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1 links 3.06 Inhalt Juni 2006 // Nr. 3 2 Schulabbau in Wil 4 Repression als Heilmittel 5 Unsoziale St.Galler Steuerpolitik 6 Schlag gegen den Naturschutz 8 Markus Rau in Ungnade gefallen 10 Wahlkampf in St.Gallen Editorial // Die Parteien leisten einen Grossteil der politischen Ar- beit in der Schweiz. Wahlen, Abstimmungen und Meinungsbildung wären oh- ne sie nicht vorstellbar. Parteien waren aber immer auch ein Ort der Identität. Debatten unter Gleichgesinnten sorgen für rote Köpfe. Abgrenzung gegen- über dem «Klassenfeind» stärkt das Selbstbewusstsein. Es wird jedoch immer schwieriger, neue Kräfte für eine Partei zu gewinnen. In der heutigen Zeit fällt es oft schwer, sich festzulegen oder gar Mitglied einer Partei zu werden. Gerade für kleinere Ortsparteien und Sektionen ist dieses Desinteresse verheerend. Der Vorstand mag nicht mehr, es finden sich keine neuen Kräfte für die Parteiämter, die Sektion trocknet langsam aus. Dieses Phänomen ist nicht neu und betrifft auch nicht nur unsere Par- tei. Verschiedene Studien zeichnen ein düsteres Bild der schweizerischen Parteienlandschaft. Es gibt jedoch auch das Gegenteil: Neue Ortsparteien ent- stehen dort, wo sich eine motivierte Gruppe aus Lust an der Politik auf das Abenteuer Sektionsgründung einlässt. Doch wir kommen nicht darum herum, nach neuen Modellen und visionären Strukturen zu suchen, wenn wir das Feld der politischen Meinungsbildung nicht einfach irgendwelchen PR-Agenturen und Interessenverbänden überlassen wollen. Peter Olibet Fortsetzung Seite Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch Migros – der FDP-Konzern Der Grossverteiler erlaubt keine Unterschriften- sammlungen vor seinen Filialen. Doch wenn es seinen Interessen nützt, gilt das Verbot nicht: Die FDP durfte an bester Lage im Rheinpark für die Anti-VCS-Initiative sammeln. D ie Migros erteilt (wie auch Coop) grundsätzlich keine Bewilligungen für Stand- und Unterschrif- ten-Sammelaktionen vor ihren Filialen und schon gar nicht in den Läden drin. Die Kund- Innen sollen bei ihren Einkäufen nicht gestört werden. Dagegen lässt sich nichts einwenden, es ist das gute Recht der Detailhändler. Ausnahme für die FDP // Ende März galt der schöne Grundsatz nichts mehr. Wie die FDP Rheintal nicht ohne Stolz verkündete, erhielt sie von höchster Stelle der Ostschweizer Genossenschaftsleitung die Bewilligung, im Rheinpark mit einer Standaktion Un- terschriften zu sammeln. «Eine einmalige Ausnahme», sagt ein Migros-Sprecher. Die FDP erhielt für ihre Ak- tion den besten Platz im Rheinpark – direkt nach dem Haupteingang und schön an der Wärme. Riesengross prangte hinter dem blauen Stand eine Aufschrift mit dem FDP-Logo. Die FDP sammelte für die Initiative zur Ab- schaffung des Beschwerderechts, ihre bekannte Anti- VCS-Initiative, für deren Zustandekommen sie natio- nal , Mio. Franken auf den Tisch legte. Für die FDP Rheintal kam die Initiative wegen dem Millionen- Umbauprojekt des Rheinparks gerade zupass. Hier hatte der VCS Einsprache wegen der fehlenden Park- platzbewirtschaftung eingereicht. Danach gingen die Wogen im Rheintal und anderswo hoch – mit teils fal- schen Behauptungen, die sogar den Gemeinderat von St.Margrethen dazu bewogen, eine Klarstellung zur Diskussion zu veröffentlichen: «Es wird zum Teil heftig über eine Aufhebung des Verbandsbeschwerderechts diskutiert und dessen Abschaffung gefordert. Dieses Beschwerderecht besteht jedoch heute noch und ist gesetzlich festgelegt. Der VCS hat vom ihm zustehen- den Recht Gebrauch gemacht. Darin ist an sich nichts Unanständiges zu sehen.» Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es einigen FDPlern bei dieser Aktion offensichtlich nicht ganz wohl war. Es war ihnen klar, dass sie Unter- schriften für die Abschaffung des Verbandsbeschwer- derechts durch eine nationale Initiative der Zürcher FDP und nicht gegen die Parkplatzbewirtschaftung sammelten. Gekaufte Demokratie? // Das Verbandsbe- schwerderecht ist nötig, weil es der Natur eine Stim- me gibt. Nach Rothenthurm will eine Mehrheit der Bevölkerung nicht alles bedenkenlos dem Wirtschafts- wachstum opfern. Laut einer Studie der Universität Bildmontage «links»

Links St.Gallen 2006 Ausgabe 3

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Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen

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I n h a l t Juni 2006 // Nr. 32 Schulabbau in Wil4 Repression als Heilmittel5 Unsoziale St.Galler Steuerpolitik6 Schlag gegen den Naturschutz8 Markus Rau in Ungnade gefallen10 Wahlkampf in St.Gallen

E d i t o r i a l // Die Parteien leisten einen Grossteil der politischen Ar-beit in der Schweiz. Wahlen, Abstimmungen und Meinungsbildung wären oh-ne sie nicht vorstellbar. Parteien waren aber immer auch ein Ort der Identität. Debatten unter Gleichgesinnten sorgen für rote Köpfe. Abgrenzung gegen-über dem «Klassenfeind» stärkt das Selbstbewusstsein. Es wird jedoch immer schwieriger, neue Kräfte für eine Partei zu gewinnen. In der heutigen Zeit fällt es oft schwer, sich festzulegen oder gar Mitglied einer Partei zu werden. Gerade für kleinere Ortsparteien und Sektionen ist dieses Desinteresse verheerend. Der Vorstand mag nicht mehr, es finden sich keine neuen Kräfte für die Parteiämter, die Sektion trocknet langsam aus. Dieses Phänomen ist nicht neu und betrifft auch nicht nur unsere Par-tei. Verschiedene Studien zeichnen ein düsteres Bild der schweizerischen Parteienlandschaft. Es gibt jedoch auch das Gegenteil: Neue Ortsparteien ent-stehen dort, wo sich eine motivierte Gruppe aus Lust an der Politik auf das Abenteuer Sektionsgründung einlässt. Doch wir kommen nicht darum herum, nach neuen Modellen und visionären Strukturen zu suchen, wenn wir das Feld der politischen Meinungsbildung nicht einfach irgendwelchen PR-Agenturen und Interessenverbänden überlassen wollen. Peter Olibet Fortsetzung Seite

Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch

Migros –der FDP-KonzernDer Grossverteiler erlaubt keine Unterschriften-sammlungen vor seinen Filialen. Doch wenn es seinen Interessen nützt, gilt das Verbot nicht: Die FDP durfte an bester Lage im Rheinpark für die Anti-VCS-Initiative sammeln.

Die Migros erteilt (wie auch Coop) grundsätzlich keine Bewilligungen für Stand- und Unterschrif-

ten-Sammelaktionen vor ihren Filialen und schon gar nicht in den Läden drin. Die Kund- Innen sollen bei ihren Einkäufen nicht gestört werden. Dagegen lässt sich nichts einwenden, es ist das gute Recht der Detailhändler.

A u s n a h m e f ü r d i e F D P // Ende März galt der schöne Grundsatz nichts mehr. Wie die FDP Rheintal nicht ohne Stolz verkündete, erhielt sie von höchster Stelle der Ostschweizer Genossenschaftsleitung die Bewilligung, im Rheinpark mit einer Standaktion Un-terschriften zu sammeln. «Eine einmalige Ausnahme», sagt ein Migros-Sprecher. Die FDP erhielt für ihre Ak-tion den besten Platz im Rheinpark – direkt nach dem

Haupteingang und schön an der Wärme. Riesengross prangte hinter dem blauen Stand eine Aufschrift mit dem FDP-Logo. Die FDP sammelte für die Initiative zur Ab-schaffung des Beschwerderechts, ihre bekannte Anti-VCS-Initiative, für deren Zustandekommen sie natio-nal , Mio. Franken auf den Tisch legte. Für die FDP Rheintal kam die Initiative wegen dem Millionen-

Umbauprojekt des Rheinparks gerade zupass. Hier hatte der VCS Einsprache wegen der fehlenden Park-platzbewirtschaftung eingereicht. Danach gingen die Wogen im Rheintal und anderswo hoch – mit teils fal-schen Behauptungen, die sogar den Gemeinderat von St.Margrethen dazu bewogen, eine Klarstellung zur Diskussion zu veröffentlichen: «Es wird zum Teil heftig über eine Aufhebung des Verbandsbeschwerderechts diskutiert und dessen Abschaffung gefordert. Dieses Beschwerderecht besteht jedoch heute noch und ist gesetzlich festgelegt. Der VCS hat vom ihm zustehen-den Recht Gebrauch gemacht. Darin ist an sich nichts Unanständiges zu sehen.» Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es einigen FDPlern bei dieser Aktion offensichtlich nicht ganz wohl war. Es war ihnen klar, dass sie Unter-schriften für die Abschaffung des Verbandsbeschwer-derechts durch eine nationale Initiative der Zürcher FDP und nicht gegen die Parkplatzbewirtschaftung sammelten.

G e k a u f t e D e m o k r a t i e ? // Das Verbandsbe-schwerderecht ist nötig, weil es der Natur eine Stim-me gibt. Nach Rothenthurm will eine Mehrheit der Bevölkerung nicht alles bedenkenlos dem Wirtschafts-wachstum opfern. Laut einer Studie der Universität

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Fortsetzung von Seite

Seit Jahrzehnten schwelt in Wil das Oberstufen-problem. Den beiden öffentlichen Oberstufen

steht die elitäre, katholische Mädchensekundarschu-le St.Katharina gegenüber. Das «Kathi», wie die Schu-le genannt wird, hat zwar eine private Trägerschaft, wird aber von der öffentlichen Hand voll finanziert. Da sie ausschliesslich Sekundarschulmädchen offen steht, herrscht an den beiden öffentlichen Oberstufen-zentren ein Überschuss an Realklassen und ein Man-gel an Mädchen. Ein Zustand, der von vielen Kreisen

schon lange bemängelt wird. erlitt eine Volksini-tiative, die von besorgten Eltern und Lehrpersonen initiiert wurde und eine Öffnung des «Kathi» vorsah, massiv Schiffbruch. Zu gross war die Lobby der tradi-tionell verankerten Mädchensekundarschule. Seither hat sich gesellschaftlich vieles verändert. Mit der Zu-sammenführung von Real- und Sekundarschule hat sich der Anteil an ausländischen Kindern in den bei-den Oberstufenzentren massiv erhöht. Die öffentliche Schule sieht sich mit der schwierigen Aufgabe der so- zialen und sprachlichen Integration dieser Kinder konfrontiert. Die Mädchensekundarschule, die nur einen kleinen Prozentsatz gut integrierter, ausländi-scher Sekundarschülerinnen aufweist, konnte sich bis anhin fein raushalten.

P r i v a t i s i e r e n ? // verlangte ein parlamenta-rischer Vorstoss vom Schulrat ein neues Oberstufen-konzept unter Einbezug der Mädchensekundarschule St.Katharina. Wohlwissend um die politischen Macht-verhältnisse in Wil wurde die Aufgabe vom Wiler Schulrat gemächlich angegangen. Nun, sieben Jahre später, liegt das Oberstufenkonzept zur Vernehmlas-sung bereit. Doch die Vorlage entpuppt sich als eigent-liches Privatisierungsgeschäft. Vergeblich sucht man im seitigen Bericht nach einem pädagogischen Konzept. Stattdessen wird auf über zehn Seiten das Verhältnis der Stadt Wil zu den Privatschulen im Allgemeinen abgehandelt. Die Oberstufenfrage versucht der Stadtrat so zu lösen, dass die öffentliche Oberstufe Sonnenhof im Jahr kur-zerhand geschlossen werden soll. Dies wird mit den schwindenden SchülerInnenzahlen begründet, wobei

Steuergelder fürFundamentalisten?

In Wil sollen künftig sämtliche Privat- schulen Unterstützung erhalten, selbst ultrakonservative Religionsschulen. Und die öffentliche Oberstufe wird praktisch privatisiert. Ist Chancen-gleichheit in Wil ein Fremdwort?

Von Mark Zahner, SP-Gemeindeparla-mentarier, Wil

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Genf nützen die Umweltorganisationen das Beschwer-derecht keineswegs masslos aus: Zwischen und wurden total ’ Beschwerden aller Art vor Bun-desgericht geführt, nur 84 Fälle betrafen die Umwelt. Der Anteil der Umweltorganisationen ist somit ver-schwindend klein. Die Gutheissungsquote sämtlicher Beschwerden liegt bei , %, diejenige der Umweltor-ganisationen dagegen bei hohen %. Das heisst, dass die Umweltverbände oft Recht erhalten, was die Not-wendigkeit des Beschwerderechts nur bestätigt. Es verwundert, dass die Migros diesen Unter-schied nicht bemerkt. Sie gibt sich gern ein ökologi-sches und soziales Gesicht und setzt dies auch bei je-der Gelegenheit werbewirksam in Szene, etwa auf der Homepage: «Für die Migros ist der Schutz der Umwelt ein zentrales Anliegen.» Und Herbert Bolliger, Prä-sident der Generaldirektion des Migros-Genossen-schaftsbundes, hält in einer Stellungnahme der Ge-schäftsleitung fest: «Seit ihrer Gründung im Jahr betrachtet die Migros soziale und ökologische Anlie-gen als zentrale Elemente ihrer Unternehmenspoli-tik. Unsere tägliche Herausforderung heisst: umwelt-freundlich, sozial und günstig!» Mehr Schein als Sein? Schlecht passt zu solchen Sprüchen, dass die Migros die FDP-Volksinitiative gesponsert hat. Mit wieviel Geld, will sie nicht sagen. Es dürfte viel sein. Ausge-rechnet das «soziale» Kapital provoziert nun eine De-batte über die Käuflichkeit der Demokratie durch po-tente Konzerne.

T a t e n s t a t t W o r t e . . . // Im Millionen Franken teuren Umbau des Rheinparks sind ökologische Mass-nahmen wohl enthalten. Es sind eine Dachbegrünung und ökologische Flächen auf dem riesengrossen Park-platz vorgesehen, wenn auch noch bedeutend mehr hätte geleistet werden können, z.B. mit dem Einsatz von Solar- oder Photovoltaik. Stur stellt sich die Mi-gros aber bei den Parkplätzen. Sie will keine Gebüh-ren für die Kundschaft. Das erinnert an den Krach, als die St.Galler Regierung die Parkplatzbewirtschaftung neu regeln wollte. Ein Sturm der Entrüstung wurde in-szeniert, die Migros war an vorderster Front dabei. Mit der vorgeschlagenen Regelung müssten heute auch Al-di und Lidl ihre Parkplätze bewirtschaften. Die Migros wäre vielleicht froh, denn damit würden für alle gleich lange Spiesse gelten, was auch richtig wäre. Was for-dert doch die Migros in ihrem «Engagement»: Taten statt Worte! Die Migros vergisst im Konkurrenzkampf schnell ihre Grundsätze und gibt ihre Glaubwürdig-keit preis. Anstatt ihre Stärken wie Lehrlingsausbil-dung, Förderung der Vermarktung regionaler Pro-dukte, Unterstützung von Kunst und Kultur usw. hervorzuheben, verliert sie den Kopf und lässt eine Un-terschriftensammlung zur Abschaffung des Verbands-beschwerderechts zu, die gegen unseren Heimat- und Landschaftsschutz vorgeht. Dies ist mit den Grundsät-zen und Leitbildern des Genossenschaftsbundes nicht in Einklang zu bringen. (sp)

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die Kündigung des Vertrages mit dem «Kathi» oder we-nigstens die Reduzierung der Schülerinnenzahlen an der Privatschule gar nicht zur Debatte stand.

N o c h m e h r G e l d f ü r P r i v a t s c h u l e n ? // Der Geldbeutel der Stadt soll nun weit geöffnet werden. Gleich sämtliche Privatschulen in Wil sollen nach dem Willen des Stadtrates finanziell unterstützt wer-den. Das Konzept sieht vor, für alle Wiler SchülerIn-nen, die eine Privatschule in Wil besuchen, während neun Schuljahren einen jährlichen Beitrag von ’ Franken zu sprechen. Nachdem bis mit Ausnah-me des «Kathi» den Privatschulen überhaupt keine fi-nanzielle Unterstützung zukam, wurde im letzten Jahr einzelnen Privatschulen ein Beitrag von Franken pro Schüler und Jahr zugesprochen. Nun soll also die-ser Betrag auf das Dreifache angehoben werden. Dass davon sämtliche Privatschulen, selbst die ultrakonser-vative, katholische Privatschule der Lefèbvre-Anhän-gerInnen profitieren, wirkt zusätzlich befremdend. Die Folge wäre, dass sich mehr, aber durchaus nicht alle Leute leisten könnten, ihre Kinder in eine Privatschule zu schicken. Klar ist aber, dass der Betrag nur von Eltern genutzt werden kann, die sich eine Pri-vatbeschulung schon überlegen und finanziell leisten können. Kaum ein Kind mit Migrationshintergrund oder aus bildungsfernem Elternhaus wird in einer Pri-vatschule sitzen. Das heisst: Es wird eine Zuspitzung sozial unausgeglichener Klassenzusammensetzungen an der öffentlichen Schule geben. Wie der Stadtrat einräumt, sieht die Bundesver-fassung (Art. und Art. BV) eine Vollfinanzierung privater Schulen nicht vor, sie verbietet insbesondere eine Vollfinanzierung konfessioneller Schulen. Auch das st.gallische Volksschulgesetz kennt dieses grund-sätzliche Verbot (Art. ). Der Wiler Stadtrat bezeich-net daher die katholische Mädchensekundarschule St.Katharina kurzerhand als öffentliche Schule, be-

lässt aber die operative und strategische Führung der Schule beim Kloster. So wird z.B. ausdrücklich festge-halten, dass es der Schule weiterhin freigestellt ist, in geschlechtergetrennten Klassen zu unterrichten. Es ist auch nicht zu erwarten, dass das «Kathi» in Zukunft eine konfessionell neutrale Schule garantieren wird. Fazit: Das neue Oberstufenkonzept ist ein verzweifel-ter, aber rechtlich haltloser Versuch, den heute gesetz-widrigen Zustand zu legalisieren, ohne dabei die Auto-nomie der Privatschule wesentlich einzuschränken.

P r i v a t i s i e r u n g d u r c h d i e H i n t e r t ü r // Geht es nach dem Willen des Schul- und Stadtrates, wer-den Wils OberstufenschülerInnen künftig nur noch an zwei Oberstufenzentren unterrichtet, wobei eines da-von eine Privatschule sein wird. Das öffentliche Ober-stufenzentrum Sonnenhof soll geschlossen werden und Primarklassen Platz machen. Ab soll in Wil knapp die Hälfte der Ober-stufe privat beschult werden. Da bei der Schulwahl grösstmögliche Freiheit gewährt werden soll und be-dingt durch die traditionell-konfessionelle Ausrich-tung des «Kathi», ist zu befürchten, dass die soziale Durchmischung an den beiden Schulen eine Illusion bleibt. Vielmehr ist an der öffentlichen Oberstufe Lin-denhof eine starke Desintegration und Massierung von sozialen Problemen zu befürchten. Anstelle eines Oberstufenkonzepts präsentiert sich die gesamte Vorlage als reine Privatisierungsvor-lage. Obwohl das Postulat der Chancengleichheit in der Schweiz rechtlich verbindlich ist, nimmt der Stadt-rat eine Schwächung der öffentlichen Schule in Kauf. Auf der Oberstufe gibt er gar das Zepter aus der Hand. Noch ist es nicht so weit und der Bericht erst in der Vernehmlassung. Bleibt zu hoffen, dass auch im kon-servativen Wil die Tragweite dieser Privatisierung er-kannt wird und die öffentliche Schule nicht aufs Ab-stellgleis gerät.

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Die Stadt Wil will den christlichen Fundamentalismus mitfinanzieren – auf Kosten der Volksschule.

Repression als Heilmittel – auch für die SP?

Immer mehr Gesellschaftspro-bleme sollen mit Repression gelöst werden. Leider stimmen auch SP-PolitikerInnen in den Chor der HardlinerInnen ein. Ein kritischer Diskussionsbeitrag.

Gerne wird der Bürgerblock um Blocher und Kel-ler-Sutter für die grassierende Repressionswelle

verantwortlich gemacht. Freiräume werden aufgeho-ben, Gesetze verschärft, der Datenschutz mit Füssen getreten. Bei genauerem Hinschauen ist jedoch auch die SP nicht immer ganz unbeteiligt an solchen Ver-schärfungen. Beispiel: der Verkauf von Tabakwaren an Jugendliche. Es ist erwiesen, dass Rauchen schadet. Es ist auch erwiesen, dass Junge rauchen. Dass das nicht gut ist, haben auch die meisten Politikerinnen und Po-litiker begriffen. Da müssen Massnahmen her. Warum

also kein Verbot, wie es beim Alkohol schon praktiziert wird? An Jugendliche unter Jahren, so will es eine Mehrheit im Kantonsrat, sollen keine Tabakprodukte mehr abgegeben werden. Auch innerhalb der SP-Frak-tion gibt es Teile, die diese Forderung unterstützen. > Beispiel: Hooligangesetz. Der Bundesrat braucht auf die Schnelle ein Gesetz, um aktiv gegen Fussball-Hoo-ligans vorgehen zu können. Schliesslich findet die Eu-ropameisterschaft in zwei Jahren in der Schweiz statt. Da sollen uns nicht Hooligans das Fest versauen. Die SP-Fraktion hat dieses Gesetz nicht geschlossen be-kämpft, obwohl es die Unschuldsvermutung aushebelt und schon -jährige Jugendliche kriminalisiert wer-den. Die SP Schweiz mag nun auch das Referendum nicht unterstützen. Die politische Agenda sei auch so schon proppenvoll. > Beispiel: Graffitis. Auch in der Stadt St.Gallen gibt es zum Leidwesen von Hausbesitzern oft Sprayereien. Ein SP-Stadtparlamentarier hat zusammen mit einem SVPler einen Vorstoss eingereicht, der als Vermitt-lungsversuch gemeint ist. In Zukunft gibt es Bewilli- gungen für Sprayer. Ohne Bewilligung geht nichts mehr. Unbewilligte Sprayereien werden gar als Straf-tat angesehen und sollen bei Anzeigen «entsprechend geahndet werden».

V e r k a n n t e r R e p r e s s i o n s k e r n // Jede Massnah-me, für sich alleine betrachtet, könnte durchaus ihre Berechtigung haben. Beim Hooligangesetz wird da-mit argumentiert, dass es hier für einmal die Richti-gen trifft. Dass Jugendliche keine Tabakwaren mehr kaufen dürfen, wird mit der Sorge um deren Gesund-heit begründet. Eine Bewilligungspflicht für Graffitis kann als Vermittlungsversuch zwischen Hausbesitzer-Innen und Sprayern angesehen werden. Dass jedoch alle Massnahmen einen stark repressiven Kern haben, wird ausser acht gelassen. Die Spirale wird weiterdrehen. All die Blochers und Keller-Sutters werden nie satt. Wegweisung, Aus-schaffung, Kriminalisierung sind Balsam auf deren Seelen. Der Vorstoss einer CVP-Kantonsrätin verlangt, dass im Kanton St.Gallen Jugendliche nach Mitter-nacht mit einer Ausgangssperre belegt werden. Für sich alleine betrachtet, könnte auch diese Forderung unterstützt werden. Wer wird schon gerne des Nachts von lärmenden Jugendlichen auf dem nahegelegenen Pausenplatz gestört?

Z u s a m m e n h ä n g e s e h e n // Diese Tendenz, die zum Teil auch innerhalb der SP mitgetragen wird, ist fatal. Mit Verboten, Bewilligungen und Gesetzen werden Probleme nicht gelöst, sondern höchsten neue geschaffen. Vielleicht werden weniger Zigaretten ge- raucht, vielleicht gibt es einige Graffitis weniger, oder vielleicht wird es um die Stadien etwas ruhiger. Doch das sind alles nur Mutmassungen. Meistens zeigen repressive Massnahmen keinen Erfolg. Und alle, die weiter paffen, fackeln oder sprayen, müssen mit neu-en, noch drastischeren Massnahmen zur Vernunft ge-bracht werden. Die Parlamentarierinnen und Parla-mentarier der SP sind gut beraten, wenn sie über die einzelne Vorlage hinausblicken, die grassierende Re-pressionswelle in der Politik erkennen und mithelfen, sie aktiv zu bekämpfen.

Peter OlibetBild

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Sprayereien – einGrund für noch mehr Repression?

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Der Mittelstand bezahlt die Rechnung

Im Steuerwettbewerb der Kantone gehts um die Entlastung der besten SteuerzahlerInnen. Die Rechnung bezahlt der Mittelstand. Die bürgerliche Finanzpolitik wird immer unglaubwürdiger.

Im Kanton St.Gallen wurde bereits die Steuergesetz-revision von unter dem Stichwort «Steigerung

der Steuerattraktivität» verkauft. «Alle» hatten davon profitiert – nur die einen viel (Wohlhabende, Unter-nehmen) und die anderen wenig (Familien, Mittel-stand, untere Einkommen). Das folgende Sparpaket hat dann aber die Menschen mit kleinen und mittle-ren Einkommen voll getroffen, beispielsweise durch Kürzungen bei den ausserordentlichen Ergänzungs-leistungen, neuen Schulgebühren, Verschlechterun-gen bei den Stipendien oder der weiterhin zu mick-rigen Krankenkassen-Prämienverbilligung. Und auf Tagesstrukturen in den Schulen warten wir heute noch, denn man scheut die Kosten. Durch die Revision von stiess St.Gallen im Steuer-Ranking auf Platz vor. waren bereits wieder zwei Plätze verloren, weil uns andere Kantone mit weiteren Steuerreduktio-nen überboten hatten. Diese Spirale dreht sich unge-hindert weiter.

W e r w i r k l i c h p r o f i t i e r t // Bei der jetzigen Steuer- gesetzrevision werden, gemäss Aussagen der Bürgerli-chen, wieder «alle» profitieren. Es lohnt sich aber, ge-nau hinzuschauen. Entlastet werden die Unternehmen mit jährlich rund Mio. Franken und die Reichen mit Mio. (Halbsatzverfahren, Reduktion der Vermögens-

ten oft mit der SP, aber das reicht nicht für ei-ne Mehrheit aus. Bei der letzten Steuergesetzrevisi-on hat die Verbesserung für Familien mit Kindern die SP davon abgehalten, das Re-ferendum gegen eine an sich unhaltbare Revision zu ergrei-fen (das spätere Sparpaket lässt grüssen!). Diesmal lässt sich die SP mit Brosamen für den Mit-telstand und die tiefen Einkom-men nicht mehr abspeisen. Die SP hat mit der Volksinitiative «Steu-ergerechtigkeit für Familien» eine Alternative vorgelegt, welche die in der jetzigen Revision enthaltenen Verbesserungen für Familien ab-deckt und die sogar eine bedeutend höhere Entlastung zulassen würde. Die prognostizierten Steuer-ausfälle betragen jährlich rund Mio. Franken für Kanton und Gemeinden. Ein Loch bleibt, auch wenn Geld aus den Er-trägen der Goldmillionen und die erwarteten höheren Ausgleichsbeiträge vom Bund hineingestopft wer-den. Mit dieser Revision steuern wir mit Vollgas auf das nächste Sparpaket zu. Unverständlich, wie die CVP diese ruinöse Finanzpo-litik mittragen kann, oder wie die SVP ihren WählerIn-nen erklärt, warum sie trotz hoch gepriesener Steuer-revisionen in ihrem Portemonnaie nichts merken. Die FDP hat sich längst aus ihrer finanzpolitischen Verant-wortung verabschiedet. Gerne hätte sie der ganzen Re-vision noch eins draufgegeben, für Sonderregelungen ohne den Mittelstand.

B e s o r g t e b ü r g e r l i c h e G e s i c h t e r . . . // Ob auf-grund der neuen Steuergeschenke wirklich mehr Leu-te in diesen Kanton ziehen werden oder ihm erhalten bleiben, ist äusserst fraglich. Denn diese Personen sind mobil und ziehen bei Bedarf in die nächste Steuer- oase. Das gleiche gilt für Firmensitze mit wenig Ar-beitsplätzen und Infrastruktur. Darauf lässt sich kein Staat bauen. Um diesen unsozialen Trend zu brechen, hat die SP-Fraktion sich für eine materielle Steuerhar-monisierung unter den Kantonen ausgesprochen und im letzten Herbst eine Standesinitiative zu diesem Thema eingereicht. Die bürgerliche Mehrheit hat die Überweisung abgelehnt. Besorgte Gesichter machen, aber nicht handeln: Das ist die Devise der bürgerlichen PolitikerInnen in St.Gallen. Die SP hingegen handelt: mit der bereits eingereichten kantonalen Initiative für eine gerechte Familienbesteuerung, mit einer Standesinitiative zur Individualbesteuerung, mit einer im nächsten Herbst zu lancierenden nationalen Initiative zur Steuerhar-monisierung, mit der Bekämpfung der jetzigen kan-tonalen Steuerrevision. Der Mittelstand leistet bereits viel für den Staat. Deshalb liegen keine Finanzkaprio-len auf seinem Buckel mehr drin.

Von Claudia Friedl, SP-Kantonalpräsi-dentin, St.Gallen

Die Reichen trinken Cüpli – der Mittelstand schluckt Alka-Seltzer ...

steuer, Steuerbevorzugung beim Kapitalbezug der Pensionskasse). Die EigenheimbesitzerInnen werden durch eine Senkung des Eigenmietwerts jährlich zu-sätzlich mit , Mio. entlastet. Für alle Familien und alle Menschen mit sehr tiefen Einkommen fallen dann gerade mal Mio. an Entlastungen an (wobei auch hier Familien mit hohen Einkommen stärker profitieren). Keine bürgerliche Partei hat die SP im St.Galler Parlament im Kampf gegen diese ungerechte Steuer-gesetzrevision unterstützt. Nur die Grünen stimm-

A b s t i m m u n g i m S e p t e m b e rAm 24. September können wir an der Urne die Steuergesetzrevision beerdigen. Die grossen Entlastungen zugunsten von Reichen und Unternehmen werden vor dem Volk einen schweren Stand haben. Die SP wird sich mit voller Kraft für den Mittelstand einsetzen, der bei diesem Gesetz die Hauptlast trägt.

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Rund gesamtschweizerischen Umwelt-, Na-tur- und Heimatschutzorganisationen steht

das Recht zu, in bestimmten Fällen Rechts-mittel zu ergreifen, um beizutragen, dass den bestehenden Schutzbestimmungen zum Beispiel in der Raumplanung, der Luftreinhaltung oder des Lärm-

schutzes auch nachgelebt wird. Dieses Ver-

bandsbeschwerderecht steht, seit es existiert, un-ter Dauerbeschuss. Vor allem im Zusammenhang mit der Beschwerden des VCS (Stadion/Einkaufszentren in Zürich und St.Gallen) stieg der Druck, den Verbän-den ihr Recht wegzunehmen oder es mindestens ein-zuschränken. Fussball ist heute eine heilige Kuh wie früher das Militär.

S c h l a g g e g e n H e i m a t - u n d N a t u r s c h u t z // Mit einer Motion der FDP, die von der SVP und grossen Teilen der CVP unterstützt wurde, erhielt die St.Galler Regierung den Auftrag, eine Vorlage zur Abschaffung des kantonalen Beschwerderechts zu erarbeiten. Un-klar ist dabei, wer damit in erster Linie getroffen wer-den soll. Die vom eidgenössischen Recht zur Beschwer-de berechtigten Verbände wie VCS, WWF oder Pro Natura werden dadurch nicht tangiert. Das kantonale Beschwerderecht dient vor allem dem Heimatschutz, soweit es um Bauvorhaben innerhalb der Bauzonen geht. In der Praxis bemüht sich der Heimatschutz zum Beispiel um die Erhaltung von Schutzgegenständen wie bedeutenden Ortsbildern oder geschichtlich wert-vollen Bauten. In diesem Bereich würde es in Zukunft keinen Verband mehr geben, der sich im öffentlichen Interesse in die Planungs- oder Baubewilligungsver-

Ein Schlag gegenden Naturschutz

Das Verbandsbeschwerderecht steht im Gegenwind. Die FDP will ihm national die letzten Zähne ziehen. Und in St.Gallen soll das kantonale Beschwerderecht – entgegen den Fakten – vollends abgeschafft werden.

fahren einschalten könnte. Gestrichen

würde auch das Recht von regional oder lokal tätigen Natur-

schutzvereinen, sich – wie der Na-turschutzverein der Stadt St.Gallen

– in Bau- und Planungsfragen für die Inter-essen von Umwelt und Natur einsetzen zu können.

Die Regierung schreibt in ihrer Botschaft, dass das Natur- und Heimatschutzrecht von Amtes we-gen anzuwenden sei. Nach Auffassung der Regierung braucht es also kein Verbandsbeschwerderecht, weil die Behörden auch ohne dieses Instrument für die Ein-haltung des Natur-, Umwelt- und Heimatschutzrechts sorgen. Wer solches ernsthaft verbreitet, ist mehr als blauäugig oder sagt dies wider besseres Wissen. Zu-mindest auf schweizerischer Ebene existieren verläss-liche Zahlen: % der von den Umweltorganisationen geführten Rechtsverfahren führten im Jahr zu grösseren oder kleineren Korrekturen zu Gunsten der Natur. Eine solche Erfolgsquote ist beeindruckend und straft diejenigen Lügen, die behaupten, auch ohne Ver-bandsbeschwerderecht würde das Umweltrecht «von Amtes wegen» durchgesetzt. Die Erfahrung zeigt lei-der ein anderes Bild. Zu oft stehen die Behörden unter dem Druck der Bauherrschaften, ihr Projekt rasch und möglichst ohne Auflagen zu bewilligen. Da braucht es mitunter einen Verband, der mit Sachkenntnis und auch entsprechender Beharrlichkeit die ökologischen Interessen vertritt.

W i d e r a l l e F a k t e n // Wie die Erfolgsbilanz und die Wirkung des kantonalen Verbandsbeschwerderechts aussieht, verschweigt die Regierung. In der Botschaft wird nur erwähnt, dass in den letzten fünf Jahren von ‘ Baurekursen im Kanton St.Gallen lediglich von kantonal beschwerdeberechtigten Vereinigungen stammen. Das sind pro Jahr resp. ,%. Die Regie-rung empfiehlt aber dem Kantonsrat die Abschaffung des Verbandsbeschwerderechts ohne irgendwelche Angaben dazu, wie viele dieser Beschwerden zu einer

Von Peter Jans, SP-Kantonsrat, St.Gallen

Fortsetzung auf Seite 7

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Unsere Asylpraxis ist mit humanitä-ren Grundsätzen nicht mehr ver- einbar. Und nun soll das Asylgesetz gar nochmals verschärft werden. Andreas Nufer erzählt die Geschichte eines Flüchtlingspaars aus Äthiopien, das er mit Freiwilligen des Solidari-tätsnetzes Ostschweiz begleitet hat.

Das junge Ehepaar K. () und B. () ist in Addis Abeba, Äthiopien, aufgewachsen. Beide studie-

ren an der Universität. Den Unterhalt für das Studium verdienen sie sich im Schuh- und Lederwarengeschäft von K.’s Vater. B. spielt leidenschaftlich gerne Fussball, sogar in der U-Nati Äthiopiens. K.’s Vater ist in Ge-sellschaft und Politik engagiert. Er gehört zu den Oro-mos. Nach wiederholten Drohungen verschwindet er

spurlos. Auch Familienmitglieder werden misshan-delt. Uniformierte vergewaltigen K. Aus grosser Scham erzählt sie das aber niemandem, auch nicht ihrem Mann B. Sie hat Angst, dass sie aus der Familie ausges-tossen würde und er sie verlassen müsste. Das Paar entscheidet sich zur Flucht. Sie geben ihr ganzes Erspartes von ’ US-$ für gefälschte Pässe und die Reise aus. Via Rom kommen sie in die Schweiz. Am Flughafen in Rom müssen sie die fal-schen Pässe wieder an den Schlepper zurückgeben.

A u f d i e S t r a s s e g e s t e l l t // In der Schweiz be-antragen K. und B. Asyl. Auch hier erzählt K. höchstens von der Vergewaltigung, wenn B. nicht anwesend ist. Die Behörden beurteilen die Geschichte trotz ärztli-cher und psychologischer Gutachten als unglaubwür-dig. Weil sie keine Papiere haben, erhalten K. und B. einen Nichteintretensentscheid (NEE). Sie werden aus dem Durchgangszentrum ausgewiesen und auf die Strasse gestellt. Via verschiedene Pfarrämter (K. und B. sind Christen) beantragen sie Nothilfe. Auf dem Polizeiposten, wo routinemässig Fingerabdrücke ge-nommen werden, hat K. auch auf Grund der anwesen-den Uniformierten beinahe einen Nervenzusammen-bruch. Sie weint und streckt immer wieder die Arme gegen den Himmel. «Warum, o Gott, warum? Schau auf mein Leben. Ich bin doch nicht kriminell.» Die Nothilfeunterkunft in der Zivilschutzan-lage ist für K. nicht ertragbar. Nach wenigen Wochen machen sich B. und K. nur mit den Kleidern auf nach Frankreich. Dort leben sie drei Monate als Obdachlo-se. K. ist stark depressiv und nur noch Kilo schwer. Jemand bringt sie nach England. Sie erhalten Asyl und leben heute in Newcastle.

‹Ich bin doch nicht kriminell›

Von Andreas Nufer, Pfarrer, St.Gallen

Fortsetzung von Seite 6Verbesserung für den Natur- und Heimatschutz führ-ten. Für die Regierung ist dieses Instrument unnötig und stellt wegen der angeblich abschreckenden Wir-kung auf Investoren gar noch einen Standortnachteil dar. Was interessieren da Details... Während die St.Galler Regierung dem Abschaf-fungswunsch ohne vorgängige Prüfung der Fakten willfährig und mutlos nachkommen will, hat der Zür-cher Regierungsrat die Zeichen der Zeit erkannt. Er hält

das Beschwerderecht der Umwelt- und Heimatschutz-organisationen für nötig, da diese Interessen sonst zu schwach vertreten seien. Wirkungsvoll sei allein schon das Vorhandensein dieses Rechts, da es eine präventi-ve Wirkung habe. Es bleibt darum die Hoffnung, dass der Kantonsrat seinen Entscheid nicht auf Ideologie und Polemik abstützt, sondern mit der Beibehaltung des kantonalen Verbandsbeschwerderechts weiterhin ermöglicht, dass öffentliche Interessen im Natur- und Heimatschutz wahrgenommen werden können.

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«Warum, o Gott, warum?» – Flüchtlingselend in der Schweiz.

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Wie einer in Ungnade fällt

Wirtschaftsführer Markus Rauh engagiert sich gegen das verschärfte Asylgesetz. Das «Tagblatt» ignoriert ihn, die FDP kritisiert ihn, und an der GV der Kantonalbank wurde sogar seine Demontage versucht. Wie ein Prominenter in Ungnade fällt.

Am . Januar schrieb Markus Rauh in einem Leserbrief im «St.Galler Tagblatt»: «Ich schäme

mich, in einem reichen Land mit humanitärer Tradi- tion zu leben, in dem es möglich ist, Abgewiesene, die nicht ausreisen können, als Unmenschen zu behandeln, ihnen keine Hilfe zu geben, sie quasi obrigkeitlich in un- serer Mitte verhun-

gern, verdurs- ten und erfrieren zu lassen.»

Das überraschende politi- sche Coming-out des VR-

Präsidenten der Swiss-

com war dem «Tagblatt» keine Zeile wert. Dabei gibt es nicht viele Ostschweizer Manager von ähnlicher Prominenz – von ver-gleichbaren politischen Äusse- rungen gar nicht zu reden. Zur Erinnerung: Der in Mörschwil wohnende Rauh ist nicht nur ein bestens bekannter Philan-trop, sondern auch Verwaltungs-rat der St.Galler Kantonalbank, Nachfolger von Bundesrat Merz bei Stephan Schmidheinys Ano-va, Ehrensenator der Universität St.Gallen, Präsident des Verwal-tungsrates des St.Galler Theaters usw.

A n d e r e i n t e r e s s i e r t s . . . // Das Interview, in dem Rauh die Beweggründe seines Leserbriefs näher er-klärte und sein Engagement gegen die Verschärfungen im Asylgesetz ankündigte, konnte man dann im Zür-cher «Tages-Anzeiger» lesen. Dort nahm Rauh erneut kein Blatt vor den Mund: «Der Geist des Asylgesetzes steht im totalen Gegensatz zur humanitären Tradi- tion dieses Landes.» Auf seinen Leserbrief habe er Hunderte von Reaktionen bekommen, schilderte Rauh das Feedback, das redaktionell im «Tagblatt» keinen Niederschlag fand. Als Rauh dann vor Ostern die Gründung eines bürgerlichen Komitees gegen das revidierte Asylgesetz ankündigte, löste sein Engagement in den meisten Zeitungen Reaktionen und Kommentare aus. In der «NZZ am Sonntag» erschien ein ausführliches Porträt. In der «Weltwoche» wurde Rauh von SVP-Chefideo- loge Christoph Mörgeli als «Sozialkämpfer», der nur von seinen Fehlleistungen bei der Swisscom ablenken wolle, verhöhnt. Weiterhin kein Thema blieb sein poli-tisches Engagement im «Tagblatt». Dafür wurde kürz-lich unter dem Titel «Politik, Unterhaltung und Musik» über die Churfirstentagung der SVP in Ebnat-Kappel berichtet, in der Rauh hart angegriffen wurde.

V e r s u c h t e D e m o n t a g e // Im FDP-nahen Blatt wird Rauhs Engagement ignoriert, und aus den glei-chen politischen Kreisen weht ihm ein scharfer Ge-genwind entgegen. Zufall? Sie sei «sehr enttäuscht von Markus Rauh», erklärte kürzlich Marianne Kleiner, Ausserrhoder Nationalrätin und Vizepräsidentin der FDP Schweiz. Der Mann sei schlecht beraten und wis-se nicht, um was es wirklich gehe. Im Gegensatz dazu gibt es bei der CVP immerhin einige ExponentInnen – dazu gehören Eugen David oder Lucrezia Meier-Schatz –, die das Asylgesetz ablehnen und bei denen Rauhs Engagement auf Sympathie stösst. Bei Wirtschafts-vertreterInnen oder bei der auf den Hardliner-Kurs

von Karin Keller-Sutter getrimmten St.Galler FDP hat sein Vorstoss dagegen keine Chan-ce. Doch Rauhs Initiative liegt vielen Befür-

worterInnen wie ein Stein im Magen. Denn mit seinem Engagement wird klar, dass es bei der Abstimmung am

. September nicht um blosse Polemik zwi-schen links und rechts geht, sondern um

eine moralische Frage, die jeder vor sei- nem Gewissen beantworten muss.

Ignorieren reicht da wohl nicht mehr. Hinter den

Kulissen sind deshalb bereits die Strippenzie-her am Werk, die die Demontage von Rauh im Sinn haben. An der Generalversammlung der St.Galler Kantonalbank wäre der Versuch beinahe geglückt. Der Wiler CVP-Mann Niklaus Sutter stellte im Auftrag der Asga, der Pensionskasse des Gewerbes, den Antrag zur Abwahl Rauhs aus dem Verwaltungs-rat. Die vorgeschobene Begründung: Rauhs Reputa- tion sei als Folge seiner glücklosen Rolle als Unaxis-Präsident angeschlagen. Der Versuch scheiterte knapp. Vom unliebsamen politischen Engagement war natür-lich keine Rede. Aber Klartext spricht in diesen Kreisen sowieso nur einer: Markus Rauh. (sp)Bi

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St.Galler FDP im Dauertief

Der St.Galler Freisinn entpuppt sich in der Post-Christen-Ära als das, was er immer war – ein macht- hungriger Klüngel, dem das Eigen-interesse am nächsten liegt.

der prestigeträchtigen Direktion Bau und Planung, zu schwächen.

W a s s e r t r ä g e r d e r W i r t s c h a f t s i n t e r e s s e n // Da kam der FDP der Prototyp des Marktstandes «Klipp-Klapp» auf dem St.Galler Marktplatz gerade recht. Die ablehnende Haltung der Bevölkerung machte sich die FDP zu Nutzen und schürte Emotionen, wo sie nur konnte. Man demonstrierte Volksnähe, indem man sich zum Sprachrohr der Marktleute machte und Un-terschriften gegen den Prototyp sammelte. Dass sich in der Jury, welche das Klipp-Klapp-Modell zum Sieger gekürt hatte, sogar zwei freisinnige Stadträte befan-den, war kein Thema. Dass die FDP nicht vor hatte, sich mit der Ge-staltung von Marktständen aufzuhalten, war schnell klar. Eine private Gruppe aus Wirtschaftsvertretern (weitgehend FDP) und bürgerlichen Politikern, ge-nannt «IG Chance Marktplatz», liess die Katze aus dem Sack, als sie ihre Pläne für die Neugestaltung des Marktplatzes präsentierte. Die oberirdische Gestal-tung diente als Verpackung für das eigentliche Vor-haben: eine sechsstöckige unterirdische Parkgarage. Der Stadtrat dankte eilfertig der privaten Investoren-Gruppe für ihr Engagement und stoppte unverzüglich seine eigenen Pläne. Dass sich eine private Interessen-gruppe ins politische Geschäft einmischt, ist neu, ver-deutlicht aber, woher der Wind unter dem neuen, bür-gerlich dominierten Stadtrat weht. Untersuchungen des Tiefbauamtes ergaben, dass die Realisierung der Garage eine massive Ver-schlechterung für den öffentlichen Verkehr mit sich bringen würde. Die IG Marktplatz zog es vor, diese Antwort zu ignorieren und weiter öffentlich Druck zu machen, indem sie den Untergang des Gewerbes an die Wand malte, sollte ihr Projekt abgelehnt werden. Man präsentierte sich als selbstlose Retter der Stadt, verfolgte im Grunde aber rein private Interessen.

Ein Aufatmen ging durch die Reihen der Bürgerli-chen, als der sozialdemokratische St.Galler Stadt-

präsident Heinz Christen nach Jahren Amtszeit in den Ruhestand trat und der CVP-Kandidat Franz Hag-mann nachrutschte. Eine Übergangsregierung zwar, aber Hauptsache bürgerlich. Die Euphorie spiegelte sich im infamen Aushang des St.Galler Tagblatts: «End-lich – Christen geht!» St.Gallen war seinem Ruf als bür-gerliche Hochburg wieder einmal gerecht geworden. Dass die FDP bei den letzten Wahlen wieder massive Verluste zu beklagen hatte, war gar kein Grund gewesen, ihre Machtgelüste zu zügeln. Entschlossen, nach vier Jahren selber das Stadtpräsidium zu über-nehmen und den Sitz des vorzeitig abtretenden FDP-Stadtrats gegen die Linken zu verteidigen, entwickelte der Freisinn in der Folge einen Aktionismus, der offen-sichtlich zwei Ziele verfolgte: die Partei im Gespräch zu halten und SP-Stadträtin Elisabeth Beéry, Chefin Fortsetzung Seite

Lobbyismus, aber man sieht’s nicht genau: Interessen-politik der FDP.

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E i n m a l s o , e i n m a l a n d e r s // Vollends an Glaub-würdigkeit eingebüsst hat die FDP jedoch, nachdem sie sich bei der Neugestaltung der Zürcher Strasse als Wendehals erwiesen hat. hatten alle Parteien (FDP, SVP, CVP und SP) den Kanton in einem Postu-lat mit folgendem Wortlaut aufgefordert, sich für mehr Lebensqualität an den stark befahrenen Strassen ein-zusetzen: «Erfahrungen in anderen Städten (Berner Modell) zeigen, dass mit einer besseren Strassenraum-gestaltung die Lebensqualität der Wohnbevölkerung erhöht werden kann, ohne dass dadurch die Kapazi-tät der Strasse für den öffentlichen- und individuel-len Verkehr verringert wird. Von diesen Verbesserun-gen profitiert neben der Wohnbevölkerung auch das im Quartier ansässige Gewerbe, denn die trennende Wirkung von stark befahrenen Strassen wird durch die vorgeschlagenen Massnahmen verringert.» Auf Druck aller Parteien und massiver Kritik lenkte der Kanton ein. Das St.Galler Tagblatt zitierte Roger Dornier, den heutigen Präsidenten der FDP-Stadtpartei: «Auf den ersten Blick sieht die Initiative nach einem Versuch zur Verkehrsverhinderung aus. Auf den zweiten Blick wird

klar, dass es sich um ein Anliegen handelt, das verfolgt werden muss.» Fünf Jahre später, kurz vor der Volks-abstimmung, dann die Kehrtwende der FDP. Gezielt werden nun dieselben Argumente bekämpft, welche früher verteidigt wurden. Mit Hilfe befreundeter Wirt-schaftsverbände wird Unsicherheit nicht nur bei der Stadtbevölkerung geschürt, sondern auch an der Ba-sis anderer Parteien. Dieses Mal spielt man sich ausge-rechnet als Retter des öffentlichen Verkehrs auf. Man tritt dabei nicht offen auf, sondern versteckt sich hin-ter einem anonymen Komitee «Flaschenhals», das in einem verkehrsberuhigten Nobelquartier der Stadt do-miziliert ist. Diese Beispiele verdeutlichen, zu welchen Mit- teln der Freisinn greift, wenn es darum geht, seinen Machthunger zu stillen. Auf Biegen und Brechen wer- den eigene Interessen vor das Allgemeininteresse ge-stellt. Wohl in Ermangelung eigener Visionen be-schränkt man sich darauf, Projekte aus der Baudirek-tion zu desavouieren. Dies ist einer Partei unwürdig, die sich selber als staatstragend betrachtet, und ver-unmöglicht eine konstruktive, von allen Parteien mit-getragene Politik in der Stadt St.Gallen. (sp)

Fortsetzung von Seite 9

St.Galler SP macht urbanen Anspruch geltend

Die SP der Stadt St.Gallen will sich mit ihrem Stadtparlamentarier Peter Dörflinger an der Ersatzwahl im Herbst beteiligen. Ein FDP-Sitz wird frei.

Die St.Galler Stadtregierung ist momentan mit vier Bürgerlichen und einer Sozialdemokratin besetzt.

Vor zwei Jahren musste die SP ihren zweiten Sitz nach dem Rücktritt von Stadtpräsident Heinz Christen an die CVP abgeben. Jetzt wird einer der beiden FDP-Sitze frei: Hubert Schlegel, der den Ressorts Polizei und Sozi-ales vorsteht, tritt zurück. Der Freisinn kann auf Grund seines mageren WählerInnenanteils keinen zweiten Sitz rechtfertigen. Er ist klar übervertreten. Die SP als stärkste Partei und mit ihr das fortschrittlich denken-de St.Gallen ist mit nur einem Sitz klar untervertreten. Mit der Nomination von Peter Dörflinger () zu Han-den der Mitgliederversammlung macht die SP den An-spruch des modernen, urbanen und aufgeschlossenen St.Gallen geltend. Dörflinger ist Rechtsanwalt und sitzt seit im Stadtparlament. Er hat sich dort mit Vorstössen zur Stadtentwicklungs- und Kulturpolitik profiliert. Ge-werkschaftlich ist er im VPOD engagiert. Dörflinger ist ein Vertreter der jüngeren urbanen Generation, die in

zivilgesellschaftlichen Zusammenhängen politisiert wurde. Er begann mit Quartier- und Verkehrspolitik am Gallusplatz und stellte dort Macherqualitäten un-ter Beweis. Viele kennen ihn auch als Kulturförderer, ist er doch bei etlichen Kulturprojekten wie etwa der Zeitschrift «Saiten» dabei. Er bezog auch gegen polizei-staatliche Tendenzen Stellung. Wie die Situation auf der bürgerlichen Seite aus-sieht, war bis Redaktionsschluss noch unklar. Die FDP hat eine Kandidatur angekündigt. Der Stadtrat machte seit der letzten Wahl alles andere als einen guten Ein-druck. Es fehlt an Führung und an politischer Sensi-bilität. Das zeigte zuletzt die heillose Politik um das Paul-Grüninger-Stadion, ein Dorfschwank der unteren Klasse. Mit Wehmut denkt man da an die Ära Christen zurück. Die SP will dafür sorgen, dass sich die Gewichte wieder verschieben – zum Vorteil der Stadt.

Peter Dörflinger, Stadtparlamentarier

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Alleinerziehende: Gerechtigkeit statt Paragrafen

Der Kanton St.Gallen muss den Ein- elternfamilien zu viel bezahlte Steuern zurückzahlen. Das beschloss der Kantonsrat mit einer Stimme Mehrheit. Ein Sieg für die SP.

In einer spannenden Abstimmung wurde die SP-Mo-tion «Rückzahlung der Steuern für Einelternfamili-

en» in der Aprilsession des St.Galler Kantonsrates an-genommen. Finanzchef Peter Schönenberger legte zwar die rechtlichen Gründe gegen die Motion noch-mals dar. Doch eine knappe Mehrheit des Parlaments war der Überzeugung, dass in diesem Fall Gerechtig-keit vor dem Paragrafen kommt. Jetzt muss eine Vorla-ge über die Modalitäten der Rückzahlung ausgearbei-tet werden.

Mit der letzten Steuergesetzrevision im Jahr wurde bei den Einelternfamilien wieder der Alleinste-hendentarif eingeführt. Gemildert wurde dieser Ent-scheid durch einen maximalen Abzug von ‘ Fran-ken. Die Steuerbehörden versuchten den betroffenen Frauen und Männer einzureden, dass mit diesem Ab-zug der Unterschied zu Familien im klassischen Sinn ausgeglichen wird. Doch die Realität zeigte ein ganz anderes Bild. Die Einelternfamilien mussten bis zu Prozent mehr Steuern als in den Vorjahren bezahlen. Ein böses Erwachen für viele. Die finanzielle Situation von vielen Alleinerziehenden sieht nicht rosig aus.

E i n e m u t i g e F r a u // Mit der Umstellung von der zweijährigen zur einjährigen Veranlagung kamen viele zusätzlich in Schwierigkeiten, da bei der Umstel-lung als Grundlage die Veranlagungen der vorherigen Steuerperiode dienten, was zu zusätzlichen Steuer-nachzahlungen im Jahr führte. Neben höheren Steuern mussten also auch noch Steuerschulden begli-chen werden. Da, wo bereits Geldnot herrschte, führ-te dieser Umstand zu zusätzlichen Belastungen. Der Grossteil der Alleinerziehenden hat dies geschluckt, die Faust im Sack gemacht und brav bezahlt. Nur eine Frau wollte diese Ungleichbehandlung nicht akzeptie-ren. Sie rekurrierte, doch alle folgenden Instanzen bis zur Verwaltungsrekurskommission lehnten ihren Re-kurs ab. Erst das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen schützte ihn. Das kantonale Steueramt wollte den Entscheid nicht annehmen und zog den Fall ans Bundesgericht weiter. Dieses gab der Frau und dem Verwaltungsgericht Recht. Der Kanton St. Gallen reagierte in Folge sehr rasch. Alle noch hängigen Veranlagungen von Allein-erziehenden wurden bis Ende bearbeitet. Im Juli hatte die kantonale Steuerbehörde einen Stopp für die nicht bearbeiteten Veranlagungen verfügt. Durch diesen Veranlagungsstopp gab es GewinnerInnen und VerliererInnen: Wer seine Steuererklärung ter-mingerecht bei einer Steuerbehörde eingereicht hatte, zählte zu den VerliererInnen. Die Meisten von ihnen wurden vor dem Entscheid des Verwaltungsgerich-tes definitiv verlangt, alle übrigen Veranlagungen ver-schwanden bis zum Bundesgerichtsentscheid in der Schublade. In den Genuss der Rückzahlung für ka-men zwar alle alleinerziehenden Mütter und Väter, für das Jahr aber nur jene, die provisorisch veranlagt waren. Trotz Protesten in Medien und Parlament liess sich die Steuerbehörde nicht überzeugen.

K n a p p e M e h r h e i t // Auch Finanzchef Schönen- berger wollte aus rechtlichen Gründen – und natür-lich auch aus finanziellen – nicht auf eine Lösung einschwenken. Ein Antrag von Helga Klee, FDP, wur-de von der bürgerlichen Mehrheit abgelehnt. Die SP-Fraktion hatte zum selben Zeitpunkt eine Motion mit gleichem Inhalt eingereicht. In der Aprilsession wurde die Motion im Kantonsparlament behandelt. Politikerinnen aus den verschiedensten Lagern haben sich für die Rückzahlung der Steuern stark gemacht. So dass schlussendlich eine knappe Mehrheit von zu Stimmen die Motion gutgeheissen hat. Dieses Er-gebnis ist ein Erfolg für die SP und für alle alleinerzie-henden Mütter und Väter, denen nun nach einem län-geren Kampf endlich Gerechtigkeit widerfährt.

Von Maria Huber, SP-Kantonsrätin, Rorschach

C O M E D I AB U C H H A N D L U N GWORLDMUSIC · COMIC Katharinengasse 209004 St.Gallen · Tel./Fax 071 245 80 [email protected] · www.comedia-sg.ch

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Impressum «links». // Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen. Erscheint mindestens 5x jährlich. Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen, Postfach, 9001 St.Gallen, Tel. 071 222 45 85, Fax 071 222 45 91. An dieser Nummer haben mitgearbeitet: Hansueli Baumgartner, Heinz Brunner, Barbara Gysi, Ralph Hug, Peter Olibet, Jonas Stillhard u.a.; Markus Traber (Gestaltung, Layout). Druck: Tschudy Druck AG, St.Gallen.

SP Kanton St.GallenFussball-Weltmeisterschaft in Deutschland.Alle Mitglieder und Sympathisan-tInnen werden eingeladen, die Resultate der einzelnen Spiele zu tippen. Als Hauptpreis winkt eine Reise mit Hilde Fässler an den Cupfinal 2007 in Bern. ‡ www.sp-sg.ch/wm2006

Forumsveranstaltung Bildung17. Juni, 09.30 – 11.30 Uhr, Restau-rant Hintere Post, St. Gallen.Thema: 500 Klassen verschwin-den – wie sieht die Zukunft unserer Volksschule aus? Was ist die Strate-gie der SP?Mitglieder der AG Bildung, des Er-ziehungsrates, des Hochschulrates

und der Kantonsratsfraktion neh-men an der Veranstaltung teil und laden interessierte Parteimitglieder, Sympathisantinnen und Sympathi-santen ein.Anmeldung erwünscht: [email protected] oder 071 222 45 85

SP Stadt St.Gallen24. Juni, ab 11 Uhr, Stamm, Restau-rant Hintere Post6. Juni, Nominationsversammlung Stadtratswahlen, 20 Uhr, Restaurant Hintere Post26. August, ab 11 Uhr, Stamm, Restaurant Hintere Post

SP Rheintal18. Juni, ab 10 Uhr Familienbrunch ab 14 Uhr WM-Bar bei Eva und Guido in Lüchingen27. August, Herbstanlass – Fami- lienwanderung

SP St.Margrethen9. September, ab 17 Uhr Eselschwanz-höck – Gemütlicher Grillhöck

SP Frauen Stadt St.Gallen Jeden 1. Dienstag im Monat Mittag-essen im Restaurant Marktplatz

2. Sozial- und Umweltforum Ost-schweiz (Sufo) in St.Gallen9. Juni, 20 Uhr, Hotel Ekkehard: Podiumsdiskussion «Schneller, wei-ter, höher – bis zur Explosion? Fluch und Segen der Ökonomisierung unserer Gesellschaft» mit Joe Lang, NR Zug; Karin Keller-Sutter, RR St.Gallen und andern10. Juni, ab 10 Uhr, Schulhaus Blu-menau, Workshopsab 16 Uhr, Kundgebung «Eine ande-re Welt ist möglich»ab 18 Uhr Strassenfestweitere Infos: www.sufo.ch

SP-Vorstösse aus der Februar-Session des Kantonsrates:

Motion:SP-Fraktion: Umfassende und wirksame Sucht-Prävention; Fäss-ler-St.Gallen und andere: Proporz-wahlrecht: Einführung eines ge-rechteren Sitzzuteilungsverfahren; Blöchliger Moritzi-Abtwil: Neue Rahmenbedingungen für den Reli-gionsunterricht in der Volksschule

Interpellationen:SP-Fraktion: Pädagogische Hoch-schule des Kantons St.Gallen: Rektorinnen- und Rektorwahl;

Impressum «links». // Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen. Erscheint mindestens 5x jährlich. Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen, Postfach, 9001 St.Gallen, Tel. 071 222 45 85, Fax 071 222 45 91. An dieser Nummer haben mitgearbeitet: Hansueli Baumgartner, Heinz Brunner, Barbara Gysi, Ralph Hug, Ariana Krizko, Peter Olibet u.a.; Markus Traber (Gestaltung, Layout). Druck: H. Tschudy & Co. AG, St.Gallen.

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S e r v i c eLinks Nr. 4/2006 Redaktionsschluss: 29. August 2006Erscheinen: 22. September 2006

Mettler-Wil und andere: Luft-raumabsenkung in der Region Wil; Huber-Rorschach: Neue Vergabe der Reinigungsdienstleistungen des Spital Rorschach; Huber-Ror-schach: Lohngleichheit und Be-förderungsquote in der Verwal-tung; Falk-St.Gallen, Bachmann-St.Gallen: Häusliche Gewalt und Migrantinnen; Probst-Walenstadt, Blumer-Gossau: Immer weniger männliche Lehrpersonen an der Volksschule; Pellizzari-Lichtensteig: Netzbereinigung SOB-SBB / Umbau Bahnhof Wattwil; Erat-Rheineck: Kein Licht, das hinschauen und nachfragen erlaubt; Hermann-Reb-stein: Vernehmlassung der Regie-rung zur Swisscom-Privatisierung

Ist die Schönschreibung der Wirklich-keit das Markenzeichen des «Tagblatt»-Journalismus? Blüten dieser Kunst

sind alle paar Tage zu bewundern. Im Januar hiess es anlässlich einer neuen Studie:

«Junge Frauen holen auf». Dabei verdienen Frauen immer noch 27% weniger als Männer. Dann war als Kurzmeldung zu lesen: «Neue Busse noch nicht bestellt». Inzwischen wissen wir: Die Beschaffung der St.Galler Stadtbusse ist ein Jahr im Verzug. *Woher rührt der Harmoniefilter in gewissen Redaktoren-köpfen? Der Obermerker gibt freimütig zu: Er weiss es nicht. Originelle Antworten sind erbeten an: «links»- Redaktion, Stichwort harmonia mundi tagblattensis. *Mutig ging das Tagblatt bei der Gemeindeverschmelzung voran. Jetzt darf man sich im ehemaligen Stadt St.Gallen-Bund tapfer durch Neueröffnungen von Nagelstudios in Abtwil, bunte Turnvereinsabende in Muolen und Zweit-liga-Matchs in Eggersriet kämpfen, bis man endlich zur Stadt St.Gallen kommt. Und das alles wurde uns vom Chef-redaktor mit dem Argument nahegelegt, St.Gallen sei doch bis zum Bodensee hinunter eine einzige Region ge-

worden. Wenigstens hat eine Bodenreform auf dem Papier stattgefunden. *Oder waren es gar profane Gründe, die das Blatt zum Neu-bau seiner Seiten veranlasste? Inserenten stellen fest, dass die Tarife im fraglichen Bund um ein Viertel gestiegen sind. Und ganz Fiese wollen wissen, dass es billiger kommt, einen einzigen an Stelle von mehreren Bünden zu drucken. Tja, auch ein Monopol muss rentieren. *Das Tagblatt war glücklicherweise live dabei, als in Bern Kappeler Milchsuppe geschlürft und magistraler Minne-sang im historischen St.Galler Kulturgüterraubüberfall-streitschlichtungsverfahren angestimmt wurde. Alle wa-ren zufrieden, niemand weiss warum. Bekommt St.Gallen doch nur ein paar alte Handschriften, die kein Mensch le-sen kann, sowie eine falschen Globus zurück. Der richtige bleibt in Zürich. Das wäre eine Tagblatt-Recherche wert: Was hat der st.gallische Rachefeldzug gegen die gemei-nen Zürcher gekostet? Die Rechnung darf der katholischen Administration und dem CVP-Parteisekretariat geschickt werden, denn die beiden haben vor Jahren den fremden Handel angezettelt und jetzt ruhmvoll zum Abschluss gebracht, ganz nach dem Motto: St.Gallen kann es.

Der Obermerker rügt Schönschreibübungen