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links 2.11 1 Inhalt Nr. 2/2011 Demontage im Kanton St.Gallen 2 KandidatInnen-Weekend der SP 3 Warum die SP den Kantonsrat verliess 4 Volksinitiative für eine neue Bibliothek 5 Rechsteiner: Warum ich kandidiere 6 Skandalöse Tieflöhne im Rheintal 7 Marktplatz St.Gallen: Pro und Contra 8 Editorial Für alle statt für wenige – so macht die SP Politik. In der Wahlplattform 2011 stellt sie zehn konkrete Projekte vor, mit denen sie sich für die Interessen der gro- ssen Mehrheit der Bevölkerung statt für Sonderinteressen von privilegierten Gruppen einsetzt. Nach Fukushima ist der Atomausstieg eine Tatsache. Unsere laufende Cleantech-Initiative zeigt den Weg von der Gewinnmaximierung der Energiekon- zerne Axpo, BKW und Co. hin zu einer ökologischen und sicheren Versorgung für alle. Das bedeutet das Aus für die Vergoldung von Dreckstrom aus AKWs oder Kohlekraftwerken. Mit neuen, innovativen Technologien kann der Energieverbrauch erwiesenermassen markant gesenkt und die Produktion von erneuerbarer Energie gesteigert werden. Zudem werden 100‘000 neue Arbeitsplätze in zukunftsgerichteten Branchen geschaffen. In der Sozialpolitik setzen wir uns weiter gegen die von den bürgerlichen Parteien be- triebene Umverteilung von unten nach oben ein. Ein Beispiel für den unverfrorenen Angriff auf die Sozialwerke im Bundesparlament lieferte soeben die Kommission für soziale Sicher- heit des Ständerats: Mit Hilfe von Erika Forster (FDP) und Eugen David (CVP) wurden der An- trag auf Erhöhung des Frauenrentenalters sowie weitere Verschlechterungen bei der AHV durchgeboxt. Das ist ein weiterer Beweis dafür, dass es im Ständerat endlich einen Wechsel braucht, damit Politik für alle betrieben wird – eine Politik für die Arbeitnehmenden, Miete- rInnen und KonsumentInnen. Mit Paul Rechsteiner stellen wir einen starken Kandidaten, der als Garant für existenzsichernde Mindestlöhne und sichere Renten für alle steht. Am 7. Mai wird Paul Rechsteiner am Parteitag offiziell nominiert. Besorgt euch rasch eine Delegierten- karte oder kommt als Gast und unterstützt so den Wahlauftakt! Claudia Friedl, Parteipräsidentin Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch April 2011 Nr. 2 Eugen David attackiert AHV-Renten Ausgerechnet der St.Galler Ständerat Eugen David (CVP) reitet einen Angriff gegen AHV-Renten. Er will die Teuerung nicht mehr voll ausgleichen. Das kommt einer faktischen Rentenkürzung gleich. D ie Kommission für soziale Sicher- heit und Gesundheit des Ständerats (SGK) hat Ende März eine Kommissions- initiative gutgeheissen. Sie stammt von Eugen David, wie SGK-Präsident Alex Ku- precht (SVP) bestätigt. Danach soll ein Vor- schlag aus der gescheiterten 11. AHV-Re- vision wieder aufgenommen werden. Die AHV-Renten sollen nur noch dann alle zwei Jahre angepasst werden, wenn die aufgelaufene Teuerung 4% überschreitet. Sinkt der Stand des AHV-Fonds unter 45%, dann sollen die Renten gar nicht mehr an- gepasst werden. «Das ist perfid, weil das Parlament es in der Hand hat, den Fondsstand auf dieses Niveau absinken zu lassen, indem es der AHV Zusatzeinnahmen verweigert», kriti- sierte der Schweizerische Gewerkschafts- bund schon früher solche Pläne. Faktisch komme dies einer Rentenkürzung gleich. Es ist befremdend, dass ausgerechnet Eu- gen David die AHV-Renten attackiert. Der St.Galler CVP-Mann, der nächsten Herbst den Sitz der CVP im Stände- rat retten soll, gilt zwar als Versicherungslobby- ist (Helsana). Ihm wurde aber bisher auch eine so- ziale Ader nachgesagt. Damit scheint es nun endgültig vorbei zu sein. Eine Tatsache, die bei den Ständeratswahlen im Herbst zu berücksichtigen sein wird. Forster/David zuvorderst an der Anti-AHV-Front Das St.Galler Duo Erika Forster/Eugen Da- vid steht an der Spitze der unsozialen An- ti-AHV-Front. Die zurücktretende Erika Forster (FDP) hat eine parlamentarische Initiative «AHV 65/65» eingereicht. Sie will die ebenfalls gescheiterte Heraufsetzung des Rentenalters der Frauen auf 65 Jahre wieder anstossen. Mit diesem Sozialabbau auf Kosten der Frauen sollen rund 800 Mil- lionen Franken eingespart werden. Das sei «gerecht und ausgewogen», findet Forster. Die Gleichstellung von Mann und Frau müsse auch die Renten einschliessen. Da- von aber, dass die Gleichstellung der Ge- schlechter etwa beim Lohn noch längst nicht realisiert ist, ist keine Rede. Forster und David sind wie viele Bür- gerlichen vom Glauben beseelt, dass die AHV vor der Pleite stehe. Dabei ist das Ge- genteil der Fall: Die Rechnung der AHV ist voll im Lot. In der AHV-Kasse gibt es kei- ne Defizite, sondern Milliardenüberschüs- se. Das Sozialwerk bleibt, wie der Schwei- zerische Gewerkschaftsbund erst kürzlich wieder dargelegt hat, problemlos stabil. Bis 2025 sind keine Leistungskürzungen nötig, dies selbst bei einer weiteren Zu- nahme der Lebenserwartung. Forster da- gegen schürt weiterhin Ängste, indem Eugen David (CVP) Die AHV reicht nicht zum Leben, die RentnerInnen sind auf den Teuerungsausgleich angewiesen. Bild links

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Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen

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Inhalt Nr. 2/2011Demontage im Kanton St.Gallen 2KandidatInnen-Weekend der SP 3Warum die SP den Kantonsrat verliess 4Volksinitiative für eine neue Bibliothek 5Rechsteiner: Warum ich kandidiere 6Skandalöse Tieflöhne im Rheintal 7Marktplatz St.Gallen: Pro und Contra 8

E d i t o r i a l Für alle statt für wenige – so macht die SP Politik. In der Wahlplattform 2011 stellt sie zehn konkrete Projekte vor, mit denen sie sich für die Interessen der gro-ssen Mehrheit der Bevölkerung statt für Sonderinteressen von privilegierten Gruppen einsetzt. Nach Fukushima ist der Atomausstieg eine Tatsache. Unsere

laufende Cleantech-Initiative zeigt den Weg von der Gewinnmaximierung der Energiekon-zerne Axpo, BKW und Co. hin zu einer ökologischen und sicheren Versorgung für alle. Das bedeutet das Aus für die Vergoldung von Dreckstrom aus AKWs oder Kohlekraftwerken. Mit neuen, innovativen Technologien kann der Energieverbrauch erwiesenermassen markant gesenkt und die Produktion von erneuerbarer Energie gesteigert werden. Zudem werden 100‘000 neue Arbeitsplätze in zukunftsgerichteten Branchen geschaffen. In der Sozialpolitik setzen wir uns weiter gegen die von den bürgerlichen Parteien be-triebene Umverteilung von unten nach oben ein. Ein Beispiel für den unverfrorenen Angriff auf die Sozialwerke im Bundesparlament lieferte soeben die Kommission für soziale Sicher-heit des Ständerats: Mit Hilfe von Erika Forster (FDP) und Eugen David (CVP) wurden der An-trag auf Erhöhung des Frauenrentenalters sowie weitere Verschlechterungen bei der AHV durchgeboxt. Das ist ein weiterer Beweis dafür, dass es im Ständerat endlich einen Wechsel braucht, damit Politik für alle betrieben wird – eine Politik für die Arbeitnehmenden, Miete-rInnen und KonsumentInnen. Mit Paul Rechsteiner stellen wir einen starken Kandidaten, der als Garant für existenzsichernde Mindestlöhne und sichere Renten für alle steht. Am 7. Mai wird Paul Rechsteiner am Parteitag offiziell nominiert. Besorgt euch rasch eine Delegierten-karte oder kommt als Gast und unterstützt so den Wahlauftakt! Claudia Friedl, Parteipräsidentin

Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch April 2011 Nr. 2

Eugen David attackiert AHV-RentenAusgerechnet der St.Galler Ständerat Eugen David (CVP) reitet einen Angriff gegen AHV-Renten. Er will die Teuerung nicht mehr voll ausgleichen. Das kommt einer faktischen Rentenkürzung gleich.

Die Kommission für soziale Sicher-heit und Gesundheit des Ständerats

(SGK) hat Ende März eine Kommissions-initiative gutgeheissen. Sie stammt von Eugen David, wie SGK-Präsident Alex Ku-precht (SVP) bestätigt. Danach soll ein Vor-schlag aus der gescheiterten 11. AHV-Re- vision wieder aufgenommen werden. Die AHV-Renten sollen nur noch dann alle zwei Jahre angepasst werden, wenn die aufgelaufene Teuerung 4% überschreitet. Sinkt der Stand des AHV-Fonds unter 45%, dann sollen die Renten gar nicht mehr an-gepasst werden. «Das ist perfid, weil das Parlament es in der Hand hat, den Fondsstand auf dieses

Niveau absinken zu lassen, indem es der AHV Zusatzeinnahmen verweigert», kriti-sierte der Schweizerische Gewerkschafts-bund schon früher solche Pläne. Faktisch komme dies einer Rentenkürzung gleich. Es ist befremdend, dass ausgerechnet Eu-gen David die AHV-Renten attackiert. Der

St.Galler CVP-Mann, der nächsten Herbst den Sitz der CVP im Stände-rat retten soll, gilt zwar als Versicherungslobby-ist (Helsana). Ihm wurde aber bisher auch eine so- ziale Ader nachgesagt. Damit scheint es nun

endgültig vorbei zu sein. Eine Tatsache, die bei den Ständeratswahlen im Herbst zu berücksichtigen sein wird.

Forster/David zuvorderst an der Anti-AHV-FrontDas St.Galler Duo Erika Forster/Eugen Da-vid steht an der Spitze der unsozialen An-ti-AHV-Front. Die zurücktretende Erika

Forster (FDP) hat eine parlamentarische Initiative «AHV 65/65» eingereicht. Sie will die ebenfalls gescheiterte Heraufsetzung des Rentenalters der Frauen auf 65 Jahre wieder anstossen. Mit diesem Sozialabbau auf Kosten der Frauen sollen rund 800 Mil-lionen Franken eingespart werden. Das sei «gerecht und ausgewogen», findet Forster. Die Gleichstellung von Mann und Frau müsse auch die Renten einschliessen. Da-von aber, dass die Gleichstellung der Ge-schlechter etwa beim Lohn noch längst nicht realisiert ist, ist keine Rede. Forster und David sind wie viele Bür-gerlichen vom Glauben beseelt, dass die AHV vor der Pleite stehe. Dabei ist das Ge-genteil der Fall: Die Rechnung der AHV ist voll im Lot. In der AHV-Kasse gibt es kei-ne Defizite, sondern Milliardenüberschüs-se. Das Sozialwerk bleibt, wie der Schwei-zerische Gewerkschaftsbund erst kürzlich wieder dargelegt hat, problemlos stabil. Bis 2025 sind keine Leistungskürzungen nötig, dies selbst bei einer weiteren Zu-nahme der Lebenserwartung. Forster da-gegen schürt weiterhin Ängste, indem

Eugen David (CVP)

Die AHV reicht nicht zum Leben, die RentnerInnen sind auf den Teuerungsausgleich angewiesen.

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300 Mio. in 15 Jahren abgebautStaatsleistungen im Umfang von rund dreihundert Millionen Franken wurden in den letzten fünfzehn Jahren im Kanton St.Gallen abgebaut. Doch nicht genug: Die Demontage des Kan-tons soll noch weiter gehen.

Der Blick zurück auf die diversen Spar-pakete ist ein «Blick zurück im Zorn».

Denn er macht klar, dass die bürgerliche Mehrheit ihre Interessen knallhart durch-gesetzt hat. Kritik von links prallte ab. Während für die Vermögenden und für die Wirtschaft laufend die Steuern gesenkt wurden, wurde der Bevölkerung parallel dazu ein immer grösserer Abbau von Staats- leistungen zugemutet. Dieser Abbau segel-te unter beschönigenden Titeln wie «Mass-nahmenpaket», «Wiederherstellung des fi- nanziellen Gleichgewichts» oder «Entlas-tung des Staatshaushalts». «links» hat nachgerechnet. Im ersten Massnahmenpaket aus dem Jahr 1997, mit dem das Gleichgewicht im Staatshaushalt wieder erzielt werden sollte, wurden Leis-tungen im Umfang von rund 70 Mio. Fran-ken abgebaut.

Abbau bei den ÄrmstenDann folgte im Jahr 2004 das «Massnah-menpaket zur dauerhaften Entlastung des Staatshaushalts». Hier wurde ein Abbau in der Höhe von 68,5 Mio. Franken beschlos-sen. Kürzungen erfolgten insbesondere bei den Ergänzungsleistungen. Hier, bei den Ärmsten, wurden allein 6,8 Mio. Fran-ken abgebaut. Sodann gab es Kürzungen bei den Schulen und Lehrkräften, bei den Spitälern, der Krankenversicherung und bei der Prävention, aber auch beim Regio-nalverkehr und in der Forstwirtschaft. Im letzten Februar folgte ein noch weit grösseres Abbaupaket, das grösste in der Geschichte des Kantons. Nun werden 97,4 Mio. Franken an Staatsleistungen ge-

strichen. Dies obwohl bei allen vorange-henden Sparübungen behauptet wurde, nun sei die Staatskasse bald wieder im Lot. Fehlanzeige! Durch weitere Steuersen-kungen gab es sofort die nächsten, noch grösseren Löcher. Auch hier nahm die durchregierende SVP/FDP-Mehrheit mit

den zahlreichen CVP-Hardlinern in ihrem Schlepptau wenig Rücksicht auf soziale Belange. Eine grosse Kürzung von 17 Mio. Franken in der Spitalfinanzierung führt zum Beispiel einfach dazu, dass die Kran-kenkassenprämien auf 2012 noch stärker steigen werden. Auch bei den Prämienverbilligungen wurde mit 5,9 Mio. Franken massiv auf die Gemeinden umgelagert. Dies obwohl der Kanton hier schon immer sehr knaus-rig war, was die SP stets kritisiert hat. Fer-ner wurde erneut bei der Finanzierung der Sonderschulen und der Kinder- und Jugendeinrichtungen massiv gekürzt (10 Mio. Franken). Nahezu 20 Mio. Franken wurden beim Regionalverkehr abgebaut. Wenn das nicht durch die Gemeinden kompensiert wird, so wird dies klare Ver-schlechterungen im Fahrplan und bei den Tarifen zur Folge haben.

300 Mio. weniger – und kein EndeDie drei Sparpakete von 1997, 2004 und 2011 summieren sich so auf einen Betrag von rund 250 Mio. Franken. Unter Protest der SP, die im Kantonsrat aus dem Saal lief, wurde aber noch ein weiteres Abbau-paket von 50 Mio. Franken beschlossen. Damit ist gezielt das Staatspersonal im Visier. Denn laut dem Finanzchef Martin Gehrer kann diese erneute Kürzung nicht realisiert werden, ohne dass Zweidrittel davon direkt die Personalleistungen tan-gieren. Der Teufelskreis geht weiter, und die Spirale nach unten wird so lange dre-hen, bis endlich Schluss mit den fatalen Steuersenkungen ist. (red.)

sie beklagt, dass das Scheitern der unso-zialen 11. AHV-Revision «ein Desaster für die künftigen Generationen» darstelle. Vor dem Hintergrund solcher Angstmacherei soll nun erneut ein Sozialabbau durchge-drückt werden. «Eine Heraufsetzung des Rentenalters kommt einer Rentensenkung gleich», kri-tisiert SP-Präsidentin Claudia Friedl. Die RentnerInnen seien auch deshalb auf die regelmässige Anpassung ihrer AHV-Ren-ten angewiesen, weil es bei den Pensions-kassen keinen Teuerungsausgleich mehr gibt. (rh)

Neue Webseiten bei der SPSowohl die SP der Stadt St.Gallen als auch jene des Kantons haben ihren Internet-auftritt neu gestaltet. Während die neue Stadt-Webseite bereits aufgeschaltet ist, wird dies bei der kantonalen SP am 27. April der Fall sein. Ein Besuch lohnt sich: www.sp-stgallen.ch, www.sp-sg.ch

Mit dem Teufelskreis Steuersenkungen/Staatsabbau wird der Kanton St.Gallen immer mehr demontiert.

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Auf den Wahlkampf eingestimmtDie zwölf St.Galler Nationalrats-kandidierenden der SP haben sich am 8./9. April im Seegüetli auf den Wahlkampf vorbereitet. Neben der politischen Arbeit kam auch der gesellige Teil nicht zu kurz. Die sechs Frauen und Männer sind parat für das Wahljahr.

Die Resultate der neusten kantonalen Wahlen in Zürich, Ausserrhoden und

Luzern stimmen zuversichtlich. Die St.Gal- ler SP wird ihre beiden Sitze im National-rat verteidigen und im Ständeratswahl-kampf ein gewichtiges Wort mitreden.

Für alle statt für wenigeZentraler Grundgedanke für den Wahl-kampf ist die gemeinsame Botschaft, mit der die SP den Wählerinnen und Wählern

ihre Werte vermitteln will. Die SP will an Stärke zulegen, weil sie als Partei wahr-genommen wird, die Politik für die gan-ze Bevölkerung macht: «Für alle statt für wenige». Mit dieser Botschaft zeigt die SP, dass sie nicht Politik im Interesse von ein paar wenigen macht, sondern eine Politik für die ganze Bevölkerung. Die Kandidierenden beschäftigten sich mit der Verknüpfung dieser Botschaft mit den Wahlkampfthemen. Severin Tobe-rer vom Wahlkampfteam der SP Schweiz unterstützte die GenossInnen mit Ideen zur Gestaltung des persönlichen Wahl-kampfes.

Social Media im WahlkampfDie Anwendung von Facebook oder Twit-ter im Wahlkampf ist für die SP kein Neu-

land. Die Kantonalpartei ist schon lange auf beiden Plattformen präsent. Doch nut-zen noch nicht alle Kandidierenden die neuen Möglichkeiten der sozialen Netz-werke. Der Input von SP-Mitarbeiter Ruben Schönenberger zeigte die Möglichkeiten und Grenzen von Social Media auf. Die zwölf Kandidierenden haben sich neben der politischen Arbeit aber auch als Team gestärkt. So blieb genügend Zeit, um sich noch besser kennen zu lernen und Er-fahrungen auszutauschen. Das Kulturho-tel Seegüetli am Schwendisee im obersten Toggenburg bot dazu das ideale Umfeld. Die KandidatInnen haben sich für den Wahlkampf aufgewärmt. Der Schwendi-see war für ein Bad dann aber doch noch zu kalt. Dario Sulzer

«Wir haben die Wahl: Wollen wir weiterhin eine Politik im Interesse von ein paar we-nigen, die sich immer noch mehr nehmen? Oder wollen wir eine Politik für die ganze Bevölkerung? Wir sind dann stark, wenn wir miteinander Verantwortung übernehmen und nicht jeder für sich selbst schaut. Dafür kämpft die SP zusammen mit Ihnen. Im All-tag, in der Wirtschaft und in der Politik.»

S P S c h w e i z z u m W a h l j a h r 2 0 11

Das Sekretariat der SP von Kanton und Stadt St. Gallen erbringt Dienstleistungen gegenüber den Mitgliedern, Sektionen, MandatsträgerInnen und parteiinternen Gremien. Es arbeitet mit ver- schiedenen Gremien und befreundeten Gruppierungen zusammen und organisiert Kampagnen, Wahlen, Abstimmungen, Veranstaltungen, Sitzungen sowie die Medien- und Öffentlichkeits- arbeit der Partei. Für die nationalen Wahlen 2011 wollen wir unser Sekretariat personell verstärken und suchen deshalb von Mai bis Ende Oktober 2011 (evtl. länger) eine/n

Wir suchen eine initiative, kommunikative, belastbare und selbständige Person, die Freude und Lust hat, in einem phasenweise hektischen Arbeitsumfeld im Wahlkampf tatkräftig mitanzupa-cken. Der/die PraktikantIn unterstützt das Sekretariat beim Organisieren verschiedener Aktivitäten sowie bei der administrativen Arbeit. Manchmal können Arbeitszeiten auch am Abend oder am Samstag anfallen. Wir bieten Einblick in die politische Arbeit und ermöglichen Kampagnenerfahrung in einem lebendigen Team und gute Arbeitsbedingungen.

Nähere Auskunft erteilen gerne:Dario Sulzer, Politischer Sekretär und Ariana Krizko, Politische Sekretärin, SP-Sekretariat, Telefon 071 222 45 85 (werktags von 09.00-12.00 Uhr)

Schriftliche Bewerbungen mit den üblichen Unterlagen sind zu richten an: SP-Sekretariat, Zwinglistrasse 3, Postfach 1818, 9001 St.Gallen

PraktikantIn Arbeitspensum 60 – 80 %

Die NationalratskandidatInnen der SP im Seegüetli (auf dem Bild fehlt Paul Rechsteiner)

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Debatten führen statt Mikrofon abstellen!Die SP-Fraktion hat in der Februar-session am Ende der Debatte zum Sparpaket aus Protest den Ratssaal verlassen. Wie kam es dazu und wie soll es weitergehen?

Während anderthalb Tagen wurden im Kantonsrat die 54 Massnahmen

der Regierung zur – wie es beschönigend genannt wird – «Bereinigung des struktu-rellen Defizits» beraten. Die SP-Fraktion hatte sich im Vorfeld intensiv mit dem

massiven Leistungsab-bau auseinandergesetzt und eine Reihe von An-trägen vorbereitet. In der von uns engagiert geführten Debatte hat-ten sich alle 16 Mitglie-der der SP-Fraktion zu Wort gemeldet und An-träge vertreten. Mit we-

nigen Ausnahmen wurden diese jedoch ab-geschmettert. Von bürgerlicher Seite gab es nur wenige Voten.

Aufgeheizte StimmungHöhepunkt war der Zusatzantrag der Fi-nanzkommission, der ein weiteres Spar-paket von 50 Mio. Franken forderte. Dies kann nur mit massiven Sparmassnahmen beim Personal umgesetzt werden. Im Vor-feld hatte die Finanzkommission noch mit offenen Karten gespielt und ausgespro-chen, dass dies einem Abbau von mindes-tens 35 Mio. Franken bei den Personalaus-gaben gleichkommt. In der Ratsdebatte wurde diese Tatsache jedoch wieder ver-wässert und in Abrede gestellt. Zu Beginn der Session wollten die Personalverbände dem Kantonsrat eine «roten Karte» mit 3700 Unterschriften überreichen – ein Protestschreiben gegen die Verschlechte-

rungen beim neuen Personalgesetz. Das Präsidium war jedoch nicht bereit, die «ro-te Karte» als Petition entgegenzunehmen. Man war sogar sehr empört darüber, dass sich Maria Huber (SP, Rorschach), Präsiden-tin der Staatspersonalverbände, mit einer Wortmeldung im Kantonsrat zu dieser Thematik äusserte. Mit anderen Worten: Es war eine auf-geheizte Stimmung, und die Nerven la-gen blank. Es passte den Bürgerlichen gar nicht, dass wir im Kantonsrat eine so brei-te Debatte zum Sparpaket führten. Es wä-re ihnen lieber gewesen, das Ganze wäre beschlossen worden und damit ebenso rasch vom Tisch gewesen. Wir betonten dagegen, dass diese zusätzlichen 50 Mil-lionen zu den bereits beschlossenen 100 Millionen sowie den Budgetkürzungen von 50 Millionen den Bogen massiv über-spannten und dass der Kanton Gefahr lau-fe, wichtige Leistungen abzubauen und ein unattraktiver Arbeitgeber zu werden. Dies konterten bürgerliche VotantInnen mit unschönen Worten. Es wurde uns gar unterstellt, wir hetzten das Personal auf. Statt dass wir – wie das im Parlaments-betrieb üblich ist – gegen diese massiven Anschuldigungen und Unterstellungen hätten Stellung nehmen können, wurde auf Antrag der FDP das sofortige Ende der Debatte beschlossen. Dies bedeutet, dass nur noch das zuständige Regierungsmit-glied kurz Stellung nehmen darf. Auch eine persönliche Erklärung der Fraktion war nicht mehr möglich. Das Wort ist entzogen, die Debatte abgestellt. Für uns war sofort klar: So nicht – jetzt reicht’s! Spontan verliess die gesamte SP-Fraktion den Saal. Selbst Finanzchef Martin Geh-rer musste sich mittels eines Antrags das

Recht erkämpfen, die ablehnende Haltung der Regierung noch darlegen zu können. St.Gallen ist am Tiefpunkt der parla-mentarischen Diskussion resp. «Nicht-Dis-kussion» angelangt. Wer derartig happi-ge Sparmassnahmen durchpauken will, soll sich mindestens der Debatte stellen. Wir haben dies während anderthalb Ta-gen konsequent, kompetent und engagiert getan, während sich gewisse Fraktionen kaum mit dem Geschäft auseinanderge-setzt haben und bloss den Tarif «Anträ-ge der Finanzkommission unterstützen» durchgaben.

Feige Diskussionsverweigerung Es ist komplett verfehlt, wenn uns nun Ge- sprächsverweigerung vorgeworfen wird. Im Gegenteil, das Gespräch wurde uns verweigert. Abbruch der Diskussion ist zwar ein im Ratsreglement vorgesehenes Mittel, aber bei einer derart weit reichen-den Entscheidung für die Mitarbeitenden unseres Kantons und dem massiven Abbau unseres Leistungsangebots ist die Diskus-sionsverweigerung absolut undemokra-tisch und feige. Die Bürgerlichen sollten sich den Spiegel selber vorhalten und of-fen zu ihrer Politik und ihren Folgen ste-hen, statt sie zu verschweigen. Durch unseren ungewöhnlichen Pro-test wurde vielen Menschen, die etwas wei- ter weg vom Politalltag sind, erst bewusst, welch inakzeptable Sparpläne da vorlie-gen. Viele von uns führten in der Folge wichtige Gespräche mit Leuten über die Fi-nanz-, Steuer- und Sparpolitik im Kanton. Und selbstverständlich: Wir stellen uns der Diskussion und kämpfen weiterhin ge-gen diesen unsozialen Leistungsabbau.

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Barbara Gysi, SP-Fraktionschefin, Wil

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Eine St.Galler Volksbibliothek per InitiativeDie «Neue Bibliothek St.Gallen» soll doch entstehen, allerdings in redimensionierter Form. Dies sieht eine kantonale Volksinitiative vor, die demnächst lanciert werden soll.

Mitte Januar 2011 gab die St.Galler Re-gierung bekannt, dass die Pläne für

die «Neue Bibliothek St.Gallen» fallen ge-lassen werden. Vorgesehen war die Errich-tung einer modernen öffentlichen Volks-bibliothek für alle nach dem Muster der angelsächsischen «Public Library», und zwar in der St.Galler Hauptpost durch die Fusion der Kantonsbibliothek Vadiana, der St.Galler Freihandbibliothek und der Frau-enbibliothek Wyborada. Begründet wurde die Aufgabe der Planung mit der Sparpo-litik. Hinter den Kulissen hatten SVP und FDP bereits seit längerem erfolgreich an der Sabotage des Projekts gearbeitet. Poli-tisch war schon länger klar, dass aus der neuen Bibliothek nichts werden würde. Doch die Absage löste einen veritablen Schock aus. In Kultur- und Bildungskrei-sen war man konsterniert, dass die Pläne ganz aufgegeben wurden. ExponentInnen namentlich aus Bibliothekskreisen riefen dazu auf, das Projekt nicht einfach zu be-graben. St.Gallen habe die Möglichkeit, ein Pioniermodell für die Schweiz zu reali- sieren. Tatsächlich war ein neuartiges Lern-, Wissens- und Begegnungszentrum vorgesehen, wie es zum Beispiel in Städ-ten wie Wien, Amsterdam oder London be-reits existiert. Das in mehrjähriger Arbeit entstandene Konzept der St.Galler Arbeits-gruppe ist bemerkenswert. Es zeigt auf, dass es um weit mehr als um eine blosse Bibliothek geht. Vielmehr soll eine zeitge-mässe, multimediale und nichtelitäre Bil-dungsstätte für alle entstehen.

Überdimensionierte PlanungDas bisherige Konzept hatte nur einen Ha-ken: Es war für St.Galler Verhältnisse über-dimensioniert. Entsprechend hoch lagen die Kosten. In der kantonalen Investitions-planung war seinerzeit ein Betrag von 110 Mio. Franken dafür reserviert. Diese hohe Summe erregte denn auch den Anstoss der Sparlobby, die das ihr als unnötig erschei-nende Prestigeprojekt abschiessen wollte. Immerhin hat der Kanton das Postgebäu-de inzwischen erworben und damit für öf-fentliche Zwecke gesichert. Auch wenn es mit 30 Mio. Franken nicht gerade günstig war. Gegen die Beerdigung regt sich nun Widerstand. InitiantInnen aus dem Um-

feld der SP und der Kulturzeitschrift «Sai-ten», welche die Debatte um die Zukunft der Bibliothek angestossen hat, wollen das bildungsfeindliche Spardiktat nicht hin-nehmen. Um dem Projekt wieder Schub zu verleihen, soll eine überparteiliche kanto-nale Volksinitiative gestartet werden. Sie orientiert sich an zwei Momenten: Einer-seits sollen Kanton und Stadt gemeinsam eine neue Volksbibliothek realisieren. An-derseits sollen auch die öffentlichen Bi-bliotheken in den Gemeinden gefördert werden. Die Bibliothekslandschaft im Kan-ton ist heterogen und unterfinanziert. Das Bedürfnis nach Verbesserungen ist gross. In St.Gallen soll ein von Kanton und Stadt gemeinsam betriebenes, vernünfti-

Und die Stadt?Die ersten Reaktionen auf ein solches Ini- tiativprojekt sind praktisch durchwegs po-sitiv. Die Basis für ein erfolgversprechen-des überparteiliches Vorgehen scheint ge-geben. Der Kanton ist nach wie vor daran interessiert, das Problem der Modernisie-rung der Kantonsbibliothek, die in Bezug auf die Räumlichkeiten immer noch ei-ne Aura des 19. Jahrhunderts verströmt, zu lösen. Eher schwierig scheint die po-litische Situation in der Stadt St.Gallen zu sein. Die Freihandbibliothek, die mit 400’000 Ausleihungen pro Jahr die bedeu-tendste im Kanton St.Gallen ist, braucht dringend einen neuen Standort und besse-re Verhältnisse.

Eine Volksinitiative will die neue Bibliothek in der St.Galler Hauptpost doch noch realisieren.

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ges Projekt mit vertretbaren Kosten ent-stehen. Die Vorstellungen gehen in Rich-tung eines redimensionierten Projekts. Beispielsweise soll nur der publikumsre-levante Teil der Kantonsbibliothek in die Hauptpost verlegt werden. Die Überlegung ist, dass es keinen Sinn macht, an zentrals-ter Lage in St.Gallen «tote» Bücherbestände zu lagern, die mangels Nachfrage nie zir-kulieren. Mit einer Fokussierung auf die Publikumsrelevanz – das Angebot soll vom Krimi bis zur wissenschaftlichen Abhand-lung reichen – würde ein der Ostschweiz angemessenes Wissenszentrum entste-hen, das räumlich nicht die ganze Haupt-post beanspruchen würde. Entsprechend liessen sich die Umbaukosten auf ein ak-zeptables Mass reduzieren.

Ernsthafte Lösungsversuche sind bis-her freilich noch keine sichtbar. Der Stadt-präsident glaubt, mit Behelfslösungen durchzukommen, doch dies dürfte man-gels valablen Standorten zum Scheitern verurteilt sein. Offenkundig hat er die Chancen, die das Bibliotheksprojekt der Hauptstadt als intellektuellem Zentrum der Ostschweiz bringt, trotz mehrjähri-ger Planung noch nicht erkannt. Seine Weigerung, einen konkreten städtischen Betrag an die Kosten einer «Public Libra-ry» zuzusichern – man sprach von einem Drittel –, war der unmittelbare Auslöser des Planungsabbruchs. Mit der Folge, dass die Stadt nun bei der Verwendung der zen-tralsten Liegenschaft, die es in St.Gallen gibt, nichts mehr zu bestellen hat. (rh)

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Gute Löhne und Renten, Menschenrechte für alle!SP-Nationalrat und SGB-Präsident Paul Rechsteiner steigt ins Stände-ratsrennen 2011. Warum? Weil es «ausserordentliche Zeiten» sind, wie er sagt. «links» dokumentiert im Folgenden die Begründung seiner Kandidatur.

In normalen Zeiten hätte ich mir nicht vorstellen können, auf die Anfrage, ob

ich für den Ständerat kandidieren würde, Ja zu sagen. Aber es sind keine normalen Zeiten. Was in den letzten zwei, drei Jah-ren geschehen ist, und noch mehr, was uns in den kommenden Jahren droht, hat mich veranlasst, über einiges neu nachzu-denken.

Für eine kämpferische PolitikMeine Kandidatur soll einen Beitrag da-zu leisten, dass nicht eintrifft, was viele Menschen heute befürchten, mit denen ich in meinem gewerkschaftlichen, politi-schen und beruflichen Alltag zu tun habe. Nämlich dass die politischen Entscheide in Zukunft, nach den Wahlen im Herbst, noch stärker auf ihre Kosten gefällt wer-den. Damit das nicht geschieht, braucht es eine offensive, kämpferische Politik der Linken. Ich verstehe meine Kandidatur als Kampfkandidatur gegen eine falsche Poli-tik. Ausschlaggebend dafür, dass ich mich dazu entschieden habe, ist, dass sie ein ge-meinsames Projekt vieler ist, die diese Sor-ge teilen. Und dass sie gewerkschaftlich getragen wird. In den nächsten vier Jahren stehen Auseinandersetzungen an, die existen-zielle Auswirkungen für einen grossen Teil der Bevölkerung haben werden. Noch stärker als bisher werden die Renten, die Löhne, wird die Einkommensentwicklung für die Leute mit tiefen und mittleren Ein-kommen in Frage gestellt werden. Wird auch in der Schweiz das Rentenalter her-aufgesetzt? Gelingt es den Bürgerlichen dieses Mal, die Renten zu senken und den Teuerungsausgleich bei der AHV zu ver-schlechtern?

Der Macht des Geldes entgegentretenGeht es ungebremst weiter mit der Lohn-explosion bei den hohen Einkommen, un-terstützt durch eine Steuerpolitik, welche die hohen und höchsten Einkommen und Vermögen entlastet und die Mehrbelas-tungen auf die Normalverdienenden über-wälzt? Oder: Lässt sich diese Entwicklung umkehren? Kommt es endlich wieder zu einer positiven Lohn- und Einkommens-entwicklung für die Mehrheit mit unteren und mittleren Einkommen? Die Antwor-ten auf diese Fragen sind politisch. Sie ent-

scheiden darüber, wie unsere Gesellschaft in Zukunft aussehen wird. Noch kaum je war die Macht des Gel-des so gross. Noch nie waren die Reichen bei uns reicher. Dabei ist es noch nicht drei Jahre her, seit das Weltfinanzsystem durch die Missbräuche und die Profitgier im Finanzsektor beinahe in Grund und Boden gefahren worden wäre. Giganti-sche, bisher unvorstellbare Staatsinterven-tionen in der Grössenordnung von einem Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung waren nötig, um die Grossbanken und das Finanzsystem zu retten, weltweit wie in der Schweiz. Statt dafür zu sorgen, dass sich das nicht wiederholen kann, wälzen die Regie-renden quer durch Europa die Folgen der Bankenrettung jetzt auf die Bevölkerun-gen ab – so wie es das Diktat der Finanz-märkte fordert: Abbau des Service Public, Heraufsetzung des Rentenalters, Lohn- und Rentensenkungen. Und das alles verbunden mit neuen Gewinnen im Finanzsektor, die nur mög-lich sind, weil der Staat am Schluss für die Risiken geradesteht. Wohin diese Po-litik führt, wird aktuell auch im Kanton St.Gallen vorexerziert: noch höhere Kran-kenkassenprämien, noch teurere Billette im öffentlichen Verkehr, schlechtere Leis-tungen für die Bevölkerung und Druck auf die Arbeitsbedingungen auf der einen Seite, Steuervorteile für die Reichen auf der anderen.

Damit sich diese falsche Politik, die-ser politische Betrug, nicht durchsetzen kann, braucht es eine politische Antwort. Denn es sind politische Programme, die in den letzten 20 Jahren zur Deregulierung der Finanzmärkte, zu einer immer unge-rechteren Einkommens- und Vermögens-entwicklung und zum ständigen Druck auf die Arbeitsbedingungen und auf den Sozialstaat geführt haben. Genauso wie es, in den Jahrzehnten nach dem 2. Welt-krieg, eine politisch gewollte Entwicklung war, welche die Lebensperspektiven der Menschen mit unteren und mittleren Ein-kommen verbesserte.

Positive PerspektivenDer Aufbau der AHV, das Herzstück unse-res Sozialstaats, ist das wichtigste Beispiel dafür – ein soziales und wirtschaftliches Erfolgsmodell. Ausschlaggebend für das politische Programm des sozialen Fort-schritts war die nach den Verheerungen der Nazi-Zeit gewonnene Erkenntnis, dass eine demokratische Gesellschaft eine aus-geglichene Einkommensentwicklung und positive Perspektiven für alle braucht. Wir stehen in der Schweiz vor gro-ssen Herausforderungen: Die Allmacht des Geldes muss gebrochen und es muss wieder eine positive Entwicklung für al-le möglich werden. Das heisst: Keine He-raufsetzung des Rentenalters und keine Rentensenkungen. Gute Löhne für die Er-werbstätigen und anständige Renten für

Weil es «ausserordentliche Zeiten» sind, bewirbt sich Paul Rechsteiner für einen Sitz im Ständerat.

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Gute Löhne und Renten, Menschenrechte für alle!

die Pensionierten. Gleiche Chancen für al-le, unabhängig von der sozialen Herkunft. Ein Bildungs- und Gesundheitswesen, das den Zugang für alle gewährleistet. Es muss Schluss damit sein, dass die Grossbanken und das grosse Geld die Regeln diktieren und die Demokratie korrumpieren. Für die Reichen und die Superreichen müssen die gleichen Regeln gelten wie für alle.

Schluss mit AusgrenzungUnd es muss Schluss sein mit der zuneh-menden Ausgrenzung und dem ständigen Schüren von Hass gegen Minderheiten. Die Menschenrechte sind das zweite gro-sse Vermächtnis der Generation, welche die Lehren aus den Verbrechen der Nazi-Zeit und des Zweiten Weltkriegs gezogen hat. Das ist auch das Vermächtnis von Paul Grüninger. Der für ein St.Gallen steht, in dem die Menschenrechte vor Anpasser-tum kommen. Für dieses gewerkschaftlich orientier-te Programm einer sozialen und demokra-tischen Entwicklung setze ich mich ein. Für eine Schweiz, die von den Werten der Solidarität geprägt wird. Mit den Wah-len vom Herbst steht für die Zukunft der Schweiz viel auf dem Spiel. Deshalb dür-fen wir das Feld nicht den anderen, den Exponenten des Sozialabbaus und des Lohndrucks, überlassen. Sondern müssen mit einer offensiven, kämpferischen Poli-tik eine Wende herbeiführen. Paul Rechsteiner, Nationalrat

Hungerlöhne im RheintalTieflöhne sind verbreiteter als man denkt. Auch im Kanton St.Gallen. Ein Industriebetrieb in Widnau zahlt einer Arbeiterin unter 2900 Franken pro Monat. Noch krasser: Ein Verpackungsbetrieb in Mar-bach zahlt einen Stundenlohn von Fr. 12.50. Und das RAV schrieb diese Stelle noch aus.

In der FDB Mechanik AG in Widnau ar-beitet ein Dutzend Leute. Man führt Auf-

tragsarbeiten im Bereich mechanische und Stahlbauteile aus. Die Firma gibt es erst seit rund vier Jahren. Inhaber Roman Bru-derer schreibt auf der Webseite: «Warum kompliziert, wenns auch einfach geht?» War dies auch das Prinzip bei der Anstel-lung von Muhabere Ademi? Die Arbeiterin aus dem Kosovo war als Entgraterin be-schäftigt. Sie schnitt überschüssige Form-teile weg. Anfänglich verdiente sie einen Stundenlohn von 21 Franken. Das ist we-niger als so manche Putzfrau, deren Löh-ne bei 25 Franken liegen.

«Es war kein Geld da»Manchmal musste sie auf den Lohn war-ten, weil er nicht rechtzeitig überwiesen wurde. «Ich wartete teils wochenlang. Als ich nachfragte, hiess es dann, der Lohn

sei schon überwiesen worden. Doch als ich im Lohnkonto nachsah, war kein Geld da», erzählt sie. Mit Schichtarbeit kam sie auf ein Gehalt von rund 4000 Franken im Monat. Dann aber erhielt sie im Juni 2010 einen neuen Arbeitsvertrag vorgelegt. Ba-sis war nun ein Jahres-Bruttogehalt von Fr. 38’186.20. Dies entspricht lediglich einem Monatslohn von 2’937.40. In diesem Ma-gerlohn sollten die Schichtzulagen bereits enthalten sein, Samstagarbeit inklusive. Ferner sollte der Lohn nicht wie üblich am Monatsende, sondern erst in den darauf-folgenden zwei Wochen ausbezahlt wer-den. Und das Tüpchen aufs i: Der Vertrag sollte rückwirkend auf den 1. Januar 2010 gelten. Firmeninhaber Bruderer rechtfer- tigt den Dumpinglohn mit dem Preis-kampf und behauptet, seine Angestellten seien zufrieden. Fast alle stammen aus dem Kosovo. Unia-Sekretär Felix Birchler sagt: «Von diesem Lohn kann niemand leben.» Muha-bere Ademi wurde Ende September 2010 gekündigt, angeblich wegen einer «Um-strukturierung». Sie wandte sich darauf hin an die Gewerkschaft Unia und klagt nun den ausstehenden Lohn ein – es sind rund 7600 Franken. «Eine nachträgliche Veränderung des Arbeitsvertrags ist un-zulässig», sagt Unia-Sekretär Birchler. So-gar beim Arbeitgeberverband Rheintal ist man über Nettolöhne im Bereich von 2600 Franken pro Monat entsetzt. Das müsse ein «absoluter Einzelfall» sein, heisst es dort. Der Durchschnittslohn für Hilfsar-beiten in der Industrie liege bei 3300 bis 3600 Franken.

Pflücken für Fr. 12.50 die StundeEin noch drastischerer Fall wurde aus der Gemeinde Marbach bekannt. Es han-delt sich um eine Firma namens Chicorée Schweiz, deren Eintrag im Handelsregis-ter man aber vergeblich sucht. Sie sucht Mitarbeiterinnen «für Aufbereitungs- und Verpackungsarbeiten mit Gemüse». Es ist Steharbeit, 50 Stunden die Woche. Der Lohn beträgt Fr. 12.50 (!) die Stunde. Für Paul Rechsteiner, Präsident des Schweize-rischen Gewerkschaftsbunds, ist dies ei- ner der krassesten Fälle von Lohndumping, der ihm je untergekommen ist. Netto ma-che dies nicht viel mehr als 2000 Franken im Monat aus. Rechsteiner fordert, dass die triparti-te Kommission des Kantons, die den Lohn- und Arbeitsmarkt überwachen soll, ein-schreitet. Pikant an der Sache ist, dass die Stelle von Chicorée in der elektronischen Stellenbörse des RAV enthalten ist und über Eures, dem Netz der RAV rund um den Bodensee, angeboten wird. Wenn die Behörden also von solchen Hungerlöhnen wissen, bleibt die Frage: Warum wird hier nicht schleunigst eingeschritten? (rh)

Muhabere Ademi bezog einen Tieflohn und erhielterst noch die Kündigung.

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Ja zur NeugestaltungAls die Bürgerlichen im Jahr 2005 die

Idee «Chance Marktplatz» mit einer unbrauchbaren Vision für die Umgestal-tung des Marktplatzes sowie einer Park-

garage mit 428 Plätzen lancierten, konnte ich nur «Nein!» sagen. Spä-ter wurde die Parkgara- ge auf 270 Plätze redu- ziert, von denen 107 oberirdisch aufgerech-net werden müssen. Es gab einen öffentlichen

Wettbewerb, und das siegreiche Projekt wurde mit verschiedenen Gruppierungen, darunter auch VCS, Pro Velo, NVS etc. dis-kutiert. Eine Vielzahl von Verbesserungs-vorschlägen flossen ins neue Konzept ein. Nun haben wir eine Vorlage, die der Stadt mehr Positives als Negatives bringt. Das Wichtigste vorweg: Wir erhalten Raum und eine gewisse Grosszügigkeit an einem Ort, wo zur Zeit eher Unordnung und Verwahrlosung herrschen. Die von vielen geliebte Calatrava-Halle ist für die geplante Verdichtung des öV-Angebots zu klein geworden. Sie lässt sich mit ihrer halbrunden Form beim besten Willen nicht erweitern. Calatrava hat weitere ähnliche Projekte realisiert, so dass sie auch ihre Einzigartigkeit verloren hat. Nach wie vor aber ist sie für unsere Stadt einmalig, so dass der geplante neue Stand-ort in Winkeln dieses Aussenquartier auf-werten wird.

Doppelt so grosse WarteflächeDie neue Markthalle mit Kiosk und Café besticht durch ihr ausgetüfteltes Innen- und Aussenangebot. Gleichzeitig ist sie auch Scharnier zur neuen öV-Haltestel-le, die eine fast doppelt so grosse gedeck-te Wartefläche wie die jetzige Halle be-reitstellt. Mit ihren 4 m Tiefe und einer neuen Haltekante von 68 m Länge wird sie der erwarteten Zunahme des öV-Angebots gerecht. Durch die Reduktion auf zwei öV-Spuren wird auch das Überqueren des Strassenraums sicherer. Ein innovatives Informationssystem wird den BenutzerIn-nen Zeit und Abfahrtsort des Transport-mittels bekannt geben. Wir FussgängerInnen und Velofahrer- Innen sind die eigentlichen GewinnerIn-nen dieses Projektes. Die nördliche und die südliche Altstadt werden ausser für Anlieferungen in den Morgenstunden frei von Individualverkehr. Es gibt keine un-sinnigen Fahrverbote für Velos mehr, auch keinen Such- und Balzverkehr auf dem Marktplatz. Die Neugestaltung bringt mehr Raum für den Langsamverkehr, für das Flanieren und Begegnen. Der Bohl erhält neben den beiden öV-Spuren eine grosszü-gige Fläche, die unserer eher kleinmass-stäblichen Stadt doch ein wenig Grosszü-gigkeit gibt. Events müssen nicht mehr rund um die Calatrava- Halle stattfinden, sondern sie können so organisiert werden, dass ein Durchkommen ohne weiteres möglich ist.

Die Parkgarage mit ihren 150 privaten und 120 öffentlichen Parkplätzen ist aus meiner Sicht absolut nicht nötig. Realpo-litisch gesehen erhalten wir aber die Ver-besserung auf dem Marktplatz/Bohl nicht ohne diese Fehlplanung. Mit dem Park-platzkonsens konnte ein Konzept ausgear-beitet werden, das die öffentlich zugängli-chen Parkplätze beim Schibenertor durch entsprechende Oberflächenparkplätze sal-diert (zusätzliche 42 Parkplätze für neue Parkgarage). Für das Innenstadtgebiet wird für mindestens 15 Jahre eine klare Regelung festlegt. Neu wird das Tauben-loch nur für Zulieferungszwecke genutzt und die Überdachung kann vergrössert werden. Im Unterschied zu heute ist dieser gut besonnte Platz dann autofrei – ein wei-terer Ort zum Verweilen.

Platz zum VerweilenDie Vorlage bringt der Stadt insgesamt ei-nen grossartigen Raum zwischen Union und Waaghaus, sie gibt grünes Licht für den geplanten öV-Ausbau, sie bringt uns eine Markthalle, die ihren Namen auch verdient, eine grosszügige geschützte Hal-testelle, einen neuen Belag auf der gan-zen Fläche, Platz zum Verweilen, sichere Übergänge, eine zeitgemässe Beleuchtung und eine für unsere Region einmalige autofreie Zone, die den FussgängerIn-nen und VelofahrerInnen Platz einräumt. Die Vorteile dieser Vorlage überwiegen. Ich möchte diese Verbesserungen in den nächsten Jahren erleben und sage deshalb trotz Parkgarage Ja zur Neugestaltung des Marktplatzes.

Marktplatz, Tiefgarage, Calatrava & Co.Die SP der Stadt St.Gallen hat zur Neugestaltung des St.Galler Markt-platzes, die am 15. Mai zur Abstimmung geangt, die Ja-Parole herausge-geben. Allerdings nur sehr knapp mit 24:21 Stimmen. Doris Königer und Jürg Diggelmann erläutern den Pro- und den Contra-Standpunkt.

Doris Königer

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Der St.Galler Marktplatz, das Herz der Stadt, soll neu gestaltet werden – aber wie?

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Nein zum Projekt Marktplatz-BohlDas Projekt für eine Neugestaltung von

Marktplatz und Bohl ist ein klar bür-gerliches Projekt. Von Gewerbe- und Au-tomobilistenkreisen lanciert, hatte es von

Anfang nur das Ziel, im Herzen der Altstadt eine neue Parkgarage bauen zu können. Eine grund-legende Neugestaltung von Marktplatz und Bohl war zuvor gar nie Thema gewesen. Der Bohl hat-te ja erst vor 15 Jahren

mit der Calatrava-Halle ein neues Gesicht erhalten. Weshalb also eine völlige Neuge-staltung der beiden Plätze? Den Bürgerli-chen, die von Anfang an kritiklos dem Pro-jekt Unterstützung zugesagt haben, ging es nie um eine städtebauliche Diskussion. Die FDP würde wahrscheinlich eine katho-lische Kirche auf dem Marktplatz akzeptie-ren und die SVP ein Minarett, wenn sich nur darunter eine Parkgarage befindet.

Durchsichtiges ManöverDas Parkgaragenprojekt wäre eigentlich be- reits gestorben gewesen. Als rettende Idee zur Wiederbelebung wurde dann der «St.Galler Parkplatzkonsens» erfunden. Die SP hat sich leider in dieses durchsichtige Ma-növer einbinden lassen. Dass die öffentli-chen Parkplätze auf dem Markplatz und in den angrenzenden Gassen aufgehoben werden müssen, ist klar. Nicht nachvoll-ziehbar ist jedoch, weshalb für sie mit der Parkgarage am Schibenertor Ersatz ge-

schaffen werden muss. Das Parkplatzange-bot in der Innenstadt wurde in den letz-ten Jahren massiv erweitert (Erweiterung Brühltorgarage, Einstein, Manor, Athle-tik Zentrum, Fachhochschule). Dafür sind nur zu einem geringen Teil Strassenpark-plätze aufgehoben worden. Wir hatten noch darüber gelächelt, als die FDP vor neun Jahren die Vision von 1000 neuen Parkplätzen entwickelte. Sie ist mittler-weile wahr geworden.

Zahnloses InstrumentWir geben uns deshalb langsam selber auf, wenn wir nun auch noch dem neuen Parkhaus am Schibenertor zustimmen. Ganz abgesehen davon, dass darin ja nicht nur die 140 öffentlichen Parkplätze aufge-rechnet, sondern weitere 150 Parkplätze vorwiegend für BerufspendlerInnen ge-schaffen werden. Auch die Massnahmen zur Parkpatz-plafonierung in der restlichen Innenstadt sind ein zahnloses Instrument. Der Park-platzkonsens sieht dafür eine Nutzungs-beschränkung vor, die aber erst noch erlassen und wahrscheinlich Rechtsmit-telverfahren überstehen muss. Die Be-schränkung fällt ausserdem nach fünf-zehn Jahren ersatzlos dahin, ohne dass

dafür ein neuer Parlamentsbeschluss not-wendig wäre. Das Projekt für die Neugestaltung von Marktplatz und Bohl kann aber auch in städtebaulicher Hinsicht nicht über-zeugen. Unbestreitbar ist, dass die Markt-stände, nach jahrelanger Untätigkeit der Stadt, endlich einmal ersetzt werden müssen. Ein funktionaler Marktplatzpa- villon, bei dem der Verkauf im Winter im Innern stattfindet, ist gewiss eine tolle Idee. Was für einen Sinn macht es aber, Marktbereich und Wartestellen für den öf-fentlichen Verkehr an einem Ort zu kon-zentrieren? Die heutige Entflechtung der Fussgängerströme funktioniert. Es ist nicht erkennbar, was ein leergeräumter Bohl an Vorteilen bieten soll. Zudem ist die Calatrava-Halle, die viele lieb gewon-nen haben, immerhin ein Blickfang, der von verschiedenen Bausünden am Bohl ab-lenkt. Eine italienische Piazza? Der Platz wird weiterhin zu einem erheblichen Teil für die Durchfahrt von Bus und Bahn be-ansprucht werden. Urban? St.Gallen feh-len nicht Plätze. Gefragt ist ein intelligen-terer Umgang mit dem öffentlichen Raum. Gegen das Projekt gäbe es noch zahl-reiche weitere Einwände. Etwa der Ver-lust der Rondelle. Die städtische Denkmal-pflege hatte diesem baulichen Juwel noch vor wenigen Jahren höchste Schutzwür-digkeit zuerkannt. Im Wettbewerbspro-gramm für die Neugestaltung wurde mit keinem Wort darauf hingewiesen, so dass sich auch kein Vorschlag um einen Einbe-zug bemühte. Auch vom Kahlschlag der Bäume habe ich noch nichts geschrieben, ebenso wenig von der bleibenden Narbe, welche die Ein- und Ausfahrten der Tiefga-rage am Oberen Graben verursachen wer-den. Und von den 36 Millionen Franken, die ein solches Projekt nicht wert ist. Der wichtigste Platz von St. Gallen braucht ei-ne bessere Lösung.

Jürg Diggelmann

Marktplatz, Tiefgarage, Calatrava & Co.

Die Stadtsanktgaller Juso kämpfen gegen die Neugestaltung des Marktplatzes, weil sie die Parkgarage ablehnen. Es sei verkehrs-politischer Unsinn, noch mehr Autos ins Zentrum zu locken. Eine Parkgarage habe im Herzen der Stadt nichts verloren. Die Neu-gestaltung könne und müsse ohne «Auto-magneten» umgesetzt werden.

G e g e n P a r k g a r a g e

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Das Staatspersonal muss sich jetzt wehrenDer St.Galler Kantonsrat hat dras-tische Sparmassnahmen beschlos-sen. Sie gehen aufs Konto der Staatsangestellten. Nur wenn sich diese gemeinsam mit den Gewerk-schaften zur Wehr setzen, kann ein massiver Abbau verhindert werden.

Das Rezept in der st.gallischen Politik der letzten Jahre lautete so: Man be-

schliesse Steuergesetzrevisionen, die vor allem Vermögende, sehr gut Verdienende und Unternehmen bevorzugen, und sen-

ke gleichzeitig die Steu-ern, was tiefe Löcher in die Staatskasse reisst. Anschliessend mische man neue oder zusätz-liche Aufgaben, deren Finanzierung der Kan-ton übernehmen muss, dazu – und angerichtet ist die ungeniessbare

Suppe. Konkret für den Kanton St.Gallen heisst dies: jährliche Steuerentlastungen und -geschenke von fast 500 Mio. Franken sowie zusätzliche Kosten für Spital- und Pflegefinanzierung und dringend notwen-dige Investitionen bei den Spitälern und Bildungsanstalten. Die Folgen sind klar: Defizite und Sparpakete, die an die Sub-stanz gehen. Und jetzt gibt es auch noch neue Aufträge für Abstriche beim Perso-nal im Umfang von mindestens 35 Mio. Franken jährlich!

Staat blutet aus.In den vergangenen Jahren führte die Regierung alle Sparaufträge der bürger-lichen Mehrheit von SVP, FDP und CVP praktisch klaglos aus. Statt deutlich zu widersprechen und das langsame Ausblu-ten des Staates zu verhindern, redete die Regierung die Situation jeweils schön und hoffte auf die finanzpolitische Vernunft – stets vergeblich. Die Einwände wurden zwar zur Kenntnis genommen, aber in den entscheidenden Abstimmungen vom Tisch gewischt. Den Höhepunkt erlebte der Vorsteher des Finanzdepartements, Martin Gehrer, kürzlich am eigenen Leib, als ihm in der letzten Session des Kantons-rats das Wort abgeschnitten wurde und er nur durch einen selbst gestellten Ord-nungsantrag die Position der Regierung zu den neuen Sparaufträgen darlegen konnte (siehe auch den Beitrag «Debatten führen

statt Mikrofon abstellen!»). Wie heisst es doch so schön: Die Geister, die sie riefen … Der neue Auftrag der bürgerlichen Mehrheit heisst also: mindestens 35 Mil-lionen Franken – jährlich wiederkehrend – beim Personal sparen. Was könnte dies bedeuten? Beispielsweise könnten die zu-sätzlichen Ferientage, die das neue Per-sonalgesetz bringt, ausgesetzt werden. Die Revision der Versicherungskassen des Staatspersonals und der Lehrpersonen könnte hinausgeschoben werden. Im noch schlechteren Fall könnte der Kantonsrat die Vorlage, wie bereits in verschiedenen Vernehmlassungen von SVP, FDP oder IHK angekündigt, massiv verschlechtern. Der Kanton würde sich so aus der Ver-antwortung für die berufliche Vorsorge des Personals verabschieden und alle Kos-ten auf das Personal überwälzen. Dazu kommen die üblichen, möglichen Spar-massnahmen wie Aussetzen des Stufenan-stiegs, kein Ausgleich der Teuerung, Perso-nalstopp sowie die Streichung von kleinen Beträgen für Anlässe, wie sie bei norma-len Arbeitgebern üblich sind. Da die Regie-rung kaum Widerstand gegen den unsin-nigen Auftrag der bürgerlichen Mehrheit zeigen wird, dürfte die Sparübung für die Staatsangestellten ziemlich schmerzhaft werden.

Kontraproduktive ÜbungenSparübungen beim Personal haben eine lange Tradition. Die Erfahrungen der Ver-gangenheit zeigen aber auch, wie reine Sparpolitik auf dem Buckel des Personals

zum Scheitern verurteilt ist. 1997 zapfte die Regierung die Gewinne der Versiche-rungskassen des Staatspersonals und der Lehrkräfte an. Das Bundesgericht hat 2010 entschieden, dass die Vorgehensweise ille-gal war. Nun werden hohe Rückzahlungen fällig. 2001 wurde dem Gesundheitsperso-nal die notwendige Lohnkorrektur verwei-gert. Das Bundesgericht stellte inzwischen fest, dass der Kanton St.Gallen das Pfle-gepersonal und die Hebammen lohnmä-ssig diskriminiert hat. Auch hier wird der Kanton zahlen müssen. Alle Massnahmen hatten eines gemeinsam: Das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Personal wur-de stark und für längere Zeit gestört. Es brauchte viele Anstrengungen und auch Regierungsratswahlen mit Neubesetzun-gen an der Spitze, um wieder eine ver-nünftige Vertrauensbasis zu schaffen. Gegen die Verschlechterungen im Per-sonalgesetz hat sich das Personal mit der Aktion «rote Karte» gewehrt. Wer es nicht selber gehört hat, glaubt es kaum: Vie-le bürgerliche Sparpolitiker fühlten sich vom Personal missverstanden und waren zutiefst beleidigt. Letzten Sommer wehr-ten sich die Behindertenverbände mit ge-zielter Lobbyarbeit für die Interessen ihrer Mitglieder. Dies hat gewirkt: Die beabsich-tigten Massnahmen in diesem Gebiet wur-den nicht durchgesetzt. Welche Lehren sind daraus zu ziehen? Das Personal wird seine Interessen nur dann durchsetzen können, wenn es jetzt gemeinsam mit den Gewerkschaften und Verbänden hinsteht und einen starken Gegendruck aufbaut.

Peter HartmannSP Kantonsrat, Flawil

Die unsoziale Politik der bürgerlichen Mehrheit im Kantonsrat führt in die Sackgasse.

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Zum Tod von Heinz Christen (1941 - 2011)Mit Heinz Christen starb ein grosser Politiker der St.Galler Sozialdemokratie. 24 Jahre lang hielt er die Stadt St.Gallen sicher auf Kurs.

Vor sechs Jahren trat Heinz Christen als Stadtpräsident von St.Gallen zurück.

Doch er blieb weiterhin politisch aktiv. Er präsidierte zum Beispiel die Beschwer-destelle für das Alter. Bewusst mischte er sich aber nicht mehr in die Stadtpolitik ein. Heinz Christen hatte seine Grundsät-ze, die er auch dann bewahrte, wenn der Zeitgeist anders wehte. Einer dieser Grundsätze war, dass Po-litik dem Gemeinwohl zu dienen hat. Es war eines seiner grössten Verdienste, dass er sich Lobbys, Sonderinteressen und Pres-sionen stets widersetzte und ihnen das Gemeinwohl entgegenhielt. Christen trat für einen starken Service public ein und widerstand den Marktideologen und Pri-

ne uneinnehmbare Bastion. Und das war gut so für St.Gallen. Seine menschlichen Qualitäten, sein Kommunikationstalent und nicht zu-letzt auch sein Charme liessen ihn zum breit akzeptierten «Stadtvater» werden. In den Rankings der beliebtesten Schweizer Stadtoberhäupter, so fragwürdig diese auch sind, belegte er stets den Spitzen-platz. Er war in einem guten Sinne volks-verbunden und blieb es auch nach vielen Regierungsjahren, ohne sich irgendeinen Dünkel zuzulegen. Er widerstand auch den Verbiegungen im Amt. Sein Verhältnis zur SP, das er sorgsam pflegte, war immer intakt und gut. Seine grösste politische Tat neben der Sicherung eines soliden Haushalts und dem konsequenten Einsatz für die Inte-ressen der Städte im Städteverband war Ende der 1980er-Jahre wohl die Verhin-derung des zerstörerischen Südumfah-rungsprojekts, das er mit einem finanzpo-litischen Schachzug ins Leere laufen liess. Damit stellte er seine überragenden Qua-litäten als Verteidiger und Taktiker unter Beweis. Er war, wie Stadträtin Elisabeth Beéry an der Abdankungsfeier sagte, ein «politischer Meister». Dem gibt es nichts hinzuzufügen. Heinz Christen starb am 9. Februar 2011 mit 69 Jahren an einem Krebsleiden. Mit seiner politischen Lebens-leistung rückt er nun in die Galerie der grossen St.Galler SP-Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts auf. Ralph Hug

vatisierern mit der Kraft des besseren Ar-guments. Und er bewies, dass man eine schlanke und gut funktionierende Verwal-tung auch ohne fragwürdige New Public Management-Ideen aufbauen kann.

SP-Politik im besten SinneAls Finanzchef hielt er den Stadthaushalt zwei Jahrzehnte lang im Lot. Es waren kei-ne Sparpakete nötig, weil er bei den Aus-gaben Augenmass und Umsicht bewies. Als Arbeitgeber verteidigte er auch das Personal zuverlässig gegen Angriffe von rechts. Christen betrieb eine soilde sozi-aldemokratische Politik im besten Sinne, auch wenn das einigen politisch weniger Geübten manchmal etwas langweilig er-schien. Heute kann man sich danach zu-rücksehnen. Für hohles Spektakel und platten Populismus war Christen nie zu haben. Das hätte ihm schon sein intellek-tuelles Format verboten. In den Debatten im Stadtparlament, aber auch als Kantons-rat zeigte er oft, dass er seinen GegnerIn-nen überlegen war. Der Chef im Rathaus war für seine politischen Widersacher ei- Heinz Christen, wie man ihn kannte.

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AZB9000 St.Gallen

Links Nr. 3/2011 Redaktionsschluss: 10.5.2011 Erscheinen: 3.6.2011

SP Kanton St.Gallen7. Mai, ordentlicher Parteitag, Uznach – Aula OS Haslen, 9.30

SP Stadt St.Gallen30. April, Neumitglieder- Essen, St.Gallen – Hotel Dom, 12.00

SP Kreis Rorschach29. April, Das neue Parteipro-gramm der SP im Kreuzfeuer, Rorschach – Aula Burghal-denschulhaus, 19.30

SP Kreis Werdenberg3. Mai, Vortrag und Diskussi-on mit Christian Levrat, Buchs – Hotel Bären, 19.3020. Mai, Delegiertenversamm-

lung mit Eric Nussbaumer (NR aus BL), Grabs – Rest. Schäfli, 19.00

SP Kreis Wil-Untertoggen-burg2. Mai, Hauptversammlung, Uzwil – Hotel Uzwil, 19.4522. Mai, Sommerwande-rung26. Mai, Wahlkreis-Wahlauf-takt mit Paul Rechsteiner, Flawil

SP Flawil27. April, Hauptversamm-lung, Flawil – Rest. Park, 20.0026. Mai, Mitgliederversamm-lung, Flawil – Rest. Park, 20.00

SP Goldach27. April, Hauptversamm-lung mit Monika Simmler (Präsidentin Juso SG),

Goldach – Rest. Hohrain, 19.30

SP Rapperswil-Jona1. Mai, Tag der Arbeit mit Ständeratskandidat Paul Rechsteiner, Rapperswil – Fischmarktplatz,12.00 (Festansprache: 15.00)9. Mai, SP-Stamm, Jona - Wirtschaft Johanna, 19.3025. Mai, Parteiversammlung, Rapperswil - Paragraph 11, 20.00

SP Wil1. Mai, Tag der Arbeit mit Bettina Surber (National-ratskandidatin) und Kimba (Musik aus den Anden und Lateinamerika), Wil – Rest. Adler, 18.005. Mai, Hauptversammlung, Wil – Rest. Signal, 19.30

Impressum «links»Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen. Erscheint mindestens 5x jährlich. Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen, Postfach, 9001 St.Gallen, Tel. 071 222 45 85, [email protected]

An dieser Nummer haben mitgearbeitet: Hansueli Baumgartner, Felix Birchler, Fredy Fässler, Ralph Hug, Ruben Schönenberger, Dario Sulzer u.a. Gestaltung, Layout: Markus Traber Druck: Brändle Druck AG, Mörschwil

Vorstösse aus der Novembersession des Kantonsrates

Interpellationen:– SP-Fraktion: Zukunft der Steuerprivilegien für Spezialgesellschaften– Gemperle-Goldach, Bischofberger-Thal, See-uferanstoss in Neuseeland, Rolle des Kantons?– Lemmenmeier-St.Gallen et al: Wie weiter mit der Kantonsbibliothek Vadia-na?– Gemperle-Goldach, Blumer-Gossau, Wie sauber ist unser Strom?

Einfache Anfragen:– Fässler-St.Gallen, Neue Milliardengeschenke für Topmanager– Hartmann-Flawil, Küh-ne-Flawil, Heilpädagogi-

S e r v i c esche Schule Flawil: Not-wendiger Ausbau blockiert

Der diesjährige 1. Mai steht im Zeichen der Löhne. Das vom Schweizerischen Gewerk-schaftsbund (SGB) herausgegebene Motto lautet: «Lohndruck stoppen – Mindestlöh-ne jetzt!» Damit schliesst der SGB an seine Mindestlohn-Volksinitiative an. Im Aufruf heisst es, dass die Spitzenmanager wieder Millionenboni einsacken, als ob nichts ge-wesen wäre. Dagegen sind die Löhne der Normalverdienenden unter Druck. Immer mehr Arbeit werde in Billigfirmen ausge-lagert, und die Zahl der Temporärfirmen nehme massiv zu. Der SGB bekämpft diese verkehrte Politik. Er will sichere Arbeits-plätze, gute Löhne und Renten und einen leistungsfähigen, ausgleichenden Staat.

1. Mai-Feiern im Kanton St.Gallen

St.GallenSamstag, 30. April, 15 Uhr Besammlung Demo Bahnhofplatz, 16 Uhr Kundgebung Marktgasse, Rede von Paul Rechsteiner, SGB-Präsident, Etrit Hasler, Poetry Slam; Eylem, Kurdischer Kulturverein St.Gallen, Debor Buess, Kathrin Preisig, Junge Grüne.

1. Mai: Lohndruck stoppen!Anschliessend Fest in der Marktgasse mit Martin Amstutz, Akkordeon. Ab 20 Uhr, Grabenhalle, 21 Uhr Konzert Choo Choo, Plasma, Poetry Slam. Mittwoch, 27. April, 20 Uhr: Vorfeier um 20 Uhr Restaurant Dufour, Integration und Behinderung, eine Frage der Solida-rität, mit Erich Graf, Sozialwissenschafter

WilSonntag, 1. Mai, 18 Uhr, Restaurant Adler: Rede von Bettina Surber, Nationalratskan-didatin SP, Musik aus den Anden und La-teinamerika mit «Kimba»

Rapperswil-JonaSonntag, 1. Mai, 12 – 18 Uhr Festbetrieb auf dem Fischmarktplatz, 15 Uhr Festanspra-che von Paul Rechsteiner

WalenstadtSonntag, 1. Mai, 16 – 20 Uhr, «Zur Säge», 17 Uhr Ansprachen von Fraktionspräsidentin Barbara Gysi «Mindestlöhne statt Working poor», und Joe Walser, KLV-Sektionspräsi-dent, «Der Unmut bei den Lehrpersonen wächst», Musik mit «Jazzafindao»

Das diesjährige Plakat des 1.-Mai-Komitees wurdevom Ostschweizer Künstler Hans Schweizer unter Verwendung von Eugène Delacroix’ berühmtem Werk «Die Freiheit führt das Volk an» gestaltet.