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1 links 1.06 Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch Inhalt Februar 2006 // Nr. 1 2 Steuerparadies Schweiz 4 SVP auf Haiders Spuren 5 Asylgesetz: unmenschlich 6 Rote Karte für FC-Müller 8 Unersättliche Fussballbosse 11 FDP Rheineck: ein Schmuckstück Der Rassismusvorfall im Toggen- burg ist keineswegs von der Agenda. Und punkto Rassismus besteht Handlungsbedarf – im ganzen Kanton St.Gallen. Editorial // Dieser Ausgabe von «links» liegt ein Unterschriften- bogen für das Referendum gegen das revidierte Asylgesetz bei. Dieses Gesetz wurde von der bürgerlichen Mehrheit unter Führung von Justizminister Chris- toph Blocher und gegen den Willen der SP beschlossen. Die Revision verletzt die Flüchtlingskonvention und die Kinderrechte und ritzt auch unsere eigene Verfassung. Wir müssen dieses Gesetz bekämpfen, um die Menschenrechts- und Asyltradition der humanitären Schweiz zu retten und um in der Welt glaubwürdig zu bleiben. Bitte unterschreibt deshalb unser Referendum gegen diese unwürdige Gesetzgebung und schickt den Bogen raschmöglichst zurück! Die SP-Fraktion in Bern hat auch das Ausländergesetz klar abgelehnt. Da die Ressourcen unserer Partei begrenzt sind, wurde an der Delegiertenver- sammlung in Bern beschlossen, dass wir uns auf das Referendum gegen das Asylgesetz konzentrieren. Ein von anderer Seite lanciertes Referendum gegen das Ausländergesetz unterstützen wir selbstverständlich. Hildegard Fässler, Fraktionspräsidentin SP Schweiz Fortsetzung Seite M onate bevor eine psychisch kranke Frau im Ober- toggenburg der Arztfamilie Michel mit einer Rei- he rassistischer Drohbriefe zusetzte und (bis heute un- aufgeklärte) Pneustechereien das Tal verschreckten, hatten an der Oberstufe Alt St.Johann Realschüler dem Religionslehrer Karl Furrer im Unterricht entgegenge- brüllt: «SVP! Schwarze raus! SVP! Schwarze raus!» Der Lehrer hatte es gewagt, seine Schüler über den Skla- venhandel zwischen Afrika und Amerika aufzuklären. Furrer nahm die rassistischen Pöbeleien nicht hin, schrieb SVP-Nationalrat Toni Brunner und sprach eine Einladung aus: «Eigentlich müsste es auch Ihnen als Vertreter der SVP ein Anliegen sein, der verqueren Ansicht, Ihre Partei sei fremdenfeindlich, entgegen- zutreten.» Offenbar gab es nichts entgegenzutreten. Brunner liess nichts von sich hören. Auch auf einen zweiten Brief des Lehrers reagierte er nicht. Als das «St.Galler Tagblatt» die Vorkommnisse bei seinen Re- cherchen nach weiteren rassistischen Vorfällen ans Licht brachte, redete sich der leutselige Politiker damit heraus, er habe die Sache falsch eingeschätzt. Für ei- nen SVP-Politiker schlug er einen ungewohnt reumüti- gen Ton an: «Es war ein Fehler. Ich war zu unsensibel.» Was ist unappetitlich? // Kreuzbrav verurteilte er die Ausfälle der SchülerInnen und startete im glei- chen Atemzug einen Gegenangriff: «Aus diesen trauri- gen Vorfällen Kapital zu schlagen und die Schuld der SVP zuzuschieben, finde ich unappetitlich.» Ganz ver- gessen die unappetitlichen Messerstecher-Plakate der SVP, gänzlich aus dem Gedächtnis gestrichen jener Wahlplakat-Entwurf der SVP St.Gallen aus dem Jahr : «Wir Schweizer sind immer mehr die Neger.» Der fand dann gar nicht erst auf die Plakatwände, weil die Öffentlichkeit davon Wind bekommen und harsch re- agiert hatte. Wie die Alt St.Johanner Realschüler darauf ka- men, SVP und «Schwarze raus!» in einem Atemzug zu skandieren – reiner Zufall, nicht erklärungsbedürftig? Es erstaunte schliesslich nicht, als Brunner und seine Parteifreunde auftrumpften, nachdem die Staatsan- waltschaft nach monatelangen Ermittlungen im De- zember den Medien und der Öffentlichkeit das Teil- geständnis einer offenbar psychisch kranken Frau präsentierte, die unter der Beweislast einer DNA-Pro- be eingeräumt hatte, die Urheberin der rassistischen Drohbriefe an die Familie Michel gewesen zu sein. Brunner spielte sich gleich als Sprecher fürs Toggenburg auf. Er wollte eine «Vorverurteilung des ganzen Tales» festgestellt haben: «Was hier abging, artete in eine Hetzkampagne gegen unsere Region aus.» Die Beweise für seine Behauptung blieb der Bauer schuldig. In der regionalen Presse finden sich dafür jedenfalls kaum Belege. Selbst in den Leserbrief- spalten wurde in aller Regel auf hohem Niveau, also differenziert argumentiert. Die SVP kam dabei aller- dings schlecht weg. Auch in der nationalen Presse stösst man gerade auf gegenteilige Beispiele. So warn- te die linke WOZ in einer treffenden Analyse der Tog- ‹SVP! Schwarze raus!› Illustration links

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Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen

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Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch

I n h a l t Februar 2006 // Nr. 12 Steuerparadies Schweiz4 SVP auf Haiders Spuren5 Asylgesetz: unmenschlich6 Rote Karte für FC-Müller8 Unersättliche Fussballbosse11 FDP Rheineck: ein Schmuckstück

Der Rassismusvorfall im Toggen-burg ist keineswegs von der Agenda. Und punkto Rassismus besteht Handlungsbedarf – im ganzen Kanton St.Gallen.

E d i t o r i a l // Dieser Ausgabe von «links» liegt ein Unterschriften-bogen für das Referendum gegen das revidierte Asylgesetz bei. Dieses Gesetz wurde von der bürgerlichen Mehrheit unter Führung von Justizminister Chris-toph Blocher und gegen den Willen der SP beschlossen. Die Revision verletzt die Flüchtlingskonvention und die Kinderrechte und ritzt auch unsere eigene Verfassung. Wir müssen dieses Gesetz bekämpfen, um die Menschenrechts- und Asyltradition der humanitären Schweiz zu retten und um in der Welt glaubwürdig zu bleiben. Bitte unterschreibt deshalb unser Referendum gegen diese unwürdige Gesetzgebung und schickt den Bogen raschmöglichst zurück! Die SP-Fraktion in Bern hat auch das Ausländergesetz klar abgelehnt. Da die Ressourcen unserer Partei begrenzt sind, wurde an der Delegiertenver-sammlung in Bern beschlossen, dass wir uns auf das Referendum gegen das Asylgesetz konzentrieren. Ein von anderer Seite lanciertes Referendum gegen das Ausländergesetz unterstützen wir selbstverständlich.

Hildegard Fässler, Fraktionspräsidentin SP Schweiz Fortsetzung Seite

Monate bevor eine psychisch kranke Frau im Ober-toggenburg der Arztfamilie Michel mit einer Rei-

he rassistischer Drohbriefe zusetzte und (bis heute un-aufgeklärte) Pneustechereien das Tal verschreckten, hatten an der Oberstufe Alt St.Johann Realschüler dem Religionslehrer Karl Furrer im Unterricht entgegenge-brüllt: «SVP! Schwarze raus! SVP! Schwarze raus!» Der Lehrer hatte es gewagt, seine Schüler über den Skla-venhandel zwischen Afrika und Amerika aufzuklären. Furrer nahm die rassistischen Pöbeleien nicht hin, schrieb SVP-Nationalrat Toni Brunner und sprach eine Einladung aus: «Eigentlich müsste es auch Ihnen als Vertreter der SVP ein Anliegen sein, der verqueren Ansicht, Ihre Partei sei fremdenfeindlich, entgegen-zutreten.» Offenbar gab es nichts entgegenzutreten. Brunner liess nichts von sich hören. Auch auf einen zweiten Brief des Lehrers reagierte er nicht. Als das «St.Galler Tagblatt» die Vorkommnisse bei seinen Re-cherchen nach weiteren rassistischen Vorfällen ans Licht brachte, redete sich der leutselige Politiker damit heraus, er habe die Sache falsch eingeschätzt. Für ei-

nen SVP-Politiker schlug er einen ungewohnt reumüti-gen Ton an: «Es war ein Fehler. Ich war zu unsensibel.»

W a s i s t u n a p p e t i t l i c h ? // Kreuzbrav verurteilte er die Ausfälle der SchülerInnen und startete im glei-chen Atemzug einen Gegenangriff: «Aus diesen trauri-gen Vorfällen Kapital zu schlagen und die Schuld der SVP zuzuschieben, finde ich unappetitlich.» Ganz ver-gessen die unappetitlichen Messerstecher-Plakate der SVP, gänzlich aus dem Gedächtnis gestrichen jener Wahlplakat-Entwurf der SVP St.Gallen aus dem Jahr : «Wir Schweizer sind immer mehr die Neger.» Der fand dann gar nicht erst auf die Plakatwände, weil die Öffentlichkeit davon Wind bekommen und harsch re-agiert hatte. Wie die Alt St.Johanner Realschüler darauf ka-men, SVP und «Schwarze raus!» in einem Atemzug zu skandieren – reiner Zufall, nicht erklärungsbedürftig? Es erstaunte schliesslich nicht, als Brunner und seine Parteifreunde auftrumpften, nachdem die Staatsan-waltschaft nach monatelangen Ermittlungen im De-zember den Medien und der Öffentlichkeit das Teil-geständnis einer offenbar psychisch kranken Frau präsentierte, die unter der Beweislast einer DNA-Pro-be eingeräumt hatte, die Urheberin der rassistischen Drohbriefe an die Familie Michel gewesen zu sein. Brunner spielte sich gleich als Sprecher fürs Toggenburg auf. Er wollte eine «Vorverurteilung des ganzen Tales» festgestellt haben: «Was hier abging, artete in eine Hetzkampagne gegen unsere Region aus.» Die Beweise für seine Behauptung blieb der Bauer schuldig. In der regionalen Presse finden sich dafür jedenfalls kaum Belege. Selbst in den Leserbrief-spalten wurde in aller Regel auf hohem Niveau, also differenziert argumentiert. Die SVP kam dabei aller- dings schlecht weg. Auch in der nationalen Presse stösst man gerade auf gegenteilige Beispiele. So warn-te die linke WOZ in einer treffenden Analyse der Tog-

‹SVP! Schwarze raus!›

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Fortsetzung von Seite genburger Ereignisse vor dem Widersinn, eine Region unter Rassismus-Generalverdacht zu stellen. Brunner und seine Parteikollegen übersahen geflissentlich, dass sich nicht nur viele Toggenburger mit der Arztfamilie Michel solidarisierten: Leute aus dem ganzen Kanton traten gegen Rassismus und ein Klima an, das solche Vorfälle begünstigt, aber nicht gegen das Toggenburg als Region.

K e i n e I n t e g r a t i o n z u m N u l l t a r i f // Dass es bei Solidaritätskundgebungen und Worten geblieben ist, erinnert freilich an einen jahrzehntealten Missstand: Eine Integrationspolitik, die diesen Namen verdient, gibt es bis heute nicht. Machte sich die Politik, und zuvorderst die St.Galler Regierung, endlich daran, diesen Acker intensiv zu bestellen, würde jener frem-denfeindliche Boden ausgelaugt, auf dem die opportu-nistische Politik der Rechten nur zu gut gedeiht. Aber zum Nulltarif ist das nicht zu haben. Namhafte Inves-titionen in langfristige Integrationsprojekte und nicht

billige Alibiübungen sind gefragt. Die Ge-legenheit, Lehren aus den Vorfällen zu zie-hen, ist ja noch nicht

Sind Sie reich, sehr reich sogar? Und wohnen Sie nicht in der Schweiz? Dann müssen Sie sofort zu

uns kommen! Wir bieten Ihnen nämlich an, Sie nicht nach Ihren tatsächlichen finanziellen Verhältnissen zu besteuern, sondern nur nach Ihrem Aufwand. Da schlagen Sie Ihrem heimischen Fiskus ein Schnipp-chen. Ihr Heimatland hat dann halt weniger Geld zur Erfüllung seiner Aufgaben. Aber das muss Sie ja nicht kümmern. Verdienen Sie gut, sehr gut sogar? Und Sie wohnen in der Schweiz? Schade, dann können wir Ih-nen keine Besteuerung nach Aufwand anbieten. Aber Ihnen kann trotzdem geholfen werden, denn bei uns blüht ja auch der kantonale Steuerwettbewerb. Seit Neuestem lockt der Kanton Obwalden gerade Leute wie Sie an. Mit einem degressiven Steuertarif für Ein-

kommen über ’ Franken. Es wird Ihnen bei je-dem verdienten Franken nach Abzug der Steuern mehr im Geldbeutel oder auf Ihrem Konto bleiben als bei je-nen, die weniger verdienen. Oder wohnen Sie im Kan-ton St.Gallen? Dann können Sie auch einfach nach Appenzell ziehen. Da bezahlen Sie über % weniger Steuern – und haben erst noch das Kulturangebot der Stadt St.Gallen ganz in Ihrer Nähe!

R u i n ö s e r S t e u e r w e t t b e w e r b // Im Moment pla-nen zwei Drittel aller Kantone Steuersenkungen. Nein, nicht weil sie auf die Einnahmen verzichten können. Einige Kantone leiden nämlich gleichzeitig an den Folgen ihrer Sparpakete oder unter der Abschaffung der Erbschaftssteuern. Nein, es ist der Steuerwettbe-werb unter den Freundeidgenossen, der sie zu diesem Schritt treibt. Dies zeigt eines drastisch: Der födera-listische Steuerwettbewerb ist nicht gesund, sondern ruinös:> Er verkleinert das Steuersubstrat: z.B. Abschaffung

der Erbschafts- und Schenkungssteuern für direkte Nachkommen nach dem Domino-Prinzip (fällt der erste Kanton, dann fällt sein Nachbar, dann dessen Nachbar usw.).

> Er verringert die Steuereinnahmen: Die Steuersätze werden gesenkt, um attraktiver zu werden, beson-ders aktuell bei den Unternehmenssteuern.

> Er fördert den Steuertourismus: Wer es sich leisten kann, zieht in einen steuergünstigeren Kanton.

> Er missachtet die Steuergerechtigkeit: Mit den bes-ten Angeboten bei der Besteuerung nach Aufwand reissen sich die Kantone um gutbetuchte Auslände-rInnen und behandeln sie damit besser als die eige-nen EinwohnerInnen.

Resultat: Nicht nur den weniger steuergünstigen Kan-tonen entgehen Einnahmen, sondern auch den ande-ren. Insgesamt stehen in allen Kantonen weniger Mit-

verstrichen. Zwar ist es nach dem Geständnis in der Öffentlichkeit still geworden, abgeschlossen haben die Ermittler den Fall aber nicht. Die Frau – eine Patientin von Jörg Michel – hat bloss ein Teilgeständnis abgelegt. Die Pneustechereien wurden bislang nicht aufgeklärt. Das Geständnis der Frau verschaffte dem Tog-genburg und den unter öffentlichem Druck stehen-den Ermittlungsbehörden Erleichterung. Staatsanwalt Thomas Weltert sagte an jener denkwürdigen Presse-konferenz im Rapportraum der Kantonspolizei: «Die Vorfälle, die sich bis vor wenigen Tagen noch als heim-tückische, rassistisch motivierte Attacken auf einen Arzt, seine Familie und Patienten präsentierten, ha-ben die breite Öffentlichkeit aufgewühlt und drohten den Rechtsfrieden einer ganzen Talgemeinschaft zu erschüttern. Umso dankbarer bin ich, dass heute ein glaubhaftes Geständnis vorliegt und dass die durch-aus realistische Hypothese der systematischen Diskri-minierung von Ausländern sich als falsch herausge-stellt hat.» Ein Generalverdacht ist unangebracht, aber ebenso abwegig wäre eine Generalabsolution. Die Themen Rassismus, Diskriminierung und Fremden-feindlichkeit dürfen im Kanton nicht aus der politi-schen Agenda gestrichen, sie müssen im Gegenteil rot markiert werden. Denn es besteht Handlungsbedarf, nicht nur im Toggenburg. (sp)

Willkommen im Steuerparadies Schweiz!

SPS-Fraktionschefin Hildegard Fässler demontiert das Märchen vom «gesunden Steuerwettbewerb» und sagt, weshalb es höchste Zeit für eine materielle Steuerharmoni-sierung in der Schweiz ist.

Von SP-National- rätin Hildegard Fässler, Grabs

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tel für die Leistungserbringung zur Verfügung. Wieso hält sich die Mär vom gesunden Steuerwettbewerb so hartnäckig? Weil dessen Verteidiger behaupten, er führe zu einem generell tiefen Steuerniveau. Oder anders gesagt, ohne diesen Wettbewerb wüchse die Steuerbelastung ins Unermessliche. Wer das behaup-tet, traut unserem demokratischen System nicht: Bei

uns können die Steuern nicht per Dekret erhöht wer-den. Es braucht einen Beschluss des zuständigen Par-laments oder der Bürgerschaft. So ist am . Dezember ein Antrag der Zürcher Regierung auf eine Erhö-hung des Steuerfusses von % auf % im Kantons-rat bei : Stimmen mit Stichentscheid des Präsi-denten gescheitert. Nun muss eben diese Regierung ein drittes Sparpaket schnüren. Der Steuerwettbewerb führt aber nicht nur zu Ungerechtigkeit und Mindereinnahmen, sondern zu einem klaren Leistungsabbau, den viele Menschen in Form immer neuer Sparpakete schmerzhaft erfahren. Schmerzhaft vor allem für jene, die auf gute staatliche Leistungen angewiesen sind, weil sie sich nicht alle Leistungen privat einkaufen können. Dass diese Spar-pakete keine Konsumankurbler sind und sich negativ auf unser Binnenwirtschaftswachstum auswirken, sei nur am Rande erwähnt. Der vieldiskutierte degressive Obwaldner Steuertarif verletzt den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Gemäss den Verfassungsrechtlern Jean-François Aubert und Pascal Mason verlangt dieser Grundsatz nach einem progressiven, zumindest aber proportionalen Steuer-tarif. Deshalb hat die SP Schweiz versucht, eine staats-rechtliche Beschwerde beim Bundesgericht einzu-reichen. Leider ist dies mangels Kläger aus Obwalden misslungen, was nur zeigt, unter welchem enormen Druck Leute stehen, die sich in einem Kleinkanton ge-gen die Mehrheit stellen.

K a m p f u m S t e u e r g e r e c h t i g k e i t g e h t w e i t e r Bereits in der Dezembersession hat die SP-Fraktion im Nationalrat eine Motion eingereicht, die degressive Steuertarife generell verbieten will. Gespannt warten wir auf die bundesrätliche Antwort. Skandalöserweise hat Finanzminister Merz an einer FDP-Veranstaltung am . Januar in Stans erklärt, er habe mit dem Obwaldner Steuergesetz kein Problem. Da lob ich mir den Berner Finanzdirektor Urs Gasche (SVP), der dem «Tages-Anzeiger» sagte: «Degressive Steuern über-schreiten eine Grenze. Das zerstört das Einvernehmen zwischen den Kantonen.» Eines wird deutlich: Es ist höchste Zeit für die materielle Steuerharmonisierung! Die SP Schweiz arbeitet ja seit längerem an einer ent-sprechenden Initiative. Am Parteitag im September in Baar (Kanton Zug!) soll die Volksinitiative vorliegen.

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U n t e r s c h r i f t e n z u r ü c k !Die SP Kanton St.Gallen bittet alle Mitglieder, die noch einen ausgefüllten Unterschriftenbogen haben, diesen möglichst rasch zurückzusenden und nicht bis kurz vor Ablauf der Sammelfrist zu warten, da die Unterschriften noch von den Gemeinden beglaubigt werden müssen. Wer noch nicht unterschrieben hat, soll dies bitte noch tun. Das von mindestens 4’000 Stimmberechtigten unter-zeichnete Initiativbegehren kann bis spätestens 3. April 2006 eingereicht werden. Es bleiben also noch knapp ein-einhalb Monate, um die restlichen Unterschriften zu sam-meln. Heute kann mit Sicherheit gesagt werden, dass die Initiative zustande kommt. Allerdings sind noch einige Anstrengungen der SP-Mitglieder und Sektionen für den Schluss-Spurt nötig. Ariana Krizko

«Steuerparadies» Ausserrhoden sucht Investoren in Deutschland: Einweihung der Säntisstrasse in Berlin im Jahr 2005.

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SVP auf Haiders Spuren?

Die St.Galler SVP schiesst sich auf linke Kulturschaffende ein. Jetzt ist Hans Fässler an der Reihe. Das erinnert an Jörg Haiders frühere Rechtspopulismus-Kam-pagnen in Österreich.

Seit einigen Monaten ist Hans Fässler, ehemaliger SP-Kantonsrat, Lehrer und Kabarettist, Objekt ei-

ner gezielten SVP-Kampagne. Hintergrund ist sein kürzlich erschienenes Anti-Sklaverei-Buch «Reisen in Schwarz-Weiss». Darin zeigt er die Verstrickungen von Schweizern im transatlantischen Sklavenhandel und ihren Beitrag zur rassistischen Theoriebildung auf. Das aufklärerische Buch berührt ein historisches Tabu-Thema. Bis vor kurzem war die Sklaverei kein Thema für die Schweizer Geschichtsforschung. Jetzt belegen Untersuchungen (nicht nur von Fässler), dass die Schweiz in dieses Menschheitsverbrechen invol-viert war, obwohl sie keine imperiale Macht war und selber keine Kolonien hatte.

D i f f a m i e r u n g s k a m p a g n e // Solche Erkenntnis- se gefallen nicht allen. Besonders der SVP nicht, die trotz Bergier-Kommission, Flüchtlingsdiskussion und Vergangenheitsaufarbeitung immer noch an ihrem veralteten Geschichtsbild festhält. Fässler wurde in den letzten Monaten in Leserbriefen gleich mehrmals attackiert. Der SVP-Kantonsrat Roland Büchel aus Oberriet tat sich dabei besonders hervor. Er diffamier-te Fässler am . Dezember im «St.Galler Tagblatt» als «Abzocker», weil er für seine Forschungen einen Beitrag von ’ Franken aus dem Lotteriefonds er-

halten hatte. Büchel qualifiziert Fässler als «Eiferer» und «Verbissenen» ab und

unterstellt ihm, er habe keine Belege für seine Behaup-tungen, sondern lediglich «vage Vermutungen und Anekdoten». Zudem wolle er nur «uns St.Galler mit einer siebenstelligen Summe melken». Schon zuvor hatte Büchel Fässler schroff an-gegriffen. In einem ersten Leserbrief vom . Februar warf er ihm vor, er ziele «aufs Portemonnaie der leidgeprüften Leute», als Fässler in Haiti weilte. Ferner brachte er ihn in Zusammenhang mit dem umstrit-tenen Anwalt Ed Fagan und dessen Sammelklagen. Im SVP-Mitteilungsblatt «Impuls» schob Büchel En-de noch eine dritte Attacke nach, unter dem Titel «Systematisches Abzocken von öffentlichen Geldern». Fässlers Werk habe nur einen Zweck: «uns Schweizer, speziell uns Ostschweizer, fertig zu machen». Im «St.Galler Tagblatt» folgten dann zwei weitere Leserbrie-fe von anderen Personen, in denen Fässler mit iden-tischen Anwürfen bedacht wurde. Sie stammen mut-masslich ebenfalls aus der SVP-Küche. Inhaltlich erübrigt es sich, auf die primitive und ehrenrührige Polterei weiter einzugehen. Wer in kritischer historischer Forschung nur einen Miss-brauch von Steuergeldern erkennt und einem Histo-riker Raff- und Geldgier unterstellt, hat sich ausser-halb des ernsthaften Dialogs gestellt. Zu fragen bleibt aber, woher die aggressive Penetranz von Büchel und Konsorten herrührt. Ob die Gründe nur in der Person des Rheintaler Politikers liegen, scheint fraglich. Bü-chel ist beruflich im Sportmarketing tätig und hat für den Fussballverband Fifa gearbeitet, wo bekanntlich raue Sitten herrschen. Wer aus diesem Haus kommt, wo Milliarden gescheffelt werden und wo man auch schon mit dem Thema Menschenhandel, wenn auch nicht mit Sklaven, so doch mit Fussballspielern, kon-frontiert war, sollte – nebenbei gesagt – vorsichtig mit Abzockervorwürfen an andere sein.

S t a n d H a i d e r P a t e ? // Es ist leider zu beobach-ten, dass der Geschichtsrevisionismus wieder an Bo-den gewinnt. Trotz der schmerzlichen Aufarbeitung des düsteren Kapitels Zweiter Weltkrieg, Nazi-Gold und Flüchtlingspolitik im Gefolge der Bergier-Kom-mission fühlen sich nur wenige Jahre danach reak- tionäre Kräfte mit einem patriotisch-verklärten Ge-schichtsbewusstsein im Aufwind, als wäre nichts ge-wesen. Um weitere womöglich unbequeme Erkennt-nisse abzuwehren, wird prophylaktisch die Integrität der Forschenden demontiert. So einfach ist das. Soll aber künftig über dunkle Kapitel geschwiegen werden wie heute Blocher über Südafrika? Das Gebaren der SVP erinnert an Jörg Haiders FPÖ, die einen rechtspopulistischen Wahlkampf

gegen die «linke Kulturschickeria» und «sozialis-tische Staatskünstler» führte. Es sollte der Volks-

zorn auf KünstlerInnen wie Elfriede Jelinek oder Claus Peymann vom Wiener Burgtheater umgelenkt

und damit von der eigenen Fremdenfeindlichkeit ab-gelenkt werden. Will die SVP diesem Beispiel folgen? Die Geschichte gibt dafür keine Empfehlung her. Hai-der ist zwar in Kärnten immer noch im Amt, aber sonst ist er Schnee von gestern. Jelinek hat ihn überlebt und letztes Jahr den Literaturnobelpreis erhalten. Und wir werden Büchel und die SVP überleben, und künftige Generationen werden etwas über die Sklavereiverant-wortung der Schweiz wissen. Trotz der SVP. (sp)

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Unmenschliche Paragrafen

Gegen das revidierte Asyl- und Ausländergesetz läuft das Referen- dum. Fünf Argumente für Unter- schriftensammlerInnen, die auch Bürgerliche von der Unmenschlich-keit der neuen Paragrafen über-zeugen wollen.

Von Ursula Surber, Mitglied im Ost-schweizer Solidari-tätsnetz

Wir sind immer mitgegangen, und irgendwann sind wir zu weit gegangen.» Mit diesen Worten

beschrieb CVP-Ständerat Eugen David am Republika-nischen Bankett des Ostschweizer Solidaritätsnetzes im April die laufende Teilrevision des Asylgeset-zes. «Wo der Kern des Asylrechtes tangiert wird, bei-spielsweise beim neuen Nichteintretens-Tatbestand für Papierlose, stösst die Strenge des Gesetzgebers an die Grenzen des Zulässigen.» So kommentierte die NZZ Mitte Dezember das Resultat. Bei der Teilrevi- sion haben die bürgerlichen Mitteparteien die Ver-schärfungsspirale tatkräftig weitergedreht.

S i c h a u f d i e H u m a n i t ä t b e s i n n e n // Einzel-ne ihrer Exponenten sind aber, das zeigen die Zitate, durchaus vom Gegenteil überzeugt. Genau auf «gu-te BürgerInnen», die sich auf die liberalen, christli-chen oder ganz einfach menschlichen Werte besinnen, kommt es an, wenn die wichtigste Abstimmung dieses Jahres gewonnen werden soll. Und sie muss gewonnen werden, denn:. Die humanitäre Tradition verkommt zum leeren Ge-schwätz. Wer künftig nicht innert Stunden nach der Ankunft Reise- oder Identitätspapiere abgibt, wird vom Asylverfahren ausgeschlossen. Damit wird die angebliche Missbrauchsbekämpfung über den Schutz von Verfolgten gestellt: Verfolgte haben häufig kei-ne Papiere – und noch nicht einmal Schweizerinnen können sich in solch kurzer Frist welche beschaffen. Staatsrechtler wie auch die UNHCR gehen von einer Verletzung der Genfer Flüchtlingskonvention aus. . Verschärfung um Verschärfung ist keine Strategie. Neben die auf Monate verlängerte Ausschaffungs-haft tritt eine Beugehaft, die den Willen der Asylsu-chenden brechen soll. Der Sozialhilfestopp wird von Asylsuchenden mit Nichteintretensentscheid auf alle mit negativem Entscheid ausgedehnt. Die Folge wer-den nicht weniger Asylsuchende sein, sondern noch mehr, die untertauchen. Statt weiteren Verschärfun-gen braucht die Schweiz ein Migrationsgesetz, das den verschiedenen Fluchtgründen Rechnung trägt.

. Die Rechtsstaatlichkeit wird ausgehebelt. In Beuge-haft können auch Kinder ge-nommen werden, der Sozial-hilfestopp macht nicht Halt vor Familien, vor Waisen, vor schwangeren Frauen. Woh-nungen von Asylsuchenden können ohne richterlichen Be-fehl durchsucht, auch biometrische Daten von Asylsuchenden können erfasst werden. Im gesamten Asylwe-sen findet eine schleichende Rechts-verdrehung statt: Der Asylsuchen-de ist vorneweg nicht unschuldig, sondern schuldig – allein dafür, dass es ihn gibt. . Die Asylzahlen sind auf ei-nem Tiefstand. Die Aktivität

im Asylwesen ist umso unverständlicher, wenn man sich die aktuellen Asylzahlen vom Januar vor Au-gen führt: Die Zahl der Asylgesuche ist gegenüber dem Vorjahr um % zurückgegangen. Die Asylsuchenden und die aufgenommenen Flüchtlinge wiederum ma-chen bloss ein Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Das Asylwesen missbrauchen nicht die Asylsuchen-den. Sondern jene Politikerinnen und Politiker, die da-mit Angstmacherei betreiben.. Die Integration wird erschwert. Die selbe Stossrich-tung wie das Asylgesetz verfolgt auch das neue Aus-ländergesetz. Die Beschränkung der Zulassung auf Hochqualifizierte drängt noch mehr Arbeitssuchende ins Asylverfahren bzw. in die Illegalität. Zwischen EU-Bürgern und Nicht-EU-Bürger werden in Bezug auf die Niederlassung und den Familiennachzug diskriminie-rende Unterschiede geschaffen. Vielen ist die harte und zudem teure Asylpra-xis gar nicht bekannt. Wie die Sendung « vor » am . Januar zeigte, fliegt alle zwei Monate ein Air-bus mit abgewiesenen Asylsuchenden nach Nigeria. Die Flüchtlinge sind am ganzen Körper an den Sitz ge-fesselt. Jeder wird von zwei Polizeibeamten begleitet. Unsinnige Kosten laufen hier auf. «Die vor zehn Jah-ren etablierten Zwangsmassnahmen im Ausländer-recht sind faktische Notstandsgesetze», sagt die HSG-Philosophieprofessorin Katrin Meyer. «Dazu können wir nicht schweigen», sagt der Churer Bischof Amédée Grab. «Wenn wir diese Menschen erniedrigen, büs-sen wir unsere eigene Menschenwürde ein», sagt die Flüchtlingshelferin Anni Lanz. Schon viele sind auf-gestanden gegen die Kälte in der Asylpolitik. Es muss mehr als die Hälfte der Bevölkerung werden.‡ www.solidaritaetsnetz.ch

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Rote Karte für FC-Müller

Nachdem das Parlament abgeschafft und die SP aus dem Stadtrat gemobbt wurde, sind in Rorschach den Bürgerlichen die alten Feind-bilder abhanden gekommen. Der neue Sündenbock ist nun der Kanton. Doch der will nicht mitspielen.

Mit Slogans im SVP-Stil wie «Haben wir genug ge-trödelt?» oder «Jetzt ist Zeit für eine Ausländer-

politik mit Biss» wurde die SP bei den letzten Wah-len durch eine bürgerliche Allianz aus der Regierung gemobbt. Obwohl CVP und FDP seit jeher die Mehr-heit im Parlament und den Stadtpräsidenten stellten, weckten sie mit ihrer Kampagne mit dem Slogan «Bür-gerliche Sprengkraft. Aufbrechen. Nicht stillstehen.» grosse Erwartungen. Denn für die negativen Entwick-lungen in Rorschach sollten vor allem das Parlament, die Sozialdemokraten und auch die ausländischen MitbewohnerInnen die Hauptschuld tragen. Seit zwei Jahren ist nun CVP-Stadtpräsident Thomas Müller im Amt. Seit einem Jahr ist der Stadtrat ohne SP-Vertretung. Müllers politische Bilanz fällt im Vergleich zu den von ihm geweckten Erwartungen sehr mager aus. Von einem Gesamtkonzept für Zukunftsin-vestitionen und die Stadtentwicklung ist weit und breit nichts zu sehen. Und als ob Rorschach nicht schon ge-nug Barrieren hätte, wird die Stadt nun noch durch Müllers ideologische Barrieren im Kopf blockiert. Weil er die Erneuerung aus eigener Kraft schaffen will, setzt

er einseitig auf Sparmassnahmen und verzichtet seit zwei Jahren freiwillig auf Unterstützungszahlungen des Kantons. Obwohl dieser ausdrücklich seine Hilfe anbietet.

S ü n d e n b o c k K a n t o n ? // Mit der Abschaffung des Parlaments und der Vertreibung der SP aus dem Stadt-rat sind Müller die alten Feindbilder abhanden gekom-men. Mit der bösen Kantonsregierung, die angeblich sämtliche Projekte blockiert, sollte ein neuer Sün-denbock her. Doch der Kanton will da nicht mitspie-len. Auf Anfang Jahr zitierte die Regierung daher den Rorschacher Stadtrat zu einer Aussprache in die Pfalz. Was in der regierungsrätlichen Medienmitteilung dar-über zu lesen war, kann in der vom ehemaligen FCSG-Präsidenten Müller so geliebten Fussballsprache nur so übersetzt werden: rote Karte! Mit ungewöhnlich deutlichen Worten übte die Regierung Kritik an den bisherigen Aktivitäten und am Kommunikationsgeba-ren des Rorschacher Stadtrates.

W e r t l o s e S k i z z e n s t a t t M a s t e r p l a n // In einem «Tagblatt»-Bericht vom . September hatte der Rorschacher Stadtrat verlauten lassen: «Der Stadtrat hat den Masterplan beim Kanton eingereicht. Dort prüfen nun verschiedene Ämter das Projekt.» Weite-re Details gab er nicht bekannt, mit der Begründung: «Der Kanton hat uns angehalten, nicht zu orientieren, bevor seine Stellungnahme eingetroffen ist.» Statt von einem «Masterplan» spricht die Regierung jedoch nur von «Skizzen», die eingereicht worden und als Ent-scheidungsgrundlage völlig untauglich seien. Weil nichts Taugliches vorliegt, wird also auch nichts ge-prüft. Auch wehrte sich die Regierung gegen den wie-derholt von Müller geäusserten Vorwurf, wonach eine restriktive Praxis des Kantons bei der Anrechnung von Ausgaben im Finanzausgleich das zielstrebige Planen und Realisieren von städtischen Vorhaben behindere. Die kantonale Regierungsdelegation machte im gegen-teil deutlich, dass der Finanzausgleich und die damit verbundenen finanziellen Vorgaben eine zukunftsge-richtete Stadt- und Regionsentwicklung unterstützen. Also: Die stadträtliche Informationspolitik strotzt nur so vor Halb- und Unwahrheiten! Aber auch in den eigenen Reihen wächst die Kritik an der Untätigkeit des Stadtpräsidenten. Alt-FDP-Regierungsrat Walter Kägi aus Rorschacherberg hat zum Jahreswechsel in einem Podiumsbeitrag im «Tagblatt» seinem Ärger freien Lauf gelassen und Mül-ler im Zusammenhang mit den Ideen für die Neunut-zung des Kornhauses scharf kritisiert. Kägi steht für eine weitere Mitarbeit an den Zukunftsideen für Ror-schach nicht mehr zur Verfügung.

M ü l l e r s A l l e i n g ä n g e // Statt das Potenzial von Rorschach zu nutzen und Zukunftsszenarien zu ent-wickeln, hat Müller in seinen zwei ersten Amtsjahren einseitig Sparen und Reorganisieren ins Zentrum der Politik gestellt. Dabei war ihm das Bildungswesen als grösster Budgetposten stets ein Dorn im Auge. Die qua-litativ sehr gute Schule in Rorschach, die auch schon national ausgezeichnet wurde und als Vorzeigemodell gilt, hat aber ihren Preis. Im Wahlkampf warb Mül-ler damit, Rorschach unattraktiv für AusländerInnen

Fortsetzung Seite Blick ins Leere: Wo ist Rorschachs grandiose Zukunft?

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machen zu wollen – spezielle Förderungsprogramme passen nicht in sein Weltbild. Aber auch hier sollte der «böse» Kanton die Rolle des Überbringers der schlech-ten Nachricht übernehmen. Wie aus der Antwort auf eine einfache Anfra-ge von SP-Kantonsrätin Maria Huber hervorgeht, be-stellte der Stadtrat beim Kanton eine Geschäfts- bzw. Rechnungsprüfung, um ein mögliches Sparpotenzial aufzuzeigen. Der Stadtrat und der Schulrat haben bei der Revisionsbesprechung mit den kantonalen Stel-len den Anweisungen im Entwurf zugestimmt. Erst nach der formellen Eröffnung der Revisionsverfügung

des Departements des Innern haben sie sich dagegen zur Wehr gesetzt. Die Einreichung einer Interpella- tion durch FDP-Stadt- und Kantonsrat Rolf Deubel-beiss zum Thema und die Reaktionen von Mitgliedern des Schulrates lassen darauf schliessen, dass die An-frage eine Einzelaktion des Stadtpräsidenten war und die involvierten Gremien darüber gar nicht informiert waren! Die politische Aufarbeitung dieser fast un-glaublichen Vorgänge wird wohl noch einiges zu reden geben. Vielleicht gewinnt dadurch das Argument von Müller, sein Nationalratsmandat wäre eine Chance für Rorschach, sogar an Unterstützung – man könnte ihn wenigstens teilzeitlich nach Bern wegbefördern. (sp)

Ihr Kinderlein kommet – die CVP und die Kinderzulagen

Die Weihnachtszeit weckt jeweils das christliche Gewissen der CVP und wärmt ihr Herz für die Familie. Doch ihre jüngste Slalomfahrt bei den Kinderzulagen zeigt, zu welchen Tricksereien die ehemalige Staatspartei immer noch fähig ist.

Die CVP ist sehr erfreut, dass sie im Nationalrat die Mindestbeträge von bzw. Franken für

Kinderzulagen durchsetzen konnte»: So meldet die Partei auf ihrer Homepage. Wirklich erstaunlich, wel-che Siege man mit nur von Sitzen im National-rat doch erringen kann! Die SP hat fast doppelt so vie-le Stimmen zu diesem bescheidenen Schritt nach vorn beigesteuert. Ginge es nach der SP, würden die Fami-lien noch weit grosszügiger entschädigt. Auch im Kanton St.Gallen wollte sich die CVP vor Weihnachten den Kinderlein gegenüber grosszü-gig zeigen und die Kinderzulagen auf den Stand brin-gen, den der Bund (falls auch der Ständerat mitmacht) ohnehin bald vorschreiben wird. Denn höhere Kin-derzulagen machen doppelt Sinn, wie Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz, die ehemalige Kantonalpräsi-dentin der CVP, schreibt: «Eltern erbringen unschätz-bare Leistungen für ihre Familiengemeinschaft und für die gesamte Gesellschaft.» Und: «Sie bringen eine Entlastung des Mittelstandes.»

T r i c k s e r e i e n i m K a n t o n s r a t // Doch die CVP-Fraktion im St.Galler Kantonsrat war mit diesem Dop-pelnutzen noch nicht zufrieden. Sie dachte sich einen besonders cleveren Trick aus, um den Gewerblern und Vertretern der Ausgleichskassen in ihren Reihen ein

grosszügiges Weihnachtsgeschenk zu machen: Die El-tern sollen die Erhöhung der Kinderzulagen mit Lohn-prozenten gleich selber finanzieren. Genau dies be-zweckte der CVP-Antrag, dass die Arbeitnehmenden an der Finanzierung der Kinderzulagen zu beteiligen seien. Bekanntlich werden die Kinderzulagen bisher von den Arbeitgebern allein berappt. Es gibt nur eine Ausnahme: Im Zulagenparadies Wallis zahlen auch die Arbeitnehmenden mit, doch sind dafür die Kinder-zulagen dort deutlich höher ( Franken für die bei-den ersten Kinder, für das dritte und jedes weitere Franken). Dass die SP einer solchen «Lösung» nicht zu-stimmen konnte, ist klar. Die CVP hat im Kantonsrat in dieser Sache einen wahren Slalomfahrt hingelegt: In der ersten Lesung stimmte sie mit der SP für eine Erhöhung der Kinderzulagen, um dann in derselben Lesung gleich wieder für eine Verschiebung der Erhö-hung und eine Mitfinanzierung der Arbeitnehmenden zu stimmen. Dieses Verhalten beweist nur allzu klar, wie ernst es der Partei mit ihrem Engagement für die Familien wirklich ist. Um nochmals Frau Meier-Schatz zu zitieren: «Diese sehr wertvollen Leistungen (der Eltern) werden leider von vielen verkannt.» Zu diesen «vielen» gehö-ren also auch die Mitglieder der St.Galler CVP im Kan-tonsrat. Ihr Motto lautet: «Höhere Zulagen nur, wenn wir bei den Eltern zulangen können.» Das aber ist we-der sozial noch familienfreundlich. Die CVP muss die politische Verantwortung übernehmen, wenn es we-gen ihrer Trickserei zu keiner Lösung kommt, die die Familien in unserm Kanton endlich deutlich entlastet.

Hansueli Baumgartner

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Nach der Slalomfahrt der CVP in Sachen Kinderzulagen ist einpolitischer Pannendienst nötig.

Fortsetzung von Seite 6

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Unersättliche Fussballbosse

Die Stadionbetreiber stecken offen- bar in Finanznöten. Jetzt machen sie schon wieder beim Kanton die hohle Hand. Setzt sich der FDP-Fussballfilz erneut durch?

Die St.Galler Regierung erlebt zurzeit wieder mal, dass sie das Sprichwort vom Finger und der gan-

zen Hand ernster nehmen muss. Schon seit einiger Zeit wird an den Stammtischen gemunkelt, dass den Stadionbetreibern um Hans Hurni ein paar Milliön-chen fehlen. Sie sollen erneut beim Kanton die hoh-le Hand gemacht haben, nachdem sie bereits fürstlich beschenkt worden sind wie keine andere Gruppierung. Stimmt das? «Das ist falsch», sagte Hans Hurni auf Anfrage. Mehr ist aus ihm nicht herauszubringen. Die Antwort des kantonalen Finanzchefs Peter Schönenberger ist etwas differenzierter: «Es gab keine konkrete Anfrage betreffend Finanzierung. Jedoch gab es Kontakte, die den Betrieb der Sportanlage betreffen.» Die Stadion-betreiber wünschten eine Einbindung der öffentlichen Hand in die Strukturen des Betriebs. In Basel soll es ähnliche Modelle geben. Schö-nenberger will davon jedoch nichts wissen. Falls es Probleme gebe, sei der Staat dann in der Pflicht. Im Klartext heisst das: Falls etwas schief geht und der FCSG sportlich oder wirtschaftlich absteigt, ist der Kanton mit an Bord und muss zahlen. Frei nach dem Motto: Mitgegangen, mitgehangen. Ob allfällige Ge-winne auch mit dem Staat geteilt würden, ist dage-gen mehr als unsicher. Es kann festgehalten werden: Die Stadionbetreiber wollen noch weitere Leistungen vom Staat und damit von den Steuerzahlenden – nach allem, was sie schon erhalten haben. Blenden wir zu-rück: Ende der er Jahre beschliessen ein paar Män-ner, dass St.Gallen ein neues Fussballstadion brau-

che. Das soll alles privat finanziert werden. Um Geld hereinzuholen, soll mit dem Stadion ein Einkaufszen-trum gebaut werden. Der Staat soll möglichst wenig dreinreden, aber er darf das Grundstück in St.Gallen-Winkeln gratis abgeben. Damit ganz klar ist, dass nicht etwa der Staat baut, wird ein Firmengeflecht errichtet. Neben der Trä-ger-AG gibt es eine Betreiber-AG (Betriebs AG Stadion St.Gallen) und eine Fussballspiel-AG (FC St.Gallen AG). Damit die Übersicht nicht verloren geht, jassen die Männer unter sich die Jöblis aus. Der FC-St.Gallen-Filz, wie er leibt und lebt: Thomas Müller, ex-Präsident FC St.Gallen und Gründungsmitglied der Stadion AG; Max R. Hungerbühler, ex-Vorstand FC St.Gallen und immer noch Mitglied der Stadion AG; Hans Hurni, um-triebiger Casinobesitzer und «Stadionvater», sprich Verwaltungsratspräsident; Dieter Fröhlich, heutiger Präsident FC St.Gallen AG und Vizepräsident der Be-triebs AG; Bill Mistura, Vizepräsident FC St.Gallen AG und bald CEO der Betriebs AG. Damit die Verbindun-gen in die Politik auch klappen, ist schliesslich noch ex-FDP-Präsident Andreas Zeller eingebunden. Der Kantonsrat und das Stadtparlament ma-chen mit. Weitere versteckte Subventionen kommen dazu. Über den Finanzausgleich und mit dem Kauf von Sitzplatzoptionen durch den Kanton werden Zah-lungen an die Stadion AG und den FCSG getätigt. Das grösste Bauvorhaben soll nun in irreal kurzer Zeit durchgezogen werden. Der VCS, die Linke und An-wohnerInnen, die sich dagegen wehrten, wurden aufs Übelste beschimpft. Zuguterletzt wurden mehrheits-fähige Lösungen mit flankierenden Massnahmen zum Schutz des Quartiers gefunden. Viele dieser Massnah-men werden wieder mit Steuergeldern finanziert: Bund und Kanton bauen die neuen Autobahn-Zubringer, die Stadt erweitert ihr Busnetz.

B a u v e r z ö g e r e r H R S // Die Bauarbeiten an der Au-tobahn und die verkehrsberuhigenden Massnahmen wurden sofort nach der Busbewilligung in Angriff ge-nommen. Nur beim eigentlichen Stadionbau fuhren lange keine Bagger auf. Nachdem jahrelang auf die vermeintlichen «Verhinderer» eingeschossen wurde, war nun der Generalunternehmer HRS nicht startbe-reit. Fehlende Planung und Finanzlücken verzögerten den Baubeginn. Jetzt sind die Bagger doch noch aufge-fahren, und die Probleme verlagern sich in die angren-zenden Gemeinden. In Niederbüren muss die Gemein-de einen Schulbus finanzieren, weil die Lastwagen mit

dem Aushubmaterial zu Hunderten durch die Gemeinde fahren. Wei-tere Folgekosten für die öffentli-che Hand fallen so sicher an wie das Amen in der Kirche. In Genf hat sich gezeigt, wo-hin der Casino-Fussball-Kapi-

talismus führt. Ein noch nicht fer-tiggestelltes Stadion ohne Fuss-

ballclub (Servette ging pleite!) muss mit Steuergeldern erhalten werden. Das

Volk sagte zu einer Beteiligung zum Glück «Non». Schönenberger hat auch «Nein»

gesagt. Es bleibt zu hoffen, dass sich Regierung und Parlament nicht vom FDP-Fussball-Filz um den Finger wickeln lassen. (pol)

FCSG-Fussballstadion: schon wieder eine hohle Hand.Bi

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Für eine Stadt ohne Willkür

Nun ist es Tatsache. Ab dem 1. Januar 2006 ist in St.Gallen das neue Polizeireglement mit dem umstrittenen «Wegweisungs- artikel» in Kraft. Der Widerstand geht aber weiter.

Mit vielen Emotionen war der Kampf gegen diesen men-

schenverachtenden Artikel geführt worden, der der Polizei erlaubt, eine Ansammlung von mindestens drei Personen bei Verdacht auf Störung der öffentlichen Ordnung wegzuwei-sen. Leider ging die Abstimmung ver- loren. Statt allfällige Probleme an der Wurzel anzupacken, geht man lieber den einfachs-ten Weg: Man erlässt ein Gesetz, um diese sogenannten «Probleme» vom öffentlichen Raum fernzuhalten. Dies alles vor dem Hintergrund der Ideologie der «sauberen Stadt». Als jüngstes Beispiel kann die Überwachung der «Stadtlounge» bei der Raiffeisenbank mit Über-wachungskameras dienen. Ursprünglich ein Kunstge-schenk an die Stadt, soll der «rote Platz» nun offenbar von unerwünschten Personen gereinigt und für Ban-ker- und BeizenbesucherInnen sauber gehalten wer- den. Wie repressiv vorgegangen wird, zeigte die fried-liche Velodemo im letzten Herbst, an der die Teilneh-menden eingekesselt und angezeigt wurden. Sodann unterbrach die Polizei eine Aktion der Juso am Tag der Menschenrechte bereits nach einer Stunde und ver-hängte eine Busse von Franken wegen fehlender Bewilligung. All das zeigt, dass die Polizei Wegweisun-gen allen Beteuerungen zum Trotz als primäres Ein-satzmittel anwenden wird. Polizeistaat, wir kommen? Heute bleiben Fragen offen wie: Was kann ich bei einer Wegweisung tun? Wo sind die Grenzen zur Polizeiwillkür? Wie reagieren Beamte, wenn Punks in der Stadtlounge bei der Raiffeisenbank ein Fest feiern, wenn Jugendliche die warmen Sommerabende auf Dreiweihern mit Gitarre und Bier verbringen, wenn die Juso mit «Aktiv Unzufrieden» ein weiteres gesell-schaftskritisches Strassentheater in der Stadt zeigt?

G e g e n s t ü c k z u r « s a u b e r e n S t a d t » // Span-nend wird es auch sein zu beobachten, wie die Polizei bei (un-)sportlichen Fan-Ausschreitungen bei FCSG-Spielen reagieren wird. Aller Augen werden dann auf die Polizei gerichtet sein. Jetzt schon steht fest, dass

gegen willkürliche Wegweisungen Beschwerden ein-gereicht werden. Auch wird eine Anlaufsstelle für Weggewiesene eingerichtet, um die Fälle zu dokumen-tieren und in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Es soll eine Debatte über das realitätsferne Wunsch-bild einer sauberen Stadt beginnen. Unsere Stadt soll leben und ein «Gegenstück» zur polizeilichen Vision einer ruhiggestellten Stadt sein, die hinter diesem Re-glement steht. St.Gallen soll eine Stadt für jedermann sein, eine Stadt ohne Diskriminierung von Personen, die randständig sind. Niemand soll aus seinem sozia-len Umfeld weggewiesen werden. Nun heisst es für den Widerstand, dort anzu-knüpfen, wo er aufgehört hat, und er darf nicht ver-sanden. Wir resignieren nicht, wir kämpfen! Wir wol-len tanzen, träumen, leben und nicht weggewiesen werden. Dieser Kampf kann nicht mit einem Informa- tionsabend oder einer einzigen Abstimmung gewon-nen werden. Hierzu braucht es mehr. Innovativ und kreativ müssen wir sein, um dieser Gesellschaft eine Alternative zur Angst vor mehr Vandalismus, mehr stö-renden Punks, mehr Drogensüchtigen und betrunke-nen Jugendlichen aufzuzeigen. Mit der gezielten Schü-rung solcher Ängste haben die BefürworterInnen den Abstimmungskampf gewonnen. Was braucht es noch? Viel Herz und Geduld. Es gilt, die persönliche Freiheit des Menschen zu vertei-digen. Der Weg ist lang, das Polizeireglement noch frisch. Eine Stadt ohne Willkür mit einer saftigen Por-tion mehr Leben – das ist die Hoffnung und das Ziel. Wir bleiben wach, und wir gehen trotzdem auf die Strasse – um dem Polizeireglement den richtigen Weg zu weisen.

Von Antonio Leanza, Sekretär Juso St.Gallen

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Die Polizei sagt nicht nur «Grüezi» in der sauberen Stadt St.Gallen ...

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Sie wollen das Rad der Zeit zurückdrehen

In der Stadt St.Gallen versucht eine private Interessengemeinschaft unter dem verführerischen Titel «IG Chance Marktplatz», mit dem Bau einer Grossparkgarage die von Stadtrat und Stadtparlament in den vergangenen zwölf Jahren entwickelte und vom Stimmvolk immer wieder bestätigte Verkehrs- und Stadtentwicklungspolitik umzustossen.

Die St.GallerInnen haben in einer historischen Abstimmung mit einem Zweidrittelsmehr die von

bürgerlichen Parteien und den Wirtschaftsverbänden geforderte zweite Verkehrslängsachse (Südumfah-rung) wuchtig bachab geschickt. Seither hat in breiten Kreisen die Einsicht zugenommen, dass neue Stras-senvorhaben bestehende Verkehrsprobleme nicht be-heben, sondern bestenfalls verschieben können. Die seither konsequent verfolgte Verkehrsberuhigung und Aufwertung der Altstadt, verbunden mit dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs, hat in den Köpfen der FDP und SVP sowie der WISG (Verein «Wirtschaft Region St.Gallen») leider kein Umdenken ausgelöst.

Ü b e r 3 0 0 0 P a r k p l ä t z e // Bohl und Marktplatz bilden zusammen den Kern der St.Galler Altstadt. Sie sind Begegnungszentrum der Innenstadt und die meistfrequentierte Halte- und Umsteigestelle des öf-fentlichen Verkehrs. Mit der schrittweisen Sperrung der Durchfahrt von Osten her wurden am Marktplatz entscheidende Verbesserungen zu Gunsten des öffent-lichen und des Langsamverkehrs erreicht. Gleichzeitig sieht das weitere Konzept vor, für die aufzuhebenden oberirdischen Parkplätze in der Altstadt Ersatz in zu-mutbarer Gehdistanz zu schaffen. Schon heute stehen in der Innenstadt rund zweitausend Parkplätze zur Verfügung. Mit der im Bau befindlichen Erweiterung der Parkgarage Brühltor, der «Webersbleiche», dem Kongresshaus beim Hotel Ein-stein und dem Athletik-Zentrum-St.Gallen sowie den im Bahnhofbereich geplanten Parkplätzen im Rah-men des Fachhochschulausbaus stehen in unmittelba-rer Zukunft und Altstadtnähe über tausend zusätzli-che Parkplätze zur Verfügung.

Ö V k o m m t z u m E r l i e g e n // Während diese Park-platzprojekte in das bestehende Verkehrskonzept ein-gebettet sind, liegt die von der «IG Chance Marktplatz» propagierte Tiefgarage mit sechs Stockwerken und Plätzen, die zu einem erheblichen Teil von den betei-ligten Banken und Firmen privat beansprucht wer-den, völlig quer in der Landschaft. Dies bestätigt der Stadtrat in einer von der SP eingereichten Interpel-lation: «Das umliegende Strassennetz der Garage ist in der jetzigen Situation teilweise an der Belastungs-grenze oder bereits überlastet (Knoten Blumenberg-platz/Unterer Graben). Das Projekt mit dieser Anzahl zusätzlicher Parkplätze wurde zu einer markanten Be-

Von Doris Königer, SP-Stadtparlamen-tarierin, St.Gallen

lastungsüberschreitung und damit zu mehr Staus am Unteren Graben sowie zu Behinderungen des öffentli-chen Verkehrs führen». Dabei hat das Volk am . September mit % Ja-Stimmen einem Kredit von , Millionen Fran-ken für neue Busse zugestimmt. Zusätzlich sind neue LighTrams (überlange Trolleybusse) für mehre-re Millionen Franken vorgesehen. Seit einem Jahr ver-kehren die neuen Trams der Trogenerbahn, und im Rahmen des Tarifverbundes «Ostwind» stehen weitere Fahrplanverbesserungen unmittelbar bevor. Diese für die ganze Region St.Gallen zukunftsweisenden, mil-lionenteuren Investitionen laufen Gefahr, am Markt-platz abgewürgt zu werden!

S ü d u m f a h r u n g d u r c h d i e H i n t e r t ü r e ? // Mit ihrem Grossparkgaragenprojekt am Marktplatz neh-men bürgerliche Kreise, unterstützt von der WISG, das Stranden des öffentlichen Verkehrs bewusst in Kauf. Die im Vorfeld der vergangenen Stadtparlamentswah-len von der FDP und der WISG aus der Mottenkiste her-vorgeholte Südumfahrung, verbunden mit der dritten Röhre beim Rosenbergtunnel, zeigt, dass diese Krei-se einer rückwärtsgerichteten Verkehrspolitik verhaf-tet geblieben sind. Unter diesem Blickwinkel entpuppt sich die verführerische Koppelung der sonst unbestrit-tenen Neugestaltung des Marktplatzes mit der öV-ge-fährdenden Grossparkgarage als gefährlicher strategi- scher Schachzug. Es ist offensichtlich, dass mit dem Ausbremsen des öV am Marktplatz Sachzwänge ge-schaffen werden sollen, die die Realisierung der alten Südumfahrung doch noch ermöglichen sollen.

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Marktplatz St.Gallen: Nur noch ein Garagendeckel?

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Schmuckstück FDP Rheineck

Die FDP Rheineck ist ein Problem: Zuerst wurden in einer gesteuer-ten Aktion mit massgebender FDP-Beteiligung alle Einbürgerungs-gesuche von Moslems abgeschmet- tert, dann wurde der neugewählte Parteipräsident Roland De Vallier im «Kassensturz» als Abzocker hingestellt.

Es war vor bald einem Jahr, als an der Bürgerver-sammlung in Rheineck Einbürgerungsgesuche

abgeschmettert wurden. Immer wieder stand einer dieser aufrechten Bürger auf und las ein Sätzchen vom Papier ab, notabene immer das gleiche. «Wegen Man-

gels an Integration und Beteiligung am Städtlileben», lautete die stereotype Begründung. Die Folge: Sämtli-che Anträge von Moslems wurden abgeschmettert. Ei-ner dieser Helden, die dafür sorgten, dass das Rhein-tal in der ganzen Schweiz wieder einmal als borniert und hinterwäldlerisch dastand, heisst Roland De Val-lier. Fünf Tage nach der Bürgerversammlung wurde er – wie zur Belohnung – zum Präsidenten der FDP- Orts-partei gewählt.

F D P - P r ä s i d e n t i m « K a s s e n s t u r z » // Seine Vor-standskollegen dürften bei der Wahl nur wenig über die Geschäfte von De Vallier gewusst haben. Das ist auch schwierig, denn der umtriebige Geschäftsmann sitzt gleich in mehreren Firmen. Er ist Verwaltungs-ratspräsident der Vita-Confort AG in Wollerau, Ge-schäftsführer der Inkasso Service GmbH in Rheineck und der HRCCM GmbH ebenfalls in Wollerau (SZ). Mehr erfuhren die FDP-Parteikollegen dann anfangs Dezember – bequem vom Fernsehsessel aus: Der «Kas-sensturz» brachte einen Beitrag über die Vita-Confort AG, der Firma von Roland De Vallier. Es ging um Ab-zockerei mit überteuerten Elektrogeräten gegen Arth-ritis. Das Fernsehteam versuchte vom Verwaltungs-ratspräsidenten De Vallier eine Stellungnahme zu er- halten. Vergeblich, der Politiker stellte sich der Kame-ra nicht. Die Vorwürfe sind happig: Einer jährigen Frau, die an Arthrose litt, wurde ein Elektrogerät ver-kauft, das eine Linderung der chronischen Schmerzen versprach. Der Apparat kostete happige ’ Franken.

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Impressum «links». // Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen. Erscheint mindestens 5x jährlich. Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen, Postfach, 9001 St.Gallen, Tel. 071 222 45 85, Fax 071 222 45 91. An dieser Nummer haben mitgearbeitet: Hansueli Baumgartner, Heinz Brunner, Barbara Gysi, Ralph Hug, Peter Olibet, Jonas Stillhard u.a.; Markus Traber (Gestaltung, Layout). Druck: Tschudy Druck AG, St.Gallen.

SP Kanton St.Gallen1. April, kantonaler Parteitag, Ebnat-Kappel

SP Wahlkreis St.Gallen2. März, 19:30 Uhr, Hauptversamm-lung, Historischer Saal, Haupt-bahnhof St.Gallen, ab 20:15 Uhr öffentliche Veranstal-tung: «In welche Richtung entwi-ckelt sich der Öffentliche Verkehr im Raum St.Gallen?»

SP Wahlkreis Wil-UntertoggenburgBitte vormerken: 4. Mai, Hauptver-sammlung, Kreuz, Zuzwil

SP Wahlkreis Rheintal17. März, 19 Uhr, Delegiertenver-sammlung , Restaurant Freihof, Widnau

SP Wahlkreis WerdenbergNeu: Weblog unter blog.sp-werdenberg.ch

SP Stadt St.Gallen25. Februar, ab 11 Uhr, Stamm, Restaurant Hintere Post23. März, 20 Uhr, Hauptversamm-lung25. März, ab 11 Uhr, Stamm, Restau-rant Hintere Post29. April, ab 11 Uhr, Stamm, Restau-rant Hintere Post

SP Wil13. März, 19.30 Uhr Hauptversamm-lung, Hof zu Wil

SP St.Margrethen21. März, 19.30 Uhr, Frühlingsver-sammlung, Pizzeria da Franco

SP Flawil22. Februar, 20 Uhr, Parteiversamm-lung, Gemeinderat Elmar Metzger informiert über die Auswertung der Securitaseinsätze 25. Februar, 9 bis 12 Uhr Unter-

schriftensammlung für die Refe-renden zum Asyl- und Ausländer-gesetz Bahnhofstrasse 23. März, 20 Uhr, Vorbereitung Bür-gerversammlung

SP Frauen Stadt St. Gallen Jeden 1. Dienstag im Monat Mit-tagessen im Restaurant Marktplatz

SP-Vorstösse aus der November Session des Kantonsrates: Motion:SP-Fraktion: Neureglung Kinderzu-lagen; Baumgartner-Flawil: Son-derschulgesetz; Pellizzari-Lichten-steig und andere: Screening-Pro-gramm zur Brustkrebs-Früherken-nung für Frauen ab 50: Leid ver-mindern, teure Behandlungskos-ten sparenInterpellationen:SP-Fraktion: Sicherstellung von Gewinnabschöpfung bei Land- und Liegenschaftsverkäufen; SP Frak- tion: St.Gallen und Apartheidre-gime Südafrika; Hartmann-Flawil/Beeler-Ebnat-Kappel/Altenburger-

Impressum «links». // Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen. Erscheint mindestens 5x jährlich. Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen, Postfach, 9001 St.Gallen, Tel. 071 222 45 85, Fax 071 222 45 91. An dieser Nummer haben mitgearbeitet: Hansueli Baumgartner, Heinz Brunner, Barbara Gysi, Ralph Hug, Peter Olibet,Jonas Stillhard u.a.; Markus Traber (Gestaltung, Layout). Druck: H. Tschudy & Co. AG, St.Gallen.

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S e r v i c eLinks Nr. 2/2006 Redaktionsschluss: 7. März 06Erscheinen: 31. März 06

Buchs: Abbaupläne von SBB-Cargo: Auswirkungen auf den Kanton St.Gallen; Blumer-Gossau: Die neuen Discounter (Aldi, Lidl) hebeln den Richtplan aus; Bach-mann-St.Gallen: Kinder- und Jugendberatung / Kinder und Jugendschutz im Kanton St.Gallen; Huber-Rorschach: Keine Rückzah-lung für definitiv veranlagte Steuererklärungen bei den Allein-erziehenden; Gemperle/Goldach und andere: Auftritt des Kantons gegen aussen

Bald stellte sich heraus, dass das Gerät überhaupt kei-ne Besserung brachte. Im Gegenteil: Die Schmerzen wurden schlimmer. Ein vom Kassensturz kontaktier-ter Rheumaexperte des Unispitals Zürich bestätig-te die Nutzlosigkeit des teuren Gerätes. Ein Elektro-fachmann erklärte, ähnliche Apparate gebe es auch für 180 Franken. Gegenüber dem «Rheintaler» wies De Vallier alle Vorwürfe zurück. Dem Kassensturz gehe es nur um die Einschaltquote, flüchtete er sich in eine Medienschelte. Doch seltsam, trotz des für einen Ge-schäftsmann fatalen Vorwurfs der Abzockerei und an-geblich falschen Recherchen des TV-Magazins will De Vallier keine Klage einreichen. Offensichtlich rechnet er damit, die Anschuldigungen aussitzen zu können.

Diese Rechnung könnte aufgehen. Ob der unangeneh-men News aus Leutschenbach hatten FDP-Vorstands-kollegen zwar ein Gespräch angekündigt. Zumindest bis zum Redaktionsschluss hatte es keine Folgen: De Vallier amtet immer noch als Ortspräsident.

F D P - G e m a u s c h e l // «Geredet wird nur hinter den Kulissen», weiss die Rheinecker SP-Kantonsrätin Ruth Erat. Eine Diskussion über die fragwürdigen Geschäf-te des Ortspräsidenten habe in der Öffentlichkeit nicht stattgefunden. Rheineck ist halt fest in FDP-Hand. Im Gemeinderat sind vier Mitglieder bei der FDP und drei bei der CVP. Der FDP gehört auch der Gemeinde-schreiber an. Soviel politische Macht verleitet zum Ge-mauschel. Das Gerücht, die FDP habe die Aktion gegen die Einbürgerungen eingefädelt, kursiert schon länger. Und Gemeindepräsident Hans Pfäffli (FDP) machte nie Anstalten, dem entgegenzutreten. Im Gegenteil, bei der Bügerversammlung wehr-te er sich mit keinem Wort gegen die inszenierte Ak- tion, obwohl er der Einbürgerungskommission vor-steht, die die Anträge geprüft und empfohlen hatte. Im Versammlungsprotokoll waren dann seltsamer-weise nur die ablehnenden Bürgervoten zu finden. Es brauchte eine erfolgreiche Klage von Ruth Erat, bis we-nigstens im Protokoll Objektivität zustandekam. Die spätere Weisung des kantonalen Departementes des Innern, die Entscheide aufzuheben, bezeichnete Pfäff-li als «undemokratisch». Ihm tue die Bürgerschaft leid, gab er bekannt. Anderen tut Rheineck leid – wegen die-ser FDP. (psg)

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FDP Rheineck: «On» oder «Off»?