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links 1.13 1 Inhalt Nr. 1/2013 Zu Besuch bei Fredy Fässler 2 Wie weiter in St.Gallen? 3 Roter Teppich für den Milliardär 4 Auf Kosten des Mittelstands? 6 Kleine Kammer, Dunkelkammer 7 Leben mit Gewalt in Kolumbien 8 Signal für den Kanton St.Gallen 9 Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln 10 Editorial Die politische Agenda 2013 steht ganz im Zeichen der Verteilungsgerechtigkeit. Sei es die 1:12-Initiative der Juso für gerechte Löhne oder die kantonale Spar- und Steuerpolitik: Wir haben dieses Jahr die Chance, uns auf die Grundanliegen der Sozialdemo- kratie zu konzentrieren und einmal mehr deutlich zu machen, wofür wir einstehen. Im Sommer werden wir uns anlässlich des dritten Sparpakets gegen den unsäglichen Kahlschlag und Staatsabbau der Bürgerlichen wehren. Wie der Kanton in diese Lage kom- men konnte, scheint ausser den Verursachern allen klar zu sein: Steuererleichterungen und -senkungen für Unternehmen und Vermögende führten zu enormen Steuerausfällen. Die Zeche zahlen soll die Allgemeinheit und zwar mit Bildungs-, Infrastruktur-, und Personalab- bau. Die Bevölkerung hat mit der Demonstration im November bereits einmal gezeigt, dass sie mit dieser Politik nicht einverstanden ist. Es ist nun an uns, diesen Protest weiterzufüh- ren und für ein Umdenken in der Steuerpolitik einzustehen. Im Herbst erwartet uns die Abstimmung zur 1:12-Initiative, mit der wir den Kampf für eine gerechte Vermögensverteilung weiterführen können. Ist es gerecht, dass jemand in ei- nem Monat mehr verdient als ein Mitarbeiter des gleichen Unternehmens in einem ganzen Jahr? Ist es nach dem Scheitern der freien Marktwirtschaft in den letzten Jahren nicht end- lich an der Zeit, dass die Menschen wieder über die Wirtschaft bestimmen und nicht umge- kehrt? Diese Fragen gilt es in einem engagierten Abstimmungskampf zu beantworten. Wir können uns auf ein spannendes SP-Jahr mit vielen Herausforderungen und Chancen freuen – packen wir es an! Monika Simmler, Präsidentin SP Kanton St.Gallen Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch Februar 2013 Nr. 1 D ie Finanzkommission des Kantonsrats beantragt ein weiteres Sparpaket. Be- reits das dritte. Von 2014 bis 2016 sollen 150 Millionen eingespart werden – ohne Steuererhöhung. Das heisst nichts anderes als Staatsabbau. Oder besser gesagt: Staats- abbruch. Tausende auf der Strasse Dieser Beschluss ist eine Provokation. Erst vor drei Monaten gingen in St.Gallen Tau- sende gegen die verfehlte Finanzpolitik auf die Strasse. Es war die grösste Demo der jüngeren Vergangenheit. Protestiert wurde gegen drohende Lohnkürzungen der Staatsangestellten, aber auch gegen ei- nen Abbau staatlicher Dienstleistungen, vor allem in den Schulen und Spitälern. Dieser Protest wird jetzt vollkommen igno- riert. Als hätte er gar nie stattgefunden. Die Hardliner von SVP und FDP machen mit gütiger Mithilfe von Teilen der CVP mit dem st.gallischen Steu- er-Irrsinn einfach wei- ter. Der Kanton soll zum nationalen Labor eines radikalen Abbaus wer- den. Ignoriert wird, dass der Kanton mit übertriebenen Steuer- senkungen zwischen 2006 und 2011 über 120 Millionen Franken ver- loren hat – allein von der Wirtschaft. Statt diese unverantwortli- chen Geschenke schleu- nigst zurückzuholen, soll weiter abgebaut werden – auf Kosten der Bevölkerung. Der Irrsinn hat Methode. Dabei wird behauptet, die steigen- de Ausgaben seien an den Löchern in der Staatskasse schuld. Diese Behauptung bleibt auch bei ständiger Wiederholung falsch. Nur die Revision einer falschen Po- litik kann finanzpolitisch eine Remedur bringen. Es muss endlich wieder mehr Steuergerechtigkeit her. Konkret: Reiche und Wirtschaft müssen wieder angemes- sen an den öffentlichen Lasten beteiligt werden. Steuern rauf für diese zu Unrecht und im Übermass beschenkte Klientel: Das ist das Gebot der Stunde. Es geht nicht an, dass oben Gewin- ne gescheffelt und Vermögen angehäuft werden, während der Mittelstand immer mehr ausgepresst wird. Das treibt die Ge- sellschaft auseinander und spaltet sie. Das jüngste Steuermonitoring zeigt klar, welch familien- und mittelstandsfeind- lichen Folgen diese rechtsbürgerliche Fi- nanzpolitik hat. Kann das eine Partei wie die CVP vor ihrer Wählerschaft noch ver- antworten? In der Steuerpolitik scheint jegliches Augenmass verloren gegangen zu sein. Wer so weiterfährt, gefährdet den ge- sellschaftlichen Zusammenhalt. Ein Um- denken ist absolut angezeigt. Die Grossde- mo vom letzten November war ein starkes Signal von unten. Ein Parlament, das die- ses nicht sehen will, setzt mutwilig den so- zialen Frieden aufs Spiel. (red. ) Sparpaket III – eine Provokation Der Irrsinn in der st.gallischen Finanzpolitik geht weiter. Schon wieder steht ein Sparpaket an – noch grösser als alle früheren. Das ist eine Provokation. Bild links Grossprotest vom letzten November in St.Gallen – wird er vom Kantonsrat ignoriert?

Links St.Gallen 2013 Ausgabe 1

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Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen

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Inhalt Nr. 1/2013Zu Besuch bei Fredy Fässler 2Wie weiter in St.Gallen? 3Roter Teppich für den Milliardär 4Auf Kosten des Mittelstands? 6Kleine Kammer, Dunkelkammer 7Leben mit Gewalt in Kolumbien 8Signal für den Kanton St.Gallen 9Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln 10

E d i t o r i a l Die politische Agenda 2013 steht ganz im Zeichen der Verteilungsgerechtigkeit. Sei es die 1:12-Initiative der Juso für gerechte Löhne oder die kantonale Spar- und

Steuerpolitik: Wir haben dieses Jahr die Chance, uns auf die Grundanliegen der Sozialdemo-kratie zu konzentrieren und einmal mehr deutlich zu machen, wofür wir einstehen. Im Sommer werden wir uns anlässlich des dritten Sparpakets gegen den unsäglichen Kahlschlag und Staatsabbau der Bürgerlichen wehren. Wie der Kanton in diese Lage kom-men konnte, scheint ausser den Verursachern allen klar zu sein: Steuererleichterungen und -senkungen für Unternehmen und Vermögende führten zu enormen Steuerausfällen. Die Zeche zahlen soll die Allgemeinheit und zwar mit Bildungs-, Infrastruktur-, und Personalab-bau. Die Bevölkerung hat mit der Demonstration im November bereits einmal gezeigt, dass sie mit dieser Politik nicht einverstanden ist. Es ist nun an uns, diesen Protest weiterzufüh-ren und für ein Umdenken in der Steuerpolitik einzustehen. Im Herbst erwartet uns die Abstimmung zur 1:12-Initiative, mit der wir den Kampf für eine gerechte Vermögensverteilung weiterführen können. Ist es gerecht, dass jemand in ei-nem Monat mehr verdient als ein Mitarbeiter des gleichen Unternehmens in einem ganzen Jahr? Ist es nach dem Scheitern der freien Marktwirtschaft in den letzten Jahren nicht end-lich an der Zeit, dass die Menschen wieder über die Wirtschaft bestimmen und nicht umge-kehrt? Diese Fragen gilt es in einem engagierten Abstimmungskampf zu beantworten. Wir können uns auf ein spannendes SP-Jahr mit vielen Herausforderungen und Chancen freuen – packen wir es an! Monika Simmler, Präsidentin SP Kanton St.Gallen

Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch Februar 2013 Nr. 1

Die Finanzkommission des Kantonsrats beantragt ein weiteres Sparpaket. Be-

reits das dritte. Von 2014 bis 2016 sollen 150 Millionen eingespart werden – ohne Steuererhöhung. Das heisst nichts anderes als Staatsabbau. Oder besser gesagt: Staats-abbruch.

Tausende auf der StrasseDieser Beschluss ist eine Provokation. Erst vor drei Monaten gingen in St.Gallen Tau-sende gegen die verfehlte Finanzpolitik auf die Strasse. Es war die grösste Demo der jüngeren Vergangenheit. Protestiert wurde gegen drohende Lohnkürzungen der Staatsangestellten, aber auch gegen ei-nen Abbau staatlicher Dienstleistungen, vor allem in den Schulen und Spitälern. Dieser Protest wird jetzt vollkommen igno- riert. Als hätte er gar nie stattgefunden. Die Hardliner von SVP und FDP machen

mit gütiger Mithilfe von Teilen der CVP mit dem st.gallischen Steu- er-Irrsinn einfach wei-ter. Der Kanton soll zum nationalen Labor eines radikalen Abbaus wer-den. Ignoriert wird, dass der Kanton mit übertriebenen Steuer- senkungen zwischen 2006 und 2011 über 120 Millionen Franken ver- loren hat – allein von der Wirtschaft. Statt diese unverantwortli- chen Geschenke schleu-nigst zurückzuholen, soll weiter abgebaut werden – auf Kosten der Bevölkerung. Der Irrsinn hat Methode. Dabei wird behauptet, die steigen-de Ausgaben seien an den Löchern in der Staatskasse schuld. Diese Behauptung bleibt auch bei ständiger Wiederholung falsch. Nur die Revision einer falschen Po-litik kann finanzpolitisch eine Remedur bringen. Es muss endlich wieder mehr Steuergerechtigkeit her. Konkret: Reiche und Wirtschaft müssen wieder angemes-

sen an den öffentlichen Lasten beteiligt werden. Steuern rauf für diese zu Unrecht und im Übermass beschenkte Klientel: Das ist das Gebot der Stunde. Es geht nicht an, dass oben Gewin-ne gescheffelt und Vermögen angehäuft werden, während der Mittelstand immer mehr ausgepresst wird. Das treibt die Ge-sellschaft auseinander und spaltet sie. Das jüngste Steuermonitoring zeigt klar, welch familien- und mittelstandsfeind-lichen Folgen diese rechtsbürgerliche Fi-nanzpolitik hat. Kann das eine Partei wie die CVP vor ihrer Wählerschaft noch ver-antworten? In der Steuerpolitik scheint jegliches Augenmass verloren gegangen zu sein. Wer so weiterfährt, gefährdet den ge-sellschaftlichen Zusammenhalt. Ein Um-denken ist absolut angezeigt. Die Grossde-mo vom letzten November war ein starkes Signal von unten. Ein Parlament, das die-ses nicht sehen will, setzt mutwilig den so-zialen Frieden aufs Spiel. (red.)

Sparpaket III – eine ProvokationDer Irrsinn in der st.gallischen Finanzpolitik geht weiter. Schon wieder steht ein Sparpaket an – noch grösser als alle früheren. Das ist eine Provokation.

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Grossprotest vom letzten November in St.Gallen – wird er vom Kantonsrat ignoriert?

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Am 1. Juni 2012, vor neun Mona-ten, hat Fredy Fässler sein neues Amt als Sicherheits- und Justizchef angetreten. «links» hat ihn besucht und seinen Puls gefühlt.

Fredy Fässler hat Glück: Kaum im Amt, durfte er schon neue Büros beziehen.

Das Sicherheits- und Justizdepartement ist in der frisch umgebauten Liegenschaft am Oberen Graben in St.Gallen zuhause. Dort befindet sich auch das Gesundheitsdepar-tement mit Heidi Hanselmann an der Spit-ze. Dieses Verwaltungsviertel ist somit, po-litisch gesehen, fest in SP-Hand. Fässler wirkt entspannt und erfüllt von seiner Arbeit. Er hat sich im Departe-ment gut eingelebt und kennt die Dienst-stellen. Die Mitarbeitenden lobt er als kompetende und einsatzfreudige Fach-leute. Auch zur Zusammenarbeit im Re-gierungsrat findet er nur positive Worte. Man diskutiere offen und ausgiebig. Vieles ist aber auch Routinesache. Jeden Diens-tag werden an der Sitzung 40 bis 50 Ge-schäfte abgearbeitet. Was ihn freut: Im Unterschied zu seinem früheren Beruf als Rechtsanwalt muss er nicht mehr alles al-leine machen, sondern kann auf einen er-fahrenen Mitarbeiterstab zurückgreifen.

Es geht ans EingemachteAm meisten beschäftigt Fässler im Mo-ment die Sparpolitik. Alle Departemente müssen Sparszenarien mit Leistungsab-bau entwickeln. Das hat sich die Exekutive selbst auferlegt und wurde auch vom Kan-tonsrat beschlossen. Es stellen sich grund-legende Fragen. Was passiert im Strafvoll-zug, wenn Stellen gestrichen werden? Was bei der Polizei, wenn die vor Jahren be-schlossene Aufstockung des Bestands um 75 Mann sistiert bleibt? Und was im Asyl-wesen, wenn die Mittel schrumpfen, aber die Aufgaben wegen gestiegener Gesuche wachsen? Muss die Verkehrserziehung ab-geschafft werden? Fredy Fässler stellt ein-fach fest: «Jetzt gehts ans Eingemachte.» Blosse Kostenverschiebungen seien nicht mehr möglich. Im nächsten Juni werden Entscheide fallen. Mit dem Asylwesen ist Fässler für ei-nen Bereich verantwortlich, der regelmäs-sig im Fokus der Öffentlichkeit steht. Vor kurzem machten Asylbewerber aus Nord-afrika negativ von sich reden. Jetzt sei es wieder ruhiger geworden, stellt er fest. Wo lag eigentlich das Problem? Fässler weiss auch nicht, wieso gerade diese Leute so auffällig delinquierten. Er habe noch kei-ne vernünftige Theorie darüber gehört. An erlittenen Traumata allein könne es nicht liegen. Das sei offenbar ein neues Phänomen, das die ohnehin schwierige

Lage nicht erleichtere. Auch das Thema Sport und Gewalt gehört zu seinem Auf-gabenbereich. Der Hooliganismus im Um-feld des FCSG und der Rapperswiler Lakers scheint seinen Höhepunkt überschritten zu haben. Jedenfalls hat die Polizei ihre Einsätze wieder reduziert. «Möglicherwei-se greifen die getroffenen Massnahmen wie Fanarbeit, Gespräche mit den Klubs und Vereinen etc., möglicherweise spielt aber auch der Tabellenstand der Mann-schaft eine Rolle», sinniert er. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Einsatzstunden wieder zunähmen.

Neues im StrafvollzugAls Sicherheitsdirektor obliegt ihm auch der Strafvollzug. Hier laufen die Dinge gut, auch wenn das Geschäft sensibel sei, sagt Fässler. So konnte im Saxerriet eine geschlossene Abteilung in Betrieb genom-men werden. Geschlossene Abteilung in der offenen Strafanstalt? Ja, es handelt sich um eine Übergangseinrichtung «für Leute, die aus der Pöschwies kommen». Manche seien halt von der Freiheit über-fordert, wenn sie aus dem Gefängnis in den offenen Vollzug kommen. Sie müssten schrittweise an die neuen Bedingungen gewöhnt werden. Auch der Strafvollzug wird immer differenzierter.

Viel hat Fredy Fässler jetzt mit der Bundespolitik zu tun, ist er doch nicht nur Mitglied der Konferenz der kantona-len Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD), sondern auch noch weiterer Gremien auf nationaler Ebene. In der KKJPD ist er nicht der einzige Sozialdemokrat. Claudius Graf-Schelling aus dem Thurgau, Mario Fehr aus Zürich, Urs Hofmann aus dem Aargau oder Yvonne Schärli aus Luzern sind Par-teikollegInnen mit demselben Amt. Mit ihnen versteht er sich natürlich besonders gut. Und welche Geschäfte sind in der Pipe- line? Fässler lässt sich ein geplantes Infor-mationsgesetz entlocken, das in einem zweiten Anlauf in Vorbereitung sei. Es soll mehr Transparenz in die Verwaltungsar-beit bringen. Den Anstoss dazu hat das Verwaltungsgericht gegeben, das in einem Fall von Akteneinsicht entscheiden muss-te und bei dieser Gelegenheit eine gesetz-liche Regelung über die Öffentlichkeit der Verwaltung forderte. Dass sich deshalb viel ändern wird, glaubt Fässler nicht. Das zeigten die Erfarungen in anderen Kan-tonen, wo der Öffentlichkeitsgrundsatz schon länger gilt. In Solothurn zum Bei-spiel sind sogar die Regierungsratssitzun-gen öffentlich. Doch Zuhörer habe es prak-tisch nie... (rh)

Zu Besuch am Oberen Graben

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Seit neun Monaten St.Galler Justiz- und Sicherheitschef: Fredy Fässler.

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Nach den StadtratswahlenDie Stadtsanktgaller SP hat eine bittere Niederlage einstecken müs-sen. Erstmals seit Jahrzehnten ist sie nicht mehr in der Stadtregie-rung vertreten. Woran lag es? Prä-sidentin Bettina Surber nimmt Stellung.

Der Erfolg bei den Wahlen ins Stadtpar-lament hat gezeigt, dass sich die Stadt

St.Gallen in den letzten Jahren politisch nach links bewegt hat. Viele Leute sind der Mei-nung, dass eine städti-sche Politik soziale und ökologische Anliegen verfolgen muss. Es ist jedoch nicht gelungen, auch eine angemessene Vertretung in der städ-tischen Exekutive zu er-

langen. Im Gegenteil: Die SP musste eine bittere Niederlage einstecken.

Logisch konsequentAufgrund der Stärke von SP und Grünen in den letzten Jahren war der Angriff auf einen zweiten Sitz im Stadtrat logische Konsequenz. Gleichzeitig gab aber die langjährige SP-Stadträtin Elisabeth Beéry ihren Rücktritt bekannt. Wir mussten al-so nicht nur einen zweiten Sitz angreifen, sondern auch den eigenen Sitz verteidi-gen. Und dies in einer Situation, in der die Personaldecke der Partei für ein Stadtrats-mandat dünn war. Man kann sich nun fragen, ob es über-mütig war, dennoch mit einer Zweierkan-didatur anzutreten. Diese Meinung teile ich nicht. Es waren zwei Sitze zu verge-ben. Bei einer Einerkandidatur hätte die Gefahr bestanden, dass viele linksgrü-ne WählerInnen eine zweite Kandidatur – tendenziell den im zweiten Wahlgang gewählten Markus Buschor – unterstützt hätten. Damit wäre keineswegs sicher ge-wesen, dass die SP ihren Sitz hätte vertei-digen können, da sich die linken Stimmen verteilt hätten. Markus Buschor hat mit einem ur-banen Auftritt und seiner Kritik an der Baupolitik, aber auch mit seiner Partei-losigkeit und seinem katholischen Hin-tergrund viele Leute für sich gewinnen können. Diese Wahlen haben deutlich ge-macht: Parteiunabhängigkeit verfängt. Und: Die Bürgerlichen haben, wenn sie zusammenhalten, noch immer eine Mehr-heit in St.Gallen. Am Wahlkampf von Syl-via Huber und Ruedi Blumer lag es sicher nicht. Sie waren sehr engagiert und haben einen Wahlkampf nahe bei den Leuten ge-führt. Zum Schluss bleibt die Ernüchte-rung, aber keine Resignation. Wir ziehen

unsere Lehren aus dieser Niederlage und machen weiter, weil es uns um die Sache geht. Wir setzen uns weiterhin für eine soziale und solidarische, eine ökologische und lebendige Stadt ein. Die SP befindet sich nun in der Opposition. Und diese Rol-le müssen wir zu unserer Stärke machen. Wir werden keine Totalopposition betrei-ben, wir werden aber Referenden und Ini-tiativen immer dann einsetzen, wenn der bürgerliche Stadtrat Vorlagen präsentiert, die dem Gemeinwohl entgegenstehen. Wir werden mit diesen Mitteln aufzei-gen, was eine bürgerliche Politik bedeutet: Zum Beispiel will sie aus den gut funktio-nierenden städtischen Verkehrsbetrieben zwei Aktiengesellschaften machen. Mit

gen und bedarfsgerechten Wohn- und Le-bensraum, für lebenswerte Quartiere, für erneuerbare Energien, für den öffentli-chen Verkehr und den Fuss- und den Velo-verkehr, für eine Stadt für alle. Unsere alte Politik wird auch die neue sein. Dass dies viele WählerInnen wünschen, haben die Stadtparlamentswahlen gezeigt.

KandidatInnen aufbauenUnd wir müssen das Ziel «Zurück in den Stadtrat» schon heute in Angriff nehmen. Es braucht in der Exekutive ein Abbild der politischen Kräfteverhältnisse. Daran müssen wir arbeiten, mit der beschriebe-nen aktiven Politik, mit dem Engagement aller. Und indem wir Kandidatinnen und

Zu Besuch am Oberen Graben

Von Bettina Surber,Präsidentin SP StadtSt.Gallen

ungewissen Folgen für den Betrieb, aber vor allem auch für das Personal. Eine bür-gerliche Politik will sparen, zu Lasten der Allgemeinheit, aber zu allererst einmal bei den Schwächsten, bei den Sozialhilfe-bezügerInnen, indem Stellen in der Stif-tung für Arbeit gestrichen werden. Einer bürgerlichen Politik ist der Bau von Park-garagen wichtiger als die Gestaltung von Plätzen. Dagegen werden wir antreten. Wir werden aber nicht nur aufzeigen, was eine bürgerliche Politik bedeutet, son-dern auch, was linke, soziale und ökologi-sche Politik ist. Wir werden uns weiterhin einsetzen für ein gut funktionierendes So-zialsystem, für Frühförderung, für Krip-penplätze, für gute Schulen, für Plätze, die zum Verweilen einladen, für günsti-

Kandidaten für kommende Wahlen auf-bauen. Dies ist ein schwieriges Unterfan-gen. Denn es braucht nicht nur die rich-tigen Personen, sondern der nächste Rücktritt aus dem Stadtrat muss für die-se Personen auch der richtige Zeitpunkt für ein Stadtratsamt mit all seinen Konse-quenzen sein. Gerade deshalb muss es Ziel sein, bald zu wissen, wer mögliche Kandidatin oder möglicher Kandidat sein könnte. Diese Personen brauchen über längere Zeit und nicht nur im Wahlkampf öffentliche Prä-senz. Dies ist eine der Lehren aus dem letz-ten Wahlkampf. Ein aktiver Wahlkampf allein genügt nicht. Die Kandidatinnen und Kandidaten müssen bereits früher wahrgenommen werden.

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Die beiden SP-KandidatInnen Ruedi Blumer und Sylvia Huber – hier im Bild nach dem ersten Wahlgang – reüssierten in St.Gallen nicht – was nun?

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In der Stadt am See hält sich hartnäckig ein Gerücht: Die Firma Würth müsse

zehn Jahre keine Steuern zahlen. Doch Re-gierungsrat Benedikt Würth dementierte Ende Dezember: Keine der Würth-Gesell-schaften, die sich in Rorschach ansiedeln oder noch ansiedeln werden, würden von Steuererleichterungen profitieren. Dies bekräftigt die Regierung auch in der Ant-wort auf eine Interpellation von SP-Kan-tonsrätin Maria Huber. Darin stellte die Gewerkschafterin kritische Fragen zur Würth-Ansiedlung. Unter anderem erkundigte sie sich nach allfälligen Steuervergünstigungen und nach dem Nutzen dieser Ansiedlung für Rorschach. Solche Fragen gelten im Rat-haus am See bereits als Majestätsbeleidi-gung: Stadtpräsident Thomas Müller (SVP) kommentierte den Vorstoss als «Schmie-rentheater». Wie so oft bekundet er auch hier Mühe mit Kritik.

Berechtigte FragenDoch die Fragen sind berechtigt. Manche RorschacherInnen haben das Gefühl, über den Tisch gezogen worden zu sein. Dies weil vor der Abstimmung über den Ver-kauf des Seeegrundstücks nicht alle Fak-ten auf den Tisch gelegt worden seien. So etwa bezüglich der Kosten. Würth wurde zu Vorzugsbedingungen an den See ge-ködert: Er musste für die 12’000 Quadrat-meter-Parzelle an bester Lage nur 5,7 Mio. Franken bezahlen – ein mässiger Preis von 460 Franken pro Quadratmeter. Demge-genüber ergaben sich für Rorschach Sa-nierungs- und Bereitstellungskosten von insgesamt 4,6 Mio. Franken. Damit, so die

Roter Teppich für den Milliardär am Bodensee«Schraubenkönig» Würth errichtet in Rorschach an bester Seelage einen neuen Konzernsitz. Die Frage ist: Wurden Rorschachs Stimm- berechtigte richtig informiert?

Erwartung, sollte Würth der Stadtkasse ei-ne gute Million einbringen. Nach der Abstimmung kam dem Stadtrat plötzlich in den Sinn, dass ein Be-trag von 1,3 Mio. Franken für Strassenaus-bauten «unberücksichtigt» geblieben sei. So stehen nun einem Ertrag von 5,7 Mio. Kosten von 5,9 Mio. gegenüber – rein rech-nerisch ein Verlustgeschäft. Für Würth

hingegen war die Wahl von Rorschach sehr vorteilhaft. Der Konzern konnte im Dreiländereck und nahe am Flugplatz Al-tenrhein günstig eine zweite Konzernzen-trale errichten. Aber was ist nun punkto Steuern? Würth gibt an, steuerliche Grün-de hätten beim Standortentscheid kei-ne Rolle gespielt. Das scheint glaubhaft, denn der Sitz von Würth International AG

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Eine offene Frage: Was bringt der deutsche Miliardenkonzern Würth der Stadt Rorschach wirklich?

Eins ist sicher: Die Aussicht aus der neuen Konzernzentrale auf den Bodensee ist prächtig.

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Roter Teppich für den Milliardär am Bodensee

(Umsatz weltweit: 9,9 Mrd. Euro) befindet sich seit Jahrzehnten in Chur. Dies weil der Patron schon lange in Davos Ski fährt, aber sicherlich auch wegen dem fiskali-schen Schonklima. Der Steuerprofiteur in der Schweiz ist also primär Graubünden, nicht St.Gallen. Der Bergkanton wirbt denn auch mit dem Schraubenkonzern als Aushängeschild und lässt sich wegen seiner «fiskalpolitischen Situaton», sprich: den tiefen Steuern preisen. Zur Besteue-rung der Würth-Holding will er allerdings keinerlei Auskunft geben.

Profit shiftingAllerdings gilt gerade Würth seit je als äusserst intransparenter Konzern. Es gibt 148 direkte und 150 indirekte Tochterge-sellschaften. Der Hauptsitz der Gruppe ist im deutschen Künzelsau, der neue Ne-bensitz in Rorschach. Was wo versteuert wird, ist unklar und erhellt auch aus dem 180seitigen Geschäftsbericht nicht. In der letzten Jahresrechnung findet sich denn auch häufig der Begriff der «latenten Steuern», der auf verborgene Steuervortei-le hinweist. Tatsache ist, dass Würth wie viele Weltkonzerne dieser Grösse Steuer-

optimierung betreibt: Gewinne werden in-tern zwischen den Gesellschaften verscho-ben, um sie dort zu versteuern, wo es am günstigsten ist (sog. «profit shifting»). Diese Praxis ist kürzlich durch Google ruchbar geworden, das seine Gewinne in Steuer- dumpingländer wie den Niederlanden und Irland transferiert, um sie nicht im Her-kunftsland versteuern zu müssen, wo sie faktisch erwirtschaftet wurden. Der Kan-ton Zürich verhandelt jetzt mit Google, um diesem Missbrauch einen Riegel zu schieben. Ob Würth dieselben Tricks be-nutzt, muss offen bleiben. Jedenfalls wur-de Gründer Reinhold Würth in Deutsch-land bereits wegen Steuerhinterziehung bestraft: Er musste den Fiskus 3,5 Mio. Euro abliefern. Der heute fast 78jährige schwäbische Milliardär und Ehrentitel-sammler (Prof. Dr. h.c. mult.) grämt sich deswegen noch heute. Ob für den Kanton bzw. Rorschach steuerlich viel anfällt, steht in den Ster-nen. Obwohl ein Teil der Würth-Finanz-zentrale nunmehr am Bodensee domizi-liert ist – sie wurde von Küsnacht hierher transferiert –, heisst das noch lange nicht, dass hier viel versteuert wird. Eine Finanz-

gesellschaft des Konzerns zum Beispiel ist in den Niederlanden niedergelassen. Das weitere halbe Dutzend von Tochterfirmen, die Würth in Rorschach ansiedelt, dürften eher wenig hergeben. Mehr wird vermut-lich von den aus dem Raum Zürich zugezo-genen Managern in die Kasse fliessen.

Magere StellenbilanzViele RorschacherInnen haben dem Grundstückverkauf wegen der neuen Ar-beitsplätze zugestimmt. «Hunderte» neuer Stellen werde es geben, hiess es. Nach der Abstimmung sehen die Tatsachen etwas anders aus: Würth will in Rorschach nach eigenen Angaben 250 Mitarbeitende be-schäftigen. Bei der Eröffnung werden es zunächst einmal 170 sein. Überwiegend sind dies ZuzügerInnen. Echte Neustellen wird es kaum sehr viele geben. Im Karrie-reportal von Würth sind derzeit nur ge-rade 18 Jobs ausgeschrieben. Die Arbeits-platzschöpfung ist somit keineswegs so gross wie angekündigt. Die grosspurigen Töne vor der Abstimmung erweisen sich mehr oder weniger als überzogen. Gross ist hingegen der Baukomplex direkt vis-à-vis des Hauptbahnhofs Ror-schach, wo Würth 150 Mio. Franken in-vestiert – sicherlich eine der grössten pri-vaten Investitonen im Kanton. Würths Firmenmotto «Break the limits» materiali-siert sich in einem 30 m hohen Stahl-Glas-Riegel, der nun die Rorschacher Seeprome-nade ziert. Aus dem 40 Meter langen Pier in den See hinaus, den Rorschach voreilig dem Ansiedler versprach, wurde aber we-gen einer Intervention des Kantons nichts. Der neue Komplex stellt Kornhaus und Seerestaurant weit in den Schatten. Ein Koloss, dessen städtebauliche Einfügung trotz einem Aufgebot von Stararchitek-ten (Gigon-Guyer) durchaus zweifelhaft erscheint. Offen ist die Frage, wie dieser Grossbau ans Siedlungsgebiet angebunden wird. Mit der «Seeuferplanung Ost» gibts vorderhand erst schöne Pläne, aber noch keine Facts.

Volk darf zahlenWährend in Orten wie Bregenz, Kreuz-lingen oder Konstanz öffentliche Einrich-tungen den Top-Plätze am Seeufer bean-spruchen (Parkanlagen, Bodensee-Arena, Festspielbühne, Kongresshaus), ist es in Rorschach ein Konzern mit angehängter Kunstgalerie, einem Veranstaltungssaal und einer für PassantInnen offenen Beiz. Hier realisiert ein Privater, was die Stadt nie schaffte. Soll man also von einem Ar-mutszeugnis für die Rorschacher Politik sprechen? Insgesamt dokumentiert der Würth-Neubau Stadtentwicklung in der neoliberalen Ära – Milliardären wird ein roter Teppich ausgelegt, und das Volk darfs abnicken und bezahlen. (rh)

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Noch mehr Lasten für Mittelstand?Immer stärker werden die Folgen der Steuersenkungen für die nor-malen SteuerzahlerInnen spürbar. Jetzt soll ein drittes Sparpaket fol-gen, das dem Mittelstand noch mehr Lasten aufbürden wird.

Der Aufgaben- und Finanzplan 2014 bis 2016 zeigt weiterhin hohe, aber ab-

nehmende Defizite im Umfang zwischen 160 und 120 Mio. Fran-ken. Obwohl die Fehl-beträge im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren stark zurückge-gangen sind (siehe Ta-belle), wird das freie Ei-genkapital des Kantons Ende 2014 voraussicht-lich aufgebraucht sein.

Damit würden die strengen Regeln des st.gallischen Haushaltsrechts in Kraft gesetzt. Der Steuerfuss müsste dann im folgenden Voranschlag 2016 zwingend er-höht werden. Da SVP, FDP und Teile der CVP dies um jeden Preis verhindern wol-len, wird ultimativ ein Sparpaket III im Umfang von 150 Millionen Franken ver-langt – notabene ohne dass die Steuern er-höht werden dürfen.

Verschobene RealitätDie Steuersenkungen, von denen vor allem Reiche, Vermögende und Unternehmen in den letzten Jahren profitiert haben, ent- falten nun ihre volle Wirkung im st.galli- schen Staatshaushalt. Die Steuererträge sind heute erst wieder auf dem Stand von 2007. Dies bedeutet: Es gab massive Ein-brüche bei den Steuereinnahmen, die nur dank der aktuellen Erhöhungen des Staatssteuerfusses für alle aufgeholt wer-den konnten. Demgegenüber sind in die-ser Zeit die Ausgaben durch die Über-nahme zusätzlicher Aufgaben und der Kompensationen für die Gemeinden wei-ter angewachsen. Genau diese Tatsache verleugnet die bürgerliche Mehrheit des Kantonsrates konsequent: In der Finanzkommission und im Kantonsrat wird fast ausschliesslich das Ausgabenwachstum als Grund für die missliche Lage des Staatshaushaltes ange-prangert. Dass die Steuerentlastungen für Reiche grosse Löcher in der Kasse verur-

sachten, wird verschwiegen. Die von den Bürgerlichen verursachte Finanzmisere hat gerade für den Mittelstand verheeren-de Folgen. Die Normalverdienenden konn-ten von den bisherigen Steuersenkungen fast nichts profitieren. Sie tragen aber jetzt die Lasten der Sparpakete I und II. So sicher wie das Amen in der Kirche werden die Lasten des angekündigten Sparpakets III erneut auf den Mittelstand überwälzt. Die Zahlen des neuesten Steuermoni-torings bestätigen diesen Befund. Bei den tiefen Einkommen ist der Kanton St.Gal- len gnädig. Das ist richtig und hat kaum Folgen auf der Ertragsseite, also bei den Steuereinnahmen. Bei den Wenigverdie-nenden wäre selbst mit massiven Erhö-hungen praktisch nichts zu holen. Noch gnädiger ist der Kanton bei den hohen Ein- kommen, die wenig belastet werden. Der Höchststeuersatz wurde ja reduziert, und das schenkt inbezug auf den Haushalt sehr negativ ein. Bleibt also noch der Mit-telstand, der a) nur minim entlastet wur-de und der b) heute die Lasten der Erhö-hungen des Staatssteuerfusses trägt und der c) bei den Sparpaketen am meisten durch den Abbau der Leistungen des Staa-tes getroffen wird.

Das Steuermonito-ring zeigt eine deut-lich höhere Belastung von Einzelpersonen aus dem Mittelstand gegenüber Ehepaaren mit zwei Kindern. Diese profitieren ins-besondere bei den

Pauschalabzügen und den Ausbildungs-kosten für ihre Kinder von verschiede-nen Abzugsmöglichkeiten. Die deutlich höhere Belastung der Einzelpersonen aus dem Mittelstand wird jetzt in der politi-schen Diskussion in den Vordergrund ge-schoben. Es lohnt sich, die Begründun-gen dafür genauer anzuschauen. Denn, betrachtet man den heute immer noch mehrheitlich gängigen Lebenszyklus, so ist die Phase der Besteuerung als Einzel-person nur vorübergehend. Sie wird in vielen oder sogar in den meisten Fällen durch die Familienphase abgelöst.

Familien geschröpft statt entlastetEs ist Ziel einer sinnvollen Familienpolitik, dass dann die entsprechenden Steuerent-lastungen ihre Wirkung entfalten. Diese entfallen wieder in einer späteren Pha-se, wenn die Ausbildung der Kinder abge-schlossen ist. Wichtig ist dabei, dass man das jeweils frei verfügbare Einkommen pro Person vergleicht. Trotz der steuer- lichen Belastung ist dies in der ersten und dritten Phase immer noch deutlich höher als in der Familienphase. In einer Sondersession im Juni 2013 wird der Kantonsrat über das Sparpaket III im Umfang von 150 Millionen Franken diskutieren und vorentscheiden. Ohne Prophet zu sein: Das wird harte Diskus- sionen geben, und es werden Referenden gegen einzelne Beschlüsse ergriffen wer-den. Wir müssen aber auch neue Wege suchen, damit sich die Einkommenssche-re nicht weiter öffnet und nicht vor allem der Mittelstand die Lasten trägt.

Von Peter Hartmann, Fraktionschef SP- Grüne, Flawil,

AFP 2011 2012 2013 2014 2015 20162012 - 14 22.6 1 257.3 320 311.7 2013 - 15 28.4 1 269.3 298.5 306.3 2014 - 16 27 1 161.2 131.2 122.1

Plandefizit der Ausgaben- und Finanzplanung (AFP)

1 effektiver Ausgabenüberschuss des Voranschlags

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Massiver Steuerprotest in St.Gallen, doch das Umdenken in der Pfalz lässt auf sich warten.

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Noch mehr Lasten für Mittelstand? Zählen ist im Ständerat GlückssacheDer Ständerat stand mit abge- sägten Hosen da, als sich heraus-stellte, dass Abstimmungen von Hand falsch ausgezählt wur-den. Petar Marjanovic erzählt, wie es dazu kam.

Seit der Wintersession 2011 erstellt die Plattform «Politnetz.ch» (siehe Kasten)

für den Nationalrat Visualisierungen von Abstimmungen. Darauf kann man sehen, wie die Ratsmitglieder abstimmten. Ab 2013 wollten wir den Schritt in den Stän-derat wagen. Grund dafür war, dass die StänderätInnen von Hand abstimmen und nirgends vermerkt wird, wer wie ab-stimmt. Besonders bei regionalpolitischen Fragen wird da der Ruf nach Transparenz laut, wenn man wissen möchte, ob die St.Galler Ständeräte Paul Rechsteiner und Karin Keller-Sutter beispielsweise für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs im Rheintal stimmten.

Testlauf im Bundeshaus«Politnetz.ch» nahm sich dieser Sache an und wollte in der vergange- nen Wintersession ei-nen Testlauf wagen. Ich beantragte einen Jour- nalistenzugang fürs Bundeshaus und fing mit einer Kamera an zu filmen, wie die Stände-räte abstimmen. Wäh-rend einer Kaffeepau-se wollte ich schauen, ob die Videos überhaupt genug Auflösung ha-ben, um die einzelnen Hände bei Abstimmun-gen auswerten zu kön-nen. Ich nahm die Abstimmung über die Motion, die ein Importverbot für Repti-lienhäute verlangte. Diese Motion wurde mit 18 zu 18 Stimmen mit dem Stichent-scheid des Präsidenten abgelehnt. Auf der Videoauswertung zählte ich 18 Stimmen für die Motion. Die Voten von Stimmen-zählern, Vize-Präsidenten und Präsident sind auf den Videos nicht ersichtlich. Ich zweifelte das Resultat an, weil der erste Vizepräsident Claude Hêche ein So-zialdemokrat ist und ich annahm, dass er ebenfalls für die Motion stimmte. In die-sem Fall wären es 19 Stimmen für die Mo-tion gewesen, und sie wäre angenommen worden. Verschiedene Abklärungen bestä- tigten meine Zweifel: Hêche hatte für die Motion gestimmt, das Resultat konnte nicht stimmen. In der nächsten Woche stimmte der Ständerat nochmals ab. Gezählt wur-

den 21 zu 21 Stimmen, der Präsident lehn-te im Stichentscheid die Motion erneut ab. Ich wertete das Video erneut aus und zähl-te 22 Stimmen gegen die Motion.

Resultat korrigiertDas Resultat wurde nun im Protokoll kor-rigiert. Die Debatte drumherum zeigte aber, dass diese Form von Data-Journalis-mus notwendig ist. Wenn die freisinnige Ständerätin Karin Keller-Sutter sagt, dass man mit solchen Fehlern leben müsse, liegt sie falsch: Gerade wenn es um Mil-lionenbeträge geht, dürfen solche Fehler nicht passieren. In den nächsten Monaten werden wir unsere Arbeit intensivieren und versu-chen, die Transparenz im Ständerat um-zusetzen. Ebenfalls werden wir unsere Arbeit auch in den kantonalen Parlamen-ten beginnen. Als Pilotkanton haben wir St.Gallen ausgewählt. Die Technik dazu wurde bereits programmiert: Wir können heute schon die Abstimmungen im Kan-tonsrat grafisch darstellen und Auswer-

tungen machen. Das einzige, was noch fehlt, ist der passende Partner. Hier sind wir mit der Staatskanzlei und mit Medien im Kontakt. An Arbeit wird es uns also in den nächsten Monaten nicht fehlen.

Was ist ein Data-Journalist?Neben meinem Amt als Co-Präsident bei der SP Walenstadt arbeite ich seit August 2012 bei «Politnetz.ch» als Data-Journa-list, Entwickler und Community Manager.

Diese Berufsbezeichnung muss häufig er-klärt werden, schliesslich ist der Zweig «Data-Journalismus» erst seit wenigen Jah-ren am Wachsen. Entstanden ist er aus dem Bedürfnis, viele Daten mit einer Aus-wertung in einer einfachen Form sichtbar zu machen. Darunter kann im «Data-Journalis-mus» beispielsweise eine Grafik verstan-den werden, etwa zum Thema Arbeitslo-sigkeit im Kanton St.Gallen: Die St.Galler Gemeinden werden in unterschiedlichen Graustufen eingefärbt, wobei schwarz «ho-he Arbeitslosigkeit» und weiss «volle Be-schäftigung» bedeutet. Solche Darstellun-gen entstehen im Data-Journalismus: Aus vielen Informationen, zum Beispiel den Arbeitslosenquoten der Gemeinden, wird eine allgemeinverständliche Grafik er-stellt. Petar Marjanovic

«Politnetz.ch» wurde 2009 als Diskussions-plattform gegründet. Heute diskutieren rund 20’000 BürgerInnen und PolitikerIn-nen miteinander über Ideen, Visionen und Positionen. Hinter Politnetz steckt ein fünf-köpfiges Team aus Zürich. Unter der Leitung von Thomas Bigliel (CEO) machte sich das Start-Up einen Namen als Transparenz-Ma-cher: Seit Winter 2011 wertet es die Abstim-mungen im Nationalrat aus. Die regelmässig erscheinenden «Abwesenheitsrankings» werden breit diskutiert. Beim «Stöckligate» im Dezember 2012 deckte Politnetz auf, dass der Ständerat bei einer Abstimmung zwei-mal falsch auszählte.

« P o l i t n e t z . c h » s o r g t f ü r T r a n s p a r e n z

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Pol

itnez

t.ch

Braucht der Ständerat Nachhilfeunterricht im Auszählen?

Petar Marjanovic zählte im Ständerat aus – und fand falsche Resultate.

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Kolumbien – Leben mit GewaltAls Mitglied der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats besuchte Hildegard Fässler Kolum-bien. Es gibt viel Gewalt, aber auch Hoffnung. Das zeigt ihr folgender Reisebericht.

Die Menschen in Kolumbien leben seit mehr als fünfzig Jahren in einem

Bürgerkriegsland. Es gibt heute rund vier Millionen aus ihrer Re-gion Vertriebene. Das ist fast ein Zehntel der Bevölkerung. Seit En-de 2012 dürfen sie auf ein Ende des Kriegs hoffen. Die Regierung unter Präsident Juan Manuel Santos hat in Oslo Friedensgespräche

mit der FARC, der stärksten Guerilla-Orga-nisation, begonnen. Der wichtigste Streit-punkt, den es zu lösen gilt und ohne den kein Friede denkbar ist, ist die Frage des Grundbesitzes.

Problematischer RohstoffexportKolumbiens Wirtschaftspolitik ist geprägt vom Willen zur Öffnung. In dieses Kon-zept passt das Freihandelsabkommen mit der Schweiz, das auch von den Multis be-grüsst wurde. Von dieser Politik profitiert auch die Blumenfarm, die wir besuchten und die ihre Nelken vornehmlich in die USA exportiert. Der Wirtschaftsmotor des Landes sind aber die Exporte von Edelme-tallen und Edelsteinen. Paradoxerweise verstärkt der Rohstoff-export das grösste Problem des Landes: die Frage des Grundbesitzes. So werden Minenkonzessionen ohne demokratische Mitsprache direkt vom Präsidenten ver-geben. Es gibt dagegen keine Rekursmög-lichkeit, weder durch regionale Behörden noch bei Verletzung von Rechten der indi-genen Bevölkerung. Gewerkschafter leben in keinem anderen Land so gefährlich. Auch 2012 wurden wieder mehrere von ihnen umgebracht. Einer, den wir getrof-fen haben, steht seit Dezember auf einer Todesliste von Paramilitärs.

Von Gewalt gezeichnetWährend wir auf der Fahrt von Montería nach Cartagena mit einem Fahrzeug der UNO begleitet wurden, konnte ich sowohl im Quartier unseres Hotels in Bogotá als auch in der Tourismusstadt Cartagena pro-blemlos joggen gehen. Auch die Bevölke-rung kann in einigen Regionen in ziemli-cher Sicherheit leben. Aber, mit wem wir auch gesprochen haben: Alle hatten per-sönliche Erlebnisse zu erzählen, vom von Paramilitärs getöteten Bruder bis zur ver-

schwundenen Wirtin, die bei Polizisten ei-ne offene Bierrechnung eintreiben wollte. Beim Besuch in San Jaime del Palmito erleb-ten wir, wie sich Jugendliche über ein Rol-lenspiel Gedanken zur Gewalt an Frauen und Mädchen unter dem Stichwort «cont-ra el feminicidio» machten. Darunter wird die Gewalt an Frauen verstanden. Beim Gespräch mit JuristInnen, die sich dafür einsetzen, dass Menschenrechtsverletzun-gen angezeigt und auch geahndet werden, erfuhren wir, dass sie unter massiven Ein-schüchterungen und Drohungen auch ge-gen ihre Familien leiden. In Tierra Alta leben in einem eigenen Quartier rund 12‘000 Vertriebene. Sie ha-ben dort nur das Notwendigste zum Le-ben, insbesondere nur eine einzige saube-re Wasserstelle. Zwei weitere werden vom IKRK geplant. Dieses Projekt überzeug-te uns auch durch die vielen engagierten Freiwilligen aus der Region. Mit dem von Swissaid unterstützten Projekt «Frauen vereint für den Fortschritt» in San Jaime werden durch biologische Landwirtschaft die Lebens- und Einkommensbedingun-gen von 206 Familien verbessert. Gemüse-gärten und eine eigene Fischzucht ergän-zen den Eigenbedarf.

Soziale UngleichheitDie Gemeinschaft ringt aber mit zwei Pro-blemen. Obwohl sie auf ihre ursprüng-lichen Ländereien zurückgekehrt sind, besitzen sie als ehemalige Landarbeiter-familien das Land nicht. Und der seit Mo-naten ausbleibende Regen lässt die Felder vertrocknen. Das Wasser für Kühe, Hüh-ner und Schweine wird knapp. Die Jugend-lichen haben zudem kaum Aussicht auf

eine Berufsausbildung, obwohl sie von ei-nem Beruf ausserhalb der Landwirtschaft träumen. Anderseits gibt es Kolumbiane-rInnen, die sich Ferien in Cartagenas teu-ersten Hotels leisten können. Bei unse-rem Besuch im Parlament bekamen wir auch den Eindruck, dass es den Abgeord-neten und ihren persönlichen Mitarbei-terInnen finanziell gut geht. Trotz seines Wirtschaftswachstums ist Kolumbien mit rund 13 Mio. Fr. jährlich nach wie vor ein Schwerpunktland der humanitären Hilfe der Schweiz. Fast jeder und jede Sechste lebt unter der Armutsgrenze von zwei US-Dollar pro Tag. Ein Treffen in der Botschaft am Schluss unserer Reise lässt mich an ein Ende des bewaffneten Konfliktes glauben. An meinem Tisch assen und diskutierten mit uns ein ehemaliger Guerilla-Füh- �

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Von Hildegard Fässler, SP-National-rätin, Grabs

Blumenfarm in Kolumbien: Nelken gehen in die USA, aber vor allem auch Rohstoffe.

Hilde Fässler tritt zurückDie Grabser SP-Nationalrätin Hildegard Fässler tritt nach 16 Jahren als Nationalrä-tin zurück. Hilde Fässler war ein Schwerge-wicht in Bern und eine beherzte Kämpferin für Steuergerechtigkeit. Während vier Jah-ren präsidierte sie die Bundeshausfraktion und war damit für die Strategie für die Wahl von Micheline Calmy-Rey zur Bun-desrätin verantwortlich. Von 2008 bis 2009 hatte sie das wichtige Präsidium der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) inne. Während all der Jahre hat sie sich ihre herzliche und umgängliche Art bewahrt. «links» wird in der nächsten Aus-gabe ausführlich über das politische Ver-mächtnis von Hilde Fässler berichten.

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Ein Signal für den Kanton St.GallenAm 3. März stimmen wir über die Revision des Raumplanungs- gesetzes (RPG) ab. Die längst fällige gesetzliche Verschärfung zur Verhinderung der Zersiedelung hat auch Auswirkungen auf unseren Kanton.

Ein Fünftel der Bauzonen in der Schweiz ist nicht überbaut. Die Bauzonen um-

fassen weit mehr Fläche als die nächsten fünfzehn Jahre voraus- sichtlich gebraucht wer- den. In gewissen Ge-meinden der Schweiz rei-chen die Bauzonen so- gar für mehr als fünf-zig Jahre. Die Bauzonen sind also in den meisten Kantonen massiv über-dimensioniert. Das revi-

dierte Raumplanungsgesetz (RPG) legt aus- drücklich fest, dass solche Bauzonen zwin-gend verkleinert werden müssen. Die in der Revision vorgesehene Mehrwertabga- be soll verwendet werden, um solche Rück-zonungen zu finanzieren. Das revidierte RPG macht den Kanto-nen Mindestvorgaben für die Erhebung ei-ner Mehrwertabgabe. Damit wird die Ein-führung dieser Abgabe in allen Kantonen zwingend. Die Kantone müssen künftig mindestens 20 Prozent des Mehrwerts ab-schöpfen, der entsteht, wenn ein Grund-stück neu als Bauland eingezont wird und allein durch diese Massnahme stark an Wert gewinnt.

Auch St.Gallen ist gefordertDie Hortung von Bauland führt zu über-setzten Preisen. Auch im Kanton St.Gallen sind Teile der Bauzonen unüberbaut und diese Grundstücke kommen nicht auf den Mark. Das Problem kennt man zum Bei-spiel in einigen Rheintaler Gemeinden, wo diese Hortung zu überhöhten Preisen geführt hat. In diesen Gemeinden finden normalverdienende Familien kein bezahl-bares Bauland mehr. Die Revision des RPG und die zwingende Einführung der Mehr-

wertabgabe schaffen hier Abhilfe, weil damit Bauland besser verfügbar gemacht und preistreibenden Spekulationen ein Ende gesetzt wird. Die Annahme der RPG-Revision wäre ein wichtiges Signal für den Kanton St.Gallen. Das von der Regierung ausgear-beitete neue Planungs- und Baugesetz, das ebenfalls eine Mehrwertabgabe vorsieht, wurde in der Vernehmlassung von bürger-licher Seite verrissen. Wird die Revision am 3. März an der Urne gutgeheissen, gibt es für die Bürgerlichen im Kanton St.Gallen

keine Argumente gegen das wirkungs-volle Instrument der Mehrwertabgabe mehr. Auch die weiteren, im Entwurf zum neuen st.gallischen Baugesetz vorgesehe-nen Instrumente zur Bremsung der Zer-siedelung der Landschaft sollten dringend eingeführt werden, um die Strossrich-tung des eidgenössischen Raumplanungs-gesetzes zu unterstützen. Eine vom Volk verschärfte Raumplanung hätte gewiss positive Auswirkungen auf die bevorste-hende Revision des Baugesetzes im Kanton St.Gallen.

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Von Laura Bucher, SP-Kantonsrätin, St.Margrethen

Nicht immer wird dort gebaut, wo es sinnvoll ist – das neue Raumplanungsgesetz bringt Korrekturen.

Neuer Schlag ins Gesicht des PersonalsDer Kanton schleicht sich aus der Verantwortung für die Deckungs-lücke bei der St.Galler Pensions- kasse. Nach den jüngsten Beschlüs-sen ist dieses Geschäft nicht mehr akzeptabel.

Für eine Ausfinanzierung der Deckungs-lücke bei der staatlichen Pensionskasse

sind die aktuellen Bedingungen optimal: Der Kanton kann das notwendige Geld zu einem unglaublich tiefen Zinssatz aufneh-men. Deshalb überzeugten die Arbeitneh-mervertreterInnen die Personalverbände- konferenz, dass mit einer moderaten Ver-sichertenbeteiligung die Vorlage in wichti-gen Teilen verbessert werden könnte. Nach vielen Gesprächen mit Vertre-tern der bürgerlichen Parteien sowie dem zuständigen Regierungsrat Martin Gehrer wurde eine Paketlösung vorgeschlagen: Das Personal beteiligt sich an der Ausfi-nanzierung, dafür leistet der Kanton eine

Einmaleinlage statt einer Arbeitgeberre-serve. Es gibt eine Verbesserung bei den Übergangsbestimmungen, und der Kan-ton stellt – bei anderen Arbeitgebern eine Selbstverständlichkeit – klar, dass er bei der Senkung des technischen Zinssatzes auf 3% für die Pensionierten gerade steht.Die Personalverbändekonferenz stellte sich hinter diesen Vorschlag und bot da-mit Hand für eine konstruktive und zu-kunftsgerichtete Lösung. Nachdem auch Vertreter von FDP, SVP und CVP ihre Un-terstützung für eine Paketlösung signali-siert hatten, wurde der Vorschlag einge-bracht. In der vorberatenden Kommission zeigen nun aber FDP, SVP und CVP, was von ihren Aussagen zu halten ist: Nichts! Sie pickten nämlich die Rosine der Versi-chertenbeteiligung von 100 Mio. Franken heraus und kippten die Verbesserung bei den Übergangsbestimmungen. An diesem Verhalten zeigt sich einmal mehr: Die bür-gerlichen Parteien gehen keinen Schritt auf die Staatsangestellten zu. Sie wollen sie lediglich abstrafen. Peter Hartmann

� rer, der fünfzehn Jahre im Gefängnis sass, und ein ehemaliger hoher Offizier der kolumbianischen Armee. An einem zweiten Tisch trafen sich neben anderen eine Journalistin und ein Jesuitenpater. Diese von der Schweizer Botschaft ini- tiierte Runde sucht Lösungen für eine Landreform und die Entschädigung der Opfer als Grundlage für einen dauerhaf-ten Frieden. Man diskutiert darüber, ob und wie Vertreter des politischen Arms der Guerilla eingebunden werden können.

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Kick-off-Aktion der Juso zum Start der Unterschriftensammlung am 1. Oktober 2012 in Bern

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Stoppt das Geschäft mit dem HungerDie Juso sammelt im Moment für ihre zweite nationale Initiative «Keine Spekulation mit Nahrungs-mitteln». Sie möchte die Spekula-tion mit Agrarrohstoffen verbie-ten. Wie funktioniert das Geschäft mit dem Hunger?

Schon seit langer Zeit kaufen und ver-kaufen Produzenten und Abnehmer der

Nahrungsmittelindustrie ihre Waren an der Börse. Lange hat sich dies für sie be-

währt. Doch nun zie-hen sich die ersten von der Börse zurück, weil die Sicherheit, die ih-nen die Börse lange bot, zum Risikofaktor geworden ist. Im Zentrum steht

der Handel mit soge-nannten «Futures». Ein Future ist ein Ver-trag, der besagt, dass an einem festgeleg-ten Zeitpunkt in der Zukunft eine gewisse Menge zu einem bestimmten Preis den Be-sitzer wechselt. Oder etwas verständlicher ausgedrückt: Die Firma X. macht mit der Firma Z. ab, dass X. ihr am 20. Juni 2013 fünfzig Tonnen Weizen zu einem Preis von 15‘000 Dollar verkauft. Das gibt bei-den Parteien die nötige Planungssicher-heit für ihr Geschäft.

Die Herde der Spekulanten1998 waren an der Nahrungsmittelbörse 70 Prozent aller Käufer und Verkäufer am physischen Handel von Nahrungsmitteln beteiligt. Zehn Jahre später waren es noch 25 Prozent. Der Rest? Reine Spekulanten, die Papiere auf Nahrungsmittel kaufen in der Hoffnung, sie wieder ein bisschen teu-rer zu verkaufen. Oder Händler, die ihre Aktienportfolios «diversifizieren» möch-ten und dafür grosse Mengen Rohstoff-papiere kaufen. Eine eindrückliche Zahl dazu: Die in Rohstoffen angelegte Geld-menge hat sich zwischen 2003 und 2008 von 13 auf 317 Milliarden vervierund-zwanzigfacht! Diese Veränderung, weg von der Absi-cherung für Produzenten und Abnehmer und hin zum Spielball der Finanzhaie, hat dazu geführt, dass die Nahrungsmittel-preise in die letzten Jahren krassen kurz-fristigen Preissprüngen und einer lang-fristigen Preissteigerung unterlagen. Dies einerseits wegen dem Herdenverhalten der Spekulanten und andererseits durch die enorm gesteigerte Nachfrage nach Nahrungsmittelpapieren. Um unser Bei-spiel noch einmal aufzunehmen: Durch die springenden Preise haben die Firmen X. und Z. keine wirkliche Sicherheit mehr.

Bereits am Tag der Fälligkeit ihres Ge-schäfts kann eine ganz andere Preissitua-tion herrschen und das Umfeld völlig ver-ändert sein.

Banken streiten abBis heute streiten die grossen Banken ab, dass ihre Eingriffe an den Nahrungsmit-telbörsen zu realen Preisveränderungen bei den Nahrungsmitteln führen. Doch auch wenn sich noch nicht alle Ökonomen dieser Welt einig sind: Die Beweislast ist erdrückend. Ausserdem werden die Tricks der Banken immer grotesker: Der briti-sche Hedgefonds «Armajaro» kaufte bei-spielsweise im Juni 2010 fast die gesamten Kakao-Futures an der Londoner Börse auf. Ein Kakao verarbeitendes Unternehmen schrieb daraufhin in einem Beschwerde-brief, sie würden an die stärker regulier-te Börse in New York abwandern, falls Lon-don auf solche Praktiken nicht reagiere. Ein weiterer erschreckender Trend: Goldman Sachs besitzt mittlerweile eine breite Flotte von Tankern, Transportern, Lagerhäusern und Silos in Afrika und an-deren Kontinenten. Zusammen mit ande-ren Banken besitzen sie bereits physisch Rohstoffe im Wert von über 16 Milliar-den Dollar. Die Idee dahinter: Sie kaufen Rohstoffe und Nahrungsmittel in grossen Mengen, was zu einer künstlichen Ver-knappung und einem Anstieg der Preise führt. Wenn ihnen der Preis hoch genug erscheint, verkaufen sie.

Setzen wir ein Zeichen!Die Probleme liegen auf der Hand. Die Nahrungsmittelbörsen sind in einem ex-tremen Ungleichgewicht, und die Speku-

lation verschärft Krisen, indem sie jede Preisveränderung doppelt und dreifach verstärkt. Für Entwicklungsländer, in de-nen die Menschen 80 Prozent ihres Geldes für Grundnahrungsmittel ausgeben, sind die Folgen fatal. Diese können sich ihr Es-sen bald nicht mehr leisten. Gefordert sind wir alle. Denn auch wenn Banken nicht gerne darüber reden, ist heute leider anzunehmen, dass alle von ihnen direkt oder indirekt Papiere auf Nahrungsmittel besitzen. So auch die St.Galler Banken, na-mentlich die Kantonalbank und die Acre-vis, die auf entsprechende Fragen bis dato leider keine Antwort gegeben haben. Dirk Müller, einer der gefragtesten Börsenexperten Deutschlands, sagt da-zu: «Es gibt keinen volkswirtschaftlichen Grund, warum es Finanzinvestoren er-laubt sein sollte, in Grundnahrungsmittel zu investieren.» Und genau deshalb gehen wir Woche für Woche auf die Strasse und sammeln Unterschriften. Weil wir das Ge-schäft mit dem Hunger nicht länger tole-rieren. Auch diesem Heft liegt ein Unter-schriftenbogen bei. Am besten gleich jetzt unterschreiben, rumreichen und auf die Post bringen.

Von Angelo Zehr, Juso St.Gallen

Abstimmungsparolender SP für den 3. MärzJA zum Bundesbeschluss über die Fami-

lienpolitikJA zur Volksinitiative «gegen die Abzocke-

rei»JA zur Änderung des Bundesgesetzes über

die Raumplanung

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Am 14. Januar verstarb in St.Gallen im hohe Alter von 95 Jahren Karl Schillig. Er war ein verkannter politischer Poet der Arbeiterbewegung.

Karl Schillig lebte zuletzt im Alters- und Pflegeheim Notkerianum. Früher ar-

beitete er als Schriftsetzer in der «Volks-stimme» und der «Ostschweizer AZ». Seit 1945 war er auch Mitglied der SP. Schillig war stets ein aufmerksamer und kritischer Beobachter des politischen Geschehens, das er selbständig und auf eigenwillige Weise kommentierte. Ausdruck davon wa-ren kurze Aphorismen und Merksätze, die er seit vielen Jahren zu Papier brachte und die auch in der «Ostschweizer AZ» abge-druckt wurden. Als politisch denkender Arbeiter genoss Karl Schillig überall gro-sses Ansehen. Zuletzt meldete er sich im Ständeratswahlkampf von Paul Rechstei-ner mit einem Leserbrief zu Wort. Gerne möchten wir diesen Leserbrief im «links» als Andenken an Karl Schillig nochmals in Erinnerung rufen: «Nach dem Taucher bei den Stände-ratswahlen liegt Dr. Blocher einstweilen ‹vor Anker›. In St.Gallen ist es Toni Brun-ner, der mit einem traurig erzwungenen Lächeln Folgendes von sich gibt: ‹Ein SP-Lüftchen weht durch das Land.› Immerhin fegte dieses den Güggel vom Kirchturm. Er war offensichtlich etwas angerostet und deshalb ‹vom Winde verweht›. Ein Paar Risse hat es abgesetzt, aber krähen tut er immer noch. Was geschieht wohl bei stär-kerem Wind? Rückblendend war der Fron-talangriff aufs Stöckli ein völlig miss-glückter Bumerangwurf. Vollmundig kündigte man den Angriff auf die Bastille auf breiter Front an. Das Resultat für die vier angetretenen Laut-Sprecher war ver-heerend. Mit Rundumschlägen gewinnt man keinen Blumenstrauss. Stattdessen hält der ‹chancenlose› Paul Rechsteiner, Präsident des Schweizerischen Gewerk-schaftsbunds, einer tragenden Säule in unserem Land, Einzug ins Stöckli. Recht deutlich, aber immer fair wird er sich dort für die Benachteiligten, die über den Mit-telstand hinaus selbst bis zu den KMU rei-chen, einsetzen. Zu den Abgestraften, eine

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Traditionsfirma Flawa retten!Die bekannte Watteproduzentin Flawa will 150 Arbeitsplätze streichen und die Produktion ins Billiglohnland Polen verlegen. Doch die Begründung wirkt nicht stichhaltig.

Im Jahr 2014 wird der traditionelle Wattehersteller hundert Jahre alt. Jedes

Kind kennt die Watte- und Sanitätspro-dukte aus Flawil, die in die ganze Welt ex-portiert werden. Die Firma gehört zu den ur-schweizerischen Produzenten im Land. Die Begründung für die angeblich nötige Einstellung der Produktion und die Verla-gerung der Jobs ins Billiglohnland Polen – Euro-Probleme und hohe Kosten – über-zeugt wenig. Noch vor zwei Jahren bekräf-tigte die Firma, den Standort Flawil zu erhalten und auszubauen. Zwei Produk-tionserweiterungen wurden beschlossen, eine davon wurde realisiert.

Alles anders?Seit je kehrt die Firma ihre Verwurzelung in der Region und ihre «Swissness» hervor. Und jetzt soll plötzlich alles anders sein?

Mit Währungsproblemen sind alle Export-firmen konfrontiert. Das allein kann nicht der Grund sein. Niemand investiert, um kurze Zeit später grosse Teile abzubauen. Hängt der Sinneswandel mit dem Wech-sel im Management zusammen? Bei Fla-wa sind jetzt offenbar Profi-Sanierer und Berufsverwaltungsräte am Steuer. Die Ge-werkschaft Unia hat interveniert und ein Gespräch mit der Geschäftsleitung ver-langt. Dieses sollte zustandekommen. Der-zeit läuft die Konsultationsfrist, wie sie bei einem Massenabbau von Arbeitsplät-zen gesetzliche Pflicht ist. Und was tut der Kanton? Bleibt er weit-gehend passiv wie im Fall Swissprinters in St.Gallen? Will er nur die Arbeitslosigkeit verwalten oder sich proaktiv für die Ret-tung möglichst vieler Stellen einsetzen? Der Fall Flawa wird ein weiterer Testfall für Volkswirtschaftschef Benedikt Würth. Nach dem Versagen im Fall Swissprinters besteht hier Gelegenheit, es besser zu ma-chen. Druck übt jedenfalls die SP aus. Die beiden Kantonsräte Peter Hartmann und Daniel Baumgartner, beide aus Flawil, stellen dem Regierungsrat in einer Einfa-chen Anfrage im Kantonsrat gleich acht konkrete Fragen. Unter anderem wollen

sie wissen, ob die Wirtschaftsförderung in diesem Fall aktiv ist und und ob sich die Firma bei der Ankündigung des massiven Stellenabbaus korrekt verhalten hat. Sollte es tatsächlich zu grösseren Entlassungen kommen, fordert die Gewerkschaft Unia einen grosszügigen Sozialplan. Noch aber ist es Zeit, Vorschläge für Alternativen zum drohenden Kahlschlag zu machen. (rh)

Karl Schillig (1917–2013)

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Impressum «links»Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen. Erscheint mindestens 5x jährlich. Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen, Postfach, 9001 St.Gallen, Tel. 071 222 45 85, [email protected]

An dieser Nummer haben mitgearbeitet: Hansueli Baumgartner, Felix Birchler, Laura Bucher, Ralph Hug, Ruben Schönenberger, Dario Sulzer, Daniel Hunger-bühler u.a. Gestaltung, Layout: Markus Traber Druck: Brändle Druck AG, Mörschwil

Links Nr. 2/2013 Redaktionsschluss: 12.3.2013Erscheinen: 5.4.2013

SP Schweiz2. März, Delegiertenversamm-lung, Solothurn

SP Kanton St.Gallen16. Februar, Sitzung der Kan-tonsratsfraktion, Buchs – 9.00 – 16.0019. Februar, Podiumsdiskus-sion Elefantenrunde, mit den Präsidenten der Bundes-ratsparteien, St.Gallen – Audimax Uni St.Gallen, 20.0025. – 27. Februar, Kantons-ratssession, St.Gallen – Regierungsgebäude3. April, SP-Frauen, wie wei-ter?, St.Gallen – Restaurant Dufour, 19.10

SP Rapperswil-Jona6. März, SP-Stamm, Jona – Johanna, 19.3012. März, Parteiversamm-lung, 19.30

S e r v i c eSP Kreis Werdenberg19. Februar, Filmanlass – Al-ter und Migration, Werden-berg – Kiwi Treff, 18.00

SP Kreis Sarganserland15. Februar, Hauptversamm-lung, Sargans – Zunfthaus zum Löwen, 19.30

SP Buchs15. Februar, Hauptversamm-lung, Buchs – Restaurant Taucher, 19.00

SP Uznach8. März, Hauptversammlung, Uznach – Restaurant Bahn-hof, 19.30

SP Rapperswil-Jona6. März, SP-Stamm, Jona – Johanna, 19.3012. März, Parteiversamm-lung, 19.30

SP Wil19. Februar, Hauptversamm-lung, Wil – Restaurant Hof, 20.0027. Februar, SP-Stamm, Wil, Restaurant Signal, 19.00

27. März, SP-Stamm, Wil – Restaurant Signal, 19.00

SP Walenstadt21. März, Hauptversamm-lung, 20.00

SP Wittenbach14. März, SP-Stamm, Wit-tenbach – Restaurant Son-nental, 20.00

SP Stadt St.Gallen19. März, Stadtparlaments-sitzung, St.Gallen – Waag-haus, 16.0026. März, Stadtparlaments-sitzung, St.Gallen – Waag-haus, 16.00

27. März, Parteivorstand, St.Gallen – SP-Sekretariat, 18.30

Vorstösse von SP-Politike-rInnen (1.11.2012 – 15.2.2013)

Einfache Anfragen:� Agnes Haag, St.Gallen: Sozialpädagogische Gross-familien� Claudia Friedl, St.Ga-llen: Bauen ausserhalb der Bauzonen – Wer ist zustän-

dig bei rechtskräftigen Ver- fügungen und Urteilen?� Joe Walser, Sargans: Kostenentwicklung im Bil-dungswesen� Peter Hartmann, Flawil / Daniel Baumgartner, Fla-wil: FLAWA: Auslagerung nach Osten – Verliererin-nen und Verlierer in der Schweiz

Interpellationen:� Laura Bucher, St.Mar- grethen et al.: Wie wirkten der Kanton St.Gallen und die Gemeinden des Alpen-rheintals beim Projekt Rhesi mit und wer trägt die Kosten?� Remo Maurer, Altstät-ten et al.: MPA-Altstätten: Schulzuweisungsbeschluss 2013 ff überdenken� Daniel Baumgartner, Flawil: Wird in Zukunft für Jugendliche mit einer Behinderung die berufli-che Ausbildung verunmög-licht� Felix Gemperle, Gold-ach: Trinkwasser schützen – Nein zu Fracking am Bodensee� Felix Gemperle, Gold-

AZB9000 St.Gallen

ach: Stadtautobahn� Maria Huber, Rorschach: Fragen zur Ansiedlung der Firma Würth in Rorschach

Motionen:� Claudia Friedl, St.Gal-len et al.: Mehr Frauen in Kaderpositionen

Friedl rückt nach, Bürki neu im KantonsratIm Nationalrat rückt die St.Gallerin und ehemalige SP-Kantonalpräsidentin Clau-dia Friedl nach. Sie wird bereits in der

nächsten Früh-lingssession im März die St.Galler SP in Bern vertreten. «links» wünscht der neuen Na-tionalrätin ei- nen guten Start und viel Freude im neuen Amt.

Friedl gibt ihr Amt als Kantonsrätin per Ende Februar ab. Erster Nachfolger gemäss Stimmenzahl ist Karl Bürki aus Gossau. «links» weiss, dass er das Amt annehmen wird. Wir gratulieren.

Guido Berlinger-Bolt wird neuer SP-SekretärNach dreieinhalb Jahren verlässt Dario Sulzer das Sekretariat am Blumenberg-platz in St.Gallen. Er wirkt seit Beginn des Jahres als Wiler Stadtrat und will sich voll auf sein neues Amt konzentrieren. Damit macht Sulzer auch in der «links»-Redaktion Platz für seinen Nachfolger. Die Geschäftsleitung hat den 35jährigen

St.Galler Guido Berlinger-Bolt als neue Sekre- tär der Kanto- nalpartei ge-wählt. Er wohnt mit Frau und drei Kindern in St.Gallen. Heu-te arbeitet er als Journalist

bei der «Appenzeller Zeitung». Die kanto-nale SP und die «links»-Redaktion freuen sich auf den frischen Wind im Sekretariat.

Felix Birchler wieder in der RedaktionDer ehemalige Co-Präsident der SP-Stadt-partei ist zurück in der Ostschweiz. Er folgt dem in den Ruhestand getretenen Peter Hartmann als Sekretär der Gewerk-schaft SEV. Wir wünschen Felix Birchler viel Erfüllung bei seiner Arbeit. Die «links»- Redaktion freut sich, dass er auch in die Redaktion zurückkehrt, wo er schon bis vor zwei Jahren mitgearbeitet hatte. Wel-come back!

Blamage, zählt auch der Chefideologe Dr. Blocher. Wird er wohl bald zum Ballast für seine Hellebardenpartei? Wie lange harmoniert es noch zwischen den Hardli-nern und ihren Hörigen? Ist es eine Frage der Zeit? In einem Interview (Weltwoche Nr. 47) finden wir einige seltsame Passagen. Auf die Frage des Reporters: ‹Ist die Schweiz wohlstandsverwahrlost?›, seine Antwort: ‹Jeder, der lange ohne grosse Anstrengung im Reichtum gelebt hat, wird zwangsläu-fig wohlstandsverwahrlosen› (keine Selbst-bewertung). Weiter hält er bescheiden fest, er müsse nicht unbedingt selber ge-wählt werden und sei keine typische Po-litikernatur. In diesem Zusammenhang gibt es viele Interpretationsmöglichkeiten und ich überlasse dies lieber dem Leser.» (rh)

Karl Bürki Guido Berlinger-Bolt