7
68 Detecon Management Report 3 / 2010 Technology Hersteller erweitern ihr Service-Angebot und ergreifen Chancen, um sich in der Wertschöpfungskette weiter nach oben zu bewegen. Betreiber müs- sen dagegen Wege finden, um die Kosten niedrig zu halten, den Marktanteil beizubehalten und schnell reagieren zu können. Ein Partnerschaftsangebot seitens der Anbieter kann sich als attraktive Lösung erweisen – allerdings mit erhöhten Geschäftsrisiken. Manfred Schmitz, Patrick Hung Fai Ma Konkurrenten oder Partner? Hersteller beteiligen sich über Managed Services immer stärker am Geschäft der Betreiber

Manfred Schmitz, Patrick Hung Fai Ma Konkurrenten oder ... · PDF file69 Detecon Management Report • 3 / 2010 Konkurrenten oder Partner? aut der New York Times sind Ericsson und

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Manfred Schmitz, Patrick Hung Fai Ma Konkurrenten oder ... · PDF file69 Detecon Management Report • 3 / 2010 Konkurrenten oder Partner? aut der New York Times sind Ericsson und

68 Detecon Management Report • 3 / 2010

Technology

Hersteller erweitern ihr Service-Angebot und ergreifen Chancen, um sich in der Wertschöpfungskette weiter nach oben zu bewegen. Betreiber müs-sen dagegen Wege finden, um die Kosten niedrig zu halten, den Marktanteil beizubehalten und schnell reagieren zu können. Ein Partnerschaftsangebot seitens der Anbieter kann sich als attraktive Lösung erweisen – allerdings mit erhöhten Geschäftsrisiken.

Manfred Schmitz, Patrick Hung Fai Ma

Konkurrenten oder Partner?

Hersteller beteiligen sich über Managed Services immer stärker am Geschäft der Betreiber

Page 2: Manfred Schmitz, Patrick Hung Fai Ma Konkurrenten oder ... · PDF file69 Detecon Management Report • 3 / 2010 Konkurrenten oder Partner? aut der New York Times sind Ericsson und

69 Detecon Management Report • 3 / 2010

Konkurrenten oder Partner?

aut der New York Times sind Ericsson und Nokia Siemens Networks aufgrund der steigenden Anzahl an Carriern, die in puncto Netzmanagement auf Anbieter angewiesen sind, tech-nisch betrachtet die zur Zeit größten Mobilfunkbetreiber. Die Netze, die die beiden Hersteller betreiben, werden weltweit von insgesamt 355 Millionen Kunden genutzt. Ericssons Umsatz aus dem Managed Services-Geschäft stieg im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent und betrug letztes Jahr 1,7 Milliarden US-Dollar. Dieser Betrag entspricht sieben Prozent des Gesamt-umsatzes von Ericsson und hebt die wachsende Bedeutung des Services-Geschäfts für Hersteller hervor.

Zielsetzung der Managed Service Provider ist jetzt die weitere Entwicklung dieses Geschäfts, und zwar von einer Ausführung einzelner Aufgaben hin zu einer vollständigen Business Trans-formation über Managed End-to-End Service Operations. Dies beinhaltet die Entwicklung der Network Operations hin zu kundenorientierten Aktivitäten mit einer stärkeren Partner-schaft, die auf Risiko-Gewinn-Mechanismen basiert. Werden die Betreiber davon profitieren oder wird das dazu führen, dass ihr Anteil an der Wertschöpfungskette letztendlich schwindet?

L Rückblick

In gesättigten Märkten werden die Betreiber mit zwei Heraus-forderungen gleichzeitig konfrontiert. Einerseits sinken ihre Umsätze aufgrund der Marktsättigung. Aus diesem Grund müssen sie ihre Betriebskosten drastisch senken, um so die stei-genden Ausgaben für Marketing und Vertrieb auszugleichen. Andererseits sind sie gezwungen, ihre bestehenden Netze in Richtung NG-Technologie zu migrieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Um Schritt mit dem enormen Kundenwachstum zu halten, müssen die Betreiber in aufstrebenden Märkten hohe Investitionen in Netzkapazitäten vornehmen. Gleichzeitig müs-sen sie ein sorgfältiges Kostenmanagement führen, um trotz des niedrigen ARPU (durchschnittlicher Umsatz pro Nutzer), der in einigen Märkten auf bis zu drei US-Dollar sinkt, wettbe-werbsfähig zu bleiben.

Diese Herausforderungen erfordern eine Anpassung des alten vertikalen Geschäftsmodelles, um so den neuen Gegebenheiten Rechnung tragen zu können. Die Betreiber müssen sich selbst die Frage stellen, in welchen Bereichen sie am leistungsstärksten

Foto: Gemälde, Nicholas Kashian

Page 3: Manfred Schmitz, Patrick Hung Fai Ma Konkurrenten oder ... · PDF file69 Detecon Management Report • 3 / 2010 Konkurrenten oder Partner? aut der New York Times sind Ericsson und

70 Detecon Management Report • 3 / 2010

Technology

sind und in welchen Bereichen andere Player besser abschnei-den. Managed Services bilden das Kernstück bei dieser Anpas-sung des Geschäftsmodells.

Obgleich Outsourcing sich als Geschäftspraktik in vielen ande-ren vertikalen Branchen – zum Beispiel Finanzdiensleistungen, Energie- und Transportwesen – etabliert hat, hat die Telco-Branche das Outsourcing von Aktivitäten außerhalb des her-kömmlichen IT-Outsourcing und Call-Center-Offshoring nur zögerlich anwandt.

„Network Outsourcing“ ist eine Lösung, die von Service Pro-vidern angeboten wird, indem diese Aktivitäten übernehmen, die zuvor traditionell von Netzbetreibern durchgeführt wur-den. „Managed Services“ und „Outsourcing“ werden häufig synonym verwendet. Für Outsourcing oder Managed Services gibt es unterschiedliche Definitionen. Outsourcing-Verträge sind langfristige Vereinbarungen, die häufig einen Mitarbeiter- oder Asset-Transfer aus dem Unternehmens beinhalten. Es sind umfangreiche Initiativen, die typischerweise den vollständigen Austausch interner Abteilungen oder Geschäftsbereiche durch externe Lieferanten einschließlich des Hostings von Dienst-leistungen durch Dritte beinhalten. Nach der Definition von Ericsson wird „ein Managed Service von einem Service Provider angeboten, der für eine Funktion, die traditionell intern von einem Telco-Betreiber ausgeübt wurde, Management-Verant-wortung übernimmt.“

Typische Managed Services-Angebote sind zum Beispiel:

„Out-Tasking“ bezieht sich lediglich auf das Outsourcing be-stimmter Aufgaben. Mitarbeiter- und Asset-Transfer sind grund-sätzlich nicht Bestandteil einer Out-Tasking-Vereinbarung, und häufig nutzen interne Abteilungen freigesetzte Ressourcen, um höherwertige Arbeiten für das Unternehmen durchzufüh-ren. Typische Out-Tasking-Bereiche sind Call Center, Billing, Inkasso sowie Field Service.

„Managed Operations“ beinhalten vollständige oder ausgewähl-te Aufgaben oder End-to-End-Geschäftsprozesse ohne Asset-Transfer seitens der Betreiber. Als Teil der Vereinbarung bein-halten sie häufig eine Versetzung der Mitarbeiter vom Betreiber zum Managed Service-Provider. Typische Beispiele für Managed Operations sind Implementierung, Transfer sowie Operations und Wartung.

„Managed Capacity“ bezieht sich auf Kapazitätsabkommen, um Betreibern die Reduzierung der im Voraus zu leistenden Investi-tion zu ermöglichen. Hierbei ist der Managed Service Provider für die Planung, Implementierung und den Betrieb des Netzes vollständig verantwortlich. Die Zahlung für den Netzausbau erfolgt auf Basis von Nutzung oder Kapazität. Diese Arten von Vereinbarungen sind in Wachstumsmärkten, insbesondere in Indien, weit verbreitet.

Treiber von Managed Services

Die Einführung von Managed Services basiert auf mehreren Treibern. Aufgrund des in den entwickelten Märkten erreichten Sättigungsgrades, der sich in sinkenden Umsatzzahlen mani-festiert, müssen die Betreiber ihre Kostenbasis – insbesondere OPEX – solide managen. Um langfristige Profitabilität sowie die Fähigkeit zur kontinuierlichen Aufrechterhaltung ihres Ge-schäftes gewährleisten zu können, ist eine straffe Kontrolle von OPEX und CAPEX erforderlich. Kostensenkung ist für Be-treiber nach wie vor der wichtigste Treiber für die Einführung von Managed Services. Betreiber, die sich bereits in mehreren Märkten etabliert haben, streben gleichzeitig intern nach der Erzielung von Skaleneffekten, die aber offensichtlich ebenfalls schwierig zu erreichen sind.

Bedingt durch den Anstieg der Datendienste und die techno-logische Entwicklung werden die Betreiber zunehmend stärker durch die OTT (Over The Top) -Player herausgefordert. Um dieser Herausforderung standhalten zu können, müssen sie die Time-to-Market für neue Technologien reduzieren und neue Dienste schneller einführen. Mobilfunkbetreiber müssen sich selbst als auch ihre Rolle innerhalb der Wertschöpfungskette einem Wandlungsprozess unterziehen, damit sie nicht in eine Dumb-Pipe-Position gedrängt werden. Dies kann durch eine stärkere Nutzung der Netz-Assets erreicht werden. Die Be-treiber sind gefordert, sich stärker auf die Kundenbeziehung, eine verbesserte Serviceerfahrung und auf die Wertschöpfung zu konzentrieren. Da Betreiber jedoch nicht alles auf einmal durchführen können, tendieren sie zunehmend stärker dazu, alles auszulagern, was nicht als Kernkompetenz betrachtet wird.

Page 4: Manfred Schmitz, Patrick Hung Fai Ma Konkurrenten oder ... · PDF file69 Detecon Management Report • 3 / 2010 Konkurrenten oder Partner? aut der New York Times sind Ericsson und

71 Detecon Management Report • 3 / 2010

Konkurrenten oder Partner?

neue Entwicklungen und Trends

Traditionelle Hersteller erzielten durch die Aufwertung ihres Portfolios mit Managed Services größte Erfolge. Sie haben ihr Portfolio diversifiziert und in ihrem professionellen Dienst-leistungsgeschäft damit gute Margen erzielt. Infolgedessen betreiben sie, gemessen an der Zahl der Subscriber, die größten Netze. Doch die angestrebten Kostensenkungen wurden von den Betreibern nicht immer erreicht. Aus diesem Grund versu-chen einige Managed Service Provider die Erwartungen dahin-gehend zu steuern, was realistischerweise mit Managed Services erreicht werden kann, wobei Managed Services als zentraler Bestandteil eines langfristigen Strategiewechsels hervorgehoben wird.

In der Frühphase der Managed Services hatten die Betreiber den Erfolg von Managed-Service-Verträgen primär auf der Basis von OPEX- oder CAPEX-Einsparungen und teilweise anhand der Netzqualität gemessen. Es gibt einen starken Trend, diese zu verbessern, und zwar durch Einbeziehung einer verbesserten Endverbraucherwahrnehmung der Dienste und Dienstbereit-stellung des Betreibers – insgesamt alles Faktoren, die für das Geschäft des Betreibers zu einem größeren Erfolg führen.

Als starker Treiber dieses Trends preist Alcatel-Lucent eine Business Transformation an, welche sich auf sämtliche Ge-schäftsbereiche der Betreiber auswirkt. Gemäß dieser Auffas-sung ist Business Transformation ein umfassendes Modell des herkömmlichen Managed Service-Ansatzes. Zielsetzung ist es, über die herkömmlichen Metriken wie Kosteneinsparungen, betriebliche Effizienz und verbesserte Network Performance hinauszugehen. Sie ermöglichen den Betreibern, die betriebliche Transformation voranzutreiben und die Time-to-Market und geschäftliche Agilität zu verbessern. Diese Evolution erfordert ebenfalls eine starke Entwicklung vom Qualitätsanbieter hin zu einem strategischen Anbieter. Der Status eines strategischen Anbieters verlangt, dass sie eine starke Kundennähe entwickeln und den Status eines vertrauenswürdigen Beraters erlangen. Die Beziehung muss sich von einer Kunden-Lieferanten-Beziehung hin zu einer geschäftlichen Partnerschaft entwickeln. Dies kann zu einem neuen Corporate Business-Modell mit einer gemein-samen Geschäftsidentität führen. Zur konkreten Umsetzung in den Managed Services-Verträgen erfordert dies einen zuneh-menden Grad an Risk-Sharing und geschäftlicher Partnerschaft. Mit diesem Ansatz plant Alcatel-Lucent eine Entwicklung vom einfachen Out-Tasking und Betreiben der Netze der Mo-

bilfunkbetreiber hin zur Übernahme und Transformation der Netze und Geschäftsprozesse der Betreiber, um bisher nie da-gewesenen Herausforderungen der Next Generation Networks begegnen zu können. Dieser Ansatz beinhaltet den Versuch, den Anbieter an einem zentralen Punkt des Geschäfts der Betreiber zu positionieren und sich in der Wertschöpfungskette weiter nach oben zu bewegen.

Ein weiterer Aspekt, den wir gegenwärtig wahrnehmen, ist die beginnende Terminierung der ersten Generation der Managed Services-Verträge. Viele Betreiber führen eine Bewertung der Vorteile und Probleme des Managed Services-Setup durch. Sie stellen sich selbst die Frage, ob und wie sie die Managed Ser-vices-Verträge weiterführen sollen. Es zeichnen sich erkennbare Trends in verschiedenen Richtungen ab. Einige Betreiber haben begonnen, den Umfang der Managed Services im Vergleich zum herkömmlichen Umfang zu senken. Schwedens 3GIS ist ein Beispiel für diesen Trend. In 2009 beschlossen sie die Rücknah-me der Network Performance Management-Funktion, die zu-vor von ihrem Managed Service-Anbieter ausgeübt worden war. Dazu erklärte 3GIS, dass sie die vollständige Kontrolle über den Endnutzer-Service und die Kundenwahrnehmung zurückerlan-gen wollten. Sie vertraten die Auffassung, dass das Aus lagern des gesamten Betriebs an einen externen Network Service Provider nicht der „optimale“ Ansatz sei.

Im Gegensatz dazu beabsichtigt Telecom New Zealand, das Volumen der zweiten Welle der Managed Services-Verträge in Richtung Business Transformation zu erweitern. Ihr Schwer-punkt liegt auf Ergebnissen und nicht auf Personen oder Aufga-ben, und sie wollen ihren Partnern die Möglichkeit einräumen, vorzugsweise mehr Wert – zum Beispiel SaaS (Software as a Service) – als nur Infrastruktur zu liefern. Seitens des Betreibers erfordert dies, den Anbieter als Partner voll in die Tranforma-tionsprogramm-Governance zu integrieren und neue Risk- Sharing-Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Risikoteilender Geschäftsansatz des Anbieters

Das Konzept der Risikoteilung ist ein neuer Ansatz in der Be-ziehung zwischen Netzbetreibern und Anbietern. Zuvor wurde dieser Ansatz hauptsächlich für die Entwicklung und Bereit-stellung neuer Services genutzt. Der Risk-Sharing-Ansatz bein-haltet eine engere Integration der Umsatzströme der Managed Services-Provider und Betreiber mit der ausdrücklichen Ziel-setzung, die Abhängigkeit der beiden Parteien untereinander zu verstärken.

Page 5: Manfred Schmitz, Patrick Hung Fai Ma Konkurrenten oder ... · PDF file69 Detecon Management Report • 3 / 2010 Konkurrenten oder Partner? aut der New York Times sind Ericsson und

72 Detecon Management Report • 3 / 2010

Technology

Aus Risk-Sharing und Gewinn könnten sich jedoch aus recht-licher Sicht Probleme ergeben, da Managed-Services-Bezie-hungen sich von reinen Vertragsbeziehungen unterscheiden. Das zentrale rechtliche Problem in Managed-Services-Verträgen manifestiert sich in den Definitionen wie zum Beispiel: Was bedeutet eigentlich genau die Verbesserung von CAPEX oder OPEX? Die Vergangenheit hat ebenfalls gezeigt, dass es sehr schwierig ist, sich auf eine quantifizierbare Messung darüber zu einigen, inwieweit der Service des Anbieters zum Gesamtumsatz beigetragen hat.

nutzen und Risiken für Betreiber

Das breitere Managed Services-Angebot der Hersteller mit einer ausgeprägteren Beteiligung am Geschäft des Betreibers steuert das traditionelle Kunden-Lieferanten-Verhältnis in Richtung Partnerschaft. Für die Betreiber könnten sich aus dieser Ent-wicklung gute Chancen ergeben, sich stärker auf die Geschäfts-aktivitäten, die zu höheren Gewinnen führen, zu konzentrieren, schneller auf die Herausforderungen der Marktdynamiken zu reagieren und den Endkunden mehr Mehrwertdienste zu lie-fern. Da die Anbieter bereit sind, die Geschäftsrisiken mit den Betreibern zu teilen, sollten Kostenersparnis und finanzielle Vorteile für die Betreiber in einem Partnerschaftsmodell nicht geringer als in herkömmlichen Geschäftsbeziehungen sein. Idea-lerweise führt diese Partnerschaft zu einer Win-Win-Situation, in der sich durch die Erzielung höherer Gewinne und Marktan-teile aufgrund von Kostenersparnis, schnellerer Time-to-Market und stärkerer Fokussierung auf die Erfüllung der Bedürfnisse der Endkunden für beide Parteien Vorteile ergeben.

Diese potenziellen Vorteile einer Partnerschaft bringen ebenfalls Risiken mit sich. Betreiber nutzen normalerweise ein Multi-Vendor-Network. Das Eingehen einer Partnerschaft mit einem Anbieter kann die Beziehungen zu anderen Anbietern beein-trächtigen, insbesondere dann, wenn der Anbieter an den be-trieblichen Prozessen und der Business Transformation des Betreibers stärker beteiligt ist. Je größer die Abhängigkeit von einem Anbieter ist, desto größer ist das Risiko der einseitigen Festlegung. Das Aufrechterhalten mehrerer Partnerschaften ist

schwierig, insbesondere im Bereich der Managed Operations, für die idealerweise ein einziger Anbieter durchgehend verant-wortlich sein sollte.

Wenn der Anbieter in einer Managed Services-Partnerschaft eine größere Nähe zu Endkunden erlangt, muss der Betreiber vorsichtig sein, wenn es um die gemeinsame Geschäftsidenti-tät geht. Für einen Greenfield-Betreiber kann die Verbindung mit einem glaubwürdigen Managed Services-Partner in Bezug auf seinen Markteintritt vorteilhaft sein. Ein etablierter Betrei-ber hingegen, der bereits seine eigene Identität aufgebaut hat, könnte seine Kunden irritieren, insbesondere wenn sein Part-ner bei einem vergleichbaren unternehmerischen Vorhaben mit einem anderen Betreiber scheitert.

Ein Managed Service Provider bietet seine Dienste nicht nur einem Betreiber an, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit mehreren in demselben Markt. Vertrauen ist wichtig in einer Partnerschaft, aber nicht unbedingt alles. Wenn es zum Bei-spiel um Vereinbarungen über Network Sharing geht, bieten Hersteller häufig Infrastruktur- und Betriebsmanagement für konkurrierende Betreiber in demselben Markt an. Übernimmt derselbe Anbieter eine zentrale Rolle in Verbindung mit der Ge-schäftsstrategie konkurrierender Betreiber, kann es durchaus zu Interessenskonflikten kommen. Der Umgang mit wirtschaftlich sensitiven und vertraulichen Informationen muss entsprechend vertraglich und rechtlich vereinbart werden. Etablierte Betrei-ber, die beabsichtigen, dass Anbieter eine zentrale Rolle bei ihrer Business Transformation übernehmen, sollten diese Risiken sorgfältig überlegen.

Differenzierung ist ein weiterer Aspekt. Konkurrierende Betrei-ber können dieselben Angebote von demselben Anbieter erhal-ten. Ist ein Betreiber in einem größeren Maße abhängig von einem Anbieter und ermöglicht ihm, sich in der Wertschöp-fungskette weiter nach oben zu bewegen, wird es für ihn schwie-riger, sich von seinen Wettbewerbern zu unterscheiden und sei-nen Kunden gegenüber attraktive Wertaussagen zu formulieren.

Page 6: Manfred Schmitz, Patrick Hung Fai Ma Konkurrenten oder ... · PDF file69 Detecon Management Report • 3 / 2010 Konkurrenten oder Partner? aut der New York Times sind Ericsson und

73 Detecon Management Report • 3 / 2010

Konkurrenten oder Partner?

Optionen sind im Einzelfall zu prüfen

In welchem Umfang Managed Services eingesetzt werden sollten, hängt von vielen Faktoren ab – zum Beispiel von der Geschäftsstrategie, den Kernwerten des Unternehmens und der Fähigkeit zur effektiven Ausführung unterschiedlicher Aktivi-täten. In einem vereinfachten Modell können wir den Reifegrad und die Unternehmensgröße eines Betreibers veranschaulichen und den wichtigen strategischen Fokus verallgemeinern. Dem-entsprechend kann der Umfang der Managed Services für die Schwerpunktbereiche geplant werden.

Im folgenden Diagramm werden einige allgemeine Situationen dargestellt:

• Neue Markteinsteiger würden einen schnellen Marktein-stieg anstreben. Aus Mangel an Personal und Erfahrung würden sie stärker auf Managed Services angewiesen sein. Mit seiner

Markteinführung in Saudi-Arabien in 2008 ist Zain zum Bei-spiel eine Partnerschaft mit Nokia Siemens Networks eingegan-gen, um schnell auf den Markt zu gelangen, in dem einheimi-sches Personal äußerst knapp ist.

• WennBetreiber dieWachstumskurve erreicht haben, ver-fügen sie über die Erfahrung, ihre eigenen Netze zu managen, und ihre Abhängigkeit von Managed Services wird eventuell geringer. Andererseits möchten sie gegebenenfalls Druck auf die Managed Services Provider ausüben, um die Qualität und Service-Levels zu steigen.

• Etablierte Betreiberwürden stärker aufOptimierung undEffizienz fokussieren und dafür Managed Services nutzen. In schwierigen Marktsituationen würden sie mittels Überprüfung ihrer Rolle in der Wertschöpfungskette Business Transforma-tion in Betracht ziehen. Zum Beispiel hat Sprint in 2009 einen fünf Milliarden Dollar Deal mit Ericsson unterzeichnet, bei

Quelle: Detecon

Abbildung: Schwerpunktbereiche, bei denen Betreiber auf Managed Services zurückgreifen können

neue Marktteilnehmer Etablierte Betreiber

Hohe Investition

Geringe Investition

Fokus Abhängigkeit von MS

Optimierung/zentralisierung

++

Service-Diversifizierung

+

Qualität ++

BusinessTransformation

?

Fokus Abhängigkeit von MS

Rolloutvorantreiben

++

Service-Diversifizierung

++

Qualität ++

Fokus Abhängigkeit von MS

Schneller Rollout +++

Page 7: Manfred Schmitz, Patrick Hung Fai Ma Konkurrenten oder ... · PDF file69 Detecon Management Report • 3 / 2010 Konkurrenten oder Partner? aut der New York Times sind Ericsson und

74 Detecon Management Report • 3 / 2010

Technology

Manfred Schmitz ist Leiter der Gruppe Mobile Architecture & Services. Während seiner mehr als 15-jährigen Erfahrung im Mobilfunk- und Festnetzge-schäft hat er für verschiedene Hersteller und Mobilbetreiber gearbeitet. Bevor er zu Detecon kam, war er für die Global Technology Planning als Senior Manager bei Vodafone Group Services tätig. In dieser Funktion war er für die Entwick-lung und Umsetzung der globalen, strategischen Technologiepläne verantwort-lich. Davor war er als Leiter der Service-Management-Abteilung bei MobilCom Multimedia, Deutschland, beschäftigt. Für den Bereich globale Technologie-strategie und -planung hat er diverse Auslandseinsätze absolviert. Er ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur Thematik Telekommunikationsstrategie und -planung, Netzbetriebs-Management und Managed Services.

[email protected]

Patrick Hung Fai Ma ist als Senior Consultant in der Gruppe „Program Management and Engineering“ tätig. Bevor er zu Detecon kam, war er für den führenden Betreiber in Hongkong in diversen Bereichen wie Systement-wicklung, Equipment-Tests und -Abnahme, Interconnection Service Offering, geschäftliche Verhandlungen und Regulierungsaspekte tätig. Sein Arbeits-schwerpunkt bei Detecon liegt auf Projektmanagement, Managed Services und Network Sharing. Er ist ein zertifizierter Project Management Professional (PMP®).

[email protected]

dem 6.000 Mitarbeiter zusammen mit Netzmanagement, Roll-out- und Bereitstellungsaufgaben ausgelagert wurden. Vollstän-dige Kontrolle und Eigentum der Netz-Assets, Netz-Strategien, Kundendienst, Technologie und Anbieterauswahl verbleiben jedoch bei Sprint. Da etablierte Betreiber über ausreichend Expertise und gelegentlich auch über überschüssige Ressourcen verfügen, sind sie aus Gründen einer besseren Kontrolle gegebe-nenfalls daran interessiert, Dinge intern zu erledigen. Wie oben ausgeführt, beschloss das schwedische Unternehmen 3GIS, das Network Performance Management von dem Managed Services Provider wieder zurückzunehmen. Doch der Fall der Telecom New Zealand zeigt, dass ein etablierter Betreiber bei seiner Busi-ness Transformation noch stärker auf Managed Services Provi-der angewiesen ist.

Die oben beschriebenen strategischen Handlungen haben lediglich Beispielcharakter und sind nicht als allgemeine Richt-linien aufzufassen. Die beste Option hängt für einen Betreiber von der gewählten Geschäftsrichtung und den herrschenden Markt situationen ab. Auch wenn sich das Eingehen einer Part-nerschaft als gute Lösung erweist, muss ein Betreiber sowohl die Basis hinsichtlich des gegenseitigen Verständnis von Bedürfnis-sen, Vertrauen und Engagement als auch die sorgfältige opera-tive Planung und Vertragsgestaltung sicherstellen.

Foto

: Gem

älde

, Nic

hola

s Kas

hian