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MOSAIK das praktische Handbuch

MOSAIK - bücher.de · 10 MosaikinallerWelt Mosaikkünstler dieser Zeit war der ArchitektAntonioGaudí(1852bis 1926), der große Gebäudefassaden und andere Flächen mit Mosaiken

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MOSAIKdas praktische Handbuch

MOSAIKDas praktische Handbuch60 Beispiele Schritt für Schritt – Vorlagen, Materialien,Techniken

HELEN BAIRD

Deutsche Verlags-Anstalt München

Aus dem Englischen übersetzt von Wiebke Krabbe

Bibliografische Information der Deutschen BibliothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http:dnb.ddb.de> abrufbar.

© 2006 Deutsche Verlags-Anstalt GmbH,München (für die deutsche Ausgabe)

Titel der Originalausgabe Mosaics by DesignLorenz Books, Imprint von Anness Publishing LtdHermes House, 88-89 Blackfriars Road, London SE1 8HA© Anness Publishing Ltd 2004

Alle Rechte vorbehaltenVerlegerin: Joanna LorenzLektorat: Judith Simons, Katy Bevan, Alison Bolus, Jay ThundercliffeGrafische Gestaltung: Adelle MorrisHerstellung: Pedro NelsonFotos: Polly Eltes, Debbi Treloar, Rodney Forte, Spike Powell, Tim Imrie, Adrian Taylor,Debbie Patterson, Zul MukhidaZusätzliche Texte: Caroline Suter, Celia Gregory, Mary Maguire, Cleo Mussi, Marion Elliot

Satz der deutschen Ausgabe: Edith Mocker

Printed in Singapore

ISBN 3-421-03520-2

HinweisDer Schwierigkeitsgrad (1–5) der Projekte ist durch Pinselsymboleüber der Materialliste gekennzeichnet (siehe S. 76 ff.).

InhaltMosaik in aller Welt 6

Inspirationen 14

Entwurf 26

Material und Techniken 44

Accessoires 68

Möbel 142

An Ort und Stelle 192

Dank und Spielanleitung 252

Bezugsquellen 253

Register 254

Mosaikin aller Welt

Dass die Kunst des Mosaiks schon seit Jahrhunderten in aller Welt beliebt

ist, wissen wir, weil so viele historische Beispiele erhalten sind. Mosaik ist

ein bemerkenswert dauerhaftes und vielseitiges Medium, bestens geeignet

für öffentliche Orte, Gebäudefassaden, Spielplätze und Parks, aber auch

für private Häuser und Gärten. Wer heute dekorative Mosaiken gestaltet,

schafft ein Erbe für die Zukunft.

Wir alle kennen Mosaik als Kunst-form, und die meisten von uns asso-ziieren damit die großen Wand- undBodenmosaiken der römischen Anti-ke. Wenngleich der Begriff »Mosaik«aus Italien stammt, gab es die Kunst-form schon lange vor der Antikeund ebenso auch in den Jahrhunder-ten danach.Heute können wir Anregungen aus

einem reichen Fundus von Mosaikenschöpfen. Dass wir diese Kunstformso oft mit der Vergangenheit in Ver-bindung bringen, mag an der Langle-bigkeit der Materialien liegen. Glas,Stein und Keramik haben ermög-licht, dass so viele uralte Mosaiken

die Zeit überdauert haben und nochheute gut erhalten sind.

WesteuropaDie ältesten noch erhaltenen Mosa-iken wurden um 3000 v. Chr. vonden Sumerern in Mesopotamien(dem heutigen Irak) hergestellt. Siebestanden aus farbigen Lehmstücken,die zu Mustern angeordnet und inWandflächen gedrückt wurden. Spä-ter verwendeten die Ägypter Stück-chen von farbigen Stoffen und Halb-edelsteinen, um Wände zu verzierenund Einlegearbeiten in Möbeln,Dekorationsstücken und Schmuck zufertigen.

Soweit bekannt ist, wurden erst-mals in der griechischen AntikeNatursteine und Kiesel in verschie-denen Farben zur Gestaltung lang-lebiger Dekorationen benutzt. Siesind wahrscheinlich der Ursprungdessen, was wir heute unter »Mosaik«verstehen.Die Römer entwickelten die Tech-

nik weiter, indem sie Natursteine zugleichmäßigen Würfeln schnitten.Für besondere Effekte setzten sie ge-brannten Ton und Glas ein. Eineweitere Erfindung der Römer war dieVerwendung von Zement und Mör-tel, durch die ihre Mosaiken unge-wöhnlich haltbar wurden. In allenLändern, die einmal zum RömischenImperium gehörten, sind bis heutebeeindruckende Wand- und Boden-mosaiken erhalten geblieben.Römische Mosaiken zeigen die

verschiedensten Motive – von realis-tischen Darstellungen des täglichenLebens bis zu naiven Gartenidyllen,von klassischen Abbildungen derGottheiten bis zu rein dekorativenMustern und dekorativen Bordüren.Diese frühen Mosaiken zeigen dienatürlichen Farben der Materialien,aus denen sie bestehen: Grautöne,Terrakotta, Ocker, Weiß, matteBlau- und Grüntöne.

Geschichte des Mosaiks

8 Mosaik in aller Welt

Verschiedene Kulturen haben die Technik des Mosaiks unabhängig voneinan-der entdeckt und praktiziert. Das Ungewöhnliche an all diesen Arbeiten ist ihreLanglebigkeit, die uns ermöglicht, sie noch Jahrhunderte später zu bewundern.

Die Darstellung von Neptun und Am-phitrite stammt aus einem Haus inHerkulaneum. Es hat den Vulkanaus-bruch im Jahre 79 überstanden und istbis heute erhalten.

Geschichte des Mosaiks 9

Mit der Ausbreitung des Chris-tentums kamen neue Motive hinzu,doch die Farben und Materialienveränderten sich kaum, bis mit derRegentschaft von Kaiser Justinian imJahre 527 das byzantinische Zeitalterbegann. In dieser Zeit erlebte die Mo-saikkunst eine Blütezeit, aus der zahl-reiche Beispiele in den byzantini-schen Kirchen erhalten sind.Besonders berühmt sind die Mosa-

iken in der italienischen Stadt Raven-na, die damals eine reiche Kaiserstadtund zugleich ein wichtiger Knoten-punkt für den Handel zwischen Ostenund Westen war. In den beeindru-ckenden byzantinischen Mosaikendieser Stadt sind die Einflüsse öst-licher Kunst deutlich zu erkennen,beispielsweise in den großen »ägypti-schen« Augen, den abgeflachten For-men und den geordneten Posen. Neuwar an diesen Mosaiken auch dasMaterial, die so genannten Smaltenaus Glas, das bis dahin nur sparsamfür kleine Akzente eingesetzt wordenwar. Das Glas wurde mit Metalloxi-den, Kupfer oder Marmor gebrannt,gelegentlich wurde auch Blattsilberoder -gold zwischen zwei Glasschich-ten eingelegt. Dadurch stand denKünstlern eine ganz neue Palette in-tensiv leuchtender Farben zur Ver-fügung. Zudem entstand eine neue

Technik, die Mosaiksteinchen inunterschiedlichen Winkeln ins Mör-telbett zu setzen, um die reflektieren-den Eigenschaften des Glases optimalzu nutzen.In dieser Epoche wurde die Mo-

saikkunst von der Freskenmalerei ab-gelöst. Die Mosaiken, die in der Fol-gezeit entstanden, waren weitgehendKopien von Gemälden. Daran hatsich bis ins 20. Jahrhundert weniggeändert. Somit wandelte sich auchdas Bild des Mosaikkünstlers – er galtals Kunsthandwerker und Meisterder Kopie, jedoch nicht als selbst-ständig Schaffender. Insofern entwi-

ckelte sich die Kunstform des Mosa-iks in Westeuropa über lange Zeitnicht weiter.Mit dem Beginn des 20. Jahrhun-

derts veränderte sich das Selbstver-ständnis der Künstler und man be-trachtete auch das Mosaik wiederals ein Medium mit eigenständigemWert und spezifischen kreativenMöglichkeiten, die in den grafischenMustern und den vereinfachten, stili-sierten Formen dieser Zeit ihren Aus-druck fanden.In der frühen Moderne erlebte

die Mosaikkunst einen neuen Auf-schwung. Einer der bekanntesten

Die Sterne in der Kuppel des Mauso-leums der Galla Placidia im itali-enischen Ravenna leuchten noch heuteso hell wie bei Entstehung des Mosaiksim 5. Jahrhundert.

10 Mosaik in aller Welt

Mosaikkünstler dieser Zeit war derArchitekt Antonio Gaudí (1852 bis1926), der große Gebäudefassadenund andere Flächen mit Mosaikenaus farbigen, unregelmäßig geform-ten Keramikfliesen bedeckte. Er be-auftragte Kokoschka, Klimt, Chagallund andere namhafte Künstler seinerZeit damit, Mosaiken für seine Bau-ten zu entwerfen. Berühmte Beispielesind in der spanischen Stadt Barce-

lona zu sehen, etwa die Fassade derCasa Batlló, die Türme der (unvoll-endeten) Kathedrale Sagrada Famí-lia und die geschwungenen Bänkeauf der Terrasse des ungewöhnlichenParc Güell.Josep Maria Jujol, ein Mitarbeiter

Gaudís, wurde durch die Keramikme-daillons bekannt, die er für die Deckeder Hypostil-Halle im Parc Güellgestaltete. Er kombinierte Mosaik-

Dieser Drache mit dem wellenförmigenMosaik ist ein Entwurf von AntonioGaudí. Er bewacht einen Brunnen imParc Güell in Barcelona.

Geschichte des Mosaiks 11

steinchen (im Folgenden werden wirvon Tesserae sprechen) in leuchten-den Farben mit Keramikscherben,etwa Böden von Krügen, Tassen undSchalen, zu einem Muster aus Ster-nen und Spiralen.

MittelamerikaDie Geschichte des Mosaiks be-schränkt sich nicht auf Westeuropa.Lange vor Ankunft der Europäer inMittelamerika hatten die Aztekenund Maya unabhängig vom Rest derWelt eigene Mosaiktechniken ent-wickelt. Im Gegensatz zur europä-ischen Tradition nutzten sie dasMedium nicht zur Gestaltung vonBildern oder Mustern. Sie verschö-nerten dreidimensionale Formen aufsehr beeindruckende Weise mit Mo-saiksteinchen aus edlen Materialien,häufig Koralle und Türkis. Vielfachhandelte es sich um Kultgegenstän-de, etwa Schädel, Waffen und ge-schnitzte Schlangen, denen durchden Überzug aus verschiedenen edlenMaterialien eine besondere Schön-heit und Bedeutung verliehen wer-den sollte.

Die mit Türkisen bedeckte Maske(ca.1500) stellt Quetzalcoatl dar, einemexikanische Gottheit in Gestalt einergefiederten Schlange. Die Edelsteinesind auf einem hölzernen Untergrundbefestigt.

Rechts unten: Auf dem Dach der CasaMilà in Barcelona befinden sich Schorn-steinköpfe und andere Keramikele-mente, die Antonio Gaudí 1906–1910gestaltet hat.

12 Mosaik in aller Welt

Islamische MosaikenAuch in der islamischen Kunst spie-len Mosaiken eine wichtige Rolle.Die Muster stehen oft in enger Be-ziehung zu den Gebäuden, die sieschmücken, und wirken, als hättensie sich ganz natürlich aus der Archi-tektur ergeben.Ein beeindruckendes Beispiel für

die islamische Mosaiktradition istdie im 14. Jahrhundert erbaute Al-hambra im spanischen Granada.Noch heute gestalten muslimischeKunsthandwerker aufwändige, geo-metrische Mosaiken.

Andere EinflüsseIn vielen Kulturen setzt man mosa-ikartige Effekte zur Dekoration vonGebäuden und Objekten ein. InAfrika beispielsweise verziert manAlltagsgegenstände oft mit Nietenoder farbigen Perlen. Wenngleichsich die Befestigungstechnik vomklassischen Mosaik unterscheidet,ist die optische Wirkung doch ganzähnlich.Auch die handgewebten Tep-

piche aus Indien und der Türkei las-sen sich in mancher Hinsicht mit

dem Mosaik vergleichen. IhreMuster, die aus kleinen Farbflächenaufgebaut sind, können vieleAnregungen liefern.Heute finden Mosaikkünstler Ins-

pirationen in vielen Kulturen undTraditionen aus aller Welt, doch dieUmsetzung erfolgt meist mit Tech-niken, die sich in Europa entwickelthaben.

Interessante VertreterEinige der erstaunlichsten Mosaikenwurden von Menschen geschaffen,die keine ausgebildeten Künstler sindund die ihre Arbeiten in aller Stillegestaltet haben – oft mit Materialien,die aus verschiedensten Quellen zu-sammengetragen und oft auch »er-bettelt« wurden. Raymond Isidorebeispielsweise, ein Handwerker ausder französischen Stadt Chartres, hatsein Haus und seinen Garten mitkunstvollen Mosaiken aus zerbroche-nem Geschirr verziert.Sein Spitzname Picassiette (Schnor-

rer) wird heute als Bezeichnung fürdiese Mosaikform benutzt. Ein be-rühmtes Beispiel für diese Stilrich-tung ist Nek Chands Felsgarten im

nördlichen Indien. Wie RaymondIsidore hatte auch Chand einen be-scheidenen bürgerlichen Beruf beimöffentlichen Verkehrsunternehmender Stadt Chandigarh. 18 Jahre langarbeitete er in aller Stille auf einerLichtung, die er im Dschungel ge-schlagen hatte. Er gestaltete Gebäu-de und Skulpturen und bedeckte al-les mit Mosaik aus Steinen aus derUmgebung und aus Materialien, dieer auf der Mülldeponie der Stadt ge-funden hatte.Heute, 40 Jahre später, nimmt sein

unglaublicher Garten mehr als 11Hektar Fläche ein und zieht täglichmehr als 5000 Besucher an.

Oben: Figuren in Nek Chands Fels-garten in Chandigarh, Indien.

Oben links: Ein farbiges Steinmosaik(9.–10. Jahrhundert) aus dem Divan-yolu-Palast in Istanbul, Türkei.

Gegenüber: Tanz – Teil einer Instal-lation von Nek Chand in Indien.

Inspirationen

Die Geschichte des Mosaiks mag in die Antike und weiter zurück reichen,

doch Inspirationen finden wir auch heute überall in unserer Lebensum-

gebung. Menschen und Tiere, Landschaften und andere Kunstwerke kön-

nen Impulse geben – nicht nur für Motive, sondern auch für die Wahl von

Material, Farbe und Textur. Diese Faktoren wiederum bestimmen die Wir-

kung und Ausstrahlung des fertigen Mosaiks.

16 Inspirationen

Seit das allgemeine Interesse am Mo-saik wieder zunimmt, erobert sich dieKunstform neues Terrain im öffentli-chen wie im privaten Rahmen. Ver-schiedenste Objekte, Dekorationenund Skulpturen werden mit Mosaikengeschmückt. Dass das Medium Mosa-ik sich besonders für strapazierfähigeDekorationen eignet, zeigt seine Be-liebtheit zur Gestaltung von Bahn-höfen, Schwimmbädern, Bars undEinkaufszentren. Aber auch in Pri-vatwohnungen wird der dekorativeund praktische Wert von Mosaikenzunehmend geschätzt.Mosaikkünstler aus aller Welt

schöpfen aus den verschiedensten Ins-pirationsquellen, darunter die Natur,Tiere und Pflanzen, aber auch diegeometrischen Musterrapporte, dietypisch für die römische, keltischeund kubistische Kunst sind. Auch die

ausdrucksvollen Arbeiten von Picas-so, Matisse und anderen Künstlerndes 20. Jahrhunderts haben manchezeitgenössischen Mosaikgestalter be-einflusst. Einige verarbeiten traditi-onelle Materialien auf innovativeWeise, andere integrieren ungewöhn-liche Materialien und Texturen inihre Werke. In den Jahren 1979–96gestaltete die französische KünstlerinNiki de Saint Phalle (geb. 1930) inGaravicchio in der Toskana ihrenmärchenhaften Tarot-Garten mitfantasievollen Gebäuden und überle-bensgroßen Skulpturen, die mit Mo-saiken aus bunten Fliesen, Glas undSpiegeln überzogen sind. Mosaik-skulpturen stehen derzeit bei jungenKünstlern hoch im Kurs, doch vielerenommierte Mosaikkünstler gestal-ten auch Bilder, Wandmosaiken undDekorationen für Innenräume.

Moderne Mosaiken

Moderne Mosaikkünstler arbeiten in verschiedensten Stilen und tragen so zurErneuerung der alten Kunstform bei. Manche knüpfen an traditionelle Ideenund Methoden an, andere experimentieren mit unkonventionellen Variantenvon Größe, Form und Material.

Oben: Die frei stehende Gitarrenskulp-tur in leuchtenden Farben wurde vonder Künstlerin Elizabeth De’Ath ge-schaffen.

Links: Mosaik kann als angewandteKunst auch moderne Interieurs ergän-zen. Das Muster für diesen Spiegel-rahmen wurde zuerst auf Papier ent-worfen und dann mit Tesserae gearbei-tet.

Gegenüber: Der Unterbau dieser Py-ramidenskulptur der Künstlerin CeliaGregory besteht aus Kükendraht undZement, für das Mosaik hat sie Spiegel-und Buntglasstückchen auch in recht-eckiger Form verarbeitet.

Ein echter Könner vermag figürlicheMotive mit großer Detailtreue umzu-setzen. Bei solchen Mosaiken werdendie Konturen von Gesicht und Kör-per durch viel Sorgfalt und Geschickbei Zuschnitt und Platzierung derTesserae ausgearbeitet. Vor allem beiKinn, Wangenknochen und Stirnkommt es dabei auf viel Feingefühlan. Durch die gezielte Auswahl derFarben, Abstufungen und Reflexions-eigenschaften der Tesserae lässt sichdas Spiel von Licht und Schatten aufGesicht und Körper sehr überzeugendmodellieren.Die Mosaiken der römischen An-

tike waren meist realistisch, gelegent-lich jedoch mit einer Prise Humor.Tiere wurden oft wegen ihrer sym-bolischen Bedeutung eingesetzt, etwader Hund als Sinnbild der Treue.Auch Vögel wurden in römischer Zeitgeschätzt. Tauben an einem Brunnenwaren ein beliebtes Symbol für Har-monie und Frieden.In byzantinischer Zeit wurden

Mosaiken hauptsächlich für Darstel-lungen von religiösen Figuren oderHerrschern eingesetzt. Typisch fürdiese Motive ist die idealisierte undinfolgedessen stilisierte Umsetzung,ob es sich nun um Kaiser, Gott,Christus, Jungfrau Maria oder Hei-ligenfiguren handelte. Die Körperwaren schlank, aufrecht und elegant,die Gesichter ebenmäßig und aus-druckslos, Gesten wie Gruß oderSegen wirkten förmlich, steif undritualisiert. Auch dieser Stil dientheutigen Mosaikkünstlern als Inspi-rationsquelle.

Im Wandel der ZeitIn späteren Jahrhunderten, etwa inder Renaissance und dem ausgehen-den 19. Jahrhundert, orientierten sichMosaiken vorwiegend an den klassi-schen Vorbildern.Erst im 20. Jahrhundert wandte

man sich abstrakteren Darstellungendes menschlichen Körpers zu. Denersten Schritt zu dieser neuen Inter-

pretation taten Maler wie PabloPicasso, Matisse und Chagall.Ihr Stil zeichnet sich durch eine

freiere Linienführung und stärkereBetonung von Form und Farbe aus,

18 Inspirationen

Sartyr und Mänade – eine detaillierteReplik von Salvatore Raeli nach einemMosaik aus dem 2. Jahrhundert aus demHaus des Fauns im italienischen Pompeji.

Menschen und Tiere

Menschliche Figuren können auf verschiedene Weise dargestellt werden –realistisch in der Tradition der römischen Antike, aber auch eher abstrakt.Ebenso eignen sich auch Vögel, Landtiere und Fische für naturalistische odereher allegorische Interpretationen.

Menschen und Tiere 19

während die naturalistische Detail-genauigkeit in den Hintergrund tritt.Gerade dieser Stil eignet sich gut fürdie Umsetzung im Mosaik.

Moderne MotiveViele Mosaikkünstler unserer Zeitwenden sich wieder naturalistischenMotiven zu, vielleicht um die Schön-heiten der Natur im Großen wie imKleinen zu würdigen. Das Spektrumder Interpretationen ist weit. EinVogel beispielsweise könnte dasZentrum eines eckigen oder rundenPaneels bilden, er könnte auch alsEinzelmotiv auf einer Gartenmaueroder einem anderen ruhigen Hinter-grund gearbeitet werden. Letztlichbestimmt jeder Künstler selbst dieAusführung. Vögel und Landtiere

können stilisiert dargestellt werden,aber auch humoristisch, realistischoder allegorisch. Sie können alsKontur vor einem ein- oder zweifar-bigen Hintergrund gearbeitet wer-den, als Silhouette, in zwei- oder indreidimensionaler Form. Sollen De-tails besonders betont werden, kannman ungewöhnliche Materialienintegrieren.Häufig sind Tiere, Vögel oder In-

sekten auch Teil eines größeren Mo-saiks. In diesem Fall muss für ausrei-chend Kontrast gesorgt sein, damitdie Motive sich gut vom Hintergrundabheben. Dabei kommt es auf Fein-gefühl bei der Farbwahl an. Vögelund Insekten sind anspruchsvolleMotive, andererseits bietet sich ge-rade buntes Gefieder für faszinie-

rende, lebhafte Farbkombinationenan. Bei der Darstellung des mensch-lichen Körpers können heutigeMosaikkünstler zwischen vielen Ins-pirationsquellen wählen – von derstilisierten Ethno-Kunst bis zum far-benfrohen, lebhaften Comic.

Unten links und Mitte: Zwei Mosaikenvon Takako Shimizu. Das Spinnenmotivfängt durch die Farbwahl die Zartheitdes Netzes überzeugend ein. Die gut ge-tarnte, plastische Fledermaus hat eineinteressante Textur.

Unten: Hasenmotiv von Claire Stewart.Die klaren Konturen des Tiers heben sichgut von dem schlichten Hintergrund ab.

20 Inspirationen

Die Welt der Natur

Meeresmotive sind vor allem für Bade-zimmer beliebt. Spritzschilde, Bilder,Wand- und Bodenmosaiken könnenmit Delfinen, Fischen, Muscheln oderSchnecken geschmückt werden.Landschaftsdarstellungen eignen sichhauptsächlich für großformatige Dar-stellungen, etwa Wandbilder oderwandfüllende Mosaiken.

UnterwasserweltViele Mosaikmaterialien eignen sichgut zur Darstellung schillernder Fi-sche und verschiedener Wassertönewie Azur- und Aquamarinblau, Sma-ragdgrün und Türkis, besondereLeuchtkraft besitzen jedoch Smalten.Gerade Meeresmotive bieten demMosaikkünstler viele Möglichkeiten,um mit faszinierenden Farben zuexperimentieren.

Meerestiere wie Delfine, Fische,Kraken, Seesterne haben, ebenso wieTang und Algen, weich fließende For-men, die Dynamik und Energie ver-mitteln, ohne unruhig zu wirken. DerEindruck von Wasser, Licht undBewegung lässt sich auf relativ ein-fache Weise allein durch die Verlege-richtung der Tesserae erzeugen. Au-ßerdem bieten Unterwassermotiveviele überzeugende Möglichkeitenzum Einsatz irisierender oder reflek-tierender Materialien wie Spiegelglas,die in anderen Mosaiken leicht zuauffällig wirken könnten.

Ein weiterer Grund für die Beliebt-heit von Meeresmotiven mag darinbestehen, dass die Schuppen von Fi-schen einen grafischen Charakterbesitzen, der von Natur aus einemMosaik ähnelt. Insofern bietet sich

das Medium Mosaik für eine detail-getreue Darstellung förmlich an.

LandschaftenUnabhängig von der Technik stehtund fällt die Wirkung von Land-schaftsdarstellungen mit der Bild-komposition. Es ist wichtig, das Motivgenau zu skizzieren und die Farbensorgfältig auszuwählen. Ein Mosaik-künstler muss auch die verfügbarenFarbabstufungen der Tesserae beach-ten.

Selbst Landschaften, die auf denersten Blick realistisch wirken, sindoft recht stilisiert. Fast immer werden

Das Meer und die Vielfalt seiner Bewohner dient schon seit Jahrhunderten denMosaikkünstlern an Inspiration. Auch Landschaften – abstrakte wie naturalis-tische – werden gern als Mosaikmotive gewählt.

Detail eines Bilderrahmens von NormaVondee. Der klassische Delphin scheintdurch die weißen Steine zu glitzern.

Die Welt der Natur 21

gezielt Elemente für den Vordergrundund den Hintergrund gewählt, undeinzelne Details so angeordnet, dassein Eindruck von räumlicher Tiefeund Dreidimensionalität entsteht.Um das Motiv aufzubauen, werdendie Tesserae entlang der Konturenvon Bäumen oder Hügeln verlegt, imHintergrund sind auch andere Mus-ter denkbar. Eine Mosaiklandschaftähnelt einem Foto mit geringer Auf-lösung, das man mit zusammengeknif-fenen Augen betrachten muss, damites scharf erscheint.

Mosaiklandschaften früherer Jahr-hunderte waren oft sehr detailliert. Siezeigten auch kleine Unebenheiten imBoden, Wellen auf dem Wasser oderverschiedene Blauabstufungen amHimmel. Aber ein wirkungsvolles Mo-saik muss nicht unbedingt naturalis-tisch sein. Manche modernen Künstlerorientieren sich an der naiven Kunstoder surrrealen Landschaften im Stilde Chiricos, um das Augenmerk aufdie Textur und den grafischen Charak-ter des Mediums Mosaik zu lenken.Ihre Arbeiten vermitteln eher einenGesamteindruck einer Landschaft alsfein detaillierte Einzelelemente.

Rechts: Nahaufnahme eines Spiegelrah-mens von Norma Vondee mit Meeres-motiven aus Smalten in Korallentönen.

Unten rechts: Römische Mosaiken habenvielen Künstlern des vergangenen Jahr-tausends als Inspiration gedient. DieseReproduktion aus winzigen Marmor- undSteinstückchen zeigt Meereslebewesen,die in der Mitte des klassischen Kaskaden-brunnens »schwimmen«.

Pflanzen sind ein beliebtes Mosaik-thema, häufig werden florale Ele-mente auch zu Mosaikbordüren kom-biniert. Verwendet man eine solcheBordüre als Rahmen für ein kleineresBild oder ein großes Wandmosaik,bereichern und beleben sie das ei-gentliche Motiv durch ihre fließende,dynamische Wirkung. Pflanzenmoti-ve eignen sich außerdem gut für sehrelegante stilisierte Darstellungen.

Moderne Mosaikkünstler nutzenoft auch die charakteristischen, gra-fischen Wesenszüge ihres Mediumsfür beeindruckende Interpretationennatürlicher Formen. Mit kräftigenFarben und groben Texturen lassensich interessante, dreidimensionaleEffekte erzielen. Aber Pflanzen undBlumen eignen sich auch gut alseigenständige Motive, weil sich ihreBlüten, Blätter und Stiele sehr gutverschiedenen Bildformaten anpas-sen lassen. Bäume, vor allem als Le-bensbaum-Motiv, sind ein besondersbeliebtes Mosaikmotiv.

Wer zarte Blüten in sanften Farbenschätzt, könnte Marmor und andereNatursteine verwenden. Ebenso eig-nen sich aber auch Glasmosaik undSpiegelfragmente für grafische, leb-hafte Blüten. Und wählt man Kera-mikmosaik, erhalten die Pflanzeneine warme, erdige Ausstrahlung.

22 Inspirationen

Pflanzen und Blumen

Pflanzen und Blumen sind ansprechende Motive für Mosaikgestalter. Sie sehenschön aus, wirken beruhigend, sind immer beliebt und eignen sich für die ver-schiedensten Darstellungsstile und Interpretationen.

Lebensbaum – Paneel mit Bordüre aushandbemalten mexikanischen Fliesen vonHelen Baird. Viele Mosaikkünstlerschätzen Bäume als Inspiration.

Pflanzen und Blumen 23

Oben: Diese fröhlichen Mosaikblütenorientieren sich in Farbe und Form anSonnenblumen.

Oben rechts: Detail des Strauches ausdem Mosaik Vogel auf einem Strauch,einer Arbeit von Salvatore Raeli in Mar-mor in verschiedenen warmen Farb-tönen.

Rechts: Diese Gartendekoration vonRebecca Newnham zeigt, dass sich Pflan-zen auch für abstrakte Darstellungen guteignen.

Ganz rechts: Die unebene Oberflächedieser Ananas von Norma Vondee zeigt,wie passend Mosaik für grafische Mus-ter ist.

UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Helen Baird

Mosaik – Das praktische Handbuch60 Beispiele Schritt für Schritt – Vorlagen, Materialien,Techniken

Gebundenes Buch, Pappband mit Schutzumschlag, 256 Seiten,22,5x29,5742 farbige AbbildungenISBN: 978-3-421-03520-2

DVA Architektur

Erscheinungstermin: März 2006

Der größte Reiz des Mosaiks liegt in der Wirkung des verwendeten Materials. Dies können matteoder transparente Glassteinchen sein, leuchtende Metalle, kühler Marmor, erlesenes Gold oderPorzellan- und Keramikscherben. Jede Oberfläche entwickelt ihre eigenen Effekte in Farbe undReflexion. Das praktische Handbuch des Mosaiks inspiriert und gibt technische Anleitungen,es führt in die traditionelle hohe Kunst des Mosaiks ein und zeigt gleichzeitig viele keckemoderne Designideen zum leichten Nacharbeiten. Von der Motivsuche über die Materialwahl,die passende Technik und das geeignete Werkzeug reichen die genauen Beschreibungen undTipps. Über 700 Fotos in Schritt-für-Schritt-Abfolgen zeigen den Werdegang bis zum fertigenObjekt. Mit diesem Buch fällt es leicht, seine Wohnung oder seinen Garten durch individuelleArbeiten in einer uralten Technik neu zu beleben. • Über 60 phantasievolle Projekte, Schritt für Schritt in Wort und Bild leicht nachvollziehbarbeschrieben• Ideen für drinnen und draußen: Spiegelrahmen, Tische, Brunnen, Wandbilder, kleineSkulpturen und viele dekorative Accessoires• Über 700 Fotos, eine Fülle an Tipps und Anleitungen, alles über Materialien, Werkzeuge undTechniken• Ideal für Einsteiger und Fortgeschrittene