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Working Paper 11.06.2008 ALLIANZ DRESDNER ECONOMIC RESEARCH MAKROÖKONOMIE FINANZMÄRKTE WIRTSCHAFTSPOLITIK BRANCHEN Ingrid Davey & Dr. Rainer Schäfer Aufbruch in Afrika 104

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Working Paper 11.06.2008

ALLIANZ DR E S DN E R ECONOM IC R E S EARCH

M AK ROÖKONOM I E F I N ANZM Ä RK TE W I RT SC H A F T SPOL IT I K BRANCHEN

Ingrid Davey & Dr. Rainer Schäfer

Aufbruch in Afrika

104

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1. Die wichtigsten Aussagen im Überblick ....................................... 3

2. Risiken: Die Hypotheken aus der Vergangenheit ........................... 3

3. Chancen: Initialzündung des Rohstoffbooms ............................. 10

4. Projektion: Warum, wie hoch und wer? ..................................... 17

Working PaperNr. 104

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A U T O R E N :

INGRID DAVEYTel.: +49.69.263-5 71 01 [email protected]

DR. RAINER W. SCHÄFERTel.: +49.69.263-5 25 74 [email protected]

1. DIE WICHTIGSTEN AUSSAGEN IM ÜBERBLICK

• Obwohl einige Länder Subsahara-Afrikas1 vom Rohstoffboom profitieren, sind andere benachteiligt. Auch wenn die Notierungen ihr gegenwärtig außerordentlich hohes Niveau nicht halten können, so werden sie im Vergleich zu den vergangenen Deka-den hoch bleiben und die Wirtschaftsdynamik stützen.

• Auch wenn in einigen Staaten noch Bürgerkrieg und wirtschaftspolitisches Chaos herrschen, hat insgesamt die politische und wirtschaftliche Stabilität zugenommen. Die Fremdwährungsliquiditätslage ist in vielen Staaten komfortabel und die Wirtschaftspo-litik weniger von Partikularinteressen bestimmt.

• Die Zersplitterung Subsahara-Afrikas in viele kleine Länder lässt hohe Skalenerträge in der industriellen Produktion kaum zu mangels grenzüberschreitender Freihandels-abkommen, einheitlicher Jurisdiktionen und größerer Wirtschaftszentren. Die Bemü-hungen im verarbeitenden Gewerbe werden sich auf die Weiterverarbeitung von bergbaulichen und landwirtschaftlichen Rohstoffen konzentrieren.

• In größeren Städten bildet sich eine Mittelschicht, die zunehmend qualitativ höher-wertigere Produkte nachfragt. Hiervon wird auch der Dienstleistungssektor und hier insbesondere die Finanzwirtschaft profitieren. Der Ausbau der Infrastruktur sowie der Wohnungsbau dürften der Bauwirtschaft besondere Dynamik verleihen.

• Die subsahara-afrikanische Wirtschaft dürfte in den nächsten 10 Jahren real um mindes-tens 6-7,5 % p.a. wachsen.

• Wir erwarten überdurchschnittliche Wachstumsraten in der Region u.a. in Nigeria, Angola und Mosambik.

Die Anzeichen eines wirtschaftlichen Aufbruchs in Afrika verstärken sich. Dies ist umso erfreulicher, als die jüngere Wirtschaftsgeschichte des Kontinents oftmals enttäuschte. Naturkatastrophen, Hungersnöte, Bürgerkriege, Korruption und Überschuldung warfen Subsahara-Afrika hinter andere Entwicklungsregionen zurück und führten dazu, dass internationale Unternehmen die Region immer weniger in ihrer geschäftlichen Strategie berücksichtigten. Auf temporäre Lichtblicke, wie die Hinwendung einzelner Staaten zur Marktwirtschaft nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, folgte in der Regel Enttäu-schung, häufig stellten sich verschlechterte externe Bedingungen, wie z.B. ein Verfall der Rohstoffpreise, dem Aufschwung entgegen. Droht dem jetzigen Aufbruch das gleiche Schicksal? Oder sprechen gewichtige Faktoren dafür, dass Subsahara-Afrika wirtschaftli-chen Anschluss an Asien und Lateinamerika finden wird und sich aus den afrikanischen Entwicklungsstaaten Emerging Markets bilden werden?

Im weiteren Verlauf werden wir negative und positive Faktoren abwägen und versuchen hieraus, längerfristige Trends des Wirtschaftswachstums abzuleiten.

2. RISIKEN: DIE HYPOTHEKEN AUS DER VERGANGENHEIT

2.1 Niedriges Pro-Kopf-Einkommen - starkes Wohlstandsgefälle

Im Vergleich zu anderen Entwicklungsregionen schneidet der mittlere und südliche Teil Afrikas bei wirtschaftlichen und sozialen Kernindikatoren in der Regel mäßig ab. Gemessen am Pro-Kopf-Einkommen rangiert die Region nur unwesentlich vor Südasien2. Das Ergebnis würde

Wirtschaftlicher Aufbruch ?

1 Subsahara-Afrika ist die Bezeichnung für den Teil des afrikanischen Kontinents, der sich südlich der Wüste Sahara erstreckt. Die Sahara bildet die geografische, klimatische und ethnische Trennung. 2 Unter anderem Indien, Sri Lanka und Nepal.

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noch deutlich ungünstiger ausfallen, würde man Südafrika aus den Berechnungen herausneh-men. Die Kaprepublik nimmt in vielfacher Hinsicht eine Sonderrolle auf dem afrikanischen Kontinent ein. Hinsichtlich ihrer Infrastruktur und ihres Finanzmarktes ähnelt das Land eher einem Industriestaat. Dies schlägt sich in der Wirtschaftsleistung nieder, Südafrika erwirtschaftet bei einem Bevölkerungsanteil von 6 % 40 % des gesamten Bruttoinlands-produkts der subsahara-afrikanischen Staaten.

Die Unterschiede im Lebensstandard, wie Grafik 2 dokumentiert, beschränken sich nicht auf Südafrika. Auch unter den anderen Staaten besteht ein erhebliches Wohlstandsgefälle, etwa beträgt das Pro-Kopf-Einkommen des durch den Diamantenabbau geprägten Botsua-na mehr als das 50fache desjenigen von Burundi.

Pro-Kopf Einkommen und Bevölkerung

0500

10001500200025003000350040004500

Ostasien Osteuropa/ Zentralasien

Lateinamerika/Karibik

MittlererOsten/

Nordafrika

Südasien Subsahara-Afrika

Bevölkerung in Mio. (2005) Pro-Kopf-Einkommen (2005) in USD

Quelle: Weltbank

Grafik 1

Pro-Kopf-Einkommen 2005 in USD*

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000

BotsuanaGabun

SüdafrikaNamibia

Rep. KongoNigeriaSambia

Burkina FasoMosambik

LiberiaBurundi

Grafik 2

*basierend auf der KaufkraftparitätQuelle: Weltbank

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2.2 Spätfolgen des Kolonialismus

Ein Blick auf die Landkarte zeigt ein wesentliches Dilemma Afrikas, nämlich die Vielzahl seiner Staaten. Sieht man von den nordafrikanischen Ländern ab, beherbergt der Kon-tinent immerhin 48 Nationen. Diese Fragmentierung steht u.a. größeren Skalenerträgen bei der Produktion entgegen, zumal es kaum grenzüberschreitende Abkommen über Freihandelszonen und einheitliche Jurisdiktionen gibt. Zudem behindert sie die Bildung größerer Wirtschaftszentren, in denen in Lateinamerika und Ostasien ein erheblicher Teil der gesamtwirtschaftlichen Produktion erbracht wird. Größere Agglomerationen, wie Shanghai oder Sao Paulo bergen entwicklungspolitisch unter anderem den Vorteil, dass die für moderne Produktionsverfahren notwendige Infrastruktur relativ kostengünstig zu erstellen ist und zudem die Vernetzung innerhalb der Zentren der Arbeitsteilung und damit der Produktivität sehr förderlich ist. Vergleichbare Ballungsräume gibt es in Subsahara-Afrika nicht, was auch im relativ niedrigen Grad der Urbanisierung (Grafik 3) zum Ausdruck kommt. Zudem steht der direkte und kostengünstige Transport über den Seeweg den vielen Binnenstaaten nicht zur Verfügung.

Der Grenzverlauf, vor allem in Zentralafrika, spiegelt stark die koloniale Vergangenheit wider und orientiert sich wenig an einheitlichen Bevölkerungsgruppen. Dementsprechend beherbergen viele Staaten ethnische Minderheiten mit keiner oder nur unzureichender Regierungsbeteiligung. Als Konsequenz der daraus folgenden Benachteiligungen für bestimmte Volksgruppen, die auch in den sehr ungleichgewichtigen Einkommens- und Vermögensverteilungen innerhalb der Staaten zum Ausdruck kommen, bricht offene Gewalt aus. In Ruanda kamen 1994 im Rahmen des bislang schlimmsten Genozid auf dem afrikanischen Kontinent mehr als 500.000 Menschen ums Leben. Dass solche Katastro-phen keineswegs der Vergangenheit angehören, zeigen unter anderem anhaltende Aus-einandersetzungen in der Demokratischen Republik Kongo, im Sudan sowie neuerdings in Kenia, das man im Westen zuvor sogar als eines der politisch stabilsten Länder Afrikas angesehen hatte.

Die bürgerkriegsähnlichen Zustände reißen tiefste Wunden in die Wirtschaft. Über lange Jahre sinkt die inländische Produktion, wie Grafik 4 im Falle Liberias für die Phase von 2000-2005 zeigt. Ähnliches war oder ist dies immer noch als Folge vergleichbarer Kon-

Urbanisierung(Anteil der städtischen Bevölkerung in % des BIP)

0102030405060708090

Ostasien Osteuropa/ Zentralasien

Lateinamerika/Karibik

MittlererOsten/

Nordafrika

Südasien Subsahara-Afrika

1990 2005

Quelle: Weltbank

Grafik 3

Viele Länder, niedrige Skalenerträge

Grenzverläufe und Bürgerkriege

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flikte in Sierra Leone, in der Demokratischen Republik Kongo und in Somalia der Fall. Umgekehrt gilt aber auch, dass ein Ende dieser Auseinandersetzungen massive Wachs-tumskräfte freisetzen kann, wie Angola und Mosambik zeigen. Beide Staaten konnten sich in den letzten 15 Jahren nach vorangegangenen Bürgerkriegen politisch stabilisieren. Sicher war dies nicht der einzige Schlüssel zum relativen Wirtschaftserfolg. Andere Fakto-ren, wie z.B. die Erschließung der angolanischen Ölvorkommen, kamen hinzu.

Eine weitere Folge des Kolonialismus ist häufig die Ausrichtung der Volkswirtschaften auf wenige Produkte, vor allem im Agrarbereich. Hier wird oft in Monokulturen, größtenteils für den Export in die Industrieländer, produziert. Diese Konstellation verhinderte den Aufbau gewerblicher Strukturen und hinterließ die Länder zudem in hoher Abhängigkeit von den Preisschwankungen an den internationalen Rohstoffmärkten.

2.3 Junge Bevölkerung, aber ungenügend ausgebildet

In keiner anderen Entwicklungsregion wächst die Bevölkerung so rasch wie in Afrika (Gra-fik 5), trotz der großen Anfälligkeit der Menschen für Epidemien und oft tödlich verlau-fenden Krankheiten wie Malaria und Aids.

Der starke Bevölkerungszuwachs wird auch in den kommenden Jahrzehnten erhalten bleiben, weil der Anteil junger Menschen an der Gesamtbevölkerung hier besonders hoch ausfällt. Immerhin stellen Jugendliche unter 15 Jahre mehr als 40 % der Gesamtbevöl-kerung. In allen anderen großen Entwicklungsregionen liegt die entsprechende Quote deutlich unter 35 %.

Eine junge, schnell wachsende Bevölkerung hat sowohl wirtschaftliche Vor- als auch Nachteile. Nachteilig ist, dass sie den Anteil der wirtschaftlich inaktiven Bevölkerung an der gesamten Einwohnerzahl in die Höhe treibt. Mit anderen Worten: Relativ wenige müssen viele ernähren. Andererseits treten bei niedrigem Durchschnittsalter immer mehr Menschen in das Erwerbsleben ein, was das künftige Wirtschaftswachstum fördert. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass Pensionsfonds aus Industrieländern, deren Bevöl-kerungen ein hohes Durchschnittsalter aufweisen, gerade in jungen Volkswirtschaften investieren, um aus den Kapitalerträgen künftig hohe Rentenzahlungen zu finanzieren. Obwohl die Pensionsfonds derzeit noch nicht das Investitionspotential der jungen Wirt-

Wirtschaftswachstum(real in %, Jahresdurchschnitte)

-8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10 12

LiberiaSimbabwe

Côte d' IvoireKenia

SüdafrikaKongo

SambiaGhana

BotsuanaNigeria

TansaniaMozambik

Angola

2000-2005 1990-2000Quelle: Weltbank

Grafik 4

Junge Bevölkerung, aber ....

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schaften in Subsahara-Afrika entdeckt haben, könnten diese doch zukünfitg eine beachtli-che Rolle spielen.

Damit diese Rechnung aufgeht, sollte aber noch eine andere Bedingung erfüllt sein: Die junge, heranwachsende Bevölkerung muss über eine hinreichend gute Ausbildung verfü-gen. Andernfalls besteht die Gefahr einer stark zunehmenden Arbeitslosigkeit mit ent-sprechenden negativen Auswirkungen auf die soziale und politische Stabilität. Steigende Produktivität erfordert fast zwangsläufig qualifiziertere Arbeitskräfte.

Beim „Produktionsfaktor Bildung“ besteht in Subsahara-Afrika erheblicher Nachholbe-darf, wie beispielsweise Grafik 6 dokumentiert. Praktisch alle anderen einschlägigen Indikatoren zum Bildungswesen, die die Weltbank regelmäßig veröffentlicht, deuten auf gewaltige Defizite Afrikas hin. Trotz einigen Fortschritten ist die Annahme nicht unbedingt gerechtfertigt, dass der Kontinent gewissermaßen automatisch den anderen

Jahresdurchschnittliches Bevölkerungswachstum in %

0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

Ostasien Osteuropa/ Zentralasien

Lateinamerika/Karibik

MittlererOsten/

Nordafrika

Südasien Subsahara-Afrika

1990-2005 2005-2015*)

Quelle: Weltbank

*) Prognose

Grafik 5

Anteil der Schüler mit erfolgreichem Grundschulabschluss an der entsprechenden Altersklasse (in %)

40 50 60 70 80 90 100

Ostasien

Osteuropa/Zentralasien

Lateinamerika/Karibik

Mittlerer Osten/N.-Afrika

Südasien

Subsahara-Afrika

1991 2005

Quelle: Weltbank

Grafik 6

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Entwicklungsregionen folgen wird und damit ein höherer Bildungsstand nur eine Frage der Zeit sein dürfte. Denn die Grafik zeigt gerade, dass bereits vor mehr als 15 Jahren der Ausbildungsstand in Asien, Lateinamerika und dem Mittleren Osten deutlich besser als der heutige in Subsahara-Afrika ausfiel.

2.4 Nachholbedarf: Infrastruktur und Finanzsystem

Alle Entwicklungsstaaten und Schwellenländer haben einen immensen Nachholbedarf bei der Infrastruktur, Subsahara-Afrika aber ganz besonders. Durch die Ausrichtung vieler Volkswirtschaften auf Monokulturen beschränkt sich die infrastrukturelle Ausstattung im Wesentlichen auf Förderung und Transport der Bodenschätze bzw. der Agrarprodukte. Hinzu kommt der allgemein geringe Ausbau der Seehäfen sowie deren mangelnde Anbin-dung an das Hinterland. Die Energieversorgung ist in der Regel nicht gesichert und führt immer wieder zu Produktionsausfällen. Selbst Südafrika, das – wie erwähnt – fast die Infrastruktur eines Industrielandes aufweist, leidet derzeit immer wieder unter Stromaus-fällen, die unter anderem sogar die Produktion im Goldbergbau vorübergehend zum Erliegen brachten.

Ähnliche Schwachstellen weist der Finanzmarkt auf. Ein erheblicher Teil der Finanzin-termediation befindet sich im inoffiziellen und statistisch nicht erfassten Bereich der Wirtschaft (z.B. auf Basis sogenannter„Rotating Funds“, die entfernt an das Bausparkas-sensystem westlicher Prägung erinnern). Auch in Südafrika, dessen Finanzmarkt sich hin-sichtlich seiner Effizienz und Modernität nicht nur von den übrigen afrikanischen Staaten sondern auch von allen Schwellenländern positiv abhebt, haben diese Fonds (Stokvels-Associations) einen erheblichen Teil des Sparaufkommens unter weiten Teilen der schwar-zen Bevölkerung.

Die Bankenmärkte bestehen größtenteils aus einigen wenigen, oft staatseigenen Kreditins-tituten, die die bei ihnen angelegten Depositen überwiegend in Form von Darlehen an in staatlicher Hand befindliche Unternehmen oder den Staat selbst weiterreichen. Zuweilen ersetzen Kreditaufnahmen im Ausland die mangelnde Depositenbasis im Inland, was die Banken sehr empfindlich gegen den kurzfristigen Abzug von Kapital macht. Die Filialen von Auslandsbanken spielen im Privatkundengeschäft kaum eine Rolle und konzentrieren sich

Elektrizitätsverbrauch pro Kopf (2004, in kWh)

0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000

Ostasien

Osteuropa/Zentralasien

Lateinamerika/Karibik

Mittlerer Osten/Nordafrika

Südasien

Subsahara-Afrika

Quelle: Weltbank

Zum Vergleich: Industrieländer (2004): 9609 kWh, Euroland (2004): 6869 kWh

Grafik 7

Mangelnde Infrastruktur

Kaum entwickelte Finanzmärkte

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im Wesentlichen auf Außenhandelsfinanzierungen. Inländische Anleihemärkte existieren nicht und – sieht man wiederum von Südafrika ab – sind Emissionen afrikanischer Emit-tenten am internationalen Kapitalmarkt kaum auffindbar.

Die Dominanz Südafrikas im Finanzbereich zeigt sich auch am Aktienmarkt. Dessen Kapi-talisierung erreicht fast das Siebenfache derjenigen Nigerias, der nächst größeren Börse in Subsahara-Afrika. Die Aktienkurse haben gerade im Falle Nigerias einen fulminanten Höhenflug hinter sich und auch die Rückgänge durch die Subprimekrise halten sich zumindest im internationalen Vergleich in engen Grenzen. Immerhin hat sich der nige-rianische Aktienindex in den vergangenen 15 Monaten mehr als verdoppelt. Generell steht die oft ungünstige Unternehmensstruktur einer stärkeren Rolle des Aktienmarktes in der Finanzintermediation im Weg. Denn nur wenige Unternehmen erreichen die für eine Notierung notwendige Größenordnung. Zudem konzentriert sich die Kapitalisierung auf nur wenige, oft im Energiesektor und in der Telekommunikation tätige Unternehmen. Auf der Käuferseite überwiegen ausländische Investoren, da institutionelle inländische Kapitalanleger die Ausnahme bilden.

Besonders Südafrika könnte sicher für die gesamte Region des südlichen Afrikas eine wichtige Rolle im Finanzmarkt übernehmen. Denn die hier verfügbare Finanzmarktinfra-struktur und hohe Liquidität bieten eine ideale Plattform für Firmen aus den Nachbarlän-dern, ihre Aktien zu listen und Kapital zu mobilisieren.

2.5 Chinas wenig altruistisches Engagement

Über Chinas Aktivitäten in Afrika kann man geteilter Meinung sein. Einige Engagements verleihen den Wirtschaften die lang ersehnte Dynamik. Jedoch sind nicht alle Aspekte positiv für die Länder Subsahara-Afrikas3. Diesem Urteil steht sicher nicht entgegen, dass auch die Entwicklungshilfe westlicher Staaten oft gescheitert ist und auch hier eigen-nützige Motive oft hinter den Hilfsmaßnahmen standen. Die Volksrepublik verfolgt im wesentlichen 3 Ziele in Subsahara-Afrika: Erstens sollen die Investitionen längerfristig die Rohstoffe für Chinas boomende Wirtschaft sichern. Zweitens sieht Peking die afrikani-schen Staaten als wachsenden Absatzmarkt für chinesische Produkte. Und drittens erhofft man in politischer Hinsicht eine Allianz, u.a. in multilateralen Organisationen, wie der UN, um kritischen Forderungen des Westens zu begegnen.

Natürlich ist gegen einen expandierenden Warenhandel Subsahara-Afrikas mit China nichts einzuwenden. Aus westlicher Sicht aber auch aus der Entwicklungsperspektive Afrikas ist dies jedoch nicht wünschenswert bei Staaten, die wegen Menschenrechts-verletzungen mit einem Embargo belegt sind, wie etwa der Sudan und Simbabwe. Das chinesische Vorgehen stärkt hier afrikanische Despoten, weil sich China in die desolaten innenpolitischen Verhältnisse der betreffenden Länder nicht einmischt und zudem die importierten Rohstoffe z.T. durch Waffenlieferungen finanziert. Es ist zudem nur schwer einsehbar, warum westliche Regierungen und multilaterale Finanzinstitutionen einen umfassenden Schuldenverzicht gewähren und nachfolgend China in deren Gläubigerpositi-on tritt.

Ein weiteres Problem ist, dass China die Märkte Subsahara-Afrikas mit chinesischen Billig-waren (z.B. Elektrogeräte, Kurzwaren und vor allem Textilien jeder Art) überschwemmt. Obwohl die Löhne in China im Vergleich zu Subsahara-Afrika höher sind, kann China aufgrund von Massenproduktionen (höhere Skalenerträge) die Preise auf den lokalen Märkten deutlich unterbieten. Arbeitsplätze können so kaum aufgebaut werden. Das chi-nesische Engagement bedroht so die einheimische Produktion und die entwicklungspoliti-sche Fortentwicklung. Auf einigen Großbaustellen in Afrika sind mittlerweile ausnahms-3 Zu einem sehr negativen Urteil kommt z.B. die “Stiftung Wissenschaft und Politik” in ihrer Studie “Die Afrikapolitik der Volksrepublik China“, August 2005.

China: Rohstoffsicherung

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los chinesische Arbeiter beschäftigt, so dass der lokale Arbeitsmarkt hiervon keinerlei positive Impulse erhält. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob westliche Firmen das in manchen Ländern bestehende hohe Länderrisiko bei ihren Investitionen eingehen würden. Chinesische Firmen mit staatlichem Hintergrund scheuen dies weniger. In die-sem Sinne könnten die chinesischen Investitionen als eine Art Türöffner in Subsahara-Afrika fungieren, so dass sich westliche Firmen früher oder später angezogen fühlen.

3. CHANCEN: INITIALZÜNDUNG DES ROHSTOFFBOOMS

3.1 Gute Vorbilder

Neuanfänge und Aufbrüche gab es in Afrika schon einige. Nur allzu oft folgte Enttäu-schung, wie weiter vorne schon beschrieben. Dennoch sprechen einige Entwicklungen und vor allem ihr Zusammenspiel dafür, dass sich der Lichtblick, der sich jetzt am Hori-zont abzeichnet, weiter verstärkt. Dass eine substanzielle Verbesserung der Situation möglich ist, zeigen die guten Beispiele weiterer fortgeschrittener Entwicklungsregionen, in denen u.a. durch rationale Entwicklungspolitik Erfolge verbucht werden konnten. Zu den „Vorbildern“ in dieser Hinsicht zählen z.B. einige lateinamerikanische Staaten, wie Brasilien, Peru und Kolumbien, die mit einer stabilitätsorientierten und vorhersehbaren Wirtschaftspolitik ihr Wachstumspotenzial anheben konnten. Multilaterale Organisati-onen wie Internationaler Währungsfonds und Weltbank, haben hier eine wichtige Ver-mittlerrolle gespielt.

3.2 Mehr makroökonomische Stabilität

Investoren investieren nicht in einer politisch und makroökonomisch unsicheren Umge-bung. Hohe Inflationsraten erhöhen nicht nur das Risiko für Investitionen, nicht den gewünschten Ertrag zu erwirtschaften, sondern bergen auch erhebliche Wechselkursrisi-ken. Die Folge ist allzu oft Kapitalflucht und eine für die Ärmsten der Armen sehr ungüns-tige Einkommensverteilung. Glücklicherweise bewegte sich 2007 die Inflationsrate in den meisten subsahara-afrikanischen Ländern im einstelligen Bereich. Aber auch in Afrika haben die Preise in den vergangenen Monaten vor allem aufgrund der erheblich höheren

Subsahara-Afrika: Inflationsrate (in %)

0

10

20

30

40

50

19811983

19851987

19891991

19931995

19971999

20012003

20052007

Quelle: Internationaler Währungsfonds

Grafik 8

Lateinamerika als Vorbild

Verbesserte Krisenresistenz

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Energie- und Nahrungsmittelpreise deutlich angezogen. Ein besonderes Negativbeispiel ist Simbabwe, wo seit Jahren wirtschaftspolitisches Chaos und Hyperinflation herrschen.

Das bessere makroökonomische Management in der Region zeigt sich auch in realistische-ren Wechselkursverhältnissen und einer besseren Ausstattung mit Fremdwährungsliquidität, was die Krisenresistenz der Länder stärkt. So haben sich, wie Grafik 9 zeigt, die Devisen-reserven in Relation zu den Importen von Waren- und Dienstleistungen deutlich erholt. Im Allgemeinen sollte die Importdeckung der Reserven nicht unter 3 Monate fallen, was inzwischen für viele subsahara-afrikanische Länder der Fall ist. Hinzu kommt, dass eine ganze Reihe von Staaten seit einigen Jahren sogar Leistungsbilanz- und Budgetüberschüsse verzeichnen.

3.3 Demokratien nicht mehr die Ausnahme

Es kommt sicher nicht von ungefähr, dass die meisten Staaten mit stabiler makroöko-nomischer Umgebung auch am weitesten in der Verankerung demokratischer Strukturen vorangeschritten sind. Auch wenn es hier, wie kürzlich in Kenia geschehen, zu Rück-schlägen kommen kann, so ist der grundsätzliche Weg in eine politisch bessere Zukunft vorgezeichnet. Zu den positiven Beispielen für eine politische Stabilisierung zählen z.B. Liberia sowie Sierra Leone. Aber auch im bevölkerungsreichen Nigeria, wo früher oft wirtschaftspolitisches Chaos und eine ungerechte Politik gegenüber Minderheiten vor-herrschten, verfolgen die Regierungen eine auf Stabilität und mehr Demokratie ausgerich-tete Strategie. Daran hat auch erfreulicherweise der jüngste Regierungswechsel nichts geändert.

3.4 Schuldenerleichterung für gute Wirtschaftspolitik

Die schwierige Schuldensituation von Subsahara-Afrika nahm ihren Lauf, als westliche Geberstaaten unentgeltliche Entwicklungshilfezahlungen durch Kredite substituierten. Damit konnte man mit der im Vergleich zu den verlorenen Zuschüssen höheren Kredit-summe zwar mehr Entwicklungsprojekte bewegen. Aber die Rechnung ging in den meis-ten Fällen nicht auf. Die Schulden stiegen, die Empfängerstaaten konnten oder wollten den Schuldendienst nicht aufbringen und die sich dann anschließenden Umschuldungen wurden zu einem Dauerzustand. 1999 einigten sich schließlich die G8-Staaten im Rah-

Devisenreserven: Importdeckung in Monaten

0 2 4 6 8 10 12

Angola

Burkina Faso

Kamerun

Kenia

Mosambik

Nigeria

Uganda

Sambia

2007 2002 1997

Quelle: Berechnungen nach Angaben des IWF und nationale Statistiken

Grafik 9

Zusammenhang: Demokratie und Wirtschaftserfolg

Ausstieg aus der Umschuldungsfalle

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men der sogenannten HIPC-Initiative, einen umfassenden Schuldenerlass zu gewähren. Voraussetzung hierfür war aber eine an festen Kriterien angelehnte gute Wirtschaftspo-litik. Die Initiative hat auf diese Weise sicher einen nicht zu unterschätzenden Beitrag geleistet, um mehr makroökonomische Stabilität in Afrika zu verankern. Zudem entlaste-te sie die Empfängerstaaten von hohen und nicht tragfähigen Schuldendienstzahlungen, wie Grafik 10 zeigt.

Schuldenerleichterungen durch die HIPC Initiative seit 2004

PHASE 1:

Bisherige Entlastung im Gesamtvolumen von 42 Mrd. USD bei 19 Ländern (darunter Burkina Faso, Kamerun, Äthiopien, Ghana, Madagaskar, Mali, Mosambik, Senegal, Tansania, Uganda und Sambia).

PHASE 2:

38 Mrd. USD Entlastungsverfahren eingeleitet bei 17 weiteren Staaten (darunter Demokratische Republik Kongo, Republik Kongo, Côte d’Ivoire, Liberia, Sudan und Togo).

3.5 Der Höhenflug der Rohstoffpreise

Hinter den solideren Zahlungsbilanz- und Budgetdaten stehen in erster Linie die hohen Rohstoffpreise, die einigen Staaten einen unerwarteten Devisensegen bescherten. Vor allem gilt dies für die Länder Angola, Äquatorialguinea, Sudan und Nigeria, die über sub-stanzielle Ölvorkommen verfügen. Aufgrund von mangelndem Know-how ist Subsahara-Afrika bei der Erschließung der Ölfelder sowie der Förderung direkt oder indirekt auf die Mitwirkung internationaler Ölkonzerne angewiesen. Dies muss aber keinen Nachteil dar-stellen. Denn diese Konzerne sind hinsichtlich ihrer Effizienz in der Regel den in anderen Ländern oft mit einer Monopolposition ausgestatteten staatlichen Ölfirmen zumeist über-legen.

Subsahara-Afrika: Auslandsverschuldung und -schuldendienst

0

5

10

15

20

25

30

1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 20060102030405060708090

Auslandsschuldendienst in % der Exporte - linke Skala Auslandsverschuldung in % des BIP - rechte Skala

Quelle: Internationaler Währungsfonds

Grafik 10

Öl als Segen

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Working Paper / Nr. 104 / 11.06.2008 A L L I A N Z D R E S D N E R E C O N O M I C R E S E A R C H

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Während noch vor 10 Jahren mehr als die Hälfte der subsahara-afrikanischen Ölförderung auf Nigeria entfiel, waren es 2007 nur noch 39 %. Der Shooting Star ist Angola, das seine Förderung innerhalb der letzten 10 Jahre von gut 0,7 auf knapp 1,8 Mill. Barrel/Tag aus-dehnen konnte und 2007 bereits 29 % zur gesamten Regionalproduktion beisteuerte.

Andererseits darf nicht unerwähnt bleiben, dass die hohen Rohstoffpreise für die Länder in Subsahara-Afrika, die über keine nennenswerten mineralischen Rohstoffe verfügen, eine riesige Belastung darstellen. Die kräftig ansteigenden Importe weiten hier die Leis-tungsbilanzdefizite drastisch aus. Dies ist momentan in den Ländern Ghana, Senegal, Äthiopien und Uganda der Fall.

Auch wenn man die gegenwärtig hohen Rohstoffpreise sicher nicht für alle Zukunft fest-schreiben kann, so sprechen doch einige Faktoren dafür, dass sich diese in den kommen-den Jahren auf hohem Niveau halten werden.

Aber: So sehr manche Länder von den hohen Preisen über steigende Exporte profitieren, so leiden jene, die mit zunehmenden Nahrungsmittelpreisen als Konsumenten zu kämp-fen haben. Gerade in Subsahara-Afrika haben die Grundnahrungsmittel ein viel höheres Gewicht in den Warenkörben als in den Industrie- und weiter entwickelten Schwellen-ländern. Höhere Preise schlagen sich hier nicht nur voll auf die Haushaltsbudgets nie-der, sondern bedeuten oft auch Unterernährung. Es verwundert deshalb nicht, dass die zunehmende Knappheit an Nahrungsmitteln in Afrika bereits zu Protesten und Unruhen geführt hat.

In der Sahelzone führt die zunehmende Ausbreitung der Wüste zu einer Wasser-und Nah-rungsmittelknappheit, weshalb diese Region am stärksten von der Nahrungsmittelpreiser-höhung betroffen ist.

Subsahara-Afrika: Ölförderung

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234

56

78

1980 1985 1990 1995 2000 2005

Mio. Barrel/Tag in % der Weltproduktion

Quelle: Energy Information Administration

Grafik 11

Hohe Nahrungsmittelpreise schlagen voll durch

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Subsahara-Afrika: Anteil der Rohstoffe am Export

WESTAFRIKA

Burkina Faso Baumwolle: 71 %, des weiteren Gold, Kupfer, Mangan und Eisen: 8 %

Côte d’Ivoire Kakao: 36 %, Erdöl: 26 %

Ghana Gold: 34 %, Kakao: 32 %

Guinea Bauxit: 48 %, Gold: 22 %, Aluminium

Mali Gold: 69 %, Baumwolle: 20 %

Mauretanien Eisenerz: 43 %

Niger Uran: 20 %

Nigeria Erdöl: 98 %

Senegal Phospat: 4 %

Togo Phosphat: 16 %, Baumwolle: 16 %

ZENTRAL- AFRIKA

Äquatorial- guinea

Erdöl und Erdgas: 99 %

Gabun Erdöl: 84 %, Mangan: 3 %

Kamerun Erdöl: 54 %

Kongo, DR Diamanten: 51 %, Erdöl: 20 %, Kobalt: 14 %, Gold: 7 %

Kongo, R Erdöl: 91 %

Zentralafrikan.Republik

Diamanten: 66 %, Uran: 12 %, Gold: 5 %

SÜDLICHES AFRIKA

Angola Erdöl: 94 %, Diamanten: 4 %

Botsuana Diamanten: 73 %, Kupfer und Nickel: 4 %

Malawi Tabak: 52 %, Tee: 9 %

Mosambik Aluminium: 55 %

Namibia Diamanten: 42 %, andere Mineralien wie z. B. Uran: 18 %

Südafrika Edelsteine: 24 %, Uran, Gold und Platin: 18 %, andere Metalle: 15 %

Sambia Kupfer: 95 %, Kobalt: 2 %

Simbabwe Gold: 16 %, Tabak:13 %

ÖSTLICHES AFRIKA Äthiopien Kaffee: 61 %, Blumen: 21 %

Kenia Blumen: 34 %, Tee: 17 %, Kaffee: 4 %

Sudan Erdöl: 91 %

Tansania Gold: 42 %, Baumwolle: 5 %

Uganda Kaffee: 63 %, Tee: 14 %

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Die höheren Rohstoffpreise sind auch für die in den letzten Jahren verbesserten Terms of trade der subsahara-afrikanischen Länder verantwortlich. Seit Beginn dieser Dekade hat sich diese Relation aus Export- und Importpreisen deutlich zugunsten dieser Staaten geändert, woraus eine Verbesserung des Lebensstandards resultiert. Dies kann zu einer höheren Kaufkraft führen, selbst wenn sich die Rohstoffförderung und sogar das reale Bruttoinlandsprodukt zurückbilden4.

3.6 Höhere Ersparnis – mehr Investitionen

Auch Subsahara-Afrika folgt dem für viele Emerging Markets gültigen Trend einer steigen-den Ersparnisbildung.

Ein höheres Sparaufkommen ermöglicht mehr Investitionen und erhöht damit das Potenzialwachstum einer Volkswirtschaft. Diese Wirkungskette ist eine der Hauptdeter-minanten des Wirtschaftserfolgs im fernen Osten, wo aber die Sparraten zuweilen das

Rohstoffpreisindices des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs

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200

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1996

1997

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2005

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2007

2008

landwirtschaftl. Rohstoffe NE-Metalle Eisenerz Mineralöl

Quelle: Reuters-Ecowin

Grafik 12

Terms of trade (Veränderung in % des Quotienten aus Export- und Importpreisen)

-15

-10

-5

0

5

10

15

1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007

Quelle: Internationaler Währungsfonds

Grafik 13

4 Näheres zu diesem Effekt in der Spezialpublikation der Dresdner Bank, 2006: „Die Lust und die Last des Ölreichtums“, Autoren: I. Angermann, R. Schäfer und D. Thiesen (hier insbesondere Seite 4).

Höhere Ersparnis - mehr Investitionen

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doppelte Niveau von jenem in Subsahara-Afrika erreichen. Grafik 14 zeigt eine deutliche Aufwärtsbewegung der gesamtwirtschaftlichen Ersparnisbildung in Afrika seit Ende der neunziger Jahre. Während in anderen Entwicklungsregionen die privaten Haushalte und hier vor allem der rasch expandierende Mittelstand die Kapitalbildung treiben, dürften in Subsahara-Afrika vor allem die Firmen über einbehaltene Erträge sowie der Staat über eine verbesserte Relation der laufenden Einnahmen zu den entsprechenden Ausgaben das Sparauf- kommen steigern. An dem positiven Verlauf sind auch die gestiegenen Rohstoffpreise mit beteiligt, denn sie erhöhen tendenziell die Gewinne der im primären Sektor tätigen Unternehmen.

3.7 Mehr Investitionen durch andere Emerging Markets

In den letzten Jahren gab es eine bemerkenswerte Verschiebung von Finanzvermögen in der Weltwirtschaft. Hohe Leistungsbilanzüberschüsse und Nettozuflüsse von privatem Kapital aus den Industrieländern ließen die Devisenreserven der Schwellenländer gerade-zu explodieren. Inzwischen entfallen über 75 % dieser weltweit gehaltenen Devisenbe-stände auf die Notenbanken von Emerging Markets- und Entwicklungsstaaten. Sie beste-hen im Wesentlichen aus sicheren, aber niedrig verzinslichen Schuldverschreibungen in den Industriestaaten. Da diese Reserven weit über den eigentlichen Bedarf der Staaten hinausgehen, haben diese begonnen, zumindest die neuen Zuflüsse in andere Fonds umzulenken, die riskantere, aber auch höher rentierliche Engagements bevorzugen. Über die konkrete Kapitalallokation dieser sogenannten „Staatsfonds“ gibt es kaum verlässliche Informationen5 . Aufgrund des angestrebten Risiko- und Chancenprofils kann man aber annehmen, dass aus ihnen auch mehr in Engagements außerhalb der Industriestaaten flie-ßen. Gemessen an der Größenordnung dieser Fonds könnten solche Kapitalallokationen leicht die jährlich fließenden Entwicklungshilfezahlungen in den Schatten stellen. Afrika kann hiervon zumindest längerfristig profitieren. Für die unmittelbare Zukunft stellt jedoch die Unternehmensstruktur ein Hindernis dar. Denn die Mittel aus den Staatsfonds fließen in der Regel großen Unternehmen auch und gerade in den Schwellenländern zu. Außer den nationalen Ölfirmen, die sich meist ganz in der Hand des jeweiligen Staates befinden, sind diese in Subsahara-Afrika aber die Ausnahme.

5 Mehr als Einzeltransaktionen lassen sich kaum aufführen. Vgl. Santiso, Javier: Sovereign Development Funds, in: OECD Development Centre: Policy Insights No. 58, January 2008.

Neue Investoren: Staatsfonds

Subsahara-Afrika: Ersparnisbildung in % des BIP

1213141516171819202122

1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006

Grafik 14

Quelle: Internationaler Währungsfonds

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4. PROJEKTION: WARUM, WIE HOCH UND WER?

Grafik 15 dokumentiert mit dem Wachstum des realen BIP einen nachhaltigen Auf-schwung in Subsahara-Afrika seit ungefähr 10 Jahren. Man muss bis in die Anfänge der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts zurückgehen, um auf eine ähnlich positive Wirtschaftsentwicklung zu stoßen. Auch damals unterstützten hohe Rohstoffpreise den Wirtschaftsaufschwung.

Die bereits erwähnten Aspekte legen es nahe, dass die Rohstoffpreise auch weiterhin einen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaftsdynamik der Region haben werden. Dies ist nicht unbedingt negativ zu sehen, denn auch andere Staaten in ähnlicher Konstel-lation, wie z.B. Chile, Peru und Kasachstan, können auf eine sehr zufriedenstellende längerfristige Wirtschaftsentwicklung zurückblicken. Zumal auch Subsahara-Afrika die Möglichkeit offen steht, die Wertschöpfung durch eine Verarbeitung der im Inland geför-derten und angebauten Produkte zu erhöhen. Südafrika versucht dies erfolgreich, wie auch die Ölstaaten am Arabischen Golf, die ihren Energiereichtum z.B. in der petroche-mischen Industrie und in Aluminiumschmelzen zum Einsatz bringen. Mit zunehmendem Wertschöpfungsanteil nimmt die Abhängigkeit von den Rohstoffpreisen ab und der Wirt-schaftsverlauf verstetigt sich. Vor allem die im südlichen Afrika gelegenen Staaten könn-ten auch hier vom Know-how ihres großen südafrikanischen Nachbarn profitieren.

Wir sind nicht der Auffassung, dass die afrikanischen Staaten über Niedriglohnproduk-te eine Exportoffensive starten können, um der fernöstlichen Entwicklungsstrategie zu folgen. Niedrige Löhne für sich alleine genommen begründen noch keinen attraktiven Standort für die verarbeitende Industrie, solange die Produktivität nicht mithalten kann. Und hier überwiegen die Nachteile, wie z.B. die zersplitterten Staatenstrukturen, die kaum Produktion mit hohen Skalenerträgen zulässt, die teuren Transportwege sowie die zumeist unzureichende Infrastruktur. Ohnehin wird Subsahara-Afrika auf diesem Gebiet kaum mit der hohen Konkurrenzfähigkeit der fernöstlichen Länder mithalten können.

Erfolg im primären Sektor und die damit verbundene höhere Kaufkraft wird natürlich auch anderen Sektoren auf die Sprünge helfen, die ihrerseits wieder das Wirtschafts-wachstum treiben. An erster Stelle ist hier die Bauwirtschaft in großen Städten zu nennen.

Subsahara-Afrika: reales Wirtschaftswachstum (in %, 2008-2022 Projektionsintervall)

-2-1012345678

1980 1983 1986 1989 1992 1995 1998 2001 2004 2007 2010 2013 2016 2019 2022

Quelle: Internationaler Währungsfonds, Projektionsintervall Allianz Dresdner Bank

Grafik 15

Langfristiges Wachstumspotenzial

Erfolgsfaktor Mittelschicht

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Am Anfang stehen kommerzielle Bauvorhaben, der Wohnungsbau folgt dann später. Zudem bildet sich in den Agglomerationen eine Mittelschicht, die Nachfrage nach höher-wertigen Erzeugnissen entfaltet. Hierzu gehören auch Produkte der Finanzwirtschaft, die sich in den nächsten 10-15 Jahren aller Vorausicht nach auch in Afrika dynamisch entwi-ckeln wird. Ein weiterer Hoffnungsträger für eine sicher eher überschaubare Anzahl von Staaten ist der Tourismus, den bisher vor allem die politische Unsicherheit beeinträchtig-te.

Ein erheblicher Teil der Wirtschaftsleistung wird gegenwärtig statistisch kaum oder nur unvollständig erfasst, z.B. in der Landwirtschaft. Und wie auch in anderen Entwicklungs-regionen entfällt in Subsahara-Afrika auf die Schattenwirtschaft ein besonders hoher Anteil der gesamten Wirtschaftsleistung. Die Erfahrung zeigt, dass mit zunehmendem Entwick-lungsniveau die Migrationsbewegungen in die formell erfasste und arbeitsteilige Ökonomie zunehmen, was das Wirtschaftswachstum treibt. Besonders bekannt ist dieses Phänomen aus China, wo die Migration von Arbeit und Kapital jedes Jahr einige Prozentpunkte zum Wirtschaftswachstum beisteuert6 . In Afrika dürfte dieser Effekt sicher geringer ausfallen, auch weil sich hier die Parallelwirtschaft relativ langsam in die formelle Ökonomie inte-griert. In Südafrika endete die Apartheitspolitik vor mehr als 15 Jahren. Dennoch gelang die wirtschaftliche Integration der schwarzen Bevölkerungsmehrheit nur mit großen Ein-schränkungen. Auch die weiter vorne erwähnten Stokvels-Associations im Finanzbereich sind nach wie vor nicht Teil des offiziellen Bankwesens und statistisch kaum erfasst.

Alles in allem deuten diese Aspekte auf ein langfristiges Wachstumspotentzial von mindes-tens 6-7,5 % p.a. hin, was leicht über der jahresdurchschnittlichen Zunahme des realen BIPs in den letzten Jahren liegen würde7 . Zu beachten ist, dass die Entwicklungs- und Schwellenländer generell in der unmittelbar zurückliegenden Vergangenheit mit dem sehr dynamisch wachsenden Welthandel ein außerordentlich günstiges Umfeld zur Verfü-gung hatten, dass man natürlich nicht in die längerfristige Zukunft fortschreiben kann. Dies steht einer noch dynamischeren Zukunft Subsahara-Afrikas entgegen. Andererseits haben wir die Annahme getroffen, dass sich die lokalen Wechselkurse analog dem Inflati-onsgefälle zu den Hauptwährungsmärkten entwickeln werden, also der reale Wechselkurs konstant bleibt. Dies stellt eine konservative Annahme dar, denn die zu erwartenden kräftigen Produktivitätssteigerungen würden sicher gut eine reale Aufwertung der lokalen Währungen zulassen. Hinzu kommt der weiter vorne erwähnte Terms of trade-Effekt, der bei hohen Rohstoffpreisen zusätzliche Kaufkraft generiert und die Nachfrage stärkt.

Mit einer Zunahme in der oben angeführten Größenordnung könnte die Region in den kommenden 10-15 Jahren gut mit anderen Entwicklungsregionen Schritt halten und wirtschaftlich aufholen. Im Rahmen eines solchen Wachstumspfads dürfte sich auch das krasse Wohlstandsgefälle von Südafrika zu den meisten anderen Ländern etwas abbauen, denn das Potentzialwachstum der Kaprepublik ist sicher u.a. aufgrund der dort relativ geringen Kapitalbildung und des schon fortgeschrittenen Entwicklungsstandes niedriger als der Durchschnitt der subsahara-afrikanischen Staaten.

Wie schon weiter vorne beschrieben, war die Wirtschaftsentwicklung innerhalb der Regi-on immer sehr unterschiedlich. Alleine vor dem Hintergrund der sich von Land zu Land drastisch unterscheidenden politischen Stabilität als unumgängliche Voraussetzung für Wirtschaftsdynamik wird uns dieses Entwicklungsmuster auch in den nächsten 10 bis 15 Jahren begleiten. Wichtig ist daher die Frage, welche Länder zukünftig ein hohes und stetiges Wirtschaftswachstum aufweisen werden. Staaten mit gravierenden Minderheits-konflikten und Bürgerkriegen dürften somit in der Regel nicht zu dieser Spitzengruppe gehören. Dies soll natürlich nicht ausschließen, dass auch Nationen mit derzeit noch 6 Dieser Effekt ist ausgiebig beschrieben in der Publikation „Chinas langfristige Wirtschaftsperspektiven“, Allianz Global Investors: Analysen und Trends, Januar 2008, Autoren: G. Joseph und R. Schäfer.7 Der Internationale Währungsfonds kommt in dem von ihm veröffentlichten “World Economic Outlook” für die Jahre bis einschließlich 2013 zu leicht niedrigeren Wachstumsraten. Generell sind die oben aufgeführten Raten als jahresdurchschnittliche Werte zu verstehen. Von Jahr zu Jahr kräftige Schwankungen im realen BIP können allerdings vorkommen. Wir erwarten in den nächsten 15 Jahren ein Wachstum, welches auf Basis USD in etwa den Gegenwert des nominalen BIPs von Italien in 2007 entsprechen würde.

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fragilen politischen und wirtschaftlichen Strukturen über die doch recht lange Projektions-periode zu mehr politischer Stabilität und Prosperität finden werden. Das gegenwärtig von schlimmsten politischen und wirtschaftlichen Zuständen geschüttelte Simbabwe könnte hierzu gehören, vor allem vor dem Hintergrund seiner recht gut ausgebildeten Bevölke-rung. Generell gilt, dass positive Entwicklungen zur Nachahmung reizen: Je mehr Staaten es schaffen, hohes und stabiles Wirtschaftswachstum zu generieren, um so besser sind die Chancen der anderen zu beurteilen, zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls auf diesen Pfad einzuschwenken.

Stabile politische Rahmenbedingungen sind die Voraussetzung für eine gute Wirtschafts-entwicklung. Zu den aus unserer Sicht gehörenden Ländern mit besonders hohem Wachs-tumspotenzial gehören also jene, die bereits auf eine politisch recht stabile Phase zurück-blicken können. Hinzu kommt, dass ausländische Investoren, deren Engagements sozusagen die Initialzündung der Wirtschaftsdynamik darstellen, in aller Regel bevölkerungsreiche Länder bevorzugen, weil hier aufgrund der höheren Skalenerträge die fixen Kosten einer Investition weniger zu Buche schlagen. Schließlich sind Staaten, die gut mit Rohstoffen aus-gestattet sind, besonders attraktiv für ausländisches Kapital. Hier blicken natürlich jene mit gut ausbeutbaren Öl- und Gasvorkommen in eine vielversprechende Zukunft.

Aus dieser Perspektive dürften die unten aufgeführten Staaten in den nächsten 15 Jahren ein überdurchschnittlich hohes Wirtschaftswachstum aufweisen und während dieser Phase aus der Gruppe der Entwicklungsländer in jene der Emerging Markets vorstoßen.

2008-2022 TOP PERFORMER IN AFRIKAWEST AFRIKA UND ZENTRALAFRIKANIGERIA

Weiterhin boomender Öl- und Gassektor. Der wirtschaftliche Erfolg greift stetig auf andere Sektoren über. Der Dienstleistungsbereich (Telekommunikation, Finanzinterme-diation) verzeichnet derzeit Zuwachsraten (real, p.a.) von über 13%.

CÔTE D‘ IVOIRE

Starker Agrarsektor; größter Kakaoproduzent der Welt. Die hieraus resultierenden Exporterlöse sowie auch die zunehmenden Erträge aus der Ölförderung sorgen für einen zunehmenden Leistungsbilanzüberschuss. Das Land muss sich jedoch noch von den jahrelang anhaltenden bürgerkriegsähnlichen Zuständen erholen.

GHANA

Politisch stabil. Zweitgrößter Kakaoproduzent der Welt. Neben Kakao erwirtschaftet Gold die meisten Exporterlöse. Starker Binnenmarkt. Derzeit boomen die Sektoren Finanzwesen, Bau, Telekommunikation und Transitverkehr.

SÜDLICHES AFRIKAANGOLA

Nach Beendigung des langen Bürgerkrieges in 2002 ist Angola das am dynamischsten wachsende Land Afrikas. Hauptexportprodukte sind Öl und Diamanten. Binnenwirt-schaftlich blühen insbesondere die Bauwirtschaft und die Telekommunikation. Attrakti-ve Geschäftsmöglichkeiten für ausländische Investoren in nahezu allen Bereichen.

MOSAMBIK

Die seit 2004 eingeschlagenen marktwirtschaftlich orientierten Reformen zeigen stetige Erfolge. Mega-Projekte (größte Aluminiumschmelze der Welt, 900 km lange Erdgas-pipeline nach Südafrika, Erdkohle- und Titanförderungen) werden das Land auf eine zunehmend stärkere wirtschaftliche Basis stellen.

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SÜDLICHES AFRIKASAMBIA

Politisch stabil. Riesige Kupfervorkommen. Der Verfall der Kupferpreise riss das Land in eine tiefe Krise. Seit der Erholung der Kupferpreise zieht der „Kupfergürtel“ viele ausländische Investoren an, die in neue Minen mit neuer Technologie investieren. Zum Teil wird die Kupfervorverarbeitung bereits im Land vorgenommen.

ÖSTLICHES AFRIKAKENIA

Größte und am besten diversifizierte Volkswirtschaft im östlichen Afrika. Starker Tou-rismussektor. Kaffee, Tee und Schnittblumen sind die Hauptexportprodukte. Das Land hofft derzeit auf einen politischen Neuanfang.

TANSANIA

Politisch seit Jahren sehr stabil. Wirtschaftliche Wachstumsraten von durchschnittlich 7 %. Gutes Klima für ausländische Investoren. Boomender Bergbau (vor allem Gold). Derzeit hohes Leistungsbilanzdefizit, hauptsächlich durch Importe von Investitionsgü-tern für den Bergbau.

ÄTHIOPIEN

Nach einer schlimmen Dürre in 2003 stark wachsende Binnenwirtschaft, insbesondere in den Sektoren Telekommunikation, Bau, Bergbau. Hauptexportprodukte sind Kaffee sowie Schnittblumen. Relativ gut ausgebildete städtische Bevölkerung.

SUDAN

Die rasante wirtschaftliche Entwicklung mit Wachstumsraten von 9 % verdankt der Sudan dem seit 1999 geförderten Erdöl. Kontinuierliche Investitionen, vor allem auch aus dem arabischen Raum, fließen zunehmend in die Sektoren Bauwirtschaft, Telekom-munikation und Transport. Derzeit EU-Embargo aufgrund der andauernden Krise in Darfur.