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links 2.2014 1 Inhalt Nr.2/2014 Hyposwiss-Debakel 2 LohndumpingbeiEugster/Frismag 4 FehlkonstruktOstwind 6 VerkehrspolitischesTrauerspiel 8 WeigeltsKartenhäuser 10 Energiewendejetzt! 11 Editorial Das Abstimmungsresultat vom 9. Februar sitzt nicht mehr ganz so arg in den Knochen. Politisch verdaut ist es aber noch lange nicht. «Wie weiter mit der Schweiz in Europa?», lautet die brennende Frage, die alles andere in der politischen Agenda verdrängt hat. Die SP hat sich in den letzten Jahren in der Europapolitik zurückgehalten. Man hat sich in der Hoffnung, der SVP keinen Vorschub zu leisten, in die bürgerliche Mitte- front eingegliedert. Das war falsch. Die SP hätte sich nicht in die Defensive begeben dür- fen, sondern hätte lautstark mehr Europa und damit mehr Internationalismus fordern müssen. Es gibt aktuell Populäreres als den EU-Beitritt zu vertreten, sei es im Parlament oder am Stammtisch. Aber es wäre ehrlich und richtig, ihn zu fordern. Bei den hilflosen Versu- chen, eine europakonforme Umsetzung der SVP-Initiative zu finden, zeigt sich einmal mehr, wie weit weg wir von der «Insel Schweiz» sind, wie wichtig Europa für uns ist und wie wir bereits heute mittendrin in der EU sind – allerdings ohne jegliche demokratische Mitbestimmung. Die EU passt mir nicht, wie sie heute ist. Genau wie die Schweiz ist sie in der Hand einer neoliberalen Mehrheit. Aber genau wie in der Schweiz sehen wir nicht weg und nehmen uns nicht aus der Verantwortung, sondern versuchen, aktiv mitzugestalten. Dies würden wir auch in der EU tun – gemeinsam mit unseren sozialdemokratischen Schwesterorganisationen. Diese haben sich für die Europawahlen im Mai auf einen ge- meinsamen Spitzenkandidaten geeinigt und steigen gemeinsam in den Wahlkampf für die Zukunft Europas. Der Ausgang der Europawahlen ist auch für die Schweiz elementar. Ich wünschte, die Schweizerinnen und Schweizer wären dabei und könnten mitbestimmen, wie sie ausgehen. Monika Simmler, Präsidentin SP Kanton St.Gallen Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch April 2014 Nr. 2 N och hallen die düsteren Beschwörun- gen von «untragbaren Defiziten» in den Ohren nach. Mit ihnen peitschten die Bürgerlichen letztes Jahr das dritte Spar- paket im Kantonsrat durch. Jetzt zeigt sich: Die Staatsrechnung 2013 schliesst mit einem Überschuss von 73,4 Mio. Fran- ken ab. Gemessen am Budget beträgt der Besserabschluss gar 100 Mio. Franken. Der Hauptgrund liegt bei höheren Steuerein- nahmen. Erst wird auf Panik gemacht, um bes- ser Sozialstaatsabbau betreiben zu kön- nen. Dann wird die Konjunktur falsch eingeschätzt. Am Ende steht der Finanz- chef ohne Defizit da. Das ist der Gang st.gallischer Finanzpolitik. Damit der Kan- ton gut dasteht, müssen wachsende Teile der Bevölkerung bluten. Nämlich all jene Familien, die auf Zuschüsse bei den gna- denlos steigenden Krankenkassenprä- mien angewiesen sind. Hier strichen die Bürgerlichen die Hilfe um 10 Prozent oder 6,5 Mio. Franken. Oder Behinderte und ar- me Ältere. Hier wurden die Ergänzungs- leistungen gekürzt. Dieser Kampf wird noch an der Urne entschieden. Marschhalt fällig SVP und FDP sind die Hauptmotoren die- ser brutalen Politik gegen das Volk. Lange schwamm auch die CVP in ihrem Fahrwas- ser. Jetzt scheint es ihr langsam ungemüt- lich zu werden: Zusammen mit SP/Grü- nen stimmte gegen einen Vorstoss, der ein viertes Sparpaket zur Folge haben wird, indem der Kanton künftig ohne National- bankmillionen kalkulieren muss. Vereint hätten sie dieses drohende vierte Sparpa- ket stoppen können, wenn Grünliberale und BDP mitgemacht hätten. Doch ohne die beiden Kleinparteien reichte es knapp nicht für eine Mehrheit. Nun müssen sich GLP und BDP den Vorwuf gefallen lassen, Mehrheitsbeschaffer für den Sozialabbau zu spielen. Wussten sie überhaupt, was auf dem Spiel stand? Zweifel sind angebracht. Es liegt jetzt an CVP und SP/Grünen, bei diesen potenziellen Bündnispartnern Aufklärungsarbeit zu leisten, denn sie könnten weiterhin das Zünglein an der Waage sein. Nur mit ihnen kann die au- sser Rand und Band geratene Rechte von SVP und FDP politisch gezügelt werden. Nach drei unsozialen Sparpaketen ist ein Marschhalt in der Abbaupolitik mehr als angezeigt. Vielleicht werden dann endlich die Köpfe für eine sozialere Politik frei, die dem Mittelstand nicht einfach dauernd höhe Lasten aufbürdet. Und vielleicht reift sogar die Erkennt- nis, dass in den letzten Jahren Wirtschaft und Reiche viel zu stark durch immer neue Steuersenkungen von der Finanzie- rung der Allgemeinheit entbunden wur- den. Die wesentliche Korrektur muss hier erfolgen. Es braucht wieder mehr Steuer- gerechtigkeit und mehr Solidarität statt Eigennutz. Das wäre auch ein Beitrag zur Bekämpfung des moralischen Verfalls der Oberschicht in Form von Abzockerei, Steuerhinterziehung und Schwarzgeld- hortung. (rh) Politik gegen das Volk Der Abschluss der Staatsrechnung zeigt, wie im Kanton St.Gallen Politik gegen das Volk gemacht wird. Insbesondere von der «Volks- partei» SVP. Bild links Die bürgerliche Mehrheit im Kantonsrat schert sich wenig um das Volk: Demo gegen das zweite Spar- paket im November 2012.

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Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen

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links 2.2014 1

Inhalt Nr.2/2014Hyposwiss-Debakel� 2Lohndumping�bei�Eugster/Frismag� 4Fehlkonstrukt�Ostwind� 6Verkehrspolitisches�Trauerspiel� 8Weigelts�Kartenhäuser� 10Energiewende�jetzt!� 11

E d i t o r i a l Das Abstimmungsresultat vom 9. Februar sitzt nicht mehr ganz so arg in den Knochen. Politisch verdaut ist es aber noch lange nicht. «Wie weiter mit der

Schweiz in Europa?», lautet die brennende Frage, die alles andere in der politischen Agenda verdrängt hat. Die SP hat sich in den letzten Jahren in der Europapolitik zurückgehalten. Man hat sich in der Hoffnung, der SVP keinen Vorschub zu leisten, in die bürgerliche Mitte-front eingegliedert. Das war falsch. Die SP hätte sich nicht in die Defensive begeben dür-fen, sondern hätte lautstark mehr Europa und damit mehr Internationalismus fordern müssen. Es gibt aktuell Populäreres als den EU-Beitritt zu vertreten, sei es im Parlament oder am Stammtisch. Aber es wäre ehrlich und richtig, ihn zu fordern. Bei den hilflosen Versu-chen, eine europakonforme Umsetzung der SVP-Initiative zu finden, zeigt sich einmal mehr, wie weit weg wir von der «Insel Schweiz» sind, wie wichtig Europa für uns ist und wie wir bereits heute mittendrin in der EU sind – allerdings ohne jegliche demokratische Mitbestimmung. Die EU passt mir nicht, wie sie heute ist. Genau wie die Schweiz ist sie in der Hand einer neoliberalen Mehrheit. Aber genau wie in der Schweiz sehen wir nicht weg und nehmen uns nicht aus der Verantwortung, sondern versuchen, aktiv mitzugestalten. Dies würden wir auch in der EU tun – gemeinsam mit unseren sozialdemokratischen Schwesterorganisationen. Diese haben sich für die Europawahlen im Mai auf einen ge-meinsamen Spitzenkandidaten geeinigt und steigen gemeinsam in den Wahlkampf für die Zukunft Europas. Der Ausgang der Europawahlen ist auch für die Schweiz elementar. Ich wünschte, die Schweizerinnen und Schweizer wären dabei und könnten mitbestimmen, wie sie ausgehen. Monika Simmler, Präsidentin SP Kanton St.Gallen

Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch April 2014 Nr. 2

Noch hallen die düsteren Beschwörun-gen von «untragbaren Defiziten» in

den Ohren nach. Mit ihnen peitschten die Bürgerlichen letztes Jahr das dritte Spar-paket im Kantonsrat durch. Jetzt zeigt sich: Die Staatsrechnung 2013 schliesst mit einem Überschuss von 73,4 Mio. Fran-ken ab. Gemessen am Budget beträgt der Besserabschluss gar 100 Mio. Franken. Der Hauptgrund liegt bei höheren Steuerein-nahmen. Erst wird auf Panik gemacht, um bes-ser Sozialstaatsabbau betreiben zu kön-nen. Dann wird die Konjunktur falsch eingeschätzt. Am Ende steht der Finanz-chef ohne Defizit da. Das ist der Gang st.gallischer Finanzpolitik. Damit der Kan-ton gut dasteht, müssen wachsende Teile der Bevölkerung bluten. Nämlich all jene Familien, die auf Zuschüsse bei den gna-denlos steigenden Krankenkassenprä-

mien angewiesen sind. Hier strichen die Bürgerlichen die Hilfe um 10 Prozent oder 6,5 Mio. Franken. Oder Behinderte und ar-me Ältere. Hier wurden die Ergänzungs-leistungen gekürzt. Dieser Kampf wird noch an der Urne entschieden.

Marschhalt fälligSVP und FDP sind die Hauptmotoren die-ser brutalen Politik gegen das Volk. Lange schwamm auch die CVP in ihrem Fahrwas-ser. Jetzt scheint es ihr langsam ungemüt-lich zu werden: Zusammen mit SP/Grü-nen stimmte gegen einen Vorstoss, der ein viertes Sparpaket zur Folge haben wird, indem der Kanton künftig ohne National-bankmillionen kalkulieren muss. Vereint hätten sie dieses drohende vierte Sparpa-ket stoppen können, wenn Grünliberale und BDP mitgemacht hätten. Doch ohne die beiden Kleinparteien reichte es knapp nicht für eine Mehrheit. Nun müssen sich GLP und BDP den Vorwuf gefallen lassen, Mehrheitsbeschaffer für den Sozialabbau zu spielen. Wussten sie überhaupt, was auf dem Spiel stand? Zweifel sind angebracht. Es liegt jetzt an CVP und SP/Grünen, bei diesen potenziellen Bündnispartnern

Aufklärungsarbeit zu leisten, denn sie könnten weiterhin das Zünglein an der Waage sein. Nur mit ihnen kann die au-sser Rand und Band geratene Rechte von SVP und FDP politisch gezügelt werden. Nach drei unsozialen Sparpaketen ist ein Marschhalt in der Abbaupolitik mehr als angezeigt. Vielleicht werden dann endlich die Köpfe für eine sozialere Politik frei, die dem Mittelstand nicht einfach dauernd höhe Lasten aufbürdet. Und vielleicht reift sogar die Erkennt-nis, dass in den letzten Jahren Wirtschaft und Reiche viel zu stark durch immer neue Steuersenkungen von der Finanzie-rung der Allgemeinheit entbunden wur-den. Die wesentliche Korrektur muss hier erfolgen. Es braucht wieder mehr Steuer-gerechtigkeit und mehr Solidarität statt Eigennutz. Das wäre auch ein Beitrag zur Bekämpfung des moralischen Verfalls der Oberschicht in Form von Abzockerei, Steuerhinterziehung und Schwarzgeld-hortung. (rh)

Politik gegen das VolkDer Abschluss der Staatsrechnung zeigt, wie im Kanton St.Gallen Politik gegen das Volk gemacht wird. Insbesondere von der «Volks-partei» SVP.

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Die bürgerliche Mehrheit im Kantonsrat schert sich wenig um das Volk: Demo gegen das zweite Spar-paket im November 2012.

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Der Kantonalbank steht im Steuer-streit mit den USA eine Millionen-busse ins Haus. Jetzt stellt sich die Frage: Wer ist für das Hyposwiss-Debakel verantwortlich?

Blenden wir zurück: Die St.Galler Kan-tonalbank wurde Ende der Neunzi-

gerjahre auf Teilprivatisierung getrimmt. Möglich wurde dies durch ein zahnloses

Kantonalbankgesetz. Es umschreibt weder einen Leistungsauftrag noch macht es Aussagen zum Umfang der Geschäfts-tätigkeit. Mit dem Gang an die Börse im Jahr 2001 wurde ein Teil des St.Galler Tafelsilbers ver-scherbelt. Denn dieser

Schritt erfolgte im dümmsten Moment zu einem sehr tiefen Ausgabepreis von 160 Franken. Der damalige Finanzchef Peter Schönenberger (CVP) drückte den Börsen-gang trotz kritischen parlamentarischen Vorstössen durch. Die teilprivatisierte Bank suchte dann rasch «Anschluss» an die Grossen. Auch sie wollte sich an den gut gefüllten Töpfen des Private Banking bedienen und bei der Rally auf Vermögende dabei sein. Der Kauf der Hyposwiss sollte ein neues Geschäfts-modell und ein zusätzliches gewinnträch-tiges Standbein bringen. Höhere Erträ-ge standen in Aussicht. 2008 erwarb die KB von der Anglo-Irish-Bank den Schwei-zer Ableger, der zur Hyposwiss Genf wur-de. Dazu kam noch ein neuer Ableger in Deutschland.

Strategie mit bösen FolgenVorerst stieg die Aktie der SGKB auf einen Höchststand von 639 Franken. Das neue Geschäftsmodell wurde aber nach dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 immer brüchiger. Die Hyposwiss Genf war in die Geschäfte des Betrügers Bernard Madoff verwickelt. Die Hyposwiss Zürich geriet im Jahr 2010 wegen den dubiose Ge-schäften mit russischen Oligarchen in die Schlagzeilen.

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Von Peter Hartmann, Fraktionschef SP- Grüne, Flawil

Wer ist für das Hyposwiss-Debakel verantwortlich?

In diesen Jahren stellte die Bank auch die Weichen im Umgang mit unversteuer-ten US-Geldern. Lukas Hässig, der Betrei-ber des Webportals «Inside Paradeplatz» (www.insideparadeplatz.ch), umschreibt es so: «Einige (US-Steuerhinterzieher) konn- ten auch dann noch bei der Hyposwiss ein-buchen, als viele andere Institute die Tü-ren verriegelten.» Inzwischen ist die SGKB auf dem harten Boden der Realität gelan-det: Die Bank musste die Hyposwiss-Töch-ter zerlegen und einzelne Teile abgeben. Der unverkäufliche Rest blieb beim Mut-terhaus. Das Ergebnis im O-Ton von «Inside

Paradeplatz»: «Die Mutter aus St.Gallen er-hielt nicht nur nichts für ihre Hyposwiss-Teile, sondern sie musste gar noch die Lö-cher stopfen.» Genau gesagt: Der Verkauf kostete 7 Millionen Franken. So viel schlug gemäss Angaben der KB die «Strategiean-passung» zu Buche. Das ist, wie «links» letzten Herbst schrieb, ganz einfach Geld, das in den Sand gesetzt wurde.

SP hörte nur BeschwichtigungenDie Bankverantwortlichen vollzogen den Strategiewechsel mit dem Verzicht auf die Hyposwiss-Töchter vor einem Jahr im

Frühling 2013. Bereits Jahre zuvor hatte die SP in verschiedenen Vorstössen im Kan- tonsrat kritische Fragen zum Geschäfts-gebaren der KB-Töchter gestellt. In der Folge kam es dann zu einem Treffen der SP-Fraktion mit der Bankleitung. Es sei «alles im grünen Bereich», es gebe «keine Gefahr für das Mutterhaus», hiess es da-bei. Sowohl CEO Roland Ledergerber als Auch Verwaltungsratspräsident Franz-Pe-ter Oesch versicherten: «Wir verstehen das Bankgeschäft.» Auch die Berichte der Revi-sionsgesellschaft stellten den Verantwort-lichen in schöner Regelmässigkeit einen Persilschein aus. Heute aber stellen wir fest: Die Expan-sionsstrategie mit den Hyposwiss-Töch-tern war ein Desaster. Die Annahme von unversteuerten Geldern von US-Bürgern

In einer Interpellation möchte die Fraktion SP-Grüne im Kantonsrat wissen, wie die Re-gierung gedenkt, die Verantwortlichkeiten für das Hyposwiss-Debakel aufzuarbeiten und ob personelle Konsequenzen denkbar oder geplant sind. Der Vorwurf lautet: «Die reichlich vorhandenen Warnsignale, auch auf politischer Ebene im Kanton, wurden ignoriert, und erst im letzten Moment wur-de die Notbremse gezogen.» Die Fraktion fordert für die Zukunft eine Konzentration auf den Heimmarkt: «Im Fokus muss das Bankgeschäft mit Personen und Unterneh-men in der Region und im Kanton stehen.»

Hier die konkreten Fragen der Interpellation:1. Wie gedenkt die Regierung, die Verant-

wortlichkeiten für dieses Debakel aufar-beiten zu lassen? Sind personelle Konse-quenzen denkbar oder geplant?

2. Wie waren die personellen Verflechtun-

S P - G r ü n e v e r l a n g e n K o n z e n t r a t i o n a u f d e n H e i m m a r k t

gen zwischen SGKB und dem Verwal-tungsrat der Hyposwiss Zürich?

3. In wie weit hat der Verwaltungsrat der SGKB über den Verwaltungsrat der Hypo-swiss auf deren strategische Ausrichtung der Geschäftstätigkeit Einfluss genom-men und/oder Informationen erhalten?

4. Hatte die Hyposwiss mit US-Personen Ge- schäftsbeziehungen, die aus der Sicht der US-Behörden nicht gesetzeskonform wa-ren und die damit im US-Steuerstreit für die Einstufung in die entsprechende Kate- gorie relevant wurden? Wurden auch nach dem Sommer 2008 (z.B. von anderen Ban-ken) noch kritische Kunden angenommen?

5. Auch die Kantonalbank hatte kritische Geschäftsbezehungen, die im US-Steu-erstreit für die Einstufung in die entspre-chende Kategorie relevant wurden. Hat sie auch nach dem Sommer 2008 (z.B. von anderen Banken) noch kritische Kunden angenommen?

Wer hatte und hat bei der Kantonalbank in den letzten Jahren das Sagen? Hier zur Er-innerung die Namen. Der CEO der Bank ist seit 2008 Roland Ledergerber, der einst von der UBS zur SGKB gekommen war. Bis 2013 war Franz-Peter Oesch (CVP) der Präsident des Verwaltungsrats der Kantonalbank. Sein Nachfolger, Thomas A. Gutzwiller, sitzt seit 2006 im Verwaltungsrat. Bis 2008 war Re-gierungsrat Peter Schönenberger (CVP) als Vertreter des Kantons im Verwaltungsrat, seither vertritt den Kanton der amtierende Finanzchef Martin Gehrer (CVP). Bei Roland Ledergerber ist anzumerken, dass er Verwaltungsrat der Vermögenszen-trum AG (VZ) werden möchte. Die Wahl in die Beratungsgruppe erfolgt am 4. Ap-ril (nach Redaktionsschluss dieser «links»-Ausgabe). Die Macher der Webseite «Inside

S e i l t s i c h L e d e r g e r b e r a b ? Paradeplatz», die diesen Wahlvorschlag publik gemacht haben, kritisieren ihn als «absolutes no-go». Die VZ-Gruppe, die sich als unabhängige Beratungsfirma in Finanz-fragen bezeichnet, sei mit Spitzenbanker Ledergerber im Verwaltungsrat nicht mehr neutral. Zudem könne sich Ledergerber so bei einem Konkurrenten einnisten und sich Zugang zu allen wichtigen Informationen verschaffen. Die Hintergründe dieser Operation sind unklar. Will sich Ledergeber angesichts des Hyposwiss-Debakels aus der KB abseilen? Oder will er die VZ-Gruppe an die KB an-binden und von Synergien profitieren? Fra-gen, auf welche die Öffentlichkeit gerne eine Antwort hätte, aber bisher keine be-kam – weil das für die hiesigen Medien gar kein Thema war. (sp)

führt jetzt zu einer Millionenbusse. Wie hoch sie sein wird, ist völlig offen. Die KB hat eine Rückstellung von 36,7 Mio. Fran-ken bekannt gegeben. Die tatsächlichen Kosten aus dem Steuerhinterzieher-Ge-schäft dürfte aber mit Sicherheit höher ausfallen. All diese Kosten geht zu Lasten des Hauptaktionärs Kanton St.Gallen und damit der Steuerzahlenden. Wer trägt da-für die Verantwortung? Sind es die ent-lassenen Banker der Hyposwiss oder die Führung der Hyposwiss und der KB? In Fokus stehen zweifellos die Geschäftslei-tung und der Verwaltungsrat der KB. Es sind nämlich zum Teil die gleichen Leute, welche die alte Strategie zu verantworten hatten und nun die neue Richtung bestim-men (siehe Kasten). Das kann und darf nicht sein!

Wechsel im SP-SekretariatAriana Krizko hat in den vergangen neun Jahren insbesondere der Stadtpartei ein Gesicht gegeben. In dieser beinahe rekord-verdächtigen Zeitspanne hat sie verschie-denste Wahl- und Abstimmungskämpfe koordiniert, an unzähligen Sitzungen teil-genommen, etliche Communiqués ver-fasst und gefühlte tausend Standaktionen organisiert. Ariana hat auf Ende März das SP-Sekretariat verlassen, um sich beruf-lich neu zu orientieren. Wir danken Aria-na von ganzem Herzen für ihren grossen Einsatz zu Gunsten der SP von Stadt und Kanton St.Gallen und wünschen ihr auf

ihrem zukünftigen Weg alles Gute. Da-niel Hungerbühler, bereits bekannt als administrativer Sekretär von Stadt- und Kantonalpartei, wird ab April sein Arbeit-spensum ausbauen. Neben seiner Tätigkeit für die Kantonalpartei – er wird weiterhin für alle administrativen Belange zur Ver-fügung stehen – zeichnet er für das poli-tische Sekretariat der Stadtpartei verant-wortlich. Wir freuen uns sehr, dass wir mit Daniel Hungerbühler einen jungen und engagierten Sekretär gefunden ha-ben, der die Abläufe im Sekretariat bereits bestens kennt.

Die St.Galler KB muss ihre Vergangenheit aufarbeiten – das Debakel mit der Hyposwiss darf nicht unter den Teppi ch gekehrt werden.Bi

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Der US-Bohrer hat inzwischen den Schweizer Schwarzgeld -Tresor mehr oder weniger geknackt.

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Ende Februar führte die Gewerkschaft Unia eine weitbeachtete Protestakti-

on gegen den Kaffeemaschinenhersteller Eugster/Frismag durch (siehe S. 4). Mit sei-nem Ausbeutungskapitalismus steht der Konzern steht leider nicht alleine da. In Rheintaler Industriefirmen (z.B. Swissop-tics, Säntis Packaging) sind Stundenlöhne unter 18 Franken keine Seltenheit. Dass dieses Salär zu einem würdigen Leben nicht ausreicht, interessiert die Firmenbe-sitzer offenbar nicht. Sollen doch die Sozi-alämter den Working-Poors unter die Ar-me greifen, damit sie durchkommen! Die verantwortungslose Tieflohnpoli- tik einiger Unternehmen belastet alle Lohn-

abhängigen. Einerseits weil durch die Tieflöh-ne Druck ausgeübt wird auf die Saläre, die heu-te noch bei über 4'000 Franken monatlich lie-gen. Andererseits weil Tieflöhne in Industrie-betrieben nichts ande-res sind, als mit Steu-

ergeldern finanzierte Subventionen an oftmals sehr reiche Besitzerfamilien und Konzerne. Kurzum: Der Kampf für einen gesetzlichen Mindestlohn ist das perfekte Thema für eine 1.Mai-Kundgebung.

1. Mai im Kanton St.Gallen Als Hauptredner der diesjährigen 1. Mai-Kundgebung in der Stadt St.Gallen konn-te Balthasar Glättli (Nationalrat Grüne

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Extrem-Dumping bei Eugster/FrismagDer Kanton St.Gallen toleriert ext-remes Lohndumping. Der Kaffee-automatenhersteller Eugster/ Frismag in Eschenbach zahlt Tiefst-löhne von 2600 Franken brutto! Wann schreitet die Tripartite Kom-mission ein?

In einem Arbeitsvertrag von Eugster/Frismag heisst es wörtlich: «Der Arbeit-

geber bezahlt der Arbeitnehmerin einen Monatslohn von CHF 2600.00 (13 Monats-löhne) bei einem Beschäftigungsgrad von 100%.» Das ergibt netto höchstens 2'300 Franken monatlich. Ein solches Salär ist schockierend tief. Leben kann davon nie-mand. Wer aber ist die Firma, die solche Hungerlöhne zahlt?

Unbekannter KonzernEs ist ein Konzern, den keiner kennt. Ei-ner mit über 2500 Mitarbeitenden in aller Welt. Der Stammsitz befindet sich im thur-gauischen Amriswil, ein Zweigwerk ist in Neuhaus in der Gemeinde Eschenbach SG, wo rund 500 Personen arbeiten. Eugster/Frismag stellt im Auftrag bekannter Mar-ken Kaffeeautomaten her. Unter anderem die Nespresso-Maschinen, aber auch sol-che von Jura, Elektrolux oder Turmix. Fast jeder Schweizer Haushalt hat eine Kaffee-maschine in der Küche, die mit extremen Dumpinglöhnen hergestellt wurde. Nur weiss das niemand. Alleinbesitzer des Konzerns ist Arthur Eugster (62). Er war Autogaragist und ein begabter Tüftler. In den 1970er Jahren be-gann er in Romanshorn mit der Produk-

tion von Küchengeräten. Mit einem selbst-entwickelten Kaffeeautomaten schaffte er den Durchbruch in den USA. Seither reitet die Firma auf einer beispiellosen Erfolgs-welle. Heute besitzt Eugster/Frismag Wer-ke in Portugal und in Shenzhen, einer süd-chinesischen Boomtown mit steuerfreien Produktionszonen.

Migrantinnen am FliessbandAn den Fliessbändern beschäftigt das Un-ternehmen viele Migrantinnen aus Alba-nien, Mazedonien und der Türkei – Un-gelernte, die mit wenig Geld abgefertigt werden. Die Gewerkschaft Unia besitzt weitere Abrechnungen mit Monatslöhnen von 2900 und 3180 Franken, ebenfalls brut- to. Es gibt auch Stundenlöhne, die auf ei-nem Ansatz von gut 16 Franken beruhen. Solche Saläre sind für die Industrie ausser-gewöhnlich. Sie unterschreiten noch dieje-nigen der schlecht bezahlten Verkäuferin-nen in Modeketten wie H&M bei weitem. Ende Februar machte die Unia mit ei-ner Flugblattaktion in Neuhaus auf den bisher unbekannten Lohnskandal auf-merksam. Da passierte Bemerkenwertes:

Eugster/Frismag-Geschäftsleitungsmitglied Paul Meiler (73) behauptete in einem Com-muniqué zunächst, die Lohnangaben der Gewerkschaft stimmten nicht und seien «zu tief». Als die Unia darauf die Abrech-nungen vorlegte, musste Meiler zurück-krebsen und die Richtigkeit eingestehen. Entweder hat Meiler die Öffentlichkeit be-logen, oder er ist nicht über die Lohnsitua-tion in seinem Betrieb im Bild. Beides lässt tief blicken. Unter Druck geraten, versucht Eugs-ter/Frismag die Extremlöhne mit dem Ar-gument zu rechtfertigen, man biete Jobs an, die andere Firmen längst ins Ausland verlagert hätten. Gäbe es sie nicht, müss-ten die Angestellten zur Sozialhilfe. Eine zynische Begründung, welche die Firma noch als Wohltäterin erscheinen lässt. Ist sie das? Keineswegs. Dank der täglichen Arbeit ihrer Beschäftigten macht sie einen geschätzten Umsatz von 750 Millionen Franken pro Jahr. Genau weiss es nur der Chef selber, denn das Familienunterneh-men publiziert keine Zahlen. Das Wirt-schaftsmagazin «Bilanz» mokierte sich schon vor Jahren über diese «Nichtöffent-

Heraus zum 1. Mai: Für faire Mindestlöhne!Der diesjährige 1. Mai steht ganz im Zeichen der Mindestlohn-Initia-tive. Völlig zu Recht, denn skanda-löse Tieflöhne sind auch im Kanton St.Gallen weit verbreitet.

Zürich, vpod) gewonnen werden. Er hat sich innert kürzester Zeit einen Namen als fundiert argumentierender National-rat mit klaren Positionen gegen Abschot-tung und Fremdenfeindlichkeit gemacht. In seiner Rede wird er neben dem Thema Mindestohn sicher auch die Folgen der Zu-stimmung zur SVP-Einwanderungsiniti-ative für die Arbeitnehmenden pointiert aufzeigen. Die 1. Mai-Kundgebung startet wie im-mer um 17.00 Uhr am Bahnhofplatz und führt über Multergasse – Spisergasse – Burggraben – Bohl in die Marktgasse, wo die Ansprachen und die Festwirtschaft mit Musik platziert sind. Infos zu den wei-teren Maifeiern im Kanton siehe Agenda.

lichkeitsarbeit». Arthur Eugster, der sich nie zeigt und keine Interviews gibt, gehört zu den reichsten Schweizern. Sein Vermö-gen wird auf 200 bis 300 Millionen Fran-ken geschätzt. Ein Vermögen dank Tiefst-löhnen.

Angestellte unter DruckInsider berichten von einem Klima der Einschüchterung. Davon konnte sich die Unia bei der erwähnten Protestaktion in Neuhaus selber überzeugen. Viele Frauen wollten nicht mit der Gewerkschaft reden. Sie fühlten sich beobachtet und steckten das Flugblatt schnell weg. Jemand berich-tete, die Chefs hätten die Flugis vor den Augen der Angestellten zerrissen. Weiter gibt es Berichte über Schikanen am Ar-beitsplatz. So sei nur Wasser trinken er-laubt, und dies nur aus betriebseigenen Plastikflaschen, was ziemlich unhygie-nisch sei. Eugster/Frismag ist ein Antisozial-partner pur. Es gibt weder eine Betriebs-kommission noch Lohnverhandlungen noch Kontakte mit der Gewerkschaft, ge-schweige denn einen Kollektivvertrag.

Balthasar Glättli

Gesprächsversuche der Unia liess die Ge-schäftsleitung regelmässig versanden. Hier wird ein patronales Modell wie aus dem 19. Jahrhundert praktiziert. Das ist meilenweit von jeder Sozialpartnerschaft entfernt. Die Arbeitnehmenden sind gänz-lich der Willkür der Betriebsleitung ausge-liefert. Ein Charakteristikum ist, dass teils ganze Migrantenfamilien beschäftigt wer-den, vom Vater bis zur Schwiegertochter. «Diese können leicht unter Druck gesetzt werden», sagt Unia-Regioleiter Thomas Wepf. Wenn jemand reklamiert, riskiert die ganze Familie Nachteile oder gar die Kündigung. Nachdem nun bekannt ist, welch ext-reme Tieflöhne beim Kaffeemaschinenher-

steller bezahlt werden, verlangt die Unia unter anderem eine Intervention der für den Arbeitsmarkt zuständigen Tripartiten Kommission. Diese müsse eingreifen und den Missbrauch unterbinden. Der Kanton könne nicht länger vor krassem Lohndum-ping die Augen verschliessen. Ferner ver-langt die Unia von Eugster/Frismag den Aufbau sozialpartnerschaftlicher Verhält-nisse. Nachdem Paul Meiler in Medienbe-richten getönt hatte, man sei «gesprächs-bereit», hat die Gewerkschaft umgehend einen Termin verlangt. Nicht ohne festzu-halten, dass das Lohnthema zuoberst auf der Traktandenliste stehen müsse. Es wird sich sehr bald herausstellen, wie ernst es der Firma mit dem Angebot ist. (rh)

Protestaktion der Gewerkschaft Unia gegen Tiefst-löhne bei der Eugster/Frismag in Eschenbach SG.

Der Kaffeeautomatenhersteller Eugster/Frismag – hier der Hauptsitz in Amriswil – zahlt am Fliessband schockiere nde Tieflöhne.

Das diesjährige St.Galler 1. Mai-Plakat von Markus Traber weist den Weg: Richtung Aufbruch!

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Der Tarifverbund Ostwind deckt inzwi-schen die ganze Ostschweiz inklusive

Glarus und das Fürstentum Liechtenstein ab. Er allein bestimmt, wie viel die Bahn- und Busbillette in dieser Region kosten. Trotz der grossen Bedeutung weiss aber kaum jemand, wie die Entscheidungswe-ge von Ostwind funktionieren. Das ist nicht unpraktisch: Geht es wieder ein-mal darum, Tariferhöhungen bekanntzu-geben, wird der Schwarze Peter hin- und hergeschoben, bis niemand mehr die Ver-antwortung trägt. Die St.Galler Verkehrs-betriebe erklären ihren KundInnen, dass die Tarife halt von Ostwind festgelegt wer-den. Ostwind wiederum verweist auf den Kanton, der Sparmassnahmen beschossen habe. Dort wird argumentiert, der Bund wolle weniger für den Regionalverkehr ausgeben.

Wer entscheidet?Das entscheidende Ostwind-Gremium, das alle Tarifänderungen im Grundsatz beschliesst, setzt sich paritätisch aus den fünf grössten ÖV-Betrieben sowie den Ver-treterInnen der fünf beteiligten Kantone zusammen. Das besondere daran: Die Ge-meinden sind nicht dabei. Sie zahlen aber gleich viel in den ÖV-Topf wie der Kanton. Der grösste Zahler dabei ist die Stadt St. Gallen, die alleine einen Drittel des Ge-meindeanteils berappen muss. Man könnte nun zwar einwenden, dass die Stadt durch die VBSG trotzdem im Gre-mium vertreten ist. Nur: Die Entscheide müssen nicht einstimmig erfolgen. Dem Vernehmen nach hatten sich die VBSG als einzige gegen die geplante Neueintei- lung der Tarifzonen gewehrt, wurden aber überstimmt. Auch alle Versuche, eine Rücknahme der unpopulären Massnahme zu erreichen, waren vergeblich. Die neue Zoneneinteilung mit den teureren Preisen wurde Mitte März bekannt gegeben. Die Änderungen treten im Dezember 2014 in Kraft. Betroffen sind vor allem PendlerIn-nen in oder aus der Stadt St.Gallen. Ost-wind kommunizierte die Preisaufschläge mit dem lapidaren Satz: «Die höheren Prei-se sind markt- und konkurrenzfähig.»

Kantone sparenDie Tariferhöhungen sind vor allem prak-tisch: Die Kantone St.Gallen, Thurgau und Appenzell Ausserrhoden konnten ihre Spar- ziele durchsetzen. Die anderen Kanto-ne hatten zwar keine solchen Absichten, profitieren aber trotzdem. Das gilt auch für die Gemeinden: Sie müssen ebenfalls

Fehlkonstrukt OstwindDer Tarifverbund Ostwind wird zum Sparvehikel des Kantons. Ob dabei die Fahrgäste vergrault werden, scheint egal.

weniger zahlen, weil Kanton und Kom-munen jeweils gleichviel in diesen Topf beisteuern. Dazu kommt, dass es für die Landgemeinden praktisch ist, wenn sich die Tariferhöhungen vor allem in der Stadt St.Gallen auswirken. Dort lassen sich durch Tariferhöhungen viel schnel-ler Mehreinnahmen generieren als mit schwach besetzten Postautokursen irgend-wo im Kantonsgebiet. Es ist unbestritten, dass Ostwind Vor-teile für Reisende brachte, die in die Stadt St.Gallen reisen. Sie müssen beispielswei-se nicht mehr extra für den Bus zahlen. Anders sieht es für die Stadt St.Gallen aus, für die es entscheidend ist, dass der öf-fentliche Verkehr möglichst stark genutzt wird. Für die EinwohnerInnen bedeutete Ostwind bisher aber vor allem eines: stän-dige Preisaufschläge. Als die Stadt St.Gallen 2009 dem Tarif-verbund beitrat, schlugen die Einzelbillet-te um 20 Prozent auf, die Mehrfahrtenkar-ten um 23 Prozent. 2012 wurden die Tarife für Einzelfahrten erneut leicht erhöht: um 10 Rappen. 2013 strich Ostwind die

Kinderbillette aus dem Angebot. Schüle-rinnen und Schüler, die eine Mehrfahrten-karten lösen, bezahlen neu 13.80 Franken statt wie bisher 8.60. Die beiden SP-Stadt-parlamentarierInnen Monika Simmler und Pascal Kübli kritisierten in einem Vor-stoss «eine Preiserhöhung von 60 Prozent».

Kurzstrecke streichen?Die Konstellation innerhalb des Tarifver-bundes lässt wenig Hoffnung, dass sich die bisherige Politik ändert: Die ÖV-KundIn-nen der Stadt werden weiterhin die Spar-pläne der Kantone ausbaden müssen. Der nächste Punkt auf der Wunschliste ist die Streichung der Kurzstrecke. Sie war erst auf Druck der Stadt eingeführt worden und ermöglicht immerhin eine Fahrt über fünf Haltestellen für 2.30 Franken statt für 3.10 Franken, dem Preis für eine nor-male Einzelfahrt. Man kann sicher sein, dass Ostwind bereits durchkalkuliert hat, wie viel Mehreinnahmen die Streichung der Kurzstrecken bringen würde und wie sehr davon die Kantone und Gemeinden profitieren würden. Andreas Kneubühler

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Für Fahrgäste in St.Gallen brachte der Tarifverbund Ostwind bisher nur eines: Aufschläge.

Nach der Neuorganisation hat das Präsidium der SP-Kantonalpartei eine Analyse vorgenommen sowie eine Vision für die nächsten Jahre formuliert. Wie sieht diese aus?

Opposition mit Durchschlagskraft

Seit dem letzten ausserordentlichen Par-teitag im November 2013 hat die SP

Kanton St.Gallen ein neues Gesicht: Neben Parteipräsidentin Monika Simmler haben vier VizepräsidentInnen Verantwortung

übernommen: Felix Birchler, Maria Pappa, Angelo Zehr und Ursu-la Graf. Seit Anfang Jahr trifft sich das frisch ge-wählte Präsidium im Dreiwochenrhythmus. Nach rund hundert Ta-gen im Amt bietet sich die Gelegenheit für ei-nen Überblick über die

Arbeit der neuen Leitung. Intensiv – so lie-sse es sich in einem Wort umschreiben. Die Debatten auf dem Sekretariat im Pala-ce-Gebäude in St.Gallen sind lebhaft. Wir diskutieren emotionaler und viel-leicht auch tiefer als zuvor. Das mag mit der Grösse des Gremiums zusammenhän-gen. Von der Geschäftsleitung (GL) hat das Präsidium Anfang 2014 die operative Lei-tung der Partei übernommen, sozusagen das Tagesgeschäft. Strategische Entschei-de, Wahlempfehlungen etc. bleiben in der Kompetenz der 26köpfigen GL, die sich neu im Zweimonatsrhythmus trifft. Dem Präsidium gehören neben Präsidentin Mo-nika Simmler und den vier Vize auch Pe-ter Hartmann als Fraktionspräsident und der Politische Sekretär an.

Zeit zur AnalyseIn den ersten hundert Tagen wurden un- ter anderem Themen wie der Kopftuch-streit in Au-Heerbrugg, die eigenen «Zu-kunft-statt-Abbau»-Initiativen, die Vorbe- reitungen zur Kampagne zur Energiewen-de-Initiative und die St.Galler Spitalpoli-tik beraten, um nur einige Traktanden zu nennen. Mitte Januar fand eine Retraite in Wildhaus statt, wo der Zustand der Kanto-nalpartei analysiert wurde. Aus der Analyse ergab sich folgende Vision: «Die SP Kanton St.Gallen strebt den Umbau von Gesellschaft und Wirtschaft zu einem demokratischen Sozialismus an. Die SP SG ist die starke, öffentlich wahr-nehmbare Oppositionskraft mit hoher politischer Durchschlags- und Kampag-nenfähigkeit auf kantonaler und kommu-naler Ebene. Sie verfügt in allen grösseren Gemeinden über funktionierende Sekti-onen, hat Zulauf an Mitgliedern, ist für solche attraktiv und wird durch eine po-

litisch gebildete und praktisch geschulte Basisbewegung getragen.» In sechs Teilbereichen des politischen Handelns soll diese Vision in den nächsten zwei Jahren konkretisiert werden: Sektio-nen, inhaltliche Fokussierung, Kommuni-kation und Kampagnenfähigkeit, Mitglie-derwerbung und -pflege, Parteitage und Wahlen und Mandate. So will die Kanto-nalpartei etwa die Zusammenarbeit mit den Sektionen intensivieren und einen systematischen Kontakt pflegen. Dies geschieht über die Vizepräsiden-tInnen, die je zwei Wahlkreise betreuen, sowie über das Sekretariat und die Sekti-onskonferenz, die dieses Jahr bereits im Mai stattfinden wird und die dem Nach-denken über SP-Politik und der Vernet-zung dient. Ein weiteres wichtiges Pro-jekt ist die Stärkung der Kommunikation und der Kampagnenfähigkeit. Ein erster Schritt dazu ist die neue Homepage. Be-reits aufgeschaltet ist die Seite der Kan-tonalpartei. In den nächsten Monaten werden alle Wahlkreise und Sektionen umgestellt. Die Arbeit an einer Kampag-nendatenbank ist ebenfalls angelaufen. Darin sollen alle relevanten Daten zum Engagement unserer GenossInnen zusam-mengeführt werden. Sie soll die SP schlag-

kräftiger machen im Kampf gegen oftmals millionenschwere Kampagnen unserer po-litischen Gegner. Einen weiteren Schwerpunkt der nächsten zwei Jahre sieht das Präsidium in der Werbung und der Pflege unserer Mit-glieder. Es geht darum, mehr Menschen für die Mitarbeit in der SP zu gewinnen. Wie keine andere Schweizer Partei lebt sie vom Engagement der GenossInnen. Mehr als die bürgerlichen Parteien ist sie Ausdruck einer Bewegung. Und um einen letzten Schwerpunkt zu nennen: die Ver-netzung der MandatsträgerInnen in der SP. Hier geht es insbesondere um den Aus-tausch untereinander.

Arbeit für die Wahlen 2015 In der jüngsten Sitzung waren bereits die nationalen Wahlen im nächsten Jahr ein Thema. Ein erster Zeitplan steht. Jetzt geht es in Zusammenarbeit mit den Mit-gliedern der Geschäftsleitung und mit dem Zentralsekretariat der SPS vor allem darum, die geeignete Wahlkampfstrategie zu definieren. Intensive und spannende Diskussionen und Sitzungen liegen in den ersten hundert Tagen hinter uns. Und so soll es weitergehen. Mit dem Blick auf eine Politik für alle statt für wenige.

SP bi dä Lüt – nämlich auf der Strasse: Die Partei will mit neuen Strukturen agiler werden.

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Von Guido Berlinger-Bolt, Sekretär SP Kanton St.Gallen

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St.Galler Verkehrspolitik: ein Trauerspiel ohne Ende?

Vor bald vier Jahren haben die städ-tischen StimmbürgerInnen einem

Verkehrsreglement zugestimmt. Dieses verpflichtet die Stadt, die Zunahme der Mobilität auf den öV und den Langsam-verkehr zu verlagern. Passiert ist seither nichts. Beginnen wir im Zentrum: Der Gallusplatz wurde zu Beginn dieses Jahres endlich für den Durchfahrtsverkehr ge-sperrt. Diese Massnahme war längst über-fällig, da nach dem überschreiten einer gewissen Anzahl Fahrten automatisch ei-ne Sperrung erfolgen musste. Aus «Rücksicht auf die Gewerbetrei-benden» wurde die Frist vom Stadtrat un-nötig verlängert. Sogar der TCS-Präsident forderte den Stadtrat auf, endlich zu han-deln. Nun sollen einige Verbotstafeln das Klosterviertel vom störenden Schleichver-kehr befreien. Ob diese Massnahme den gewünschten Effekt zeigt, wird sich wei-sen. Ansonsten kommt der Stadtrat nicht darum herum, bauliche Massnahmen um-zusetzen. Bis dahin werden aber noch etli-che Autos den neu gestalteten Gallusplatz als Schleichweg benutzen.

Zaudern und ZögernDie zweite verkehrspolitische Grossbau-stelle ist der Marktplatz und die angren-zende nördliche Altstadt. Auch hier zau-dert und zögert der Stadtrat. Klar ist: Der

Marktplatz muss autofrei werden. Das Par-lament hat eine entsprechende SP-Initiati-ve gutgeheissen. Um die Parkplätze aufzu-heben, will der Stadtrat nun gleich zwei neue Parkgaragen bauen, obschon diese Parkplätze ohne Not auf die bestehenden halbleeren Parkgaragen verteilt werden können. Nun wurde zu Jahresbeginn die

Aufhebung der Parkplätze verfügt. Der ge-naue Zeitpunkt steht jedoch in den Ster-nen. Das Gewerbe wird mit Einsprachen die Verfügung torpedieren. Aus dem Stadt-rat kamen bereits Signale, dass wieder «Rücksicht» auf die Anliegen der Gewerb-ler genommen wird. Es wird noch Jahre dauern, bis der demokratische Wille um-gesetzt wird. Ausserhalb des Zentrums passiert ebenfalls nichts. Die Einfallsstrassen und insbesondere die angrenzenden Quartiere leiden unter einem sehr starken Verkehrs-aufkommen. Zum Beispiel die Zürcher-strasse. Vor Jahren wurde eine Neuge-staltung nach massiver Opposition aus rechtsbürgerlichen Kreisen an der Urne verworfen. Seither wartet die Quartierbe-völkerung vergeblich auf eine neue Vor-lage. Die Zürcherstrasse ist eine der am stärksten befahrenen Innerortsstrassen auf Kantonsgebiet. Vortritt hat der Indivi-dualverkehr. Der Bus steckt im Stau. Die Fussgängerinnen und Velofahrer haben das Nachsehen. Landgemeinden wie Wid-nau und Gossau machen es vor: Mit plane-rischen Massnahmen kann der Verkehr in Zentren auch auf stark befahrenen Stra-ssen verflüssigt werden. Nun scheint sich der Stadtrat endlich zu bewegen. Als Antwort auf einen Vor-stoss von Daniel Kehl, Präsident der SP- Fraktion, stellt der Stadtrat eine Vorlage zur Neugestaltung der Zürcherstrasse auf

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er li

nksVerkehrspolitisch steht die Stadt

St.Gallen still. Der Stadtrat zaudert und zögert. Das einzige, was sich bewegt, sind die Autos.

Der St.Galler Marktplatz ist seit Jahren die Bühne für ein verkehrspolitisches Trauerspiel.

2015 in Aussicht. Es ist aber noch nicht klar, ob der Stadtrat Mut zur Innovation beweist oder weiter den Autoverkehr be-vorzugt behandelt.

Wo bleibt das Velo? Die Stadt hat seit einiger Zeit einen Velo-beauftragten. Ausser ein, zwei neuen Ve-lospuren in die Bergquartiere hat sich nichts getan. Durchgehende Velorouten in der Ost-West-Richtung fehlen noch immer. Oft kommen sich Velofahrer- und Fuss-gängerInnen gefährlich in die Quere. An einigen Orten würden eine klare Signali-sation, ein paar gelbe Markierungen oder zulässiger Gegenverkehr auf Velospuren schon grosse Verbesserungen bringen. Sol-che Verkehrsanordnungen liegen in der Kompetenz des Stadtrates. Der Verdacht liegt nahe, dass sich der Stadtrat auch hier um die berechtigten Anliegen des Lang-samverkehrs foutiert. Am augenfälligsten wird die Bevor-zugung des Autoverkehrs, wenn Fussgän-gerInnen vor einer Ampel warten. Grosse Kreuzungen, zum Beispiel bei der Kreuz-bleiche, können oft nur in zwei oder gar drei Etappen überquert werden. Das Argu-ment ist stets dasselbe: Der Autoverkehr soll verflüssigt werden. Von einer Verflüs-sigung des Fussverkehrs will der Stadtrat nichts wissen. Da wird ein Stop-and-Go auf wenigen Metern zugelassen, wenn nicht sogar bewusst umgesetzt.

Absurdes beim GüterbahnhofIm Agglomerationsprogramm des Bun-des ist ein Ausbau des Rosenbergtunnels auf drei Röhren und eine Teilspange mit einem neuen Autobahnanschluss im Gü-terbahnhof geplant. Diese Idee ist so ab-surd, dass sie von der Bevölkerung lange Zeit nicht ernst genommen wurde. Das Güterbahnhofareal ist das wichtigste in-nerstädtische Entwicklungsgebiet. Dieses für einen Autobahnanschluss zu verwen-den, der nur noch mehr Verkehr auf das bereits überlastete Strassennetz bringt, scheint eine Idee aus der Mottenkiste der Autolobby zu sein. Ein klares Bekenntnis gegen diese Idee ist aus dem Rathaus nicht zu vernehmen. Im Gegenteil ist es so, dass im Hintergrund in Zusammenarbeit mit Bund und Kanton bereits die Vorarbeiten für die Realisierung des unsinnigen Pro-jekts laufen. Damit der öV in der Stadt und vor al-lem in Verbindung mit den Agglomerati-onsgemeinden attraktiver wird, braucht es eine Eigentrassierung von Bus oder Tram. Diese Forderung war mit ein Grund,

warum die damalige Vorlage für eine Um-gestaltung der Zürcherstrasse verworfen wurde. Doch auch hier übt sich der Stadt-rat in Nichtstun. Ausser der eben beschlos-senen Eigentrassierung auf einem klei-nen Teilstück bei der Reithalle verweist er wahlweise auf die hängigen Agglomera-tionsprogramme, den Kanton oder die fi-nanzielle Lage. Fakt ist: Die Stadt hat sich ein Ver-kehrsreglement gegeben, das eine Förde-rung des Langsamverkehrs und des öffent-lichen Verkehrs festschreibt. In der Praxis wird das Gegenteil getan. Da der Stadtrat nicht plötzlich erwachen wird, braucht es das Engagement der Bevölkerung. Die In-itiative zum autofreien Marktplatz war erst ein erster Schritt. Weitere Initiati-ven und Vorstösse müssen folgen. Damit die Stadt in Verkehrsfragen endlich einen Schritt weiterkommt. Ein Lichtblick zeich-net sich bereits ab: Ein Komitee will noch in diesem Frühjahr eine Initiative lancie-ren, die den Autobahnanschluss ins Güter-bahnhofareal verhindern soll. Peter Olibet

Absurd: Ausgerechnet im St.Galler Güterbahnhof soll ein Autobahnanschluss realisiert werden.

Mehr Leben im Bahnhof NordDer Bahnhof Nord in St.Gallen droht tot zu bleiben. Jetzt fordert die SP im Stadtparlament Mass-nahmen.

Mit dem Abbruch der Wohnhäuser für den Bau der Fachhochschule verlor

St.Gallen nicht nur billigen Wohn- und Ge-werberaum. Es war auch der erste Schritt zum Identitätsverlust. Versprochen war ei-ne Aufbruchstimmung, die dem Quartier Leben und Modernität bringen sollte. Die Realität sieht ganz anders aus. Bis heute wirkt das Quartier Bahnhof Nord leblos. Einzig die Lokremise ist abends ein Be-suchermagnet. Ansonsten herrscht kein städtisches Leben. Nachts wirkt die Umgebung gespens-tisch. Jetzt soll noch das «Spanische Klub-haus», ein über die Stadtgrenzen hin-aus beliebtes Klub- und Speiselokal, abgerissen werden. Die Stadt hat trotz Vorkaufsrecht ver-passt, das Gebäude zu erwerben. Sie hätte es renovieren oder einen eigenen Neubau planen und

so die Nutzung bestimmen können. Mit dem vorgesehenen Neubau der Familien-ausgleichskasse besteht nun die Gefahr, dass im direkten Bahnhofumfeld erneut ein abends geschlossenes Verwaltungsge-bäude entsteht. So wie in der Altstadt ein Wohnanteilplan Nutzungsvorschriften macht, bräuchte es hier einen Anteilplan für öffentliche Nutzungen in den Erdge-schossen. Der Zeitpunkt, um solche Vorga-ben zu erlassen, wurde leider verpasst. Die SP will eine lebendige Stadt, keine toten Quartiere, schon gar nicht in Bahn-hofsnähe, wo das Leben pulsieren sollte. Es ist höchste Zeit umzudenken und quar-tierfördernde, identitätsbildende Eingriffe vorzunehmen. Doris Königer

Das spanische Klubhaus wird abgebrochen – ein weiterer Verlust.

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Weigelts KartenhäuserAus der Spitalstudie «Futura» der Industrie- und Handelskammer ist nichts geworden. Sie fiel wie ein Kartenhaus zusammen. Es ist nicht die erste Pleite des IHK-Direktors Kurt Weigelt.

Energiewende jetzt!Am 18. Mai stimmen wir über die kantonale SP-Initiative zur Energie-wende ab. Mit einem überzeugten Ja machen wir den Weg zu einer umweltfreundlichen Energiever-sorgung frei. Der Gegenvorschlag ist ungenügend.

Die Energiewende ist das Ziel: Wir müs-sen weg vom dreckigen Erdöl, weg

vom vermeintlich sauberen Erdgas und weg von der hochriskan-ten und brandgefährli-chen Atomenergie. Ei-nen ersten wichtigen Schritt dazu stellt un-sere Initiative «Energie-wende – St.Gallen kann es!» dar. Mit ihr errei-chen wir ein massiv hö-heres Engagement des Kantons bei der Förde-

rung von alternativen Energieformen und vor allem von Energiesparmassnahmen. Wir wollen, dass der Kanton St.Gallen in Zukunft jährlich mindestens 1 Prozent des Aufwands der laufenden Rechnung zur Förderung erneuerbarer Energien und zur Steigerung der Energieeffizienz einsetzt. 1 Prozent, das entspricht rund 50 Mio. Franken. Aus unserer Sicht ist erst das ge-nug, um die Energiewende zu schaffen.

Kurzsichtig und tumbDoch 50 Mio. Franken sind aus Sicht der Bürgerlichen, die in ihrem Sparrausch unseren Kanton zu Tode wirtschaften, zu viel. Lieber belassen sie es bei Sonntags-reden und bei einer kurzsichtigen, tum-ben Hoffnung, die Auswirkungen des Kli-mawandels werden unseren Kanton, die Schweiz, nicht allzu hart treffen. Vor die-sem Hintergrund ist die SP-Initiative für die Energiewende ist ein schönes Beispiel für eine konstruktive Opposition. Die SP will das Staatsabbau-Diktat der Rechten nicht akzeptieren. Wir wollen nicht passiv und mutlos bleiben. Regierung und Parlament hatten in der zweiten Hälfte des letzten Jahrzehnts erkannt, dass der Kanton Massnahmen für eine nachhaltige Klima- und damit Ener-giepolitik ergreifen muss. 2007/08 verab-schiedete man ein Energiegesetz und ein Energiekonzept, stellte aber nicht die zur

Umsetzung not-wendigen finan-ziellen Mittel bereit. Die SP gab Gegensteu-er und lancierte im Jahr 2012 die kantonale Energie-wende-Initiative. Dies deshalb, weil klar war, dass die Wende Geld kos-ten wird und dass es keinen besseren Zeitpunkt als jetzt gibt. Wir sammelten die nöti-gen 4000 Unterschriften für diese Einheitsinitiative. Unsere KantonsrätInnen ver-teidigten die Initiative im Rat. Aber die erdrückende bürgerliche Mehr-heit lehnte sie ab. Ohne Begeisterung stimmte danach ein Teil der SP-Grü-ne-Fraktion einem Gegenvorschlag zu. Dieser bringt jedoch eindeutig zu we-nig: Er sieht gegenüber dem Status quo von 2,5 Mio. Förderfranken eine Erhöhung auf 5,4 Mio. vor. Damit ist aber keine wir-kungsvolle Energiewende möglich. Da-zu braucht es mehr, zehnmal mehr – 50 Mio. Franken jährlich. Das ist unsere For-derung. Am 18. Mai stimmen die St.Galler StimmbürgerInnen über die SP-Initiative

Die St.Galler Spitallandschaft hätte um-gepflügt werden sollen. Neue Spitäler

auf der grünen Wiese, Gesundheitszen-tren in der Region – so sah «Futura» aus, der Vorschlag des Direktors der Industrie- und Handelskammer, Dr. Kurt Weigelt. Auf Initiative der SVP hatte er letztes Jahr eine Studie bezahlt, welche die Renovati-onspläne der Regierung in Frage stellte. Die «Studie» erwies sich aber als schlud-rig, vage und realitätsfern. Am Schluss blieb nichts mehr von ihr übrig. Das Kan-tonsparlament folgte vollumfänglich den Plänen der Regierung. Und das wird das St.Galler Volk auch tun, wenn die Vorlage über die Spitalsanierungen im kommen-den Herbst an die Urne kommt. Denn die Gesundheit ist der Bevölkerung heilig. Da ist kein Platz für Experimente. Alle wis-sen das. Nur Kurt Weigelt und ein paar

nen Preis für Ideen, die etwas bewegen, Kurt Weigelt könnte man zweifellos als Anwärter abschreiben.

Ein «Gesundheitskanton»Schon vor vier Jahren mischte sich der Wirtschaftsfunktionär in die Spitalde-batte ein. 2009 lancierte er die Idee eines «Gesundheitskantons»: Die Ostschweizer Kantone sollten sich im Spitalwesen zu-sammentun, zwecks mehr Effizienz. Eine Papieridee, ging sie doch an den Realitä-ten und Strukturen des Gesundheitswe-sens komplett vorbei. Die Idee verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Wohl manches IHK-Mitglied fragte sich: Was ha-ben wir als Wirtschaftsverband überhaupt im Gesundheitswesen verloren? Ähnlich verlief es 2008, als sich Kurt Weigelt mit einem «neuen Denkansatz» in Szene setzte: Das Sozialsystem sollte mit einer Verschmelzung von Arbeitslo-senvermittlung, Sozialhilfe und IV umge-krempelt werden. Die Anflüge an die deut-sche Sozialreform von Gerhard Schröder («Hartz IV») waren unverkennbar. Auch da-raus wurde nichts. Der Denkansatz blieb stecken – im Kopf des IHK-Funktionärs. Ei-ne weitere Seifenblase. Viel Staub wirbelte Weigelt im Novem-ber 2011 aus. Er schlug eine «Hochschulab-gabe» vor. Danach sollten sich StudentIn-nen fürs Studium verschulden und später den Vorschuss zurückzahlen, der Staat spart Stipendien. Die unsoziale und un-ausgegorene Idee stiess bei Bildungsfach-leuten überall auf Kritik: Wer will schon mit einem Schuldenberg zu studieren be-ginnen? Das «Tagblatt» spielte den publi-zistischen Verstärker. Der IHK-Direktor stand wieder einmal im Zentrum der Dis-kussion. Aber nur ein paar Tage. Dann war auch dieser Spuk vorbei.

Meint er es ernst?Meint es der Mann überhaupt ernst? Diese Frage stellen sich viele, wenn wieder eine Sternschnuppe in den Himmel steigt und kurz darauf programmgemäss verglüht. Der Verdacht, dass es weniger um politi-sche Ideen als um die Person Dr. Kurt Wei-gelt und seine Ambitionen geht, wurde bisher nie ausgeräumt. Im Gegenteil: Es ist bekannt, dass der IHK-Direktor nichts lie-ber als Nationalrat wäre. Bei den letzten Wahlen landete er auf der FDP-Liste auf dem ersten Ersatzrang. Sein Kalkül war wohl, dass der Bisherige, Bauernlobbyist Walter Müller aus Azmoos, der seit 2003 nach Bern fährt, während der Amtsdauer zurücktreten und er nachrutschen könn-te. Doch Müller macht keine Anstalten da-zu. Sein Wahlspruch als Landwirt gilt of-fenbar auch für seinen Nachfolger in spe: «Auch in der Politik schadet es manchmal nicht zu zeigen, was eine Hacke ist.»

ab. Im nun anlaufenden Abstimmungs-kampf wollen wir dies hervorstreichen: Die Wende ist möglich – wir müssen uns aber dazu bekennen und uns dafür ein-setzen. Aus diesem Grund ist die Abstim-mungskampagne sehr basisorientiert. In den Sektionen sollen die Informationen fliessen. Sie werden in den nächsten Wo-chen «Energie-Apéros», Baustellenbesich-tigungen und Informationsabende durch-führen. Das ist deshalb so wichtig, weil die Energieanlagen in den Ortschaften die besten Beispiele für die Möglichkeit der Wende sind. Diese ist machbar – jetzt brauchen wir die nötigen finanziellen Mit-tel für die Investitionen in saubere Ener-gie und in Energiesparmassnahmen. Es werden Investitionen in den eigenen Kan-ton, in den Wohn- und Lebensort St.Gallen und nicht zuletzt ins eigene Gewerbe sein.

verbohrte SVPler nicht. Sie glaubten, mit unausgegorenen Schreibtisch-Vorschlä-gen eine valable Alternative auftischen zu können. Eine, die im Endeffekt vor allem den privaten Spitalketten gedient hätte. Diese hätten dann besser in den St.Galler Gesundheitsmarkt eindringen können. Der Spuk ist nun vorbei. Selbst das «St.Galler Tagblatt» schrieb nach erfolgter Debatte: «Futura hat keine Zukunft.» Da-bei hatte die Zeitung der IHK nach Kräf-ten publizistische Schützenhilfe geleistet. Alle Ressorts mussten Beiträge liefern, die «IHK-Studie» wurde zum Top-Thema hin-aufgeschrieben. Jetzt ist sie beerdigt. Sang- und klanglos.

Das immer gleiche MusterDas ist nicht die erste Pleite von Kurt Wei-gelt. Vielmehr gehören Pleiten zum po-litischen Aufstieg des IHK-Direktors. Ein Blick zurück zeigt ein immer gleiches Mus- ter: Erst wird mit viel Getöse eine ver-meintlich originelle Idee lanciert. Dank gütiger Mithilfe der bürgerlichen Medien wird sie im letzten Winkel des Kantons bekannt gemacht. Wenig später ist davon nichts mehr zu hören. Verändert hat sich nichts. Alles bleibt beim Alten. Gäbe es ei-

Von Guido Berlinger-Bolt, Sekretär SP Kanton St.Gallen

Die Initiative verlangt eine effektive Finan-zierung der st. gallischen Energie- und Um-weltpolitik. Dazu eignet sich die Initiative mit der Forderung nach 1 Prozent des Volu-mens der laufenden Rechnung für Energie-spar- und -fördermassnahmen besser als der Gegenvorschlag. Das Initiativkomitee empfiehlt den StimmbürgerInnen dennoch das doppelte Ja zu Initiative und Gegen-vorschlag – weil der Gegenvorschlag noch immer besser ist als der Status quo. Bei der Stichfrage empfiehlt das Komitee selbst-verständlich die Initiative. Mit der Annah-me der Initiative lösen wir zehnmal mehr Geld aus, geben das Schlusslicht im kan-tonalen Vergleich ab und stossen zur Spit-zengruppe vor.

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Übrigens gibt sich Kurt Weigelt sehr erbost darüber, wie wirkungslos seine Spitalstudie verpuffte. Das hat er sich al-lerdings weitgehend selbst zuzuschrei-ben. Wer meint, er könne die Welt neu er-finden, ist in der Politik am falschen Ort. Oder leidet an Grössenenwahn. (red.)

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Impressum «links»Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen. Erscheint mind. 5x jährlich. Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen, Postfach, 9001 St.Gallen, Tel. 071 222 45 85, [email protected]

An dieser Nummer haben mitgearbeitet: Hansueli Baumgartner, Guido Berlinger-Bolt, Felix Birchler, Laura Bucher, Ralph Hug, Daniel Hungerbühler, Peter Olibet, Andrea Scheck, Ruben Schönenberger, u.a. Gestaltung, Layout: Markus Traber Druck: Brändle Druck AG, Mörschwil

Kanton St.Gallen9. April, Präsidiumssitzung, St.Gallen – Sekretariat, 19.1026. April, Ordentlicher Partei-tag, Rheineck – Hotel Hecht28. April, Präsidiumssitzung, St.Gallen – Sekretariat, 19.1021. Mai, Sektionskonferenz, St.Gallen 23.-24. Mai, 10. Sozial- und Umweltforum Ostschweiz (SUFO), St.Gallen26. Mai, Geschäftsleitungssit-zung, St.Gallen – Sekreta- riat, 19.10

SP Rapperswil-Jona13. Mai, Parteiengespräch, Rapperswil22. Mai, Stadtforum, Rapperswil

SP Kreis Werdenberg25. April, HV SP Grabs, Grabs – Rest. Hörnli, 19.00

S e r v i c e29. April, MV SP Buchs, Buchs, 19.00

SP Stadt St.Gallen23. April, Hauptversamm-lung, St.Gallen1. Mai, Neumitgliederes-sen, St.Gallen13. Mai, Parteivorstand, St.Gallen – SP-Sekretariat, 18.306. Mai, Stadtparlamentssit-zung, St.Gallen – Waag-haus, 16.00

Vorstösse von SP-Politike-rInnen (1. Februar–23. März)Einfache Anfragen:� Daniel Baumgartner, Flawil: Unterschiedliche Umsetzung bei der integra-tiven Schulform (ISF) mit individuellen Lernzielen (ILZ) in der Volksschule� Max Lemmenmeier, St.Gallen: Entschädigung für begangenes Unrecht an Verdingkindern

Interpellationen:� Maria Huber, Ror-schach: Kontrolltätigkeit bezügliche der Arbeits-, Lenk und Ruhezeiten der berufsmässigen Motor-fahrzeugführerinnen und -führer� SPG-Fraktion: Hypos-wiss-Debakel: Verantwort-lichkeiten klären-� SPG-Fraktion: Entschä-digungen in öffentlich-rechtlichen Anstalten� Daniel Gut, Buchs et al:

AZB9000 St.Gallen

Parolen zu den Eidg. AbstimmungenGripen Nein Mindestlohn JAPädophilen-Initiative OffenMedizinische Grund- versorgung Offen

Kanton. AbstimmungenEnergiewende-Initiative: JA Gegenvorschlag: JA Stichfrage: Initiative

Alles über den 1. MaiMaifeiern gibt es dieses Jahr ausserhalb der Stadt St.Gallen in Walenstadt, Ror-schach, Rapperswil und Bazenheid. Der Tag der Arbeit fällt auf einen Donnerstag. Die Kundgebungen stehen alle unter dem Motto «Aufbruch statt Abbruch!» (siehe S. 5). Besammlung in St.Gallen ist um 17 Uhr beim Bahnhofplatz, um 18 Uhr Hauptrefe-rat mit Nationalrat Balthasar Glättli in der Marktgasse. Weiter sprechen von der Syn-dicom-Jugend Johannes Supe sowie Berha-nu Tesfaye von der Autonomen Schule in Zürich. Es gibt eine Festwirtschaft (bei schlechter Witterung in der Grabenhal-

le). Um 20 Uhr findet in der Grabenhalle ein Konzert der Rorschacher Band «Panda Lux» statt. An der Vorfeier am Sonntag, 27. April um 16 Uhr im Frauenarchiv an der Florastrasse 6 gibt es Texte und Lieder zu August Bebel mit Hans Fässler und Hans Peter Gansner. Der Anlass läuft unter dem Titel «Brüder und Schwestern, zur Sonne, zur Freiheit!» An der Maifeier in Walenstadt im Rest. Churfirsten hält Nationalrätin Barba-

ra Gysi die Rede (18 Uhr). Im Rest. Traube in Bazenheid laden die SP Wil und Alttog-genburg zur Feier. Es referieren National-rätin Claudia Friedl und WOZ-Redaktor Kaspar Surber. In Rapperswil ist auf dem Fischmarkt von 11.30 bis 18 Uhr ein Fest-betrieb eingerichtet. Um 15 Uhr findet die Begrüssung mit einer Ansprache von Regierungsrat Fredy Fässler statt. In Ror-schach spricht SP-Kantonsrat Dario Sulzer im Rest. Treppenhaus.

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Nach dem Ja zu FABI: Ra-scher Start der Umsetzung im Rheintal� Felix Gemperle, Gol-dach: Verbindlichkeit bei Strassenbauprojekten am Beispiel Autobahnan-schluss Rorschach� SPG-Fraktion: Erste Auslegeordnung zu den möglichen Folgen der Ini-tiative� Peter Hartmann, Fla-wil: Finanzausleich natio-nal und kantonal� Josef Kofler, Uznach et al: Faire Standortanalyse für den Kanti-Neubau in der Region Linthgebiet-Toggenburg

Motionen:� SPG-Fraktion et al: Dringlich: Neuorganisa- tion der Parlamentsdiens-te� SPG-Fraktion: Sicher-heit für die St.Galler Kan-tonalbank

VCS sucht Vorstands-mitgliederDer Vorstand des VCS St.Gallen-Appenzell sucht neue Mitglieder für den Vorstand und die Arbeitsgruppen, die sich für Fra-gen rund um Mobilität und Verkehrspolitik interessieren. Die Arbeit im VCS vermittelt spannende Einblicke in wichtige Themen und ermöglicht Diskussionen und Kontak-te mit verschiedenen Leuten. Infos zur VCS-Arbeit gibt's auch auf der neuen Webseite www.vcs-sgap.ch. Wer Interesse hat, meldet sich direkt auf der Geschäftsstelle, Tel. 071 222 26 32 oder via E-Mail [email protected].