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Rechtsprechung 228 bbl 2009, Heft 6 Dezember © Springer-Verlag 2009 (§ 23) nicht erteilt werden darf, wenn durch sie der Zweck der Bausperre gefährdet würde. Diese Bausperre bildet daher keinen Hinderungsgrund für die Durch- führung der von den mitbeteiligten Parteien mit Schriſtsatz v 17.3.2007 angezeigten Änderung von Grundstücksgrenzen im Bauland. (Abweisung) Nachbarn; Parteistellung; übergangene Partei DOI 10.1007/s00738-009-0731-0 §§ 6 Abs 2, 22 nö BauO 1996 Nachbarn haben Parteistellung, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden können. Bei der Beurteilung der Rechtsverletzungsmög- lichkeit kommt es nicht auf die Lage des Nachbar- gebäudes (hier: in größerer Entfernung) an, son- dern auf die Situation an der Grundgrenze. VwGH 23.7.2009, 2008/05/0112 <164> Kanalanschlusspflicht; Ausnahmen; Antragsfristen DOI 10.1007/s00738-009-0732-z § 62 Abs 3 und 4 nö BauO 1996 Der Antrag auf Ausnahme von der Kanalan- schlusspflicht kann auch bereits vor Ablauf der Kundmachungsfrist des Grundsatzbeschlusses der Gemeinde über die Entsorgung durch eine öffentliche Kanalanlage bei der Behörde einge- bracht werden. VwGH 23.7.2009, 2009/05/0112 <165> Aus der Begründung: Im vorliegenden Fall wurde der Antrag der Bf auf Ausnahme von der Anschlusspflicht deshalb nicht in Behandlung gezogen sondern von der letztinstanzlichen Gemeindebeh zurückgewiesen, weil in dem Umstand der „zu früh“, nämlich innerhalb der Kundmachungsfrist des Grundsatzbeschlusses erfolgten Antragstellung eine Unzulässigkeit des Antrages erblickt wurde. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Antrag fand infolgedessen im Verfahren nicht statt. Diese Rechtsansicht hält einer näheren Prüfung aber nicht stand. Dabei kann dahinstehen, ob der gegenständliche Antrag auf die Bewilligung einer Ausnahme nach § 62 Abs 3 oder Abs 4 NÖ BauO 1996 gerichtet war. Für beide Arten von Ausnahmeanträgen ist im Gesetz vor- gesehen, dass diese „innerhalb von vier Wochen nach Ablauf der Kundmachungsfrist“ unter Anschluss ent- sprechender Nachweise eingebracht werden müssen. Damit ist jedenfalls das Ende der Frist (4 Wochen nach dem Ende der Kundmachung) festgelegt. So hat der VwGH zur Berufungsfrist des § 63 Abs 5 AVG („binnen zwei Wochen“) ausgesprochen, dass der Sinn der ausdrücklichen Regelung des Beginnes der Rechtsmittelfrist in § 63 Abs 5 AVG darin liegt, das Ende der Frist, nicht aber einen frühesten Zeitpunkt für die Erhebung der Berufung gegen einen Bescheid zu bestimmen, da der Zweck der Normierung einer Rechts- mittelfrist darin liegt, dass sich daraus der späteste Zeitpunkt der zulässigen Einbringung eines Rechtsmit- tels ergibt (vgl die Erk v 4.7.1989, 88/05/0225, und v 22.6.1988, 87/03/0263, sowie den Beschluss v 11.3.1988, 88/11/0031). Dieser Grundgedanke ist auch auf den hier liegenden Fall der Zulässigkeit der Antragstellung zu übertragen. Die Regelungen der Abs 3 und 4 des § 62 NÖ BauO, die die Vierwochenfrist für die Antragstellung festlegen, haben ebenfalls nicht den Zweck, den frühest mögli- chen Zeitpunkt für die Antragstellung zu bestimmen, sondern legen – rechnerisch ausgehend vom Ende der Kundmachungsfrist – das Ende der Frist für die Zuläs- sigkeit einer Antragstellung fest. Der VwGH hat sich zudem bereits mit der Länge des Zeitraumes beschäſtigt, in welchem ein Antrag auf Aus- nahme zulässigerweise gestellt werden kann. So hat er im Erk v 27.5.2008, 2007/05/0124 – wenn auch in ande- rem Zusammenhang – ausgesprochen, dass nach dem Grundsatzbeschluss des Gemeinderates (die Schmutz- wässer eines bestimmten Gemeindeteils über eine öf- fentliche Kanalanlage zu entsorgen) innerhalb von spä- testens zehn Wochen (sechs Wochen Dauer der Kund- machung und vier Wochen nach Ablauf der Kundma- chung) ein Antrag auf Ausnahme zu stellen ist. Dass sachliche Gründe für die Reduzierung der Zuläs- sigkeit der Antragstellung auf die im Gesetz vorgesehe- nen vier Wochen sprechen würden, ist ebenfalls nicht erkennbar. Mit der Kundmachung der Entscheidung der Gemeinde nach § 62 Abs 3 Z 1 NÖ BauO 1996 (Grund- satzbeschluss) tritt dieser Beschluss nach außen in Er- scheinung, wird den Gemeindebürgern inhaltlich be- kannt und verscha ihnen die notwendigen Informatio- nen, auf Grund deren sie entscheiden können, ob sie einen Antrag nach § 62 Abs 3 oder Abs 4 leg cit stellen wollen. Umgekehrt ist die Befristung der Antragsstellungsmög- lichkeit von dem Gedanken getragen, der Gemeinde möglichst früh Informationen darüber zu verschaffen, welche Liegenschaſten eine Ausnahmebewilligung an- streben, um bereits in der Planungsphase darauf entspre- chend reagieren zu können (vgl auch dazu das bereits zit Erk v 27.5.2008), was ebenfalls für die Zulässigkeit einer frühe(re)n Antragstellung spricht. Mit dem Ablauf der Kundmachungsfrist sind zudem auch keine besonderen Rechtswirkungen verknüpſt, die es nahe legen würden, eine Antragstellung erst ab diesem Zeitpunkt als zulässig erscheinen zu lassen. (Auebung) Oberösterreich Berufungsentscheidung; Änderung der Rechtslage DOI 10.1007/s00738-009-0733-y § 5 oö BauO 1994; § 30 Abs 5 oö ROG 1994; §§ 56, 62 Abs 1 AVG

Nachbarn; Parteistellung; übergangene Partei

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Page 1: Nachbarn; Parteistellung; übergangene Partei

Rechtsprechung228bbl2009, Heft 6

Dezember

© Springer-Verlag 2009

(§ 23) nicht erteilt werden darf, wenn durch sie der Zweck der Bausperre gefährdet würde. Diese Bausperre bildet daher keinen Hinderungsgrund für die Durch-führung der von den mitbeteiligten Parteien mit Schriftsatz v 17.3.2007 angezeigten Änderung von Grundstücksgrenzen im Bauland. (Abweisung)

Nachbarn; Parteistellung; übergangene Partei

DOI 10.1007/s00738-009-0731-0

§§ 6 Abs 2, 22 nö BauO 1996

Nachbarn haben Parteistellung, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden können.

Bei der Beurteilung der Rechtsverletzungsmög-lichkeit kommt es nicht auf die Lage des Nachbar-gebäudes (hier: in größerer Entfernung) an, son-dern auf die Situation an der Grundgrenze.

VwGH 23.7.2009, 2008/05/0112 <164>

Kanalanschlusspflicht; Ausnahmen; Antragsfristen

DOI 10.1007/s00738-009-0732-z

§ 62 Abs 3 und 4 nö BauO 1996

Der Antrag auf Ausnahme von der Kanalan-schlusspflicht kann auch bereits vor Ablauf der Kundmachungsfrist des Grundsatzbeschlusses der Gemeinde über die Entsorgung durch eine öffentliche Kanalanlage bei der Behörde einge-bracht werden.

VwGH 23.7.2009, 2009/05/0112 <165>

Aus der Begründung: Im vorliegenden Fall wurde der Antrag der Bf auf Ausnahme von der Anschlusspflicht deshalb nicht in Behandlung gezogen sondern von der letztinstanzlichen Gemeindebeh zurückgewiesen, weil in dem Umstand der „zu früh“, nämlich innerhalb der Kundmachungsfrist des Grundsatzbeschlusses erfolgten Antragstellung eine Unzulässigkeit des Antrages erblickt wurde. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Antrag fand infolgedessen im Verfahren nicht statt.

Diese Rechtsansicht hält einer näheren Prüfung aber nicht stand.

Dabei kann dahinstehen, ob der gegenständliche Antrag auf die Bewilligung einer Ausnahme nach § 62 Abs 3 oder Abs 4 NÖ BauO 1996 gerichtet war. Für beide Arten von Ausnahmeanträgen ist im Gesetz vor-gesehen, dass diese „innerhalb von vier Wochen nach Ablauf der Kundmachungsfrist“ unter Anschluss ent-sprechender Nachweise eingebracht werden müssen. Damit ist jedenfalls das Ende der Frist (4 Wochen nach dem Ende der Kundmachung) festgelegt.

So hat der VwGH zur Berufungsfrist des § 63 Abs 5 AVG („binnen zwei Wochen“) ausgesprochen, dass der Sinn der ausdrücklichen Regelung des Beginnes der

Rechtsmittelfrist in § 63 Abs 5 AVG darin liegt, das Ende der Frist, nicht aber einen frühesten Zeitpunkt für die Erhebung der Berufung gegen einen Bescheid zu bestimmen, da der Zweck der Normierung einer Rechts-mittelfrist darin liegt, dass sich daraus der späteste Zeitpunkt der zulässigen Einbringung eines Rechtsmit-tels ergibt (vgl die Erk v 4.7.1989, 88/05/0225, und v 22.6.1988, 87/03/0263, sowie den Beschluss v 11.3.1988, 88/11/0031).

Dieser Grundgedanke ist auch auf den hier liegenden Fall der Zulässigkeit der Antragstellung zu übertragen. Die Regelungen der Abs 3 und 4 des § 62 NÖ BauO, die die Vierwochenfrist für die Antragstellung festlegen, haben ebenfalls nicht den Zweck, den frühest mögli-chen Zeitpunkt für die Antragstellung zu bestimmen, sondern legen – rechnerisch ausgehend vom Ende der Kundmachungsfrist – das Ende der Frist für die Zuläs-sigkeit einer Antragstellung fest.

Der VwGH hat sich zudem bereits mit der Länge des Zeitraumes beschäftigt, in welchem ein Antrag auf Aus-nahme zulässigerweise gestellt werden kann. So hat er im Erk v 27.5.2008, 2007/05/0124 – wenn auch in ande-rem Zusammenhang – ausgesprochen, dass nach dem Grundsatzbeschluss des Gemeinderates (die Schmutz-wässer eines bestimmten Gemeindeteils über eine öf-fentliche Kanalanlage zu entsorgen) innerhalb von spä-testens zehn Wochen (sechs Wochen Dauer der Kund-machung und vier Wochen nach Ablauf der Kundma-chung) ein Antrag auf Ausnahme zu stellen ist.

Dass sachliche Gründe für die Reduzierung der Zuläs-sigkeit der Antragstellung auf die im Gesetz vorgesehe-nen vier Wochen sprechen würden, ist ebenfalls nicht erkennbar. Mit der Kundmachung der Entscheidung der Gemeinde nach § 62 Abs 3 Z 1 NÖ BauO 1996 (Grund-satzbeschluss) tritt dieser Beschluss nach außen in Er-scheinung, wird den Gemeindebürgern inhaltlich be-kannt und verschafft ihnen die notwendigen Informatio-nen, auf Grund deren sie entscheiden können, ob sie einen Antrag nach § 62 Abs 3 oder Abs 4 leg cit stellen wollen. Umgekehrt ist die Befristung der Antragsstellungsmög-lichkeit von dem Gedanken getragen, der Gemeinde möglichst früh Informationen darüber zu verschaffen, welche Liegenschaften eine Ausnahmebewilligung an-streben, um bereits in der Planungsphase darauf entspre-chend reagieren zu können (vgl auch dazu das bereits zit Erk v 27.5.2008), was ebenfalls für die Zulässigkeit einer frühe(re)n Antragstellung spricht. Mit dem Ablauf der Kundmachungsfrist sind zudem auch keine besonderen Rechtswirkungen verknüpft, die es nahe legen würden, eine Antragstellung erst ab diesem Zeitpunkt als zulässig erscheinen zu lassen. (Aufhebung)

Oberösterreich

Berufungsentscheidung; Änderung der Rechtslage

DOI 10.1007/s00738-009-0733-y

§ 5 oö BauO 1994; § 30 Abs 5 oö ROG 1994; §§ 56, 62 Abs 1 AVG