übernimmt. „In den neu entstehenden sozialen Dienstleistungs-

netzwerken könnte ein bislang dominierender Ordnungsfaktor an Bedeutung

verlieren, die Profession“ (Dahme 2002, S. 67).

Durch Zielvereinbarungen und durch die Festlegung von Kennzahlen im

Kontraktmanagement wird ein zu erreichendes Ziel angestrebt, die Leistungs-

erstellung wird kontrolliert. Zielvereinbarungen bergen Gefährdungspotentiale für

eine effektive Steuerung (vgl. Wallerath 1997, S. 59). Es besteht die Gefahr einer

Vernachlässigung längerfristiger oder nur schwer messbarer Ziele zugunsten von

eher leicht zu erfüllenden Zielen. So kann schlussgefolgert werden, dass die

Leistungshersteller durch die Erreichung der erwünschten Erfolge Effizienz

nachweisen wollen, weshalb sie ihre Arbeitsschwerpunkte auf leichter zu

operationalisierbare Arbeitsfelder richten.

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Ein weiteres Problemfeld ist in einer eventuellen Interessensverflechtung von

öffentlichen Mandatsträgern und Vertretern von nicht-öffentlichen Dienstleistungs-

herstellern zu finden. Die Arbeiterwohlfahrt steht bekanntlich einer großen

Volkspartei nahe, während die Caritas einer anderen Partei nahe steht.

Diese Verflechtung könnte einen Einfluss auf die Mittelvergabe und die Kontrolle

der entsprechenden Verwendung nehmen (vgl. Knorr/Scheppach 1999, S. 123).

Es besteht die Möglichkeit, dass sich der Mandatsträger bei der Kontraktvergabe

nicht objektiv verhält und sich aufgrund von subjektiven Gesichtspunkten für den

ihm nahestehenden Dienstleistungshersteller entscheidet.

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5 Die praktische Umsetzung von Kontraktmanagement

5.1 Inhalte und Gestaltung von Kontrakten

Wie bereits erwähnt wurde, spricht man nicht von einer einzigen Kontraktart,

Kontrakte betreffen verschiedene Ebenen (vgl. Punkt 4.3). Übergreifend kann als

Richtlinie gelten, dass ein Vorschreiben durch eine Partei nicht erwünscht wird.

Aktuelle Gegebenheiten, aber auch zukünftige Erwartungen (Mindereinnahmen;

Veränderungen der Klientel) sollen Beachtung finden.

Der Detaillierungsgrad ist z. B. von dem Gesichtspunkt abhängig, wie groß das

Vertrauen zwischen den Kontraktpartnern ist (je mehr Vertrauen, desto geringer der

Detaillierungsgrad) und kann sich somit von Kontrakt zu Kontrakt unterscheiden.

„Das in vielen Fällen mögliche Auftraggeber-/Auftragnehmer-Verhältnis verlangt

stets eine Auseinandersetzung mit der richtigen Mischung zwischen vorheriger

Detaillierung und nachträglicher Überprüfung“ (Plamper 2000, S. 238).

Leistungsbeschreibungen/Aufgabenbeschreibungen sollten klar formuliert werden

und es sollte Klarheit über den Instrumenteneinsatz herrschen. Ziele werden nach

qualitativen (z.B. Ausbildung des Personals) und quantitativen Größen definiert (vgl.

Knorr/Scheppach 1999, S. 116 f.).

Mit der Vereinbarung von Zielen beginnt ein gestalterischer Prozess. Folgende

Fragen sind hierbei behilflich (vgl. KGSt-Bericht 3/2001, S. 19):

! Was soll für wen/für welche Zielgruppe wann erreicht werden?

! Was soll der jeweiligen Zielgruppe angeboten (oder auferlegt) werden, womit

soll die jeweilige Zielgruppe unterstützt (oder belastet) werden, um die

angestrebte Wirkung zu erreichen?

! Welche Prozessschritte sind in welcher Reihenfolge erforderlich, um die

beabsichtigte Leistung (die beabsichtigte Wirkung) zu erreichen?

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! Wie viele Finanzmittel sind verfügbar? Und wie viele Finanzmittel sind für

die von der Politik gewünschten Leistungen erforderlich?

! Wie viel Personal mit welcher Qualifikation, welcher Einsatz von Vermögen,

welche Informationen sind erforderlich, um die Leistung zu erstellen?

Diese Leitfragen verdeutlichen, dass nicht willkürlich etwas angeboten werden soll.

Es gilt eine Wirkung (Outcome) zu erzielen. Dies soll durch die jeweiligen Produkte

(Output) ermöglicht werden, für deren Erstellung ein Budget vereinbart wird.

5.1.1 Beispiel eines Hauptkontrakts aus Bremen

Nachfolgend wird das Kontraktmanagement in der Freien Hansestadt Bremen

zwischen der Schnittstelle von Politik und Verwaltungsführung als Beispiel für einen

Hauptkontrakt dargestellt (vgl. Senator für Finanzen, Freie Hansestadt Bremen 2002

Kontraktmanagement – Arbeitshilfe).

Die folgende Grafik veranschaulicht dies:

Zwischen dem senatorischen Bereich

und der zugeordneten Dienststelle

- Kontrakt -

----------------------------------------------------------------------------------------------

Innerhalb von Organisationseinheiten

- interne Kontrakte -

Abbildung 18. Kontraktmanagement zwischen senatorischem Bereich und zugeordneter Dienststelle

(nach: Senator für Finanzen, Freie Hansestadt Bremen 2002, S. 2)

Senatorische Behörde

Zugeordnete Dienststelle

Schnittstelle Politik / Verwaltung

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83

In der Freien Hansestadt Bremen wurde 1998 damit begonnen, das Verwaltungs-

management der Politik grundlegend zu verändern. Die Steuerung durch Ressourcen

wurde abgelöst. Stattdessen soll sich die Steuerung auf einzelne Leistungen/Produkte

und Wirkungen beziehen.

Die bis dato vorherrschende, zeitaufwändige Detailsteuerung der Verwaltung ist

somit durch eine ergebnisorientierte Steuerung auf Abstand ersetzt worden.

Zielvereinbarungen über Kontraktmanagement werden somit zu einem zentralen

Steuerungselement in der Freien Hansestadt Bremen. Grundlage hierfür ist ein

kooperativer Ansatz. Der Kontrakt ist eine Zielvereinbarung zwischen zwei nicht

rechtsfähigen Instanzen - und damit nicht gerichtlich einklagbar (vgl. Punkt 4.4).

Das Kontraktmanagement wird in Bremen als eine Alternative zur hierarchisch

einseitigen Weisung der senatorischen Behörde gegenüber den zugeordneten

Dienststellen gesehen. Im Jahr 2000 wurde erstmals in Bremen ein

Produktgruppenhaushalt verabschiedet, der dem Budget verbindliche Finanz-,

Personal- und Leistungsziele nach Art und Umfang zuordnet. Die Struktur des

Produktgruppenhaushalts sieht dabei vor, dass entweder ein Amt einer Produkt-

gruppe entspricht oder einem Amt mehrere Produktgruppen eindeutig zuzuordnen

sind.

Die Inhalte des Produktgruppenblatts, welches kontinuierlich weiterzuentwickelnde

Leistungsdaten enthält, sind Vorgaben für den Kontrakt. Kontraktpartner sind

Vertreter des senatorischen Bereichs und Vertreter der zu-geordneten Dienststelle.

Kontraktmanagement setzt zwischen diesen Partnern eine Verbindlichkeit und

Verlässlichkeit voraus. Gleichzeitig ist Flexibilität zur Umsteuerung und ggf. auch

zur Zielanpassung während des Kontraktzeitraums erforderlich.

Beide Kontraktpartner sind für die Einhaltung ihres Teils der Vereinbarung

verantwortlich. Trotzdem behält sich die senatorische Seite vor, bei völlig ver-

änderten Rahmenbedingungen eine Kontraktanpassung vorzunehmen. Zeichnet sich

eine Nichteinhaltung der vereinbarten Ziele seitens der Dienststellen ab (ersichtlich

im Controlling), sollten die Ursachen analysiert und Lösungswege entwickelt

werden.

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84

Haben Dienststellen Minderausgaben gegenüber den Budgetvorgaben zu ver-

zeichnen, kann für den nächsten Kontraktzeitraum eine Rücklage gebildet werden.

In der Freien Hansestadt Bremen hat man sich darauf verständigt, dass Kontrakte

einen Teil “Allgemeine Regularien“ und eine Vereinbarung von Finanz-, Personal-

und Leistungszielen umfasst.2 Dieser enthält zum einen die Rahmenbedingungen,

innerhalb derer sich die Dienststelle eigenverantwortlich bewegen kann. Zum

anderen sind hier die gemeinsamen Spielregeln für das Miteinander der Kontrakt-

partner aufgeführt. Die Vereinbarung von Leistungs-, Personal- und Finanzzielen

stellt das Kernstück des Kontrakts in der Freien Hansestadt Bremen dar und wird pro

Produktgruppe abgeschlossen. Aufgrund der Verschiedenartigkeit der Dienststellen

und Ressorts gibt es keine einheitliche Darstellungsform. Es wird in Bremen jedoch

empfohlen, innerhalb eines Ressorts einheitliche Standards für die Kontrakt-

gestaltung vorzugeben.3

Durch die verbindliche Absprache von Leistungs- und Ressourcenzielen soll dazu

beigetragen werden, die Wirksamkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit der öffen-

tlichen Leistungen zu verbessern. Es sollen Prioritäten gesetzt werden, indem man

gemeinsam Projekte festlegt. Die im Kontrakt festgehaltenen Ziele sind das Ergebnis

eines Diskussionsprozesses. Von der Amtsleitung werden sie im Rahmen der

festgelegten Spielregeln in eigener Regie umgesetzt. Es liegt dementsprechend in der

Verantwortung des Amts, die geeigneten Maßnahmen/Leistungen zu ergreifen.

Diese sind wirtschaftlich, im Rahmen des Budgets und in der notwendigen Menge

und Qualität, zu erbringen. Die senatorische Dienststelle hat im Wesentlichen dafür

zu sorgen, dass der vereinbarte Rahmen über die Kontraktlaufzeit sichergestellt ist.

2 Der Teil “Allgemeine Regularien“ ist in der Anlage Nr.1 zu finden. 3 Als Beispiel hierfür befindet sich in der Anlage Nr.2 das ressortinterne Regelwerk zum Kontrakt-

management vom Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales.

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85

5.1.2 Beispiel eines Fachbereichskontrakts aus St. Augustin

Im Folgenden wird ein Kontrakt aus der Stadt St. Augustin über die Gewährung von

Sozialhilfe als Beispiel für einen Fachbereichskontrakt vorgestellt (vgl. KGSt-

Bericht 3/2001, S. 59 ff.)

Zentraler Ansatz der Verwaltungsreform in der Stadt St. Augustin war die Bildung

von Organisationseinheiten (Fachbereichen). Diese sind mit dezentraler

! Fach-

! Personal-

! Organisations-

! und Finanzverantwortung

für die Erledigung ihrer Aufgaben ausgestattet.

Unter dem Dach der für den gesamten Neuorganisationsprozess definierten

Grundsatzziele (Verbesserung der Bürgerfreundlichkeit; Steigerung der Qualität der

Verwaltungsleistung; Verbesserung des Verhältnisses zwischen Rat und Verwaltung)

sollte durch die Einführung des Kontraktmanagements die Steuerung der

Fachbereiche durch den Verwaltungsvorstand (hier Dezernent) erfolgen.

An dieser Stelle wird auf die Anlage4 verwiesen, in welcher der Kontrakt “Ge-

währung von Sozialhilfe“, der zwischen dem Mitglied der Verwaltungsführung und

dem Leiter des Fachbereichs “Soziales und Wohnen“ vereinbart wird, einzusehen ist.

Die Inhalte des Kontrakts sollen nachfolgend erörtert werden:

Die allgemeinen Ziele im Kontrakt spiegeln die strategische Leitidee zum Umgang

mit der Sozialhilfe in St. Augustin wieder. Für den Fachbereich „Soziales und

Wohnen“ werden diese Ziele weiter konkretisiert.

4 Anlage Nr. 3

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Bezogen auf den Kontraktzeitraum werden u. a. zu erreichende Sollgrößen benannt.

Zudem werden im Kontrakt Gegebenheiten geregelt, welche nicht unmittelbar mit

der Sozialhilfe verbunden sind:

! Anpassung der Informationsmaterialien für Leistungssuchende

! Fortführung der begonnenen Konzeptentwicklung für koordinierte

Hilfeplanung

! Ausbau der Informationsstellen

In diesem Kontraktbeispiel wird verdeutlicht, dass der Fachbereich über das “Wie“

der Leistungserstellung entscheidet, weil diesbezüglich im Kontrakt keine expliziten

Richtlinien angegeben sind. Das “Was“ der Leistungserstellung ist hingegen genau

ersichtlich. Hierdurch vollzieht sich auch die Steuerung des Fachbereichs.

Durch vierteljährliche zu erstellende Berichte wird die Zielerreichung kontrolliert

und analysiert. Über das gewährte Budget kann der Fachbereich in Finanz- und

Personalverantwortung bestimmen. Eine Öffnungsklausel sichert beide Kontrakt-

partner gegen die im Kontrakt aufgeführten Eventualitäten ab.

Bei Differenzen zwischen den Kontraktpartnern tritt eine im Kontrakt verankerte

Konfliktregulierung in Kraft.

5.2 Die Erfahrungen der Stadt Tilburg mit Kontraktmanagement

Einmal über den eigenen Tellerrand zu blicken kann in vielen Situationen dazu

beitragen, eine umfangreichere und fundiertere Sichtweise zu erlangen.

Das Neue Steuerungsmodell hat seinen Ursprung in der Stadt Tilburg (vgl. Punkt

3.1.1). Deshalb werden an dieser Stelle die Erfahrungen unserer niederländischen

Nachbarn mit Kontraktmanagement dargestellt.

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87

Verglichen mit Deutschland erstrecken sich ihre Erfahrungen mit diesem Instrument

auf einen längeren Zeitraum. Dieser Umstand ermöglicht eine fundiertere

Beurteilung.

Einige Zyniker stellen die Behauptung auf, dass Kontraktmanagement in Verbindung

mit einer selbständigen Betriebsführung nichts anderes ist, als eine angemessene

Form der Haushaltsplanung innerhalb der Verwaltung (vgl. ter Bogt/van Helden

1996, S. 39). Andere sehen darin eine grundlegende Veränderung des Führungsstils.

In den Niederlanden, parallel zur deutschen Entwicklung, sind einige Probleme mit

der Messbarkeit von Leistungen (dem Output) aufgetreten, welche bekanntlich im

Kontrakt enthalten sind. Das Maß der Messbarkeit der Outputs (Grundlage für die

Bestimmung der Effizienz) kann in der Praxis variieren, und zwar abhängig von der

Art der erzeugten Produkte (vgl. ter Bogt/van Helden 1996, S. 47). Wie in Punkt

3.3.2 dargestellt wurde, trifft dies besonders auf die soziale Dienstleistungserstellung

zu.

Unabhängig hiervon haben die bisherigen Tilburger Erfahrungen viele positive

Wirkungen mit Kontraktmanagement in Zusammenhang gebracht. So werden z. B.

eine verstärkte Ergebnisorientierung innerhalb der Verwaltung, eine verstärkte

Kosten-Nutzen-Abwägung oder eine Mobilisierung des Engagements und der

individuellen Fähigkeiten von Mitarbeitern hier angeführt, weshalb gefolgert werden

kann, dass ein in angemessener Form gehandhabtes Kontraktmanagement ein

wertvolles Instrument zur Steuerung der Verwaltungsorganisation sein kann (vgl. ter

Bogt/van Helden 1996, S. 52).

Es wird davon ausgegangen, dass Kontraktmanagement eine höhere Effektivität und

Effizienz im Verwaltungshandeln bewirken kann, auch wenn das nicht eindeutig

bewiesen ist.

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88

5.3 Interview zum Thema Kontraktmanagement

Um die Betrachtungen zum Thema Kontraktmanagement abzurunden, wurde

abschließend ein Interview geführt. Es soll veranschaulichen, wie die Mitarbeiter

einer Sozialverwaltung mit dem Instrument Kontraktmanagement in der Praxis

umgehen. Die wichtigsten Aspekte werden an dieser Stelle dargestellt.5

Herr Ertmer hat sich freundlicherweise zur Teilnahme an diesem Interview

bereiterklärt. Er ist Bereichsleiter der Hilfen zur Erziehung in der Stadt Herten.

Die dortige Verwaltung wurde im Jahr 1993 nach den Vorstellungen des Neuen

Steuerungsmodells reformiert. Die Verwaltung teilt sich grob in vier Ebenen ein.

An oberster Stelle steht der Verwaltungsvorstand, dem vier Fachbereichsleiter

folgen. Ihnen sind die jeweiligen Bereichsleiter und zuletzt die Sachbearbeiter

nachgeordnet. Die jeweiligen Bereiche arbeiten mit eigener Fach- und Ressourcen-

verantwortung.

Die Hilfen zur Erziehung gehören in Herten zum Fachbereich 4.20. Die Einteilung

wurde vorgenommen, weil man der Meinung war, zu viele Ämter gehabt zu haben.

Die Dienstwege innerhalb der Verwaltung sind kürzer geworden. Man wollte sich

vom typischen Hierarchiedenken lösen, in welchem überspitzt formuliert „zehn

Leute gearbeitet haben, die von 100 Leuten geleitet wurden“ (Ertmer). Diese starre

Aufteilung in wenige Ebenen (Abflachung der Hierarchie) wird in Herten von den

Mitarbeitern überwiegend positiv bewertet.

Der Fachbereich 4.20 hat bereits einige Erfahrungen mit dem Neuen Steuerungs-

modell gesammelt, so auch mit dem Instrument Kontraktmanagement. Kontrakte

werden zwischen unterschiedlichen Ebenen innerhalb der Verwaltung geschlossen.

Es gibt sie zwischen dem Verwaltungsvorstand auf der einen Seite und der

Bereichsleitung sowie Fachbereichsleitung auf der anderen Seite sowie zwischen

Fachbereichsleitung und Bereichsleitung. Zudem wurde in Herten ein externer 5 Das komplette Interview ist in der Anlage Nr. 4 zu finden.

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89

Kontrakt (Vertrag) mit einer festen Verbindlichkeit geschlossen. Beteiligt waren

Verwaltungsvorstand, Fachbereichsleitung und Bereichsleitung. Sie haben mit den

ansässigen freien Trägern (Wohlfahrtsverbände) einen Rahmenvertrag geschlossen.

Aus dem Kontrakt kann man entnehmen, dass die freien Träger in einem bestimmten

Bereich tätig werden können. Des Weiteren beinhaltet der Kontrakt eine

Absichtserklärung, welche besagt, dass in Zukunft alle Leistungen des KJHG´s durch

freie Träger übernommen werden sollen. Die Sozialverwaltung übernimmt eine

steuernde Funktion.

Wie aufwändig die Erstellung eines Kontrakts ist, hängt von dem jeweiligen

Gegenstand des Kontrakts ab. In jedem Fall ist mit dem Kontraktmanagement ein

Lernprozess verbunden, der sich über einen längeren Zeitraum erstreckt.

Herr Ertmer erhofft sich durch die Einführung von Kontraktmanagement für seinen

Bereich mehr Sicherheit, weil er an eine Verbindlichkeit der geschlossenen

Kontrakte glaubt. Verbindlichkeiten sind nach seiner Meinung auch in der sozialen

Arbeit vorteilhaft. In seinem Bereich wird besonders Wert darauf gelegt, das

Vereinbarte zu erreichen. Herr Ertmer kann sich nicht vorstellen, dass die

übergeordnete Ebene ihrerseits nicht auch alles versucht, um ihre Verpflichtungen zu

erfüllen. Innerhalb der Verwaltung wird mit dem Kontraktmanagement ein auf

Gegenseitigkeit beruhendes Vertrauenselement betont.

Ein Bereich kann mit einem im Kontrakt festgelegtem Etat, für den dieser selbst

verantwortlich ist, kalkulieren. In Herten arbeitet man nicht mit Produktdefinitionen.

Folglich sind Produkte nicht grundlegend für eine Etatvergabe, dieser wird

sozialräumlich zur Verfügung gestellt (vgl. Punkt 3.3.1 und 4.8).

Kontrakte enthalten als Anreize aber auch Sanktionen, um effektives und effizientes

Arbeiten zu ermöglichen. Wenn ein Etat in einer Periode nicht vollkommen

verbraucht wird, darf der Bereich 4.20 als Anreiz vom verbliebenen Geld eine Quasi-

Rücklage bilden. Etwaige Verluste müssen als Sanktion durch die zukünftigen Etats

oder durch vorherige Gewinne ausgeglichen werden.

Mit der Einführung von Kontraktmanagement ist das Weisungsrecht der

übergeordneten Hierarchieebene oder des fachlichen Vorgesetzten in Herten nicht

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außer Kraft gesetzt. Aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen stellt Herr Ertmer fest,

dass sich innerhalb der Verwaltung ein partnerschaftlicher Umgang eingestellt hat.

Einzelanweisungen gehören der Vergangenheit an. Im Kontrakt sind Zeitpunkt und

Umfang einer Berichterstattung festgelegt. Den Vorgesetzten wird damit die

Möglichkeit genommen, jederzeit Berichte anzufordern. Somit verhindern Kontrakte

eine gewisse Willkür, die in einer Verwaltung oft anzutreffen ist. Dies ermöglicht

dem Mitarbeiter eine zielgenaue Auseinandersetzung mit seinem Arbeitsfeld und

zudem erleichtert es die Arbeit.

Nach Auffassung von Herrn Ertmer sind die Risiken von Kontraktmanagement darin

zu sehen, dass gerade im sozialen Bereich nicht alles kalkuliert werden kann. Durch

Kontraktausstiegsklauseln versucht man diesen Eventualitäten entgegenzuwirken.

Soziale Notlagen sind schwer steuerbar, wobei es wichtig ist, die sozialen Notlagen

nicht nur zu verwalten. Bei der Umsetzung dieses Vorhabens ist es hilfreich, sich auf

Kontrakte einzulassen.

Die vielfältigen Möglichkeiten einer intelligenten Handhabung des Instruments

Kontraktmanagement verdeutlicht der Bereichsleiter der Hilfen zur Erziehung an

einem konkreten Projekt mit den Namen „Kindertransfair“, auf das im Folgenden

näher eingegangen werden soll:

Dieses Projekt erhielt seine Legitimität durch einen Kontrakt. Kontraktpartner waren

der Pflegekinderdienst und der Bereich 4.20 einerseits, und der Kämmerer und der

Stadtrat der Stadt Herten andererseits. Ziel des Projekts war die Vermittlung von

sieben Heimkindern. Sie stammten aus Herten und wurden im Vorfeld bestimmt und

namentlich aufgeführt. Die Kinder waren mindestens acht Jahre alt und sowohl

rechtlich als auch sozial vom Elternhaus losgelöst. Für die Vermittlung hat man eine

Zeitspanne von zwei Jahren veranschlagt, für die Operationalisierung wurde ein

Sozialarbeiter befristet eingestellt. Im ersten Jahr wurden vier Kinder vermittelt.

Bei der Entwicklung des Projekts stand sowohl das Erreichen betriebswirtschaft-

licher Ergebnisse als auch eine am Kindeswohl orientierte Projektarbeit im Vorder-

grund.

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91

Man hat vorgerechnet, dass sich das Projekt finanziell selber trägt und man sogar

einen Gewinn erzielen kann. Dies soll anhand fiktiver Zahlen an dieser Stelle

verdeutlicht werden. Es wird angenommen das eine Heimunterbringung für ein Kind

100€ pro Tag kostet, wohingegen eine Unterbringung in einer Pflegefamilie nur 20€

pro Tag kostet. Wenn nach fünf Monaten dann das erste Kind vermittelt werden

sollte, spart man durch die Unterbringung jeden weiteren Tag 80€, immer gemessen

an dem Geld, dass man gezahlt hätte, wenn das Kind im Heim geblieben wäre.

Das Projekt war ein voller Erfolg. Man hat bewiesen, dass man kostengünstig

gearbeitet und sich auch noch selbst finanziert hat.

In den zwei Jahren konnten sogar neun Kinder vermittelt werden. Der neu

eingestellte Sozialarbeiter hat sich quasi selbst finanziert und zudem hat man einen

Gewinn von 50.000€ erzielen können.

Ein Inhalt des Kontrakts war, dass der Bereich Hilfen zur Erziehung 25% des

Gewinns bekommt. Hiervon wurde für alle Bezirkssozialarbeiter und alle Pflege-

dienstmitarbeiter eine Fortbildung über sozialraumbudgetiertes Arbeiten finanziert.

Die Erstellung dieses Kontrakts war sehr zeitintensiv. Während der Kontrakt-

anbahnung gab es eine lang andauernde Diskussion, in welcher kontroverse

Standpunkte aufeinander trafen. Das Projekt „Kindertransfair“ beinhaltete eine

Vorgehensweise, die man als ungewöhnlich für soziale Arbeit bezeichnen kann.

Man hat Kinder in Geld aufgerechnet und diese Tatsache bewerteten einige

Mitglieder der Sozialverwaltung als unmoralisch, sogar von Menschenhandel war die

Rede. Selbst die lokale Politik war anfangs sehr skeptisch und zurückhaltend. Von

Seiten der Projektbefürworter war Überzeugungsarbeit notwendig, in der klar

hervorzuheben war, dass es nicht um Moral oder Nicht-Moral geht. Viele der

Projektplaner können jahrelange erfolgreiche Arbeit im sozialen Bereich nachweisen.

Man wollte sich nicht vorwerfen lassen, plötzlich gegen Kinder zu sein, nur weil die

finanzielle Seite eine stärkere Gewichtung als zuvor einnimmt. Die Erstellung dieses

Kontrakts dauerte etwa 4 Monate, in denen diese Vorurteile abgebaut werden

mussten.

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92

Durch das Instrument Kontraktmanagement wird die soziale Arbeit mit einem für sie

vollkommen neuen Bereich konfrontiert. Für Herrn Ertmer ist es nachvollziehbar,

dass dieses Instrument nicht sofort und vorbehaltlos angenommen wird. Schließlich

werden Selbstverständnis und Berufsethos eines Sozialarbeiters tangiert.

Herr Ertmer ist der Überzeugung, dass es sich gelohnt hat, für diesen Kontrakt zu

kämpfen. Es gab einen Folgekontrakt und inzwischen ist der Sozialarbeiter fest

eingestellt. Zudem unterstreicht Herr Ertmer, dass nie das Wohl des Kindes außer

Acht gelassen wurde. Bis auf ein Kind sind alle Kinder noch heute in ihren

Pflegefamilien bundesweit untergebracht. Der Sozialarbeiter vermittelt zwar weiter-

hin Kinder, jedoch nicht mehr in einem solch hohen Tempo. Inzwischen wird das

Hauptaugenmerk auf die Betreuung der vermittelten Kinder gerichtet.

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6 Resümee

Der größte Teil sozialstaatlicher Leistungen wird auf kommunaler Ebene erbracht.

Die Sozialverwaltung muss mit dem Dilemma umgehen, dass sie den gestiegenen

sozialen Leistungsanforderungen mit eingegrenzten finanziellen Handlungsmöglich-

keiten begegnen muss. Durch die herkömmliche Organisation der Sozialverwaltung

konnte dieses Problem nicht adäquat aufgefangen werden. Das lange Zeit vor-

herrschende Selbstverständnis einer Förderung sozialer Leistungserbringung gehört

der Vergangenheit an. Die Effektivität und Bürgernähe der konkret erbrachten

Leistungen sind zu einem wesentlichen Legitimationsbestandteil für die Sozial-

verwaltung geworden. Defizite in Form und Inhalt der erbrachten Leistung und der

dafür eingesetzten Ressourcen werden in der Öffentlichkeit sehr kritisch

wahrgenommen. Für die Sozialverwaltung ist die Notwendigkeit der Modernisierung

unumgänglich (vgl. Punkt 3.1 und 3.3).

Das Neue Steuerungsmodell, mit seinen aus der Betriebswirtschaft kommenden

Gestaltungselementen, soll eine effiziente und bürgernahe Leistungsherstellung

unterstützen (vgl. Punkt 3.1.1 und 3.2). Soziale Arbeit kann sich einer intensiven

Auseinandersetzung mit den im Zuge des Neuen Steuerungsmodells hervor-

gebrachten Themen nicht entziehen. Um eine erweiterte Legitimitätsgrundlage zu

erlangen, darf eine Wirtschaftlichkeitsorientierung nicht gescheut werden.

Eine Adaption betriebswirtschaftlicher Instrumente darf jedoch nicht willkürlich

stattfinden, da die signifikanten Unterschiede der produzierten Güter/Dienst-

leistungen von Unternehmen und öffentlicher Verwaltung ihre Berücksichtigung

finden müssen (vgl. Punkt 2.1–2.5). Probleme, die bei der Übertragung von

ökonomischen Instrumenten in die soziale Arbeit entstehen, konnten in dieser Arbeit

aufgezeigt werden (vgl. 3.3.2). Es muss unter allen Umständen der Fehler vermieden

werden, dass ein ökonomisches Denken die Inhalte sozialer Arbeit definiert.

Vielmehr muss die Chance genutzt werden, soziale Arbeit als eine produktive

Leistung darzustellen, die zur Stabilisierung des gesellschaftlichen Systems beiträgt.

Die Orientierung an Effektivitäts- und Effizienzgesichtspunkten kann ihre

Ausgangslage im Kampf um knappe Ressourcen verbessern. Aufgrund dessen ist es

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94

im Bereich der sozialen Arbeit zu begrüßen, sich ausgewählter ökonomischer

Instrumente zu bedienen. Die zu Beginn gestellte Frage, ob eine solche Übertragung

empfehlenswert ist, wird somit bejaht.

Hauptziel dieser Arbeit ist es gewesen, die Leistungsfähigkeit von Kontrakt-

management als Instrument einer effizienzorientierten Herstellung sozialer

Dienstleistungen herauszustellen. Die damit verbundenen Chancen und Ge-

fährdungspotentiale wurden aufgezeigt. Zunächst war es erforderlich den

Schwerpunkt dieser Arbeit auf die Bedeutung, den Gegenstand und die Ziele von

Kontraktmanagement als neues Steuerungsinstrument (vgl. Punkt 4.1 ff.) in den

Zusammenhang mit der Funktionsweise des Neuen Steuerungsmodells zu setzen.

Es wurde gezeigt, dass eine Bündelung von Entscheidungskompetenzen und

Verantwortung (gemeinsame Fach- und Ressourcenverantwortung) mittels Kontrakt-

management wünschenswert ist und zu einer höheren Rationalität in der

Mittelverwertung führt. Den Fachbereichen wird durch Kontraktmanagement die

Chance gegeben, Handlungsspielräume ihrer Arbeit selbstbestimmt zu gestalten und

zwar bei gleichzeitiger Sicherstellung einer zentralen Steuerung. Ein sich einzu-

stellender partnerschaftlicher Umgang zwischen den Kontraktpartnern ist hierfür die

Voraussetzung (vgl. Punkt 4.3).

Durch eine Induktion des Wettbewerbsgedanken durch Kontraktmanagement soll es

ebenfalls zu Effizienzsteigerungen kommen. Wie gezeigt werden konnte, bestehen

erhebliche Zweifel daran, ob dies auf die Sozialverwaltung zutrifft (vgl. Punkt 4.9).

Es besteht die Gefahr, dass die Konkurrenz um ein Budget zum Kennzeichen für die

im Wohlfahrtssektor operierenden Träger und Einrichtungen wird, und dass wichtige

Partizipationsmöglichkeiten der Non-Profit-Organisationen im Bereich der sozialen

Dienste gemindert werden (vgl. Punkt 4.11). Eine effiziente Aufgabenerfüllung im

sozialen Bereich ist jedoch im hohen Maße von einem kooperativen Miteinander der

öffentlichen- und nicht-öffentlichen Träger abhängig.

Kontraktmanagement fördert eine intensive Auseinandersetzung mit den zu

erbringenden Leistungen (Output), um sie bürgernah, effektiv und effizient zu ge-

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stalten. Aufgrund der Besonderheiten der sozialen Leistungsherstellung kann jedoch

nicht alles im Voraus kalkuliert werden. Als eine konzeptionelle Alternative für die

im sozialen Bereich sehr kritisch zu betrachtende Produktdefinition wird der

Sozialraumbezug vorgestellt, in welchem der Sozialraum der Ausgangspunkt der

Steuerungsversuche im Kontraktmanagement ist (vgl. Punkt 4.8).

Vor dem Hintergrund der in der vorliegenden Arbeit aufgezeigten Zusammenhänge

ist die Einführung von Kontraktmanagement in der Sozialverwaltung zu be-

fürworten. Einerseits um eine effiziente Aufgabenerfüllung zu fördern und nach-

zuweisen, wodurch andererseits die Profession der sozialen Arbeit gestärkt wird.

Diese Erkenntnis unterstreicht auch das abschließend geführte Interview (vgl. Punkt

5.3). Es ist wichtig, dass die Praktiker der sozialen Arbeit die Einstellung erlangen,

dass es durchaus plausibel ist, sich bewährter Instrumente anderer Berufszweige zu

bedienen. Von essentieller Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die Mit-

arbeiter im Bereich der sozialen Arbeit (vgl. Punkt 4.10) das Instrument Kontrakt-

management für ihre Arbeitsbedingungen passend gestalten, um somit den gezeigten

Problemlagen zu begegnen. Der Effizienzgedanke darf unter keinen Umständen eine

effektive Aufgabenerfüllung beeinträchtigen.

Die Einführung von Kontraktmanagement ist mit einem Lern- und Entwicklungs-

prozess verbunden. Dieses Instrument kann nicht bereits zu Beginn optimal

umgesetzt werden, vieles muss sich nach und nach entwickeln. Wichtig ist, dass die

Erfahrungen mit dem Instrument kritisch reflektiert werden und frühzeitig in die

Weiterentwicklung des Kontraktmanagements einfließen.

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103

8 Anhang Anhang 1. Muster für Allgemeine Regularien. Senator für Finanzen, Freie

Hansestadt Bremen 2002.

Anhang 2. Ressortinternes Regelwerk zum Kontraktmanagement. Senator für

Finanzen, Freie Hansestadt Bremen 2002.

Anhang 3. Kontraktbeispiel Stadt St. Augustin (KGSt- Bericht 3/2001).

Anhang 4. Interview.

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104

Anhang 1. Muster für Allgemeine Regularien. (Senator für Finanzen, Freie Hansestadt Bremen, 2002 S. 40 ff.).

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Anhang 2. Ressortinternes Regelwerk zum Kontraktmanagement. (Senator für Finanzen, Freie Hansestadt Bremen, 2002 S. 69 ff.).

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Anhang 3. Kontraktbeispiel Stadt St. Augustin (KGSt- Bericht 3/2001, S 60 ff.).

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Anlage 4. Interview

Guten Tag Herr Ertmer. Zuerst einmal möchte ich mich herzlich dafür bedanken, dass ich mit Ihnen dieses Interview führen darf. Würden Sie bitte kurz ihren Arbeitsbereich

vorstellen?

Ich bin der Bereichsleiter des Bereichs Hilfe zur Erziehung. Dieser Bereich ist im

KJHG ursächlich nicht vorgesehen. Das KJHG spricht immer noch vom Jugendamt.

Sie arbeiten anhand der im KJHG stehenden Paragraphen 27 ff.?

Das sind die Hilfen, die wir verordnen. Das KJHG sieht aber das Jugendamt als

Erfüller der Hilfen. Wie früher das alte Jugendwohlfahrtsgesetz in Verbindung mit

dem Jugendhilfeausschuss ist das Jugendamt gemeinsam der Erfüller des KJHG`s.

Wir haben in Herten seid 1993 eine sogenannte Verwaltungsreform. Wir haben die

Neue Steuerung eingeführt. Wir haben uns also an den Holländern orientiert

(Tilburg). Wir haben Fachbereiche gegründet. Zunächst sehr viele, dann haben wir

gemerkt, dass das nicht gut ist, dann haben wir die Fachbereiche reduziert. Jetzt

haben wir nur noch vier. Einer der Fachbereiche ist der Fachbereich 4. Das ist der

Fachbereich für Schule und Jugend. Da ist zusammengeführt, was woanders das

Schulverwaltungsamt ist. Weil wir eine kreisangehörige Stadt sind, haben wir nur

das Schulverwaltungsamt und das Schulamt, d.h. wir sind für die sächlichen Dinge

der Schule zuständig und dazu kommt das Jugendamt. Wir haben das wiederum in 3

Bereiche unterteilt. Der Bereich 4.30 ist Schule und Kindergarten, der Bereich 4.10

ist Schule und Kindergarten, 4.20 ist Jugendförderung. In diesen Bereich gehört das,

was man woanders als Jugendpflege kennt, als pädagogischer Jugendschutz, als

Jugendberufshilfe, Jugendarbeit. Also alles, was nicht Paragraph 27 ff ist. Dann

haben wir uns den Bereich Hilfe zur Erziehung mit der Bezirkssozialarbeit, die die

Hilfe nach 27 ff macht, mit dem Pflegekinderdienst (vermittelt Pflegekinder), mit der

gesetzlichen Vertretung, mit der Jugendgerichtshilfe und mit der Betreuungsstelle,

geteilt. Es gibt auch Städte, da ist die Betreuungsstelle beim Gesundheitsamt. Es gibt

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Städte, da ist sie beim Sozialamt. Das ist denkbar. Es geht da nicht um Kinder und

Jugendliche, sondern nur um die Betreuung von Erwachsenen.

Und warum haben Sie in Herten die Fachbereiche gegründet?

Weil wir damals der Meinung waren, zu viele Ämter gehabt zu haben. Wir haben

also eine typische Verwaltung gehabt. Diese Aufteilung in Fachbereiche beinhaltet

das Neue Steuerungsmodell.

Wir wollten von der typischen Hierarchie wegkommen. An oberster Stelle steht der

Bürgermeister, darunter der Verwaltungsvorstand, darunter die Dezernenten, dann

die Amtsleiter. Darunter hatten wir dann noch die stellvertretenden Amtsleiter, die

Abteilungsleiter und auch noch Gruppenkoordinatoren gehabt. Letztendlich haben

dann unten 10 Leute gearbeitet, die von 100 Leuten geleitet wurden. Der

Bürgermeister würde das etwas anders ausdrücken.

Wir haben gesagt, dass wir stolz darauf sind, dass wir die wenigsten Ebenen haben.

Sachbearbeiter, Bereichsleiter, Fachbereichsleiter, Verwaltungsvorstand. Da sind der

Verwaltungsvorstand, weitere 4 Fachbereichsleiter (1,2,3,4) und ich glaube so

ungefähr 15 Bereichsleiter.

Einer dieser Bereichsleiter sind also Sie!?

Ich bin einer von denen. Der Rest ist arbeitende Bevölkerung. Aber wir sind ja in der

Verwaltung. Jetzt schaffen sich einige schon wieder Zwischenebenen und nennen

sich Koordinatoren. Aber ursprünglich ist es so, dass auf dieser Bereichsleiterebene

die Dienst- und Fachaufsicht angesiedelt ist, die früher der Amtsleiter hatte. Die

Außenvertretung für das Jugendamt gegenüber dem Landesjugendamt, gegenüber

dem Ministerium, die hat allerdings die Fachbereichsleitung. Ich bin ja nur ein Teil

des Jugendamts. Und der Verwaltungsvorstand hat sich diese Fachbereiche auch

aufgeteilt. Ein Mitglied im Verwaltungsvorstand ist für einen Fachbereich zuständig.

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Man wollte damit kürzere Dienstwege innerhalb der Verwaltung erreichen?

Ja, sie sind kürzer. Ich halte sie für sinnvoll und richtig, aber es gibt auch andere

Meinungen.

Ich würde den Namen Jugendamt nicht mehr wegnehmen, weil wir immer erklären

müssen, dass wir das Jugendamt sind. Ich glaube, das ist einfach ein Name, der in

allen Köpfen drin ist. Wenn irgendwo in Bayern einem Kind was passiert, dann

schreien doch alle nach dem Jugendamt. Alle sagen, das Jugendamt muss her, auch

wenn das in Bayern nie so geheißen hat. Das ist so. So stellt sich die Situation dar.

Wir, der Fachbereich 4, halten sehr sklavisch an der eben beschriebenen Einteilung

fest. Das gefällt den Mitarbeitern nicht, die gerne auf diese Koordinatorenebene

möchten. Ich kann das verstehen. Also, wir haben 11 Bezirkssozialarbeiter, 4 im

Pflegekinderdienst. Wir haben 5 in der gesetzlichen Vertretung und da sind so große

Einheiten, das ich schon wieder Distanz dazu kriege. Da sind dann jeweils Leute, die

sagen: „Ich bin doch sowieso immer wieder Dein Ansprechpartner, dann gib mir

doch auch ne Mütze mit einem roten Schirm - Gib mir die Chance eine Stufe höher

zu kommen, gib mir die Chance auch Verantwortung mit zu übernehmen und auch

etwas sagen zu können.“ Das ist verständlich, aber es würde wieder dieses Prinzip

aushebeln. Ich denke, ich werde da irgendwann auch nachgeben und versuchen das

durchzusetzen, weil ich das verstehen kann und das auch immer die Aktivsten sind,

die das fordern. Das sind keine, die nur Karriere machen wollen, sondern das sind

die, die aktiv sind. Die, die Verantwortung übernehmen.

Auf welchen Ebenen findet bei Ihnen Kontraktmanagement statt?

Einmal zwischen Bereichsleitung und Fachbereichsleiter als eine Einheit und dem

Verwaltungsvorstand als die andere Einheit.

Zudem werden Kontrakte zwischen der Bereichsleitung und der Fachbereichsleitung

geschlossen, oder aber, das ist die unterste Ebene, zwischen Sozialarbeiter und

Bereichsleiter. Das habe ich noch nicht gemacht, aber es wäre ja auch möglich.

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Ich habe Ihnen als Muster zwei Kontrakte mitgebracht.

Der eine wurde zwischen der Bereichsleitung (in diesem Fall bin ich das) und der

Fachbereichsleitung geschlossen. Der ist für mich am wichtigsten.

Dann habe ich noch einen weiteren Kontrakt mitgebracht, den ich aber eher Vertrag

nennen würde. Der betraf uns alle, den Bereichsleiter, den Fachbereichsleiter und

den VV (Verwaltungsvorstand). Wir haben mit den freien Träger auf der anderen

Seite einen Vertrag gemacht, und zwar darüber, dass die freien Träger eine

bestimmte Arbeit generell übernehmen.

Also eine Art Rahmenvertrag?

Ja, genau.

Also wird noch nicht speziell festgelegt, wer was machen darf. Es wird allgemein vereinbart, dass die freien Träger in einem Bereich tätig werden können?

JA.

Was war das Motiv (erhoffte Vorteile) für die Stadt Herten, Kontraktmanagement einzuführen?

Das ist natürlich unterschiedlich, aber es handelt sich immer darum, dass ich, der

Bereichsleiter Herr Ertmer, durch Kontrakte Sicherheit haben will. Würde ich das

locker sagen, hieße das, dass ich denen allen nicht trauen würde und ich alles

schriftlich haben will. So meine ich das aber nicht. Ich erkläre Ihnen das an einem

Beispiel.

Gerne!

Der Kontrakt zwischen dem Verwaltungsvorstand und der Fachbereichsleitung

/Bereichsleitung geht über sozialraumbudgetiertes Arbeiten. Man lernt immer dazu

und somit entwickelt sich dieser Kontrakt weiter.

Dieser Kontrakt besagt, dass ich sozialraumbudgetiertes Arbeiten mache, ich führe

das durch, ich beteilige die Träger mittels Kontrakt und wir bekommen dafür Geld.

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Dieser Kontrakt beinhaltet, was ich zu leisten habe. 5 Jahre habe ich das zu tun

(Vertrag und Kontrakt 2002-2006). Dieser Kontrakt sagt mir: Du machst den Job, Du

kriegst dafür folgendes Geld, Du kriegst dafür folgende Lohnsteigerungs-

ersatzsummen pro Jahr dazu und um soviel Prozent steigt Dein Etat. Dann kommt

aber hinzu: Wenn entsprechendes passiert, zwei Punkte in dieser Stadt, dann kriegst

Du mehr Geld. Wenn das Gegenteil passiert, rückst Du Geld raus. Wenn Du

Gewinne machst, kriegst Du sie ein Jahr später ausgezahlt.

Sozusagen als Rücklage?

Ja! Wenn man Verluste macht, braucht man sie auch erst ein Jahr später zu bezahlen.

Verluste müssen durch ihren Bereich selber getragen werden?

Jetzt fragen Sie mich nicht, ob ich die persönlich tragen muss. So weit sind wir noch

nicht. Ich habe in diesem Jahr 180tausend minus gemacht und im vorigen Jahr

150tausend plus. D.h. eigentlich habe ich 30tausend minus Defizit.

Ihr ganzer Bereich hat also in zwei Jahren 30tausend minus gehabt?

Ja.

Ja, die 150tausend vom vorigen Jahr hätten sie mir eigentlich geben müssen. Die

hatten sie nicht. Da haben sie vorgeschlagen, den Kontrakt so zu machen, dass das

ein Jahr später ausgezahlt wird. Am 1.1.2004 kriege ich den Gewinn vom 31.12.2002

und am 1.1.2005 kriege ich eine Lastschrift über den Verlust am 31.12.2003.

Immer ein Jahr Zeitverzögerung. Wenn ich jetzt clever wäre, würde ich die

150tausend plus nehmen und auf die Bank legen, aber das Geld bekommen wir ja

nicht. Diese Stadt ist doch pleite.

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Wir müssen versuchen, in diesem Jahr weitere 30tausend zu sparen, habe aber die

150tausend Mark mehr als Quasiguthaben, damit ich im nächsten Jahr ausgleichen

kann.

Aber Kontrakte geben eine Sicherheit. Sie nehmen die Willkür, über die die

Verwaltung oft verfügt.

Sie arbeiten in einer Fachverantwortung. Jetzt haben sie zusätzlich auch noch die Ressourcenverantwortung bekommen?

Die habe ich ja sowieso gehabt.

Auch schon vor dem Neuen Steuerungsmodell?

Nein, davor nicht. Erst seit dem Neuen Steuerungsmodell. Jetzt geht es mir eigentlich

besser. Ich kann immer sagen: „Her mit dem Geld.“ Der Kämmerer wird sagen: „Die

150tausend können Sie jetzt nicht kriegen. Die Stadt ist pleite. Was bilden Sie sich

ein.“ Dann werde ich sagen: „Wenn ich die nicht kriege, dann zerreißen Sie das

Ganze! Dann habe ich kein Budget mehr, dann habe ich auch keine Verantwortung

mehr.“

An dieser Stelle sprechen Sie die Verbindlichkeit von Kontrakten an?

Ja, ich glaube an diese Verbindlichkeit. Es gibt hier Leute, die glauben nicht daran,

aber ich traue dem Kämmerer, aber vor allem dem Stadtrat und dem Bürgermeister,

den ich ganz gut kenne. Außerdem tue ich viel dafür, dass mein Teil geleistet wird.

Dann erwartet man das von der anderen Seite auch? Als Vertrauensbasis?

Ja. Ich renne 1 Jahr hinter den Sozialarbeitern her, ich gucke kritisch auf jede teure

Heimunterkunft. Ich versuche, Heimunterbringungen zu reduzieren. Wir versuchen,

uns Alternativen auszudenken. Wir machen die beklopptesten Geschichten. Da

halten wir manchmal die Luft an, weil wir denken, dass es makaber ist, was wir

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machen. Aber wir versuchen alles, da wir sehen, dass es dieser Stadt nicht gut geht.

Wir versuchen nicht mehr so zu arbeiten, was uns früher den Vorwurf einbrachte:

“Ein Sozialarbeiter guckt nicht aufs Geld.“ Das nicht zuletzt auch auf Grund des

Kontrakts, da wir uns gebunden haben.

Das ist doch auch eine große Vertrauensbasis der übergeordneten Ebene, sie mit Ressourcenverantwortung auszustatten?

Ja. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die übergeordnete Ebene nicht auch alles

unternimmt, um den Kontrakt zu erfüllen.

Es gibt bei uns auch Leute, die sagen, dass ist alles nur Papier. Das sehe ich eben

anders. Natürlich ist das nur Papier, aber ich sehe das auch so, dass es einen

verbindlichen Charakter hat, zumindest für die, die mit unterschrieben haben. Wir

haben Politik einbezogen. Ich denke, das macht auch immer eine höhere

Verbindlichkeit aus, wenn Politiker mit einbezogen sind.

Wären die Kontrakte im Ernstfall einklagbar?

Nein.

Ich versuche die Kontrakte so zu händeln, dass sie für den Bereich Hilfe zur

Erziehung vorteilhaft sind. Ich halte sie für etwas, das verhindert, dass der eine den

anderen übers Ohr haut. Ich glaube, dass es gut ist, wenn man in sozialen Bereichen

Verbindlichkeiten einsetzt.

Also, ich habe Ihnen ja einen Kontrakt mitgebracht. Kontraktpartner sind der

Pflegekinderdienst und ich einerseits, und der Kämmerer und der Stadtrat

andererseits. Das war der beste Kontrakt, den ich je gemacht habe. Wir haben uns

darauf geeinigt ein Transfair Kinderprojekt zu machen. Transfair Kinderprojekt hieß

das.

Was kann ich mir darunter vorstellen?

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Wir haben gesagt (Pflegekinderdienst und ich), wir vermitteln 7 Kinder.

Kinder, die 8 bzw. älter sind, und die alle eine rechtliche und soziale Loslösung vom

Elternhaus haben. Das sind Fälle, wo die Eltern gesagt haben, dass sie das Kind nicht

mehr wollen, oder wo das Gericht gesagt hat, das Kind darf nicht mehr nach Hause

aufgrund von Misshandlung oder Missbrauch.

Das geschieht dann durch den §1666 BGB?

Ja, oder 1666a, der uns die Herausnahmen genehmigt (BGB). Entweder das BGB

oder Eltern, die gesagt haben, dass sie nicht mehr wollen. Das ist immer so die eine

Hälfte, und die andere Hälfte sind die sozialen Loslösungen. D. h. die Kinder leben

in Heimen. Das ist der andere Punkt. Wir haben gesagt, diese sieben Kinder über 8

Jahre vermitteln wir in zwei Jahren. Dafür wollen wir einen Sozialarbeiter haben.

Wir haben gesagt: Nach 5 Monaten vermittelt er das erste Kind, dann nach 7

Monaten, 9 Monaten, 12 Monaten usw.; 3 Kinder bis zum ersten Jahr und die

weiteren 4 im zweiten Jahr.

Und die Kinder wurden willkürlich ausgesucht?

Die waren aus Herten. Die waren namentlich aufgeführt. Wir haben uns auf

bestimmte Kinder festgelegt.

Ich denke mal, das Kinder im Alter von 8 Jahren und älter schwieriger zu vermitteln

sind?

Ja, es ist schwieriger als zum Beispiel mit 3jährigen. Aber die saßen im Heim und

wir konnten sie nicht vermitteln, weil wir nur 1 1/2 Kräfte hatten. Es waren nur 1 ½

Kräfte, die gesagt haben, sie seien hilflos, sie könnten das nicht. So, und dann haben

wir jemanden eingestellt. Wir haben angefangen Tabellen zu machen. Verdeutlichen

wir das anhand von ausgedachten Zahlen.

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Wir haben vorgerechnet, dass ein Kind 100 Euro im Heim pro Tag kostet. Ungefähr

20 Euro kostete zu dem Zeitpunkt ein Kind in der Pflegefamilie. Nehmen wir mal an,

wir vermitteln nach 5 Monaten das erste Kind, dann kostet das 5 Monate lang 500

Euro und die restlichen Monate in diesem Jahr kostet es nur 20 Euro pro Tag. D.h.

ich spare 80 Euro pro Tag für jedes vermittelte Kind. Immer gemessen an dem Geld,

was ich gezahlt hätte, wenn das Kind im Heim geblieben wäre. Dort wären sie

geblieben, wenn man uns keinen Sozialarbeiter gegeben hätte. Sie haben uns den

Sozialarbeiter gegeben, der hat sich finanziert, wir haben 50000 Euro plus gemacht.

Durch diese eine Stelle?

Ja, durch diese Stelle. Wir haben das nachgewiesen. Wir haben 9 Kinder vermittelt in

diesen zwei Jahren und alle Kinder blieben bis zum Ende der zwei Jahre, nur ein

Kind scheiterte. Aber wenigstens haben sie zwei Jahre erreicht; um das eine tat es

uns sehr leid. Aber was wir erreicht haben, haben wir vorgerechnet: man kann mit

dieser Arbeit Geld machen. Ein Inhalt des Kontrakts war, dass wir 25 Prozent der

Gewinne bekommen. Wir, der Pflegekinderdienst und ich haben davon allen

Bezirkssozialarbeitern und allen Pflegekinderdienstmitarbeitern eine Fortbildung

über sozialraumbudgetiertes Arbeiten für 15000 Euro finanziert. Und das war der

beste Kontrakt den ich je gemacht habe.

Wann war das?

Das ist 4 Jahre her.

Gab es einen Folgekontrakt?

Ja, haben wir bekommen. Die Mitarbeiterin ist fest eingestellt. Wir haben zwei

Kontrakte gemacht. Erst für 2 Jahre und dann noch für ein weiteres Jahr. Nach den 3

Jahren haben wir gesagt, dass sie jetzt mittlerweile 11 Kinder vermittelt und damit

bewiesen hat, dass sie kostengünstig gearbeitet und sich selber auch noch finanziert

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hat. Aber jetzt muss sie dafür sorgen, dass diese 11 Kinder und ein paar andere

Kinder, die sie übernimmt, auch weiter ordentlich betreut werden. Das kann nicht

mehr in dem gleichen Tempo so weiter gehen. Sie wird weiter Kinder vermitteln,

aber sie wird auch diese betreuen müssen. Sie hat ja mit null Betreuung angefangen.

Sie hat sich nur um Vermittlung kümmern können.

Und die11 Kinder sind bis jetzt auch noch in den Pflegefamilien?

Bis auf dieses eine Kind, sind alle Kinder noch in Pflegefamilien. Sie sind

bundesweit untergebracht mit einer gigantischen Pressekampagne. Der Kontrakt hat

gesagt, wir bekommen Geld, und die Stadt hat auch noch Geld gespart. Und jetzt

geben wir unser Projekt weiter. Wir haben das verschriftlicht, und da steht drin wie

das Projekt läuft.

Ja, ist wirklich interessant.

Wie aufwendig ist die Erstellung eines Kontrakts, wie lange dauert das?

Also, das ist sehr unterschiedlich. Der Kontrakt zwischen dem Verwaltungsvorstand

und mir, also der Fachbereichsleitung und mir, der war sehr einfach. Den habe ich

aus dem Internet rausgeholt. Da habe ich Kontraktmanagement gesucht und da habe

ich mir einen rausgesucht. Ich habe da dann unsere Formen reingeschrieben. Und

dann hat einer vom Verwaltungsvorstand noch mal Änderung reingesetzt, und die

habe ich dann auch gerne akzeptiert. Also, das war relativ einfach. Der Kontrakt zum

Transfair Kinderprojekt beinhaltete viel mehr. Das ist das besondere an Kontrakten.

Also, wenn es in einem Kontrakt darum geht, dass man Geld gegen Leistung setzt,

und wo die Leistung sowieso schon vorhanden ist und das Geld vorhanden ist, dann

ist das, glaube ich, einfach. Aber bei dem Transfair Kinderprojekt, da haben wir für

Sozialarbeiter etwas ungewöhnliches getan. Wir haben Kinder in Geld ausgerechnet.

Wir mussten aber erst mal damit umgehen, dass man uns das moralisch vorwirft.

Selbst die Politik verteufelte zum Teil, was wir taten. Es ist ja unmoralisch.

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Aber es hatte ja einen großen Erfolg.

Aber erst mal war es unmoralisch. Dann musste man eine zeitlang daran arbeiten,

dass die Leute sagen, dass es nicht um Moral oder Nicht-Moral ging, sondern dass

wir die Arbeit tun wollten, dass wir gesagt haben: „glaubt uns wir machen diesen Job

seit 20 Jahren und wir machen ihn gut. Aber wir können ihn nur tun, wenn wir die

Kraft kriegen. Und wenn wir, um die Kraft zu kriegen, einen Kontrakt mit dem

Verwaltungsvorstand machen, dann machen wir den Kontrakt, weil wir überzeugt

sind, dass wir es können.“ Dann haben wir gesagt, dass sie dieses schwarz-weiß

Denken lassen sollen. Wir sind nicht plötzlich gegen Kinder, nur weil wir für Geld

sind. Dieser Kontrakt hat etwas länger gedauert. Die Erstellung des Kontrakts

dauerte ca. 3-4 Monate. Während der andere mit dem Verwaltungsvorstand eher

einfach war. Da musste man keine Vorurteile abbauen. Wissen Sie, wenn man

Vorurteile abbauen muss, dann ist das schwieriger so einen Kontrakt durchzusetzen,

vor allem wenn von Menschenhandel gesprochen wird.

Das ist ja gerade auch im sozialen Bereich so, dass irgendwelche Kennziffern festgemacht werden. Es geht dann nicht mehr um Menschen sondern um Kennziffern,

um Zielerreichungsgrade.

Ich würde sagen, dass so etwas einfach länger dauert, wenn soziale Arbeit mit einem

für sie vollkommen neuen Bereich konfrontiert wird.

Also, wenn jemand Trennungs- und Scheidungsberatung macht, dann kann der

Sozialarbeiter diese 5 Jahre machen, weil er meint es ist wichtig für diese Familie. Es

gibt Städte, die sagen, dass man für eine Trennungs- und Scheidungsberatung vier

Gespräche Zeit hat. Danach ist Schluss. Dann sind sie entweder versöhnt oder sie

gehen zu einem Anwalt oder sie kaufen sich einen Mediator ein. Aber nicht die

Stadt mit ihrer unentgeltlichen Leistung für Beratung muss dafür herhalten. Dann

haben wir gesagt: „lasst uns in diesem Bereich auch mal einen Kontrakt machen.“ Da

denken wir mal drüber nach. So etwas wird dauern, weil man an das

Selbstverständnis jedes einzelnen Sozialarbeiters geht. Ich bin der, der beurteilen

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darf, ob die Trennungs- und Scheidungsberatung noch 5 Monate braucht. Plötzlich

kommt jemand und will das in einem Kontrakt regeln, Zeitanteile für Trennungs- und

Scheidungsberatung für Menschen! Ich denke, dass man über so etwas nachdenken

kann, und dass auch manchmal in so ein Kontraktmanagement reinbringen muss,

dass es auch eine unserer Verpflichtungen ist als Jugendamt, uns möglichst schnell

von den Bürgern zu trennen. Wenn wir sie schnell wieder loslassen würden, würden

sie so vielleicht auch wieder alleine laufen lernen. Wenn wir sie so lange festhalten,

dass sie gar nicht mehr alleine laufen können, dann müssen wir ihnen wieder

Gehhilfen besorgen, dass sie wieder alleine laufen lernen.

Das klingt nachvollziehbar.

Boshaft könnte man sagen, dass ich sie bis nach unten bringe, um sie dann in aller

Ruhe wieder aufzubauen.

Ich finde es schwierig, wenn ich in solche Bereiche gehen muss, wo ich auf das

Selbstverständnis des Sozialarbeiters, Berufsethos, Berufsehre stoße. Besonders

schwer wird es, wenn es um die komplette Leistung dieses Bereichs geht.

Ist mit dem Kontraktmanagement, welches ein Verhandlungselement der unterschiedlichen Hierarchieebenen innerhalb der Verwaltung anstrebt, das

Weisungsrecht der obergeordneten Hierarchieebene oder des fachlichen Vorgesetzten, außer Kraft gesetzt?

Nein, die wird nicht aufgehoben. Was man sagen kann ist, dass man in dieser

Verwaltung, was ich bisher erlebt habe, Partner wird.

Also partnerschaftlich?

Ja, aber der Boss bleibt der Boss. Das bleibt so, und das ist auch wichtig.

Es gibt keine Einzelanweisungen mehr?

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Nein, sondern es richtet sich nach dem Kontrakt, der auch nur in dem Rahmen

controlled wird, in dem man das vereinbart hat. Wie im Kontrakt festgehalten ist, hat

alle viertel Jahre ein Bericht zu erfolgen. Auf der hierarchischen Ebene kann es doch

auch so sein, dass ein Vorgesetzter willkürlich sagt: „Morgen brauche ich meinen

Bericht wie viele Heimkinder wir haben. Übermorgen wie viel Geld im

Kinderpflegedienst ausgegeben wurde. Beim Transfairprojekt musste man nur alle 6

Monate einen Bericht abgeben. Das war unsere Pflicht, da das vereinbart war.

Das war auch im Kontrakt festgehalten?

Genau, daran wurde sich gehalten. Das reduziert auch eine Willkür von oben.

Und erleichtert auch die Arbeit?

Es ist verbindlicher. Ihre nächste Frage bezieht sich ebenfalls darauf .

Welche Verbindlichkeit haben bei Ihnen Kontrakte innerhalb der Verwaltung und Kontrakte mit nicht öffentlichen Trägern?

Der öffentliche Träger und der Trägerverbund haben zusammen natürlich bei mir

noch einen Kooperationsvertrag gemacht.

Ihre Frage war, wie verbindlich die Kontrakte sind. Wir haben sie mit Juristen der

Caritas und der Diakonie und einem Juristen von uns gemacht. Es war uns schon

wichtig, da wir alle Sozialarbeiter sind, die da arbeiten und es sich hierbei um ein

Vertragswerk handelt. Ich glaube, wir hätten diesen Vertrag wesentlich lockerer

gestaltet, nach dem Motto: wir mögen uns, wir verstehen uns seit 10 Jahren, warum

sollen wir einen richtigen Vertrag machen? Lasst uns eine Seite schreiben. Die

Juristen haben aber gesagt, wenn morgen der Herr Ertmer vom Baum Feld, die C.

Müller gegen einen Baum fährt und der dritte einen Herzinfarkt kriegt, dann werden

drei andere Menschen an diese Stelle gesetzt. Vielleicht stellen die Träger drei neue

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Leute ein, die sich gar nicht kennen. Dann geht es nicht mehr darum, dass diese sich

kennen, schätzen und mögen, sondern dann braucht man ein Werk, welches alle

Eventualitäten ausschließt oder einschließt und alles regelt. Dieses Werk ist zu 100%

verbindlich.

Sind dafür feste Finanzrahmen bestimmt?

Alles. Da steht gegen den Willen des Kämmerers das Geld drin. Er wollte das nicht.

Er wollte das lockerer haben. Da steht, welche Gruppen über welche Entscheidungen

verfügen, dass es eine Steuergruppe, eine Projektlenkungsgruppe, eine

Koordinationsplanungs- und Lenkungsgruppe gibt, und dass es einen Stadtteil- und

einen Megastadtteildienst gibt. Da steht drin, dass wir uns aufgrund des KJHG und

unserer Satzungen bewegen, dass wir einen Kooperationsvertrag haben, dass wir

einen Kontrakt haben, dass sie, die nicht öffentlichen Träger, die Hilfe von 27- 32

machen, und dass wir die stationären Hilfen weiter machen. Es steht ebenfalls drin,

dass wir beabsichtigen, dass sie irgendwann die 33-41f auch noch bekommen, aber

dass dies eine beidseitige Absichtserklärung ist, und dass wir uns jetzt auf die

ambulanten Hilfen beschränken, dass davon ausgenommen folgende Hilfen der

17,18, 19,20, 21 sind, und dass wir die rausnehmen und selber finanzieren.

In Zukunft ist geplant, dass alle Leistungen durch freie Träger übernommen werden.

Hat das Jugendamt dann eine steuernde Funktion?

Ja, Case-Management. Jeder Fall, der kommt, landet bei uns.

Wir sind diejenigen, die sich den Fall ansehen, um ihn dann relativ zügig an den

Trägerverbund weiter zu geben.

Der sich dann netzwerkartig zu gestalten hat?

Ja, der aber mit uns zusammen stadtteilmäßig organisiert ist. In dem Stadtteilteam

sitzen der Trägerverbund und wir zu gleichen Anteilen und dann versucht man in

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seinem Stadtteil, das ist ja das besondere daran, Hilfen zu finden, die

lebensumfeldorientiert, stadtteilorientiert, niederschwellig, nachhaltig sind. Das ist

das, was wir versuchen. Das alles ist im Kontrakt dezidiert festgehalten. Es gab

Leute, die gesagt haben, dass er weggeschmissen werden soll, weil er viel zu

dezidiert ist. Wir haben das von vielen anderen Städten, die das auch machen,

übernommen und ihn auf unsere Verhältnisse zugeschnitten. Wir finden ihn

mittlerweile ganz gut. Er holpert zwar noch immer, und wir müssen lernen, dass wir

immer Dinge umbauen werden. Aber das ist ja üblich.

Das ist also ein Prozess?

Letztlich sind das Bedingungen, wie ein Kontrakt aufgebaut werden soll.

Ich mache diese Verhandlungen über Entgelder mit den öffentlichen Trägern (§§ 78).

Wir haben drei örtliche Träger. Ich ziehe das Landesjugendamt als Berater heran. 2

Jahre, vom 31.12.01 bis zum 30.06.03, hatten wir eine rahmenvertragslose Zeit in

NRW.

Kontraktmanagement heißt, dass man sich umhört, was die anderen Städte machen.

Welche Anreizstrukturen und Sanktionierungsmöglichkeiten sind im Kontrakt

eingebaut?

Das beste Beispiel dafür ist das Transfair Kinderprojekt. Also,

Sanktionierungsmöglichkeiten bei diesem Projekt wären z. B. gewesen, dass wir die

Stelle nicht weiter bewilligt bekommen hätten, wenn wir die Vorgaben nicht

eingehalten, die Kinder nicht vermittelt hätten. Wir haben natürlich versucht, sie

möglichst schnell und nachhaltig zu vermitteln. Über die Nachhaltigkeit der

Vermittlung haben wir auch Bericht erstattet, da uns das selber sehr wichtig war.

Was meinen Sie genau mit Nachhaltigkeit?

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Mit Nachhaltigkeit meine ich, dass die Kinder immer noch in ihren Familien sind

und noch nicht gescheitert sind. Zielvorgabe war bei uns die Vermittlung der Kinder

und ihr Verbleib in der Pflegefamilie. Sonst könnte man ja soviel wie möglich

vermitteln und sich für den Verbleib danach nicht interessieren. Dauerhaftigkeit wäre

hier vielleicht das bessere Wort.

Als Anreiz haben wir Geld bekommen und als Sanktionierung keine weitere

Beschäftigung der Mitarbeiter.

Als Anreiz haben Sie Geld bekommen?

Wir haben Geld bekommen, wenn wir gut gearbeitet haben. Geld für die Fortbildung

und Geld für die Mitarbeiter. Geld gegen Leistung!

Aber ist das nicht auch ungewöhnlich in Zeiten knapper Kassen?

Nein, die Stadt hat ja gespart. Eigentlich ist das typisch für knappe Kassen. Nur bei

knappen Kassen spart man. Als wir vor 20 Jahren noch Geld hatten, hätten wir so

lange geschrieen, dass wir noch zusätzlich einen Sozialarbeiter brauchen, bis die ihn

uns bestimmt irgendwann gegeben hätten. Vor 20 Jahren hätte ich nicht die

Unterstützung gehabt, für so ein Projekt. Ich wäre auch “zurückgetreten worden“. Es

war schon immer makaber, wenn ich gesagt habe, lasst uns die Idee ausbauen, wir

sparen Geld. Deshalb ist es wichtig, das Wohl des Kindes immer zu unterstreichen.

Hier ein Beispiel: Wir versuchen zu sparen, aber nicht nach dem Motto “Koste es,

was es wolle“.

Wenn ein Sozialarbeiter 100 Euro ausgibt, um durch eine weite Fahrt zu verhindern,

dass ein Kind dort in ein Kinderheim kommt, dann lass ich den für 100 Euro fahren

und dann lass ich den auch übernachten. Das ist mir völlig egal. Wenn das Kind in

ein Heim kommt, dann verliere ich pro Tag 80Euro, ausgehend von unseren fiktiven

Zahlen. Wenn ich ihn unterstütze, dass er die Familie stabilisiert, dass sie ihr Kind

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tragen können, wenn das alles gut geht, dann habe ich als Stadt etwas gewonnen.

Also lass ich denen doch die fachliche Freiheit, vernünftig damit umzugehen und

vertraue darauf, dass sie kein Schindluder mit dem Geld treiben, und das tut in diesen

Zeiten keiner mehr.

Was sind die Risiken von Kontraktmanagement?

Die Risiken von Kontraktmanagement werden hier so gesehen, dass es nicht

kalkulierbar ist, auf was ich mich einlasse, dass man sich im sozialen Bereich nicht

festlegen kann, dass soziale Notlagen nicht steuerbar sind. Zum Glück gibt es aber

auch Kontraktausstiegsklauseln oder Öffnungsklauseln. Die machen es einem also

nicht ganz so schwer. Ich glaube, dass die Risiken für mich im Bereich

Hilfesetzungen kalkulierbar sind, und dass man lernen muss damit umzugehen, dass

man uns nur begrenzte Mittel zur Verfügung stellt. Ich glaube nicht, dass solange ich

noch arbeite (ca. 7 Jahre) wir die Möglichkeit haben zu sagen, jetzt machen wir mal

ein richtig tolles Projekt, powern da Geld rein. Ich glaube, dass wir aufpassen

müssen, dass wir soziale Notlagen nicht nur verwalten, sondern dass wir sie auch

versuchen mit geringen Mitteln zu verhindern. Das geht aber nur, wenn wir uns

selber Ressourcen schaffen. Ich glaube aber, wir können uns Ressourcen nur selber

schaffen, wenn wir uns auf Kontrakte und Budgets einlassen. Wenn wir das nicht

tun, dann wird man uns nicht trauen, uns kein zusätzliches Geld zur Verfügung

stellen. Aber wenn wir ein Budget haben, und wenn wir versuchen über dem Budget

uns Freiheiten zu erarbeiten, in dem wir bei der einen Familie etwas länger aushalten

und bei der anderen ein wenig schneller sind, aber auch frühzeitiger kostengünstiger

arbeiten, dann können wir uns Ressourcen schaffen, die man uns auch lässt. Ich habe

es in der Stadt noch nicht erlebt, dass man uns Ressourcen, die wir uns zu recht

besorgt haben, genommen hat. Es gibt Tendenzen zur Kameralistik in anderen

Fachbereichen, aber nicht im Bereich Hilfe zur Erziehung.

Weicht Ihr Kontraktmanagement von der KGSt-Empfehlung ab?

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Ich weiß nicht ob wir abweichen, aber wir weichen ja eigentlich immer von der

Norm ab. KGSt ist ein schwieriges Thema. Es geht ihr irgendwo um

Idealvorstellungen. Ich sehe Unterschiede bei den Kennzahlen. Kennzahlen sind im

sozialen Raum mit Vorsicht zu genießen.

Ist es Ihnen bekannt, ob Kontraktmanagement in anderen Kommunen flächen-deckend verbreitet ist?

Ich weiß, dass es in Recklinghausen existiert, bei der Stadt Gladbeck bin ich mir

nicht sicher. Da haben wir uns noch nicht ausgetauscht.

Ist Kontraktmanagement auf einige (ausgewählte) Dezernate verbreitet?

Das weiß ich nicht. Ich weiß nicht, ob andere Kontraktmanagement... Ich habe keine

Ahnung. Ich weiß nur, dass es 2-3 Kontrakt im Fachbereich 1, der Kultur gibt. Er hat

Kontrakte im Bereich Hausmanagement, d.h. wenn die Häuser vermietet werden

oder an Vereine abgegeben werden müssen.

Kontraktmanagement ist ein Element des Neuen Steuerungsmodells für Kommunal-

verwaltung. Welche Elemente haben Sie des weiteren in Herten? Controlling haben

Sie ja auch schon angesprochen.

Ja, bei Controlling ist es immer nur so schwierig, weil es mit Kontrolle verwechselt

wird und manchmal auch nichts anderes ist. Bei Controlling wäre es für meinen

Bereich wichtig, dass es ein Mensch machen würde, der nicht wie auch ich Leiter ist,

der also nicht die Vorgesetztenfunktion hätte, sondern auf der kollegialen Ebene

angesiedelt wäre. Ich hätte gerne einen Jugendhilfeplaner. Also einen Menschen, der

für Jugendhilfe zuständig wäre. Ich muss Hilfeplancontrolling nachhalten, das ist ein

Manko. Alle Hilfepläne werden bei uns in einem bestimmten Rhythmus

fortgeschrieben. Die Fortschreibung ist in einem Richtlinienpapier festgehalten,

schriftlich fixiert. Die wirtschaftliche Jugendhilfe und ich controllen, ob das wirklich

so ist.

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Wir haben zudem eine Art Finanzcontrolling. Wir schreiben alle 2-3 Monate

Finanzberichte, die dem Verwaltungsvorstand vorgelegt werden. Ich habe für

Heimerziehung 1,5 Millionen Euro und ich erkläre alle 2-3 Monate schriftlich, wie

viel davon abfließt, wie viel davon überbleibt, oder ob ich noch mehr brauche als ich

bis jetzt gedacht habe. Im Sommer diesen Jahres habe ich Hilfe geschrieen. Da hatte

ich eine Perspektive von 300000 Euro minus. Da habe ich innerhalb von 2 Monaten

22 Kinder in Heime überwiesen. Wir haben nur 45 Kinder, d.h. ich habe die Hälfte

dazu bekommen. Das war eine extreme Situation für die Stadt. Das hat sich dann

entspannt. Wir haben alternative Modelle gefunden. “Netter Weise“ sind 2 Eltern

mit 6 Kindern weggezogen, so dass dadurch Entspannung kam.

Durch Controlling weiß ich schon im März wie viele Schulden ich am Jahresende

haben werde. Wenn die ersten Monate schon schwer waren und viele Kinder

vermittelt werden mussten, weiß ich, dass mir die Mittel davon laufen.

Ich rufe nicht zum Ende des Jahres Hilfe, so wie es andere Sozialarbeiter machen.

Ich kann schon im März die Situation überblicken. Letztes Jahr wusste ich im

September, dass ich finanziell keine Probleme bekomme. Natürlich nur, wenn keine

Extremsituationen wie eben beschrieben auftreten.

Sagt Ihnen die Produktdefinition etwas?

Das Produktinformationssystem wird hier nicht ernst genommen.

Sie vollziehen ja hier eine Budgetierung im Sozialraum. Kann man den sozialen Raum als Alternative nehmen zur Produktdefinition?

Letztlich ist mir beides aufgezwungen worden, sowohl die sozialraumbudgetierte

Arbeit vom Bürgermeister als auch die Produktinformation vom Innenministerium.

Wir haben das mitgemacht, weil es ja auch immer ganz sinnvoll ist, da man da gut

beteiligt ist, es einen nicht überrollt, und weil es spannend ist. Ich stelle aber fest,

dass wir auch ohne sozialraumbudgetiertes Arbeiten und ohne Produkte viele Jahre

hier eine vernünftige Arbeit gemacht haben. Wir haben in sehr intensivem Maße mit

den Trägern zusammengearbeitet. Wir haben skurile Geschichten gemacht. Wir

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haben das KJHG so gewendet, gedreht und ausgequetscht, wie es uns gepasst hat.

Wir haben den Etat, als das in NRW noch verboten war, so flüssig gemacht, um eine

gegenseitige Deckungsfähigkeit zu erhalten. Wenn ich für das Heim noch Geld zur

Verfügung hatte, aber in der Pflege nicht mehr, haben wir die Finanzen ausgeglichen.

Ich glaube, dass es richtig ist, dass wir das Budget jetzt erst mal sozialräumlich

bekommen. Es ist besser, als wenn es sich an Produkten ableitet. Geld an Produkten

abzuleiten, könnte den Vorwurf von Professor Hinte berechtigen, dass man je mehr

Hilfe man hat um so mehr Geld bekommt. Das wäre echt makaber.

Es gibt noch drei Städte, die ebenfalls sozialraumbudgetiertes Arbeiten begonnen

haben.

Ich gehe in 3- 4 Städte, und versuche mich mit denen auszutauschen. Sie sagen, dass

sie sozialraumbudgetiert arbeiten. Ich frage nach der Zusammenarbeit mit den

Schulen und möchte wissen, ob sie diese auch regelmäßig besuchen. Darauf wird

einem gesagt, dass man mit den Lehrern nicht zurecht kommt. Ich führe ihnen vor

Augen, dass sie sozialraumbudgetiert arbeiten, aber ihr Sozialraumsozialarbeiter für

den Sozialraum Grafenwalde nicht mal an seiner Grundschule ist.

Da fängt doch dann auch die Prävention an?

Seid 2 Jahren ist jeder Sozialarbeiter, der hier im ASD arbeitet sowie jeder

Jugendgerichtshelfer, mit mir eingeschlossen. Die sind alle an einer Schule. 1-2 mal

wöchentlich sind sie dort, um Sprechstunden anzubieten. Der Sozialraum beginnt

doch mit Schule. Grundschulen sind sozialräumlich angelegt, gehen vom Leben-

sumfeld ihrer Kinder aus. Wenn ich das ignoriere, weil ich es mit Lehrern nicht gut

kann, dann habe ich den Job nicht richtig gemacht.

Noch etwas: man muss auch lernen, sich auf Vereine einzulassen, abends bei den

Vereinen vorbeizugehen, wenn die ein Straßenfest machen.

Vielen Dank für das Interview