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Legal Legal Highs Highs Neue Herausforderungen Neue Herausforderungen f f ü ü r die Pr r die Pr ä ä vention? vention? Begriffsbestimmung, Verbreitung, Konsumierende, Präventionsmaßnahmen Dr. Cornelia Morgenstern, Goethe-Universität Frankfurt am Main Frank Günther, Basis e.V., Frankfurt am Main EU-Projekt: SPICE II Plus Diakonie -Ambulante Suchthilfe Hanau, 2. Juli 2013

Legal Highs - Neue Herausforderungen für die Prävention

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Legal Legal HighsHighs –– Neue Herausforderungen Neue Herausforderungen

ffüür die Prr die Präävention?vention?

Begriffsbestimmung, Verbreitung, Konsumierende, Präventionsmaßnahmen

Dr. Cornelia Morgenstern, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Frank Günther, Basis e.V., Frankfurt am Main

EU-Projekt: SPICE II Plus

Diakonie - Ambulante Suchthilfe Hanau, 2. Juli 2013

Beginn des Legal-High-Phänomens

� Mitte/ Ende 2008: mysteriöse „Kräutermischung“ Spice wird erstmals öffentlich diskutiert

� Wirkungen ähnlich wie Cannabis

� Medienhype

� Dezember 2008: Deutsche Labore entdecken synthetische Cannabinoide in Spice (JWH-018, CP47,497)

� BtMG-Unterstellung der Substanzen bzw. des Produktes im Januar 2009

Designerdrogen oder ‚Legal Highs‘

� Designerdrogen

� Synthetisch hergestellte Drogen� Werden gezielt als Droge entwickelt, nicht als Medikament� ‚Legal Highs‘ wurden häufig in der medizinischen Forschung

entwickelt (besonderes synthetische Cannabinoide)

� „Legal Highs“

� Sammelbegriff für neue psychoaktive Substanzen, die (noch) nicht dem BtMG unterstellt wurden; insbesondere sind damit irreführend deklarierte Produkte gemeint, die synthetische Substanzen als Wirkstoffe enthalten

� Neue psychoaktive Substanzen/ NPS

� Aktuell von Forschern benutzter Begriff, weil mit Begriff „Legal Highs“ suggeriert wird, sie wären legal, zumeist sind sie aber zumindest dem Arzneimittelgesetz unterstellt

Überblick: Legal Highs/ neue psychoaktive Substanzen (NPS)

�� „„RRääuchermischungenuchermischungen““/ / „„KrKrääutermischungenutermischungen““ / / „„SpiceSpice--ProdukteProdukte““: : Wirkstoffe: synthetische Wirkstoffe: synthetische „„CannabinoideCannabinoide““ ( z.B. JWH( z.B. JWH--XXX, AMXXX, AM--XXX), XXX), gibt es mittlerweile auch als gibt es mittlerweile auch als EE--LiquidsLiquids

�� „„BadesalzeBadesalze““ / / „„PflanzendPflanzendüüngernger““ / / „„BongreinigerBongreiniger““ etc.: Wirkstoffe: etc.: Wirkstoffe: StimulanzienStimulanzien/ / EntaktogeneEntaktogene ((„„PartydrogenPartydrogen““; ; CathinoneCathinone, , Amphetaminderivate, Amphetaminderivate, PiperazinePiperazine u.au.a.; z.B. .; z.B. MephedronMephedron, , MethylonMethylon, , 44--Fluoramphetamin, Fluoramphetamin, „„BenzoBenzo FuryFury““))

�� „„Research Research ChemicalsChemicals““: Wirkstoffe: : Wirkstoffe: StimulanzienStimulanzien, , EntaktogeneEntaktogene, , Halluzinogene, Cannabinoide, Halluzinogene, Cannabinoide, OpioideOpioide, , BenzodiazepineBenzodiazepine u.au.a.; .; diverse Stoffgruppendiverse Stoffgruppen

Räuchermischungen / synthetische Cannabinoide

� Räuchermischungen enthalten synthetische Cannabinoide und (nicht psychoaktiv wirksame) Pflanzenteile

� Das enthaltene synthetische Cannabinoid wird nicht auf der Verpackung angegeben� Pro Gramm kosten sie ca. 10 Euro, Konsumeinheit: 0,1 - 0,2 g� Sie werden als Produkte zur Verbesserung der Raumluft verkauft� Synthetische Cannabinoide sind geruchlos, Räuchermischungen sind Aromastoffe beigemengt� Synthetische Cannabinoide werden auch in Reinform gekauft� Konsum in Joints, Bong, Vaporizern, E-Zigaretten

Badesalze / Pflanzendünger

� Produkte werden meistens als Badesalze oder Pflanzendünger angeboten� Vorrangig in Pulverform, seltener als Pillen oder Kapseln� Meistens wird die enthaltene psychoaktive Substanz nicht auf der Verpackung

angegeben� Auf der Verpackung steht: „Nicht für den menschlichen Konsum bestimmt“� Relativ wenige Produkte� Inhaltsstoffe wechseln

Research Chemicals

� Es handelt sich um Reinsubstanzen

� Werden häufig als Forschungschemikalien verkauft

� Inhaltsstoff wird angegeben

Besonderheiten des Phänomens

� Internet spielt ein große Rolle

� Online-Shops, Wikipedia, Online-Foren, Blogs, soziale Online-Netzwerke (facebook, Twitter etc.)

� Komplexe Struktur aus Online-Angeboten zu NPS hilft bei der Verbreitung neuer Substanzen

� Neue psychoaktive Substanzen können mit herkömmlichen Drogentests nicht nachgewiesen werden

Kreislauf der NPS im Web 2.0

Herstellung eines neuen ‚Legal High‘-

Produkts

Verbot einer Substanz

Einführung in Shops

Wikipedia-Eintrag zu Substanz

Erfahrungs-berichte in Shops und

Foren

Internetshops

Online-Foren

CDR – Forschungsaktivitäten bezüglich Legal Highs/ NPS

� Monitoring-System Drogentrends – regelmäßige Erhebungen für die Stadt Frankfurt seit 2002

� „Spice-Studie“ – explorative Pilot- und Folgestudie, 2009 (Stadt Frankfurt/ BMG)

� Beteiligung am EU-Projekt „Spice and synthetic cannabinoids“2011/12 (JUST/2009/DPIP/AG/0948)

� Online-Befragung zum NPS-Konsum in Deutschland, 2011 (BMG)

� Online-Befragung zum NPS-Konsum in der Schweiz, 2012 (BAG/ CH)

� EU-Folgestudie „Spice II plus“ (JUST/2011-2012/DPIP/AG/4000003597)

Entwicklung des Phänomens „Neue psychoaktive Substanzen“

� Medienhype führte zu sprunghaftem Anstieg der Nachfrage, v.a. bei Probierkonsumenten (Neugier)

� Hauptsächliche Konsummotive:Nicht-Nachweisbarkeit, Legalität, starke Wirkungen

� Nach dem Verbot von Spice Anfang 2009: ständig neue „Räuchermischungen“, danach auch „Badesalze“sowie stetig neu auftauchende (Rein-)Substanzen

� � Etablierung des Phänomens „Neue psychoaktive Substanzen“

Neue psychoaktive Substanzen in Europa (Anzahl der Substanzen)

Quelle: Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) 2013

Verbreitung von NPS in DeutschlandRepräsentativdaten für Deutschland

� ESA-Studie 2009, Spice-Produkte: 18-64-Jährige: Lebenszeitprävalenz: 0,8 %; 12-Monatsprävalenz: 0,4%

� Flash Eurobarometer 2011 zu ‚Legal Highs‘: 15-24-Jährige: Lebenszeitprävalenz: 4%

Verbreitung von NPS: Jugendliche in Frankfurt am Main (15-18 Jahre; %)

Spice/ "Räuchermischungen"

6

3

7

1

9

2

7

1

Lebenszeit-Prävalenz 30-Tages-Prävalenz

2008 2009 2010 2011

andere "Legal Highs"/ "Research Chemicals"

1

3

1

2

Lebenszeit-Prävalenz 30-Tages-Prävalenz

2010 2011

Online-Befragung zu Legal Highs –Basisdaten

� Befragung in Deutschland 2011

� n = 1.062 (vollständig ausgefüllt); in die Auswertung eingegangen: n = 860 (Konsumerfahrung mit mindestens einem „Legal High“-Produkt)

� 89% Männer; Durchschnittsalter: 24,2 Jahre

� südliche Bundesländer deutlich überrepräsentiert

Online-Befragung zu Legal Highs: Konsumerfahrungen/ Konsummuster (%)

•• LebenszeitLebenszeit--PrPräävalenzvalenz illegale Drogen: illegale Drogen: 99%99%

•• CannabisCannabis--3030--TagesTages--PrPräävalenz: valenz: 69%69%

•• 3030--TagesTages--PrPräävalenz andere illegale Drogen*: valenz andere illegale Drogen*: 33%33%

3935

86

1915

35

1914

48

Räuchermischungen (RM) Andere "Legal Highs"/"Badesalze" etc. (ALH)

Research Chemicals (RC)

Lebenszeit-Prävalenz

30-Tages-Prävalenz

erfahrenerKonsum (> 10x)

Online-Befragung: Konsummotive (%)

77

62

61

57

37

34

33

13

11

5

Rausch

Neugierde

Legale Erhältlichkeit

Entspannung

Abwechslung

Nicht-Nachweisbarkeit

andere Drogen (zeitweise) nicht erhältlich

(günstiger) Preis

weil Freunde auch konsumieren

weil ich Probleme habe/hatte

"wichtig/ sehr wichtig"

Online-Befragung: Bezugs- und Informationsquellen / Konsummuster

� Der überwiegende Teil der Befragten bezieht NPS aus dem Internet

� Befragte beziehen Informationen über NPS vorwiegend aus Online-Foren

� 45% der Befragten haben ausschließlich Räuchermischungen konsumiert (kein anderes Legal High-Produkt)

� Reine aktuelle Legal High-Konsumenten sind selten

� Illegale Drogen werden häufiger genommen als Legal Highs

� Selbst unter häufigen Konsumenten von Räucher-mischungen konsumiert mehr als die Hälfte aktuell auch Cannabis

Online Befragung -Typen von Legal-Highs-Konsumenten

� Probierer/ Gelegenheitskonsumenten (weitaus größte Gruppe)

� Substituierer (ersetzen illegale Drogen komplett mit Legal Highs; weniger als erwartet)

� Kiffer 2.0 (Cannabis und Räuchermischungen abwechselnd, relativ häufig)

� Spezialisten (experimentierfreudige „Psychonauten“, Schwerpunkt auf RCs, Legalität nachrangig)

� Allesnehmer (regelmäßige Konsumenten unterschiedlicher Drogen, legal/illegal & Deklaration nachrangig)

Mindestens einmal erlebte Nebenwirkungen (%)

64

52

49

42

34

26

19

3

Herzrasen

Kreislaufprobleme

Kopfschmerzen

Übelkeit

Angstzustände

Magenschmerzen

Muskelkrämpfe

Bewusstlosigkeit

Politische und rechtliche Ebene

� Ausmaß an rechtlicher Kontrolle von NPS in Europa sehr unterschiedlich

Was ist der beste Weg?

� Generische Gesetze erfassen möglichst große Anzahl von NPS

� Arzneimittelrechtliche Ansatz hat den Vorteil, dass nur Handel kriminalisiert wird und nicht Konsumenten

� Verbote führen zum Auftauchen immer neuer Substanzen über deren Wirkung und Nebenwirkung wenig bekannt ist

� Illegale Drogen sind besser erforscht und es gibt mehr Erfahrung als mit NPS. Soll Cannabis deswegen legalisiert werden?

Prävention

� Drogenmündigkeit: Drogenkunde, Genussfähigkeit, Kritikfähigkeit, Risikomanagement

� Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse für risikominderndenDrogenkonsum vermitteln

� Drogenmündigkeit noch wichtiger angesichts unüberschaubarer Anzahl von Substanzen, die nicht alle verboten werden können

� Kenntnisse über Substanzen, Konsumformen und Wirkungen werden im Internet in Foren von Konsumenten ausgetauscht

� Informationen über ‚Legal High‘-Produkte zur Risikovermeidung wichtig

� Stigmatisierung von Konsumenten vermeiden, Respekt gegenüber individueller Entscheidung