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Stenografisches Protokoll 12 I 5. Untersuchungsausschuss 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 1 von 153 Nur zur dienstlichen Verwendung Stenografisches Protokoll der 12. Sitzung - Endgültige Fassung* - 5. Untersuchungsausschuss Berlin, den 10. November 2016, 12.00 Uhr Paul-Löbe-Haus, Saal E.700 10557 Berlin, Konrad-Adenauer-Str. 1 Vorsitz: Herbert Behrens, MdB Tagesordnung - Öffentliche Beweisaufnahme Einziger Tagesordnungspunkt Zeugenvernehmung Seite - Lutz Sturm 14 (Beweisbeschluss Z-15) - Dieter Maag 36 (Beweisbeschluss Z-16) - Sven Paeslack 57 (Beweisbeschluss Z-17) - Dr. Axel Friedrich 94 (Beweisbeschluss Z-18) - Mark Wummel 132 (Beweisbeschluss Z-19) _________ * Hinweis: Die Korrekturen und Ergänzungen des Zeugen Mark Wummel (Anlage 1) sind dem Protokoll beigefügt.

Nur zur dienstlichen Verwendung - dipbt.bundestag.dedipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD12900/Protokolle/Prot. Nr. 12... · Dr. Bernd Bugsel (Beweisbeschluss Z-6) Lutz Sturm (Beweisbeschluss

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Stenografisches Protokoll 12 I

5. Untersuchungsausschuss

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 1 von 153

Nur zur dienstlichen Verwendung

Stenografisches Protokollder 12. Sitzung- Endgültige Fassung* -

5. UntersuchungsausschussBerlin, den 10. November 2016, 12.00 UhrPaul-Löbe-Haus, Saal E.70010557 Berlin, Konrad-Adenauer-Str. 1

Vorsitz: Herbert Behrens, MdB

Tagesordnung - Öffentliche Beweisaufnahme

Einziger Tagesordnungspunkt

Zeugenvernehmung Seite

- Lutz Sturm 14(Beweisbeschluss Z-15)

- Dieter Maag 36(Beweisbeschluss Z-16)

- Sven Paeslack 57(Beweisbeschluss Z-17)

- Dr. Axel Friedrich 94(Beweisbeschluss Z-18)

- Mark Wummel 132(Beweisbeschluss Z-19)

_________* Hinweis:Die Korrekturen und Ergänzungen des Zeugen Mark Wummel (Anlage 1) sind dem Protokoll beigefügt.

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5. Untersuchungsausschuss

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(Beginn: 12.00 Uhr)

Vorsitzender Herbert Behrens: Liebe Kollegin-nen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen undHerren! Ich eröffne unsere heutige Beweisaufnah-mesitzung.

Ich stelle fest, dass die Öffentlichkeit hergestelltist, und begrüße ganz herzlich auch die Zuschau-erinnen und Zuschauer sowie die Vertreterinnenund Vertreter der Presse unter Ihnen. Außerdemheiße ich die anwesenden Vertreterinnen undVertreter der Bundesregierung und des Bundesra-tes willkommen sowie, selbstverständlich, Sie alsZeugen, die Sie bereits Platz genommen haben.

Ich möchte darauf hinweisen, dass eigene Ton-und Bildaufnahmen nicht zulässig sind. Zuwi-derhandlungen können dazu führen, dass manvon der Sitzung ausgeschlossen wird bzw. auchein Hausverbot erteilt bekommen kann und esstrafrechtliche Konsequenzen möglich macht.

Ich rufe unseren einzigen Tagesordnungspunktauf:

Öffentliche Zeugenvernehmung

Dr. Bernd Bugsel(Beweisbeschluss Z-6)

Lutz Sturm(Beweisbeschluss Z-15)

Dieter Maag(Beweisbeschluss Z-16)

Sven Paeslack(Beweisbeschluss Z-17)

Dr. Axel Friedrich(Beweisbeschluss Z-18)

Mark Wummel(Beweisbeschluss Z-19)

Der Zeuge Dr. Bugsel ist erkrankt und wird demAusschuss heute daher nicht zur Verfügung ste-hen. Der Zeuge Dr. Friedrich ist für 18.00 Uhr ge-laden.

Meine Herren, ich darf mich für Ihr Erscheinenbedanken und begrüße Sie noch einmal ganzherzlich.

Aber bevor wir in die Vernehmung einsteigen,muss ich Sie noch über Ihre Rechte und Pflichtenaufklären: Als Zeugen vor einem Untersuchungs-ausschuss sind Sie verpflichtet, die Wahrheit zusagen; das heißt, Sie müssen richtige und voll-ständige Angaben machen. Sie dürfen nichtsweglassen, was zur Sache gehört, und nichts hin-zufügen, was der Wahrheit widerspricht. Ein vor-sätzlicher Verstoß gegen die Wahrheitspflichtkann zur Strafbarkeit nach § 162 in Verbindungmit § 153 des Strafgesetzbuches führen. Solcheine uneidliche Falschaussage kann eine Geld-strafe oder eine Freiheitsstrafe von drei Monatenbis zu fünf Jahren nach sich ziehen.

Auf bestimmte Fragen dürfen Sie allerdings dieAuskunft verweigern. Das gilt zum einen für Fra-gen, deren Beantwortung Sie oder einen IhrerAngehörigen der Gefahr zuziehen würde, einerUntersuchung nach einem gesetzlich geordnetenVerfahren ausgesetzt zu werden. Das können Ver-fahren wegen einer Straftat oder Ordnungswid-rigkeit sein, aber auch disziplinar- oder berufsge-richtliche Verfahren. Zivilgerichtliche Verfahrengehören nicht dazu. Darüber hinaus dürfen soge-nannte Berufsgeheimnisträger und ihre Gehilfengrundsätzlich die Auskunft in Bezug auf Dingeverweigern, die ihnen in ihrer Eigenschaft anver-traut oder bekannt worden sind.

Gibt es Ihrerseits dazu Fragen? - Das ist nicht derFall.

Dann möchte ich Sie darauf hinweisen, dass eineTonbandaufnahme der Sitzung gefertigt wird, umdie Protokollierung der Sitzung zu erleichtern.Deshalb ist es wichtig, dass Sie Ihr Mikrofon ein-schalten, wenn Sie Ihre Antwort geben und dasWort ergreifen. Die Aufnahme wird nach Ab-schluss der Protokollerstellung selbstverständlichgelöscht. Das Protokoll wird Ihnen dann vor sei-ner endgültigen Fertigstellung übersandt.

Wir werden Sie nacheinander in der aus der Ta-gesordnung ersichtlichen Reihenfolge verneh-men, also da Herr Bugsel, wie schon gesagt, heute

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nicht zur Verfügung steht, mit Herrn Sturm be-ginnen. Die Vernehmungen werden so ablaufen,dass ich den Zeugen zunächst zur Person verneh-men werde, dann haben Sie als Zeugen Gelegen-heit, das, was Ihnen über den Gegenstand IhrerVernehmung bekannt ist, im Zusammenhang dar-zulegen. Danach werde ich einige Fragen an Sierichten, und im Anschluss haben die übrigenAusschussmitglieder die Gelegenheit, dann dieFragen zu stellen. Werden Ihnen Vorhalte ausAkten gemacht, wird Ihnen der Fragesteller aufIhren Wunsch die entsprechende Unterlage vor-legen. Das ist alles hier vorhanden. In diesem Zu-sammenhang bitte ich alle Kolleginnen und Kol-legen darum, bei Vorhalten aus Akten unbedingtdie MAT-Nummer, den Ordner und die Seiten-zahl zu nennen. Die entsprechenden Angabenstehen oben auf der jeweiligen Seite.

Nun mein letzter Hinweis: Sollten Sie währendIhrer Vernehmung den Eindruck gewinnen, dassSie als VS-Vertraulich oder höher eingestufte In-formationen oder sonstige Dinge zur Sprachebringen müssen, deren öffentliche Erörterungüberwiegend schutzbedürftige Interessen verlet-zen würde, bitte ich Sie um einen entsprechen-den Hinweis. Der Ausschuss hätte dann über denAusschluss der Öffentlichkeit sowie den Geheim-haltungsgrad der Sitzung zu beschließen.

Da wir mit der Vernehmung von Herrn Sturm be-ginnen, möchte ich die anderen Zeugen jetzt bit-ten, den Saal zu verlassen. Ein Mitarbeiter desSekretariats wird Sie zum Zeugenraum begleiten.Dort halten Sie sich bitte zu Ihrer Vernehmungbereit. - Vielen Dank bis hierher!

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Vernehmung des ZeugenLutz Sturm

Vorsitzender Herbert Behrens: So. Jetzt könnenwir einsteigen. Herr Sturm, bevor wir die Verneh-mung zur Sache beginnen, muss ich Sie zunächstzu Ihrer Person vernehmen. Ich möchte Sie des-halb kurz bitten, sich vorzustellen, indem Sie unsIhren Vornamen, Nachnamen, Alter, Ihren Berufund Ihren Wohnort mitteilen, bitte.

Zeuge Lutz Sturm: Guten Tag, Herr Vorsitzender!Mein Name ist Lutz Sturm. Ich bin 64 Jahre alt,bin Diplom-Ingenieur Verkehrswesen/Kraft-fahrzeugtechnik und als Sachgebietsleiter imSachgebiet „Konformitätsüberprüfungen/Pro-dukte“ im KBA tätig. Mein Wohnsitz ist Megger-dorf.

Vorsitzender Herbert Behrens: Herr Sturm, Siewurden über den Gegenstand der Vernehmungbereits schriftlich informiert. Ich fasse noch ein-mal kurz zusammen: Im Kern geht es um das Ab-weichen der im Realbetrieb auf der Straße festge-stellten Kfz-Kraftstoffverbräuche und Abgasemis-sionen von den Werten, die von den Herstellernangegeben bzw. von den Prüfstellen bei derTypzulassung ermittelt wurden. Wir fragen: Waswaren die Auswirkungen auf die Bevölkerungund die Umwelt? Inwieweit spielten Abschalt-einrichtungen oder sonstige Vorrichtungen zurZykluserkennung und -beeinflussung des Emissi-onsverhaltens von Fahrzeugen eine Rolle? Wel-che Erkenntnisse oder Hinweise lagen der Bun-desregierung oder sonstigen staatlichen Stellendazu im Zeitraum seit dem 20. Juni 2007 vor,und was wurde gegebenenfalls veranlasst?

Herr Sturm, falls Sie es wünschen, dann habenSie jetzt die Möglichkeit, im Zusammenhang dar-zulegen, was Ihnen über den Gegenstand der Ver-nehmung bekannt ist. In diesem Fall hätten Siejetzt das Wort.

Zeuge Lutz Sturm: Also, ein eigenes Statementwollte ich nicht abgeben. Ich wollte sofort für dieBeantwortung der Fragen zur Verfügung stehen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gut, dann verfah-ren wir so. - Dann, wie eben bereits erwähnt,

habe ich als Ausschussvorsitzender die Möglich-keit, Sie zunächst zu befragen, bevor dann dieFragerunde an die Abgeordneten des Untersu-chungsausschusses übergeht.

Herr Sturm, uns interessiert hier im Ausschussnatürlich Ihre Wahrnehmung zu Konzeption,Verlauf und Ergebnissen des gemeinsamen Feld-überwachungsprojekts von BMVS seinerzeit unddes BMUB, das die BASt als Auftraggeber in denJahren 2010 bis 2013 vom TÜV Nord als Auftrag-nehmer durchführen lassen hat. Ferner möchtenwir natürlich wissen, möchte ich wissen, wer wiemit welchen Erkenntnissen aus den Messergeb-nissen aus der Feldüberwachung umgegangen istund welche Maßnahmen daraus folgten. KönnenSie uns einleitend kurz schildern, wie undwodurch Sie erstmals mit diesem Feldüberwa-chungsprojekt in Kontakt kamen? Ob die BAStdas Konzept für dieses Projekt selbst entworfenhatte? Welche Rolle die BASt bei dessen Durch-führung spielte und - - Oh, Entschuldigung. Ichhabe jetzt die Fragen für den Zeugen Bugsel hiervorliegen gehabt - entschuldigen Sie bitte -, dersteht ja heute nicht zur Verfügung. Insofern sindwir jetzt nicht bei der BASt, sondern bei Ihnen,beim KBA. Entschuldigen Sie bitte.

So, Sie haben kurz Ihre berufliche Qualifikationgenannt, auch Ihre Tätigkeit beim KBA. Damöchte ich Sie ganz gerne noch mal zusammen-fassend bitten, die im Zusammenhang mit Mess-reihen bezüglich Pkw-Emissionen zu benennen.Und zweite Frage schon gleich mit anschließend:War Ihnen vor Aufdeckung des VW-Skandals dieExistenz von Software zur Erkennung a) der Rol-lenprüfstandsituation und/oder b) bestimmtenFahrzyklen wie dem NEFZ bekannt? Und worinbesteht Ihrer Ansicht nach der Unterschied zwi-schen einer Rollenprüfstand- und Zykluserken-nung?

Zeuge Lutz Sturm: Es ist so, dass das Kraftfahrt-Bundesamt, also ich, die Konformität zwischenhergestellten Bauteilen und den Genehmigungenüberprüfe. Dabei bezieht sich diese Überprüfungnatürlich auf die gesetzlich gestellten Forderun-gen. Die sind bei dem Abgas die Typ-1-Prüfungnach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus. Da-

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bei kann also nur ein reproduzierbares Messer-gebnis erlangt werden, wenn man das eben unterEinhaltung aller Forderungen durchführt. Unddazu ist in der Regel ein Rollenprüfstand not-wendig. Ich habe es ja eben: Es - - in der Regel - -Es funktioniert leider nicht anders. Die Überprü-fung, die dann durch das Geschehen jetzt - Ab-gasaffäre - stattfand, war nicht mehr - - hatte kei-nen, wie soll man sagen, gesetzlichen Hinter-grund mehr, sondern war eigentlich ein eigenesgebildetes Prüfverfahren.

Vorsitzender Herbert Behrens: Noch eine Präzi-sierung meiner Frage - und dabei möchte ich Siebitten, das Mikrofon noch etwas näher zu sichheranzunehmen, damit das Protokoll auf jedenFall alles mitbekommt -: Ich fragte ja nach IhrerKenntnis von der Existenz von Software, wo ebenzu überprüfende Fahrzeuge erkennen können, obes eine Rollenprüfstandssituation ist oder eine re-ale Fahrsituation.

Zeuge Lutz Sturm: Also, die Software kenne ichnicht, aber: Es ist notwendig, dass auf dem Rol-lenprüfstand eine Erkennung durchgeführt wird,weil sonst die anderen verwendeten Softwarenam Fahrzeug ja eine außergewöhnliche Situationnachahmen und eventuell in einen anderen - -Notfallbetrieb übergehen, wie zum Beispiel:Wenn ein Fahrzeug ABS hat und nur eine Achsebetrieben wird, steht die andere Achse, und dannwerden in der Regel an dem Fahrzeug Maßnah-men ergriffen, um eben dort eine Sicherheit vor-zuhalten.

Vorsitzender Herbert Behrens: Wenn ich Sierichtig verstehe, geht es darum, dass Maßnahmenergriffen werden müssen, um diese Überprüfungüberhaupt möglich zu machen?

Zeuge Lutz Sturm: Um diese Überprüfung durch-führen zu können, ja.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. - Aber eineeigenständige Erkennung -

Zeuge Lutz Sturm: Nein.

Vorsitzender Herbert Behrens: - durch eine Soft-ware, davon wussten Sie nichts, sagen Sie jetzt.

Zeuge Lutz Sturm: Nein.

Vorsitzender Herbert Behrens: Hm.

Zeuge Lutz Sturm: Nein, nicht vor - -

Vorsitzender Herbert Behrens: Nun haben jadiese Prüfverfahren schon eine sehr wichtigeFunktion. Ist das KBA aus Ihrer Sicht als Typen-genehmigungsbehörde von 2007 bis 2015 sämtli-chen Typgenehmigungsvorschriften vollumfäng-lich nachgekommen?

Zeuge Lutz Sturm: Wir haben etwas Kapazitäts-probleme, sodass wir - - Also, wir haben natür-lich versucht, alle Genehmigungen genau nach-zuprüfen, genauso - - also Konformitätsprüfungendurchzuführen, so wie die Regelungen es vor-schreiben. Allerdings haben wir ja etwas mehrals 100 000 Genehmigungen, die wir nicht alleprüfen können, kapazitätsmäßig. Ich habe dabeiden Schwerpunkt auf Sicherheitsbelange gelegtund Umweltverträglichkeit. Dadurch haben wirin der vergangenen Zeit solche Angele- - also sol-che Teile vorrangig untersucht. Natürlich, wennes notwendig war oder Meldungen Dritter da wa-ren, haben wir auch Teile untersucht, die eventu-ell nicht in unserem Spektrum waren.

Vorsitzender Herbert Behrens: Welche meinenSie damit, was nicht in Ihrem Spektrum war?

Zeuge Lutz Sturm: Zum Beispiel: Eine Hupe istzwar genehmigt, aber ob die zu laut oder zu leiseist - haben wir gemeint -, ist nicht so stark für dieSicherheit notwendig.

Vorsitzender Herbert Behrens: Jetzt nicht in Be-zug auf Abgasemissionen.

Zeuge Lutz Sturm: Auf Abgasemissionen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Das war meineFrage. - Dann eine abschließende Frage für diesenTeil meiner Befragung: Ich möchte Sie darum bit-ten, zu schildern, eine Schilderung zu geben zumThema Konformitätsprüfung, wovon Sie spra-chen. Wie ist der übliche Ablauf der sogenanntenCoP-Prüfungen, Conformity-of-Production-Prü-

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fungen, für die Sie als Sachgebiets- - im Sachge-biet des KBA zuständig waren? Können Sie unsda den üblichen Ablauf einmal kurz darlegen?

Zeuge Lutz Sturm: Ich schildere mal den Ablauf:Es ist so, dass wir unter Auswahlkriterien dazukommen, welches Teil, welche Genehmigung wirüberprüfen werden. Dabei sind - - Diese Kriteriensind dadurch gebildet, dass man vorher Kennt-nisse hat oder Dringlichkeiten vom allgemeinenInteresse dranstehen. Diese Teile suchen wir aus,gucken nach: „Welche Hersteller haben diesesTeil in Genehmigung?“, wählen von diesem Teil- - von dieser Masse Teile aus, sodass wir sagen:Jeder Hersteller wird einmal geprüft, auch wenner von dem gleichen Teil mehrere herstellt. Dasist normal, also üblicherweise. Aber es kommenbei besonderen Belangen, wie zum Beispiel jetztanliegen - - haben wir auch mehrere Teile von ei-nem Hersteller geprüft. Wir wählen die Prüfartaus. Die Prüfart kann sich etwas abändern, sie istnormalerweise in der Richtlinie beschrieben, dieheranzuziehen ist, aber kann auch durch Erfah-rungen etwas abgeändert werden. Dafür habenwir aber schon Programme gestaltet, dass mandas machen kann. Dann suchen wir aus: „Werhat das Gutachten zur Genehmigung erteilt?“ undsind bemüht, einen anderen technischen Dienstdann in Auftrag zu setzen, diese Genehmigung andem Teil, die Forderung, zu überprüfen. DerÜberprüfende kriegt von uns einen Auftrag. Dahaben wir ein besonderes Programm, damit dieseDinge hier bei uns erfasst werden können. Dasbeauftragte Institut kriegt natürlich auch die An-weisung, was es zu prüfen hat - das steht ja in derRegelung drin, der Umfang -, und muss uns einentsprechendes Prüfprotokoll liefern. DiesesPrüfprotokoll - - Als Allererstes bekommen wirnatürlich auch eine Rechnung für die Kosten, dieentstanden sind. Die werden als Allererstes ge-prüft, ob sie denn rechnerisch richtig und sach-lich richtig sind, und werden zur Begleichungweitergegeben, oder die Begleichung wird veran-lasst. Das Protokoll wird dann vom KBA über-prüft, verglichen mit den Daten aus der Genehmi-gung, und je nach dem, was für ein Ergebnis esist, entweder der Hersteller um Stellungnahmeund Abschaltung der Abweichungen gebeten,bzw. der Vorgang ist beendet.

Es ist dabei dann noch - - Es ist mit der - - aus derSt- - Also, es ist ja eine alte Geschichte, die Nach-prüfung, Konformitätsüberprüfung ist da mit inder StVZO festgehalten, wer die Kosten von die-ser Untersuchung zu tragen hat. Das habe ichmir, auch lange her, von unserem Behördenleiterbestätigen lassen, dass das auch für internatio-nale Genehmigungen gilt. Und das heißt eigent-lich, so locker gesagt: „Loser pays“, also der, derden Fehler macht, muss das bezahlen, das heißt:Wenn der Genehmigungsinhaber keine Abwei-chung hat, bezahlt das Kraftfahrt-Bundesamt - -trägt die Kosten, andernfalls muss der Genehmi-gungsinhaber die Kosten tragen. Außerdem mussder Genehmigungsinhaber natürlich, wenn einFehler vorliegt, auf der einen Seite die Möglich-keiten, den Fehler auszuschalten, uns nennen. Ermuss in einem Wirkbetrieb zeigen, dass es tat-sächlich ausfällt, und darf keine entsprechendenTeile mehr, die die Abweichung besitzen, in denVerkehr bringen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Ja, danke schön,für diese Darstellung des Ablaufs. - Sie hatten jaerwähnt, dass Gutachtenvergaben da sind, dassstichpunktartig oder stichprobenartig dann ge-prüft wird. Da möchte ich Sie mit folgender Sa-che konfrontieren, und zwar hat auf die Anfrageder Abgeordneten Höhn im Antwortentwurf dasKBA zu erhöhten CO2-Emissionswerten bei VW-Fahrzeugen im November 2015 geantwortet - Zi-tat -:

Im Rahmen VW-eigener Konformi-tätsprüfungen wurden nach Mit-teilung von VW CO2-Werte ermit-telt, die sich nicht in Deckung mitden im Rahmen der Typgenehmi-gung ermittelten und freigegebe-nen Werten … befinden.

Das KBA prüft im Jahresrhythmusstichprobenartig die Ergebnisseder Fahrzeughersteller aus derÜberprüfung von in Betrieb be-findlichen Fahrzeugen … Zusätz-lich zu den in der Gesetzgebungvorgeschriebenen Abgasemissio-nen werden bei den ISC-Prüfun-gen

- so heißt es -

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durch die Hersteller die CO2-Emissionen ermittelt und durchdas KBA bewertet.

So weit heißt es in dieser Antwort an die Abge-ordnete:

Das KBA auditiert stichprobenar-tig ausgewählte Motortypen imZuge dieser Untersuchungen undwohnt [in solchen Fällen] der Ab-gasprüfung bei.

Fundstelle: KBA-2-1, Ordner A 112, 4.1, Blatt 56.Und hierzu warf Ihr Präsident, Herr Zinke, bei ei-ner Kommentarbemerkung die Frage auf - Zitat -:

War das vorliegend bei VW auchder Fall? Wohl eher.

Zitat Ende. - Wie war es denn tatsächlich? Hatdas KBA im Fall von VW stichprobenartigen Au-ditierungen ausgewählter Motortypen beige-wohnt?

Zeuge Lutz Sturm: Dazu muss ich leider sagen,dass der gesamte Vorgang ab 15 nur teilweise inmeinen Händen lag und auch nur teilweise vonmir behandelt wurde. Ich habe, weil ich eben einbesonderes Arbeitsprogramm habe, ein Datenver-arbeitungsprogramm, die Aufträge papiertech-nisch erstellt, aber die Inhalte, Prüfverfahren, wa-ren von anderer Stelle genannt, ebenso wie dieweitere Bewertung der Gutachten und Prüfbe-richte in diesem Fall. Das liegt nicht mehr inmeinen Händen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay, schönenDank. - So weit dann zu meinen Fragen in dieserersten Runde. Ich darf weitergeben an die Kolle-gen der CDU/CSU.

Veronika Bellmann (CDU/CSU): Herr Sturm, Siesind ja Sachgebietsleiter der Konformitätsprü-fung/Produktüberwachung, wenn ich das so rich-tig -

Zeuge Lutz Sturm: Ja.

Veronika Bellmann (CDU/CSU): - mitgeschnittenhabe. Bis zum 31.12.2009 gab es im KBA nur ein

Sachgebiet Konformitätsprüfung. Das hatten Sieja geleitet. Und seit dem 01.01.2010 gibt es mitt-lerweile zwei Sachgebiete. Sie leiten das Sachge-biet Produktüberwachung. Meine Frage: Hängtdas möglicherweise mit den von Ihnen schon ge-schilderten Kapazitätsproblemen zusammen odereben mit der Aufdeckung dieses Abgasskandals,dass hier auch im KBA entsprechende Struktur-schlussfolgerungen getroffen wurden? Und wür-den Sie uns vielleicht kurz schildern - Sie habenes schon ansatzweise gemacht -, was Sie direkt inIhrem Sachgebiet bei der Produktüberwachunggenau machen? Sie haben ja auch jetzt vorhin ge-sagt, dass Sie die Aufträge schriftlich zusammen-stellen usw. Vielleicht können Sie das noch ein-mal etwas vertiefen.

Zeuge Lutz Sturm: Also, als Erstes: Es sind ja dazwei Sachgebiete aus meinem Sachgebiet ent-standen, aus meinem ehemaligen Sachgebiet,und zwar einmal das Sachgebiet für Produktüber-prüfung und einmal für das - - haben wir CoP-Qgenannt: Qualitätsmanagementsystem. Das Ganzeist aus anderem Grund entstanden, nicht aus Ab-gasproblemen, na ja, insofern: Ich hatte zu derZeit die Partikelminderungssysteme geprüft, dieeinen großen Umfang hatten. Es ergab sich, dassin erster Linie die Qualitätsmanagemente dort beiden Firmen nicht korrekt durchgeführt wurden,auf der einen Seite. Auf der anderen Seite: Dashatte ich vorhin schon gesagt, dass wir nach nati-onalen Forderungen, zum Beispiel die Leistung- -oder die Kostenträger vergeben haben. Das müs-sen wir aber. Na ja, die Kostentr- - Also, manmüsste da theoretisch etwas ändern, aber auf je-den Fall ist in den nationalen - - den internatio-nalen Regelungen jeweils Rücksicht auf das Qua-litätsmanagement zu legen, nicht allein auf dieProdukte. Und so ist auf der einen Seite Kapazi-tätsmangel, auf der andern Seite auch der Unter-suchungsgrund. Dadurch ist das entstanden, dasswir zwei Sachgebiete gebildet haben. Dafür ha-ben wir - in Anführungsstrichen - unseren Mitar-beitern, die beste Kenntnisse von Qualitätsma-nagementsystemen haben, weil sie nämlich vor-her eine Zertifizierungsstelle waren, die Aufgabeübertragen und haben für mein Gebiet neue Sach-bearbeiter eingesetzt. - Das also, warum die Tren-

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nung in zwei Sachgebiete. Wir sind dadurch na-türlich auch stärker, stärkere Mannschaft, aberimmer noch zu wenig.

Was wir speziell machen bei der Überprüfung:Ich hatte ja am Anfang gesagt: Wir stellen dieAufträge an Technische Dienste, die nicht dasGutachten zu der Genehmigung des einzelnenTeils erteilt haben, um eine gute Unabhängigkeitbei den Bearbeitern zu erlangen und auch einGutachten zu erhalten, was eben auf alle Mög-lichkeiten - - auf alle möglichen Abweichungsbe-lange Rücksicht nimmt. - Wenn wir das bekom-men, prüfen wir das ja nach. Das heißt, wir gu-cken, ob es mit den Richt- - den Grenzwerten dereinzelnen Richtlinien übereinpasst, ob es mit denTypprüfwerten übereinpasst, ob irgendwelcheMaßnahmen zu ergreifen sind, um das zu erlan-gen, und stellen dann als Allererstes dem Geneh-migungsinhaber die Frage, ob er dort Änderun-gen durchführen kann. Wenn er keine Änderungdurchführen kann, können wir natürlich die Ge-nehmigung nicht bestehen lassen. Aber das isteben der Grund, dass der Hersteller in der Regelmehr als seine Stellungnahmen abgibt, sonderner gibt uns an, welche Maßnahmen er vorsieht,um diese Abweichung zu beheben. Und wenndiese Abweichung uns genügt - das heißt, wirmüssen dort technische Überprüfungen machen -und die Wirksamkeit garantiert ist, dann könnenwir die Genehmigung weiterhin bestehen lassen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Frau Bellmann,Herr Sturm, ich muss Sie um Verständnis bitten,dass wir jetzt zunächst kurz unterbrechen müs-sen. Es geht um eine Entscheidung im Parlament,wo wir als Parlamentarier gefragt sind. Für die-sen Zeitraum muss ich jetzt die Sitzung unterbre-chen, und ich bitte Sie, danach dann wieder zurVerfügung zu stehen. - Danke für Ihr Verständnis.

(Unterbrechung von 12.31bis 13.23 Uhr)

Vorsitzender Herbert Behrens: Liebe Kolleginnenund Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren!Wir sind vollzählig, wenn ich das richtig sehe.Dann können wir weiter fortfahren. Wir hatten ander Stelle unterbrochen, als die CDU/CSU am

Zuge war. - Frau Bellmann, Sie haben weiter dasWort. Bitte schön.

Veronika Bellmann (CDU/CSU): Ja, Herr Sturm,Sie sind ja für die Konformitätsprüfung imGleichgewicht sozusagen mit der Typengenehmi-gung zuständig. Können Sie mir die Rechtsgrund-lage noch mal nennen? Ist das möglicherweiseder Artikel 9 der Durchführungsverordnung Nr.692 aus 2008? Und liegt auch dieser Durchfüh-rungsverordnung bzw. dieser Konformitätsprü-fungspflicht - so will ich es mal nennen - eineVerpflichtung des Herstellers zugrunde? Und ichwill gleich noch anschließen, damit wir diesenBlock im Prinzip dann abschließen können:Wenn das so ist - und Sie haben ja vorhin gesagt,dass die Prüfungen stichprobenartig stattgefun-den haben - - Stichprobenartige Prüfungen kannman aber auch regelmäßig machen. Deswegenmeine Frage: Gibt es eine regelmäßige Kontroll-pflicht bei dem Thema Produktprüfung/Konfor-mitätsprüfung? Und ist dadurch quasi beabsich-tigt, die Konformität über die ganze Laufzeit desentsprechenden Fahrzeugtyps nachzuweisen,also dass man da quasi eine Nachweiskette auf-bauen kann? Und vielleicht erläutern Sie in demZusammenhang auch noch mal den Unterschiedbei der Produktüberwachung/Konformitätsprü-fung der leichten Fahrzeuge mit den schwerenNutzfahrzeugen.

Zeuge Lutz Sturm: Ja, Frau Abgeordnete, es istso, dass schon aus der Vergangenheit der AnhangX zur Rahmenrichtlinie diese CoP-Überprüfungfordert und gestaltet. Da steht also drin, dass aufder einen Seite ein Qualitätsmanagement beimHersteller vorhanden sein muss - oder eine An-fangsbewertung bestehen muss. Es steht drin,was der Genehmigungsinhaber selber zu tun hat,dass er die Behörde informieren muss darüber,die die Genehmigung erteilt hat, und dass die Be-hörde auch prüfen kann. Die Intervalle für dieÜberprüfung von Abgasen sind in der Regel nichtfestgelegt. Allerdings muss ich sagen, es wird seitdem Überprüfen der Genehmigungserteilungnach der Änderung 98/69 eine Sicherheit gefor-dert, dass das Abgasverhalten von Fahrzeugenüber eine bestimmte Kilometerleistung und Le-bensdauer konstant bleibt. Und das muss der

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Hersteller überprüfen und die Behörde überprü-fen. Dazu ist eine lange Geschichte, aber es ist so,dass das Kraftfahrt-Bundesamt sich da vorrangigdrum bemüht hat, diese Forderung zu erfüllen.Und als Ergebnis war, dass ich speziell im Jahr2000 einen Leitfaden dafür erstellt habe, wie zuprüfen ist. Dieser Leitfaden wurde mit Abstim-mung vom BMV - jetzt: BMVI -, Herstellern undPrüfinstitutionen geschaffen. Da steht eben drin,wie zu verfahren ist. Das war recht gut gestaltet;denn es ist heute in die gültigen Richtlinien über-nommen worden. Dabei ist das Überprüfungsin-tervall damals zwischen 18 Monaten und dreiJahren festgelegt worden. 18 Monate hatte nocheine Variable drin, dass er auch länger sein könn-te. Drei Jahre habe ich als Termin gesetzt oder hatdas Kraftfahrt-Bundesamt als Termin gesetzt. Dashaben wir aber mit dem Fall, worüber Sie vorhinauch sprachen, dass das Sachgebiet geteilt wurde- - haben wir das Überprüfungsintervall verkürzt,und das ist so, dass wir heute jährlich dieseÜberprüfung selbst vor Ort machen.

Ein Unterschied zwischen leichten und schwerenFahrzeugen ist gegeben. Die leichten Fahrzeugewerden nach diesem beschriebenen Leitfaden un-tersucht, wie es auch in der Richtlinie drinsteht.Die schweren Fahrzeuge haben schon eine im Be-trieb befindliche - nein, wie heißt es immer? - -eine Real Driving Emission, also ein - -

(Zurufe: RDE!)

- Nein, nicht HBE, sondern die - -

(Zurufe: RDE!)

- RDE, so. Entschuldigung, ja. - Und die werdenauch so untersucht. Das hat aber - - In erster Liniewerden die Abgasuntersuchungen am Motor-block selber durchgeführt, also nicht auf derRolle, sondern am ausgebauten Motor, und derkriegt auch dafür eine Genehmigung, wenn er er-füllend ist. Und um das in der laufenden - - imBetrieb befindliche Fahrzeuge damit zu überwa-chen, wurde dabei eine RDE-Prüfung eingesetzt.Man vergleicht hinterher praktisch nur Prüf-standslauf mit damaliger RDE zur gleichen Zeit,und der Bestand dieser Daten von der RDE überdie Jahre wird nachträglich überprüft. Dann muss

man dazu sagen, dass das am Anfang steht undwir natürlich bei Schwer-Lkw-Herstellern auchso eine Untersuchung schon durchgeführt haben.

Veronika Bellmann (CDU/CSU): Also, wenn Siejetzt gesagt haben, dass Sie quasi RDE überprü-fen, gehe ich mal davon aus, dass Sie auch Aus-tauschkatalysatoren und derartige Anlagen über-prüfen. Überprüfen Sie auch oder prüfen Sieauch nach der Unzulässigkeit - - bzw. ob unzuläs-sige Abschaltvorrichtungen vorhanden sind? Be-kommen Sie das quasi bei der Prüfung mit? Unddann noch vorangestellt: Hat es jemals stattgefun-den, dass - wenn Sie jetzt die Prüfung machen,Sie stellen Unregelmäßigkeiten fest oder Abwei-chungen, der Hersteller quasi kann das nicht be-seitigen oder will das nicht beseitigen, je nach-dem - Sie dann eine Typengenehmigung widerru-fen haben?

Zeuge Lutz Sturm: Also, als Erstes bestand ei-gentlich nie ein Indiz dafür, dass Abschaltvor-richtungen vorhanden sind. Wir prüfen nach denVorschriften der Regelung, und da sehen wir ei-gentlich keine Abschalteinrichtung.

Dass so Abweichungen erkannt wurden undnicht behoben wurden, ist mir nicht bekannt. Wirhaben gerade bei den Katalysatoren auch auslän-dische genehmigte Teile, also Teile, die von an-deren Genehmigungsbehörden sind, überprüftoder festgestellt. Die wurden aber - - Da habenwir einen Mangel festgestellt, aber dieses Teilwar nicht mehr in der Produktion. Also, insofernist die weitere - - Also, dass Maßnahmen durch-geführt wurden, ist nicht dagewesen.

Veronika Bellmann (CDU/CSU): Herr Sturm, ha-ben Sie jetzt möglicherweise in ihren Leitfadenaufgenommen auch die Prüfung dieser Abschalt-einrichtungen, also auch die abstrakte Möglich-keit, dass sie vorhanden sein könnten?

Zeuge Lutz Sturm: Nein, das ist nicht drin.

Veronika Bellmann (CDU/CSU): Gut. - Dann willich noch mal darauf zurückkommen, dass fastalle hier vorgeladenen Sachverständigen gesagt

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haben, dass es sie überrascht hat, dass es derar-tige Manipulationen gegeben hat. Der, glaube ich,Professor Hausberger hat dazu wörtlich gesagt:

Wir haben nichts entdeckt. Wirhaben natürlich nicht unendlichviel geprüft; aber was wir geprüfthaben, hat keinerlei Anlass gege-ben, eine Manipulationssoftwarezu erwarten.

Wie sieht das jetzt nach Ihrer fachlichen Ein-schätzung aus? Hätte das im Rahmen der Pro-duktüberwachung, die ja Ihnen obliegt, und,wenn ja, ab wann Möglichkeiten gegeben - einesolche Abgasmessung im realen Fahrbetrieb -,das Vorhandensein auch von den Abgasbehand-lungen durch manipulierende Abschalteinrich-tungen zu erkennen? Und haben Sie dann quasiauch nur verdichtet geprüft, als dieser VW-Skan-dal schon offensichtlich war, oder sind Sie imPrinzip auch von sich aus noch mal in die Aktiongegangen?

Zeuge Lutz Sturm: Also, die Real Driving Emis-sion war nie Umfang der Regelung oder Richtli-nienforderung, insofern wurde ja auch nie ge-prüft. Der Abgasskandal jetzt - wenn man so lo-cker sagt: die VW-Angelegenheiten - führte dazu,dass auch RDE-Prüfungen gemacht wurden. Al-lerdings bin ich da nicht mehr involviert gewe-sen, um die auszuwerten. Ich bin auch nicht Be-auftrager gewesen, insofern kann ich Ihnen danichts weiter zu sagen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gibt es weitereFragen Ihrerseits? - Das ist nicht der Fall. Dannhaben die Grünen das Wort.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Vielen Dank.

(Rückkopplungsgeräusche)

- Herr Vorsitzender, irgendwie stimmt was mitder Technik hier nicht. Da regelt mal vielleichteiner das runter. Sonst gibt es da noch Schwierig-keiten. - Herzlichen Dank.

Herr Sturm, Sie haben ja jetzt eine ganze ReiheSachen berichtet. Sie haben ja eben auch noch

mal auf Ihre Produktüberwachung und den vonIhnen beschriebenen Leitfaden hingewiesen. Ichmöchte das noch mal erweitern, das ganze Feld,Herr Sturm. Wir haben ja da auch schon eineganze Reihe Zeugen gehabt, und da waren jadurchaus auch Aussagen dabei zu diesem ThemaFeldüberwachung. Und da hatte uns ja durchausauch ein Zeuge, und zwar war das damals derZeuge Mönch, dargestellt, dass das BMU eben-falls ein Konzept für eine Feldüberwachung ge-macht hatte. Dieses UBA-Konzept hatte danndurchaus auch vorgesehen - - Ich verweise damal auf das Material, das uns vorliegt, das istMAT A BMUB-2-1, Ordner 4 von 60, auf Seite 82.Da ist drin:

Ermittlung der Schadstoff-emissionen

- in diesem UBA-Konzept -

außerhalb des Prüfbereichs (off-cycle-Emissionen)

In Verdachtsfällen: Überprü-fung, ob Einrichtungen zurZykluserkennung vorhandensind (cycle-beating)

Ist Ihnen dieses Konzept aus dem UBA in irgend-einer Form bekannt?

Zeuge Lutz Sturm: Nein, Frau Abgeordnete, ichbin nicht davon informiert.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Und Sie haben auch mit dem UBA nie gespro-chen, nichts?

(Rückkopplungsgeräusch)

Vorsitzender Herbert Behrens: Valerie, nimmstdu vielleicht das Mikro von Oliver, bitte.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ja, wahrscheinlich ist es da - - Diesmal gibt eshoffentlich was anderes. - Gut, dann gucken wirmal weiter. - So, Sie haben stichprobenartig nachNEFZ überprüft, wenn ich das richtig verstandenhabe, Herr Sturm?

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Zeuge Lutz Sturm: Ja, die Gesetzesforderung istder NEFZ mit den beschriebenen Parametern.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Warum haben Sie nicht mindestens auf der Rolle,bei diesen Rollenprüfstandsuntersuchungen, ir-gendwo mal ein kleines Tupf etwas verändert?

Zeuge Lutz Sturm: Eine Konformitätsüberprü-fung kann ich nur im Vergleich machen, wennich genau das prüfe, was eben geprüft wurde.Sonst kann ich es ja nicht vergleichen.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, wissen Sie, das erstaunt mich etwas. Dennwenn ich mal gucke, dann gibt es da einen § 24im Verwaltungsverfahrensgesetz: „Die Behördeermittelt den Sachverhalt von Amts wegen.“ Dasheißt, Sie hätten also durchaus weiterguckenkönnen. Warum hat das nicht stattgefunden?

Zeuge Lutz Sturm: Kann ich nichts zu sagen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Herr Sturm, ge-hen Sie bei Ihren Antworten -

Zeuge Lutz Sturm: Ja, ja.

Vorsitzender Herbert Behrens: - bitte etwas nä-her ans Mikrofon.

Zeuge Lutz Sturm: Kann ich leider nichts zu sa-gen.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut, dann würde ich mal diesen Komplex etwaserweitern, und zwar muss ich jetzt mal weiter inden Unterlagen nachschauen. Herr Sturm, dannkommen wir noch mal zu netten anderen Sachen.Während der Tests ist aufgefallen, dass viele dergeprüften Fahrzeuge die CO2-Angaben der Her-steller überschreiten, und zwar teilweise ummehr als 10 Prozent - CO2-Angaben, nicht? DieBASt hat die Hersteller damals mit den Ergebnis-sen konfrontiert und nach einer Begründung ge-fragt. Dieser Sachverhalt ergibt sich auch ausdem Material, das wir haben, das ist der OrdnerMAT A BMUB, Ordner 5, unter anderem Seite

192. Wissen Sie, wie die Hersteller darauf rea-giert haben? Und was folgte daraus für die weite-ren Messungen?

Zeuge Lutz Sturm: Also, ich kenne diesen Aus-zug da nicht, ist mir nicht geläufig, nicht imKopf, weil ich habe Untersuchungen gemacht,die gezeigt haben, dass die CO2-Werte erfüllt wer-den.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, Sie kennen da nicht - - Sie kennen auchnicht den Schriftwechsel mit Daimler?

Zeuge Lutz Sturm: Wenn es - - Wir haben einenSchriftwechsel gehabt, ich glaube, mit einemkleinen Fahrzeug, einem Smart. Der Vorgang istaber noch am Laufen, muss ich sagen. Da warenUnstimmigkeiten, die aber in der Interpretationder Richtlinie waren. Und wir sind da noch amPrüfen. Da muss ich aber sagen: Das fällt genau indiesen Bereich rein, wo ich eben insofern nichtmehr involviert bin. Ich habe da, wie gesagt, bü-rotechnisch die Papiere erstellt, also Auftrag er-fasst, Aktenzeichen festgelegt und werde diePrüfberichte erhalten, aber eine Beurteilung, Be-arbeitung dieser Vorgänge werde ich nicht ma-chen.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Danke. - Nächster Fragenkomplex: Seit wannwissen Sie, dass Hersteller technisch in der Lagesind, Abschalteinrichtungen - wir lassen mal au-ßen vor, ob legal oder illegal - zu verbauen?

Zeuge Lutz Sturm: Also, mit dem aufgedecktenFall ab September 15 ist mir das erstmalig be-kannt geworden. Die Überprüfungen beziehensich ja auf die Gesetzesforderungen, die Verfah-ren, die dort angegeben sind. Und innerhalb die-ser Verfahren haben wir keine Abweichung fest-gestellt.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Und Abschalteinrichtungen haben Sie nicht fest-gestellt?

Zeuge Lutz Sturm: Nein.

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(Oliver Krischer (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN: Auch nie

vorher von gehört?)

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Nicht von gehört, nichts - -

Zeuge Lutz Sturm: Also - -

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):War da im Kollegenkreis mal eine Debatte zudem Thema?

Zeuge Lutz Sturm: Nein. Nein.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, Flensburg ist so weit weg von der Fachdis-kussion?

Zeuge Lutz Sturm: Ich habe Sie jetzt eben nichtverstanden.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Das war nur eine spitze Bemerkung von mir,keine Frage.

Vorsitzender Herbert Behrens: Aber wir bleibenbei Fragen.

Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja,ja. - Dann, schaffe ich noch mal weitere Fragen?Wie viel habe ich denn noch? - Fünf Sekunden.Nein, dann lassen wir mal den Nächsten ran.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay, dann gebeich das Wort an die Fraktion der SPD.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke schön. - HerrSturm, Frau Wilms hat Sie angesprochen auf dasVerwaltungsverfahrensgesetz, und da steht drin,dass die Behörde Sachverhalte eigenständig er-mittelt. Jetzt haben Sie uns erklärt: Eine Konfor-mitätsprüfung besteht darin, dass ich die Daten,die geliefert wurden, überprüfe, ob sie noch sosind. - Habe ich Sie richtig verstanden, dassdieser § 24 des Verwaltungsverfahrensgesetzesauf eine Konformitätsprüfung nicht anzuwendenist, weil eben eine Konformitätsprüfung darausbesteht, dass ich eine Prüfung, die ich malgemacht habe, exakt so wiederhole, damit ich

feststellen kann, ob beide Werte gleich sind?Habe ich das so richtig verstanden?

Zeuge Lutz Sturm: Ja.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke. - Dann möchteich gerne noch mal von Ihnen wissen: Ich habeimmer noch keine Vorstellung, wie sich das ab-spielt. Also, ich bin Autoherstellerin. Ich bean-trage Typengenehmigungen, die kriege ich auch.Nehmen wir mal an, ich bin eine Autoherstelle-rin. Ich beantrage in jedem Jahr zehn Typenge-nehmigungen. Wann prüfen Sie dann die Konfor-mität bei wie vielen meiner Typen, und wonachwählen Sie das aus? Das habe ich noch nicht be-griffen. Ich habe verstanden, dass Sie das jetztjährlich machen. Das hatten Sie gesagt, Sie ma-chen jährliche Abgasuntersuchungen. Aber neh-men Sie mal ein Beispiel: Ich habe 100 Typenge-nehmigungen, jedes Jahr 10. Wie kommen Siejetzt zu mir?

Zeuge Lutz Sturm: Sie müssen bei uns eine Ge-nehmigung für das Abgasverhalten haben. DiesesAbgasverhalten müssen Sie als Herst- - oder mussder Hersteller eine bestimmte Dauer garantieren,entweder 100 000 Kilometer oder fünf Jahre, undmuss dazu Untersuchungen durchführen und Do-kumente bilden, die das beweisen. Um eben miteiner Stichprobe viel abzudecken, ist in derRichtlinie vorgegeben, dass Sie Fahrzeugfamilienbilden können. Und da steht drin: Diese Überprü-fung wird dann einer geografischen Marktdurch-dringung gerecht. Das heißt, Sie bilden Fahrzeug-familien, da stehen die Kriterien in der Richtliniedrin, wie man Fahrzeuge zusammenfügen kann,zum Beispiel 30 Prozent Leistungsunterschiedeoder - - Also, die stehen da drin, die Kriterien.Das sind Fahrzeugfamilien. Die Hersteller, nur sobeispielhaft, die haben, ich würde mal sagen, sozwischen 7 und 14 Familien, manche noch mehr,die dort aufgeführt sind.

Als Nächstes ist eine Mengen- - Also, dieseMarktdurchdringung wird durch Verkaufszahlenpro Jahr festgelegt. Das heißt, in diesen Fahrzeug-familien sind ja mehrere Typen drin, und ichhabe es so gemacht, dass der Hersteller dieseFahrzeugfamilien aufführt, die Verkaufszahlender jeweiligen Typen dazu ausführt und mir auch

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sagt, wo das hergestellt wird bzw. wo die in Ver-kehr kommen. Dabei haben wir auch schon da-mals - und das steht auch in der Richtlinie drin -festgestellt, dass die geografische Lage sehr wenigEinfluss auf das Abgasverhalten hat. Das war da-mals noch so, dass es zwei Kraftstoffe gab, euro-päische Kraftstoffe, die haben das unterschieden,die Geografie. Da war halt in den südlichen Län-dern ein - ich will nicht so einfach sagen -schlechterer Kraftstoff, der ein anderes Verhaltenhatte, und in den nördlichen war der heute über-all verwendete Kraftstoff da. Und außerdem ha-ben die Hersteller oder ich auch festgestellt, dassdie meisten Fahrzeuge in diesen Gebieten, wodieser Kraftstoff verwendet wird, verkauft wer-den. Jetzt habe ich noch mal gesagt, wie - - DieFahrzeugfamilien zeigen auch die Mengen an, diedie einzelnen Typen dadrin haben, und darausstelle ich dann wieder dem Hersteller - - gebe ichan, welche Typen ich geprüft haben will. Unddas wechselt natürlich jedes Mal, weil ja dieFahrzeuge dazu beschafft werden müssen, dieauch eine gewisse Kilometerleistung haben. Diemüssen zwischen 15 000 und 100 000 km gefah-ren haben. Das ist also nicht ganz so einfach. Be-vor wir also jährlich dort erscheinen, ist es in derRegel so, dass im Vorjahr schon gesagt wird, wel-che Typen wir haben wollen. Der Hersteller, soist die Regel, gibt uns eine Menge von speziellenFahrzeugen an, die den Typen entsprechen, undwir wählen aus, welche Fahrzeuge davon geprüftwerden. Und dann sind wir bei der Prüfung da-bei, und die Prüfung läuft ab, und wir beurteilendie Ergebnisse. Das ist so - noch weiter, Entschul-digung -: Dieses Verfahren läuft nach einem sta-tistischen Verfahren ab, dabei kann die Prüfungbis zu 20 Fahrzeuge umfassen. Aber das steht inder Regelung drin.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke, das ist etwasklarer. - Mir fehlt noch eine eindeutige Aussagezur Frage von der Kollegin Bellmann: Gab es je-mals aufgrund Ihrer Prüfungen zum Abgasverhal-ten einen Widerruf der Typgenehmigung?

Zeuge Lutz Sturm: Nein. - Entschuldigung, dassich so schnell geantwortet habe. - Einen Widerrufgab es nicht. Es gab aber Maßnahmen, die ergrif-fen wurden, die aber - - Also, die Maßnahme, dieich - - Da gibt es zwei Maßnahmen, die sind - wie

soll man sagen? - nicht gravierend gewesen. Es istnatürlich - - Gravierend bei der einen Maßnahmewar zum Beispiel, dass ein Messkabel fehlte. Mankonnte also diese Messdaten nicht abnehmen.Man musste eben eine spezielle Anforderung ma-chen, das hat der Hersteller aber einfach gelöst,indem er alle entsprechenden Fahrzeuge umge-rüstet oder noch um dieses fehlende Kabel erwei-tert hat. Und ein anderer Hersteller hatte den Hö-heneinfluss nicht korrekt behandelt. Die Fahr-zeuge werden ja auch hier in Deutschland zwi-schen 0 und 700 m Höhe betrieben, und, um dasAbgasverhalten gleichzuhalten, haben die Hö-henregler in der Software drin. Und dieser Hö-henregler war bei diesem einen Fahrzeug genauauf die Grenze 400 m eingestellt, wo die Firma,die dort etwas über 400 m festgestellt hat - - UndErgebnis war, dass eben der Höhenregler verän-dert wurde an allen Fahrzeugen, die diesen Hö-henregler hatten.

Kirsten Lühmann (SPD): Das finde ich jetzt einensehr spannenden Aspekt; denn alles, was die vor-herigen Gutachter gesagt haben, war, dass in derRichtlinie eben nicht vorgeschrieben ist, wannein Fenster - also wir haben es ja irgendwann malThermofenster - - in diesem Fall wäre es aber einHöhenfenster - passieren darf oder nicht. Denn inder Richtlinie steht ja drin: Es sind sehr wohlThermofenster oder Höhenfenster zulässig, wenndies zum Motorschutz dient.

Zeuge Lutz Sturm: Ja.

Kirsten Lühmann (SPD): Und nun wird der Her-steller mit Sicherheit auch gesagt haben: Diese400 m waren erforderlich, um unseren Motor zuschützen. - Und dann haben Sie gesagt: Dasglaube ich euch aber nicht. - Und dann ist dasverändert worden. Jetzt finde ich den Fall sehrgut, aber meine Frage ist erstens: Warum hat derHersteller das gemacht? Er war ja nicht verpflich-tet. Hatten Sie also irgendeine Handhabe ihm ge-genüber, um ihm das vorzugeben? Und diezweite Frage ist: Wenn das bei einem passiert ist- war das wirklich nur bei einem? Oder haben Siedann zukünftig mal den Prüforganisationen ge-sagt: „Passt mal auf, das ist uns jetzt bei einemaufgefallen. Bitte prüft doch die anderen auchmal in Höhenlagen, damit wir gucken, ob das

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möglicherweise nicht nur bei diesem Herstellerist, sondern auch bei anderen“?

Zeuge Lutz Sturm: Den Prüfvorschlag habe ichnicht gemacht, aber er wurde von anderenPrüfinstitutionen wahrgenommen. Wir habenaber keine andere Abweichung festgestellt. Unddieser Hersteller hat aus eigenem Interesse auchdiesen Fehler gemeldet und behoben.

Kirsten Lühmann (SPD): Freiwillig, obwohl erdazu eigentlich nach der Richtlinie - - nach derVerordnung nicht verpflichtet wäre?

Zeuge Lutz Sturm: Ja. - Darum hatte ich auch amAnfang gesagt - Entschuldigung -, dass diese Feh-ler nicht so gravierend waren.

Arno Klare (SPD): Herr Sturm, wenn ich es rich-tig verstehe, dann gibt es drei Ebenen der Konfor-mitätsprüfung. Es gibt einmal die Typengenehmi-gungsebene, wo also ein Typ genehmigt wird,und da wird überprüft, ob der den Maßgaben undden Regelungen gemäß wirklich auf die Straßegelassen werden darf. Wenn das nicht so ist, wirddie Typgenehmigung versagt. Das ist die eineEbene. Dann gibt es die Konformitätsprüfung, diehinten mit Q bezeichnet wird, das ist die Quali-tätsprüfung. Das machen Sie, das KBA, bei denUnternehmen - kostet 716 Euro, wenn Sie sich daanmelden übrigens, man kann ja in der Gebüh-rentabelle da nachgucken. Sie überprüfen aberdas QM-System des Herstellers, -

Zeuge Lutz Sturm: Ja.

Arno Klare (SPD): - die Conformity of Pro-duction. Da meine erste Frage jetzt: Welche Un-terlagen müssen dann beigebracht werden vondem Unternehmen? Welche Stückzahlen müssensozusagen da enthalten sein, damit Sie sagen:„Okay, das sind jetzt valide Daten“? Und diedritte Ebene ist dann die Conformity of Pro-duction, die quasi Feldüberwachungscharakterhat, indem Sie stichprobenartig Fahrzeuge her-ausgreifen. Habe ich die richtige Systematik dar-gestellt? Und dann bitte die Antwort auf dieFrage: Welche Unterlagen müssen bei dieser Qua-litätsmanagement-Überprüfung vorgelegt werden,und um welche Fallzahlen geht es da?

Zeuge Lutz Sturm: Also, die Qualitätsmanage-ment-Untersuchung machen eben die Kollegenvon mir - kann ich Ihnen nicht genau sagen, wasgenau vorgelegt werden muss. Es ist aber auf je-den Fall so - das ist im Anhang X zur Rahmen-richtlinie beschrieben -, dass der Hersteller Doku-mente von seinen Prüfungen liefern muss, die be-stätigen, dass er keine Abweichungen hat. Unddieses Verfahren muss er natürlich zeigen bzw.Dokumente davon vorliefern. Es ist in der Regelso - also, da spreche ich eigentlich nicht fürmich, sondern für den anderen, das andere Sach-gebiet -, es ist natürlich klar, dass das Zertifikatauch herangezogen werden kann, als Unterlagedes Herstellers. Nur: Das Zertifikat betrachtet janicht die straßenverkehrsrechtlichen Belange, diedabei ankommen. Dazu gibt das andere Sachge-biet Auskunft.

In dem Anhang X sind eben diese Schritte, sagteich ja, drin. Einfach die Anfangsbewertung - - Dasist, dass der Hersteller dazu dann in der Lage ist,so eine Produktion durchzuführen - - und dieeben kontinuierlich gleiche Ergebnisse hat. Dazuwird er anfangsbewertet. Das kann er zum Bei-spiel mit einem Zertifikat nachweisen, wobei diestraßenverkehrsrechtlichen Belange dabei zubeachten sind, oder er kriegt diese Anfangsbe-wertung von dem Kraftfahrt-Bundesamt-Mitar-beiter selber.

Die zweite Forderung ist, so steht es in Anhang Xdrin, erstens, dass er dieses Qualitätsmanage-mentsystem hat bzw. irgendwie nachweisenmuss: Entweder hat er es, oder er weist es überdie Anfangsbewertung nach. Das Zweite ist, dasser eigene Prüfungen macht und dabei Dokumenteschaffen muss, die er der Behörde zur Einsichtzur Verfügung stellen muss. Und das Dritte ist,dass, wenn - so steht es da drin - da Anhalts-punkte bestehen, man diese Dokumente in Zwei-fel zieht, dann auch die Behörde Prüfungendurchführen kann. Dieses habe ich mit Abspra-che der Hersteller - - Diese Infragestellung derPrüfergebnisse habe ich einfach übergangen, dassich immer eine Prüfung mache. Wenn ich einePrüfung machen will, mache ich die, egal welcheErgebnisse vorliegen.

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Vorsitzender Herbert Behrens: Gibt es weitereFragen der SPD-Fraktion? - Das ist nicht der Fall.Dann ist die Linke dran. Thomas, machst Du,oder? - Gut, okay, dann übernehme ich diesenPart. - Herr Sturm, Sie hatten vorhin in der erstenFragerunde von mir darauf hingewiesen, dass dasaktive Suchen, das aktive Forschen und Prüfen,um Hinweisen auf illegale oder nicht zulässigeEinrichtungen nachzugehen, keine gesetzlicheGrundlage haben. Können Sie mir sagen, welchegesetzliche Grundlage dem widerspricht undIhnen untersagt, dem nachzugehen?

Zeuge Lutz Sturm: Es widerspricht nicht nur beider Konformitätsüberprüfung, welche - - Also,gibt es keine Indizien dafür, dass wir das machensollten, weil wir ja die Übereinstimmung prüfen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay, also - -

Zeuge Lutz Sturm: Und es gab eben keine Indi-zien dafür, dass außerhalb des Regelzyklus ja ir-gendwelche Abschaltungen da sind.

Vorsitzender Herbert Behrens: Aber inzwischenunternimmt das KBA -

Zeuge Lutz Sturm: Ja.

Vorsitzender Herbert Behrens: - diese Untersu-chungen und wendet auch eigene Prüfmethodenan. Auf welcher Grundlage ist diese Entschei-dung entstanden?

Zeuge Lutz Sturm: Also, die Forderung bestandja, dass eben - ist ja von Herrn Dobrindt auch ge-macht worden - das Kraftfahrt-Bundesamt - - oderdass eben auch Überprüfungen von den vorge-stellten Abweichein- - Abschalteinrichtungendurchgeführt werden. Ich muss aber dazu sagen,da bin ich nur insofern involviert, dass ich ebendie Papiere sicher verwahre, aber nicht auswerteund nicht weiterbehandele.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und können Siemir noch zur Rechtsgrundlage etwas sagen? Womüsste ich da nachschauen, was erlaubt ist undwas nicht?

Zeuge Lutz Sturm: Na, also, ich habe für meineKonformitätsüberprüfung - - Da nehme ich immerden Anhang X dazu, um die einzurichten. Zudem, was eben jetzt neu geschieht, zum Beispieldie RDE-Prüfung, kann ich Ihnen also keineRechtsgrundlage nennen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Danke schön. -Dann würde ich ganz gern noch mal ein Stück indie Vergangenheit zurück: Haben Sie das KBA inder Lenkungsrunde und den Lenkungsgruppen-sitzungen des Forschungsprojekts vertreten, dassich mit der Untersuchung des Abgasverhaltensvon im Betrieb befindlichen Fahrzeugen undemissionsrelevanten Bauteilen befasst hat? Dasist im Jahr 2008; ist ja dieser Konzeptentwurf ent-standen. Waren Sie als KBA oder Sie in Personfür das KBA in dieser Lenkungsrunde mit vertre-ten?

Zeuge Lutz Sturm: Also, ich selber nicht.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gut; dann könnenSie also auch nicht direkt Hinweise, die dort ge-geben worden sind, geben. Dann will ich die wei-teren Fragen dazu sein lassen. - Sie haben aberaus dem Projekt heraus sicherlich Ergebnisse.Oder haben Sie aus diesem Projektverlauf, ausden Berichten Kenntnis erlangt, oder sind Sie in-formiert worden über bestimmte Ergebnisse die-ser Feldüberwachungsarbeit?

Zeuge Lutz Sturm: Würde ich jetzt sagen: Nein.Also, ich kann mich nicht daran erinnern. 2008,also, da ist mir im Kopf, dass ich eigentlich einanderes Projekt oder Problem behandelt hatte …(akustisch unverständlich)

Vorsitzender Herbert Behrens: Sie hatten ja vor-hin gesagt, dass Sie über illegale Abschalteinrich-tungen nicht informiert waren. Nun taucht dieserBegriff von Cycle Beating ja auf. Seit wann istIhnen dieser Begriff bekannt?

Zeuge Lutz Sturm: Genauso ist mir also nur ausder Presse bekannt und insofern also eigentlichnicht bekannt. Es ist auch so, weil diese ganzeProblematik wird von anderer Hand betreut.

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Vorsitzender Herbert Behrens: Und es gab auchnicht irgendwie zwischendurch Arbeitsgruppen-sitzungen oder andere Sitzungen, wo man sichüber diese Dinge mal ausgetauscht hat?

Zeuge Lutz Sturm: Nein, nicht mit mir.

Vorsitzender Herbert Behrens: Nun haben wirhier einen Hinweis aus der Lenkungsgruppensit-zung vom 09.05.2011, und da sind Sie als Teil-nehmer mit aufgeführt. Die Fundstelle ist MAT ABASt-2-2, Referat F3, Ordner 4_5, Seite 81. Dasfür das Protokoll.

Zeuge Lutz Sturm: Kann ich mich leider nichtdaran erinnern.

Vorsitzender Herbert Behrens: Ja, vielleicht vomInhalt her. Weil es ging in dieser Sitzung darum,dass der TÜV Nord über den Stand und die Zwi-schenergebnisse des Projekts informiert hat. Unddanach fragte ich ja gerade, weil da eben entspre-chende Hinweise auftauchten, dass möglicher-weise oder zumindest große Fragen auftauchtenbezüglich abweichender Werte.

Zeuge Lutz Sturm: Kann ich Ihnen nichts dazusagen, also nicht bekannt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Vielleicht hilft esja einfach, inhaltlich noch mal nachzufragen be-züglich - - Ein anderes, wo es darum ging, wo derTÜV dann auch tätig gewesen ist, und zwar: Esgibt eine schriftliche Einzelfrage Nr. 11 177 derAbgeordneten Renate Künast, weshalb die Prüf-organisationen wie der TÜV Nord - Zitat -„keinen Einblick in die Motorsteuerung und diedort verbaute Software nehmen können, um et-waige Software entdecken zu können, die falscheCO2-Werte angibt ...“. Daraufhin hat das Ver-kehrsministerium geantwortet:

Ein Einblick in die Motorsoftwareist dem Technischen Dienst undder Typengenehmigungsbehördeauf begründete Nachfrage bereitsheute im Rahmen der Typenge-nehmigung möglich.

Sie hatten vorhin gesagt, Sie hatten keine Grund-lage, um dort reinzuschauen. Wie erklären Sie,

dass es hier eine Antwort des Verkehrsministeri-ums gibt, dass man „bereits heute im Rahmen derTypengenehmigung“ das vornehmen kann?

Zeuge Lutz Sturm: Ja, also dazu kann ich Ihnennicht helfen. Nein, kann ich keine Auskunft ge-ben, weiß ich nicht.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. - Danke erstmal.

Zeuge Lutz Sturm: Bitte.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann Sie seitensder CDU/CSU-Fraktion.

Veronika Bellmann (CDU/CSU): Herr Sturm, ichwill noch mal nachfragen, was die Tests betrifftnach Bekanntwerden des VW-Skandals, wennwir es mal so bezeichnen wollten: Sie sind dochim Rahmen der Beauftragung durch die Untersu-chungskommission „Abgas“ noch mal mit Testsbetraut gewesen. Jetzt haben Sie gesagt, Sie hät-ten nur die Ergebnisse quasi verwaltet; ich sagees mal so. Können Sie uns trotzdem erläutern,wie diese Tests durchgeführt wurden? Und hättees diese Tests überhaupt noch gegeben ohne dasVorhandensein quasi dieser Skandalmeldung?

Zeuge Lutz Sturm: Wir haben aufgrund dieserSkandalmeldung die Tests begonnen. Ich habeam Anfang, wo das bekannt wurde, mir mitgeteiltwurde, einen Entwurf eines Prüfverfahrens ge-stellt, der dann etwas abgeändert wurde undauch von anderer Stelle insgesamt bearbeitetwurde. Es sind - - Am Ende ist die Gesamtauf-gabe in andere Hände gelegt worden, und meineDatenverarbeitung ermöglichte allerdings dieleichte Papiererstellung der Aufträge der gesam-ten Verwaltung dazu und ist darum benutzt wor-den.

Ich habe dieses Prüfverfahren, das ich da vorge-schlagen hatte - - wurde auch verändert, und esgab auch neue Prüfverfahren. Aber da habe ichkeinen Einblick mehr, wie die aussehen.

Veronika Bellmann (CDU/CSU): Wer war dieseandere Stelle, und wer hat das Prüfverfahren ver-ändert bzw. bearbeitet?

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Zeuge Lutz Sturm: Meine Leitung.

Veronika Bellmann (CDU/CSU): Okay. - KönnenSie uns auch noch eine Aussage dazu machen,was erforderlich gewesen wäre, um eben dieTests so auszugestalten, dass man auch damitmögliche Manipulationen hätte nachweisen kön-nen, rechtssicher nachweisen können?

Zeuge Lutz Sturm: Ich habe nur an meinem Ent-wurf schon festgestellt, dass es sehr, sehr schwerist, solche Abstelleinrichtungen zu erkennen.Man muss da andere Tests machen. Also, ich binpraktisch überfragt dabei, welche Tests man ma-chen müsste. Man müsste - - Aber ich sage ja, esist so eine - - Vielleicht und so - - Also, eine Spe-kulation könnte ich da nur weitergeben, und daswollte ich nicht machen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Keine weiterenFragen? - Dann muss ich - - Nachdem Sie sagten,dass Sie an dieser von mir erwähnten Lenkungs-gruppensitzung nicht teilgenommen haben, hatteich noch mal geguckt, was denn weiter Gegen-stand in dieser Sitzung am 09.05.2011 gewesenist. Also, Teilnehmer waren Dr. Bugsel, BASt, Dr.Eberhardt, BMU - nach dieser Teilnehmerliste -,Herr Sturm, KBA, Herr Schmidt vom TÜV Nordund Herr Redmann vom BMVBS. Es gab eineVerabredung in dieser Sitzung, wo eben das KBAdirekt informiert, und da möchte ich ganz gernvon Ihnen wissen, wer diese Informationen wohldann gegeben haben könnte. Und zwar heißt esdazu:

KBA informiert, ob der bereitsgeprüfte A&S-Kat eine KBA-Genehmigung besitzt undwelche weiteren Kats derAuswahlliste des TÜV Norddieses Kriterium erfüllen.

Können Sie mir sagen, wer diese Aussage für dasKBA gemacht haben könnte?

Zeuge Lutz Sturm: Herr Vorsitzender, es tut mirleid, dass - - Wenn ich dadrin stehe als Teilneh-mer, wird es so gewesen sein. Ich kann mich, wiegesagt, nicht daran erinnern. Es dreht sich da um

Austauschkatalysatoren, wenn ich Sie so verstan-den habe. Davon hatten wir dann auch Messun-gen gemacht, wenn ich mich erinnere. Aber ichweiß nicht mehr, wie es weiterging. Also, ich binda etwas überfragt, also habe ich nicht mehr inErinnerung.

Es waren da, wo ich eben am Anfang sagte, auchTeile, die im Ausland genehmigt waren oder inanderen Mitgliedstaaten genehmigt waren, undda habe ich eben auch den normalen Weg ergrif-fen, dass man die ausländischen Genehmigungs-behörden informiert und um Abstimmung bittet.Aber, also speziell um die Sache - - Also, ich binim guten Austausch mit Herrn Schmidt gewesen;bin ich noch immer. Aber ich kann speziell dieseSachen - - kann ich nicht sagen; weiß ich nicht.Habe ich im Moment nicht in Erinnerung.

Vorsitzender Herbert Behrens: Wenn Sie im Aus-tausch mit Herrn Schmidt vom TÜV Nord waren,möglicherweise auch außerhalb dieser Sitzungen,hat er Sie in diesen Gesprächen auch über denStand und Zwischenergebnisse des Projekts in-formiert, was dort an Erfahrungen gemacht wor-den war?

Zeuge Lutz Sturm: Nein. Das sind eben relativalte Angelegenheiten. Also, über das einzelneThema haben wir eigentlich keinen Kontakt mehrgehabt, nein.

Vorsitzender Herbert Behrens: Aber Sie könnensich sicherlich vorstellen, dass Ihre Person oderdas KBA für den Gegenstand des Untersuchungs-ausschusses schon von großer Bedeutung sind.Sie waren in der Position, wo es um die Frage derKonformitätsprüfung geht, also auch eine Stelle,wo - so ist es zumindest auf der Website auch desKBA zu lesen - „das produzierte Objekt mit denAngaben in der Typgenehmigung und den jewei-ligen gültigen Vorschriften übereinstimmt“. Also,insofern ist das schon eine zentrale Stelle, meineich, um auch feststellen zu können, ob die Vor-aussetzungen noch erfüllt sind, die einst zu einerTypengenehmigung geführt haben.

Dann will ich ganz gern noch mal zurückkom-men auf die Frage, dass es Abweichungen gege-

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ben haben könnte; zumindest waren externe Hin-weise auf diese Art Abweichungen da. Und da istdie Frage: Ist das KBA Ihrer Auffassung nach da-für verantwortlich, die von Ihnen genehmigtenFahrzeuge auf diese Rechtskonformität, alsoNichtvorhandensein von illegalen Einrichtungen,zu prüfen? Das entnehme ich zumindest so die-sem Ansatz auf Ihrer Homepage.

Zeuge Lutz Sturm: Ja, wir sind natürlich darumbemüht, so etwas zu erkennen. Es ist aber sehrschwierig. Wir haben es bisher nicht erkannt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und wenn Sievon Abweichungen gehört haben von andererStelle, auch wenn Sie sie nicht selber festgestellthaben, wenn es denn illegale Abschalteinrichtun-gen gibt und das KBA auf Rechtskonformität zuprüfen hat, gehören da nicht auch die Prüfungund Bewertung von Abschalteinrichtungen dazu,also richtig einzusteigen in die Prüfung?

Zeuge Lutz Sturm: Ja, es ist schwierig für mich,da einen Weg zu finden, weil ich bin dafür, ei-nerseits die Konformität festzustellen, und diehaben wir ein bisschen begrenzt auf die Verglei-chung zwischen Typprüfung und hergestelltenObjekten. Und da haben wir bisher beim Abgaseben die Typ-1-Prüfung nach dem Neuen Europä-ischen Fahrzyklus herangezogen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Können Sie mirsagen, ob Sie jemals - - Haben Sie Kenntnis da-von, dass überhaupt jemals Prüfungen von Ab-schalteinrichtungen durchgeführt worden sind?

Zeuge Lutz Sturm: Nein, habe ich keine Kenntnisdavon.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gibt es dazu - -Nein, Sie haben es anfangs schon gesagt, es gibtkeine; eine rechtliche Grundlage dafür war Ihnennicht bekannt. - So habe ich Sie vorhinverstanden.

Zeuge Lutz Sturm: Ja.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann von Ihneneine Erfahrung oder Wahrnehmung von der De-batte seinerzeit: Wie wurde die Frage nach der

Behandlung der in der Verordnung explizit er-wähnten Abschalteinrichtung denn im KBA dis-kutiert? Wurden auch Hersteller und das Ver-kehrsministerium zu dieser Frage zurate gezo-gen?

Zeuge Lutz Sturm: Also, wie gesagt, das hatte ichschon mal gesagt, dass das von anderer Seite be-handelt wurde, also - -

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay.

Zeuge Lutz Sturm: Ja. Ich wollte nur sagen, so,wie ich sagte, dass eine andere Seite das behan-delt hat und ich nicht mehr dabei war.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann etwas wei-ter gefasst: Gab es denn jemals, also seit Inkraft-treten der EU-Verordnung zur Typengenehmi-gung, Hinweise an das KBA, dass Abschaltein-richtungen verwendet werden könnten, und,wenn ja, von wem kamen diese Hinweise?

Zeuge Lutz Sturm: Also, ich kann mich darannicht erinnern. Aber Hinweise kamen zum Bei-spiel zum CO2-Verbrauch, der höher ist. Aber, inAnführungsstrichen, mit Abschalteinrichtungenhat das ja wahrscheinlich nichts zu tun. Also,Abschalteinrichtungen wurden ja bisher, also vordem September letzten Jahres, nicht benannt.Nur, ich habe keine Kenntnisse davon. So mussman das sagen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und wurde dasseitens des KBA zur Kenntnis genommen, alsowenn nicht direkt nachgefragt worden ist, nach-geforscht worden ist, woran es denn liegenkönnte, ob es Abschalteinrichtungen gibt, wennSie darüber nichts sagen können? Wie ist manseitens des KBA überhaupt mit diesen Hinweisenumgegangen? Die sind ja zumindest presseöffent-lich gewesen.

Zeuge Lutz Sturm: Also, ich habe - - Diese Hin-weise waren ja - - Also, im Abgas bestanden dieüberhaupt nicht. In den Kraftstoffverbräuchen,was ja auch Abgas ist, CO2 , bestanden schonMeldungen. Die habe ich auch verfolgt, und diehaben bis auf den einen Fall alle ein positives Er-gebnis gehabt. Das liegt daran, dass - - Es kamen

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ja auch hier aus dem Hause, also jetzt BMVI, Mel-dungen, dass dort Auffälligkeiten bei Fahrzeugenvorhanden sind im Kraftstoffverbrauch. DieseFahrzeuge habe ich auch überprüft neben ande-ren Fahrzeugen, und bis auf das eine haben diealle mit positivem Ergebnis geendet. Das liegtmeiner Meinung nach daran, dass die Angabenvom Hersteller natürlich entstanden sind durchdie Prüfung nach dem Neuen Europäischen Fahr-zyklus, Typ 1, und bei Kraftstoffverbrauch ist jaeine logarithmische Häufigkeitsverteilung vorge-sehen von bis zu 32 Fahrzeugen oder 32 Messun-gen, und das ist ein anderer Zyklus, als derKunde eben draußen sein Fahrzeug fährt, also derFahrzeugbesitzer, der eben an der Tankstelle sei-nen Kraftstoffverbrauch misst. Das ist eben wasganz anderes, weil der ganz anders fährt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Ich danke Ihnen. -Das Wort geht an die SPD-Fraktion. - Dort gibt eskeine weiteren Fragen. Dann ist die grüne Frak-tion an der Reihe.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja,herzlichen Dank, Herr Vorsitzender. - HerrSturm, ich hätte erst mal eine Frage: Sie habeneben gesagt: Die Konformität wird über eineStichprobe überprüft, also die - - Wie viele Fahr-zeuge pro Jahr testen Sie denn da? Also, bei wievielen Fahrzeugen werden konkret Abgasmessun-gen gemacht, und wie kommen Sie an die Fahr-zeuge? Also, wo werden die hergeholt? Von Pri-vatleuten? Wo kommt das her?

Zeuge Lutz Sturm: Also, wir untersuchen alleHersteller. Wir haben uns auf die Hersteller kon-zentriert, nicht auf Fahrzeuge oder auf Typen,weil das eben sonst noch umfänglicher würde.Wir konzentrieren uns auf die Hersteller. DieHersteller geben ihre Fahrzeugfamilien an in die-sem Fall, und wir suchen die meistverkauftenbzw. die raus, die wir noch nicht geprüft haben,um eben die Abdeckung zu haben. Dabei ist inder Regel von - - Wenn wir vor Ort prüfen, sinddort pro Hersteller in der Regel etwa neun Fahr-zeuge, neun Überprüfungen plus die Überprü-fung, also die Begutachtung der Prüfergebnissevon den selbst oder von den Herstellern - - Arbeitdabei. In der Regel ist es so, dass der Herstelleralle seine Fahrzeugfamilien prüft. Dabei ist ja die

Mindestzahl an Prüfungen drei, die er machenmuss.

Wir haben festgestellt oder ich habe festgestellt,dass durch dieses statistische Verfahren in derRegel nicht mehr als fünf Fahrzeuge geprüft wer-den müssen. Es kommt auch darauf an, wie dieFahrzeugfamilien gebildet sind. Wenn Sie zumBeispiel - - Manche bilden die Fahrzeugfamiliemotorbezogen, manche bilden die Fahrzeugfami-lie fahrzeugbezogen, und bei der fahrzeugbezoge-nen Bildung sind in der Regel mehr Prüfungendurchzuführen, sodass wir am Jahresende soetwa auf - also ich kann es nicht hundertprozen-tig sagen, aber ich würde mal sagen - 50 Prüfun-gen kommen, die wir dort bewerten.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, Sie machen die beim Hersteller von Fahr-zeugen des Herstellers, und der Hersteller suchtauch die Fahrzeuge raus?

Zeuge Lutz Sturm: Ja. Wir sind selbst dabei undbetrachten dort den Fahrzeugpool, der angeliefertwird, und bestimmen daraus die Fahrzeuge.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, das ist ein Fahrzeug im Eigentum des Her-stellers.

Zeuge Lutz Sturm: In der Regel sind das Kunden-fahrzeuge, also von Fahrzeughaltern, -

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay.

Zeuge Lutz Sturm: - die dort zur Wartung an denHersteller abgegeben werden, und der benutzt dieweiter.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay, gut.

Zeuge Lutz Sturm: Wir haben natürlich auch an-dere. Wenn ich zum Beispiel so Sportwagenher-steller oder Fahrzeuge von ganz besonderer Klas-sifizierung habe, die sind natürlich schwer vonden Kunden zu bekommen, und da nehmen wir

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teilweise auch Fahrzeuge, die der Hersteller sel-ber besitzt, wobei aber keine außergewöhnlichenReparaturen durchgeführt wurden.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay. - Sie haben eben gesagt, das Wort „Ab-schalteinrichtung“ oder „Defeat Device“ - oderbei VW nennt man das jetzt, habe ich gelernt,„Umschalteinrichtung“ - haben Sie vor Septem-ber letzten Jahres nie gehört. Habe ich Sie darichtig verstanden: „Diesen Begriff, nie“?

Zeuge Lutz Sturm: Ja. Also, wir haben davon - -Es gab keine Indizien, die darauf hinwiesen, weil- -

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich frage nicht, ob Sie davon wussten, dass es dasgibt. Ich frage: Haben Sie den Begriff vorher ge-hört?

Zeuge Lutz Sturm: Nein. „Defeat Device“ ist mirsozusagen mit der Bildung im September erst be-kannt geworden, September 15.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Finde ich sehr erstaunlich, dass Sie das vorhernie gehört haben, weil andere Behörden der Bun-desregierung haben da schon Untersuchungsauf-träge formuliert, um diese zu entdecken. Gut. -Mich würde noch interessieren: Es ist klar, ichhabe verstanden, Sie prüfen nach dem NEFZ,klar, die Regeln. War Ihnen denn bekannt, dasses beim Thema Stickoxid im Realbetrieb zu enor-men, teilweise um ein Vielfaches, Überschreitun-gen der Grenzwerte kommt, und haben Sie sichnie die Frage gestellt: „Was hat das mit meinerArbeit, mit meinen Tests zu tun?“? Wo kommtdas her? Wieso haben wir hier perfekte Werte,und draußen passiert - - Oder war Ihnen dasauch völlig unbekannt?

Zeuge Lutz Sturm: Also, es ist mir schon be-kannt, dass die Werte im Realbetrieb anders sindals die auf den Richtlinien, Forderungen desNeuen Europäischen Fahrzyklus. Auch nur dagelten die Grenzwerte. Es ist ganz klar: Wennman das Fahrzeug anders benutzt, andere Leis-tungen abfordert, kommt auch ein anderes Abgasheraus. Das ist so.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut. - War Ihnen denn bekannt, dass von Euro 4nach Euro 5 die Werte - das ist ja dokumentiertim Handbuch Emissionsfaktoren des Umwelt-bundesamtes -, die Emissionen sogar gestiegensind, obwohl sie hätten sinken müssen?

Zeuge Lutz Sturm: Im Realbetrieb, oder?

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja,ja; klar.

Zeuge Lutz Sturm: Ich kann natürlich nur sagen,dass auf dem Betrieb nach dem NEFZ, so wie dieRichtlinie es vorschreibt - - Da sind sie ebennicht gestiegen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Aber Sie haben sich nie die Frage gestellt, dassdas irgendwie merkwürdig ist, dass das komischist? Also, ich - - Sie sind ja nun wirklich nahdran. Da muss man sich doch mal fragen: Waspassiert hier eigentlich? Warum mache ich dasGanze hier, wenn gleichzeitig draußen auf derStraße irgendwie die Emissionen steigen?

Zeuge Lutz Sturm: Also, diese Kenntnisse, dassda eben so große Steigerungen von den Abgas-werten, gerade NOx, sind, sind natürlich ganzbesonders bekannt oder durchgedrungen an michauch natürlich. Aber das hat sich ab der Meldungeben konzentriert. Vorher hatten wir da also dasGanze nie betrachtet, also konnten wir das auchnicht wahrnehmen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Kannten Sie denn - - Also, ich meine, Sie interes-sieren sich wahrscheinlich ja auch, wenn man zuHause privat mal irgendwo was liest oder sieht - -Es gab ja nun Studien, die auch in Medien Wi-derhall gefunden haben. Der ADAC hat Tests ge-macht. Haben Sie das auch nie so richtig regis-triert, oder - -

Zeuge Lutz Sturm: Also Abschalteinrichtungenhabe ich - -

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Nein, nein. Ich rede hier gar nicht von Abschalt-einrichtungen. Ich rede von überhöhten Werten;

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ICCT-Studie 2014, also deutlich vor Bekanntwer-den des VW-Skandals. Der ADAC hat regelmäßigVeröffentlichungen gemacht, hat auch Briefe ge-schrieben. Kannten Sie das, oder - -

Zeuge Lutz Sturm: Also wenn, dann habe ich dasnur privat gekannt und habe das natürlich anderseingeschätzt. Weil es ist ganz klar, dass, wennman außerhalb des Regelzyklus prüft, kommt et-was anderes raus. Das ist ganz logisch.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Das ist klar. Aber dass es mehr wird oder einVielfaches ist, das ist ungewöhnlich.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann habe ichaus meiner Sicht, für mich - -

(Zuruf)

- Ach so, Entschuldigung. - Frau Bellmann, bitte.

Veronika Bellmann (CDU/CSU): Also, ichmöchte noch mal darauf zurückkommen auf dieKonformitätsprüfung, den Unterschied zwischenden schweren Nutzfahrzeugen und den leichten;Sie haben das ja vorhin dargestellt. Der Vorsit-zende hat auch noch mal nachgefragt. Ich möchtejetzt noch mal auf das Thema Hersteller kommen.Liegt bei der Prüfung bei den leichten Pkw-Fahr-zeugen gegenüber den Nutzfahrzeugen eine Ver-pflichtung des Herstellers zugrunde? Haben Siedas jetzt von sich aus - ich will nicht sagen:„willkürlich“, aber im Prinzip ja, also stichpro-benartig - gemacht, oder gibt es da einegesetzliche Vorgabe?

Zeuge Lutz Sturm: In der zugehörigen Richtliniesteht ja die Forderung bei der IUC-Überprüfung,dass er das machen muss, und zwar Abgas füreine Dauer von 100 000 km fünf Jahre garantierenmuss. Und dazu muss er Prüfungen machen. Dassteht in der Richtlinie drin.

Veronika Bellmann (CDU/CSU): Das gilt für dieleichten oder auch für die schweren?

Zeuge Lutz Sturm: Für die schweren auch.

Veronika Bellmann (CDU/CSU): Gut.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann an dieserStelle meine Frage: Also, ich bin nicht damit zu-frieden, dass Sie sagen, dass Sie bei den Konfor-mitätsprüfungen halt Soll und Ist vergleichen,und wenn das übereinstimmt, dann ist alles imgrünen Bereich. So fasse ich es mal ein bisschensalopp zusammen.

Nun wissen wir aber eben auch aus der EU-Ver-ordnung - da steht es in Artikel 5 -, welche An-forderungen und Prüfungen vorgesehen sind.Und da wird erwähnt, dass die Hersteller ihreFahrzeuge so auszurüsten haben, dass sie so kon-struiert sein müssen, dass sie der Verordnungentsprechen. Es steht drin: Die Verwendung vonAbschalteinrichtungen ist unzulässig. Und dannwird die Ausnahme gemacht: Dies ist nicht derFall, wenn die Einrichtung notwendig ist, um dieMotoren vor Beschädigung usw. zu schützen,und die Einrichtung nicht länger arbeitet, alszum Anlassen des Motors erforderlich ist. - Undeine dritte Bedingung auch noch. - Das deutet fürmich doch darauf hin, dass Sie auch da prüfenmüssen, ob das so zutrifft, wie es die Verordnungsagt. Wie sind Sie dort vorgegangen?

Zeuge Lutz Sturm: Also, der, tja, ich muss sagen - -Wir haben die Prüfung vorgenommen nach demNEFZ, der ja mit dem Kaltzustand beginnt, undhaben eben, da wir ja mehrere Prüfungenmachen, dabei also gar keinen Hinweis gefunden,dass dort Abschalteinrichtungen vorhanden sind,die eben außerhalb wirken könnten. Und darumhaben wir auch keine weiteren Prüfungen vorge-nommen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und das Funktio-nieren von legalen Abschalteinrichtungen imRahmen der Verordnung, haben Sie deren Wirk-samkeit überprüft?

Zeuge Lutz Sturm: Nein.

Vorsitzender Herbert Behrens: Die SPD-Fraktionwäre jetzt an der Reihe. - Wunschlos glücklich.Die Fraktion der Grünen.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Herr Sturm, ichmöchte doch noch mal auf ein anderes Thema

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kommen. Wenn ich das so richtig aus den Unter-lagen entnommen habe, dann waren Sie ja bei gutder Hälfte aller Besprechungstermine zum ThemaUntersuchungskommission mit den Prüfergebnis-sen bei den Herstellern dabei; diese Untersu-chungskommission, die jetzt nach dem Aufde-cken des Skandals da neu eingesetzt worden ist.

Zeuge Lutz Sturm: Ich?

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ja.

Zeuge Lutz Sturm: Nein. Ich bin nicht beschäftigtdabei gewesen.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Überhaupt nicht?

Zeuge Lutz Sturm: Nein.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Den Unterlagen konnten wir was anderes entneh-men. Da bin ich ein bisschen erstaunt.

Zeuge Lutz Sturm: Untersuchungsausschuss - ichbin jetzt das erste Mal hier.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Untersuchungskommission, nicht -ausschuss.

Zeuge Lutz Sturm: Ja, da war ich auch nicht da-bei.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also das, was der Herr Dobrindt eingesetzt hat.

Zeuge Lutz Sturm: Das hat Herr Wrobel gemacht,aber nicht ich.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Aha. Gut. - Dann gehen wir noch mal auf einenanderen Punkt zurück, an den Sie sich vielleichterinnern können. Da kommen wir noch mal wie-der zurück zur Felduntersuchung - - dieses Pro-jekt „Untersuchung des Abgasverhaltens von inBetrieb befindlichen Fahrzeugen und emissions-relevanten Bauteilen“ -: Inwieweit waren Sie dorteigentlich in diese Untersuchung mit eingebun-den?

Zeuge Lutz Sturm: In was für Untersuchungen,also - -

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):In diese - Entschuldigung, also, ich tue mich jetztda langsam ein bisschen schwer - Felduntersu-chung: Wie waren Sie mit eingebunden?

Zeuge Lutz Sturm: Also, ich habe diese Untersu-chungen des IUC nach den Richtlinien der Her-steller gemacht.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wissen Sie - - Entschuldigung, ich habe hier einProtokoll vorliegen. Ich lese mal die Material-nummer vor: MAT A BASt-2-2, Referat F3,Ordner 4_5 von 20, Seite 208. Das war einProtokoll der Lenkungsgruppensitzung Projekt„Untersuchung des Abgasverhaltens von inBetrieb befindlichen Fahrzeugen undemissionsrelevanten Bauteilen“; Besprechungmit Volkswagen, BMVBS, 20.06.2011,Ergebnisprotokoll. Teilnehmer: Herr Sturm, KBA.Gibt es da noch einen zweiten Herrn Sturm?

Zeuge Lutz Sturm: Nein.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Können Sie sich an diese Besprechung - -

Zeuge Lutz Sturm: Also, ich müsste da Einblickhaben. Aber wenn es sich darum dreht, wurdemit VW dabei besprochen, wo und wie viel wirprüfen sollten.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Es ging da um die Probleme mit den erhöhtenCO-Emissionen bei VW.

Zeuge Lutz Sturm: Ja, CO2.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):CO.

Zeuge Lutz Sturm: CO?

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):„CO“ steht hier drin.

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Zeuge Lutz Sturm: Also, wenn ich mich richtigerinnere, habe ich mit VW natürlich - - war ichbei diesen Gesprächen dabei, wo eben genau be-sprochen wurde, wo wir solche Fahrzeuge prü-fen. Ein Problem war auch die CO2-Messung oder-bewertung wegen der unterschiedlichen Tole-ranzlage in der Regelung, in der Richtlinie dazu.CO - -

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Kürzen wir es mal ab, Herr Sturm: Sie reden jetzt,wenn ich es richtig verstehe, über das, was Siedort als Standardaufgabe haben: Konformitäts-überprüfung.

Zeuge Lutz Sturm: Ja.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich habe gezielt gefragt nach diesem Projekt, dasmal aufgesetzt worden ist, wo die BASt federfüh-rend war, diese Felduntersuchung. Inwieweit wa-ren Sie da mit involviert?

Zeuge Lutz Sturm: Also, ich habe für die Feldun-tersuchung, die die BASt gemacht hat, höchstensDaten geliefert von meinen IUC-Untersuchungen.Aber an den Feldversuchen, die die BASt unter-nommen hat - - habe ich also höchstens Informa-tionen daraus gezogen.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, Sie waren ja nun bei dieser Sitzung lautProtokoll eindeutig dabei gewesen.

Zeuge Lutz Sturm: Mhm. Ich nehme an, dass daauch mein damaliger Vorgesetzter, Herr Maag,mit bei war.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Nein.

Zeuge Lutz Sturm: Nein.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, das war in Essen.

Zeuge Lutz Sturm: Ja, habe ich nicht - -

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Dann habe ich keine Frage. Hast du noch eine?

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja. -Fünf Jahre her, 2011; ich weiß gar nicht, wie oftSie nach Essen fahren. Also, eigentlich würde ichsagen, daran kann man sich erinnern, wenn mandahin gefahren ist; aber gut. - Waren Sie - - HabenSie Gespräche - - Also, wir reden jetzt über dieKommission Dobrindt, VW-Skandal; alles das,was ab September 2015 passiert. Da hat es Ge-spräche mit Herstellern über die Ergebnisse, andenen Sie ja eben auch, haben Sie gesagt - - Sie - -Wenn ich mich richtig erinnere, haben Sie gesagt,Sie sammeln die Daten. Haben Sie an den Ge-sprächen mit den Herstellern über die Messun-gen teilgenommen?

Zeuge Lutz Sturm: Also, ich war in den Gesprä-chen vorrangig in - - Gesprächen dabei, habe aberdas nur informativ aufgenommen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ahja. Und wenn Sie das informativ aufgenommenhaben, worüber wurde denn mit den Herstellernda gesprochen? Also, was war der Inhalt dieserGespräche?

Zeuge Lutz Sturm: Es wurden ja da andere Prüf-verfahren vom KBA vorgeschlagen oder durchge-führt, die sich zum Beispiel auf Temperaturver-halten beziehen, und die Hersteller - - Das lagdaran, weil diese Prüfungen, die durchgeführtwurden, ja bei anderen Temperaturen als bei de-nen, die die Grenzwerte beschreiben, durchge-führt wurden. Und dort wurden die Hersteller ...(akustisch unverständlich) gebeten, doch Maß-nahmen zu ergreifen, um dieses Temperaturfens-ter zu erweitern. Aber was daraus geworden ist,weiß ich bloß indirekt, weil ich bei einer CO2-Prüfung Daten erhalten habe von einem Fahr-zeug, das mit anderen Temperaturen geprüftwurde.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Bei welchen Herstellern waren Sie denn mit da-bei? Ich meine, das können Sie - -

Zeuge Lutz Sturm: Ich war bei keinen Herstellerndabei, sondern ich habe davon nur erfahren. Ichwar bei - -

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Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Eben haben Sie doch gesagt, Sie waren bei denGesprächen dabei. Oder habe ich Sie da falschverstanden?

Zeuge Lutz Sturm: Ja, ach so, bei diesen Gesprä-chen. Das waren einmal die Firma Fiat und ein-mal die Firma Porsche.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Und ist da auch darüber gesprochen worden,über den Bericht, der aufgrund der Untersuchungveröffentlicht wurde, wie dieser Bericht aussehenwürde?

Zeuge Lutz Sturm: Es hat - - Da müssen Sie - -Nein. Also, kann ich Ihnen nicht sagen, weil ichhabe da, wie gesagt, in diesem kurzen Momentnur eben informativ aufgenommen, so gut esging. Und der Bericht - - das wurde von andererSeite erstellt.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Nein. Sie waren bei dem Gespräch dabei, habenSie eben gesagt. Ich möchte jetzt - -

Vorsitzender Herbert Behrens: Wir sind über dieZeit, Oliver. Sorry. - Aber die Fragerunde ist jaweiterhin hier im Gang. Es ist die Frage an Sie. -Wir sind mit keinen weiteren Fragen versehen.SPD-Fraktion? - Dann darfst du jetzt weiterma-chen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Mich würde einfach nur interessieren, wenn Siedabei waren - also, Sie sind ja nun bei einem in-teressanten Termin dabei gewesen, wo über dieFrage gesprochen worden ist, Untersuchungsbe-richt nach VW-Abgasskandal bei zwei Autoher-stellern -, worüber da mit dem Hersteller gespro-chen worden ist. So, und ich habe das so verstan-den: Selber haben Sie nichts gesagt. Wenn Sie sa-gen „informativ“ oder so, dann okay. Aber Siehaben ja dann gehört, worüber da gesprochenworden ist. Und meine Frage wäre: Ist zum Bei-spiel über die Frage gesprochen worden: „Wiewerden die Ergebnisse dieser Untersuchung ver-öffentlicht?“?

Zeuge Lutz Sturm: Also, da muss ich sagen: Dazumüsste man diesen Bericht angucken; da steht esdrin. Ich kann Ihnen dazu aus dem Kopf nicht soeinfach antworten; weiß ich nicht.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wie oft fahren Sie denn zu Fiat und Porsche undführen da Gespräche?

Zeuge Lutz Sturm: Ja, zu Fiat gar nicht, weil Fiatist nicht bei uns genehmigt. Bei Porsche - dashatte ich vorhin erwähnt - ist das große Problem,dass Sie schwer Fahrzeuge bekommen können,die wir prüfen, sodass wir da auf einen Abstandvon etwa drei Jahren gegangen sind, zu prüfen,und das macht mein Mitarbeiter.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay. - Aber ich finde es jetzt schon erstaunlich,dass Sie sich da an gar nichts erinnern. KönnenSie sich an etwas anderes aus diesen Gesprächen- - Also, wenn Sie dabei waren - - Da ist ja jetztnicht - - Die eine Sache, der Termin in Essen,war vor fünf Jahren. Daran können Sie sich nichtmehr erinnern, was ich auch schon verwunder-lich finde, weil so oft fährt man wahrscheinlichja von Flensburg nicht nach Essen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gut. Die Kom-mentierung lass mal weg.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay, gut. - Mich würde dann aber schon interes-sieren: Gibt es irgendeine andere Erinnerung, dieSie an diese Gespräche haben?

Zeuge Lutz Sturm: Also, wir hatten als Erstes dieErinnerung, dass eben die Hersteller Überlegun-gen gemacht haben, wie sie dieses Temperatur-fenster ändern wollen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Und wie sahen die Überlegungen aus? Ging dasvon den Herstellern aus, oder wurde das vonIhnen - -

Zeuge Lutz Sturm: Ja, es kam von den Herstel-lern. Es wurde erklärt auf der einen Seite, dasseben dort vielleicht Abweichungen sind, weil

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eben große Werte vorhanden sind. Und die Her-steller haben angedeutet, dass man das verändernkönnte.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Die haben angedeutet, dass sie - - Wurde auchüber die Frage gesprochen: Ist das, was da mitdiesen sogenannten Temperaturfenstern oderThermofenstern praktiziert wird, legal, oder ist esillegal? Wurde diese Frage erörtert mit den Her-stellern? Oder dass es da Konsequenzen gebenkönnte, dass man möglicherweise da mit Sanktio-nen rechnen muss?

Zeuge Lutz Sturm: Nein, die Sanktionen wurdennicht angedeutet. Ich muss dazu - - hinweisen,dass die Firma Fiat auch dann den Rückzug ange-treten hat, also hat da nicht mehr mit dem KBAKontakt aufgenommen, soviel ich das weiß. Unddie Firma Porsche hat Änderungen durchgeführtauf eigenen Wunsch oder eigene Initiative.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Welche Änderungen hat Porsche durchgeführt?

Zeuge Lutz Sturm: Ja, die hat - - Ich - - Also, daszei- - habe ich also - - Ich habe es ja nicht mehrbetreut; aber ich habe gesehen, dass dort Messun-gen da waren, die eben bei anderen Temperatu-ren, als die im Neuen Europäischen Fahrzyklusgefordert sind, durchgeführt worden sind.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay. - Danke.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gibt es weitereFragen hier in diesem Kreis, die öffentliche Sit-zung betreffend? Wenn es jetzt seitens des Aus-schusses den Wunsch gibt, den Zeugen späternoch mal, nach der öffentlichenBeweisaufnahme, in eingestufter Sitzung zubefragen, dann möchte ich - - Okay.

Also, dann können wir jetzt die Befragung vonIhnen für heute beenden. Ich bedanke mich. ImRechtsinne abgeschlossen ist Ihre Vernehmung,nachdem Ihnen das Protokoll zugegangen ist, Sienoch mal zwei Wochen die Zeit haben, Korrektu-ren an der Übertragung vorzunehmen oder Rich-tigstellungen und Ergänzungen Ihrer Aussage

mitzuteilen. Erst danach beschließt dann derAusschuss offiziell den Abschluss der Verneh-mung. - Ich danke Ihnen für Ihr Erscheinen hier.Vielen Dank.

Zeuge Lutz Sturm: Vielen Dank.

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Vernehmung des ZeugenDieter Maag

Vorsitzender Herbert Behrens: Wir fahren fort. -Herr Maag, noch mal herzlich willkommen! Diefür alle gleichermaßen geltenden Rechte undPflichten hatte ich bereits vorher erwähnt, unddann können wir schon so weit einsteigen, dassich Sie zunächst, bevor wir in die inhaltlicheVernehmung gehen, zur Person vernehme. Dasheißt, ich möchte Sie bitten, sich kurz vorzustel-len. Wenn Sie Ihren Vornamen, Namen, Ihr Alter,Ihren Beruf und Ihren Wohnort bitte nennen mö-gen.

Zeuge Dieter Maag: Mein Name ist Dieter Maag.Ich bin 67 Jahre alt; bin seit circa zweieinhalbJahren jetzt im Ruhestand. Studiert habe ich Ma-schinenbau; ich bin Diplom-Ingenieur undwohne zurzeit in Flensburg.

Vorsitzender Herbert Behrens: Vielen Dank. -Herr Maag, Sie wurden über den Gegenstand derVernehmung bereits schriftlich informiert. Ichmöchte das noch mal eben kurz zusammenfas-sen: Im Kern geht es um das Abweichen der imRealbetrieb auf der Straße festgestellten Kfz-Kraftstoffverbräuche und Abgasemissionen vonden Werten, die von den Herstellern angegebenbzw. von den Prüfstellen bei der Typzulassungermittelt wurden. Uns interessieren die Fragen:Was waren die Auswirkungen auf die Bevölke-rung und die Umwelt? Inwieweit spielten Ab-schalteinrichtungen oder sonstige Vorrichtungenzur Zykluserkennung und Beeinflussung desEmissionsverhaltens von Fahrzeugen eine Rolle?Und welche Kenntnisse oder Hinweise lagen derBundesregierung oder sonstigen staatlichen Stel-len im Zeitraum vom 20. Juni 2007 insoweit vor,und was wurde gegebenenfalls veranlasst?

Herr Maag, wenn Sie es wünschen, können Siejetzt im Zusammenhang darstellen, was Ihnenüber den Gegenstand der Vernehmung bekanntist. Dann hätten Sie jetzt das Wort, bevor wirdann in die Fragerunde einsteigen.

Zeuge Dieter Maag: Ich möchte nur sagen, dassich über diese Problematik nur durch die Presseinformiert bin.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann möchte ichganz gern mit ein paar einleitenden Fragen vonIhnen Erkenntnisse über bestimmte Sachen erfah-ren, die dann auch ein Stück vor dem Zeitraumliegen, wo der Abgasskandal offenkundig gewor-den ist. Uns interessieren natürlich - das werdenSie wissen - Fragen oder Ihre Wahrnehmungenauch zur Konzeption, zum Verlauf und zu denErgebnissen des gemeinsamen Feldüberwa-chungsprojekts des damaligen Verkehrsministeri-ums und des damaligen Umweltministeriums,das die BASt als Auftraggeber in den Jahren 2010bis 2013 vom TÜV Nord als Auftraggeber hatdurchführen lassen.

Ferner möchte ich natürlich wissen, wie das KBAmit den Erkenntnissen aus den Messergebnissenaus der Feldüberwachung umgegangen ist undwelche Maßnahmen daraus folgten. Und einekonkrete Frage: Ich möchte Sie ganz gern bitten,kurz zu schildern, wie und wodurch Sie erstmalsmit diesem Feldüberwachungsprojekt in Kontaktgekommen sind und welche Rolle dem KBA zu-kommt - - die ja für die Typgenehmigung, Typ-prüfung und die CoP-Überprüfung zuständigsind, also wie Sie in diese Prüfungen eingebun-den waren.

Zeuge Dieter Maag: Ich war zu der Zeit damalsReferatsleiter für den Bereich CoP und Markt-überwachung … (akustisch unverständlich) Pro-duktsicherheit. Und ich wurde eingebunden indieses Projekt, als so die ersten Entwicklungen,die ersten Gedanken schon da waren, dass dasKBA mitwirken sollte oder das KBA mitwirkenmusste und das KBA auch gewisse Daten zu lie-fern hatte, einmal über die Fahrzeuge selbst.Also, welche Typen sind hier auszuwählen?Diese Typen sollten ja bundesweit letztlich aus-gewählt werden, und das KBA hat ein entspre-chendes Register dafür, sodass man dort Stich-proben ziehen kann aus diesem Register. Das waralso schon eine wichtige Maßnahme.

Das KBA ist auch finanziell noch beteiligt gewe-sen, hat also dort einen finanziellen Beitrag ge-leistet. Diese Gedanken, die waren vor mir, alsodiese Entscheidung vorher schon getroffen, undich wurde dann eingebunden, als zum ersten Mal

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auch eine Informationsveranstaltung für die In-dustrie stattfand. Dort wurde nämlich vom Ver-kehrsministerium über dieses Projekt, was manvorhat, berichtet. Damals war ich dann auch zumersten Mal auf dieser Sitzung mit dabei, wo alsobesprochen wurde, was man vorhat, dass manalso die Emissionen gewisser Fahrzeugtypen er-mitteln wird und dafür jeweils von einem Fahr-zeugtyp drei Fahrzeuge gemessen werden unddann natürlich auch ein entsprechender Berichtgemacht wird. - So bin ich in diese Projektarbeitund in die Lenkungsgruppenarbeit eingebundenworden.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und ist Ihnen indiesem Stadium auch der Konzeptvorschlag desUmweltbundesamts bekannt gewesen, auf dessenGrundlage ja auch dann letztendlich das Feld-überwachungsprojekt aufgebaut worden ist?

Zeuge Dieter Maag: Im Detail kannte ich dennicht.

Vorsitzender Herbert Behrens: Aber Sie wussten,dass eben das UBA die Grundlage oder erst ein-mal den Aufschlag gemacht hat, was man ganzgerne herausfinden möchte? Das ist Ihnen so weitbekannt?

Zeuge Dieter Maag: Das ist mir bekannt, dassvom UBA gewisse Anstöße kamen, um eben dortmehr nachforschen zu müssen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Haben Sie dabeiauch Kenntnis über Folgendes erfahren: Es heißtdort unter 2.1 „Bisherige Feldüberwachung“, unddazu gibt es einen Unterpunkt 2.1.3 „Defizite,nicht geregelte Bereiche“. Das ist MAT A BMUB-2-1, Ordner 4, Blatt 37. Darin heißt es:

Aus technischer Sicht bestehen -neben einigen unzureichend defi-nierten Details in der Richtlinie -folgende Defizite: …

Die moderne Fahrzeugelektronikermöglicht es, die Fahrzeuge mitEinrichtungen auszustatten, dieden Betrieb im NEFZ auf dem Rol-lenprüfstand erkennen, so dassauf ein für die Abgas- und/oder

Verbrauchsmessung optimiertesMotorkennfeld umgeschaltet wird,das vom normalen Betrieb ab-weicht (sog. cycle-beating).

Das ist MAT A BMUB-2-1, Ordner 4, Blatt 38.

Zeuge Dieter Maag: Nein, kannte ich nicht.

Vorsitzender Herbert Behrens: Sie haben aberHinweise bekommen, wenn Sie sagen, Sie hättenden Ansatz des UBA durchaus gekannt, bevor esdann in die Projektbeschreibung ging. Sind Ihnendenn in diesem Zusammenhang überhaupt Hin-weise erinnerlich, dass das UBA auf Abweichun-gen bzw. Abschalteinrichtungen hingewiesen hatin seiner ursprünglichen Konzeption?

Zeuge Dieter Maag: Also dass durchaus Abwei-chungen von verschiedenen Stellen berichtetworden sind, auch vom UBA Abweichungen, dasist mir bekannt. Aber dieses Detail jetzt von Ab-schalteinrichtungen: Diese Information wussteich nicht, nein, wusste ich nicht.

Vorsitzender Herbert Behrens: Es ist immer ja zuhören, dass - nicht nur zu hören, sondern es ist inder EU-Verordnung eben auch so festgelegt, einesogenannte - - Nein, gar nicht wahr. In der Dis-kussion, die wir seit einigen Monaten führen,wird ja darauf hingewiesen, eine sogenannte Zyk-luserkennung sei notwendig, um Fahrzeuge über-haupt auf dem Rollenprüfstand prüfen zu kön-nen. Reicht es dafür nicht aus, dass ein getestetesFahrzeug erkennt, wenn es sich auf einem Rol-lenprüfstand befindet? Und kann man dann die-ses System nicht einfach auch extern deaktivie-ren, was dann eine Rollenuntersuchung möglichmacht?

Zeuge Dieter Maag: Diese Frage habe ich jetztnicht ganz verstanden.

Vorsitzender Herbert Behrens: Also: Bedarf esautomatischer Abschaltsysteme, um einenPrüfzyklus erkennen zu können?

Zeuge Dieter Maag: War für mich auch nicht be-kannt, dass wir also so ein System brauchen, um

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18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 38 von 153

auf dem Rollenprüfstand Messungen machen zumüssen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und haben Sie imRahmen Ihrer Tätigkeit im KBA seit Juli 2007niemals Hinweise aus Kollegenkreisen oder vonExternen auf die Verwendung möglicherweise il-legaler Abschalteinrichtungen erhalten?

Zeuge Dieter Maag: Also, ich habe auch jetzt dieletzten Tage überlegt: Habe ich von irgendeinerStelle dieses Thema überhaupt mal besprochen,oder ist es mal am Rande besprochen worden?Ich kann mich an kein einziges Gespräch erin-nern, wo über solche illegalen Abschalteinrich-tungen gesprochen worden ist.

Vorsitzender Herbert Behrens: Also, ich hatte ananderer Stelle schon darauf hingewiesen odereben diesen Beitrag damit eingeführt, dass natür-lich auch in der entsprechenden EU-Verordnungvon Abschalteinrichtungen die Rede ist, undzwar in dem Zusammenhang, dass Abschaltein-richtungen grundsätzlich nicht erlaubt sind, essei denn, sie dienen dem Motorschutz. Also derBegriff und das Vorliegen, das Vorhandenseinvon Abschalteinrichtungen müsste Ihnen danndoch bekannt gewesen sein.

Zeuge Dieter Maag: Das war keine Thematik,über die irgendwie gesprochen worden ist.

Vorsitzender Herbert Behrens: Ja, ich gebe erstmal das Wort weiter. - Es ist an der Reihe dieCDU/CSU-Fraktion.

Uwe Lagosky (CDU/CSU): Herr Maag, gemäß Ar-tikel 5 der EU-Verordnung 715/2007 sind dieHersteller verpflichtet, das Fahrzeug so auszurüs-ten, „dass die Bauteile, die das Emissionsverhal-ten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert,gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeugunter normalen Betriebsbedingungen der Verord-nung und ihren Durchführungsmaßnahmen ent-spricht“ und keine Abschalteinrichtungen ver-wendet werden, es sei denn, ein Ausnahmetatbe-stand ist erfüllt. - Was ist der gesetzliche Auftragdes Kraftfahrt-Bundesamtes als Genehmigungsbe-hörde für die Typgenehmigung gemäß dem § 2

Absatz 1 der EG-Fahrzeuggenehmigungsverord-nung bezogen auf die EU-Verordnung 715/2007und speziell den Artikel 5? Was ist der Auftragdes Kraftfahrt-Bundesamtes?

Zeuge Dieter Maag: Das Kraftfahrt-Bundesamthat im Rahmen der Typgenehmigung natürlichfestzustellen, ob dieses Fahrzeug den Anforde-rungen genügt, die jetzt die Vorschrift mit all ih-ren - - oder die gesamte Vorschrift für diesesFahrzeug zu erfüllen hat. Das ist zu prüfen: Sinddiese Anforderungen an diesen Fahrzeugtyp allegegeben? Das ist also eine Prüfung, die zu ma-chen ist, und danach, wenn diese Anforderungenerfüllt werden, auch die Genehmigung da zu er-teilen. Dazu gehört dann auch die entsprechendePrüfung im Nachgang, ob diese Bedingungenweiterhin eingehalten sind.

Uwe Lagosky (CDU/CSU): Können Sie noch malbeschreiben, welche Prüfungen Sie dort genauvornehmen in Bezug auf die Abgaseinrichtungenund welche Aufgaben die Hersteller bei diesem - -Also, Sie haben Aufgaben als Kraftfahrt-Bundes-amt gehabt, und welche Aufgaben sind auchnoch bei den Herstellern entsprechend veran-kert? Können Sie das noch mal beschreiben, wasdas Kraftfahrt-Bundesamt macht und was dieHersteller zu machen haben?

Zeuge Dieter Maag: Der Hersteller hat insbeson-dere dann auch sicherzustellen, dass das, wastypgenehmigt worden ist, auch in der Serienpro-duktion nach den Vorschriften, wie es genehmigtworden ist, gefertigt wird. Das ist also, dass dasFahrzeug, wenn es vom Band läuft, all diese An-forderungen, die in der Typgenehmigung be-schrieben worden sind, und den Vorschriftenentsprechend - - dass dieses Fahrzeug dann auchall diese Bedingungen erfüllt.

Und für das Kraftfahrt-Bundesamt ist damitebenso die Aufgabe, dieses aus Sicht des Kraft-fahrt-Bundesamtes dann auch zu prüfen: Erfülltder Hersteller hier seine Pflicht, dass er alsoseine Prüfungen auch durchführt? Also dass manentsprechende Unterlagen verlangt oder eben,dass man direkt konkrete Prüfungen selbst durch-führt, wenn Zweifel bestehen.

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Uwe Lagosky (CDU/CSU): Wenn Sie als Kraft-fahrt-Bundesamt Prüfungen durchgeführt haben,gehen die dann nach dem Neuen EuropäischenFahrzyklus auf dem Rollenprüfstand? Wie ist dasvonstattengegangen?

Zeuge Dieter Maag: Also, ich habe jetzt nicht anallen Prüfungen direkt teilzunehmen, sondernwir haben ja den Auftrag vergeben an TechnischeDienste, Prüfungen durchzuführen. Das ist fürdie Typgenehmigungserteilung der Fall, und dasist auch für Nachprüfungen der Fall. Das heißt,das Kraftfahrt-Bundesamt, wenn es Nachprüfun-gen hat machen lassen, hat dann den klaren Auf-trag an einen Technischen Dienst gegeben, nachdieser oder jener Vorschrift diesen Fahrzeugtypdann noch mal zu untersuchen.

Uwe Lagosky (CDU/CSU): Dann noch mal eineNachfrage zu den Abschalteinrichtungen: SindAbschalteinrichtungen Gegenstand des Prüfver-fahrens, wenn ein Verdachtsfall vorliegt?

Zeuge Dieter Maag: Ich kann jetzt nur aus meinerZeit das berichten: Ich habe dieses Thema nie-mals in irgendeiner Diskussion gehabt.

Uwe Lagosky (CDU/CSU): Würden Grenzwert-überschreitungen - - Ich meine, Sie haben dieDiskussion nicht geführt; deshalb ist wahrschein-lich die Antwort auch schon gegeben. Aber sindGrenzwertüberschreitungen nicht ein Zeichendafür, dass man so einen Verdacht haben sollte?

Zeuge Dieter Maag: Also, Grenzwertüberschrei-tungen sind jetzt nicht für ein einzelnes, indivi-duelles Fahrzeug von Bedeutung, sondern Grenz-wertüberschreitungen muss man dann wiederumunter dem Aspekt „Typ“ sehen, also: Erfüllt die-ser Typ nicht die Anforderungen der Vorschrift?Und es kann durchaus sein, dass bei Prüfungenein Fahrzeug einen Grenzwert oder auch mehrereGrenzwerte überschreitet, andere Fahrzeugenicht. Doch dafür gibt es dann bestimmte Vor-schriften, wie damit umzugehen ist. Das heißtalso, wenn man hier feststellt, hier sind gewisseGrenzwertüberschreitungen da - - Also, man fängtan mit drei Fahrzeugen, das zu prüfen, und dannkommt es bei dem einen oder anderen Typ zu

Grenzwertüberschreitungen. Dann gibt es ein Ver-fahren - das sogenannte statistische Verfahren -, indas man dann hineingehen muss, weitereFahrzeuge dann hinzuziehen muss, weitere Fahr-zeuge prüfen.

Das Verfahren ist beschrieben in der Vorschrift,und das kann dann durchaus sein, dass man ge-rade bei Emissionen - ich weiß es heute nichtmehr ganz; da waren 20 oder 22 Fahrzeuge -eventuell so einen langen - - oder so viele Fahr-zeuge prüfen muss, um am Ende die Aussage ma-chen zu können: Ist dieser Fahrzeugtyp noch - -Entspricht er den Vorschriften, oder entspricht ernicht den Vorschriften, der Fahrzeugtyp?

Das heißt, bei diesen 20 Fahrzeugen sind durch-aus einige Fahrzeuge dabei, die Grenzwertüber-schreitungen haben. Dafür sind andere wiederumbesser. Aber dieser genaue Verlauf der Prüfungist beschrieben, sodass man eventuell manchmalschon bei sieben, acht, neun oder zwölf Fahrzeu-gen zum Ergebnis kommt: durchgefallen odernicht durchgefallen.

Uwe Lagosky (CDU/CSU): Das heißt also: Grenz-wertüberschreitungen bedingen nicht gleichzeitigden Verdacht auf Manipulation und Abschaltein-richtungen, sondern sind erst mal ganz natürlichin der Natur der Sache, dass es so etwas gebenkann, und dann wird weiter geprüft. - Ist dasrichtig?

Zeuge Dieter Maag: Genau so sieht es die Vor-schrift vor: dass man also bei einzelnen Fahrzeu-gen bei Grenzwertüberschreitungen weiter prüfenmuss bei anderen Fahrzeugen.

Uwe Lagosky (CDU/CSU): Sie sagten ja, dass dieHersteller dann im Nachgang der Prüfung ent-sprechend auch ihre Aufträge erfüllen müssen,um das zu beheben, was an Feststellungen ge-macht wurde. Haben die von Herstellern ergriffe-nen Maßnahmen immer zur nachträglichen Ein-haltung der Grenzwerte geführt? Oder musste inder Folge einer anhaltenden Grenzwertüber-schreitung auch mal ein Fahrzeug nicht aus demVerkehr gezogen werden, sondern die Typenge-nehmigung entsprechend auch angefochten wer-den?

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Zeuge Dieter Maag: In meiner Zeit kann ich michnicht erinnern, dass wir Fahrzeuge, dass jetztwiederum den Typ Fahrzeug - - wiederum ein-zelne Fahrzeuge lagen drüber, aber dass der TypFahrzeug also den Vorschriften damit nicht ent-sprach. Ich kann mich nicht erinnern, dass wirda ein Fahrzeug aus dem Verkehr - - oder dieTypgenehmigung zurückziehen mussten; nein.

Uwe Lagosky (CDU/CSU): Vielleicht noch mal ei-nen Blick auf die Selbstverpflichtung der Herstel-ler: Das Umweltbundesamt bemängelt seit Jahrenmit Blick auf die Feldüberwachung und deren Er-gebnisse, dass die Selbstverpflichtung der Her-steller nicht zielführend sei. Welches Vertrauenhatte das Kraftfahrt-Bundesamt in Ihrer Zeit undSie in die Hersteller, dass sie die Fahrzeuge denEmissionsanforderungen entsprechend betreibenund die Nichteinhaltung melden? Also, wie istdie Beziehung zu den Herstellern dort an derStelle gewesen, und wie muss man das einord-nen?

Zeuge Dieter Maag: Also, ich denke mal, als Be-hörde hat man immer ein gesundes Misstrauen.Deswegen machen wir ja auch solche Überprü-fungen. Aber unsere Überprüfungen haben ebengezeigt, dass die Fahrzeuge in dem gesetzlichenRahmen geblieben sind.

Uwe Lagosky (CDU/CSU): Ich gebe erst mal wei-ter.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann ist die Grü-nenfraktion an der Reihe.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herzlichen Dank. - Ich habe doch eine ganzeReihe Fragen. Ich möchte mal kommen, HerrMaag, auf das Thema dieser Felduntersuchung,wo damals die BASt federführend war. Sie habendavon ja auch schon gesprochen, wenn ich esrichtig im Kopf habe. Warum wurde bei der Feld-untersuchung 2010 bis 2012 nur stichprobenartignach NEFZ geprüft, und warum wurde nichtnach einer Abschalteinrichtung gesucht? Warumwurde der Prüfzyklus auf der Rolle nicht wenigs-tens etwas verändert?

Zeuge Dieter Maag: In den Sitzungen, an denenich teilgenommen habe, war das kein Thema,sondern es war das Thema, die Fahrzeuge nachdem NEFZ zu überprüfen. Das war für mich - -Also, in den Sitzungen, wo ich war, kann ichmich nicht erinnern, dass wir dort aus irgendei-nem Grund das Thema unerlaubter Abschaltein-richtungen - - wir hätten danach suchen müssen.Auch die Messergebnisse über den NEFZ gabenda keinen Anlass irgendwie. Gut, das war aufdem Prüfstand gemessen. Aber es ist nicht inmeinem Beisein - - Also, ich kann mich annichts erinnern, dass wir jemals so ein Miss-trauen hatten: Da müsste gesucht werden; dakönnte irgendetwas nicht in Ordnung sein. Habeich nicht in Erinnerung.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wäre es denn denkbar gewesen, dass man so et-was in so einem Felduntersuchungsprogrammhätte einbauen können? Wie ist da Ihr Kenntnis-stand davon? Wäre da eine Möglichkeit gegebengewesen?

Zeuge Dieter Maag: Also, aus heutiger Sichtdenke ich mal: Nach den Erkenntnissen, die jetztin der Vergangenheit oder in den letzten zweiJahren sicherlich gewonnen sind, wird das zu soeinem Prüfumfang sicherlich gehören. Damalshabe ich, also ich persönlich, in keinster Weisean so etwas gedacht.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, Sie sehen keinen rechtlichen Hinderungs-grund, da mal über den NEFZ hinauszugucken?

Zeuge Dieter Maag: Heutzutage schon.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Das widerspricht eben der Aussage von vorher.Sehen Sie da einen rechtlichen Hinderungs-grund, über den NEFZ hinauszugucken?

Zeuge Dieter Maag: Der NEFZ ist heutzutage dieGrundlage für solche Prüfungen, und da ist alsobeschrieben, wie dieses Verfahren - - was im Ein-zelnen zu messen ist. Und ich halte es also fürdie Zukunft für wichtig, dass man hier Ergänzun-gen in diesen NEFZ hineinbringt, um auch solche

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Möglichkeiten, die es offenbar gegeben hat, sol-che Manipulationen zukünftig dann erkennen zukönnen.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay. - Und können Sie sich vorstellen, dass esauch, ohne dass wir jetzt eine NEFZ-Änderungoder irgendwas anderes machen - - da auchschon als Behörde, als Kraftfahrt-Bundesamt eineMöglichkeit gehabt hätten, dort mal etwas nähernachzuschauen?

Zeuge Dieter Maag: Also, das ist jetzt eine Frage,die ich so - - weil ich damals nicht damit kon-frontiert worden bin. Ich denke schon, dass es - -weil die Vorschriften erwähnen solche Abschalt-einrichtungen. Was im Einzelnen dort gemachtwerden kann, kann ich hier aus meiner Sicht garnicht mehr beurteilen. Aber wenn der Verdachtauf Manipulation besteht, denke ich, dass eineBehörde jederzeit das Recht hat, sich Unterlagengeben zu lassen: Was wird dort gemacht?

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Danke. - Dann will ich noch mal auf einen etwasanderen Komplex kommen, aber immer noch imZusammenhang mit der Felduntersuchung: Wäh-rend der Tests war aufgefallen, dass viele der ge-prüften Fahrzeuge die CO2-Angaben der Herstel-ler überschreiten, also dass da in irgendeinerForm etwas nicht stimmte. Das BASt hat danndie Hersteller damals mit den Ergebnissen kon-frontiert und nach einer Begründung gefragt. -Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Material-ordner MAT A BMUB, Ordner 5, unter anderemSeite 192.

Ihr Kollege Bernd Bugsel von der BASt war derMeinung, man müsste hier bei VW mal genauernachfragen. Das ergibt sich aus dem Materialord-ner MAT A BMUB, Ordner 5, Seite 204 und 219.Warum waren Sie eigentlich der Ansicht, einweiteres Schreiben an VW sei nicht erforderlich?- Diese E-Mail haben wir gefunden in den Materi-alunterlagen MAT A BMUB, Ordner 5, Seite 211.

Zeuge Dieter Maag: Ich denke, da muss man dieZeiträume sehen. Jetzt muss ich also sehr weit - -weil es auch für mich jetzt schwierig ist, dasnoch mal chronologisch einzuordnen: Wir hatten

den Auftrag, die Abgase zu untersuchen undnicht CO2. CO2 ist aber bei dieser Messung mitangefallen. Wir standen dann erst mal vor demProblem, dass eben auch ein Fahrzeug bei denAbgasemissionen zumindest erst mal aufgefallenist. Ob es die Vorschriften erfüllt oder nicht er-füllt, war zu dem Zeitpunkt noch nicht gegeben.Es musste jetzt erst mal eine Entscheidung gefälltwerden: Wie gehen wir weiter mit den Emissio-nen, die hier angefallen sind? Und zu diesemZeitpunkt lagen auch CO2-Emissionen vor. Ichhielt es aber zu einem Zeitpunkt, wo wir dasThema „übrige Abgasemissionen“ noch gar nichtabgeschlossen hatten, nicht für richtig, jetztschon mit irgendwelchen Fragen zu den CO2-Emissionen einzusteigen, sondern das mussteerst mal in der Projektgruppe aus meiner Sichtdamals erörtert werden: „Wie gehen wir mit demThema vor?“, und nicht dass jetzt Fragen an VWgerichtet wurden.

Denn ich sehe auch das Problem - oder: ich sah;jedenfalls so kann ich mich erinnern - - Ich sahdas Problem, dass wir, wenn wir zu früh mit ir-gendwelchen Fragen oder auch Entscheidungenzu einem Hersteller gehen, das noch gar nichtfeststeht: Ist dieser Typ - - Hat er nun die Anfor-derungen erfüllt, oder hat er sie nicht erfüllt - -und eventuell schon Absprachen der Besserunggetroffen werden. Und nachher stellt sich heraus,dass das Problem viel schlimmer ist und wireventuell behördlicherseits dann eingreifen müs-sen und vielleicht das eine oder andere zurück-nehmen.

Für mich war es wichtig, das Thema Abgas erstmal fertig abzuschließen. Das war zu dem Zeit-punkt noch nicht abgeschlossen; denn damalswaren die Entscheidungen noch gar nicht getrof-fen, in ein statistisches Verfahren reinzugehen.Das musste also erst mal getroffen werden.

Der CO2-Block - und so ist es auch nachher er-folgt - wurde dann anschließend gesondert nochmal behandelt: Wie gehen wir damit um? Und dahatte ich keinerlei Bedenken zu dem Zeitpunktdann, als wir das eine Thema abgeschlossen hat-ten, auch jetzt die Hersteller mit Fragen zu kon-

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frontieren. Und das ist auch erfolgt. Die Herstel-ler wurden dann auch befragt zu ihren Ergebnis-sen.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay. - Das wär's für diese Runde, Herbert.

Vorsitzender Herbert Behrens: Danke. - Dann istdie SPD an der Reihe.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke schön. - Meineerste Frage ist noch mal: Es wurde ja mehrfachdarauf hingewiesen, dass die Herstellenden ver-pflichtet sind, selber Untersuchungen durchzu-führen, nachdem das Fahrzeug eine Typprüfge-nehmigung erhalten hat. Haben Sie bei solchenUntersuchungen schon mal erlebt, dass es dorteine Rückmeldung gab von einem Hersteller, dersich gemeldet hat und gesagt hat: „Ich habe dagewisse Werte überschritten“?

Zeuge Dieter Maag: Wir haben ja vom Herstellersolche Unterlagen gefordert. Wir waren oder sindja teilweise auch bei solchen Überprüfungen mitdabei, selbst wenn der Hersteller eigene Messun-gen macht. Wir bekommen dann auch die Mess-schriebe. Und es gibt aus den Unterlagen schon,dann sage ich wiederum, einzelne Fahrzeuge, dieWerte überschreiten. Aber nachher in der Sum-me, so wie es nachher erforderlich ist - - Ichhatte ja auch vorhin dieses statistische Verfahrenangeführt, was etliche Hersteller auch sehr inten-siv betreiben, die dann teilweise 20 Fahrzeugeauch durchtesten oder sogar bei CO2 noch weitergehen bis 30 Fahrzeuge - - dass dort dann immerwiederum es passiert, dass einzelne Fahrzeuge -bei CO2 ist das nicht der Fall, aber bei anderenWerten - Grenzwerte überschreiten und trotzdemder Fahrzeugtyp die gesetzlichen Anforderungenerfüllt.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke. - Noch mal, da-mit ich das verstehe: Müssen die alle Prüfungenbei Ihnen anmelden, weil Sie sagen: „Wir sindteilweise dabei“, oder - -

Zeuge Dieter Maag: Nein. Der Hersteller führt ineigener Verantwortung eigene Konformitätsprü-fungen durch, damit er sicher ist oder nach au-ßen sagen kann: Mein Fahrzeug ist auch in der

Produktion genehmigungskonform, vorschriften-konform.

Kirsten Lühmann (SPD): Richtig, und sie kriegenalle diese Prüfungsunterlagen. Jetzt haben Sieaber gesagt: „Teilweise sind wir bei diesen Prü-fungen dabei“, was ich ja gut und richtig finde.Aber wie kriegen Sie davon Kenntnis, dass jetztgerade ein Hersteller an dem Tag prüft?

Zeuge Dieter Maag: Also, da gibt es Absprachenmit dem Hersteller. Man ist ja auch mit den Her-stellern im Kontakt. Manche Hersteller führen re-gelmäßig jedes Jahr auch solche Prüfungen dannimmer wieder an ganz bestimmten Orten oderauch unterschiedlichen Orten durch, und da wer-den Fahrzeuge ausgewählt. Und dann sprichtman auch mit dem Kraftfahrt-Bundesamt, oder eswurde mit dem Kraftfahrt-Bundesamt abgespro-chen. Und das Kraftfahrt-Bundesamt hat sogarentschieden: Ich möchte jetzt mal diesen oder je-nen Typ - - dass der geprüft wird. - Also, dasKraftfahrt-Bundesamt hat dann festgelegt, was zuprüfen ist.

Das ist bei einigen Herstellern dann ein richtigerRhythmus, wo man genau weiß: Zu dem Zeit-punkt ist es. In anderen Fällen spricht man daslocker ab und sagt: So, jetzt ist das Kraftfahrt-Bundesamt mal - - Oder: Wir möchten zu diesemTyp mal mit dabei sein.

Kirsten Lühmann (SPD): Da gibt es Fälle, wo eineTypzulassung in einem anderen Land gemachtwird. Wir haben teilweise davon gehört, dass esunterschiedliche Zeiten für Typzulassungen gibt.Also nehmen wir mal an, eine Typzulassung ei-nes deutschen Fahrzeugs ist in Frankreich durch-geführt worden oder so was. Gibt es das? Undwenn das der Fall wäre, müssten aber diese Über-prüfungen trotzdem in Deutschland stattfinden,und Sie wären für die Überwachung trotzdem zu-ständig, obwohl die Typzulassungsbehörde wo-anders wäre?

Zeuge Dieter Maag: Wir haben in Europa ja - oderin der EU - die Möglichkeit, dass der Genehmi-gungsinhaber oder Hersteller sich aussuchenkann, zu welcher Genehmigungsbehörde er geht.Und die Genehmigungsbehörde, die auch jetzt

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die Abgasemissionen typgenehmigt hat, auchdiese Genehmigungsbehörde ist jetzt die zustän-dige Behörde, die die Überwachung durchführt,also die Konformitätsüberprüfungen, bei diesemHersteller.

Diese Genehmigungsbehörde hat aber unverzüg-lich alle anderen Genehmigungsbehörden zu in-formieren, falls festgestellt wird, dass diese ge-setzlichen Vorschriften nicht mehr eingehaltenwerden, sodass die anderen Typgenehmigungsbe-hörden bzw. die anderen EU-Länder darauf rea-gieren können und auch Maßnahmen ergreifenkönnen.

Kirsten Lühmann (SPD): Das heißt also, wenn ichin Deutschland ein Auto bauen möchte und dasin Litauen typzulasse, aber meine Produktions-stätte nur in Deutschland ist, müsste die litaui-sche Typzulassungsbehörde dann nach Deutsch-land kommen und hier die Konformitätsnachprü-fung durchführen?

Zeuge Dieter Maag: Ja. Dort, wo eben die entspre-chenden Technischen Dienste - weil Litauen hatdann auch keine eigenen - - welche TechnischenDienste sie dann für diese Untersuchungennimmt.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke. - Ich mache maleinen kleinen Zeitsprung und komme jetzt zudem Themenkomplex, den wir hier auch haben:Nämlich nach Bekanntwerden der Manipulatio-nen von VW waren Sie mit den Prüfungen, die jadann durchgeführt wurden vom Verkehrsminis-terium - - War das KBA in irgendeiner Weise daeingebunden?

Zeuge Dieter Maag: Ich war zu dieser Zeit nichtmehr im Kraftfahrt-Bundesamt.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke schön.

Vorsitzender Herbert Behrens: Weitere Fragengibt es offensichtlich nicht. - Dann möchte ichganz gern noch mal an den Beginn gehen. Siehatten erwähnt, dass Sie den Prüfanforderungennicht nachgegangen sind, ob zulässige Abschalt-einrichtungen ihren Dienst auch wirklich tun.Wer wäre danach dafür verantwortlich gewesen,

das zu initiieren und zu sagen: „Ja, wir müssenkontrollieren, ob es Abschalteinrichtungen gibtund ob die Wirksamkeit wirklich so ist, wie siein der EU-Verordnung niedergelegt ist“?

Zeuge Dieter Maag: Also, wie gesagt: Ich kannmich nicht erinnern, dass das ein Thema der Pro-jektarbeit war oder Projektgruppenarbeit war.Wenn aber dort ein Verdacht bestanden hätte,hätte jedes der Mitglieder aus der Projektgruppedas in die Diskussion hineinbringen können, unddann bin ich sicher: Wenn dort ein Verdacht be-steht, wenn dort unerlaubte Einrichtungen be-nutzt werden, dass man das auch diskutiert hätteund sagt: Wie gehen wir jetzt damit um? - Also,ich kann jetzt nicht - - die Entscheidung, wieman damit umgegangen wäre. Aber es wäre einPunkt gewesen, der ganz bestimmt eine hohe,wichtige Bedeutung gehabt hätte.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und jetzt bezüg-lich der in der EU-Verordnung bereits niederge-legten Vorgaben: Gibt es da Verantwortlichkeiten,Zuständigkeiten im KBA? Wer wäre zuständig ge-wesen und hätte zu entscheiden, dass eben auch,ich sage jetzt einfach mal, legale Abschalteinrich-tungen auf ihre Wirksamkeit hin hätten überprüftwerden können?

Zeuge Dieter Maag: Also, grundsätzlich habenwir ein Grundsatzreferat, das diese Thematik erstmal erörtert und dann auch mit dem Bereich,nämlich mit dem Typgenehmigungsbereich, dis-kutiert. Aber der Grundsatzbereich hat eben sehrgenaue Kenntnis über diese Vorschriften undwürde das erst mal durcharbeiten, was dort letzt-lich zu veranlassen wäre.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und wie sieht esmit der Zuständigkeit aus, wenn dieser Auftraggekommen wäre? Wäre das in Ihren Zuständig-keitsbereich gefallen? Oder wer wäre dann ver-antwortlich gewesen?

Zeuge Dieter Maag: Also so, wie ich - - Ich kannes jetzt nicht - - Ich kenne wirklich nicht dieganzen Hintergründe, wie was gelaufen ist. Aberes wäre natürlich zu überprüfen: Ist bei der Typ-genehmigung selber schon etwas nicht angegebenworden? - Das wäre hier schon mal der erste

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Punkt. Aber um überhaupt mal festzustellen: Istdort ein unerlaubtes Produkt im Eingang - - wärenatürlich auch ein CoP-Bereich, der solche Über-prüfungen durchführt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Ich beziehe michkonkret auf die EU-Verordnung, wo es eben steht,dass die Verwendung von Abschalteinrichtungenunzulässig ist. Sie wäre nicht unzulässig in denFällen, wo es eben notwendig wäre, den Motorzu schützen oder vor einem Unfall zu schützen,dass die Einrichtung nicht länger arbeitet, alszum Anlassen erforderlich ist - - und die Bedin-gungen in den Verfahren zur Prüfung im Wesent-lichen enthalten sind. Also, es bezieht sichdarauf. War es aktiv Gegenstand von Prüfungen,ob diese Abschalteinrichtungen, die diese Bedin-gungen A bis C erfüllen - - Sind die Gegenstandvon Prüfungen seitens des KBA gewesen?

Zeuge Dieter Maag: Ja, ich möchte das noch malsagen: Ich kenne diese ganze Thematik nicht,habe mit der Thematik zu meiner Zeit nichts,ganz platt gesagt, zu tun gehabt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Wen müssten wireinladen, um zu dieser Frage Auskunft zu erhal-ten? Welche Abteilung im KBA war zum damali-gen Zeitpunkt für diese Frage zuständig?

Zeuge Dieter Maag: Ich denke, dass wirklich, wasich im Moment schon sagte, der Grundsatzbe-reich dieses intensiv prüft, was dort zulässig istoder was nicht zulässig ist.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann hätte ichFragen zum Verlauf und zu Ergebnissen des vonder BASt beauftragten Feldüberwachungsprojektsvom damaligen Umweltministerium und Ver-kehrsministerium. Bei der Durchsicht der demAusschuss vorliegenden Akten fällt auf: In einerE-Mail an die Mitglieder der Lenkungsgruppevom 2. Februar 2011 sprach der Herr Dr. Bugselvon der BASt zum Betreff „Projekt Feldüberwa-chung/Ergebnisse Golf-Messung in Wolfsburg“ inBezug auf die Messergebnisse des in Wolfsburguntersuchten Golf des TÜV Nord von einer alten

* Korrektur durch den Zeugen

und einer neuen Software. Mit der neuen Soft-ware könnten die CO*-Emissionen bei den ge-prüften Fahrzeugen im NEDC um circa 50 Pro-zent gegenüber der alten Software reduziert wer-den und nun deutlich unterhalb der CO-Grenz-werte in etwa auf dem Niveau des Typprüfwertesliegen. - Das ist MAT A BMUB-2-1, Ordner 5,Blatt 186. - Können Sie mir etwas dazu sagen?Worum handelt es sich bei der von Herrn Dr.Bugsel angesprochenen alten und neuen Soft-ware bei VW? Können Sie uns dazu etwas sagen?

Zeuge Dieter Maag: Ja, es war auffällig. Ichmeine, es waren die ersten drei Fahrzeuge, diedamals in die Messung kamen. Aber auffälligwar, dass bei Dieselfahrzeugen die CO*-Werte sohoch waren; für diese Werte ungewöhnlich. Undin Absprache jetzt mit der Projektgruppe hatteman dort Kontakt aufgenommen mit VW, umeben herauszufinden: „Was könnte die Ursachedafür sein?“, jetzt ohne - - Also ich jedenfalls - -Auch der Auftragnehmer, nämlich der TÜVNord, hatte dann auch Gespräche mit VW ge-führt. Ja, Dr. Bugsel hatte wohl auch Gesprächegeführt. Ich kann mich - - Ich war jetzt nicht indiese Gespräche eingebunden, sondern ich hattenur von diesen Ergebnissen gehört.

Aber dort kam raus, dass VW das dann auch ge-prüft hatte - nämlich: da sind also Fahrzeuge mitrelativ hohen CO-Werten -, und die haben festge-stellt, dass für einen gewissen Zeitraum eineSoftware falsch aufgespielt worden ist. Das wareben ein Punkt, wo man auch gesagt hatte, dassdies rasch beseitigt werden muss und die Fahr-zeuge, die im Verkehr sind, dann auch über ei-nen Automatismus wieder korrigiert werden,nämlich wenn Fahrzeuge in die Werkstatt kom-men, dass man dann die Softwarekorrekturdurchführt.

Zu dem Zeitpunkt war aber eben auch noch nichtfestgestellt worden, dass dieser Fahrzeugtypnicht die Anforderungen der Vorschrift erfüllt,sondern es sind Fahrzeuge auffällig geworden,gerade hinsichtlich CO, und was ich vorhinsagte: Wenn das der Fall ist, muss man eben wei-tere Prüfungen durchführen. Wir waren also

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noch nicht zum Ende gelangt mit der ganzen Prü-fung.

Vorsitzender Herbert Behrens: Wir sprachenüber die alte und neue Software beim Golf, undSie sagten, Sie hätten das auch erfahren. KönnenSie sich daran erinnern: Welche Funktionsweisemaßen Sie als Vertreter des KBA in der Len-kungsrunde der sogenannten neuen Software da-raufhin bei, dass sich nach der Neubedatung beidieser Software die CO-Messwerte des Golfs um50 Prozent reduzierten? Also, aufgrund welcherFunktionsweise konnten Sie sich das erklären,diese Abweichung?

Zeuge Dieter Maag: Nein, ich weiß es heutenicht. Das heißt also, ich stecke auch nicht soweit drin - in Software -, um da jetzt genau zu sa-gen, wie dort der Funktionsmechanismus funk-tioniert.

Vorsitzender Herbert Behrens: Aber da wäre es jaschon erheblich, meine ich. Also, da müssten Sieals Experte ja doch überlegt haben: Was kanndenn wirklich diese groben Abweichungen erklä-ren? - Wie konnte es sein, dass bei einer Mess-fahrt ein und desselben Golf nach dem gleichenNEFZ unter unveränderten sonstigen Laborbedin-gungen bei gleichem Rollenprüfstand dannwerkseitig eine Software ausgetauscht wird, diedann zu diesen neuen Werten führt? Ist das nach-vollziehbar, erklärbar aus Ihrer Sicht als Experte?

Zeuge Dieter Maag: Für mich war es zu dem Zeit-punkt nachvollziehbar, weil ich nicht in demMechanismus der Software stecke, was dort wirk-lich fehlerhaft gewesen ist.

Vorsitzender Herbert Behrens: Haben Sie sichdas erläutern lassen, welche Veränderung derSoftware man vorgenommen hat, um diese Dingezu - -

Zeuge Dieter Maag: Haben wir zu dem Zeitpunktnicht gemacht.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. - Dann gehtes weiter in die nächste Runde. Bitte schön.

Uwe Lagosky (CDU/CSU): Vielleicht noch mal zudieser Serienbedatung; da können wir ja nochmal anschließen. Die Serienbedatung ist ja dadurch einen Übertragungsfehler seinerzeit - sohat man das von VW als Stellungnahme vom30.03. eben an den Lenkungskreis auch geschrie-ben - - Das ist die Materialnummer hier BMUB-2-1, Ordner 5 von 60, Seite 336 bis 337. Diese Se-rienbedatung mit den Übertragungsfehlern ist jadann neu - - Danach ist die Software neu aufge-spielt worden. Hatten Sie denn den Anlass, dannüberhaupt noch weitere Prüfungen dort vorzu-nehmen in der Folge, nachdem diese fehlerhafteSoftwareübertragung entsprechend bereinigtwurde?

Zeuge Dieter Maag: Also, nach der Lage war esnotwendig gewesen. Das heißt, drei Fahrzeugewaren getestet worden, dort waren Auffälligkei-ten der Grenzwertüberschreitungen, und jetztmusste man eben sagen: Jetzt müssen noch malweitere Fahrzeuge in diesen Test hinein. - Da istdann auch wiederum vorzuschreiben: Aha, dassind also irgendwelche Fehler auch in der Pro-duktion oder in der Serienproduktion. Ist aberinsgesamt der ganze Typ noch in Ordnung? - Unddeswegen statistisches Mittel aus der Gesamt-menge der Fahrzeuge: Wie verhält sich die Ge-samtmenge? Und es wurden dann eben weitereFahrzeuge aus dem gesamten Fahrzeugpool will-kürlich herausgezogen und getestet. Das ist nachdem Verfahren für die Untersuchung dieser Fahr-zeuge notwendig, um zum Ergebnis zu kommen:Ist der Typ in Ordnung, oder ist der Typ nicht inOrdnung?

Uwe Lagosky (CDU/CSU): Also, Sie haben nebendieser Softwareüberprüfung oder -veränderung,die vorgenommen wurde, eben weitere Prüfun-gen und Tests durchgeführt, die dann am Endevollumfänglich entsprechend ein Ergebnis hat-ten, wo Sie sagen: „Das war okay“?

Zeuge Dieter Maag: Ja.

Uwe Lagosky (CDU/CSU): Okay. - Dann viel-leicht noch mal zurück zur Feldüberwachung.Das Umweltbundesamt hat ja kontinuierlich un-abhängige Feldüberwachungen durchgeführt undneben den Messungen im NEFZ ja auch die im

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Realbetrieb durchgeführt. Welche Detailtiefewurde Ihnen denn als Ergebnis der Felduntersu-chungen des Bundesumweltamtes - und vonwem genau - zur Verfügung gestellt?

Zeuge Dieter Maag: Also, mir wurde konkretnichts zur Verfügung gestellt - nicht aus den ver-gangenen Untersuchungen des Umweltbundes-amtes.

Uwe Lagosky (CDU/CSU): Okay. - Im Rahmender Feldüberwachung wurden ja immer wiederauch Abweichungen im Emissionsverhalten fest-gestellt, sowohl im NEFZ und auch bei anderenFahrzyklen unter realen Betriebsbedingungen.Gab es gar keine Schlussfolgerungen im Kraft-fahrt-Bundesamt zu dieser Frage? Das hatten Sieja eben eigentlich schon beantwortet. Sie wurdengar nicht damit konfrontiert?

Zeuge Dieter Maag: Mir war schon bekannt, dasses anderweitige Untersuchungen gibt, dass esauch Untersuchungen gibt im Realbetrieb. Diewaren mir zu dem Zeitpunkt aber auch verständ-lich. Das heißt, der NEFZ - das ist bekannt - istein Fahrzyklus, der relativ harmlos jetzt mal ver-läuft, ob es hinsichtlich Beschleunigungen sichverhält oder auch hinsichtlich Endgeschwindig-keiten. Also, wenn ein Fahrzeug im Realbetriebgefahren wird, das also nicht diesem Zyklusmehr entspricht, war für mich verständlich, dassdort deutliche Abweichungen gegenüber einemLaborbetrieb im NEFZ auftreten.

Wie groß man es als zulässig oder als noch nor-mal - - das war für mich nicht abzuschätzen. Ichweiß auch nicht immer, unter welchen Bedin-gungen nachher die anderen Prüfungen durchge-führt wurden. Denn bereits kleine Abweichungenvon irgendwelchen Verfahrensabläufen könnensehr stark nachher auf die Abgase wirken. Ichhabe selber damals als junger Ingenieur, als ichanfing, am Prüfstand mehrere hundert Stundenverbracht, und bereits kleine Änderungen amPrüfstand, ob es nun die Temperatur war oderauch der Zündzeitpunkt oder auch der Einspritz-beginn - es waren auch noch andere harmlose -,haben zu erheblichen Veränderungen derEmissionen geführt.

Uwe Lagosky (CDU/CSU): Okay. - Herr Maag, Siehaben ja eingangs und im Verlaufe des Gesprä-ches, des Verhörs hier, auch über Ihren gesetzli-chen Auftrag gesprochen. Und es ist ja so, dassder gesetzliche Auftrag - so habe ich das jetztauch noch mal wieder aus Ihren Worten entnom-men - sich eben auf den NEFZ entsprechend be-zieht. Das haben Sie ja auch in den Prüfungen imKraftfahrt-Bundesamt gemacht. Gab es dennochvom Kraftfahrt-Bundesamt aus entsprechend Prü-fungen, die den Realbetrieb nachstellten?

Zeuge Dieter Maag: Ist mir nicht bekannt.

Uwe Lagosky (CDU/CSU): Okay. - HerzlichenDank erst mal.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gibt es weitereFragen aus Ihrer Runde? - Dann wäre ich dran.Ich hätte Einzelfragen zu stellen bezüglich IhrerBeteiligung am Feldüberwachungsprojekt, wasich eben ja schon mal angerissen hatte, und zwargeht es darum, dass Sie in einer E-Mail vom 7.April 2011 - eine Mail von Ihnen an Herrn Bugsel- schreiben - das ist die Fundstelle BMUB-2-1,Ordner 5, Blatt 211 -:

… nach meinem Verständnis sinddie gestellten Fragen von VW aus-reichend beantwortet worden.Demnach sind die rel. hohen CO-Werte aufgrund einer fehlerhaftenSoftwareaufspielung zurückzufüh-ren. Die betroffenen Fahrzeuge er-halten im Rahmen eines Regelser-vices eine geänderte Bedatung …Die im Rahmen dieses Projektsdurchgeführten Messungen mitgeänderter Software zeigen auchdiese deutliche CO-Reduzierung.

Das ist jetzt der für mich wichtige Satz:

Ich kann zum jetzigen Zeitpunktauch noch keine Mängel erken-nen, insofern kann auch … keineRede von Mängelbeseitigungsmaß-nahmen sein.

Weshalb hielten Sie, Herr Maag, anders als dieübrigen Mitglieder der Lenkungsrunde, die Aus-kunft für VW seinerzeit für ausreichend und

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lehnten es ab, von einem Mangel der Fahrzeugezu sprechen, wie es beispielsweise Herr ProfessorSeeck in einem Anschreiben an VW getan hatte?

Zeuge Dieter Maag: Der Mangel, von dem ichspreche, ist - - Ich nenne ein Fahrzeug mangel-haft, wenn wir festgestellt haben, dass der Typnicht den Anforderungen der Vorschrift ent-spricht. Das ist für mich hier in diesem Falle dieBegründung „Mangel“ gewesen. So sprechen wirauch in der Produktsicherheit. Also, das Fahr-zeug hat erst dann den Mangel, wenn es den Vor-schriften nicht entspricht. Alles andere ist nocherlaubt, und wir hatten insofern erst - jetzt weißich nicht mehr ganz genau - drei oder vier Fahr-zeuge von dem Typ Golf geprüft. Wir konntennoch nicht die Aussage machen zu dem Zeit-punkt: „Ist das Fahrzeug mangelhaft, so wie iches im Moment gesagt habe, oder ist es nicht man-gelhaft?“, weil der statistische Zyklus noch for-derte, dass weitere Fahrzeuge geprüft werdenmüssen.

Und das war für mich, zu sagen: Also, zum jetzi-gen Zeitpunkt können wir noch gar nicht sagen:„Das Fahrzeug ist mangelhaft“, sondern wir müs-sen erst noch weitere Prüfungen machen. Das istauch vorgeschrieben, wie viel, und dann gibt es -wie so eine Kaskade - immer weitere Entschei-dungen: Muss man es weiter machen oder nicht?Wie viele sind nämlich durchgefallen, einzelneTypen? - Und zu dem Zeitpunkt war noch keineEntscheidung möglich über die Mangelhaftigkeitdieses Fahrzeugtyps. Deswegen habe ich auch ge-sagt: Hier können wir jetzt noch nicht weiter, wirmüssen erst mal weitere Erkenntnisse haben.

Vorsitzender Herbert Behrens: In Ihrer Mail vom7. April 2011 heißt es zu einem anderen Faktnoch weiter:

Da diese Softwaremaßnahme zu-mindest in dem einen Testfalleine signifikante Erhöhung desNOx-Wertes (über Grenzwert) mitsich brachte, ist zu vermuten, dassdadurch generell die NOx-Werteansteigen. …

Obwohl in einigen Fällen dieSumme aus HC+NOx über dem

Grenzwert liegt, kann auch hier-aus noch nicht auf einen Mangelgeschlossen werden. Diese Mess-werte zeigen vielmehr, dass manzwecks Klärung in das vorgeschla-gene statistische Verfahren ein-steigen muss.

Und weiter:

Für mich ergibt sich hieraus nichtdie Notwendigkeit weiterer Frage-stellungen an die VW AG. …

Die hier gezeigten Messwerte bie-ten meines Erachtens nach jedochGrund genug, in eine COP-Über-prüfung einzusteigen, bei der dasstatistische Verfahren Berücksich-tigung findet. Hierbei wären auchdie von VW intern durchgeführtenCoP-Messungen bzw. ermitteltenMesswerte zu prüfen.

Ist das KBA als die für die CoP zuständige Be-hörde aufgrund der Messwerte beim Golf im Jahr2011 in diese Überprüfung eingestiegen?

Zeuge Dieter Maag: Ich habe es im Moment alsoauch gesagt - - Das ist genau der Punkt, den ichvorhin sagte: Wir müssten weitere Messungenerst machen, nämlich in das statistische Verfah-ren einsteigen, um festzustellen, ob ein Mangelda ist oder nicht. - Und zu dem Zeitpunkt war inder Projektgruppe noch nicht klar - - Das heißt, eswurde nämlich diskutiert: Wie gehen wir jetztweiter? Gehen wir in das statistische Verfahren?Brechen wir ab oder nicht? Was fragt man VW?

Ich muss jetzt noch mal, für mich auch noch mal- - Was ist damals alles für mich an Gedanken ge-wesen? Denn wenn abgebrochen wird, diese Un-tersuchung an dieser Stelle - man hat also einigeFahrzeuge festgestellt, sind fertig -, dann war esfür mich notwendig, zu sagen: Hier hat es Hin-weise gegeben, dass irgendetwas vielleicht nichtin Ordnung ist. - Das heißt, wir als KBA - war fürmich die Verantwortung - müssten dann etwasmachen. Wir haben das Mittel der CoP. CoP istnämlich dann, dass wir noch mal wirklich ein-zeln einsteigen und das untersuchen, aber auchmit dem statistischen Verfahren, und im Rahmen

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von CoP können wir uns dann auch diese Unter-lagen, die VW selber für Tests oder für Untersu-chungen führt, geben lassen. Das heißt: Was hatVW eigentlich gemacht? Wann ist festgestelltworden, dass eventuell - - Also bis im Einzelnen.

Das war für mich also ein Punkt: Hier müssenwir dann ran, wenn sich herausstellt, dass entwe-der abgebrochen worden ist oder aber dass viel-leicht sogar festgestellt wurde in der Felduntersu-chung, dass dieses Fahrzeug nicht in Ordnungist. Für mich war es eigentlich selbstverständlich,dass hier die Projektgruppe nicht alleine weiter-machen kann. Wenn die Projektgruppe festge-stellt hätte, dieses Fahrzeug hat einen Mangel,also, wie ich es vorhin sagte, der Typ hat einenMangel, dann muss das KBA aktiv werden. Wirmüssen uns dann überlegen: Was ist dort? - Undes ist dann CoP, dass man noch mal rangeht oderauch die Untersuchungsergebnisse, die bisher ge-laufen sind, dann übernimmt, aber auf jeden Fallhätten wir in irgendeiner Form dann auch aktivwerden müssen.

Und was ich auch noch damals sagte: Nicht zu vielim Moment, zu dem Zeitpunkt, mit VW sprechen. -Das war für mich auch sehr wichtig; denn wenn dieProjektgruppe jetzt irgendetwas bestimmt oder sagt:„VW, mach mal dieses oder jenes!“ - vielleicht imgegenseitigen Einverständnis -, dann hätten wir alsBehörde wahrscheinlich ganz andere Maßnahmenverlangen müssen. Was, weiß ich nicht, sonderndie Frage hätte sich ja erst dann gestellt, wennwirklich herausgekommen wäre: Das Fahrzeug istmangelhaft. - Wir hätten auch die anderen Geneh-migungsbehörden informieren müssen.

Also, ich wollte an dieser Stelle erst mal sagen:Was kommt heraus? Was kommt heraus? - Wennherauskommt: „mangelhaft“, dann hätte ich inder Projektgruppe sagen müssen: So, jetzt müssenwir diesen Fall aber auch aus Sicht des KBAübernehmen. Dann muss das gemacht werden. -Das war für mich so dieser Hintergrund.

Vorsitzender Herbert Behrens: Das heißt, dasKBA ist als zuständige Behörde damals nicht indie CoP eingestiegen?

Zeuge Dieter Maag: Nein, sondern der Fahrzeug-typ stellte sich als nicht mangelhaft heraus.

Vorsitzender Herbert Behrens: Wurde seinerzeitin der Lenkungsgruppe des Feldüberwachungs-projekts auch erwogen, „bei unzureichenderKooperation seitens VW auf eine Formalisierung(= Übergabe des Vorgangs an KBA zur Einleitungeiner formalen ‚Untersuchung‘ nach den Vorga-ben der EU-Regelungen) hinzuwirken“?

Zeuge Dieter Maag: Nein, das stellte sich nicht.VW stellte sich damals als sehr kooperativheraus. Also, auch das war kein Thema.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. - Nach-klapp nur, dass das die Fundstelle war: BMUB-2-1, Ordner 5, Blatt 319.

Ich gebe das Wort weiter an die SPD.

Kirsten Lühmann (SPD): Ich habe zwei Fragen.Das heißt, das Erste ist eine Klarstellung. Wir ha-ben jetzt mehrere Fragen gehört, die darauf ab-zielten, warum das KBA so gehandelt hat, wie esgehandelt hat. Habe ich Sie richtig verstanden?Sie hatten einen klaren Auftrag, das ist eine Kon-formitätsprüfung, dafür gibt es Regeln, und diehaben Sie eingehalten, und innerhalb dieser Re-geln haben Sie auch mit Herstellern gesprochen,und die Antwort der Herstellenden war so, dasssie der Verordnung entsprach. Insofern hatten Siekeinen Anlass, sowohl anders, härter gegen Her-stellende vorzugehen oder auch Ihre Prüfmetho-den zu ändern. Habe ich das so richtig verstan-den?

Zeuge Dieter Maag: Bei den CoP-Prüfungen, diedas Kraftfahrt-Bundesamt durchgeführt hat, gabes keinen Anlass - jedenfalls die ich kenne -, wowir irgendwelche Maßnahmen ergreifen musstenoder schärfere Maßnahmen ergreifen mussten,sondern es gab einzelne Überschreitungen. DasZweite war dieses Feldüberwachungsprojekt, wasaber nicht als CoP-Prüfung lief.

Kirsten Lühmann (SPD): Und würden Sie mir zu-stimmen, wenn ich sage: „Wenn man jetzt sagt,Sie hätten anders prüfen müssen, dann wäre das

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gegen die damalige Rechtslage oder auch jetztnoch bestehende Rechtslage gewesen“?

Zeuge Dieter Maag: Ich möchte das noch maldeutlich machen: Wenn Verdacht besteht auf Ma-nipulation, denke ich mal, hätte das - - Das wäresicherlich besprochen und auch geprüft wordenmit dem Grundsatzreferat zusammen, welcheMaßnahmen hier durchzuführen sind. Ich kanndas jetzt im Einzelnen nicht sagen, weil ich da-mit so nicht konfrontiert worden bin.

Kirsten Lühmann (SPD): Das war eine Rechts-frage, die ich gestellt habe. Ihre Prüfungen - undinsofern haben Sie eine Antwort gegeben - warengemäß geltendem Recht, und wenn jetzt wer auchimmer sagt, Sie hätten damals anders prüfenmüssen, ging das nicht, weil die Rechtslage ein-fach so ist, wie sie ist. Stimmt das so, oderstimmt das nicht?

Zeuge Dieter Maag: Ich kann das jetzt nicht beur-teilen.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke. - Dann habe ichnur noch eine Frage. Es gibt ja mehrere Institutio-nen und Menschen, die sagen, sie hätten früher jasehr viel gewusst. Wir hatten allerdings noch kei-nen hier. Die Frage ist: Hatten Sie Kontakte zurDeutschen Umwelthilfe oder zu Axel Friedrich?

Zeuge Dieter Maag: Nein, hatte ich nicht.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann geht dieFrage an die Grünenfraktion. - Bitte.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Herr Maag, ichmöchte doch noch mal wieder zurückkommenauf dieses ganze Themengebiet Felduntersu-chung und das, was Sie mir in der ersten Rundeja auch so bestätigt haben. Ich hab jetzt mal dieMail hier vorliegen, auf die ich mich beziehe -von Dieter Maag von Montag, dem 7. Mai 2015,15.06 Uhr, an Herrn Bugsel und noch eine ganzeReihe anderer. Das ist MAT A BASt-2-2, ReferatF3, Ordner 4_7 von 20. Dort, in dieser Mail - ichzitiere mal - schreiben Sie:

Meine Empfehlung ist daher, imHinblick auf CO2 im Projekt nichtmehr weiter zu machen. Es sollteein Dankschreiben an alle betrof-fenen Hersteller versendet wer-den.

Da bitte ich doch noch mal um eine Erläuterung.Heißt das, das ist dann wirklich eingestellt wor-den, diese CO2-Geschichte?

Zeuge Dieter Maag: Nein. - Erst mal die letzteFrage: Die CO2-Geschichte ist nicht eingestelltworden. Wir hatten die Hersteller angeschrieben,und zwar nur jene Hersteller angeschrieben, dieaufgefallen sind. Das waren so Größenordnungen,CO2-Überschreitungen bei diesen Tests. Ichglaube, es war so ab 6 Prozent; ich weiß es heutenicht mehr genau. Wenn die Überschreitung hö-her gewesen war, wurden diese Hersteller ange-schrieben und um Stellungnahme gebeten, unddas hatte ich ja auch mitgetragen. Vorher kameine andere Frage, weshalb ich dagegen war, son-dern zu dem Zeitpunkt habe ich auch gesagt: Wirmüssen die Hersteller anschreiben - so war mansich in der Projektgruppe einig -, dass sie Aussa-gen machen zu diesen hohen CO2-Werten.

Sechs Hersteller wurden angeschrieben. Also, ichbitte jetzt, nicht - - Die Zahl kann auch fünf odersieben gewesen sein, aber in dieser Größenord-nung lag es. Und es waren zwei Hersteller - daswaren BMW und VW - in einer Besprechung - -Die hatten sich auch bereit erklärt, zu einer Be-sprechung zu kommen. Beide Hersteller habensehr offen ihre Unterlagen präsentiert und derProjektgruppe auch zur Verfügung gestellt, näm-lich über statistische CO2-Tests. Da waren Prü-fungen dabei, wo 32 Fahrzeuge jeweils von so ei-nem Typ geprüft worden sind, ein sehr auf-wendiges Verfahren. Und dieses statistische Ver-fahren - - Es ist nicht unbedingt erforderlich, aberder Hersteller hat die Pflicht, nachzuweisen, dassseine Produktion stabil ist, also den Vorschriftenentspricht.

Und BMW und VW haben für mich überzeugendnachgewiesen, dass sie nämlich für diesen Typauch solche statistischen Untersuchungen mit soviel Fahrzeugen gemacht haben, und die Wertewaren sauber. Also, es war sicherlich der eine

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oder andere auch, der mal wieder hoch, drüberlag, aber das statistische Verfahren war voll er-füllt. Beide Hersteller haben dann aber auch nochüber Punkte gesprochen, wo sie auch sagten: Die-ser oder jener Punkt ist aus der Vorschrift im Mo-ment möglich - - so zu handeln. Das heißt - derBegriff „Schlupflöcher“ ist ja dann immer malwieder auch so erwähnt -, man kann auch Fahr-zeuge nicht gegen die Vorschrift - - innerhalb derVorschrift aber so einstellen. Haben sie offen ge-sagt, ganz offen gesagt: So ist das bei uns mög-lich.

Andere Hersteller wiederum - hatte ich das Ge-fühl -: Da wurde richtig gemauert. Die haben unsauch gemeldet, aber es war lange nicht diese Of-fenheit, die diese beiden Hersteller uns gegebenhaben. Denn ich habe sogar gesehen, dass manmit diesen Unterlagen, wenn ein Konkurrent diein die Hände bekommt, da durchaus gewisse Er-kenntnisse erzielen kann: Oh, wie prüft der seineProdukte? Wie groß geht der eigentlich an denGrenzwert, bzw. - er hat einen CO2-Wert genannt -wie weit bleibt er drunter in seiner Produktion? -Das ist für einen Konkurrenten sicherlich schonvon Bedeutung.

Ich fand das sehr überraschend, wie offen diesebeiden Hersteller ihre Unterlagen uns präsentierthaben und überzeugend dargelegt haben, dass siedie Pflicht der Überprüfung durchführen unddass diese Fahrzeuge, die sie da überprüft haben,die da zur Rede standen, auch die Bedingungeneinhalten. Deswegen habe ich gesagt: Da solltenwir zumindest ein Dankeschön für die Übersen-dung der Unterlagen senden. - Das war für michso der Hintergrund.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay, verstanden. Herzlichen Dank. - Dann habeich noch mal eine andere Frage auch zu diesemFeldtest. Herr Maag, die Messungen wurden ja imWesentlichen in 2012 gemacht, wenn ich es rich-tig verstanden habe, und die Felduntersuchungwurde dann aber erst 2014 abgeschlossen, undder Bericht sogar erst 2016 veröffentlicht. Warumdiese langen Zeiträume dazwischen?

Zeuge Dieter Maag: Ich habe da nie hinterfragt,sondern ich habe gesagt: Okay, da sind andere für

verantwortlich. - Ich habe mich auch selbst ge-fragt, aber ich habe diese Frage nicht offen ge-stellt.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut. - Wer war denn dafür verantwortlich?

Zeuge Dieter Maag: Nun, der Bericht ist heraus-gegeben von der BASt. Aber welche Gründe jetztim Einzelnen dazu führten, dass dieser Prozessso lange dauerte? Kann ich nicht beantworten.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Sie waren doch in der Lenkungsgruppe mit da-bei. Ist das da irgendwo mal - -

Zeuge Dieter Maag: Das war nicht - - Die Testswaren abgeschlossen, und die Aufgaben für dieLenkungsmitglieder waren erledigt. Das heißt, eskamen dann auch keine Sitzungen mehr zu-stande.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Danke. - Ich habe noch eine Frage, jetzt mal zu ei-nem anderen Komplex: Thema Abschalteinrich-tungen. Mussten eigentlich die Hersteller demKBA gegenüber bei der Typgenehmigung - jetztmal eine ganz andere Baustelle - offenlegen, dasssie Abschalteinrichtungen verwenden?

Zeuge Dieter Maag: Ich habe zu diesem Themakeine Erinnerung. Also, ich weiß es nicht, weilich auch nicht mit diesen Fragen konfrontiertwar.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Sie sind überhaupt nicht davon betroffen. - Gut.Dann mache ich jetzt erst mal Schluss. Danke.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann ist dieCDU/CSU-Fraktion an der Reihe.

(Uwe Lagosky (CDU/CSU):Keine Fragen!)

Dann möchte ich ganz gern an der Stelle nochmal weitermachen, wo Sie geendet haben - dasses eben keiner Einleitung eines formellen Verfah-rens oder einer formalen Untersuchung bedurfte,weil VW sich sehr kooperativ verhalten habe. Sie

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haben ja eben erläutert, worin diese Kooperationbestand. Damit haben Sie offenbar dann die ge-samte Lenkungsrunde auch überzeugt, und eswurde davon abgesehen, zu einer formalen Un-tersuchung zu kommen.

Zeuge Dieter Maag: Die CO2-Messwertermittlungwar kein Auftrag für dieses Projekt. Wir hatten -also, was ich vorhin sagte - festgestellt: Es gab beieinigen Fahrzeugtypen Abweichungen. - Wir ha-ben um Mitteilung gebeten, was die Ursache seinkönnte - bei diesen Herstellern. Einige Herstellerhaben sehr gutes Informationsmaterial geliefertbzw. Aussagen gemacht, andere weniger guteAussagen. Was für mich zu dem Zeitpunkt imProjekt als Begründung war, wo ich von mir aus,aus meiner Überlegung, gesagt habe: Wir könnenhier nicht weitermachen. Denn welche Informa-tionen bekommen wir? Wir haben die Herstellerum Stellungnahmen gebeten, die haben sie gege-ben. Sie müssen uns nicht im Detail darlegen,was sie machen; das heißt unserer Projektgruppe.Den Genehmigungsbehörden gegenüber sind sieschon verpflichtet, wenn die zuständige Geneh-migungsbehörde das verlangt, dass sie diese Un-terlagen geben.

Für mich war aber das Ergebnis dieser CO2-Un-tersuchung so, dass die Ergebnisse gerade vondiesen fünf, sechs Herstellern, die da so von 6 bis10 Prozent oder teilweise leicht darüber waren,nicht so waren, dass man jetzt aufgrund dieserdrei Tests, die man gemacht hatte, sagen könnte:Dieses Fahrzeug hat einen CO2-Mangel erfülltoder die Vorschrift. Es gibt ja sowieso keinenGrenzwert. Aber dass man sagen kann: „Hierwird der Typgenehmigungswert, den man ange-geben hat, manipuliert oder irgendwie falsch an-gegeben“, war für mich nicht Anlass, dieses auf-grund dieser drei Messungen festzustellen, son-dern um das wirklich wiederum herauszufinden,wäre ein aufwendiges Verfahren notwendig ge-wesen, das, was ich vorhin schon mal gesagthatte, bis zu 32 Fahrzeuge geführt hätte.

Die Begründung dafür, dass es zu CO2-Abwei-chungen kommt - auch bis 10 Prozent -, war fürmich eigentlich klar. Da komme ich wieder miteigenen Erfahrungen - die Berichte, die ich so ge-lesen hatte als Ingenieur -, dass nämlich in dem

Rahmen der Vorschrift gewisse Freiheitsgrade, obes um die Temperatur geht - - Ich kriege dasheute sicherlich nicht mehr alles zusammen, aberes sind also gewisse Freiheitsgrade im Rahmender Testdurchführung möglich, die es dem Her-steller erlauben, den Prüfstand so einzustellen -was aber immer noch im Rahmen der Vorschriftliegt -, dass durchaus mit ein und demselbenFahrzeug unterschiedliche CO2-Werte kommen.Die Temperatur am Prüfstand, ein ganz erhebli-cher Einfluss, den ich selber festgestellt habe, alsich noch am Prüfstand stand. Ob Sie die Tempe-ratur auf 20 Grad oder 30 Grad stellen - diesenFreiheitsgrad erlaubt die Vorschrift -, kannerhebliche Einwirkungen haben auf dieGemischbildung, auf die Verbrennung, auch aufStart-Stopp-Automatik, auf die Organe, die ebendie Reduzierung machen, sodass alleine dieseserhebliche Prozente, je nach Fahrzeugtyp oder so,Einfluss nehmen kann.

Es gibt aber auch noch andere Einflüsse, auch dasThema Batterie: Wie groß, wie voll ist sie geladenworden? Auch da gibt es Gründe, dass hier derMotor ganz einfach dann erst mal Energiebraucht, um die Batterie wieder aufzuladen. Dassind so Rahmenbedingungen, die im Rahmendieses unseres Feldüberwachungstests ja nicht sostringent eingestellt gewesen waren, weil derSchwerpunkt lag nicht auf CO2, sondern auf Ab-gasemissionen. Aber man hätte jetzt hier, umwirklich sagen zu können: „Diese Fahrzeuge sindmangelhaft“ oder so, wie ich es vorhin sagte:„Dieses Produkt erfüllt nicht die gesetzlichenForderungen“, viel, viel tiefer einsteigen müssenin eine Untersuchung mit sehr vielen Fahrzeu-gen, die aber aus meiner Sicht nicht Projektauf-trag war, zumal für mich erklärbar war - - Bis 10,12 Prozent war für mich durchaus erklärbar, dassdas auftritt. Deswegen habe ich gesagt: Ich seheim Moment keinen Anlass - aus meiner Sicht -,hier weiterzumachen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Sie wissen ja: Ge-genstand des Untersuchungsausschusses ist eseben, herauszufinden, ab welchem Zeitpunkthätte erkannt werden können, dass es unter Um-ständen eine illegale Software gibt, die zur Ab-schaltung führen kann.

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In diesem Zusammenhang stoßen wir hier aufeine Besprechung der Lenkungsrunde vom 20.Juni 2011. In dieser Runde räumt VW ein, dassdie neue Software zwar CO2 senkt, aber beimNOx zu einem Anstieg von 1 bis 2 Prozent führenwird. Das ist die Fundstelle BASt-2-2, Referat F3,Ordner 4, 310 f.

Laut einer Liste der Aspekte und Fragen für dasHerstellergespräch mit VW ist bei allen mit neuerBedatung der Software geprüften Fahrzeugen er-kennbar, dass gegenüber der alten Software einAnstieg der NOx-Emissionen zu verzeichnen ist.

Und weiter an anderer Stelle heißt es:

Diesbezüglich ist von VW darzule-gen, wie sichergestellt wird, dass -auch im Langzeitbetrieb, d. h. beiFahrzeugen mit höheren Lauf-leistungen - die THC+NOx- bzw.NOx-Grenzwerte dauerhaft unter-schritten werden.

Was hat aus Ihrer Sicht VW damals konkret dar-gelegt zu diesem Sachverhalt?

Zeuge Dieter Maag: Ich muss sagen: Ich weiß esheute nicht mehr. Ich weiß es nicht mehr.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann gab es am 2.Februar 2012 in Bonn ein weiteres Treffen derLenkungsgruppe. Auf der Tagesordnung standunter anderem auch - das ist die FundstelleBASt-2-2, Referat F3, Ordner 4, Blatt 184 -:

- Grenzwertüberschreitung bei CO:Wurde von VW die bereits ange-botene Maßnahme aufgegriffenund wenn ja, in welchem Um-fang? …

Derzeit liegen hierzu keine be-friedigenden Erklärungen von VWvor. Ist es zwingend erforderlich,dass VW eine ‚belastbare‘ schriftli-che Stellungnahme abgibt, diekonkret auf die stark erhöhtenCO2-Emissionen (und auf die CO-Problematik) des in Rede stehen-den Fahrzeugtyps eingeht?

Was machen wir, wenn VWkeine weitere schriftliche Erklä-rung abgibt, die den Sachverhaltausreichend erklärt?

Bekam die Lenkungsgruppe - ist meine Frage -letztlich am Ende noch eine solche belastbareschriftliche Stellungnahme von VW hinsichtlichdieser Problematik?

Zeuge Dieter Maag: Also, ich muss da jetzt imMoment auch zurückgehen. Ich meine, auchnicht, weil das Ganze ist nachher, weil eben dieweiterführende Untersuchung zu dem Ergebniskam: Das Produkt ist in Ordnung - - dass dannnicht mehr weitergegangen worden ist, jedenfallsauf freiwilliger Basis nur noch mit VW darübergesprochen worden ist. So habe ich es in Erinne-rung.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann Ihre Frak-tion, die CDU/CSU. - Keine Fragen dazu. - Nein,gar nicht wahr. Entschuldigung, die SPD.

Kirsten Lühmann (SPD): Nein, keine Fragen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann ist die Grü-nenfraktion dran.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herr Maag, ich würde doch noch mal bei demThema nachfragen. Es ist ja nun so, dass Sie unseben erläutert haben - - Sie haben gesagt: Okay,lass uns nicht nachfragen bei VW wegen der er-höhten Stickoxidwerte, weil - - Das war ja IhreBegründung. Sie schreiben das ja Ihrem Kollegenin der BASt, Bugsel, dass nicht nachgefragt wer-den soll. Sie haben eben gesagt, die Begründungdafür ist: Wir wollen uns da jetzt noch weiter mitbeschäftigen und dann den gesammelten Sach-verhalt - so habe ich es verstanden - VW auf denTisch legen, wenn das notwendig ist.

Was mich aber so ein bisschen wundert: Bei in-tensivem Studium der Unterlagen findet sichnachher nichts mehr, was denn an Erklärung fürdie überhöhten Stickoxidwerte da ist. Was gab esdenn nun für eine Erklärung?

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Zeuge Dieter Maag: Das, was ich vorhin ausge-führt habe: Fahrzeuge können sehr wohl sehr un-terschiedliches Verhalten haben, gerade Fahr-zeuge, die in Betrieb sind, die über längere Zeitgelaufen sind. Also, ein individuelles Fahrzeugkann durchaus sehr hohe Werte haben, ein Fahr-zeug, was danebensteht und aus der gleichenProduktion gekommen ist, hat sehr geringeWerte. Deswegen gibt es ein von der Vorschriftvorgesehenes Verfahren, um eben eventuell sogar20 Fahrzeuge zu untersuchen, und man akzep-tiert dann, der Gesetzgeber akzeptiert dann, dasses in Einzelfällen zu solchen Überschreitungenkommt, ohne das in jedem einzelnen Fall nach-zuprüfen. Das wäre gar nicht möglich, für jedeseinzelne Fahrzeug nachzuprüfen, warum dieseseine Fahrzeug jetzt gerade so große Werte hat.Das ist im Moment in der Praxis so: Fahrzeuge,die im längeren Betrieb sind, verhalten sich sounterschiedlich. - So, solche Werte. Deswegen istdort das ganze Ergebnis als zufriedenstellend be-wertet worden, weil die nach der Vorschriftdurchgeführte Überprüfung zu einem positivenErgebnis kam - trotz individueller Einzelfälle, diehöher liegen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut, okay. - Dann habe ich noch mal eine Fragezu einem Punkt. Das ist MAT BASt-2-2, Ordner4_5 von 20. Da gibt es Mail-Diskussionen mit denHerstellern. Sie haben eben gesagt, die habensich wunderbar kooperativ verhalten. So habe ichdas verstanden. Hier antwortet aber ein HerrMönch auf Seite 102 - der Zeuge Mönch, den hat-ten wir auch schon hier, vom UBA - und sagt -ich zitiere -:

Kein Hersteller hat von sich ausaktiv mitgearbeitet oder sichdurch besondere Hilfsbereitschaftausgezeichnet.

Da kriege ich jetzt Ihre Aussage nicht mit der vonHerrn Mönch übereinander.

Zeuge Dieter Maag: Ich habe diesen ganz konkre-ten Fall angesprochen, wo wir von VW und vonBMW Unterlagen bekommen haben, die für michsehr offen waren, und deswegen habe ich auchnur gesagt: Dafür sollten wir auch in unseren

Antwortschreiben zumindest noch sagen: VielenDank für Ihre Unterlagen, die Sie uns mitgeteilthaben.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut, aber Herr Mönch spricht ja hier von „keinHersteller“. Das wundert mich so ein bisschen.

Zeuge Dieter Maag: Ich habe diese Unterlagen alssehr positiv eingeschätzt, diese zwei.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay, gut. - Danke.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wie viele Minuten habe ich denn noch? - Das istja noch gut. Vier Minuten. Vielen Dank.

Herr Maag, wir kommen noch mal auf die Feld-untersuchung zurück. Wir sind noch nicht ganzdamit durch. Wenn Sie diese Felduntersuchungmal rückblickend betrachten, betrachten Sie dieals Erfolg?

Zeuge Dieter Maag: Als Erfolg insofern: Wir ha-ben vorschriftsmäßig unsere Untersuchungdurchgezogen. Wir haben festgestellt, dass dieHersteller, also jetzt im Rahmen von Laborunter-suchungen, die Werte, die der Gesetzgeber vorge-geben hat, also die Grenzwerte, eingehalten ha-ben. Insofern fand ich das als Erfolg, dass man sa-gen kann: Das, was hier auch beabsichtigt ist, dieUmwelt rein oder reiner zu halten, haben dieseUntersuchungen gezeigt. - Ich habe nie an Mani-pulation gedacht und denke auch heute nicht da-ran. Unter dem Aspekt, dass keine Manipulatio-nen - - dass diese Fahrzeuge wirklich das liefern,was wir gemessen haben, unter dem Aspekt seheich es als Erfolg.

Ich hätte mir bei der CO2-Diskussion etwas ande-res gewünscht. Das sehe ich nicht als Erfolg;denn da habe ich aus meiner Sicht gesehen: Hiersind dringendst Maßnahmen notwendig, umwirklich die CO2-Emissionen erst mal vernünftigtesten zu können. Das ist aus meiner Sicht einriesenbreites Feld, was man an Ergebnissen be-kommen kann, wenn man CO2-Emissionenmacht. Der eine macht ganz streng im Labor,

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stellt das Labor in seinen Umgebungsbedingun-gen so ein. Ein anderer stellt das Labor andersein. Obwohl der gleiche Zyklus durchfahrenwird: Es kommen andere Ergebnisse heraus - wasich vorhin schon mal sagte, zum Beispiel Tempe-ratur und weitere Aspekte. Da sehe ich Freiheits-grade, die nicht da sind, und was ich ganzschlimm finde - - Ich finde es wirklich für dieUmwelt schlimm aus meiner Sicht, dass, wennman dann in einen Zyklus hineingeht, der aufder Straße ist, das Fahrzeug wiederum noch hö-here und deutlich höhere Emissionen ausschüt-tet, die dann nicht mehr mit den Laborversuchenvergleichbar sind. Da wünschte ich mir, dass dawirklich etwas passiert, um das auf einen Nennerzu bringen, und diese Erkenntnisse kann man si-cherlich ableiten.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Konnte man ableiten. - Wenn ich das jetzt malbeziehe, was Sie eben zum CO2 gesagt haben: Ha-ben Sie das denn irgendwo mal höher im KBAweitergeleitet, dass da noch zusätzlicher Aufklä-rungsbedarf ist? An wen haben Sie sich mit die-ser Überlegung, die Sie jetzt eben dargestellt ha-ben, mal gewandt im KBA?

Zeuge Dieter Maag: Diese Diskussion ist nichtneu. Also, auch 2010 waren diese Mängel grund-sätzlich bekannt, also für mich oder unter Exper-ten. Die wussten, wo im Moment die Mängel lie-gen. Also, ich musste da nicht an irgendjeman-den etwas berichten, sondern diese Mängel sindDiskussionsstand schon damals gewesen.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ist in irgendeiner Form mal etwas in Gang gesetztworden, ein Projekt darauf aufgesetzt worden?Haben Sie da mal Anregungen gegeben, das wei-ter in Gang zu setzen, wie man das abstellenkann?

Zeuge Dieter Maag: Ich habe es selbst - - Sie hat-ten vorhin einige Mails von mir zitiert. Ichmeine, dass ich das sogar in einer Mail geschrie-ben habe, dass wir sagen, hier wäre es gerade vonGesetzgeberseite - - das weiter zu untersuchen.Im Rahmen des Projektes habe ich das erwähnt.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Aber das dann nicht weiterverfolgt danach vonIhrer Seite aus?

Zeuge Dieter Maag: Wir wissen ja, dass es auf Ge-setzgeberseite weiterverfolgt wird. Es wird ja einneuer Zyklus kreiert. Es werden auch dieSchlupflöcher, die da sind - - Die sollen ja auchausgemerzt werden. Das heißt, es sind Entwick-lungen da.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut, aber das war Ihr Stand von 2010.

Zeuge Dieter Maag: Ja.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gibt es Ihrerseitsvon der CDU/CSU noch Fragen? - Dann möchteich für die Linke ganz gern noch mal ansetzen andem Prozess, den ich vorhin schon mal eingelei-tet hatte, den Umgang mit VW oder den Verhand-lungsprozess mit VW. Da gibt es im April 2012im BMVBS in Bonn eine weitere Besprechungder Lenkungsgruppe mit Volkswagen, und beidem Gespräch soll VW laut Ergebnisprotokoll aufdie Frage:

Wurde die bei der Besprechungam 20.06.2011 seitens Volkswa-gen vorgeschlagene Maßnahme,nämlich betroffenen Fahrzeugenim Rahmen eines Regelserviceseine geänderte Bedatung derSoftware der Motorsteuerungaufzuspielen, bereits eingeleitet?Wenn ja, in welchem Umfang?

geantwortet haben:

Es wurden keine Maßnahmen ein-geleitet.

Auf die Frage:

Existieren weitere Ansätze oderMaßnahmenvorbereitungen, dieaus den Ergebnissen des Volks-wagen-Untersuchungsprogrammsabgeleitet wurden?

antwortete VW mit - Zitat -:

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Es besteht keine Notwendigkeit ei-ner Maßnahme.

- Das ist BASt-2-2, Referat F3, Ordner 4, Blatt 64.

Wie passt diese Aussage von VW zusammen mitder vom Frühjahr 2011, in der Sie ja festgehaltenhatten - Zitat -:

Diese aktualisierte Bedatung wirdvoraussichtlich ab der 25.KW/2011 zur Verfügung stehen.

Quelle: BMUB-2-1, Ordner 5, Blatt 211.

Zeuge Dieter Maag: Letztlich hat VW dort ausmeiner Sicht auch enttäuschend formal geant-wortet. Aber das Ergebnis jetzt unserer Feldunter-suchung war: Das Produkt ist in Ordnung. - Jetztkann ein Hersteller sagen: „Okay, ich habe Ein-zelfälle, wo ich Probleme hatte oder habe, aberdas Gesamtprodukt ist in Ordnung“, sodass derHersteller sich auf den Standpunkt gestellt hat -so habe ich es interpretiert -: Es gibt im Momentkeine rechtliche Grundlage, hier etwas machenzu müssen. Mein Produkt erfüllt die gesetzlichenBedingungen. - So habe ich es interpretiert.

Vorsitzender Herbert Behrens: Demnach war esaus Ihrer Sicht dann nicht erforderlich, was zu-nächst angekündigt war, nämlich eine Soft-wareänderung vorzunehmen?

Zeuge Dieter Maag: Diese Untersuchung hat ge-zeigt, dass ich nicht von gesetzgeberischer Seitesagen könnte: Das Produkt ist mangelhaft.

Vorsitzender Herbert Behrens: Hat sich aus IhrerKenntnis bis zu Ihrem Ausscheiden in 2014 nochirgendetwas ergeben in dieser Frage, oder warzum damaligen Zeitpunkt der Fall erledigt?

Zeuge Dieter Maag: Das Produkt ist kurz danachnicht mehr hergestellt worden in dieser Form. Eshat ein neues Produkt gegeben, sodass sich dasdann von allein erledigt hatte.

Vorsitzender Herbert Behrens: Zwei abschlie-ßende Fragen bezüglich des Veröffentlichungs-zeitraums der BASt-Studie: Sie ist ja nur 2015

quasi der Öffentlichkeit dann übergeben worden.Haben Sie Kenntnis darüber, warum der Veröf-fentlichungszeitraum so spät war?

Zeuge Dieter Maag: Ich habe keinerlei Kennt-nisse darüber.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gab es denn in-nerhalb der Lenkungsgruppe Diskussionen übereine Veröffentlichung der Messergebnisse undzum Beispiel darüber, ob CO2-Werte mit veröf-fentlicht werden sollen? Welche Kritik gab eshierzu von außen, also auch vonseiten der Her-steller oder gegebenenfalls auch des ADAC? IstIhnen bekannt, warum die BASt den bereits 2014vorliegenden Zwischenbericht nicht im Rahmenihres Jahresberichts veröffentlichte?

Zeuge Dieter Maag: Nein, das ist mir nicht be-kannt. Es gab sehr wohl Diskussionen in der Pro-jektgruppe, in welcher Form die CO2-Werte veröf-fentlicht werden sollen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Danke. - Dann istdie SPD an der Reihe. Bitte schön.

Kirsten Lühmann (SPD): Sie haben eben geschil-dert, dass Sie bereits 2010 darauf aufmerksam ge-macht haben auf das, was aber damals alle schonwussten: die Unterschiede zwischen dem Rollen-prüfstand und der Realemission. Die Frage war:Daraus ist nichts erwachsen. Wann haben Siemitbekommen, dass auf europäischer Ebene anRDE gearbeitet wird?

Zeuge Dieter Maag: Kann ich jetzt zeitlich nicht - -Ich weiß es heute auch nicht mehr.

Kirsten Lühmann (SPD): Wissen Sie, wann Siedas erste Mal damit befasst waren?

Zeuge Dieter Maag: Also, an diesen neuen Vor-schriften war ich ja direkt nicht beteiligt, aber na-türlich liest man, hört man auch in Gesprächendarüber. Aber ich kann jetzt zeitlich das nichteingrenzen.

Kirsten Lühmann (SPD): Wenn Sie das vorher ge-wusst hätten, wäre RDE Ihrer Meinung nach eine

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Antwort gewesen auf die von Ihnen geschildertenProbleme?

Zeuge Dieter Maag: Kann ich auch nicht im Mo-ment beantworten.

Vorsitzender Herbert Behrens: Die Fraktion derGrünen? - Keine weiteren Fragen. Gibt es sonstaus dieser Runde weitere Fragen an den ZeugenMaag?

(Ulrich Lange (CDU/CSU):Nein!)

Dann besteht seitens des Ausschusses kein weite-rer Fragebedarf an Sie. Dann können wir Ihre Be-fragung für heute beenden. - Ach so: Ich mussnoch formal fragen, ob seitens des AusschussesBedarf besteht, den Zeugen in einer eingestuftenSitzung zu befragen. - Wenn das nicht der Fallist, dann können wir die Befragung für heute be-enden.

Im Rechtssinne - noch mal zur formalen Klärung- ist Ihre Vernehmung damit noch nicht beendet.Sie haben noch mal die Möglichkeit, nachdemSie das Protokoll bekommen haben, binnen zweiWochen Korrekturen an der Übertragung vorzu-nehmen oder auch Richtigstellungen und Ergän-zungen Ihrer Aussage mitzuteilen, und erst da-nach wird dann der Ausschuss darüber beschlie-ßen, dass der Abschluss der Vernehmung festge-stellt ist.

Ich danke Ihnen für Ihr Kommen und wünscheIhnen eine gute Heimfahrt.

Zeuge Dieter Maag: Danke.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Herr Vorsitzender,liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich auf dieanstehenden namentlichen Abstimmungen undden Zeitrahmen blicke, stellt sich schon dieFrage, wie sinnvoll es ist, jetzt für 10 oder 15 Mi-nuten anzufangen. Sollten wir jetzt nicht unter-brechen bis zum Abschluss der zweiten nament-lichen Abstimmung?

Vorsitzender Herbert Behrens: Ich möchte einMeinungsbild darüber herstellen: Circa 16.40 Uhr

ist die nächste namentliche Abstimmung. Jetzteinsteigen oder jetzt die Pause machen und nachdem Abschluss der zweiten namentlichen Ab-stimmung wieder einsteigen?

Ulrich Lange (CDU/CSU): Ganz offen: Ich haltees auch für den Zeugen besser. Der fängt zehnMinuten an, dann sitzt er hier eine Dreiviertel-stunde, und dann macht man weiter.

Vorsitzender Herbert Behrens: Die betreffendeZeit ist dann natürlich hintendran zu setzen; dasmuss uns allen klar sein.

(Zuruf vom BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN: Der

Nachmittag ist sowieso ge-laufen!)

- Gut, der Nachmittag ist gelaufen. Das ist wohlwahr. - Wir können es so machen, wie es vomKollegen Lange vorgeschlagen worden ist. Wirtreffen uns dann wieder nach der zweiten na-mentlichen Abstimmung unmittelbar hier imRaum und machen weiter mit der Vernehmungdes Zeugen Paeslack.

(Unterbrechung von 16.20bis 18.07 Uhr)

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Vorsitzender Herbert Behrens: Liebe Kollegin-nen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen undHerren! Wir können dann fortsetzen und in dieweitere Vernehmung einsteigen.

Vernehmung des ZeugenSven Paeslack

Herr Paeslack, herzlich willkommen! Noch malund der Hinweis: Ich habe Sie vorhin gemeinsamauf die Rechte und Pflichten als Zeugen hinge-wiesen und werde jetzt, bevor wir in die Verneh-mung zur Sache einsteigen, Sie noch mal zu IhrerPerson vernehmen, das heißt, ich möchte Sie bit-ten, sich kurz vorzustellen, indem Sie Ihren Vor-namen, Ihren Namen, Ihr Alter, Ihren Beruf undIhren Wohnort nennen. - Sie haben das Wort.

Zeuge Sven Paeslack: Vielen Dank, Herr Vorsit-zender. - Einen schönen guten Abend allerseits!Mein Name ist Sven Paeslack. Ich bin seit 14 Jah-ren im Kraftfahrt-Bundesamt tätig, ich bin 49Jahre alt, wohnhaft in Flensburg, und vom Berufher bin ich Diplom-Ingenieur Elektrotechnik.

Vorsitzender Herbert Behrens: Vielen Dank. -Herr Paeslack, Sie wurden über den Gegenstandder Vernehmung bereits schriftlich informiert. ImKern geht es darum, dass wir hier erforschenwollen: Wie ist das Abweichen der im Realbe-trieb und auf der Straße festgestellten Kfz-Kraft-stoffverbräuche und Abgasemissionen, die starkabweichen von denen, die von den Herstellernangegeben bzw. von den Prüfstellen bei der Ty-penzulassung ermittelt worden sind, aufzuklä-ren? Was waren die Auswirkungen auf die Bevöl-kerung und auf die Umwelt? Inwieweit spielenAbschalteinrichtungen und sonstige Vorrichtun-gen zur Zykluserkennung und Beeinflussung desEmissionsverhaltens von Fahrzeugen eine Rolle?Welche Erkenntnisse oder Hinweise lagen derBundesregierung oder sonstigen staatlichen Stel-len im Zeitraum seit dem Juni 2007 insoweit vor,und was wurde gegebenenfalls veranlasst?

Herr Paeslack, wenn Sie es wünschen, dann ha-ben Sie jetzt die Möglichkeit, im Zusammenhangdarzulegen, was Ihnen über den Gegenstand derVernehmung bekannt ist. Dann würden Sie jetzt

das Wort haben, und danach würden wir in dieBefragung einsteigen.

Zeuge Sven Paeslack: Danke. - Ich möchte andieser Stelle jetzt kein Eingangsstatement gebenoder irgendeinen Abriss, sondern würde esbevorzugen, wenn wir direkt in die Sacheeinsteigen. - Danke.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gut, dann werdenwir das tun. - Bevor wir in die Fragerunde reinge-hen, würde ich ganz gern noch mal darauf hin-weisen, weil es eben an mich herangetragen wor-den ist, bei der Benennung der Fundstellen etwassorgsamer zu sein, damit wir wirklich auch inder Lage sind, im Protokoll das wiederzufinden,was dort zitiert worden ist. Also bitte achten Sieauf die Fußnoten bezüglich der Fundstellen.

Ich habe ein paar einführende Fragen aus der Po-sition des Ausschussvorsitzenden, Herr Paeslack,und da würde ich Sie ganz gern danach fragen,wie Sie sich auf die heutige Sitzung vorbereitethaben und mit wem Sie im Vorfeld bezüglich desUntersuchungsgegenstandes gesprochen haben,bevor es in diese Runde hier ging.

Zeuge Sven Paeslack: Ich hatte ein Vorberei-tungsgespräch mit dem BMVI letztendlich hin-sichtlich der administrativen Dinge, die hiersind, die rein juristischen Dinge - ein kurzes Ge-spräch gestern oder ein Gespräch. Und ansonstenhinsichtlich der fachlichen Belange: Das istmeine tägliche Arbeit immer noch. Deswegenkann ich jetzt im Einzelfall gar nicht sagen, mitwem ich mich besprochen habe, weil das ebenmein Dienstgeschäft auch ist, diese Problematik.Ich bin ja im KBA damit auch immer noch mehroder weniger befasst und habe natürlich dannauch über fachliche und technische Dinge stän-dig Austausch gehalten, sowohl mit meinem Vor-gesetzten als auch mit meinen Mitarbeitern.

Vorsitzender Herbert Behrens: Sie haben es be-reits erwähnt, in welcher Funktion Sie tätig sindim KBA. Sie tragen den Titel Referatsleiter„Grundsatzfragen, zentrale Abteilungsangelegen-heiten“ im Referat 41. Was habe ich mir unterdieser Tätigkeit und Ihrem Verantwortungsbe-reich vorzustellen?

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Zeuge Sven Paeslack: Die Aufgaben sind vielfäl-tiger. In dem Referat ist eben ein Grundsatzsach-gebiet, wo grundsätzliche Fragestellungen beant-wortet werden, das heißt also, grundsätzlicheFragen zu Vorschriften, zur Vorschriftenausle-gung auch werden dort behandelt - oder bessergesagt: Sonderfälle im Genehmigungsverfahren,die vielleicht im Referat, wo die eigentlichenTypgenehmigungen erteilt werden, nicht so ohneWeiteres abgearbeitet werden können, wenn sichalso besondere Fragestellungen ergeben.

Weitere Aufgaben des Referates sind eben diezentralen Abteilungsangelegenheiten. Für Regist-raturtätigkeiten gibt es dort ein Sachgebiet, alsodie Registratur ist dort weiterhin angesiedelt, undich habe noch ein weiteres Sachgebiet, wo ent-sprechende Daten aufbereitet werden für dieFahrzeugzulassung und damit auch eine Dienst-leistung für die Zulassungsbehörden letztendlichstattfindet.

Vorsitzender Herbert Behrens: War Ihnen vor derAufdeckung des VW-Skandals die Existenz vonSoftware zur Erkennung von Rollenprüfstandsi-tuationen und/oder bestimmten Fahrzyklen wiedem NEFZ bekannt?

Zeuge Sven Paeslack: Also, dass bestimmte Soft-ware erkennt, dass das Fahrzeug auf einem Rol-lenprüfstand ist, oder dass die Software des Fahr-zeugs das erkennt, das war mir nicht unbekannt,weil moderne Fahrzeuge ja über vielfältige Sen-sorik verfügen, und ein Fahrzeug, das auf einemRollenprüfstand ist und wo nur die vordereAchse angetrieben wird, wird natürlich automa-tisch merken, dass an der hinteren Achse keinAntrieb stattfindet, und dort würde es schonProbleme hinsichtlich der Fahrzeugelektronik ge-ben.

Also, dass Fahrzeuge zwangsläufig erkennen,dass sie auf einem Rollenprüfstand stehen, warmir bekannt. Aber das ist eben einePrüfstandserkennung und nicht eineZykluserkennung. Das ist für mich einUnterschied an dieser Stelle. Und diePrüfstandserkennung ist, wie gesagt, zwangs-weise notwendig. Entweder erkennt das Fahrzeugdas von alleine, oder üblicherweise muss das

Fahrzeug dahin gehend natürlich auch - - DemFahrzeug muss das mitgeteilt werden, dass es aufdem Prüfstand ist, ansonsten gibt es massiveProbleme.

Vorsitzender Herbert Behrens: Besteht Ihrer An-sicht nach ein - - Oder wie muss ich mir das vor-stellen, das Erkennen, auf einem Rollenprüfstandzu sein? Wie muss ich das rechtlich oder tech-nisch auch bewerten? Diesen Unterschied, den esda gibt, ist der - - Wie relevant ist diese Unter-scheidung in rechtlicher Hinsicht beispielsweise?

Zeuge Sven Paeslack: Nach meinem Dafürhaltenist die Erkennung, dass das Fahrzeug auf demPrüfstand ist, ja nicht zwingend verwerflich -jetzt rechtlich verwerflich -, sondern es ist tech-nisch notwendig. So würde ich das einschätzen.Die Frage ist natürlich, was das Fahrzeug mit die-sem Wissen macht. Das ist für mich das Entschei-dende und nicht die eigentliche Tatsache, dassjetzt eventuell automatisch erkannt wird, dass esauf einem Prüfstand steht.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und was sagtIhnen der Begriff „Cycle Beating“? Wann und inwelchem Zusammenhang haben sie ihn zum ers-ten Mal gehört?

Zeuge Sven Paeslack: Der Begriff „Cycle Beating“ist nicht in den Vorschriften irgendwo niederge-legt, und deswegen kenne ich auch nicht die ge-naue Definition, was man unter Cycle Beatingversteht. Also, ich kann an der Stelle nicht sagen,wann ich den Begriff mal gehört habe. Auf jedenFall - - Nein, ich kann es nicht sagen. Ich wüsstees nicht. Ich habe den Begriff mal gehört in derVergangenheit, aber ich könnte es nicht einord-nen, in welchem Zusammenhang.

Vorsitzender Herbert Behrens: Ist das eher dieGeschichte gewesen, dass Sie dann halt mit denBegriffen von Prüfstandserkennung umgegangensind?

Zeuge Sven Paeslack: Also, die Frage ist: Wasverknüpfe ich mit einem Begriff? Für mich ist ei-gentlich Prüfstandserkennung der entsprechendeBegriff. Ob Cycle Beating jetzt besonders negativ

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behaftet ist und dadurch irgendwo etwas Unge-setzliches ausgedrückt werden soll, dazu kannich nichts sagen, weil ich diesen Begriff nicht be-nutzt habe und auch nicht in irgendeiner Art undWeise geprägt habe daher.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann möchte ichnoch gern von Ihnen erfahren, welche KenntnisseSie von dem Verlauf und von den Ergebnissender Feldüberwachung mit dem Titel „Untersu-chung des Abgasverhaltens von in Betrieb befind-lichen Fahrzeugen und emissionsrelevanten Bau-teilen“ der BASt gehabt haben.

Zeuge Sven Paeslack: Ich bin in dem - - Also, mirist das bekannt, dass dort ein Projekt gelaufen ist,ein Feldüberwachungsprojekt. Ich bin aber indiesem Projekt nicht eingebunden gewesen, dassich also da irgendwelche Erkenntnisse direkt aus- - oder eigene Erkenntnisse wiedergeben könnte.Natürlich ist über das Projekt gesprochen wor-den, auch im Hause das eine oder andere Mal,wenn man sich mit den Kollegen austauscht.Aber das sind alles keine Informationen aus ers-ter Hand. Ich habe in diesem Projekt keine aktiveRolle gespielt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Aber in diesenGesprächen haben Sie durchaus von Zwischener-gebnissen oder von Erkenntnissen gehört unddiese auch erörtert?

Zeuge Sven Paeslack: Also, ich kann an dieserStelle dazu nichts sagen. Ich bin mir da nicht si-cher, ob ich da wirklich zum damaligen Zeit-punkt - 2012 oder wann das Projekt war - Infor-mationen erhalten habe oder ob das später ge-kommen ist, dass mal darüber gesprochen wurde,über das Ergebnis. Ich habe nur im Hinterkopf,dass dort keine besonderen Auffälligkeiten ent-deckt worden sind. Das ist, was ich gehört habe,und, wie gesagt, vom Hörensagen, dass in einemFall dort wohl ein Problem bestand, das aber ab-gestellt wurde. Aber, wie gesagt, das sind alleskeine belastbaren Aussagen meinerseits, weil ich,wie ich angedeutet und bereits gesagt habe, indiesem Projekt nicht aktiv eingebunden war.

Vorsitzender Herbert Behrens: Aber dann hat esdarüber hinaus auch keine direkten Hinweise an

Sie gegeben aus der Lenkungsgruppe, als dannErgebnisse aufgetaucht sind im Hinblick auf Auf-fälligkeiten bei der Messung oder bei bestimmtenFahrzeugen?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, ich kann mich jetztnicht erinnern, dass dort im Grundsatzbereich ir-gendwas hinsichtlich dieser Sache aufgeklärtwerden musste. Dazu muss ich aber auch sagen,dass ich das Grundsatzreferat seit zweieinhalbJahren leite, knapp zweieinhalb Jahren. Ich warvorher auch im Grundsatzbereich tätig, habe dortauch hin und wieder Emissionen natürlich be-treut, aber das ist mir jetzt nicht bekannt, dassdort im Grundsatzbereich umfangreicher - - oderirgendwelche Probleme aufgetaucht sind. Ob dortin der Leitung, in der damaligen Grundsatzrefe-ratsleitung, etwas war, kann ich nicht sagen.Aber bei mir ist es nicht angekommen, dass esdort irgendwelche Probleme gab, die auf Grund-satzebene geklärt werden mussten.

Vorsitzender Herbert Behrens: Können Sie auf-grund Ihrer Tätigkeit, die Sie eben vor der Refe-ratsleitung hatten, ein bisschen was über Ihre da-malige Tätigkeit sagen? Ich wollte ein bisscheneinschätzen können, was möglicherweise an die-sen Stellen, wo Sie tätig waren, diskutiert wor-den ist.

Zeuge Sven Paeslack: Ich war im Grundsatzbe-reich als Sachbearbeiter tätig und habe dort Gre-mien betreut, sowohl nationale als auch interna-tionale Gremien, und habe dort am Ende auchallgemeine Grundsatzarbeit geleistet, etwas her-ausgehoben im Vergleich zu den Kollegen, diedort dabei waren.

Das Grundsatzsachgebiet oder -referat bearbeitetja nicht nur Emissionsvorschriften. Diese Emissi-onsvorschrift ist natürlich ein wichtiger Baustein,aber eben nur eine von hundert Regelungen undRichtlinien, die man im Pkw-, Lkw-, Traktoren-und Zweiradbereich bearbeiten muss. So gese-hen, ist der Grundsatzbereich - - Dort sitzenschon Generalisten, die, wenn Probleme auftau-chen, sich näher mit der Vorschrift beschäftigen,aber nicht zu jedem Zeitpunkt jede Vorschriftauswendig kennen. Das ist einfach nicht möglich.Und in diesem Bereich, in dieser Tätigkeit habe

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ich auch an Sitzungen teilgenommen, die emissi-onsbezogen waren.

Vorsitzender Herbert Behrens: Aber diese Sit-zungen mit Emissionsbezug bezogen sich jetztnicht auf das Projekt der Feldüberwachung?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, also nicht im Projektder Feldüberwachung. Dort war ich nicht.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und nach Ab-schluss dieser Studie konnten Sie aus den Er-kenntnissen, die diese Studie erbracht hat,Schlüsse ziehen für künftige Typgenehmigungenoder auch Konformitätsprüfungen?

Zeuge Sven Paeslack: Ich bin nicht hundertpro-zentig im Bilde über die Schlüsse dieser Studie,was am Ende rausgekommen ist. So wie ich dasverstanden habe, sind dort keine besonderenAuffälligkeiten aufgetreten bei den Fahrzeugenwährend der Typprüfung. Das ist das, was ich imHinterkopf davon habe. Aber ich war nicht imDetail in die Diskussion einbezogen und auchnicht in die Felduntersuchung überhaupt einbe-zogen. Und ich habe wirklich im Grundsatzbe-reich auch keine Erkenntnisse über diese Studie.Was ich - wie gesagt, ich wiederhole mich da;entschuldigen Sie - da habe, ist, dass keine be-sonderen Auffälligkeiten das Ergebnis der Studiewaren.

Vorsitzender Herbert Behrens: Also auch das Er-gebnis, wie Sie sagen, hat keine Auffälligkeitenergeben - alles im grünen Bereich - und hat Sienicht veranlasst, jetzt über einzelne Typgenehmi-gungen nachzudenken oder zu reflektieren?

Zeuge Sven Paeslack: Na ja, die Fahrzeuge habenja letztendlich die Typprüfung erfüllt, wenn ichdas richtig rekapituliere. Das heißt, dort sindkeine Auffälligkeiten im Zyklus aufgetreten, undso gesehen kann man sagen: Bei der eigentlichengesetzlich vorgeschriebenen Typprüfung ist allesin Ordnung gewesen. - Mir ist eben nicht be-wusst, dass dort noch irgendwelche Prüfungenaußerhalb der Typprüfung, irgendwelche wissen-schaftlichen Untersuchungen oder Studien - -Das ist mir dort nicht bekannt, ob das in der Stu-die gemacht wurde.

Vorsitzender Herbert Behrens: Können Sie mirsagen, ob dann mit dem Abschluss dieser Studieund mit dem Vorliegen des Berichts alles in Ord-nung war, oder in welcher Weise wurden dannanschließend Diskussionen über die Ergebnissegeführt?

Zeuge Sven Paeslack: Ich habe da an keinen Dis-kussion über die Ergebnisse teilgenommen. Dakann ich leider nichts dazu sagen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Aus Ihrer jetzigenTätigkeit, aber auch aufgrund Ihrer langjährigenArbeit im KBA: Ist das KBA als Typengenehmi-gungsbehörde Ihres Erachtens von 2007 bis Sep-tember 2015 sämtlichen Typgenehmigungsvor-schriften vollumfänglich nachgekommen?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, ich gehe davon aus,dass wir das ordnungsgemäß gemacht haben. Ichbin im Grundsatzreferat, und wir haben ein zwei-tes Referat, wo die eigentliche formale Typgeneh-migung durchgeführt wird. Ich hoffe einfach undgehe davon aus, dass wir das entsprechend demWortlaut des Gesetzes ausgeführt haben. Ich kannnatürlich bei den vielen Genehmigungen, die wirim Jahr erteilen - und wir erteilen über 15 000oder knapp 20 000 Genehmigungen im Jahr -,nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, abervom Grundsatz her, denke ich, sind wir eine an-erkannte Typgenehmigungsbehörde, und die Ge-nehmigungen, die wir erteilen, werden üblicher-weise - - genießen auch einen hohen Stellenwert,sowohl in Europa als auch weltweit.

Vorsitzender Herbert Behrens: Hat sich das KBAvor September 2015 damit befasst, ob Herstellerunter den Angaben zur elektronischen Steuerungvon Abgasreinigung und Maßnahmen gegen Luft-verunreinigung auch Angaben zu Abschaltein-richtungen zu machen haben? Die sind ja Teil ei-nes emissionsmindernden Systems.

Zeuge Sven Paeslack: Angaben zu Abschaltein-richtungen waren in der Vorschrift nicht vorgese-hen, in der bisherigen Vorschrift. Die Angabenüber entsprechende Abschaltvorrichtungen oderandere Emissionsminderungsstrategien sind jetzt

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erst im März, April dieses Jahres mit einer An-passung der entsprechenden Emissionsverord-nung eingefügt worden.

Vorsitzender Herbert Behrens: Das heißt auch,wenn ich jetzt frage: „Wurden Hersteller schrift-lich oder mündlich nach dem Verbau von Ab-schalteinrichtungen befragt?“, dann - -

Zeuge Sven Paeslack: Wurden sie nicht. Sie wur-den nicht befragt. Es bestand kein Anlass dazu,diese Befragung vorzunehmen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Wenn jetzt in derEU-Verordnung von 2007 dann explizit erwähntworden ist, dass es Abschalteinrichtungen gebendarf, wenn denn diese Einrichtungen notwendigsind, um den Motor in bestimmten Situation zuschützen usw. usf. - Sie werden es kennen -: Daswar aber nicht dann Gegenstand von Fragen oderBefragungen der Hersteller, um zu sagen: „Wel-che dieser hier genannten Einrichtungen ver-bauen Sie in Ihren Autos?“?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, das war - - Die Her-steller wurden nicht hinsichtlich dieser Ab-schaltvorrichtungen oder -einrichtungen befragt.Es ist ein Verbot in der Vorschrift, in der Verord-nung genannt. Dieses Verbot existierte auchschon in der vorhergehenden Vorschrift, ist mei-nes Erachtens 1998 in die Vorgängervorschriftschon eingearbeitet worden, ist also kein Novumgewesen in der neuen Euro-5-, Euro-6-Vorschriftund ist nie Gegenstand irgendwelcher Diskussiongewesen, sowohl mit den Herstellern als auchmit Technischen Diensten oder anderenGenehmigungsbehörden. Auch dort pflegen wirja einen Austausch.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und haben Sie imRahmen ihrer Tätigkeit im KBA seit Juli 2007niemals Hinweise aus Kollegenkreisen beispiels-weise oder auch von Externen bekommen auf dieVerwendung möglicherweise illegaler Abschalt-einrichtungen?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, das ist mir nicht be-kannt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Der Hintergrundder Frage ist: Wie konkret müssen eigentlich Hin-weise sein, um möglicherweise erkennen zu kön-nen, ob wir es mit Abschalteinrichtungen zu tunhaben? Da taucht der Hinweis in Zeugenaussagenauf, es sei nicht hinreichend konkretisiert wor-den, wenn Abweichungen thematisiert wordensind. Wie hätte nach Ihrer Ansicht ein Hinweiskonkretisiert sein müssen, um Ihrerseits tätig zuwerden, um zu untersuchen, ob es Abschaltein-richtungen legaler oder illegaler Art gibt?

Zeuge Sven Paeslack: Ich hätte erwartet, dassman dann dieses Wort „Abschalteinrichtungen“auch irgendwo in irgendeinem der Berichte oderStudien klar anspricht. Das hätte ich erwartet.Dann wäre man dieser Geschichte sicher auchnachgegangen. Aber ich kann mich eben nicht er-innern, dass das in irgendeinem Bericht mal auf-getaucht ist - also definitiv -, dass dort Abschalt-einrichtungen oder illegale Abschalteinrichtun-gen verwendet worden sind. Weil das ist ja nochdas Entscheidende: Die Abschalteinrichtung ansich kann ja sogar noch begründet sein, aber dassdort eben von illegalen Abschalteinrichtungen - -Und mir ist weder das eine noch das andere be-kannt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Also, Sie habennie einen Hinweis bekommen, dass möglicher-weise bei abweichenden Werten der Begriff „Ab-schalteinrichtung“ verwendet worden ist?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, also ich kann michda nicht dran erinnern, Herr Vorsitzender.

Vorsitzender Herbert Behrens: Der hätte aus Ih-rer Sicht auf jedem Fall Veranlassung gegeben,dann aktiv zu werden seitens des KBA?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, wenn es aus zuverlässi-ger Quelle, sagen wir mal so, kommt, dass dortalso auch belegt ist - - Ich kann ja immer Worte inden Raum werfen und sagen: Okay, ich vermuteda mal was. - Aber wenn dort von zuverlässigerSeite oder von einem wissenschaftlichen Institutdas mal erwähnt worden wäre - - Dazu muss ichnatürlich sagen, ich kenne nicht alle Studien die-ser Welt. Nur, mir ist es nicht bekannt geworden,

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dass dort in einer Studie mal wirklich von Ab-schalteinrichtungen oder illegalen Abschaltein-richtungen gesprochen wurde. Das muss ich dazunatürlich einschränken, weil das mag natürlichsein. Bei der Literatur und bei den vielen Unter-suchungen, die es gab, mag es vielleicht doch ir-gendwo aufgetaucht sein. Aber es ist mir nichtbekannt geworden.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann haben Sie jadoch ein bisschen was dazu gesagt, inwieweitdas doch konkretisiert werden muss. Sie sagen,es müssen dann mehr als nur Annahmen undVermutungen da sein, sondern schon belegbareUntersuchungsergebnisse.

Zeuge Sven Paeslack: Ja, die Frage ist ja immer - -Wir sind ja nun mal am Ende eine Verwaltungs-behörde, und wir erteilen eine Genehmigung aufBasis einer Vorschrift, die relativ klar umrissenPrüfszenarien beschreibt. Wenn ich jetzt natür-lich Hersteller habe, die von mir eine Genehmi-gung haben wollen, und ich fange urplötzlich an,dass ich das vielleicht mal erläutere und sage:„Also, ich habe jetzt gerade bei diesem Herstelleretwas gehört und fange jetzt an, größere und um-fangreichere Untersuchung zu machen“, dannmuss das ja auch in irgendeiner Art und Weisebelastbar sein. Und die Verwaltung, denke ich,soll da relativ gleichmäßig handeln und nichtwillkürlich handeln. Also brauche ich natürlichauch belastbarere Beweise. So würde ich es we-nigstens auslegen, Herr Vorsitzender.

Vorsitzender Herbert Behrens: Wobei im Wegeder Amtsermittlung Sie ja schon tätig werdenmüssen.

Zeuge Sven Paeslack: Ja.

Vorsitzender Herbert Behrens: Das ist ja nunAufgabe des KBA.

Zeuge Sven Paeslack: Ja, sicher. Aber deswegenhatte ich ja darauf verwiesen: Wenn dieser Be-griff gefallen ist und ich eine Studie oder Messer-gebnisse vorliegen gehabt hätte, dann hätte mandort sicher bei den Herstellern auch nachgefragt.Aber, wie gesagt, das ist alles hypothetisch im

Moment, weil ich kann mich eben nicht - - Mirselbst ist so was nicht zur Kenntnis gelangt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gut. - Dann, wasdie einleitenden Fragen anbetrifft, eine letzte. Damuss ich ein bisschen ausholen. Im Rahmen derDiskussion zu unserem Untersuchungsgegen-stand taucht immer wieder die Frage auf, ob Ab-schalteinrichtungen bestimmt genug definiertsind und inwieweit sie rechtlich zulässig odereben nicht zulässig sind. Es wurde von einemAuslegungsspielraum gesprochen, den die Her-steller auch nutzen. Und die Abteilung Recht desKBA hat sich gemäß Aktenlage mit dem Untersu-chungsgegenstand bis Ende 2014 nicht befasst -laut Unterlage KBA-2-1, Ordner A 2 und A 3.

Hat sich das KBA ansonsten im Untersuchungs-zeitraum seit 2007 mit der Frage der Technik undder rechtlichen Zulässigkeit von Abschalteinrich-tungen näher befasst, und wie wurden Ausle-gungsspielräume definiert? Vor allem: Wo sahenSie bzw. das KBA die rechtlichen Grenzen für dieVerwendung der Abschalteinrichtungen? Und ab-schließend: Welche Prüfungen oder Gutachtenoder auch Anweisungen gab es zu dieser Thema-tik hausintern und von externen Stellen vor2015?

Zeuge Sven Paeslack: Also, befasst haben wiruns etwas näher mit dem Thema der Abschalt-einrichtungen natürlich zu dem Zeitpunkt, wo esletztendlich mit dem entsprechenden VW-Fallakut geworden ist. Das war für uns die Initialzün-dung, sich mit dem Thema Abschalteinrichtun-gen zu beschäftigen. Abschalteinrichtungen - ja,die Vorschrift ist meines Erachtens da auch etwasunklar, und ich bin nun natürlich kein Jurist,aber meines Erachtens sind da doch sehr vieleunbestimmte Rechtsbegriffe drin, die für einenIngenieur, der doch etwas klarere Definitionenliebt, nicht unbedingt ganz einfach auszulegensind.

Deswegen kann man hinsichtlich der Abschalt-vorrichtungen - das ist meine Auffassung dazu -nicht einfach eine Checkliste abhaken und sagen:Das ist jetzt eine illegale Abschalteinrichtungoder keine illegale Abschalteinrichtung. - Also,dass es eine Abschalteinrichtung ist, das ist noch

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relativ einfach zu ermitteln. Das ist ja auch klardefiniert, was dort passieren muss. Aber ob diesedann zulässig ist oder eben nicht zulässig ist, dawird es etwas schwierig. Und in jedem Einzelfalloder in allen Einzelfällen ist diese Entscheidungauch noch nicht getroffen worden. Sie wissen ja,in dem entsprechenden Bericht der Untersu-chungskommission gab es da auch Zweifel hin-sichtlich der Zulässigkeit bestimmter Abschalt-vorrichtungen. Ja, diese Zweifel bestehen immernoch.

Vorsitzender Herbert Behrens: Wäre nicht geradedas auch ein Grund gewesen, dass sich das KBAoder die Abteilung Recht beim KBA dieser Fragezuwendet, wenn Sie sagen: „So als Technikerkann man dazu schlecht was sagen“? Also bisEnde 2014 hat es definitiv keine Befassung mitdiesem Thema gegeben. Wie erklären Sie sichdas, wenn es manchen auch unklar blieb, was da-mit verbunden ist?

Zeuge Sven Paeslack: Also, dass es bis 2014keine Befassung gegeben hat, lag einfach daran,dass diese Frage nie gestellt wurde. Es ist ebennie über Abschaltvorrichtungen oder überunzulässige Abschalteinrichtungen eine Fragegestellt worden, sagen wir es mal so. Es bestandnie ein Grund, in diesem Bereich überhaupt tätigzu werden oder um Auslegung der Vorschrift zubitten. Das ist nicht passiert. Wie ich eingangssagte: Weder von Herstellerseite noch vonseitender Technischen Dienste noch aufseiten derGenehmigungsbehörden ist über diesen Fall jediskutiert worden, was eine Abschalteinrichtunggenau ist bzw. wann sie zulässig und unzulässigist.

Deswegen kann ich auch mit sehr gutem Gewis-sen sagen, dass vor dem VW-Fall diese Diskus-sion nicht geführt wurde. Und nach dem VW-Fallmit Einsetzung der Untersuchungskommissionletztendlich, wo man auch die entsprechendenFahrzeuge vermessen hat - - Dort hat man dannerst entsprechende Hinweise erhalten, was dortgemacht wird mit den Fahrzeugen hinsichtlichder Abgassystematik und Abgassysteme. Undauch dort kamen dann eben erst im Einzelfall dieFrage und die Diskussion auf: Abschalteinrich-tungen - ja, nein? Zulässig - ja, nein? Und die

reine Zulässigkeit den Juristen zu überlassen,möchte ich natürlich auch nicht, weil es gibt jaGründe, wo Abschalteinrichtungen akzeptiertwerden können, und diese Gründe, meine ich,müssen schon im Einzelfall dann wiederum dieIngenieure in Zusammenarbeit mit den Juristenklären.

Vorsitzender Herbert Behrens: Das sind erst malmeine Fragen. - Dann geht es weiter mit den Kol-legen von der CDU/CSU.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Danke schön. - HerrPaeslack, Sie haben jetzt schon relativ viel zu Tä-tigkeit, Tätigkeitsfeldern und Personen gesagt.Auch auf die Gefahr hin, dass sich jetzt gewisseDinge nach der ersten Runde so ein bisschenkreuzen oder überschneiden, möchte ich michnoch mal etwas beziehen auf den Zeitpunkt die-ses Bekanntwerdens dieser Manipulationen vonVW in den USA. Die Mitteilung der EPA über dieAbgasmanipulation durch VW bezog sich ja aufdiese verbotenen Abschalteinrichtungen. Wannist Ihnen dieser Sachverhalt zum einen wirklichkonkret bekannt gemacht worden, und - was füruns mindestens so wichtig ist - wann genau hatdann VW gegenüber dem KBA einen solchenVerstoß für Deutschland eingeräumt?

Zeuge Sven Paeslack: Vielen Dank, Herr Abge-ordneter. - Ich muss jetzt gestehen: Ich kannIhnen den genauen Zeitpunkt nicht sagen. Ichweiß aber, wir haben es aus der Presse erfahren.Es war an einem Wochenende - das weiß ich -,und als es durch die Presse ging, dort habe ich eserfahren, oder haben wir es auch im KBA erfah-ren. Also, so gesehen, dieser bekannte - - Ich ver-mute, diese Pressemeldung kennen Sie genau, amWochenende, wann das passiert ist. Wie gesagt,da ist es mir persönlich bekannt geworden unddann natürlich auch Montag zum Dienstbeginnentsprechend diskutiert und behandelt worden -relativ zeitnah. Aber, wie gesagt, nicht vor derPressemeldung ist es mir persönlich bekannt ge-worden.

Zu der weiteren Geschichte, wie Volkswagensich dann jetzt dazu gestellt hat: Es gab da ent-sprechende Gespräche - dann auch relativ kurz-fristig -, wovon ich weiß, zwischen Herrn Zinke,

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also dem Behördenleiter des KBA, auch mit demHerrn Winterkorn, und ich meine auch, der HerrMinister war dabei, wenn ich mich recht erin-nere. Dort wurden Gespräche geführt, und ichglaube, dort wurde das etwas genauer erörtert.Aber den Inhalt des Gesprächs kann ich natürlichnicht wiedergeben. Also, dort sind relativ schnellGespräche auf höchster Ebene geführt worden.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Jetzt frage ich trotzdemnoch mal auch in dem Zusammenhang so einbisschen über den Zeitraum davor. Im Umwelt-bundesamt wurde nach dem Bekanntwerden derVorwürfe der EPA eine „Sprachregelung“ formu-liert - genaue Zitatstelle: MAT A UBA-2-1, Ord-ner 48, Seite 446 -:

Der im Schreiben der EPA an VWdargestellte technische Sachver-halt ist dem UBA grundsätzlichbekannt und wird vom UBAschon über einen sehr langen Zeit-raum kritisiert, weil er in ver-gleichbarer Form auch in der EUvorzufinden ist. Das UBA reflek-tiert den Sachverhalt z. B. in derForm, dass es Emissionsfaktorenin ... Schadstoff pro Kilometer soermittelt, dass die realen Schad-stoffemissionen im Ergebnis wie-dergegeben werden.

Diese Mitteilung des EPA bezog sich also aufdiese Abgasmanipulationen. Jetzt sagt das UBAja: „seit längerem bekannt“, und es habe auf sol-che Missstände aufmerksam gemacht. WissenSie, wer informiert worden ist, oder wurden Sieim Vorfeld durch das UBA unterrichtet?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, also, ich kann michnicht daran erinnern, dass das UBA uns vorherirgendwas in der Sache mitgeteilt hat.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Okay. - Wir hatten vor-hin schon mal, das halte ich einfach noch mal sofest: Die Kenntnis von diesen illegalen Abschalt-einrichtungen war nicht vorhanden. - So habe ichdas vorhin schon verstanden, wie wir auch überdie Frage geredet haben - damit ich das jetztnicht alles noch mal wiederhole - der Zykluser-

kennung, was man erkennt und was der Rollen-prüfstand ist. Das lasse ich jetzt einfach mal sostehen.

Ich will mich jetzt auf die Tätigkeit des KBAnach dem 19., 20. September beziehen. Sie habenja vorhin auch schon gesagt: Nach dem Bekannt-werden des Geständnisses von VW in den USAüber diese unzulässigen Abschalteinrichtungenhat ja das KBA einen Untersuchungsauftrag er-halten, und es gab einen Austausch mit der EPA.Der wurde gestartet. Waren Sie daran direkt, un-mittelbar beteiligt?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, an dem direktenAustausch war ich nicht beteiligt.

Ulrich Lange (CDU/CSU): An dem direkten Aus-tausch waren Sie nicht beteiligt. Sie waren aberdann beteiligt im Rahmen der Untersuchungs-kommission.

Zeuge Sven Paeslack: Ich war kein Mitglied oderbin kein Mitglied der Untersuchungskommission,aber ich habe an wenigen Sitzungen der Untersu-chungskommission teilgenommen, anfänglichinsbesondere. Ich bin ja von meinem Abteilungs-leiter auch in der Regel der Vertreter, wenn ernicht im Hause ist, und in dem Bereich habe ichihn auch bei der einen oder anderen Sitzung be-gleitet. Ich weiß auch nicht, ob ich ihn eventuellauch mal ersetzt habe, wenn er nicht konnte. Daskann ich jetzt im Detail nicht sagen. Aber ichhabe eher wenige Sitzungen genossen.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Die Frage, die jetzt hiervon der Seite kam, bevor sie dann in der nächs-ten Runde kommt, kommt jetzt natürlich unmit-telbar von mir. - Mal begleitet, mal nicht begleitet- das ist natürlich jetzt schon ein bisschen vagehier in dem Zusammenhang. Unmittelbar einbe-zogen waren Sie nicht, sondern waren der Stell-vertreter, der dann quasi mitgeschrieben hat,wenn der Chef nicht da war.

Zeuge Sven Paeslack: Ja, ich habe - - Also, ichhabe Herrn Wummel, meinen Abteilungsleiter,auch begleitet bei den Sitzungen, habe, also sogesehen, an der Sitzung teilgenommen - an eini-

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gen Sitzungen. Wie gesagt, ich kann nicht mit gu-tem Gewissen sagen, ob es drei Sitzungen oderfünf Sitzungen waren von den vielen. Das zogsich ja auch über einen längeren Zeitraum. Aberich war an diesen drei bis fünf Sitzungen betei-ligt, und ich habe natürlich im Nachgang auchüber Ergebnisse mit meinem Abteilungsleiter ge-sprochen.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Also, Sie haben dannam Ende dieser Untersuchungskommission überdas Ergebnis dieser Kommission schon unmittel-bar auch gesprochen.

Zeuge Sven Paeslack: Ja, am Ende ist natürlichder Bericht der Untersuchungskommission jaauch zum Teil eben auch im KBA erstellt wordenund geschrieben worden, und das ist, so gesehen,eine Teamleistung gewesen. An diesem Berichtsind einige Personen beteiligt gewesen bei uns imHause. Ansonsten hätte man es in diesem kurzenZeitraum auch gar nicht schaffen können, dieseganze Sache zu bearbeiten. Und das normale Ta-gesgeschäft muss ja auch weitergehen, und ausdiesem Grunde sind eben auch im KBA zum Teilwechselnde Personen beteiligt in der Sache. Aberdas führt leider auch dazu, dass nicht immer diehundertprozentige Kontinuität da ist und icheben sagen kann: Ich habe an einigen Sitzungenteilgenommen. - Wie gesagt, die Anzahl kann ichwirklich mit gutem Gewissen nicht hier sagen.Aber ich habe eben nicht an allen Sitzungen teil-genommen. Ich weiß einige technische Dinge na-türlich, die dort besprochen worden sind, abereben nicht alle.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Sie sagen gerade „Ge-meinschaftsleistung“, diese Erstellung des Be-richts. Dieser Bericht ist aber unter anderem auchkritisiert worden - MAT A SV-4,-Führ, also Sach-verständige, auf Seite 15 -, weil die real gemesse-nen Emissionen in drei Kategorien eingeordnetworden sind - MAT A KBA-2-1, Ordner A 118,7.1, Seite 60.

Ist es zum einen zutreffend, dass das KBA bei derBewertung der Ergebnisse Annahmen treffenmusste, weil keine gesetzlich fixierten Grundla-gen bestanden? Und welche Annahmen liegen

der Einteilung in diese drei Kategorien dann zu-grunde?

Zeuge Sven Paeslack: Also die Einteilung - - oderder Bericht ist natürlich ein Bericht der Untersu-chungskommission. Das heißt, nicht nur das KBAwar ja nun an dem Bericht beteiligt. Aber, das istrichtig, Herr Abgeordneter, wie Sie es gesagt ha-ben: Wir haben außerhalb des Zyklus ja keine ge-setzlichen Anforderungen. Und aus diesemGrunde hat man sich dort hilfsweise gesetzlicheAnforderungen, ja, gebastelt; wenn ich das mal sosagen darf. Also man hat natürlich hilfsweise ver-sucht, Anforderungen zu finden, um eben eineentsprechende Einteilung vorzunehmen. Unddass diese Einteilung natürlich kritisiert werdenkann, das ist in der Natur der Sache, wenn manso was tut. Nicht jeder ist mit der Einteilungwahrscheinlich einverstanden.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Ich würde dann mal ander Stelle weitergeben und melde mich dann inder zweiten Runde.

Vorsitzender Herbert Behrens: Sind weitere Fra-gen aus Ihrer Runde? - Nicht. Dann geht es weiterzu Bündnis 90/Die Grünen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herzlichen Dank. - Herr Paeslack, Untersu-chungskommission: Was war denn da Ihre Funk-tion genau, also wenn Sie ein paar Mal dabei wa-ren?

Zeuge Sven Paeslack: Also, ich bin entsprechendeingeladen worden zu der Untersuchungskom-mission anfänglich. Ich glaube, das war haupt-sächlich auch in der Anfangsphase, wo nichthundertprozentig vielleicht hinsichtlich der Be-setzung des KBA Klarheit herrschte, ob nun zweiMitarbeiter oder drei Mitarbeiter des KBA Teilder Untersuchungskommission sein sollten. Dasist wenigstens meine persönliche Einschätzung,dass es ein wenig das war. Und, wie gesagt, aberam Ende kann ich das natürlich - - Die Zusam-mensetzung der Untersuchungskommission liegtnatürlich nicht in meiner Hand. Also, ich habeansonsten natürlich auch Herrn Wummel ver-sucht zu beraten, einfach: Vier Ohren hören eben

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mehr als zwei Ohren. Und, wie gesagt, unser Be-hördenleiter war ja auch Teil der Untersuchungs-kommission, ist aber als Jurist dann natürlichtechnisch nicht immer hundertprozentig imBilde.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Der Herr Kollege Lange hat eben das UBA zitiert.Ich verweise auf die Fundstelle, er hat das jaauch vorgelesen. Das ist uns ja hier an vielenStellen auch bestätigt worden, dass eigentlich re-lativ breit bekannt war, dass bei den Stickoxid-emissionen die Realemissionen nichts mit demzu tun haben, was im NEFZ tatsächlich gemessenwar. War Ihnen das Problem bekannt, also vorjetzt September 2015, vor Bekanntwerden VW-Skandal? War Ihnen das Problem grundsätzlichbekannt? Und wenn ja, was haben Sie da ge-macht; weil ich habe Sie eben so verstanden, alsob Sie noch nie von diesem Stickoxidproblem ge-hört hätten, dass hier die Real- und die anderenEmissionen auseinanderfallen? Möglicherweisehabe ich Sie da missverstanden.

Zeuge Sven Paeslack: Ja, doch, da haben Siemich missverstanden. Ich habe gesagt: Vor demJahr 2015 - - Oder vor dem VW-Fall, sagen wireinmal so, ist mir von Abschaltvorrichtungenund insbesondere auch von illegalen Abschalt-vorrichtungen nichts bekannt gewesen. Dass dieRealemissionen der Fahrzeuge außerhalb desZyklus höher sind, das war mir schon bekannt,selbstverständlich.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wodurch war Ihnen das bekannt?

Zeuge Sven Paeslack: Erst mal liegt es in der Na-tur der Sache, dass ein Zyklus, insbesondere derNEFZ oder das, was bekannt ist, ein relativerSchwachlastzyklus ist und dass dieser Zyklusnicht unbedingt das reale Fahrgeschehen abbil-det; denn die Fahrzeuge sind dort ja besonderskonditioniert, nicht besonders beladen, es wirdmit relativ geringer Last und geringer Geschwin-digkeit gefahren. Das liegt, wie gesagt, in der Na-tur der Sache, wenn ich ein Fahrzeug stärker be-laste, dass dort auch die entsprechenden Emissi-onen steigen, ansteigen. Und das war mir be-kannt.

Und das war auch - - Wenn man die Vorschriftliest, die 715/2007, die entsprechende Emissions-vorschrift: Auch dort steht es natürlich drin inden Erwägungsgründen, dass die Vorschrift hin-sichtlich der Emissionen bei niederen Tempera-turen geschärft und nachbereitet und verbessertwerden muss. Und letztendlich hat man das jaauch bei anderen Emissionsvorschriften schongetan.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Waren Ihnen denn Studien, vom ICCT zum Bei-spiel, bekannt 2014, die für viele Fahrzeugenachweisen, dass hier teilweise ums Siebenfache,ich glaube, im Durchschnitt sogar ums Siebenfa-che, die Grenzwerte überschritten werden?

Zeuge Sven Paeslack: Die Studie war mir 2014nicht bekannt. Ich habe sie - - Erst später habe ichmal reingeblättert. Also die Höhe der Überschrei-tungen war mir nicht bekannt, nein.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Haben Sie denn, wenn Sie davon wussten, dass eshier so auseinanderfällt, mal drüber nachgedacht -wir haben hier eben von den anderen Zeugengehört, dass es Aufgabe des KBA ist, streng nachNEFZ zu testen und den Vorschriften -, dass man,um dieses Problems Herr zu werden, wenn Sie esüberhaupt als Problem gesehen haben, da malaußerhalb des Zyklus in irgendeiner Weise testet,um zu sehen, ob möglicherweise hier Ursachensind? Also, haben Sie für sich eine Verpflichtunggesehen, immer nur drauf zu dringen im Haus:NEFZ wird getestet, alles andere kommt über-haupt nicht infrage? Oder gab es da auch schonmal andere Überlegungen?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, mir sind da keine an-deren Überlegungen bekannt, weil wir ein relativstarres Regelwerk und Korsett haben hinsichtlichder technischen Prüfungen, die wir machen kön-nen, sowohl die Prüfungen, die der Herstellervorlegt, um eben eine Genehmigung zu erhalten,als auch die Nachprüfungen, die wir machen.Denn auch die Nachprüfungen sind relativ - -also jetzt die CoP-Prüfungen, da hat Herr Sturmsicher das eine oder andere jetzt schon gesagt.Aber auch dort haben wir ein relativ festes Kor-

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sett. Und wenn ich jetzt außerhalb dieses Kor-setts Prüfungen mache und irgendwelche Ergeb-nisse erhalte, dann habe ich oder hätte ich jetztein Problem, was ich mit diesen Ergebnissen an-fangen soll; denn das KBA ist natürlich keinewissenschaftliche Forschungseinrichtung, die inirgendeiner Art und Weise Gelder oder Steuergel-der jetzt für Forschungszwecke ausgeben kann;also wenigstens haben wir uns bisher so nicht ge-sehen, und deswegen ist dieser Gedanke, also beimir persönlich, nicht aufgekommen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Sie waren ja auch in der Untersuchungskommis-sion dann tätig. Da ist ja dann getestet worden.Genau das, was ich jetzt gefragt habe, ist ja dannda gemacht worden. Nachdem man plötzlichmerkte, das muss dann doch irgendwie sein,dann ging das ja plötzlich. Ich möchte auf diePhase der Erstellung des Untersuchungsberichteshinarbeiten. Da hat es ja dann Ergebnisse, Mes-sungen gegeben. Sind die irgendwie mit den Her-stellern rückgekoppelt worden?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, es sind Gespräche mitden Herstellern geführt worden.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Mit allen?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, mit allen Herstellern,deren Fahrzeuge gemessen worden sind; ichglaube wenigstens, mit allen. Ich gehe mal davonaus: auf jeden Fall. - Also doch, ich würde sagen:Mit allen ist gesprochen worden.

Das ist aber auch gängige Praxis, wenn ich alsoErgebnisse habe, insbesondere Ergebnisse, die au-genscheinlich nicht einleuchtend sind, dass ichdiese Ergebnisse natürlich mit den Herstellernbespreche, weil man könnte ja auch bei diesenMessprozeduren etwas falsch gemacht haben.Und alleine aus diesem Grunde ist es meines Er-achtens zwingend notwendig, einen Austauschmit den Herstellern zu führen. Ja, alleine um, wiegesagt, eben Fehler auch auf unserer Seite bzw.aufseiten der Technischen Dienste, die immervorkommen können, weil die Messverfahren jadoch recht kompliziert sind - - und um das aus-zuschließen einfach, ist das notwendig.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Das heißt, die Hersteller haben die Ergebnisse be-kommen, also das ist denen vorgelegt worden.Sind denen denn auch Texte vorgelegt worden,Bewertungen für den Untersuchungsbericht spä-ter?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, es sind mit den Herstel-lern auch die Ergebnisse - - Oder: Die Herstellersind über die Ergebnisse vorab informiert wordenoder über unsere Formulierungsvorschläge. Ichweiß nicht, ob alle informiert worden sind, aberich weiß, im einen oder anderen Fall ist das ge-schehen, insbesondere wenn das eben auch sehrnachteilige Formulierungen oder wenn das sehrkritische Dinge waren - nicht „nachteilige Formu-lierungen“, das ist Quatsch, Entschuldigung -,wenn es sehr kritisch war, wenn es grenzwertigwar, weil - - Auch diese Praxis halte ich für ge-rechtfertigt, weil mit diesem Bericht der Untersu-chungskommission und einer ja eventuell fal-schen Anschuldigung hätte man natürlich mas-sive Probleme als Behörde bekommen, wenn icheinen Bericht veröffentliche, wo eventuell Fehlerdrin sind oder auch einfach Unterstellungen drinsind, die wir vielleicht beim Schreiben des ent-sprechenden Resümees gar nicht gemerkt hätten.Und auf einmal haben wir da einen massivenwirtschaftlichen Schaden durchs [sic!] Unterneh-men. Das ist einfach aus Absicherungsgründenschon gemacht worden.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Können Sie sich dran erinnern, welche Herstellerdas waren, mit denen das rückgekoppelt ist?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, ich kann es im Ein-zelfall nicht sagen, mit welchen HerstellernRückkopplung - - oder ob mit allen Herstellern.Also, Gespräche sind mit allen Herstellerngeführt worden, selbstverständlich, aber ob, wiegesagt, mit allen Herstellern die Rückkopplungengelaufen sind, das kann ich nicht sagen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Jetzt geht es wei-ter an die - -

(Oliver Krischer(BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN): Gut, okay!)

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- Ich wollte Sie jetzt nicht abbrechen an derStelle. - Sie waren fertig mit Ihrer Antwort?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, selbstverständlich. -Danke, Herr Vorsitzender.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. - Dann istdie SPD an der Reihe.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke. - Herr Paeslack,es gibt Vorwürfe von verschiedenen Stellen, dassaufgrund der Tatsache, dass, wie Sie ja auch sel-ber sagten, es völlig klar ist, dass die Werte beimRollenprüfstand und im Realbetrieb voneinanderabweichen, man viel früher hätte im Realbetriebprüfen müssen. Wäre das für Sie möglichgewesen? Oder warum haben Sie es nicht ge-macht? Denn auch früher schon, vor dem Be-kanntwerden, war ja die Tatsache bekannt, undda gab es immer mal wieder welche, die gesagthaben: Sie müssten eigentlich auch mal auf derStraße prüfen.

Zeuge Sven Paeslack: Ja, vielen Dank, Frau Abge-ordnete. - Ich habe das eigentlich versucht schonauszuführen. Wir haben einerseits dieses engeTypprüfkorsett, wo wirklich die Prüfung vorgege-ben wird. Das ist das eine. Und meines Erachtenskommen wir aus diesem Korsett nicht raus alsGenehmigungs- und Verwaltungsbehörde. Unddas Zweite ist: Wenn wir eigenständige Untersu-chungen gemacht hätten, jetzt rein hypothetisch,so wie wir es im Bericht der Untersuchungskom-mission gemacht haben, dann ist eben die Bewer-tung dieser Ergebnisse unheimlich schwierig,weil es außerhalb der gesetzlichen Regelungenist. Denn dass es keinen Grenzwert außerhalb desZyklus gibt, des gesetzlich vorgeschriebenen Zyk-lus, das ist für mich klar. Also, das ist meine ganzklare Auffassung, dass es dort keinen Grenzwertgibt. Und so ist es eben sehr problematisch auchbei diesen ganzen Messungen, die gemacht wor-den sind. Die Feststellung ist das eine - dreifachhöher, vierfach höher, fünffach höher -, aber wasmache ich damit?

Kirsten Lühmann (SPD): Danke, dann haben Siegleich meine zweite Frage mit beantwortet. - Dieging nämlich dahin, dass der Kollege Krischer ge-sagt hat: Na ja, nach Aufdecken des Skandals war

es ja plötzlich möglich, im Realbetrieb zu mes-sen. - Aber das haben Sie ja gerade erläutert, wa-rum es dann plötzlich möglich war: weil maneinfach sehen wollte, wie die Werte sind. Aber,wie Sie richtigerweise sagten, man hat da auchkeine rechtliche Handhabe, anschließend was da-mit zu machen, sondern - so hatte ich Sie ver-standen, und korrigieren Sie mich, wenn dasnicht ist - die Herstellenden waren kooperativ,einfach aufgrund der Gesamtsituation, als siedann mit den Testwerten im Realbetrieb konfron-tiert wurden. Habe ich das so richtig verstanden?

Zeuge Sven Paeslack: Also, wir haben natürlichdiese realen Messungen gemacht, weil uns dasauch aufgetragen worden ist vom Minister undvom Verkehrsministerium. Diese Messungen sindja nicht vom KBA initiiert worden. Also wir hät-ten da sicher massive Probleme, auch das Geldzusammenzubekommen; obwohl ich damitnichts zu tun habe, aber es ist einfach - - Ich gehemal davon aus, dass wir das nicht so ohne Weite-res machen können, diese Messungen.

Und das Zweite ist - ja, ich denke, da haben Siemich richtig verstanden -, dass die Auswertungdieser Ergebnisse sehr problematisch ist, weil wiruns abseits der gesetzlich vorgegebenen Pfade be-wegen.

Kirsten Lühmann (SPD): Jetzt meine nächsteFrage. Sie haben ja gesagt, wenn Sie belastbareHinweise auf Manipulationen gekriegt hätten,dann hätte man sich überlegen müssen, was manmacht. Daher meine ganz konkrete Frage nochmal, die Sie global beantwortet haben, aber ichmache es jetzt noch mal konkret: Haben Sie von-seiten der Deutschen Umwelthilfe oder vonseitenvon Axel Friedrich Hinweise gekriegt auf Mani-pulationen?

Zeuge Sven Paeslack: Ich kann mich nicht erin-nern, dass wir diese Hinweise bekommen haben -

Kirsten Lühmann (SPD): Herr - -

Zeuge Sven Paeslack: - Entschuldigung, dass ichdas noch - vor dem, letztendlich - - Für michzählt alles: Vor dem VW-Fall.

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Kirsten Lühmann (SPD): Danke, so meinte ichauch meine Frage. - Herr Friedrich behauptet ineinem taz-Interview vom 16.10.2015, dass Sie,also das KBA, nur deshalb diese Realbetriebtestsnicht gemacht hätten, weil Sie nicht genug Geldhätten. Das haben Sie eben ein bisschen angedeu-tet, aber man - - Ich hatte Sie auch anders ver-standen. Könnten Sie das vielleicht noch malausführen?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, also am Ende ist das janicht mein Entscheidungsspielraum, und ichkann auch nichts über das Budget des KBA sa-gen. Aber mein Verständnis - und deswegenmuss ich jetzt mein persönliches Verständnis da-für aufbringen - - Wir haben einen gesetzlichenAuftrag, und der gesetzliche Auftrag ist meinesErachtens - - Der würde es nicht decken, jetzt allemöglichen Messungen zu machen. Das ist meinVerständnis. Aber, wie gesagt, ich bin weder fürden Haushalt zuständig noch an der richtigen Po-sition im KBA, noch kann ich das rechtlich wirk-lich bewerten.

Vorsitzender Herbert Behrens: Kirsten, hast dunoch eben die Quelle da?

Kirsten Lühmann (SPD): Das war ein ganz nor-maler Zeitungsartikel. Der ist nicht in unserenUnterlagen drin, aber ich dachte, den kann ichsehr wohl zitieren, weil die taz ja nun nicht einso kleines Medium ist, dass niemand sie kennt.Und ich bin sicher - -

(Carsten Müller (Braun-schweig) (CDU/CSU): Auch

noch das Datum?)

- Das Datum habe ich gesagt, aber das kann ichgleich noch mal sagen: vom 16.10.2015. - HatHerr Friedrich behauptet, das KBA habe nicht ge-nug Geld zur Verfügung, um portable Messungenzu machen. Ich habe Herrn Paeslack so verstan-den, dass er gesagt hat: Die haben sie deshalbnicht nicht gemacht, weil sie kein Geld hatten,sondern weil sie keinen Auftrag hatten, weil ihrAuftrag ein anderer war. Und wenn eine konkreteSituation gewesen wäre, wie zum Beispiel jetztnach dem Skandal, dann wären ein Auftrag ge-kommen und Geld - was ja auch passiert ist.

(Arno Klare (SPD): Genau!)

Ich habe jetzt noch eine Frage: Waren Sie auf in-ternationaler Ebene mit der Entwicklung vonRDE in irgendeiner Art und Weise betraut? Oderwaren Sie in Kreisen international unterwegs, wodadrüber geredet wurde?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, ich habe in meiner Tä-tigkeit auch doch einige oder mehrere Reisennach Brüssel unternommen und auch letztend-lich dort an der einen oder anderen emissionsbe-zogenen Sitzung teilgenommen. Aber die Auf-gabe des KBA in diesen Sitzungen ist natürlichnicht, politische Regelungen dort vorzunehmen,sondern wir versuchen dann, im Rahmen unsererMöglichkeiten die Vorschriften so zu begleiten,dass sie irgendwo auch handelbar sind für dieGenehmigungsbehörden; weil dort sitzen ebenentsprechende Emissionsexperten zusammen.Die schreiben sehr schöne, lange und dicke Bü-cher - wenn Sie wissen, wie dick die Vorschriftensind -, und am Ende muss ja die Genehmigungs-behörde damit klarkommen. Und das ist so einbisschen das, was dann die Aufgabe des KBA ist,dass man einfach sagt: mehr das Administrative.Kommen wir damit eigentlich klar? Was ist dadrin geschrieben? - Aber, wie gesagt, aufgrundder Dicke der Vorschriften ist das auch immernur begrenzt möglich. Aber es gibt dann speziellnoch mal auch Sitzungen, wo dann eher diePraktiker, die nachher mit dem Pamphlet arbei-ten müssen, noch mal zusammenkommen.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke. - Wir haben dasandere Zeugen auch schon gefragt, ich frage Sieauch noch mal. Aus Ihrer Sicht: Warum kam mandazu, RDE zu entwickeln?

Zeuge Sven Paeslack: Also, nach meinem Ver-ständnis werden damit, mit dem RDE - - Oder: Essind die Schwächen bekannt gewesen des NEFZ,des alten Zyklus, und es ist auch bekannt gewe-sen, dass außerhalb dieses Zyklus - - oder dassder Zyklus einerseits natürlich alt ist, Schwach-last abbildet, dass er nicht die entsprechendenTemperaturbereiche abbildet, dass er nicht sons-tige Randbedingungen abbildet, dass er eigentlichsehr viele Schwächen hat und für Fahrzeuge galt,die eben vor 15 Jahren gebaut worden sind. Und

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aus diesem Grunde musste man eben RDE ma-chen und wirklich die Realemission der Fahr-zeuge erfassen. Und man war eben auch jetzt erstin der Lage, mit dem neuesten Messequipment,das zu tun. Also, vom Grundsatz her sind alleSchwächen, meines Erachtens, der jetzigen Pro-zedur mit den entsprechenden RDE-Bestimmun-gen behoben worden.

Kirsten Lühmann (SPD): Wenn Sie internationalunterwegs waren oder auch vielleicht bei Kontaktmit ausländischen Kollegen und Kolleginnen:Gab es irgendwann mal eine Diskussion über ille-gale Abschalteinrichtungen? Man könnte ja ver-muten, wenn Sie ein neues Prüfsystem entwi-ckeln, dass auch der Grund sein könnte, dass allegesagt haben: Hey, da ist doch bestimmt was Ille-gales im Gange, und wir versuchen, das mal auf-zudecken. - Also, gab es solche Diskussionen, gabes Hinweise von anderen Behörden, die das Glei-che machen wie Sie?

Zeuge Sven Paeslack: Nein. Die Behörden tau-schen sich auch regelmäßig aus, die europäi-schen Typgenehmigungsbehörden, und da kannich sicher sagen, dass über illegale Abschaltein-richtungen oder Abschalteinrichtungen an sichnie diskutiert wurde. Das ist nie Thema gewesenin Europa.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke.

Vorsitzender Herbert Behrens: Arno.

Arno Klare (SPD): Vielen Dank, Herr Vorsitzen-der. - Jetzt wird es etwas kompliziert; denn ichhabe jetzt hier vor mir den Untersuchungsberichtliegen mit den ganz, ganz vielen Zahlen. Und dahaben Sie sich ja dann in der Tat von diesem Typ-prüfkorsett gelöst und haben in acht Durchgängenjedes Fahrzeug gemessen. Und da gibt es so einpaar Dinge, die ich mir nicht erklären kann oderwo ich keine Erklärung habe und wo ich dann Siedarum bitte, das erstens einzuschätzen und zwei-tens auch zu sagen - wenn Sie es wissen -, wie dasinsgesamt dann bewertet worden ist.

Ich habe hier vor mir jetzt - ich nenne auch dasFahrzeug - einen Land Rover, ein 2-Liter-Euro-6-Fahrzeug, natürlich alles Dieselfahrzeuge. Und

da gibt es die Besonderheit, dass dieses Fahrzeugin dem normalen NEFZ kalt, gemessen an demRDE-Fahrzeug, eine Abweichung von 3,7 hat. Dasagen wir: Ja, okay. Kennen wir ja. - So, aberwenn Sie den NEFZ auf der Straße gefahren sind,das haben Sie ja auch gemacht, also mit PEMShintendran dann den gleichen Zyklus auf derStraße gefahren sind, dann ist der bei RDE bessergewesen, bei der RDE-Fahrt.

Zeuge Sven Paeslack: Mhm.

Arno Klare (SPD): Und wenn ich aber den NEFZkalt mit dem NEFZ-Straße vergleiche, dann warder auf der Straße wieder um den Faktor 7,19schlechter. So ein ähnliches Phänomen gibt esbei einem Mercedes, 2-Liter-BlueTEC-Fahrzeug,der bei RDE gegenüber NEFZ kalt 1,8 Abwei-chung hat. Da kann man sagen: Ist genau dieNorm, die jetzt angestrebt wird. - Wenn ich aberStraße-NEFZ und Prüfstand vergleiche, bin ichbei 4,6. Das heißt, das sind ganz seltsame Werte,für die ich keine Erklärung habe.

Und jetzt komme ich zum VW, also zu diesem in-kriminierten Motor, der dann auch in den USAaufgefallen ist. Sie haben ja auch etwas gefahren,das dann „NEFZ Back“ genannt worden ist. Dasheißt, Sie haben erst die schnelle Geschwindig-keit genommen und sind dann langsamer gewor-den. Da verbraucht der Unmengen mehr oder hatUnmengen mehr Ausstoß, als wenn Sie den sozu-sagen vorwärts fahren. Der Unterschied ist auchfast um den Faktor 5. Das heißt, für mich geht dadie Welt so ein bisschen durcheinander, einfachdeshalb, weil normalerweise ist die Erklärung ja:Der erkennt Rolle und weiß, was er machenmuss, der Motor. Jetzt gibt es aber durchaus diePhänomene, dass Fahrzeuge, wenn sie Rollenicht mehr erkennen können, weil sie auf derStraße gefahren sind, besser sind als auf derRolle. Und was heißt das, was sind das - - Washaben Sie da für Schlussfolgerungen gezogen?

Zeuge Sven Paeslack: Also, wenn ich zu Ihremletzten Einwand - - Also, wenn der für VW galt,dass die Fahrzeuge jetzt besser oder schlechtersind, weil sie nicht mehr die Rolle erkennen: Ichmeine, das ist nur der VW-Fall. Das haben wir ja

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bei anderen Herstellern nicht nachweisen kön-nen, dass das auf Basis einer Rollenerkennungoder Zykluserkennung - - dass dort also beson-dere, illegale Abschalteinrichtungen während desZyklus genutzt worden sind.

Aber Sie haben das hier sehr schön dargestellt,wie schwankend die Ergebnisse sind. Und genauaus diesem Grunde, weil die Ergebnisse zum Teileben nicht so einfach oder nicht so einleuchtendsind, haben wir sie natürlich auch mit den Her-stellern diskutiert und versucht, jeden Balken zuerklären, ob dieser Balken erklärbar ist oder nichterklärbar hinsichtlich der Emissionshöhe. Unddas ist, wie gesagt, schon ein sehr spannendesThema gewesen, ob man das im Einzelfall immererklären kann oder ob da auch einfach Messaus-reißer sind, wo ich einfach gesagt habe: Ich kanndas jetzt an dieser Stelle wirklich nicht messen.Aufgrund des zeitlichen Druckes können wirauch nicht noch zwei oder drei weitere Messun-gen machen, sondern dieses Fahrzeug, wenn esvielleicht unerklärlich an einer Stelle reagiert:dann muss man es noch mal nachmessen. Also,auch das ein oder andere Fahrzeug ist ja auchnoch mal gemessen worden.

Aber es gibt bei dem Emissionsausstoß eben un-heimlich viele Parameter, warum ein Fahrzeugnun höhere Emissionen ausstößt. Insbesonderebeim NEFZ kalt auf der Rolle ist das sehr einfach:Das Fahrzeug ist vollkommen vorkonditioniert.Ich kenne genau den Beladungszustand aller ab-gasmindernden Einrichtungen, Katalysatorenusw. Das ist reproduzierbar, da kriege ich auchreproduzierbare Ergebnisse. Das kann ich 25 Malmachen, und 25 Mal wird das Fahrzeug hoffent-lich unterm Grenzwert liegen.

Bei diesen PEMS-Messungen: Sobald wir uns aufder Straße bewegen, ist das Fahrzeug eben nichtmehr konditioniert, sondern die Zustände sindanders. Das Fahrzeug hat andere Temperaturennatürlich, nicht mehr zwischen 20 und 30 Gradwie auf dem Prüfstand, sondern abhängig von derUmgebungstemperatur. Und alleine durch dieUmgebungstemperatur können natürlich entspre-chende Einflüsse stattfinden, dass die Emissio-nen höher oder niedriger sind. Auch abhängigvon der Beladung, weil das Fahrzeug mit PEMS:

In dem Augenblick ist es nie konditioniert wor-den. Das heißt, wir wissen gar nicht - - wir ken-nen den Zustand des Fahrzeuges nicht.

Arno Klare (SPD): Darf ich dazwischenfragen? -Aber bei diesen Tests, die Sie da gemacht haben:Wenn man den Vorbericht liest, sind die Fahr-zeuge ja, was Gewichtszuladung angeht, schonkonditioniert und halbwegs vergleichbar gewe-sen. Das heißt, Sie haben ja nicht jetzt plötzlichbei der RDE-Fahrt sechs Leute da reingesetzt oderso?

Zeuge Sven Paeslack: Nein. Nein, nein.

Arno Klare (SPD): Oder der Fahrer wog dann 150Kilo, und beim nächsten Mal haben Sie dann ei-nen Jockey reingesetzt mit 50 Kilo oder so. Dasmacht die Sache unvergleichbar, ist mir schonklar; oder zumindest macht das sehr variabel. -Das ist ja nicht passiert. Sie haben schon halb-wegs vergleichbare Bedingungen hergestellt?

Zeuge Sven Paeslack: Also, hinsichtlich der Last,Herr Abgeordneter, haben wir das getan, natür-lich, hinsichtlich der Last. Aber da wir die Mes-sungen zum Teil natürlich nicht an einem Tagdurchführen konnten, was nicht möglich ist, gibtes da auch natürlich starke Spreizungen hinsicht-lich der Messungen, wettertechnisch, die auchschon zu nicht zu vernachlässigenden Ergebnis-sen führen. Also, wie gesagt, im Einzelfall müssteich dann natürlich mir die Messwerte in Ruheangucken und gucken, ob ich es erläutern kann,woran es liegt. Aber ich kann jetzt wirklich andieser Stelle nur pauschale Aussagen machen,warum die Messungen zum Teil erheblichstreuen abhängig von den Umgebungsbedingun-gen.

Arno Klare (SPD): Quintessenz, deshalb habe ichdiese komplizierte Frage gestellt, ist ja eigentlich:So ganz einfach ist die Welt nicht, weil es sindhochdifferenzierte Daten, und wir malen dabeiimmer so ein bisschen schwarz-weiß.

Ich habe noch eine letzte technische Frage, wasdie Standardisierung bei diesen Untersuchungenangeht. Die Voreinstellung des Prüfstandes, alsocw-Wert, Rollwiderstandswerte: Woher hatten

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Sie die, und wie sind die Prüfstände eingestelltgewesen?

Zeuge Sven Paeslack: Also, die Prüfstände: Wirhaben die Grundeinstellung der TechnischenDienste übernommen; denn die Prüf- - Also, essind alle Prüfungen auf Prüfständen der Techni-schen Dienste gemacht worden, also letztendlich:Diese Einstellungen sind übernommen worden.Die Prüfstände unterliegen bestimmten Voraus-setzungen, wie sie eingestellt sein müssen. Dasist auch entsprechend QM-mäßig abgesichert undist überprüft. Also, da können wir sagen: DiePrüfstände sind innerhalb der gesetzlich zulässi-gen Werte eingestellt gewesen. Hinsichtlich derAusrollwerte - also die Lasten, die genommenworden sind - mussten die Werte von den Her-stellern übernommen werden, die auch im Rah-men der Typprüfung ermittelt worden sind; weildieses Ausrollen ist eine sehr umfangreiche, zeit-raubende Geschichte. Damit wären wir dannheute noch nicht fertig, wenn wir das nicht an-ders gemacht hätten.

Arno Klare (SPD): Ja, ich kenne das so ein biss-chen. - Danke.

Vorsitzender Herbert Behrens: Herr Paeslack, ichwürde Sie ganz gern noch mal so im Nachklappzu Antworten aus der Fragerunde eben zu eini-gen Dingen befragen. Sie hatten ja darauf hinge-wiesen, dass Sie in einem relativ festen Korsettstecken. An anderer Stelle sagten Sie, dass manProbleme hätte, sich abseits von vorgegebenenPfaden zu bewegen, wenn es darum geht, bei-spielsweise Auffälligkeiten dann weiter zuuntersuchen. Und da frage ich Sie: Gab es auchwirklich so die Situation, dass es eine Rechts-widrigkeit von weiteren Prüfungen gegeben hätte,wenn Sie sie veranlasst hätten?

Zeuge Sven Paeslack: Also, das kann ich jetzt ju-ristisch nicht beurteilen, ob es rechtswidrig ge-wesen wäre, dass wir einfach weitere Prüfungenselbst gemacht hätten. Die Frage ist ja immer:Wer bezahlt die Prüfung? Die Typprüfung zahltder Hersteller. Und wenn ich jetzt weitere Prü-fungen fordere, kann ich diese weiteren Prüfun-gen eigentlich dem Hersteller auferlegen? Dasweiß ich nicht, ob das rechtlich so ohne Weiteres

möglich wäre oder ob die Behörde diese weiterenPrüfungen bezahlen müsste, wenn ich wirklichumfangreiche Messungen, wie wir es jetzt ge-macht haben - - Das kann ich nicht beurteilen,Herr Vorsitzender.

Vorsitzender Herbert Behrens: Sind Ihnen Hin-weise bekannt von Abteilungen, die dichter dranwaren an Fragen der Typgenehmigung, wo gesagtworden ist: „Hier an dieser und an jener Stellemüssten wir tiefer reinschauen oder noch weitereUntersuchungen haben“? Und Sie sagten: Irgend-jemand muss es ja entscheiden, ob ich denn diesezusätzlichen Prüfungen machen darf.

Zeuge Sven Paeslack: Nein, also vor dem VW-Fall, wie ich sagte, Herr Vorsitzender, ist nie dar-über gesprochen worden, weitere Prüfungen zumachen. Wir waren letztendlich auch überrascht.Wir waren überrascht über die entsprechendePressemeldung und haben dort zum ersten Malvon dieser Geschichte erfahren. Es gab vorhereinfach keinen Anlass.

Vorsitzender Herbert Behrens: Bisschen anderesThema: Sie hatten gesagt, dass Sie auf Konferen-zen, Tagungen auch international unterwegs wa-ren. Sie hatten die EU, Sie haben Brüssel ge-nannt, wo es um emissionsbezogene Fragen ging.Und Sie hatten vorhin bei einer anderen Fragegesagt: Die Erkenntnisse der ICCT waren Ihnennicht bekannt. Die wurden aber auch auf dieseninternationalen Zusammenkünften nicht hin undwieder oder überhaupt einmal genannt?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, Herr Vorsitzender,ich kann mich nicht dran erinnern, dass da-drüber gesprochen wurde. Also mir persönlichwaren sie nicht bekannt. Ob sie es im KBA, imHause waren, kann ich an dieser Stelle nicht sa-gen, weil, wie gesagt, unsere Abteilung ist auchnicht ganz klein. Aber mir waren sie persönlichnicht bekannt, und ich kann mich auch nichtdran erinnern, dass dort die Ergebnisse irgendwobesprochen wurden, wo ich persönlich zugegenwar. Das ist mir nicht bekannt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann möchte ichSie ganz gern zu Fragen der Konformitätsprüfungbefragen, und als Erstes möchte ich Sie bitten,

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kurz die verschiedenen Arten von CoP-Prüfungenzu nennen, für die das KBA zuständig ist. Worinunterscheiden sich eigentlich die CoP-P- undCoP-Q-Prüfungen? - Das ist die - - Gut, brauchtkeine Quelle.

Zeuge Sven Paeslack: Also, wir haben das orga-nisatorisch im Hause getrennt. Die CoP-P ist eineProduktprüfung. CoP-Q ist eine Qualitätsmanage-mentüberprüfung, das heißt, die Hersteller wer-den hinsichtlich ihres Qualitätsmanagementsys-tems überprüft und überwacht. Das heißt, dassder Hersteller rein formal fachlich in der Lage ist,Produkte letztendlich in unbegrenzter Anzahl ingleicher Qualität zu fertigen. Das soll die Quali-tätsprüfung gewährleisten.

Der Hersteller wird also im Typgenehmigungs-verfahren anfänglich, bevor er eine Genehmigungbekommt, mal qualitätsmäßig geprüft, und dannwerden nachgelagert, eben in einem entsprechen-den zeitlichen Rhythmus, diese Qualitätsmanage-mentsysteme immer wieder überwacht. In diesen- - Dort sind auch Prüfpläne niedergelegt natür-lich, weil vom Grundsatz her ist der Hersteller javerantwortlich dafür, dass seine Produkte ingleichbleibender Qualität gefertigt werden. Undso gesehen muss der Hersteller also entspre-chende Prüfpläne vorlegen und auch Ergebnissevorlegen und zeigen, dass er die entsprechendenPrüfungen gemacht hat. Das ist eine reine Papier-prüfung.

Und die P, CoP-P-Prüfung, wäre dann eine Pro-duktentnahme durch unser Haus, wo man dasProdukt dann auch noch mal gegen die entspre-chenden gesetzlichen Regelungen prüft, so wie inder Typprüfung eigentlich vorgesehen. DieTypprüfung wird dann noch mal an dem Produktwiederholt; es sei denn, es gibt in irgendeiner Artund Weise abweichende Vorschriften dazu in derVorschrift.

Vorsitzender Herbert Behrens: Waren KBA undTÜV Nord für Typgenehmigungen und Konfor-mitätsprüfungen der VW-Fahrzeuge zuständig,bei denen Abschalteinrichtungen verbaut wordensind, durch die die NOx-Emissionsgrenzwertenur auf dem Rollenprüfstand eingehalten werdenund im Realverkehr dann nicht?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, das KBA hat die Geneh-migung, die entsprechenden Emissionsgenehmi-gungen, erteilt für die Marke Volkswagen, aber esgibt auch noch weitere Genehmigungsbehördenfür die weiteren Konzernmarken, also nicht nurdas KBA. - Ja, VW haben wir erteilt, aber für Seatund Skoda gibt es eben auch andere Genehmi-gungsbehörden, die dort die entsprechendenEmissionsgenehmigungen erteilt haben für ei-gentlich baugleiche Motoren, muss man dazu sa-gen, und baugleiche Fahrzeugkonzepte. DasBlechkleid sieht anders aus, aber die darunterlie-gende Technik ist doch identisch.

Ja, und der TÜV Nord war oder ist Prüfdienst fürEmissionsgenehmigungen gewesen. Ob er es aus-schließlich war, weiß ich nicht. Das weiß ichnicht, ob nicht irgendwelche Emissionsprüfun-gen auch bei anderen Technischen Diensten ge-macht worden sind oder auch zu anderen Zeit-punkten, weil das ist ja nun doch ein langer Zeit-raum, seitdem Volkswagen Fahrzeuge baut.

Vorsitzender Herbert Behrens: Also, es ging mirspeziell um die Frage, ob es eben auch die Fahr-zeuge gewesen sind, bei denen dann später vonVW zugegeben worden ist, dass es dort zu illega-ler Abschalteinrichtung gekommen ist.

Zeuge Sven Paeslack: Also, es sind da ja vieleTypen betroffen, Herr Vorsitzender, aber deswe-gen: Ja, ich gehe davon aus, dass das nur der TÜVNord war, aber ich kann es nicht hundertprozen-tig sagen, ob nicht für irgendeinen Typ mal eineEmissionsprüfung woanders gemacht wurde. Daskann ich jetzt nicht mit hundertprozentiger Si-cherheit sagen. Ich glaube, nicht.

Vorsitzender Herbert Behrens: War das KBAdenn auch für die CoP bei diesen Fahrzeugen zu-ständig?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, die Behörde, die die Ge-nehmigung erteilt, ist auch für die entsprechendeCoP-Überprüfung zuständig. Das heißt, die ei-gentliche CoP - Conformity of Production -: dasist immer Aufgabe des Herstellers. Die Genehmi-gungsbehörde ist nur dazu da, die Maßnahmendes Herstellers zu überwachen, als Zusatz. Also,man muss das immer fein differenzieren, dass

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der Hersteller grundsätzlich für CoP zuständig istund die Behörde für die Überwachung der ent-sprechenden Hersteller und Maßnahmen der Her-steller.

Vorsitzender Herbert Behrens: Danke. - Nur einkurzer Nachtrag: Das ist die Fundstelle KBA-2-1,Ordner A 119, 8, Blatt 178. - Dann ist jetzt dieCDU/CSU an der Reihe.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Herr Paeslack, nochmal. Es geht schon ein bisschen noch mal umIhre Rolle.

Ich zitiere jetzt aus MAT A KBA-2-1, Ordner A118, 7.1, Seite 60 bis 68, und zwar direkt auf demDeckblatt: „Einsetzung der Untersuchungs-kommission“, „Mitglieder BMVI“ - dann kom-men Namen - , „Mitglieder KBA“, und dann heißtes hier: „Präsident Zinke und Mitarbeitern desKBA (LTRDir Wummel …)“ - ich nehme mal an,das heißt Leitender Rechtsdirektor Wummel -,und dann kommt: Rechtsdirektor Paeslack.

Zeuge Sven Paeslack: Regierungsdirektor, ja.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Oder Regierungsdirek-tor. - Also doch unmittelbar in dieser Untersu-chungskommission dann als Mitglied benannt!

Zeuge Sven Paeslack: Ich war anfänglich schein-bar benannt; ich kann es nur so sagen. Also an-fänglich - -

(Ulrich Lange (CDU/CSU):Deswegen versuchen wir es

ja zu klären!)

- Bitte?

Ulrich Lange (CDU/CSU): Deswegen versuchenwir es ja zu klären. Bevor jetzt da irgendwas - -

Zeuge Sven Paeslack: Nein, also noch mal: Ichwar anfänglich - deswegen sagte ich das auch: an-fänglich - in einigen Sitzungen - - habe ich teilge-nommen, und ich bin auch erst davon ausgegan-gen, dass ich benanntes Mitglied bin. Aber hin-sichtlich der Zusammensetzung hat sich dann re-lativ schnell das so ergeben, dass aus dem KBA

nur zwei Mitarbeiter als ausreichend gesehenworden sind in der Untersuchungskommission.

Und ich habe dann noch den einen oder anderenTermin wahrgenommen, war aber meines Wis-sens nach kein benanntes Mitglied und bin auchja nicht benannt worden, ich glaube, auf der ent-sprechenden Webseite und - - Also auf jedenFall: Ich persönlich fühle mich nicht als Mitgliedder Untersuchungskommission.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Gut, also jetzt habenwir das insofern geklärt zwischen Deckblatt undLebenswirklichkeit.

Zeuge Sven Paeslack: Ja.

(Zuruf der Abg. VeronikaBellmann (CDU/CSU))

Ulrich Lange (CDU/CSU): Ja, ist aber manchmalbei so was ja durchaus auch entscheidend also.

(Zuruf der Abg. VeronikaBellmann (CDU/CSU))

- Was? - Ja, klar! Das ist schon.

Okay. Ich will dann auch noch mal anknüpfen andas, was der Kollege Krischer vorhin so ein biss-chen ausgeführt hat, um noch mal in die viel-leicht klarstellende Position zu kommen oder indas Klarstellende, und möchte da zunächst nochmal den Professor Hausberger zitieren, den wirals Sachverständigen am 8. September hier imAusschuss hatten. Das, was ich jetzt zitiere, fin-det man auch im vorläufigen Protokoll der 4. Sit-zung vom 8. September 2016 auf Seite 32. Daheißt es:

Abgasrückführung bei Hochlast,führt zu viel Ruß, wenn man dasnicht exzellent beherrscht undwenn man nicht ausreichend Zy-lindervolumen hat. Einen kleinenMotor - Downsizing für niederesCO2 - mit ganz viel AGR zu kom-binieren, hat also bei der hohenLast irgendwo seine Grenzen; dasist grundsätzlich nicht mehrmachbar. Darum ist es dort tech-

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nisch ein Muss, AGR wegzuneh-men. Sonst verrußt Ihnen dasganze Zeug.

… einfach aus technischer Sichtsagt man: Ja, zulässig, ist einMuss.

Weiter führt der Professor Hausberger dann aus:

Wir waren eigentlich sicher, dassder NEDC so schlecht ist, dassman nicht zusätzlich noch ab-schalten muss.

Wir haben nichts entdeckt. Wirhaben natürlich nicht unendlichviel geprüft; aber was wir geprüfthaben, hat keinerlei Anlass gege-ben, eine Manipulationssoftwarezu erwarten.

Das steht alles auf der Seite 32.

Hatten Sie im Untersuchungszeitraum, also vordem Bekanntwerden 19./20. September 2015,Kenntnisse oder Hinweise, die Zweifel an derrechtlichen Konformität dieser Abgaseinrich-tungsanlagen bei Pkw und leichten Nutzfahrzeu-gen hatten?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, ich hatte keine Zwei-fel, dass diese Fahrzeuge nicht [sic!] den gesetz-lichen Anforderungen entsprachen. Wenn wirZweifel gehabt hätten, dann hätten wir im KBAsicher auch ein Problem gehabt, die entsprechen-den Genehmigungen zu erteilen. Aber dieseZweifel hatten wir nicht.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Okay, reicht an dieserStelle. - Dann will ich noch mal auf die Untersu-chungskommission eingehen. Wir haben ja dieStellung jetzt geklärt. Vielleicht können Sie danndoch zu dem einen oder anderen etwas sagen.

In dieser Untersuchungskommission ist unter an-derem festgestellt worden, dass andere Herstellerals VW technische Systeme verwenden, die dieAbgasreinigung bei niedrigeren Temperaturen ab-schalten, um die Motoren zu schützen. In diesemZusammenhang sind auch die sogenannten Ther-mofenster und zeitlich begrenzte Abgasreini-gungszyklen bekannt geworden.

(Unruhe der Abg. ArnoKlare (SPD) und Kirsten

Lühmann (SPD))

- War das jetzt in die Richtung oder war das - -

(Arno Klare (SPD): Nein,das war nur hier!)

- Das war SPD-intern. Na ja, da muss ich es ja alsKoalitionär nicht unbedingt wissen.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ich wäre dankbar, wenn Sie mir jetzt aufgrundder Erfahrung, die Sie ja beim KBA hatten - - obeine gesetzliche Zulässigkeit von Abschaltein-richtungen in einem bestimmten Temperaturbe-reich aus Gründen des Motorschutzes grundsätz-lich gegeben sein muss. Welche technischen Pa-rameter setzen Sie als KBA an? Und dann würdemich eine Einschätzung zu Fiat interessieren andieser Stelle.

Zeuge Sven Paeslack: Also, hinsichtlich desTemperaturverhaltens oder hinsichtlich der ent-sprechenden Außentemperatur ist es meines Er-achtens notwendig, so wie der Sachverständigeauch schon das ausgeführt hat, oder kann es not-wendig sein, dass man dort also entsprechenddie Abgasminderungseinrichtungen reduziert. Ja,das ist für mich - - erscheint für mich erst mal lo-gisch und klar. Und das haben auch die entspre-chenden Hersteller dargelegt, dass sie also Prob-leme mit ihren Motoren bekommen, abhängigvon der entsprechenden Außentemperatur, wennsie nicht bestimmte Schutzmaßnahmen ergreifen.Also, wie gesagt, das ist - - kann ich die Aussagedes Sachverständigen - - also, so habe ich es auchverstanden während der Untersuchungskommis-sion hinsichtlich der Erläuterungen der Herstel-ler - - Sagen wir es einmal so: Genau das habenuns die Hersteller auch dargelegt.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Und den einen vonmir genannten Hersteller, dazu wollen Sie sichnicht äußern?

Zeuge Sven Paeslack: Ich weiß jetzt nicht, inwie-fern ich mich da, oder was - -

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Ulrich Lange (CDU/CSU): Nein, es kann ja sein,dass Sie zu Fiat sagen: Da kann ich nichts sagen.- Wir haben da ja auch eine Abschalteinrichtung.

Zeuge Sven Paeslack: Also, ich weiß jetzt nicht,inwiefern ich das jetzt hier ausführen kann. Also,ich kann was zu Fiat sagen, aber ich - -

Ulrich Lange (CDU/CSU): Nein, die haben dochauch Abschalteinrichtungen verwendet mit ei-nem Zeitfenster, wo automatisch dann abgeschal-tet wird.

Zeuge Sven Paeslack: Ja, auch dort werden emis-sionsmindernde Einrichtungen abgeschaltet. Dastimme ich Ihnen - - das stimmt, ja. Aber ichweiß nicht, inwiefern ich jetzt über die Emis-sionsminderungsstrategie von Fiat hier in eineröffentlichen Sitzung im Detail das sagen kann.Ich weiß nicht - -

Ulrich Lange (CDU/CSU): So weit, wie wir jetztsind, da würde ich sagen: In dieser Konstellation,wie wir hier zusammensitzen, ist das durchausausreichend; weil sonst müssten wir es, glaubeich, anders machen. Teile ich da - -

Vorsitzender Herbert Behrens: Das können wirdurchaus noch machen.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Ja, also das lassen wirjetzt mal offen vielleicht.

Ein anderer Gutachter, nämlich der von mir vor-hin schon mal zitiere Herr Führ - MAT A SV-4,Seite 5 - vertritt die Ansicht, dass eine Abschalt-einrichtung unzulässig ist,

wenn sie sich durch Konzeption,Konstruktion oder Werkstoffwahlvermeiden lässt.

Könnten Sie mir vielleicht ein bisschen erläu-tern, welche Parameter in den technischenUNECE-Vorschriften verankert sind über dieQualitätsmerkmale und wie Sie diese Einschät-zung bewerten?

Zeuge Sven Paeslack: Also, die entsprechendenVorschriften, die wir sowohl aus Brüssel, also auf

EU-Ebene, als auch auf UNECE-Ebene haben, sindüblicherweise Werkvorschriften. Das heißt, es gibtdort in der Regel keine festen Designkriterien, alsowelche Werkstoffe ich verwenden muss, ob ichüberhaupt Katalysatoren verwenden muss oderwie ich meine Abgasreinigung aufbaue, sondernam Ende kommt es drauf an, was hinten raus-kommt, und das muss der Hersteller effizient undentsprechend den gesetzlichen Regelungen ein-halten. Also vor diesem Hintergrund kann ich - -ist das etwas problematisch, die Aus- - oder würdeich die Aussage des Herrn Führ als etwasproblematisch einstufen.

Das heißt, es gibt natürlich gewisse Dauerhaltbar-keitsanforderungen in der entsprechenden Emis-sionsvorschrift. Das heißt also, das Fahrzeugmuss - Euro 6 als Beispiel - über 160 000 km dieentsprechenden Emissionen einhalten, und zwardie Zyklusemissionen. Also, das muss gewähr-leistet sein, die Dauerhaltbarkeit der emissions-mindernden Einrichtung; aber das ist die einzigeVorgabe dahin gehend. Es besteht jetzt nicht dieAnforderung in einer Vorschrift, die besten ver-fügbaren Technologien oder die modernstenTechnologien einzusetzen, sondern am Endemuss der Hersteller bei der EmissionsmessungGrenzwerte unterschreiten.

Und es gibt eben günstige Fahrzeuge, die habenvielleicht etwas günstigere Lösungen, und es gibteben auch teurere, hochpreisige Fahrzeuge, diehaben Lösungen, die - - Goldrandlösungen, sageich mal so. Und in diesem Rahmen müssen sichdie Hersteller bewegen. Und diese Vorschrift - -Diese Auslegung, jetzt zu sagen, da müssen diebesten Materialien oder sonstige Dinge zum Ein-satz kommen, damit ich das beste Ergebnis er-ziele, das ist doch schon - - halte ich für proble-matisch, sagen wir es mal so. Also, ich kann dasaus der Vorschrift nicht zwingend herauslesen.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Gut. - Dann darf ichnoch mal diesen Herrn Führ, MAT A SV-4, Seite20 - - Da führt er aus, die Kfz-Emissionsvorschrif-ten würden zum Immissionsschutzrecht gehören,deshalb müssten andere, strengere Auslegungs-maßstäbe zur Anwendung gebracht werden alsüblich. Frage ich erst mal ganz grundsätzlich, obSie diese Zuordnung teilen. Oder sind die Kfz-

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Emissionsvorschriften einschließlich der hierfüranzuwendenden Prüfverfahren nicht vielmehr in-tegraler Bestandteil der Typgenehmigung und da-her gewerberechtlicher und wettbewerbsrechtli-cher Natur?

Zeuge Sven Paeslack: Ich würde Ihre Einschät-zung dort teilen, Herr Abgeordneter. Also dieVorschriften sind - -

(Oliver Krischer (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN): Eigent-

lich geht das nicht!)

Ulrich Lange (CDU/CSU): Geht schon noch.

Zeuge Sven Paeslack: Also, ich bin kein Jurist,aber mein Verständnis ist, dass das eine Einzel-vorschrift unter der Rahmenrichtlinie 2007- -

Vorsitzender Herbert Behrens: Ich muss viel-leicht eben intervenieren. Also, Sie sind jetztnicht gezwungen, eine Einschätzung abzugeben.

Zeuge Sven Paeslack: Ja.

Vorsitzender Herbert Behrens: Das sei hier ge-nannt. Also, wir fragen hier nach Tatsachen, undSie sollen über die Einschätzung von Tatsachenund nicht zu Einschätzungen darüber hinauskommen.

Zeuge Sven Paeslack: Aber - -

Ulrich Lange (CDU/CSU): Das ist sicherlich keinejuristische Einschätzung; aber wer es anwendet,glaube ich, muss auch wissen, was er anwendet.Deswegen denke ich, dass eine Grundaussagedazu möglich und zulässig ist.

Zeuge Sven Paeslack: Also, Herr Abgeordneteroder Herr Vorsitzender, ich habe keine - - Also,ich würde eine Aussage dazu treffen. - Mein Ver-ständnis: Wir haben eine Rahmenrichtlinie, dasist die 2007/46, und die verweist in viele Einzel-rechtsakte. Und der Emissionseinzelrechtsakt isteine Verordnung unterhalb - „unterhalb“ meineich jetzt nicht hinsichtlich der Hierarchie - oderinnerhalb der 2007/46. Und wir betrachten diese

Richtlinie oder diese Verordnung - Entschuldi-gung! - genauso wie jede andere Verordnungauch und legen diese Verordnung genauso auswie jede andere Verordnung auch - ob es hin-sichtlich Crash, also Sicherheit der Fahrzeuge,oder sonstiger Vorschriften geht, die auch einesehr fatale Relevanz haben können für den Fahr-zeugnutzer.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Gut, danke. - Dannwürde ich für die Runde mal wieder weitergeben.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gut, dannschließe ich noch mal eine Frage an, die den Teilvon Kollegen Lange bezüglich des VW-Untersu-chungskommissionszeitraums anbetrifft. Undzwar haben wir ein Protokoll der 22. Leitungsbe-sprechung: Am 02.12.2015 wurde die Straßen-messung für den Untersuchungsbericht durchdas KBA auf Rollprüfstände umgestellt; Fund-stelle KBA-2-1, Ordner A 115, 6, Blatt 240. ZurBegründung führte das KBA an - Zitat -:

Die Überprüfung weiterer Fahr-zeuge verschiedener Marken imFeld kommt witterungsbedingtnur schleppend voran.

Das BMWi merkte dazu an, dass die Begründungnicht nachvollziehbar sei, PEMS-Tests müsstengrundsätzlich auch im Winter funktionieren, erstrecht bei den in Deutschland vorherrschendenmilden Temperaturen; KBA-2-1, Ordner A 120,8.1, Blatt 323. Ist es letztendlich doch zu weite-ren PEMS-Messungen gekommen?

Zeuge Sven Paeslack: Ich kann - - Ich weiß esjetzt nicht hundertprozentig. Also, was ich weiß,ist: Wir haben drüber diskutiert, dass es bei be-stimmten Außentemperaturen - ich glaube aber,dann waren wir bei unter 5 Grad nach meinemWissen - dort Probleme gab mit den entsprechen-den PEMS-Geräten und dass man aus diesemGrunde etwas Probleme hatte bei den Messun-gen. Aber ich gehe davon aus, in dem Augen-blick, wo die Temperaturen wieder entsprechendwaren, dass man dort wieder zu dem altenMesszyklus gekommen ist. Also, ich kann das imDetail jetzt nicht hundertprozentig sagen, waswir da - - Dann müsste ich eventuell noch mal

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die Aktenlage sichten. Zu welchem Zeitpunktwar das denn, Herr Vorsitzender?

Vorsitzender Herbert Behrens: 02.12.2015.

Zeuge Sven Paeslack: 02.12., okay.

Vorsitzender Herbert Behrens: 22. Leitungsbe-sprechung.

Zeuge Sven Paeslack: Ja. - Also, wir haben nach2015 auch natürlich wieder Straßenmessungendurchgeführt - das weiß ich. Ich weiß nicht, obdas jetzt - - Wir waren natürlich hinsichtlich derErgebnisse unter recht starkem Zeitdruck. Unddass man bestimmte Messungen nicht machenkann aufgrund Außentemperaturen, das liegt inder Natur der Sache. Und die Frage ist, ob mandann eben Ersatztests gemacht hat zu diesemZeitpunkt, wo die Außentemperaturen nicht ent-sprechend waren. Die Möglichkeit besteht natür-lich, dann aber auf dem Rollenprüfstand. Aberich weiß, nach Dezember 2015 haben wir natür-lich auch noch PEMS-Messungen wieder durch-geführt, wenn die entsprechenden Temperaturenwaren. Aber ich bin nicht hundertprozentig Ex-perte zu den PEMS-Geräten, wann die wirklichausgestiegen sind. Ich weiß nur, es wurde dieDiskussion geführt, dass man eben aufgrund vonKondensationsproblemen oder sonstiger Prob-leme eben einfach Probleme mit den Messgerätenhatte.

Vorsitzender Herbert Behrens: Ja, ich frage auchdeshalb nach, weil Sie erwähnt haben, Sie seienan der Formulierung des Abschlussberichts jaauch beteiligt gewesen. Weshalb wird im Ab-schlussbericht der Untersuchungskommissionnicht darauf hingewiesen, auf diesen Fakt, denich gerade genannt hatte, sondern bei allen getes-teten Fahrzeugen auch ein RDE-Prüfwert ausge-wiesen?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, wenn die Fahrzeuge mitden entsprechenden Werten ausgewiesen sind,dann sind die auch durchgeführt worden. Ichweiß jetzt eben nicht, ob das eine Diskussion warund man hat dann nachträglich noch mal dieFahrzeuge vermessen RDE-mäßig mit PEMS-Ge-

räten. Also, im Grundsatz ist das Hauptmesspro-gramm natürlich mit PEMS-Geräten gemachtworden. Und wenn dort irgendwelche Messun-gen ohne PEMS-Geräte gemacht worden sind,dann sollte man das aus den Balkengrafiken ei-gentlich auch erkennen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann würde ichganz gern noch mal wieder zurückkehren aufmeine Frage aus dem Gebiet aus der letztenRunde, wo es um die CoP-Prüfungen ging. Sie ha-ben gesagt, dass eben das KBA bei den besagtenVW-Fahrzeugen zuständig war und auch dieseÜberprüfung gemacht hat. Können Sie mir sagen,wie viele sogenannte Systemüberwachun-gen, -überprüfungen im Rahmen von CoP-Q dasKBA selbst bis zum Bekanntwerden der Manipu-lationsvorwürfe gegenüber VW im Septemberdurchgeführt hat?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, das ist ein anderesReferat, und in das übliche Verfahren der Refe-rate bin ich dann im Bereich des Grundsatzesnicht eingebunden, also was dort an Überprüfun-gen gemacht wurde. Nein, ist mir nicht bekannt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Also, ich habe dasdeshalb eingeführt, weil dort weitere Unterlagenzu finden sind in den Akten, wo eben darauf hin-gewiesen wird, dass CoP-Q-Prüfungen ja be-stimmte Ergebnisse hatten bzw. doch nicht sokontinuierlich durchgeführt worden sind. Siekönnen dazu mir jetzt nichts sagen?

Zeuge Sven Paeslack: Nein. Das kann ich nicht,nein.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann kann ichmir die Frage sparen.

Zeuge Sven Paeslack: Ja, also ich kann da nichtaus eigener Sicherheit irgendwas zu beitragen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann gehe ichweiter. - Am 24. April 2012 haben Sie, HerrPaeslack, auf eine Anfrage von Herrn Zierockvom BMUB aus Anlass eines Gesprächs der da-maligen Parlamentarischen Staatssekretärin Hei-nen-Esser und Herrn Resch von der DUH, ob esstimme, dass sich das KBA weigere - Zitat -, „im

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Rahmen der in der Typzulassung vorgesehenenKonformitätsprüfungen die CO2-Emissionen zubestimmen“, geantwortet: Das KBA widersprechedieser Behauptung mit Nachdruck. Die DUHsollte doch bitte ihre Behauptungen mit Faktenuntermauern. - BMUB-2-2, Ordner 122, Seiten-zahl fehlt, kommt nach.

Zur Begründung schrieben Sie:

Die folgenden Fahrzeugherstellerwurden von uns (innerhalb derletzten 18 Monate) stichprobenar-tig überprüft: (teilweise wurdenuns die Daten aber auch im Rah-men der jährlichen Übermittlungder IUC-Daten bereitgestellt) ...

Es folgte dann eine Auflistung verschiedener Kfz-Hersteller, darunter auch Audi, BMW, Daimler,Volkswagen, Opel und Mitsubishi. Was war derkonkrete Anlass zur Prüfung dieser Hersteller?Handelte es sich gegebenenfalls um Fahrzeuge,zu denen das KBA hierbei die Typgenehmigungauch erteilt hatte, oder war es ein anderes euro-päisches Land?

Zeuge Sven Paeslack: Nein. Also, wenn wir dieentsprechenden Daten haben und dazu Anzahlengemacht worden sind von mir - - Das war übri-gens ein durchlaufender Posten, da ich natürlichim Grundsatzbereich auch manchmal oder in ei-nigen Bereichen für die Kommission zuständig -Entschuldigung! -, für die Kommunikation zu-ständig bin, auch mit dem BMUB und den - - Dagibt es ja auch entsprechende Ansprechpartner,die man halt kennt und deswegen läuft dort auchder E-Mailverkehr drüber. Dann ist das, dieseAntwort - - Beziehungsweise die Zahlen sind mirsicher zugeleitet worden vom Herrn Sturm, derfür den Bereich zuständig ist, und ich habe dasals durchlaufenden Posten gesehen und die Zah-len nicht weiter verifizieren können, was dort ge-macht worden ist.

Aber richtig ist für die IUC-Daten: Wenn HerrSturm mir die geliefert hat, dann hat er die ent-sprechend auch überprüft, weil wir das nur fürHersteller machen können und dürfen, für diewir auch Genehmigungsinhaber sind. Also, des-wegen gehe ich davon aus, dass das, wie gesagt,

auch alles unsere Genehmigungsinhaber waren,die dort aufgezählt worden sind.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und welche Ab-gasemissionen wurden Ihres Wissens wann beiden angeführten Stichproben des KBA jeweilsüberprüft?

Zeuge Sven Paeslack: Also, üblicherweise wer-den dort, ich meine, die normalen Typprüfwertekontrolliert. Das heißt, der Hersteller hat die ent-sprechenden Prüfungen zu machen, und der Be-reich CoP-P - Herr Sturm - oder CoP-Q sichtetdiese Werte und führt die zusammen. Aber imDetail bin ich da nicht aussagefähig. Wie gesagt,das ist die ganz normale Arbeit unseres Sachge-biets CoP-P oder CoP-Q, und, wie gesagt, in dienormalen Verfahren bin ich dort nicht eingebun-den. Ich habe da mich als Briefkasten und Kom-munikationskanal gesehen mit dem BMUB.

Vorsitzender Herbert Behrens: Danke. - Jetzt istdie SPD an der Reihe.

Kirsten Lühmann (SPD): Die SPD hat keine Fra-gen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann Bünd-nis 90/Die Grünen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja,Herr Paeslack, ich würde noch mal gerne nach-fragen. Sie haben eben auf die Nachfrage des Kol-legen Lange zu dem Gutachten Führ gesagt, dassSie es - ich gebe es in meinen Worten jetzt malwieder - legitim und richtig oder in Ordnung fin-den, wenn Hersteller aus Gründen des Motor-schutzes die Abgasreinigung reduzieren. Undmich würde dann interessieren: War Ihnen vorVW-Skandal und Bekanntwerden denn klar, dassHersteller das tun?

Zeuge Sven Paeslack: Also, die Vorschrift siehtdas vor, aus Motorschutzgründen entsprechendAbschaltvorrichtungen zu nutzen; ja, das siehtdie Vorschrift vor. Aber mir war nicht bekannt,was gemacht wurde oder dass was gemachtwurde; das war mir einfach nicht bekannt.

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Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also Sie sind davon ausgegangen, die Abgasein-richtungen bei allen Autos, die laufen immer; daswar so Ihre Grundhaltung, die Sie hatten, also ha-ben da kein Problem gesehen.

Zeuge Sven Paeslack: Nein. Also, ich muss ganzehrlich sagen, ich habe mir da im Einzelfall auchnicht wirklich vertiefte Gedanken gemacht, obdie Abgasreinigung außerhalb des Zyklus jetztabgeschaltet wurde oder nicht. Das ist - -

(Unruhe bei der CDU/CSU)

Ich hatte eben keinen Anlass dazu, irgendwiewas anderes - -

Vorsitzender Herbert Behrens: Die Frage hatteeben den Charakter einer Suggestivfrage. Ichmöchte Sie bitten, entweder die Frage anders zustellen - - Sie sind nicht gehalten, die Frage zubeantworten.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay. - Dann möchte ich die Frage stellen: HatSie das denn persönlich nie gewundert? Wir ha-ben auf der einen Seite diese nicht zurückgehen-den Stickoxidwerte in Städten, und gleichzeitighaben wir die Situation, dass möglicherweise daEmissionsminderungen stattfinden. Haben Siesich da nie eine Frage gestellt?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, das gehörte nicht zumeinem Aufgabenbereich.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay. - Aber der ist: Grundsatzfragen im KBA?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, Grundsatzfragen im Be-reich der Fahrzeugtechnik; aber die Stickoxid-emissionen in Städten habe ich nicht besondersbeobachtet. Das ist vielleicht dem geschuldet,dass ich in Flensburg wohne und wir doch im-mer relativ viel Wind und Luft haben.

(Heiterkeit)

Ja, aber - - Verstehen Sie, das wäre vielleicht an-ders, wenn ich in Stuttgart wohnen würde.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut. - Dann hat eine Bemerkung der KolleginWilms ja von eben doch eine Berechtigung: dassdas nicht bis nach Flensburg gekommen ist, dasProblem.

(Heiterkeit)

So, dann möchte ich noch mal zu der Frage Un-tersuchungsbericht kommen. Sie haben eben ge-sagt, es hat mit einzelnen Herstellern - - Also, esist mit allen gesprochen worden, denen sind dieErgebnisse vorgelegt worden. Sind denn auchdann Veränderungen vorgenommen worden, alsoan den Ergebnissen? Hat man dann gesagt:„Okay, wir müssen da jetzt noch mal prüfen“?Oder hat man da festgestellt: Ein Wert, der gehtso nicht, da hat man was - - Keine Ahnung! Also,hat es da Veränderungen gegeben Ihres Wissensnach?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, ich - - Im Einzelfall sindauch Messungen wiederholt worden. Ich kannnicht definitiv sagen, in wie vielen Fällen; aberder eine oder andere Fall ist aufgetreten, wo dieMessungen einfach derart unplausibel waren,dass man davon ausgehen konnte, da ist ein Feh-ler, hat ein Fehler vorgelegen bei der Messung.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Und dann haben Sie eben gesagt, bei den Formu-lierungen, wenn die besonders problematischoder schwierig für die Hersteller waren, dann istman mit denen in einen Austausch - - Wie habeich mir das denn vorzustellen, also sind da Textehin- und hergeschickt worden, oder wie ist daspassiert?

Zeuge Sven Paeslack: Also, ich habe persönlichdiese Texte nicht an die Hersteller geschickt, undwie oft die hin- und hergeschickt worden sind,weiß ich deswegen auch nicht. Ich weiß aber,dass die Hersteller hinsichtlich der Texte infor-miert worden sind, am Ende hinsichtlich der Re-sultate informiert worden sind. So. Und inwie-weit da jetzt textliche Veränderungen im Einzel-fall aufgetreten sind, kann ich jetzt im Detailauch nicht sagen. Aber - - Also, es geht hier nichtum problematische Formulierungen, es geht eherum die Richtigkeit der Formulierung, gar nicht

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Problematik, sondern: Ist das richtig so formu-liert, wie wir es ausgedrückt haben? - Am Ende -das hatte ich ja ausgeführt - kann ja so ein Berichtund ein vielleicht zweideutiger Wortlaut erhebli-che Auswirkungen haben. Jeder liest das andersund versucht, was anderes rauszulesen. Und daswar dann der Grund.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich finde das schon interessant. Wenn ich einenBußgeldbescheid kriege, liest mir auch keinerden vor, ob ich den in Ordnung finde.

(Zuruf der Abg. KirstenLühmann (SPD))

Zeuge Sven Paeslack: Aber - -

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Aber nein, war einfach nur - - Mich würde ein-fach nur interessieren, wie das passiert ist, alsowie der Austausch da gelaufen ist, was Sie davonwissen. Sie haben eben gesagt, zwei oder drei beiden problematischen Herstellern. Können Siesich denn an einen erinnern, bei dem das so ge-macht worden ist?

Zeuge Sven Paeslack: Herr Abgeordneter, ichwürde zu dem Bußgeldbescheid gerne was sagen,

(Kirsten Lühmann (SPD):Ja, danke schön!)

weil wir bewegen uns mit unseren Messungenaußerhalb der rechtlichen Randbedingungen. Wirhaben uns hier nicht bewegt im Zyklus, wo eineVerfehlung festgestellt wurde, die auch rechtlichzu ahnden ist, sondern wir sind außerhalb desRechts oder - - auf jeden Fall so, wie wir das Typ-genehmigungsrecht verstanden haben. Und indiesem Falle, wo ich keine echte rechtliche Basishabe, den Hersteller zu packen - wenn man esmal so sagen will -, da muss ich auch als Behördesehr vorsichtig und mit Bedacht meine Wortewählen. Und das haben wir getan, ohne dieWerte zu verfälschen oder die Ergebnisse zu ver-fälschen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut.

Zeuge Sven Paeslack: Und das nur, damit Siemich da richtig verstehen. Und genau das istauch mit den Herstellern gemacht worden, dassman gesagt hat: Das ist unser Ergebnis, und wirwerden es entsprechend formulieren, und ist dasakzeptabel? - Weil am Ende wollen wir den Her-stellern ja auch nicht ohne eine wirkliche rechtli-che Basis wirtschaftlich schaden. Aber, wie ge-sagt, ich bin ja auch kein Jurist, und ich bewegemich schon wieder weit in diesen Bereich,glaube ich.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Meine Frage war aber eigentlich - - Habe ichdurch meinen Vergleich mit dem Bußgeldbe-scheid ausgelöst; ist in Ordnung. Meine Fragewar aber eigentlich: Mit welchen Herstellern?Also können Sie uns Hersteller sagen, mit denendas so diskutiert wurde, mit denen da Texte aus-getauscht wurden? Wenn das in Ordnung ist,kann man das ja auch so benennen, mit welchenHerstellern.

Zeuge Sven Paeslack: Also, ich meine, mit Por-sche sind Texte ausgetauscht - - Also, ich weiß - -Ich kann wirklich jetzt nichts sagen, weil ich die-sen Austausch der Texte nicht vorgenommenhabe, wenigstens kann ich mich nicht mehr dranerinnern - es ist so viel passiert in diesem Zeit-raum -, ob ich nicht auch mal einen Text in denUnterlagen ausgetauscht habe. Also, das muss ichan dieser Stelle sagen: Es ist so viel passiert, undes ist so viel in dem Zeitraum, dass ich das nichtmit hundertprozentiger Sicherheit sagen könnte,dass nicht auch ein Text über meinen Tisch ge-gangen ist. Aber üblicherweise habe ich dieseTexte nicht ausgetauscht.

Ich weiß von einem Fall Porsche. Dort sind malTexte ausgetauscht worden oder auch Telefonategeführt worden; das weiß ich. Ob weitere Herstel-ler - - BMW, glaube ich, ist auch noch mal wasbesprochen worden. Ich meine, besprochenwurde mit allen Herstellern, -

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja,haben Sie eben gesagt.

Zeuge Sven Paeslack: - aber ob noch weitereTexte, wirklich Formulierungen ausgetauscht

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worden sind per E-Mail oder nicht, kann ichnicht mit Sicherheit sagen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gut. Wir sinddurch mit der Zeit. - Dann ist die CDU/CSU-Frak-tion an der Reihe.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Ja. - Jetzt muss ichdoch noch mal an diesem Rechtsgrundsatzansetzen und da noch mal nachfragen.

Lieber Kollege Krischer, ohne gesetzliche Grund-lage kann es auch keinen Bußgeldbescheid geben.Das ist ja weiß Gott mehr als nur verfassungs-rechtlicher Grundsatz, dass es ohne Gesetz keineStrafe gibt.

Vielleicht noch mal ein bisschen zu dieserGrundlage. Wären diese Tests für sich allein, vondenen wir vorhin gerade gesprochen haben,rechtssicher und beweiskräftig gegen VW dannim Sinne des Nachweises verbotener Abschalt-einrichtungen überhaupt gewesen, oder bedurftees dieses Geständnisses der VW-Mitarbeiter ge-genüber der EPA in den USA als weiterem Um-stand, um überhaupt als Nachweis herangezogenzu werden?

Zeuge Sven Paeslack: Das ist jetzt auch einerechtliche Fragestellung, wo ich natürlich viel-leicht auch nicht die richtige Person bin. Aberwas ich klarstellen möchte, ist natürlich, dassdas, was Volkswagen in den USA zugegeben hat,nicht eins zu eins auf unsere europäischen Ver-hältnisse umsetzbar ist, weil die Fahrzeuge na-türlich nicht identisch sind. Das ist nur - - Nachmeinem Kenntnisstand sind sie nicht identisch,also, so habe ich das verstanden. Das heißt, diese- - Nach meinem Kenntnisstand gilt damit so dasZugeben des Betruges erst mal - was durch diePresse auch ging und was dort scheinbar gelaufenist - für Amerika bzw. für die USA.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Gut. - Damit möchteich jetzt einfach mal diesen Punkt oder Sektorverlassen und möchte mich noch mal dem Sach-verständigen Führ, MAT A SV-4, Seite 15, zu-wenden. Der kritisiert das KBA dafür, vor Inkraft-treten des RDE-Pakets im Rahmen der Untersu-chungskommission höhere Konformitätsfaktoren

- jetzt komme ich wieder dazu; die Konformität,glaube ich, hat der Kollege Behrens vorhin schonmal angesprochen gehabt - angewendet zu haben,nämlich den Faktor 3. In diesen RDE-Paketenwurden diese Konformitätsfaktoren festge-schrieben. Der Faktor 2,1 wurde in diesem Aus-schuss von Staatssekretär Flasbarth aus demBMUB thematisiert; das ist das vorläufige Proto-koll, Seite 128. Wann war der da? Gut, also dasDatum, glaube ich - - Das dürfte so reichen, wennich aus dem Protokoll zitiere. Das Datum, wannder da war, müsste man sonst noch mal schnellsuchen.

Können Sie uns aus Ihrer Erfahrung in der inter-nationalen Gremienarbeit mitteilen, welche Kon-formitätsfaktoren zum Beispiel nach dem Be-kanntwerden des Einsatzes von dieser Abgasma-nipulationssoftware in Diesel-Pkw in Frankreichoder unter Umständen auch in anderen Ländernvor Inkrafttreten der RDE-Pakete auch interims-weise angewandt wurden, und war dieser Kon-formitätsfaktor höher als 2,1, und sind Ihnen -wenn ja, welche - Gründe dafür bekannt oder be-nannt worden? Und vielleicht ganz grundsätz-lich: Welche technischen Gründe bedingen über-haupt die Annahme eines Konformitätsfaktors?

Zeuge Sven Paeslack: Also, es gab ja nach demVW-Fall auch die eine oder andere Diskussion inBrüssel über diese Testverfahren oder Feldtests,die überall in Europa durchgeführt werden, so-wohl in Frankreich als auch den Niederlanden,und auch in UK, glaube ich, wurden Tests ge-macht. Und so wie ich weiß, haben die Franzo-sen als Konformitätsfaktor einmal drei- und fünf-fach angesetzt. Also das sind zum Beispiel ihreKonformitätsfaktoren, wo sie gesagt haben, dasist dann auffällig. Also am Ende sind diese Kon-formitätsfaktoren - - Die gibt es ja nicht im Be-reich der jetzigen Gesetzgebung. Also hat man ge-sagt: Wenn die Fahrzeuge irgendwelche Werteüberschreiten - dreifach, fünffach -, dann sind sieauffällig, dann gucken wir sie uns besonders an. -So, am Ende, haben wir ja auch unsere Konformi-tätsfaktoren bestimmt, dass man irgendwo malsagt: Okay, 2,1, das ist einer, der zukünftig in dergesetzlichen Regelung drin ist. - Und alle bewe-

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gen sich letztendlich außerhalb der Typgenehmi-gungsvorschriften, des rechtlichen Rahmens, undhaben sich dann ihre Gedanken darüber gemacht.

Also, warum die Franzosen genau 3 oder 5 ge-wählt haben - was in ihrem Bericht auch heraus-kommt -, weiß ich nicht; das kann ich im Detailnicht sagen. Ist vielleicht auch eine gewisse Will-kür, die dahintersteckt, dass man sagt: Was ist soüblich gewesen im Fahrzeugbereich? Ich glaube,man hat natürlich Feldmessungen gemacht undweiß, was die Fahrzeuge im Realbetrieb zum Teilausgestoßen haben, und da hat man sich ir-gendwo dran orientiert, weil man eben gedachthat, das ist so der Durchschnitt der Fahrzeuge,ohne dass dort unzulässige Abschalteinrichtun-gen benutzt worden sind. - Das ist so für michder Hintergrund, was ich so in Gesprächen, inPausengesprächen, mal vernommen habe. Aberrechtlich belastbar ist da nichts dran.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Okay, danke. - Ich rei-che nach: Das war der 20. Oktober 2016. Damitdas im Protokoll auch komplett vermerkt ist, undwürde es einfach jetzt hierbei belassen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Auch meinerseitsgibt es noch einen Nachtrag zur Quelle, undzwar, was ich vorhin zitierte aus dem Ordner122, das ist das Blatt Nummer 252.

Ich möchte ganz gern auf die Berechtigung desKBA zur Prüfung mit variierten Prüfverfahren zurFeststellung von Abschalteinrichtungen einge-hen. Sie haben von den begrenzten Möglichkei-ten bereits berichtet. Nun finden wir in der Ak-tenvorlage des KBA einen Dienstreisebericht vonIhnen über ein Treffen mit der Type-ApprovalAuthorities Expert Group am 13. Juni 2016; dasist KBA-2-1, Ordner A 131, 14, Blatt 2 ff.

Darin findet sich unter TOP 5 folgende Aussageder Kommission - das ist KBA-2-1, Ordner 131, 14,Blatt 3 -: Die Kommission

führt aus, dass die Regelungenzum Verbot der Abschalteinrich-tung keinen Bezug zum NEFZ ha-ben. Die Ausnahmen müssen engausgelegt werden.

Die Hersteller haben auch Pflich-ten bei -7 Grad.

Kommission stellt noch einmal fest, dass die De-finition in der Verordnung

eindeutig ist. Die Dauerhaltbarkeiteines Motors hat nichts mit Motor-schutz zu tun. Auch schlechtesDesign ist kein Grund dafür. DerHersteller muss alle Ausnahmenklar erläutern können. Die Aus-legung muss streng sein.

Teilen Sie diese Ansicht der Kommission, undhat das KBA diese bis zum Bekanntwerden derManipulationsvorwürfe gegenüber VW im Sep-tember 2015 zugrunde gelegt?

Zeuge Sven Paeslack: Ich teile die Einschätzungder Kommission nicht. Das ist eine Einschätzung,die mir auch zum ersten Mal bekannt gewordenist zu diesem Zeitpunkt, als dort dadrüber ge-sprochen worden ist. Und diese Einschätzung,dass zum Beispiel die Gesetzgebung klar, eindeu-tig ist, wurde auch nicht von anderen an dieserSitzung teilnehmenden Mitgliedstaaten geteilt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Also es war eineMinderheitenmeinung in dieser - -

Zeuge Sven Paeslack: Auf jeden Fall hinsichtlichder Auslegung der Kommission, dass die Vor-schriften eindeutig und klar sind, war das eineMinderheitenmeinung, ja.

Vorsitzender Herbert Behrens: Weil zumindesthier in der Aktenvorlage - oder aus diesemDienstreisebericht - halt „Kommission“ steht,und Kommission ist eigentlich die Kommissiondann.

Zeuge Sven Paeslack: Ja, das ist die EuropäischeKommission. Aber die Europäische Kommissionkann natürlich eine Auslegung der Vorschriftenvornehmen, wie sie meint oder wie sie es hält.Das ist halt eine Auslegung, eine juristische Aus-legung der Kommission. Aber dieser juristischenAuslegung muss man sich ja nicht zwangsweiseanschließen - das ist wenigstens mein Verständ-nis -, sondern die Mitgliedstaaten sind ja für die

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Umsetzung der entsprechenden Verordnungenund Richtlinien zuständig und legen auch dieentsprechenden Vorschriften aus.

Vorsitzender Herbert Behrens: Also meinem Ver-ständnis nach klingt die Aussage der Kommis-sion so, als sei der NEFZ zwar der bisher vorge-schriebene Fahrzyklus für die Typgenehmigung,zur Feststellung des Vorliegens einer illegalenAbschalteinrichtung seien aber auch andere Test-verfahren zulässig - so werte ich es. Teilen Siediese Sichtweise?

Zeuge Sven Paeslack: Sagen wir es mal so: Wennich also einen begründeten Verdacht habe, dann,bin ich Auffassung, kann man auch mehr for-dern. Ob man unbedingt Tests fordert, weitereTests, oder ob man mit dem Hersteller ins Ge-spräch geht und weitere Unterlagen und weitereInformationen fordert - ja, das teile ich, das kannman machen, selbstverständlich, wenn ich einenbegründeten Verdacht habe. Aber ohne einen be-gründeten Verdacht kann ich das nicht tun - sa-gen wir es einmal so. So ist es vielleicht eindeuti-ger.

Und hinsichtlich der strengen und sehr engenAuslegung der Kommission, jetzt dieses Wort-lauts: Der war für mich an der Stelle zum erstenMal, neu, und sehr überraschend und konnte vonmir oder wird von mir auch nicht geteilt, weil ichauch in anderen Sitzungen, an denen ich teilge-nommen habe über viele Jahre, nie diese strengeAuslegung gehört habe. Es gibt auch eine entspre-chende FAQ-Liste der Kommission, die wir vor-liegen haben und die mal auf einer Webseite ver-öffentlicht wurde, und dort steht zum Beispieldrin: Normale Betriebsbedingungen sind in derRegel die Bedingungen, die während desTypprüfzyklus gefahren werden. - Auch dieseAussage gab es.

Also ich kann das nur - - Ich werte diese sehrstrenge Auslegung auch als Schutzbehauptung.Das ist - - kann ich nur - - weil diese Auslegunghat mich komplett überrascht.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und auf welcheRechtsgrundlage stützte sich das KBA nach Be-

kanntwerden der Manipulationsvorwürfe gegen-über VW, wo ja nun dann eben variierte Testsdurchgeführt worden sind?

Zeuge Sven Paeslack: Wir haben die Anordnungerhalten, die entsprechenden Tests durchzufüh-ren. Welche Rechtsgrundlage da herangezogenwurde, kann ich im Einzelfall nicht sagen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann habe ichFragen bezüglich der Arbeit in der Untersu-chungskommission. Sie haben ja gesagt, dass Sieteilweise daran beteiligt gewesen sind, und viel-leicht sind Ihnen ja einige Fakten bekannt, weilSie in Ihrer Anwesenheit besprochen wordensind. Es hat ja Nachmessungen gegeben, oder eshat Messungen gegeben im Rahmen der Untersu-chungskommission „Volkswagen“. Ist Ihnen be-kannt, wer die Messungen vorgenommen hat?Waren es die Hersteller oder/und das KBA?

Zeuge Sven Paeslack: Die Nachmessungen sindim Rahmen der Untersuchungskommission im-mer vom KBA initiiert worden bei unterschiedli-chen Technischen Diensten. Es ist also dortnichts auf Herstelleranlagen gemessen worden.

Vorsitzender Herbert Behrens: Hat die Untersu-chungskommission auch Messungen zu CO2 vor-genommen?

Zeuge Sven Paeslack: Die CO2-Messungen sindletztendlich ein Abfallprodukt bei den normalenEmissionsmessungen. Also es ist auch immer einCO2-Wert am Ende hinten herausgeklackert, amEnde der Messung.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. - Und derBericht ist ja nun als Endbericht verfasst worden,und die Formulierungen in dem Bericht deutendarauf hin, dass weitere Untersuchungen vorge-nommen werden müssen. Ergebnisse zu CO2 sindeben explizit nicht enthalten, sondern - Sie ha-ben es eben gesagt - Beiprodukt gewesen. HabenSie zu diesem Hintergrund Kenntnis?

Zeuge Sven Paeslack: Zu den CO2-Messungen, -

Vorsitzender Herbert Behrens: Ja.

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Zeuge Sven Paeslack: - dass weitere - -

Vorsitzender Herbert Behrens: Die Dokumenta-tion der Ergebnisse der CO2-Messungen.

Zeuge Sven Paeslack: Ja, das ist aber letztendlichnoch ein laufender Vorgang, die CO2-Messungenund -Überprüfungen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Nach meinem bis-herigen Verständnis ändern sich die CO2-Wertebei Änderung der Einstellung der Abgasreini-gungsanlage ebenfalls. Gehe ich richtig in derAnnahme, dass damit die bislang angenommenenCO2-Werte, die aus den Herstellerangaben kom-men, hinfällig sind bzw. nicht ausreichend va-lide?

Zeuge Sven Paeslack: Das ist nicht zwingend,weil, ja, vom Grundsatz her hat natürlich eineVeränderung der emissionsmindernden Einrich-tungen - - oder kann das Auswirkungen auf dieCO2-Emissionen haben, aber man hat natürlichhinsichtlich anderer Parameter die Möglichkeit,trotzdem die CO2-Emissionen auch so wieder zuoptimieren. Insbesondere kann man natürlich,wenn man sowieso die Emissionsminderungs-strategie anpackt, was einige Hersteller eben ge-tan haben, auch das Einspritzverhalten der Fahr-zeuge entsprechend ändern, und das hat auch na-türlich einen erheblichen Einfluss auf die CO2-Emissionen. Und das Ziel war natürlich insbe-sondere auch, dass die Fahrzeuge hinsichtlichder gesetzlich zertifizierten CO2-Emissionen un-verändert blieben.

Vorsitzender Herbert Behrens: Also können diebisherigen CO2-Werte valide durch die nachträg-lich festgestellten Werte ersetzt werden?

Zeuge Sven Paeslack: Also, die jetzt im - - Vonwelchen Fahrzeugen reden Sie jetzt, Herr Vorsit-zender?

Vorsitzender Herbert Behrens: Von den Nach-messungen innerhalb des Untersuchungszeit-raums.

Zeuge Sven Paeslack: Also Volkswagen oder all-gemein? Das ist mir jetzt nicht klar, Herr Vorsit-zender.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. - Dann stei-ge ich noch mal in der nächsten Runde drauf einund gebe das Wort weiter an die SPD-Fraktion.

Kirsten Lühmann (SPD): Wir haben im Prinzipschon alles gesagt, mehrfach von mehreren. Al-lerdings, da immer wieder jemand andereskommt, bin ich etwas verwirrt und möchte nochmal eine Klarstellung haben.

Sie haben uns erklärt, dass Ihre Aufgabe ist, imRahmen der gesetzlichen Regelungen Überprü-fungen durchzuführen. Wenn es dort Abwei-chungen gibt, die nicht erklärt werden können,das heißt, ein Verstoß gegen die Verordnung vor-liegt, können Sie diese ahnden; das ist aber nochnie passiert. - Und dann war die Frage: Warumhaben Sie dann hinterher, nach dem Bekanntwer-den der VW-Geschichte, andere Prüfungendurchgeführt, wenn das vorher nicht möglichwar? - Und dann haben Sie, wenn ich Sie richtigverstanden habe, gesagt: Wir haben die durchge-führt, wir hätten die auch jederzeit durchführenkönnen, nur sie haben keine rechtliche Wirkung.- Also wenn der Minister vorher gesagt hätte:„Macht die!“, hätten Sie die gemacht. Aber wa-rum hätte er das tun sollen? Es gab keinen Hin-weis auf die Notwendigkeit dieser Prüfungen,also sind sie nicht durchgeführt worden. An-schließend gab es eine Notwendigkeit, darumsind sie durchgeführt worden; aber sie hattenkeine rechtliche Bindungswirkung. - Ist das sorichtig wiedergegeben?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, so hätte ich das jetztverstanden.

Kirsten Lühmann (SPD): Dann habe ich es richtigverstanden. - Danke.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann geht es wei-ter an die Grünen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja,ich hätte eine Nachfrage zu dem eben Gesagten.

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Wenn die EU-Regelungen so unklar und missin-terpretierbar sind - so habe ich Sie verstanden,dass es da auch unterschiedliche Auslegungengab -, wann und bei welcher Gelegenheit habenSie denn für eine Verbesserung, eine Klarstellungplädiert? Welche Kanäle haben Sie denn da ge-nutzt oder irgendjemand anderes, von dem Siewissen, dass er es getan hat, aus Ihrer Behörde,aus einer anderen Behörde?

Zeuge Sven Paeslack: Das Problem an der Sachewar: Vor dem Volkswagen-Fall ist über diesenPassus in der Vorschrift nie diskutiert oder ge-sprochen worden. Das heißt, diese Unklarheit derVorschrift oder die Unklarheit der Auslegungdieser Vorschrift war mir bis zu diesem Zeit-punkt nicht klar. Und erst nach dem Volkswa-gen-Fall und den entsprechenden Diskussionen,also national und international natürlich auch,bzw. bei der Überprüfung ist es dann aufgefallen,dass dort doch eine gewisse rechtliche Unsicher-heit besteht, scheinbar bei allen Herstellern, weilwir ja europäisch gesehen haben, dass alle Her-steller in irgendeiner Art und Weise Abschaltvor-richtungen nutzen - und ob die begründet sindoder nicht, ist dann eine andere Geschichte -,aber auch bei uns als Behörde, ja, und nach mei-nem Dafürhalten auch auf Kommissionsebene.

Dieses sehr klare Statement, was ich dort formu-liert habe scheinbar im Dienstreisebericht - hun-dertprozentig kann ich mich nicht mehr dran er-innern -, war ein sehr überraschendes Statementfür mich. Und dieses Statement habe ich auchganz so klar nicht noch mal gehört. Das war letzt-endlich eine informelle Arbeitsgruppe dort, wodarüber gesprochen wurde. Aber deswegen: Erstda wurde wirklich über diese Passagen gespro-chen, ob die eindeutig oder nicht eindeutig sind.Und dort haben auch andere Mitgliedstaaten klarzu verstehen gegeben, dass sie mit diesen gesetz-lichen Regelungen gewisse Auslegungsproblemehaben.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay. - Mich wundert das jetzt nur ein bisschen,weil Sie eben gesagt haben, es hat früher andereAuslegungen gegeben. Da haben Sie gesagt, dawar - - Das heißt, es muss - Irgendwo ist ja dochschon mal drüber gesprochen worden.

Zeuge Sven Paeslack: Diese Auslegungen, die ha-ben wir, oder ich habe sie nachträglich gesehen -dass diese Auslegung scheinbar auf einer Web-seite gestanden hat, auch nach dem Volkswagen-Fall noch; genau weiß ich es nicht mehr. Aber esist nicht drüber diskutiert worden. Nachträglich,nach dem Volkswagen-Fall, rollt man natürlichdie ganze Geschichte noch mal auf. Und dort isteben auch in einer FAQ-Liste so was aufgetaucht,ja, dass eben normale Betriebsbedingungengrundsätzlich als die Bedingungen im Zyklus zubetrachten sind.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Letzte Frage von mir: Würden Sie denn sagen,dass 17 Grad Außentemperatur eine normale Be-triebsbedingung eigentlich ist?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, da bin ich auf IhrerSeite. Das würde ich auch als normale Betriebs-bedingung betrachten.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Finden Sie es - jetzt mal von legal, illegal, von ju-ristischen Fragestellungen abgesehen - denn inOrdnung, wenn ein Hersteller auch eines hoch-preisigen Segmentes seine Abgasreinigungsein-richtung unter 17 Grad abschaltet?

(Unruhe - Zuruf: Das gehtgar nicht!)

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann lassen Sieuns die Fragen nach den Tatsachen bitte nochmal in den Mittelpunkt stellen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Dann frage ich nach den Tatsachen. Finden Siees im Sinne der EU-Richtlinie zielführend - for-muliere ich es so; ist das okay? -, wenn ein Her-steller unter 17 Grad seine Abgasreinigungsein-richtung abriegelt?

(Unruhe bei der CDU)

Vorsitzender Herbert Behrens: Nein, die Zielfüh-rung ist da wieder drin. Was aber - - Frage nachdem Sachstand, den du gern erfahren möchtest.

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18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 87 von 153

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut. - Halten Sie es - -

(Heiterkeit - Ulrich Lange(CDU/CSU): Ich glaube, da-mit ist der Kollege Krischeran dieser Stelle endgültigentlarvt bei der Frage! -Carsten Müller (Braun-

schweig) (CDU/CSU): Nurdas Verb zu verändern, das

ist einen Versuch wert! -Heiterkeit)

- Machen wir es nachher.

(Carsten Müller (Braun-schweig) (CDU/CSU): Ge-

nau! - Heiterkeit)

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Dann übernehme ich mal, um noch ein bisschenNachdenkzeit zu kriegen für uns alle. - Abernicht - -

(Zuruf)

- Doch, auch für die Union. Da war ja jetzt auchan manchen Stellen ein bisschen Enge. - Kom-men wir mal wieder zu dem Untersuchungsbe-richt, Herr Paeslack. Kommen wir mal zu denRechtsfolgen der Untersuchung. Wie verpflich-tend ist die Anordnung an die Hersteller, ihreFahrzeuge nachzubessern?

Zeuge Sven Paeslack: Welche Hersteller meinenSie jetzt? Volkswagen oder auch wieder die wei-teren Hersteller?

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wo Anordnungen ergangen sind.

Zeuge Sven Paeslack: Ja, meines Erachtens istdas eine Verpflichtung für Volkswagen. Dort isteine Anordnung ergangen, die entsprechendenFahrzeuge, die - - die unzulässigen Abschaltein-richtungen zu entfernen.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):So. - Gilt dies nur für die tatsächlich untersuch-ten Fahrzeuge, oder ist das auch - - Was ist mit

Fahrzeugen des gleichen Herstellers, die nichtuntersucht worden sind, die aber im Prinzip dasGesamt- - die gleiche Reinigungsstrategie, Abgas-nachbehandlungsstrategie verwenden?

Zeuge Sven Paeslack: Also, die Anordnung istfür alle Herst- - für alle EA189er-Motoren ergan-gen, und ich glaube, damit haben wir das ge-samte Spektrum abgedeckt.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Und das bezieht sich nur auf die Messungen, dieSie selber vorgenommen haben, oder ist da auchbei solchen Anordnungen Bezug genommen wor-den auf Messungen, Messergebnisse, die aus an-deren Quellen stammten?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, in unserer Anord-nung sind wir auf eigene Messungen eingegangenund natürlich auch auf die Informationen, diewir von Volkswagen erhalten haben hinsichtlichder Emissionsminderungsstrategien; denn wir ha-ben natürlich Dokumente erhalten, die die Emis-sionsminderungsstrategien erläutern. Und auf Ba-sis dieser Strategien kann man auch schon malzu Ergebnissen gelangen. Also, dort ist ja erläu-tert, wann was an- und abgeschaltet wird. Und dakann man natürlich bei einer Einzelfallbetrach-tung auch schon mal zu - -

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, Quellen waren entweder Ihre Messungen -

Zeuge Sven Paeslack: Ja.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):- oder das, was Sie von den Herstellern an Infor-mationen bekommen haben; mehr nicht.

Zeuge Sven Paeslack: Hinsichtlich des Beschei-des, den wir erlassen haben?

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ja.

Zeuge Sven Paeslack: Ja, letztendlich alles das,was die Behörde verifizieren konnte. Aber derBescheid ist von unserem Juristen erstellt wor-den, also - -

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Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Aber nicht von der Technik her.

Zeuge Sven Paeslack: Ja. - Also, deswegen - -

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut, das ist das, was Ihnen jetzt so bekannt ist.

Zeuge Sven Paeslack: Nach meinem Dafürhaltensind das alles eigene Erkenntnisse letztendlich,die gewonnen worden sind.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay. - Gut. Danke.

(Oliver Krischer (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN): Die Zeitist um! Nächste Runde! -

Heiterkeit)

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann ist dieCDU/CSU-Fraktion an der Reihe.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Ja, ich habe an dieserStelle noch mal eine kurze, aber dann auch ab-schließende Nachfrage von unserer Seite. - Wirhatten jetzt, Herr Paeslack, geredet über dieseverpflichtenden Nachrufe [sic!] auf der Basis ei-nes Bescheides. Wir haben aber ja auch freiwil-lige Rückrufe gehabt, also vereinbarte freiwilligeRückrufe. Das heißt aber, dass man dort, bei die-sen anderen Herstellern - Klammer auf: nichtVW; Klammer zu -, keinerlei dieser Abschaltein-richtungen festgestellt hat, sodass dann schonauch interessiert, wie es und durch welches Zu-tun des KBA zu diesen freiwilligen Rückrufen ge-kommen ist. Wie wurde da unterschieden?

Zeuge Sven Paeslack: Also, hinsichtlich der Qua-lität der Abschalteinrichtungen war das schonein Unterschied. Und die von Volkswagen sindals unzulässig eingestuft worden, und aus diesemGrunde ist auch dort - - sind die entsprechendenBescheide ergangen. Und die anderen Fahrzeugeoder die anderen Hersteller, die eben weitereDinge getan haben oder die auch Abschaltein-richtungen benutzt haben, dort ist eben - - hattedie Untersuchungskommission Zweifel. AmEnde ist das eine Entscheidung der Untersu-

chungskommission. Dort, wo das KBA auch teil-genommen hat, hatte sie Zweifel hinsichtlich derRechtmäßigkeit. Und die Hersteller räumen dieseZweifel eben aus, indem sie ihre entsprechendenSysteme nachbessern.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Das heißt aber, dassdort Sie zwar Zweifel hatten, aber kein beweissi-cherer Nachweis, kein rechtssicherer Nachweisder Manipulation dieser Abschalt- - also dieser Il-legalität der Abschalteinrichtung geführt werdenkonnte, sodass man sich auf der Basis der Zwei-fel freiwillig verständigt hat.

Zeuge Sven Paeslack: Also, ich würde da auchnicht den Nachweis der Manipulation - - Ichwürde dort bei diesen Herstellern nicht - - Ichwürde persönlich nicht von Manipulation dortreden. Die Frage ist einfach, ob die Begründungfür die Abschalteinrichtung - - ob der hundert-prozentig gefolgt werden konnte oder ob maneinfach Zweifel hinsichtlich der Begründunghatte. Da ist ja auch nicht Schwarz und Weiß zusagen, sondern das sind Graubereiche, wo icheinfach sage: Ja, ist das denn jetzt begründbar indiesem Einzelfall?

Jede Betrachtung war eine Einzelfallbetrachtung.Wenn es so einfach wäre, zu sagen: „Ich habe daeine goldene Regel“, dann wäre das Leben auchfür uns sehr einfach da. Also, deswegen war es indem Sinne eine Einzelfallbetrachtung und dieHersteller - - wo die UntersuchungskommissionZweifel hatte und wo die Hersteller dann ebenbereit waren, dort noch mal nachzulegen.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Also, das heißt auf gutDeutsch, Sie haben das KBA mit diesen Herstel-lern nach dem Motto „Da sind wir in einemGraubereich“ durch verhandlungstechnischen, ja,ob Druck oder Aussprache - - Dann sind Sie zudem freiwilligen Rückruf gekommen.

Zeuge Sven Paeslack: Das ist hauptsächlich imBereich der Untersuchungskommission gelaufen.Wie es in jedem Einzelfall dazu kam, dazu kannich dann keine Aussage machen, aber - -

Ulrich Lange (CDU/CSU): Okay. - Danke.

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Vorsitzender Herbert Behrens: Weitere Fragen?

Ulrich Lange (CDU/CSU): Keine.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann möchte ichan dem Punkt ganz gern noch mal ansetzen, woebendieser Graubereich so ein bisschen aufge-hellt worden ist. Bundesminister Dobrindtschreibt in einem Brief an die EU-KommissarinBienkowska unter der Überschrift „Bericht derUntersuchungskommission ‚Volkswagen‘“ Fol-gendes - Zitat -:

Als Sofortmaßnahme zur gezielte-ren Vermeidung unzulässiger Ab-schalteinrichtungen in den Fahr-zeugen habe ich das KBA ange-wiesen, ab sofort vor der Erteilungeiner Typgenehmigung von denHerstellern eine Erklärung zu ver-langen, ob sie Motorschutzeinrich-tungen verwenden. Ist dies derFall, so müssen die Hersteller demKBA fallbezogen die konkreteFunktion in der Software offen le-gen sowie die Reaktionsweise unddie Gründe darlegen, aufgrund de-rer sie die Motorschutzeinrichtungfür erforderlich halten.

Das ist KBA-2-1, Ordner A 131, 14, Blatt 133.Meine Frage: Kann man Ihre Einschätzung nachMotorschutzeinrichtungen gleichsetzen mit Ab-schalteinrichtungen? Sprich: Wäre mit der Erklä-rung ein ausreichender Anhaltspunkt gegeben,der die Hersteller zur Offenlegung der Softwareverpflichtet?

Zeuge Sven Paeslack: Also, Motorschutzeinrich-tungen - - In dem Augenblick, wo diese Motor-schutzeinrichtung Auswirkungen auf die Emissi-onen hat: Ja, dann ist es eine Abschalteinrichtung- so lese ich die Definition -, weil alle Maßnah-men, alle Parameter, die ich aufnehme, die in ir-gendeiner Art und Weise Auswirkungen auf dieEmissionen haben, insbesondere dann negativerArt - positiver Art wäre ja schön -, könnte manauf jeden Fall als Abschalteinrichtung bezeich-nen, ja. Und hinsichtlich der Begründung oderNotwendigkeit stecken wir natürlich weiterhin ineinem entsprechenden Graubereich.

Vorsitzender Herbert Behrens: Hat es seitherbeim KBA solche Fälle gegeben, also Offenlegungder Software?

Zeuge Sven Paeslack: Wir haben, nachdem derHerr Minister das angeordnet hat, auch im Ein-zelfall schon uns Software angeschaut, ja.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Undwurde im Zuge der Aufarbeitung des Abgasskan-dals vom KBA Ihrer Kenntnis nach auch erwo-gen, aufgrund der Verwendung illegaler Ab-schalteinrichtungen die Typgenehmigung für be-stimmte Fahrzeuge zu widerrufen, auch viel-leicht sogar rückwirkend zu widerrufen?

Zeuge Sven Paeslack: Nein, für Volkswagen ha-ben wir es ja nicht getan. So weit sind wir bishernoch nicht gekommen, dass wir meinen, das tunzu müssen. Das ist natürlich - - Die Entscheidungobliegt mir ja nicht, die wird im juristischen Be-reich natürlich auch diskutiert. Und mir ist danichts bekannt, dass man dort Diskussionen be-reits geführt hat, in irgendeiner Art und Weisedie Typgenehmigung zu widerrufen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Die endgültige - -Die abschließende Prüfung ist das eine. Aber hates Diskussionen - - Sie sagten, auch keine - -Ihnen ist von Diskussionen auch nichts bekannt.

Zeuge Sven Paeslack: Also, vom Grundsatz her,wenn wir im Bereich der Fahrzeugtechnik über - -Wir reden erst mal über technische Maßnahmen,und wir reden natürlich auch über technischeMaßnahmen, ob wir irgendwas verbessern kön-nen, technisch, oder der Hersteller was verbes-sern kann. Dieser Entzug der Typgenehmigung - -Irgendwo ist das ja auch nicht zwingend zielfüh-rend, sondern wir wollen die Fahrzeuge ja - - Wirwollen ja, dass da saubere Fahrzeuge auf die Stra-ße kommen. Und wenn die Hersteller in dem Be-reich, insbesondere wo Grauzonen sind, bereitsind, etwas zu tun, und sogar auch für Fahrzeuge,die im Verkehr sind, dann hat das natürlich eineganz andere Auswirkung oder, auf jeden Fall fürmich, eine positive Umweltauswirkung. Da istein Entzug der Typgenehmigung ja nicht zwin-gend das geeignete Mittel.

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Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Wurdedas Typengenehmigungsverfahren nach den Er-kenntnissen aus der Untersuchungskommissionangepasst, verändert?

Zeuge Sven Paeslack: Also, die Gesetzgebung istja laufend; das muss man dazu ja sagen. Es laufenja zurzeit Diskussionen entsprechend in Brüsselfür die Gesetzgebung, und es hat sich natürlich indem Zeitraum auch schon etwas in der aktuellenGesetzgebung ergeben. Die Offenlegung der Emis-sionsminderungsstrategien, die vorher nicht in derGesetzgebung war, ist eben seit April in der Ge-setzgebung für neue Fahrzeugtypen. Dieses soge-nannte AES und BES, also die Basis-Emissions-strategie und die Auxiliary Emission Strategy, alsodie Hilfsstrategie, das ist jetzt geltendes Gesetz fürneue Fahrzeugtypen. So gesehen ist das jetzt vonallen Herstellern in Europa vorzulegen - - die neueFahrzeugtypen genehmigen, also nicht nur inDeutschland.

Vorsitzender Herbert Behrens: Meine letzteFrage an Sie ist: Werden die Hersteller seit 2015standardmäßig nach der Verwendung von Ab-schalteinrichtungen gefragt?

Zeuge Sven Paeslack: Seitdem wir den Volkswa-gen-Fall hatten, fragen wir jetzt die Herstellernach diesen entsprechenden Abschaltvorrich-tungen. Das ist aber, meine ich - - Ich bin mirnicht ganz bewusst, aber der Herr Minister hatdas letztendlich auch angeordnet und so und soangewiesen, und seitdem tun wir das, ja. Das istaber, glaube ich - - Ich weiß nicht, ob es in 2015war, seitdem wir das - - Also, ich glaube, das warjetzt erst Anfang, Beginn 2016. Aber, wie gesagt,das kann ich definitiv nicht nachreichen. Dassollte aber in den Akten verfügbar sein.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. Danke. -Die SPD-Fraktion. Weitere Fragen?

(Kirsten Lühmann (SPD):Nein!)

Dann geht es an die Grünenfraktion. Bitte.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich würde noch mal gerne zu dem Thema „Rück-ruf Volkswagen“ kommen. Also, erst mal dieFrage - da gab es ja auch Presseberichterstattungjetzt drüber -: Volkswagen hat von Anfang an - -Trifft es zu, dass Volkswagen von Anfang an, alsovon September an, die Auffassung vertreten hat,dass das, was sie hier in Deutschland tun in Ih-rem Zuständigkeitsbereich, nicht illegal ist? HatVolkswagen das Ihnen gegenüber, dem KBA ge-genüber, so vertreten?

Zeuge Sven Paeslack: Ja.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Bis heute?

Zeuge Sven Paeslack: Also, heute diskutieren wirda natürlich nicht mehr mit Volkswagen drüber,aber Volkswagen hat es öfter ausgedrückt, dasssie das für rechtmäßig halten, was sie tun.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay. - Der Rückruf, den Sie gemacht haben, istaber trotzdem ein angeordneter Rückruf, andersals ein freiwilliger Rückruf?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, wir haben einen Be-scheid erteilt, und diesem Bescheid ist nicht wi-dersprochen worden. So gesehen ist das - - Undin diesem Bescheid ist beschieden worden, dasswir das für unzulässig halten.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Mhm. - Was passiert denn eigentlich mit einemAutobesitzer, der jetzt dem Rückruf nicht folgt?Welche Konsequenz hat das?

Zeuge Sven Paeslack: Dazu kann ich im Detailnichts sagen, weil Zulassungsrecht ist am EndeSache der Länder. Da hat das KBA keine Wei-sungsbefugnis.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wer überprüft denn, welche Fahrzeuge eigentlichjetzt, wo die neue Software - - wo das geändertworden ist - - Wer kontrolliert das? Oder: Sie - -

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Zeuge Sven Paeslack: Also, Volkswagen meldetnatürlich die Fahrzeuge, die umgerüstet wordensind.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ihnen?

Zeuge Sven Paeslack: Diese Fahrzeuge bekom-men wir gemeldet, und wir werden auch - - Wirmonitoren am Ende auch die entsprechendeQuote wie bei einem ganz normalen Sicherheits-rückruf auch. Und nach einem bestimmten Zeit-raum - - Ein Rückruf dauert in der Regel immereinen bestimmten Zeitraum: Also, 18 Monatemuss man schon Herstellern zubilligen bei Rück-rufen, das ist kein ungewöhnlicher Zeitraum,weil es eben auch eine logistische - - schon eineganz schöne Sache ist, das zu bewerkstelligen.Und wie dann mit diesen Fahrzeugen verfahrenwird, die noch nicht umgerüstet sind, weil derBürger nicht hingefahren ist, kann ich jetzt nichtsagen an der Sache.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dagibt es noch keine Entscheidung drüber?

Zeuge Sven Paeslack: Diese Entscheidung wirdnicht in meinem Bereich getroffen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Aber wird sie im KBA getroffen, oder wird sie - -Eben haben Sie gesagt: die Länder. Also, wer ent-scheidet denn jetzt, was da passiert?

Zeuge Sven Paeslack: Nein. Also, ich weiß esnicht. Ich weiß es nicht, das ist nicht mein juris-tischer Bereich. Ich weiß nur: Zulassung - - DieFahrzeuge sind zugelassen, und Zulassung istLändersache, vom Grundsatz her erst mal. Also,ich kann das - -

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Das ist eine grundsätzliche Frage.

MR Lothar Neuhoff (BMVI): Das gehört nichtzum Verfahren.

Zeuge Sven Paeslack: Ja, das ist also - - Ich weißes nicht.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Esgäbe aber auch - - Wie ist das denn bei anderenRückrufen gehandhabt worden?

Zeuge Sven Paeslack: Sicherheitsrelevante Rück-rufe? - Ich weiß nicht. Ist das jetzt Untersu-chungsgegenstand? Ich bin da - - Also, ich kannIhnen - -

Vorsitzender Herbert Behrens: Oliver, machst dudeine Frage noch mal, bitte, sodass sie den Unter-suchungsgegenstand und den Untersuchungszeit-raum umfasst?

MR Lothar Neuhoff (BMVI): Den Zeitraum vor al-lem.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Welche Überlegungen hat es denn in der Vergan-genheit bei Ihnen gegeben für den Fall, dassFahrzeuge am Ende, die zurückgerufen werden - -da nicht die neue Software draufgespielt wird?

Zeuge Sven Paeslack: Welche Überlegungen? -Also, wir ordnen den Rückruf an, und wir moni-toren die Rückläufer. Und am Ende weiß ichnicht, was mit diesen Fahrzeugen passiert, dienicht an der Rückrufmaßnahme teilnehmen. Ichkann es nicht sagen, ich weiß es nicht. Ich weißnicht, welche rechtlichen Möglichkeiten es dagibt. Ich kann es nicht sagen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, es hat bei Ihnen bisher keine Überlegungendazu gegeben?

Zeuge Sven Paeslack: Ja, doch, es - - Also, beiuns, von KBA-Seite aus, hat es keine Überlegun-gen gegeben, was mit diesen Fahrzeugen anzu-stellen ist, weil das nicht unsere Sache ist. Ichweiß aber, dass das natürlich in der Presse schondiskutiert wird, was mit diesen Fahrzeugen pas-siert, ob dort die Zulassung entzogen werdenmuss oder ob die bei der Hauptuntersuchung,was man in der Presse liest, als erheblicher Man-gel eingestuft werden. Aber ich weiß es nicht. Ichweiß auch nicht, was rechtlich möglich ist. Ichkann es nicht sagen.

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Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Sie wissen auch nicht, wer dann gegebenenfallszuständig wäre?

Zeuge Sven Paeslack: Also, ich weiß nur, dassfür zugelassene Fahrzeuge die Bundesländer zu-ständig sind, und die können eine Zulassung desFahrzeugs entziehen. Das weiß ich, aber - -

(Ulrich Lange (CDU/CSU):Also, ich bitte jetzt schon

darum! Ich muss jetzt wirk-lich mal ein bisschen ein-

greifen! Aber es nimmtsonst wirklich überhand!)

Vorsitzender Herbert Behrens: Das war ja nuneine konkrete Frage.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, das ist aber jetzt wirklich - - Also, Ihre Fra-gen eben zur Bewertung von juristischen Gutach-ten, das waren ganz andere Kaliber.

MR Lothar Neuhoff (BMVI): Nein.

(Ulrich Lange (CDU/CSU):Sonst müssten wir jetzt die

Sitzung unterbrechen!)

Vorsitzender Herbert Behrens: Du bist an derReihe.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Dann stelle ich jetztden Unterbrechungsantrag.

Vorsitzender Herbert Behrens: So, dann ist dieSitzung unterbrochen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wenn Herr Lange einen Antrag stellt, ist die Sit-zung unterbrochen?

Ulrich Lange (CDU/CSU): Einen Antrag zur Ge-schäftsordnung.

Vorsitzender Herbert Behrens: Die Sitzung istunterbrochen. Ich muss die Zuschauer bitten,den Raum zu verlassen und die Nichtöffentlich-keit herzustellen.

(Unterbrechung des Sit-zungsteils Zeugenverneh-mung, Öffentlich: 20.34Uhr - Folgt Beratungssit-

zung, Nichtöffentlich)

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5. Untersuchungsausschuss

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(Wiederbeginn des Sit-zungsteils Zeugenverneh-

mung, Öffentlich: 20.45 Uhr)

Fortsetzung der Verneh-mung des Zeugen Sven

Paeslack

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay, die Öffent-lichkeit ist wieder hergestellt. Die Kolleginnenund Kollegen sind anwesend. Wir können dieeben unterbrochene Sitzung fortsetzen, wenn derZeuge wieder da ist.

(Carsten Müller (Braun-schweig) (CDU/CSU): DerZeuge ist nicht da! Nicht,dass wir hier ohne Zeugenweitermachen! Das wäre

doch auch mal was! - Hei-terkeit - Dr. Valerie Wilms

(BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN): Wir könnten

uns gegenseitig befragen!)

- Vielen Dank. - Wir fahren mit der Zeugenver-nehmung fort. Das Wort war bei den Grünen. Esgibt noch anderthalb Minuten Zeit für weitereNachfragen. - Es gibt keine weiteren Nachfragen.

Dann sind wir, Herr Paeslack, zunächst mit Ihnendurch. Herzlichen Dank bis hierher. Im Rechts-sinne abgeschlossen ist Ihre Vernehmung erstdann, wenn Sie das Protokoll erhalten haben,dann nach spätestens 14 Tagen mit unter Um-ständen Korrekturen und Richtigstellungen dortwas geändert haben. Wenn das Protokoll hier unswieder vorliegt, dann erst beschließt der Aus-schuss über den Abschluss der Vernehmung. -Dann darf ich mich bei Ihnen bedanken undwünsche Ihnen noch einen schönen Abend.

Zeuge Sven Paeslack: Vielen Dank.

Vorsitzender Herbert Behrens: Machen wir jetzteine kurze Versorgungspause, oder wie habe ichdas eben gesehen? Und dann rufen wir den Zeu-gen Friedrich nach der Versorgungspause. Dasdürfte ja nicht mehr als fünf bis zehn Minuten inAnspruch nehmen. Wir machen weiter um spä-testens 20.55 Uhr.

(Unterbrechung von 20.47bis 21.13 Uhr)

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Vernehmung des ZeugenDr. Axel Friedrich

Vorsitzender Herbert Behrens: Liebe Kollegin-nen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen undHerren! Herr Friedrich! Lassen Sie uns fortfah-ren. Ich darf mich herzlich bedanken, dass Sieuns so spät am Abend zur Verfügung stehen, undSie ganz herzlich begrüßen.

Als Zeuge vor einem Untersuchungsausschusssind Sie verpflichtet - - Das gehört zu meinemEinleitungstext, Sie über Ihre Rechte und Pflich-ten zu belehren. Und darin heißt es eben - dasnehme ich jetzt vor -: Als Zeuge vor dem Unter-suchungsausschuss sind Sie verpflichtet, dieWahrheit zu sagen; Sie müssen richtige und voll-ständige Angaben machen. Sie dürfen nichtsweglassen, was zur Sache gehört, und auchnichts hinzufügen, was der Wahrheit wider-spricht. Ein vorsätzlicher Verstoß gegen dieWahrheitspflicht kann zur Strafbarkeit nach§ 162 in Verbindung mit § 153 des Strafgesetzbu-ches führen. Solch eine uneidliche Aussage kanneine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von dreiMonaten bis zu fünf Jahren nach sich ziehen.

Auf bestimmte Fragen brauchen Sie allerdingskeine Antwort zu geben und können die Aus-kunft verweigern. Das gilt vor allem für Fragen,deren Beantwortung Sie oder einen Ihrer Ange-hörigen der Gefahr zuziehen würde, einer Unter-suchung nach einem gesetzlich geordneten Ver-fahren ausgesetzt zu werden. Das können Verfah-ren wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeitsein oder aber auch disziplinar- oder berufsge-richtliche Verfahren. Zivilgerichtliche Verfahrengehören nicht dazu. Darüber hinaus dürfen soge-nannte Berufsgeheimnisträger und ihre Gehilfengrundsätzlich die Auskunft in Bezug auf Dingeverweigern, die ihnen in ihrer Eigenschaft anver-traut oder bekannt geworden sind.

Dann möchte ich Sie noch darauf hinweisen,dass eine Tonbandaufnahme der Sitzung gefertigtwird, um die Protokollierung der Sitzung zu er-leichtern. Deshalb ist es wichtig, dass bei Ant-worten das Mikrofon eingeschaltet ist und Sie esmöglichst dicht vor sich haben. Die Aufnahme

wird dann nach Abschluss der Protokollerstel-lung gelöscht. Das Protokoll wird Ihnen aller-dings vor der endgültigen Fertigstellung nocheinmal übersandt. - Gibt es dazu Fragen Ihrer-seits? - Das ist nicht der Fall.

Zum Ablauf der Vernehmung Folgendes: Nach-dem ich Sie jetzt zur Person vernehmen werde,haben Sie als Zeuge Gelegenheit, das, was Ihnenüber den Gegenstand Ihrer Vernehmung bekanntist, im Zusammenhang darzulegen. Danach wer-de ich dann einige Fragen an Sie richten. Sodannhaben die übrigen Ausschussmitglieder die Gele-genheit, die Fragen zu stellen. - Aber vorher nochzu Ihrer Person. Wir brauchen Ihren Namen, Ih-ren Vornamen, Nachnamen, Beruf, Alter undWohnort. - Bitte.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Mein Name ist AxelFriedrich. Ich wohne in Berlin; geboren am23.11.1947; bin Chemiker und Ingenieur.

Vorsitzender Herbert Behrens: Danke schön. -Jetzt haben Sie zunächst Gelegenheit, wenn Siees wünschen, im Zusammenhang darzustellen,was Sie zum Untersuchungsgegenstand ausfüh-ren möchten. Wenn dem so ist, dann hätten Siejetzt das Wort. Ansonsten würden wir gleich indie Befragung einsteigen.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Für den Zeitraum ers-tes halbes Jahr 2008 habe ich eine Aussagegeneh-migung von meinem alten Arbeitgeber Umwelt-bundesamt. Ich habe aber auch noch was anderesmitgebracht.

Die Geschichte der Abschalteinrichtung ist fastso alt wie die Geschichte der Abgasregelung. Dieersten waren einfache Schalter, Beispiel: Fenster,in Sitzen, danach waren die ersten: Zündzähler,die Leerlaufzeiten gemessen haben. Danach kamElektronik, und je mehr Elektronik, desto mehrMöglichkeiten der Abschalteinrichtung gibt es.

Ich habe in meine alten Unterlagen gesehen. Ichhabe dann zwei Beispiele gefunden, die ich Ihn-en gerne überreiche, wo wir als Umweltbundes-amt auch Abschalteinrichtungen festgestellthatten im Rahmen von Feldüberwachung, umhier entsprechende Dinge aufzudecken. Beispiel:

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Höhenabschaltung, Lambdasondenabschaltung,elektronische Kennfelderkennung, alles Dinge,die auch schon vor 2008 bekannt waren und ebenauch in öffentlichen Vorträgen dargestellt wur-den; das vielleicht als Vorbemerkung.

Also, das ist keine neue Sache. Und ich habemich mit meinen Kollegen und Kolleginnen inden USA von CARB und EPA häufig über dieseFragen ausgetauscht, weil natürlich die Dingenicht nur bei uns gemacht werden, sondern inden USA ganz genauso. Und das ist ein schwieri-ges Thema, wo die Behörden eigentlich im Nach-teil sind, weil der Kenntnisstand bei den Behör-den ist einfach viel, viel geringer als der auf derAutoseite oder Lkw-Seite.

Eine Sache, die vielleicht noch anzumerken ist:Wir hatten ja früher eine Endrohrprüfung Ab-gasemission. Wir hatten vorgeschlagen vom Um-weltbundesamt, auch eine Prüfung für NOx ein-zuführen. Dies ist nicht gemacht worden. Manhat sogar, im Gegenteil, die Endrohrprüfung fürDieselprüfung abgeschafft und auf die Art undWeise auch die Erkennung von solchen Dingenerheblich erschwert. - Das als Vorbemerkung fürdie Dinge, die aus meiner Sicht dafür anzumer-ken sind, also die eigentlich keine Neuigkeitensind.

(Axel Dörrie (BMUB) mel-det sich zu Wort)

Vorsitzender Herbert Behrens: Herr Dörrie.

Axel Dörrie (BMUB): Vielen Dank, Herr Vorsit-zender. - Ich möchte nur ganz kurz darauf hin-weisen, weil Herr Friedrich gerade anmerkte,dass er Unterlagen hier gerne übergeben wollenwürde, dass das von der Zeugen- - von der Aus-sagegenehmigung nicht abgedeckt ist und auch,wenn ich das richtig verstanden habe, einen Zeit-raum betrifft, der nicht untersuchungsgegen-ständlich ist - mein Eindruck zumindest.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. - Dann wer-den wir das so berücksichtigen und das nichtweiter beiziehen.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Also, öffentliche Vor-träge sind aus meiner Sicht bei der - - Durchse-hen der Aussagegenehmigung nicht davon betrof-fen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Genau. - Ich be-komme eben gerade den Hinweis aus der Juris-tensicht, dass wir uns das Ganze ansehen, prü-fen, ob wir es hier beiziehen können oder nicht.

Ja, Herr Friedrich, dann so weit Danke für IhreVorbemerkung. Und vom Ablauf her ist es so,dass ich zunächst als Vorsitzender Fragen an Sierichten werde und wir dann in die Fragerundenfür die Fraktionen einsteigen werden. - Ich möch-te Sie gerne gleich vorab fragen: Sie haben IhrenBeruf genannt, dass Sie Chemiker sind. Um zu er-kennen, wie weit Sie sich im Untersuchungsge-genstand auch beruflich oder wie genähert ha-ben, fände ich es noch mal ganz interessant, et-was über Ihren Werdegang, auch insbesonderebeim UBA, von Ihnen zu erfahren. Sie sind ja da-nach dann bei der Deutschen Umwelthilfe einge-stiegen. Und dass Sie - - Okay, dann ist das hierverkehrt. Aber dann ein bisschen was zu Ihrer be-ruflichen Biografie, Werdegang beim UBA. Bitte.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Vielleicht als Korrek-tur: Ich bin nicht nur Chemiker, auch Ingenieur -eine sehr ungewöhnliche Kombination, die nichtso oft vorkommt -, was das Erkennen von man-chen Dingen erleichtert.

(Kirsten Lühmann (SPD):Was für ein Ingenieur?)

- Chemieingenieur.

(Kirsten Lühmann (SPD):Danke!)

Im Umweltbundesamt habe ich begonnen mitdem Thema „Abgasreinigung“. Das Thema „blei-frei“ und „Katalysatoren“, „Einführung derGrenzwerte für Euro 1“, das war meine erste Auf-gabe. Danach war ich im Bereich „Raffinerienund Kraftstoffe“, danach im Bereich „Meeres-schutz“ und danach Abteilungsleiter für den Be-reich „Verkehr und Lärm“. Und in dieser Funk-tion war ich mit den ganzen Fragen, die heute

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auch auf der Tagesordnung stehen, sehr intensivbetraut und bin auch in der Eigenschaft als Ver-treter des Umweltbundesamts an vielen Beratun-gen in Brüssel, in Bonn - damals ja noch in Bonn- beteiligt gewesen an Ermittlung von Grenzwer-ten.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. - Ich mussSie aber darauf hinweisen, dass es hier um denUntersuchungszeitraum ab 20. Juni 2007 bis Juni2016 geht, sonst kommen wir an dieser Stellenicht weiter.

Ich möchte Sie zum Prüfumfang bei der Feld-überwachung des UBA sowie zu Hinweisen aufAbschalteinrichtungen befragen. - Anfang 2008,während seine eigene Feldüberwachung Nr. 7 ge-rade lief, erarbeitete das UBA im Auftrag desBMUB ein Konzept für eine Feldüberwachungvon Kfz. In dem Konzeptentwurf für ein umfas-sendes Projekt zur Feldüberwachung, das dasUBA auf dessen Anforderung im Februar 2008dem BMUB vorlegte, wurde mehrfach auf dasProblem eines möglichen Cycle Beating mittelsEinrichtungen der modernen Fahrzeugelektronik- - die den Betrieb im NEFZ auf dem Rollenprüf-stand erkennen, sodass auf ein für die Abgas-und/oder Verbrauchsmessung optimiertes Mo-torkennfeld umgeschaltet wird, das vom nor-malen Betrieb abweicht. Das ist die FundstelleBMUB-2-1, Ordner 4, Blatt 36, in Klammern: 38.

Auf Veranlassung des BMU wurde seinerzeit derPunkt „Cycle Beating“ indes an zwei von dreiStellen wieder gestrichen. Lediglich bei der Dar-stellung zu den vom UBA mit dessen eigenerFeldüberwachung verfolgten Zielen hieß es wei-terhin - Zitat -:

In Verdachtsfällen: Überprüfung,ob Einrichtungen zur Zyklus-erkennung vorhanden sind,

Fundstelle: UBA-2-1, Abteilung I 3, Ordner 13,Blatt 302, in Klammern: 305, 309. Gab es in IhrerZeit beim UBA im Rahmen seinerFeldüberwachungsprojekte konkret benennbareVerdachtsfälle von Cycle Beating, und woran hatdas UBA diese Verdachtsfälle erkennen können?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Jetzt habe ich ein Prob-lem, weil die Untersuchungen, die Sie anspre-chen, natürlich gerade kurz vor dem Termin, woder Untersuchungsausschussumfang beginnt, ab-geschlossen worden waren. Das heißt, es warenDinge, wo wir erkennen konnten, dass Lamb-dasondenabschaltung da war, dass Höhenerken-nung da war, dass elektronische Systeme genutztwurden, um zu erkennen - - auf dem Prüfstandsteht. Und das war die Konsequenz, weil wir dasgewusst hatten aus Einzelfällen, dem BMU vor-zuschlagen, das systematisch zu untersuchen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Und wieerfolgte dann deren Überprüfung, bzw. hättennach den Vorstellungen des UBA Verdachtsfällemesstechnisch erhärtet werden können?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Man hätte einmalmesstechnisch die Dinge erhärten können, wasich eben schon gesagt hatte, aber wir hatten beiLkw auch eine Öffnung der Motorelektronikdurchgeführt, das heißt, mit elektronischen Spe-zialisten eben gesehen, wie eine Optimierung aufbestimmte Punkte erfolgte.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und darüber hin-aus wären auch RDE-Fahrten zwingend notwen-dig gewesen, um so eine fachliche Einschätzungzu erhalten?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Damals waren dieMessgeräte in der Form, wie wir sie heute haben,nicht verfügbar. Die Genauigkeit war nicht aus-reichend. Aber wir hatten Zyklen entwickelt, dieauf dem Prüfstand das reale Fahrverhalten wie-dergeben, anhand der man erkennen konnte, dassungewöhnliche Dinge vorkommen. Hinzukommt, wenn man einen Warmstart nach demKaltstart fährt und die Emissionen weichen deut-lich ab, zum Beispiel höhere CO2-Emissionen,was physikalisch nicht zu erklären ist, dann hatman Verdachtsmomente und fängt dann an, nä-her zu suchen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und wen habenSie über diese Verdachtsmomente in Kenntnisgesetzt?

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Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja, eigentlich alle, wiegesagt, nicht nur das Ministerium, nicht nur dasUmweltministerium, Verkehrsministerium, auchdie Öffentlichkeit in Vorträgen. Also, wie gesagt,vor einem Jahr war ein Fernsehbeitrag in plusmi-nus im November, wo alte Bilder von mir aus al-ten Fernsehaufnahmen gezeigt wurden, wo dieseDinge auch dargestellt wurden. Auch die Öffent-lichkeit wurde informiert, nicht nur die Ministe-rien.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Nun zi-tiere ich aus der Einleitung der Kleinen Anfrage„VW-Skandal - Erklärung der Abweichungen beiMessergebnissen“. Das ist eine Kleine Anfrageder Grünen; das ist die Fundstelle KBA-2-1, Ord-ner A 115_6, Blatt 42. Darin heißt es: Am 11. Fe-bruar 2011 sollen Sie und Herr Resch von derDeutschen Umwelthilfe bei einem Gespräch imBundesverkehrsministerium „die zu starke Be-einflussung des Messzyklus bei der Typzulas-sung“ durch sogenannte Zykluskennung - Ab-schalteinrichtung - thematisiert haben. Das Ver-kehrsministerium habe daraufhin erklärt, dasProblem zu kennen. Das ist besagte Fundstellenoch mal. Weiter heißt es in der Darstellung desGesprächsverlaufs im Einleitungstext dieser Klei-nen Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen: AmBeispiel des Passat Euro 6 seien von Ihnen undHerrn Resch „die hohen NOx-Emissionen, dieüber den Werten für Euro 5 liegen“, genannt wor-den und solche Einrichtungen als rechtswidrigbezeichnet worden. Können Sie sich an diesesGespräch 2011 erinnern und die Äußerungen derVertreter des Verkehrsministeriums, das Problemzu kennen, bestätigen?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich kann mich erin-nern, das Gespräch geführt zu haben. Wir habenauch dargelegt an dem Motor EA 489 diese Ab-weichung der hohen NOx-Emissionen. Ob dieVertreter des BMV gesagt haben, das kennen sie,kann ich mich nicht mehr erinnern. Es ist schonein bisschen länger her. Aber wir haben natürlichanhand von Daten gezeigt, wie hoch die Abwei-chungen sind.

Vorsitzender Herbert Behrens: Wer waren dieTeilnehmer an diesem Treffen? Was wurde sei-tens der Vertreter der Ministerien ausgeführt?Können Sie sich daran erinnern?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Auch jetzt - - Aus mei-ner Erinnerung: Ich glaube, es waren Herr Albusund, ich glaube, Herr Theis. Aber das ist meineErinnerung jetzt. Es ist sehr lange her.

Vorsitzender Herbert Behrens: Welche konkretenHinweise auf die Verwendung von Abschaltein-richtungen hatten Sie beim Passat Euro 6?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Na, bei diesem Fahr-zeug war eindeutig, dass die Emissionen dras-tisch erhöht waren, außerhalb des zugelassenenZyklus. Und man konnte klar erkennen, dass dasFahrzeug eben kein normales Emissionsverhaltenaufwies.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann würde ichganz gerne von Ihnen erfahren, worauf Sie seiner-zeit Ihre Auffassung gestützt haben, die etwabeim Passat Euro 6 eingesetzte Zykluserkennungsei rechtswidrig.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Es gibt eine Richtlinie,die eben ganz klar Zykluserkennung verbietet.Cycle Beating ist nicht erlaubt. Von der Seite,wenn ein Hersteller diese Zykluserkennung ein-setzt, ist es eindeutig rechtswidrig. Da ist fürmich überhaupt kein Zweifel.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - In einerDUH-Pressemitteilung vom 19. Juli 2011 habenSie und Herr Resch sich schließlich auch öffent-lich kritisch zu den gemessenen NOx-Werten indeutschen Städten geäußert. Herr Resch forderteangesichts dessen - Zitat -: Die Bundesregierungsoll selber Messungen außerhalb des Prüfzyklusveranlassen und die Ergebnisse veröffentlichen.BMVI-2-3, Referat LA 27, Ordner 11_1, Blatt 66. -Hätten Ihres Erachtens dadurch die nunmehr inRede stehenden Abschalteinrichtungen bereitsim Jahr 2011 erkannt werden können?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Das war eigentlichmeine Hoffnung mit diesen Daten, auch Messun-gen zu veranlassen. Ich kann nachvollziehen,

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dass Vertreter von Ministerien Fakten, die vonaußen kommen, nicht akzeptieren. Aber ich hätteerwartet, dass dann das VerkehrsministeriumNachprüfungen durchführt, um zu prüfen, obdiese Daten auch entsprechend von ihnen gefun-den werden.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und waren dieDaten geeignet, festzustellen, dass es sich um Ab-schalteinrichtung handelt?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja.

Vorsitzender Herbert Behrens: In den Akten desBMUB ist ein Gespräch zwischen Herrn Reschund der damaligen Parlamentarischen Staatssek-retärin Frau Heinen-Esser im April 2012 doku-mentiert. Herr Resch habe in diesem Gesprächden Automobilherstellern - Zitat - „planmäßige‚cycle beating‘ Maßnahmen“ vorgeworfen, QuelleBMUB-2-2, Ordner 122, Blatt 236. Laut HerrnKolke vom ADAC, so Herr Resch, hätten die Her-steller NEFZ-Erkennungsprogramme eingebaut,die die Motorsteuerung etc. ändern, wenn einNEFZ gefahren wird, Fundstelle BMUB-2-2, Ord-ner 122, Blatt 255. Hat Ihnen Herr Resch seiner-zeit berichtet, wie sein Gespräch mit Frau Staats-sekretärin Heinen-Esser verlaufen ist und wie dieStaatssekretärin auf seinen Vorwurf an die Kfz-Hersteller reagiert hat?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Er hat mir von demGespräch berichtet. Und natürlich, wenn ich ei-nen Test habe, wo ein Warmtest - ich habe daseben schon erwähnt - höhere CO2-Emissionenverursacht als ein Kalttest, dann ist eindeutig derVerdacht da, dass hier Cycle-Erkennung da ist.Wenn ähnliche Geschwindigkeiten gefahren wer-den wie im Zyklus, man findet deutlich erhöhteNOx-Emissionen - das haben wir eben auch ge-funden -, dann ist der Verdacht extrem hoch,dass hier Abschalteinrichtungen eingesetzt wer-den. Dass man das untersuchen muss und auchprüfen muss anschließend, das ist völlig klar,aber der Verdacht ist sehr, sehr groß.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann zwei ab-schließende Fragen der einleitenden Fragen be-züglich Feldüberwachung VII von Otto- und Die-

sel-Pkw, Euro-4-Grenzwerte des UBA: Im Rah-men der parallel zu den ersten Konzeptplanun-gen für das gemeinsame Feldüberwachungspro-jekt von BMVS [sic!] und BMUB durchgeführtenFeldüberwachung VII des UBA wurden beimFahrzeugtyp Vaneo 170 CDI von Daimler deutli-che Überschreitungen beim Grenzwert für Stick-emissionen [sic!] und dem Summengrenzwert fürKohlenwasserstoff und Stickoxidemissionen ge-messen. Daimler entschied sich daraufhin nachAktenlage, zur Mängelbeseitigung eine Softwarezu entwickeln, die im Rahmen des Kundendiens-tes installiert werden sollte. Das ist die Fundstel-le UBA-2-1, Abteilung I 3, Ordner 13, Blatt 215,in Klammern: 216. Wie hat das UBA diese Soft-ware seinerzeit innerhalb oder außerhalb seinerFeldüberwachungsprojekte bewertet, und hat esNachuntersuchungen zu den Wirkungsweisenangestrengt?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Dieser Fall ist nichtein einziger Fall. Wir hatten eine Reihe von sol-chen Fällen, wo Hersteller Nachbesserungendurchgeführt haben. Ich kann Ihnen versichern,es waren keine einfachen Gespräche, wenn maneinen Hersteller bittet, einen Rückruf durchzu-führen und die Fahrzeuge nachzubessern. Dassind so etwa zehn oder zwölf Fahrzeugtypen ge-wesen, die in diesem Prozess Nachbesserungendurchgeführt haben. Die Nachweise wurden vonden Herstellern über den Technischen Dienst andas Umweltbundesamt gegeben. Wir haben auchverlangt, die Erfolgskontrolle der Nachbesserun-gen vorzulegen. Das hat nicht immer ganz so ge-klappt, aber im Großen und Ganzen schon. Alsowir hatten häufiger Fälle eben, die solche Abwei-chung aufgewiesen haben.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und die dannnachgebessert worden sind und dann auch inOrdnung waren?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja. Zum Beispiel: Icherinnere mich an einen Smart; der hatte eine Hö-henabschaltung gehabt; auch die wurde dannsoftwaremäßig beseitigt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Wiewurde Ihrer Kenntnis nach die Wirksamkeit die-ser neuen Software nachgewiesen, nur durch die

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Ergebnisse? Welche Ausführungen zur Wirkungs-weise dieser Software hat der Hersteller IhrerKenntnis nach gemacht?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Na, zum Beispiel beidem Fall Smart, der mir noch im Gedächtnis ist,hat der Hersteller nachgewiesen, dass diese Hö-henabschaltung eben aus der Software entferntworden ist, und durch eine Dokumentation - indem Fall vom ADAC, Technischen Dienst - ebennachgewiesen, dass dies Fahrzeug nach derNachbesserung eben dann die Grenzwerte ein-hält.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. VielenDank bis hierher. - Dann darf ich das Wort wei-tergeben an die Kollegen der CDU/CSU-Fraktion.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ja,vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Sehr geehrterHerr Dr. Friedrich, zunächst noch einmal einekurze Nachfrage, aufbauend auf einer Frage undeiner Antwort von Ihnen auf die einleitendenFragen des Herrn Vorsitzenden. Sie hatten ebengerade unter anderem dargestellt, dass ver-schiedentlich eine Höhenerkennung, eine Höhen-sensorik, eingebaut sei, und das erfolgte mehroder weniger im Zusammenhang mit der Diskus-sion rund um Abschalteinrichtungen. Wofürbraucht man denn eigentlich so eine Höhensen-sorik? Ist jedes Fahrzeug, das eine Höhensensorikhat, automatisch verdächtig?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Nein, im Gegenteil.Wenn es die hat, ist es ein Vorteil, weil dann dieKompensation der für dünnere Luft - wenn Siehöher gehen, haben Sie weniger Sauerstoff in derLuft - - kompensiert wird. Das heißt, Sie passendie Einspritzmenge an beim Dieselmotor. Unddie Lambdasonde regelt eben nach, damit dasFahrzeug in den Emissionswerten dem ent-spricht, was es sein sollte. Das ist eine ganz nor-male Vorgehensweise, die auch technisch not-wendig ist, damit das Fahrzeug ordnungsgemäßfunktioniert. Aber wenn ich die ausschalte, dannkriege ich erhöhte Emissionen. Genau das ist beidem Smart-Beispiel eben passiert.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Alsomuss man das erst einmal so verstehen: Wenn es

eine gewisse Sensorik beispielsweise zur Erken-nung der Höhe gibt, dann spricht das erst mal da-für, dass man das Fahrzeug an sich - - oder dassder Hersteller womöglich das Interesse hat, einFahrzeug emissionsoptimal zu betreiben, weilman eben auf veränderte Zusammensetzungender Luft, auf Außendrücke usw. reagieren mag?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Schon aus Gründender Fahrbarkeit macht man das. Weil: Wenn Siedann zu wenig Sauerstoff haben, kriegen Sie ebenein Problem mit der Fahrbarkeit. Das heißt einganz normales Vorgehen, das man macht. Aberauch die Emissionsgesetzgebung verlangt dieseHöhenanpassung. Das heißt, gerade bei Benzin-fahrzeugen wird vorgeschrieben, wie hoch dieBandbreite der Lambdaregelung ist, damit siediese Kompensation auch bei größeren Höhennoch machen können - - und beim Dieselmotoreben auch die Luftsauerstoffverringerung ebensokompensieren. Weil sonst kriegen Sie wenigerLuft, das heißt mehr Rußbildung. Das genau istbei dem Fahrzeug passiert.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Prima. Vielen Dank. - Zunächst noch einmal was,damit mir das dem Umfang nach in etwa klarwird. Mich würde noch einmal interessieren:Nach ihrem Ausscheiden aus dem UBA warenSie ja freiberuflich tätig. Sie haben ja erst einmalgesagt - haben das eben auch dargestellt -, Siesind nicht, sozusagen wie der Vorsitzende ur-sprünglich sagte, bei der Deutschen Umwelthilfeeingestiegen, sondern Sie stehen ab und zu imAuftragnehmerverhältnis?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Jein. Ich berate wie an-dere Verbände auch oder auch wie GIZ oder wieWeltbank, Asian Evolving Bank [sic!]. Alsomeine Hauptaufgabe ist eigentlich Regierungsbe-ratung in Asien und Südamerika. Was ich mache,ist fast schon mehr, ja, Freizeitbeschäftigung, hatsich in den letzten Wochen und Monaten etwasausgedehnt aufgrund des Dieselskandals. Aberwenn Sie jetzt zum Thema Seeverkehr mit mir re-den würden, was die Kollegin manchmal mit mirmacht, dann würden Sie sagen, ich arbeite fürden NABU. Und wenn Sie sich mit Binnenschif-fen beschäftigen, dann würden Sie sagen, ich ar-

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beite für den BUND. Wenn Sie Emissionsmessun-gen diskutieren, würden Sie sagen, ich arbeite fürGreenpeace. Also, ich gehöre zu niemandem. Ichtue das, wo ich glaube, mit meinen Fachkennt-nissen den Umweltverbänden - oder Verbrau-cherverbänden auch - zu helfen, bessere techni-sche Fakten zu sammeln.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Anwie vielen Gesprächen beispielsweise - odernicht beispielsweise, sondern konkret DUH be-gleitend - in Ministerien haben Sie denn teilge-nommen?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Zwei oder drei. Ichhabe natürlich eigene Gespräche geführt, wo ichohne Verbände hingehe.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Aberin der Begleitung?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich kann mich nur andrei, zwei oder drei, erinnern. Das ist kein Nor-malfall.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Also - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Es war nur deswegen:Weil es ein sehr komplexer, technischer Sachver-halt war, hat Herr Resch mich gebeten, da mitzu-kommen, weil es für einen normalen Umwelt-schützer keine einfache Aufgabe ist, diese techni-schen Fragen zu erklären. Und da hat er mich ge-beten mitzukommen, und da bin ich mitgegan-gen. Aber das ist nicht der Normalfall. In der Re-gel gehe ich alleine zum Ministerium.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ineiner überschaubaren Anzahl?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Sehr überschaubar.Wahrscheinlich kleiner als drei, aber, wie gesagt - -

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Mhm. Okay. - Dann habe ich zunächst noch malfolgende Frage zum Sachverhalt: Wann bestandKenntnis von Manipulationen?

(Heiterkeit beim Zeugen Dr.Axel Friedrich)

Sie haben dem Wochenblatt Die Zeit mal gesagt,dass die vorliegenden Daten - jetzt zitiere ich ausdem, was Sie gesagt haben, „einen Anfangsver-dacht gegen alle Hersteller“ - so hatten Sie sicheingelassen, „begründeten“. Sie hatten dann wei-ter gesagt, Sie alle manipulieren bei den Prüfstan-dardtests. Der eine mehr, der andere weniger. -Aufgrund welcher Daten haben Sie denn - unddann: wann genau? - einen ersten Anfangsver-dacht für das Vorhandensein unzulässiger Ab-schalteinrichtungen gehabt? Und wie aussage-kräftig waren diese Daten Ihres Anfangsver-dachts, ich sage einmal, im Sinne, dass man ei-nen strengen juristischen Beweis führen kann?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Also Anfangsverdachtist ja ein Verdacht und kein Beweis. Von derSeite - -

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Des-wegen habe ich ja genau die Frage abgestuft.

(Heiterkeit beim Zeugen Dr.Axel Friedrich)

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Genau, ja.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Eineerste Frage und dann, um weiter zu verdichten,eine zweite Frage.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Natürlich. - Wenn wirFeld- und Sachuntersuchungen gemacht haben,haben wir gleichzeitig auch Messungen für Emis-sionsfaktorenentwicklung gemacht; denn wirmüssen ja als Umweltbundesamt Berichte ferti-gen für die EU, für die ECE, für die UNEP, um zuberichten, wie unser Emissionsverhalten ist. Undwir haben dazu ein sehr komplexes Modellsys-tem aufgebaut, aus meiner Sicht das beste, was esweltweit gibt, um eben möglichst genau dieEmissionsdaten zu erheben. Wir sind in der Lagegewesen, vor zehn Jahren schon, die Benzol-konzentration einer Straßenschlucht plus/minus10 Prozent genau zu berechnen aus den Emissi-onsfaktorendaten. Das ist genauso genau, wie Siemessen können. Das heißt, wir waren wirklichauf einer sehr sicheren Seite mit unseren Emissi-onsdaten. Und wenn Sie jetzt einen Emissions-faktor haben, der deutlich höher ist als der

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Grenzwert, dann haben Sie den Verdacht, dass esnicht mit normalen Dingen - - um sich geht.Wenn Sie feststellen, dass ein Fahrzeug ab121 km. deutlich erhöhte Emissionen hat, undSie wissen, der Zyklus geht bis 120 und genaubei 121 gehen die Emissionen nach oben, dannhaben Sie nicht nur einen Verdacht, dann habenSie aus meiner Sicht auch einen Beleg. DasDilemma ist natürlich, dass Sie als Behörde undauch als Privatperson auch juristische Konse-quenzen haben. Ich habe Firmen, die kamen mitihren Anwälten zu den Gesprächen, und das istnatürlich schon eine Ebene, wo Sie dann auchIhre Wortwahl sehr genau suchen, um keine Aus-einandersetzung vor Gericht zu bekommen. Es istimmer gelungen, dies zu vermeiden, aber Wissenals Person, wenn Sie mich gefragt hätten, warvöllig klar: Das ist eine Abschalteinrichtung. Wirhaben auch gesucht, wo das gelaufen ist. Wirhaben die Lambdasondenspannung gemessen. Dakonnte ich genau sagen, ab dem Punkt wird dieSonde abgeschaltet. Das sind in dem Sinne auchBeweise, die hätten vor Gericht auch getragen.Der Hersteller hat das beseitigt, und damit wardas Problem für mich beseitigt.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Dassind natürlich, so wie Sie das sagen - Sie redenvon sehr, sehr beachtlichen Kenntnissen - - Aberich wollte noch mal die Frage wiederholen, weildazu hatten Sie jetzt noch nichts gesagt. Wanngenau hatten Sie denn einen ersten Anfangsver-dacht auf das Vorhandensein von unzulässigenAbschalteinrichtungen?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Also die ersten Hin-weise gab es Mitte der 90er-Jahre, da vor allembei Lkws, die ersten elektronischen Einspritzan-lagen bei Lkws. Deswegen haben wir dann jaauch eine ECU, also eine elektronische ControlUnit, aufgemacht und die Software untersucht.Ab dem Moment war eben auch nachgewiesen,dass solche Abschalteinrichtungen eingesetztwerden von Lkw-Herstellern. Bei Pkws war esvielleicht sogar noch früher. Ganz genau weiß iches nicht mehr. Die ersten Sondenabschaltungen,erinnere ich mich, waren 86 oder 87, also auchschon ziemlich lange her. Wie gesagt, die Diskus-sionen in den USA haben 74 begonnen. Bei uns

kam es ein bisschen später, weil unsere Abgas-vorschriften später kamen. Es gab immer eineZeitverzögerung von ein bis zwei Jahren. WennSie eine Vorschrift haben, finden sie neue Sys-teme, weil es ist ein Hase-und-Igel-Spiel, was wirhaben.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Siehaben eben auch geschildert - ich glaube, das ha-be ich auch hier und da mal von Ihnen gelesen -,dass man, wenn man dann diesen vielleicht tiefin sich innewohnenden Verdacht hat, wenn manden nach außen tragen will, dass man dann be-sonders vorsichtig sein muss?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Na klar. - Na, ja - -

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Wann haben Sie denn - - Wann war denn dieserZeitpunkt bei Ihnen erreicht? Wann haben Siedas erste Mal tatsächlich nachgewiesen, hier sindAbschalteinrichtung, unzulässige Abschaltein-richtungen verwendet worden? Wie haben Siedas dann dokumentiert?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: 2004 der besagte Lkw,wo wir eben mithilfe von Softwareingenieurendiese Software untersucht hatten und festgestellthatten, dass der Hersteller genau auch diesen ein-zelnen Prüfpunkt optimiert hatte, also wenn Siedas Kennfeld sehen: Das geht so nach oben, ge-nau am Kennfeldpunkt. Das war der Nachweis.Den haben wir dem BMU berichtet, auch BMVberichtet, haben vorgeschlagen, dass dann dieseHersteller auch belangt werden, Korrekturendurchführen sollten. Dies ist nicht geschehen.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Dann warte ich erst mal. Erst einmal vielen Dank.

Vorsitzender Herbert Behrens: Aus eurer Frak-tion?

(Arno Klare (SPD): Wir gu-cken!)

- Noch keine Fragen. - Dann ist die Fraktion derGrünen an der Reihe.

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5. Untersuchungsausschuss

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Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ja, vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Herr Fried-rich, ich möchte noch mal zurückkommen aufdie Eingangsfragen, die der Vorsitzende da ge-stellt hatte. Da haben Sie erläutert oder gesagt,dass Sie dort mit Herrn Resch im BMV gewesensind und dass dort Daten vorgetragen wurden,die geeignet wären, ein Cycle Beating zu erken-nen. Können Sie uns das mal erläutern, woranSie das festmachen, dass das geeignete Datensind?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Also eine Sache, andie ich mich erinnere, war, wenn die Temperaturangehoben wurde im gleichen Zyklus, sind dieEmissionen drastisch nach oben gestiegen, ei-gentlich physikalisch nicht zu erklären. Das kannman nur erklären, wenn ich weiß, dass eine Er-kennung der Temperatur vorhanden war und ab-geschaltet wurde. Um zu erklären: Wir habeneine Temperatur von 20 Grad bis 30 Grad für denZyklustest, und normalerweise fahren die Her-steller 25 Grad, wenn sie diese Tests durchfüh-ren. Es gibt Hersteller, die fahren die Tests mit 25Grad für die NOx-Emissionstests oder Ab-gasemissionen und 27 Grad für CO2. Schon dasmacht mich immer misstrauisch, wenn ich so et-was sehe. Hier war es so, dass ab 30 Grad dasFahrzeug ein komplett anderes Emissionsverhal-ten gezeigt hat. Das ist physikalisch nicht zu er-klären.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Und wie war die Reaktion darauf aus dem Minis-terium?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Man hat es sich ange-guckt und fand es sehr interessant. Wir haben ge-sagt, es müssen Nachmessungen geschehen. Pas-siert ist nichts.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Dann war es - - Mehr haben Sie nicht gehörtdann?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich bin ja auch nicht inder Lage, denen Vorgaben zu machen.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Nein, nein.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich bin ja autonom.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Mhm. - In welchem - - Wo haben Sie das nieder- -Mit wem haben Sie da im BMV - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Also meineErinnerung - -Wie gesagt, es ist schon lange her - -

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Aus Ihrer Erinnerung.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: In meiner Erinnerungwar es Herr Albus und Herr Theis, aber ganz si-cher bin ich mir nicht mehr bei Herrn Theis. HerrAlbus war dabei.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Das war wann? 2011, hatten Sie - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Am, ich glaube, 02.,06., nein, 10.02.2011.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Mhm, gut.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Aber auch wieder - -Kann ein Tag mehr oder weniger sein.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ja, in dieser Größenordnung.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Bitte?

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):In dieser Größenordnung?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich glaube, es war der10.02.2011, wenn ich mich richtig erinnere.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):So. - Ich möchte noch mal ein bisschen bei die-sem Thema „Erkennen, Cycle Beating und Ähnli-ches“ bleiben. Hatten Sie Ideen, wie man einFahrzeug daraufhin untersuchen könnte, ob eineAbschalteinrichtung verbaut ist? Was haben Sieda an verschieden Ideen in Ihrem Leben sowohlbeim UBA als auch in der Tätigkeit danacherkannt?

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5. Untersuchungsausschuss

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 103 von 153

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Es gibt circa zehn biszwölf verschiedene Abschalteinrichtungsdetekto-ren, die man nutzen kann: ABS, Beschleuni-gungssensoren, die im Airbag enthalten sind,Temperatursensoren, Radsensoren, GPS. Es gibteine Reihe von Dingen, die Sie nutzen können,um zu erkennen - Sitzsensoren, Gurtsensoren, diebenutzt werden -, ob hier an dieser Stelle aufdem Prüfstand gefahren wird. Normalerweisefahren sie auf dem Prüfstand nicht mit dem Gurt.Das macht ja keinen großen Sinn. GPS haben Siein der Regel auch nicht. Und ABS wird abge-schaltet. Und wenn ein Fahrzeug erkennt, derMotor läuft, aber die haben keine Beschleuni-gung, ist die Wahrscheinlichkeit auch ziemlichgroß, dass Sie auf dem Prüfstand stehen. Es gibteine Reihe von Dingen, mit denen Sie erkennenkönnen, ob Sie auf dem Prüfstand stehen. Wenndas Fahrzeug beispielsweise sechs Stunden kon-stant Temperatur abgestellt wird - das ist im rea-len Leben auch nicht so oft -, -

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Mhm, nein.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: - dann weiß man ge-nau, man steht auf dem Prüfstand und macht ei-nen Test. Es gibt eine Reihe von solchen Mög-lichkeiten, die hier benutzt werden, teilweiseauch in Kombination. Wir haben auch Fälle ge-habt, wo nicht ein Sensor, sondern zwei oderdrei Sensoren - - was die Erkennung erheblicherschwert, weil man normalerweise denkt, manschaltet ein Teil ab, und dann findet man das,und merkt man gar nichts, und dann muss mannoch einen zweiten und dritten Sensor suchen,und das macht die Sache auch für die Behörden,die ja in dieser Kenntnis gar nicht so tief drinsind - es sind ja keine Elektronikingenieure, diebeim KBA arbeiten - - und dann zu erkennen,was hier läuft, ich glaube, das ist eine ganzschwierige Aufgabe.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Haben Sie diese Informationen, die Sie sich daerarbeitet haben, haben Sie diese Ideen mal mitstaatlichen Stellen ausgetauscht und nicht nurüber die Presse, oder haben Sie direkt Leute an-gesprochen und wen?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich glaube, wer michkennt, weiß, dass ich nicht unter Geheimnisver-dacht stehe. Das, was ich weiß, teile ich den Be-hörden und auch der Öffentlichkeit mit, in derRegel eben erst den Behörden und dann der Öf-fentlichkeit. Das sind normale Vorgänge eines Be-amten, solange ich im Beamtenverhältnis war.Später habe ich dann manchmal den umgekehr-ten Weg gewählt logischerweise.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Und mit welchen Behörden haben Sie das, mitwelchen staatlichen Stellen - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Das war natürlich vor-zugsweise BMU, das war ja mein vorgesetztes Mi-nisterium, aber auch dem BMV.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Und nach Ihrer Zeit beim UBA?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja, da waren bei mei-nen ersten Ausscheiden die Kommunikations-stränge etwas gestört. Sie erinnern sich vielleicht:Es gab ein paar kleine Dinge bei meinem Aus-scheiden, dass man nicht mehr mit mir redenwollte. Das war dann ein paar Jahre später wiederanders. Und dann haben wir auch Gespräche ge-führt und immer wieder auch solche Fragen dis-kutiert. Aber das ist, wie gesagt, an vielen Punk-ten, ob das jetzt Austauschkatalysatoren sindoder eben auch solche Fragen - - Man unterhältsich einfach, auch bei Kongressen trifft man sich.Es ist jetzt nicht so, dass man immer nur einenTermin macht. Man trifft sich in der Mittagspau-se, in der Kaffeepause und tauscht sich aus übersolche Fragen.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also nicht unbedingt gezielt jetzt einen Terminerbeten bei -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Nein.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):- irgendeinem Ministerium, einer Behörde?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Nein.

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5. Untersuchungsausschuss

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Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut. - Dann möchte ich das jetzt erst mal fürdiese Runde beenden.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann die SPD-Fraktion, bitte.

Kirsten Lühmann (SPD): Herr Friedrich, Sie ha-ben jetzt sehr viel von den Ergebnissen der Testsgesprochen. Nur mal für mich zur Einordnung:Reden wir hier ausschließlich von Tests, die Sieim Rahmen Ihrer Tätigkeit im UBA gemacht ha-ben, oder haben Sie auch nach dem Ausscheidennoch Tests gemacht?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich glaube, ich habedie größte Anzahl von Straßenmessungen durch-geführt, die außerhalb der Autoindustrie durch-geführt worden sind. Ich habe inzwischen etwa500 Straßenbremsmessungen durchgeführt mitetwa 50 - nein, noch mehr -, über 50 Fahrzeug-modellen, also sehr breite Erfahrung an derStelle, und eben auch viele Labortests begleitet.Ich habe eben auch als UBA-Mitarbeiter - - binich zu den Laboren hingefahren, zu dem TÜVNord oder DEKRA und habe auch mich selberauch informiert: „Was wird hier gemessen, wiewird hier gemessen?“, um eben sicher zu sein,dass die Daten, die wir bekommen, auch richtigsind. Meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnenhabe ich eben auch aufgefordert, da hinzugehen,um an solchen Messungen auch teilzunehmen.Es ist für mich eine ganz normale Vorgehenswei-se; denn Sachkenntnisse bekommt man nur,wenn man sie sich auch anguckt.

Kirsten Lühmann (SPD): Das haben uns andereZeugen auch gesagt, dass sie auch zum Beispielzu Fahrzeugherstellern hingegangen sind und ha-ben sich dort vergewissert, wie das da gemachtwird. Meine Frage ist nur, weil Sie gesagt haben,Sie beraten verschiedene Verbände: Die Tests,die Sie hinterher gemacht haben - Sie haben ge-sagt, das ist die größere Anzahl -, wer hat die fi-nanziert?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Die Test werden vonder ClimateWorks Foundation finanziert und vonder Olin-Stiftung in Deutschland. Aber es sind

leider, kann ich auch sagen, überschaubare Bei-träge. Also, wenn ich Ihnen sage, was ich für ei-nen Test an Kosten erhebe, dann würden Ihnendie Tränen kommen. Wie gesagt, sehen Sie wirk-lich - - Wir bräuchten dringend mehr Geld, ummehr Tests durchzuführen. Ich mache es auchnicht aus Spaß, sondern ich mache es nur, weiles andere eben nicht gemacht haben. Wir habenja versucht, auch Labore zu finden, die für unsTests durchführen. Alle Labore haben sich gewei-gert, Tests für die Umweltverbände durchzufüh-ren. Das französische Fernsehen war bei mir. Diehaben versucht, eine PEMS-Messung in Frank-reich zu machen. Alle Institute haben sich gewei-gert, für sie eine Messung durchzuführen, waszeigt: Hier ist auch ein Systemproblem.

Kirsten Lühmann (SPD): Warum haben sie sichgeweigert, die Messungen durchzuführen? Waswir gehört haben, ist, dass Messungen in Auftraggegeben werden. Ich meine, Messstationen ver-dienen ihr Geld damit. Ich sage einmal, wenn wirzwei nur nennen: TÜV und DEKRA; die lebendavon.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Nicht nur die, auch an-dere Labore. Es gibt ja auch Hochschullabore, dieeine Testanlage haben, aber die haben heute alleAbhängigkeitsverhältnisse. Wenn Sie sehen, frü-her das Umweltbundesamt hatte im Bereich Ver-kehr so viel Geld für Forschung wie das ganzeUBA heute für das ganze Haus. Das heißt, wir ha-ben hier früher mit unseren Mitteln auch einenEinfluss nehmen können auf die Annahme vonAufträgen oder nicht. Wenn Sie auch so wenigGeld haben, dann sind Sie einfach nicht mehr alsPartner interessant. Dann ist die Autoindustriemit ihren großen Aufträgen viel interessanter.Und es hat sich in der Autoindustrie eine Verän-derung ergeben in den letzten 20 Jahren. VieleEntwicklungsaufgaben sind ausgelagert worden,auch auf Prüfstellen. Also wenn Sie zum TÜVSüd oder DEKRA oder TÜV Nord oder TÜV Hes-sen gehen, dann machen die nicht nur Zulas-sungsmessungen, sondern machen auch Entwick-lungsaufträge für die Unternehmen. Und damitgibt es Abhängigkeiten, die aus meiner Sicht nuraufgelöst werden könnten, wenn die Aufträgenicht von den Firmen kämen für die Messungen,

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sondern von der Behörde. Also hier ist aus mei-ner Sicht ein Systemfehler enthalten.

Kirsten Lühmann (SPD): Wir haben aber eben ge-hört, dass sehr viele Aufträge eben auch von derBehörde gekommen sind. - Ich habe jetzt eineFrage zu den Ergebnissen, die Sie hatten. Sie ha-ben bis jetzt nur davon geredet, dass Sie eine Ab-weichung festgestellt haben zwischen dem Rol-lenprüfstand und der Realemission. Haben Sienoch weitere Abweichungen festgestellt?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Wir haben natürlichgesucht: Was ist die Ursache? Wenn ich eine Ab-weichung habe als Wissenschaftler, suche ichmir auch die Ursachen dafür, also geguckt: „Gibtes eine Höhenabschaltung?“ zum Beispiel, wasich eben schon erwähnt habe, oder: Wird dieLambdasonde abgeschaltet? Also diese Dingehaben wir versucht zu suchen mit den begrenz-ten Mitteln, weil dafür gab es ja kein Geld. Des-wegen war ja der Vorschlag, dies vertieft zu un-tersuchen, um eben tiefer einsteigen zu können.

Kirsten Lühmann (SPD): Also ich halte fest: DieErgebnisse, die Sie hatten, waren eigentlich diegleichen Ergebnisse, die viele andere auch hat-ten, nämlich die Tatsache, dass zwischen denWerten auf dem Rollenprüfstand und den Wertenin der Realemission Unterschiede bestehen. -Jetzt möchte ich aber mal wieder zu dieser Ursa-che kommen. Sie haben mehrere Dinge angespro-chen, unter anderem die Zykluserkennung. Dahatte ja auch die Kollegin Wilms nachgefragt.Nun haben wir Zeugen gehabt, die gesagt haben:Eine Zykluserkennung per se ist noch kein verbo-tener Tatbestand. - Also die Tatsache, dass einFahrzeug erkennt, dass es auf dem Rollenprüf-stand ist, ist teilweise sogar erforderlich. WürdenSie das bestreiten?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja.

Kirsten Lühmann (SPD): Warum?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Die Richtlinie verbietetdie Erkennung von Zyklus. Es ist eindeutig ver-boten, dass Sie eine Zykluserkennung haben.Dies ist auch keine Notwendigkeit. Einen Zykluszu erkennen, ist keine Notwendigkeit für eine

Emissionsmessung. Wenn Sie - ich werde esIhnen an einem schönen Beispiel erklären - einenHersteller - -

Kirsten Lühmann (SPD): Ich hatte aber eben nachder Erkennung - - Entschuldigung, wenn ich Sieunterbreche, aber da würde ich jetzt danach dazukommen. Ich hatte nur die Frage gestellt: Ich er-kenne, dass ich in einem Zyklus - - dass ich aufeinem Rollenprüfstand stehe. Schlicht die Tatsa-che: Ich erkenne, dass ich auf einem Rollenprüf-stand stehe, also zum Beispiel in dem, was Siegesagt haben mit dem ABS und den ganzen Ge-schichten, die wir ja alle kennen, wo wir auchschon Zeugen gehört haben, die uns das alles er-läutert haben, wie das funktioniert. Also alleindie Tatsache, dass der Motor oder das Fahrzeugerkennt: „Ich stehe auf einem Rollenprüfstand“,ohne jetzt noch Weiteres zu haben, sagen Sie,auch das ist illegal?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Das sagt die Richtlinie,nicht ich.

Kirsten Lühmann (SPD): Wie kommt es dann,dass uns alle Zeugen vorher gesagt haben: Das ist - -Also jetzt nur allein - nicht dass wir aneinandervorbeireden - die Tatsache, dass ich auf einemRollenprüfstand stehe, haben uns Ingenieure, ha-ben uns Gutachter, haben uns Sachverständigegesagt, allein diese Tatsache ist teilweise sogarerforderlich, weil gewisse Dinge auf diesem Rol-lenprüfstand abgeschaltet werden müssen, wieein ABS; ansonsten kann ich den Test nicht kor-rekt durchführen.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Die Abschaltung vonABS ist erforderlich, wenn Sie ein, zwei Rollen-prüfstände haben. Das ist völlig klar. Aber dasheißt noch lange nicht, dass die Elektronik er-kennt, dass Sie auf dem Prüfstand stehen. Dassind zwei verschiedene Dinge. Dass das Fahrzeuglogischerweise vorbereitet wird auf den Test,heißt noch nicht, dass die Elektronik auch er-kennt, dass Sie auf dem Prüfstand stehen. Dassind zwei ganz verschiedene Dinge. Dies ist nichterlaubt, eindeutig nicht vom Gesetz.

Kirsten Lühmann (SPD): Das ist kein Unter-schied.

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Zeuge Dr. Axel Friedrich: Bitte? - Doch, es ist eingroßer Unterschied.

Kirsten Lühmann (SPD): Vielleicht bin ich keineTechnikerin, aber wenn Sie sagen, ein Fahrzeugmuss vorbereitet werden, weil, so wie es auf derStraße fährt, kann es teilweise nicht auf dem Rol-lenprüfstand fahren, und Sie sagen, es ist ein Un-terschied, ob ich jetzt manuell etwas abschalte,oder wenn ich eine Automatik drin habe, die dasmit dem Rollenprüfstand erkennt und es automa-tisch abschaltet. Vielleicht erklären Sie mir denUnterschied. Bleiben wir beim ABS. Ob ich dasABS manuell abschalte oder ob es eine Er-kennsoftware ist, die sagt: „Ich stehe jetzt aufdem Rollenprüfstand, und ich schalte die auto-matisch ab, weil ich auf dem Rollenprüfstandbin“, und ich muss ja jetzt hier die ganz normale,legale vorgeschriebene Prüfung durchführen - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Also aus meiner Ein-schätzung vom Text der Richtlinie sind Zykluser-kennungen verboten. Das ist für mich eine verbo-tene Zykluserkennung. Ganz einfach.

Kirsten Lühmann (SPD): Ich stelle fest - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: So was würden Sieauch keinen Techniker fragen, sollten Sie liebereinen Juristen fragen an der Stelle.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Das ist keine techni-sche Frage, sondern ganz klar eine juristischeFrage, die wichtig ist, ganz klar. Software zumErkennen des Tests ist untersagt. Ganz simpel.

Kirsten Lühmann (SPD): Wir hatten hier Zeugen,die das Gegenteil behauptet haben. Die haben ge-sagt - da würde ich jetzt drauf kommen -: Alleindie Tatsache, dass ich erkenne, dass ich bei ei-nem Prüfverfahren bin, ist zulässig laut Verord-nung. - Die Frage ist: Was passiert dann? Wenndann natürlich die Folge ist: Ich erkenne, ich binauf einem Prüfstand, und jetzt schalte ich ge-wisse Abgasreinigungen ein, die sonst nicht ein-geschaltet sind, oder wenn ich nicht auf dem Rol-lenprüfstand stehe, schalte ich sie ab - - dass esdann untersagt ist. Ich denke, das meinten Sie

mit Manipulationen, wenn Sie Interviews gege-ben haben.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Wenn ein Herstellerzum Beispiel während des Tests die Lichtma-schine abschaltet, sind die meisten Leute hier imRaum wahrscheinlich sofort - - ist ihnen klar: DasFahrzeug fährt im normalen Leben nicht langeohne Lichtmaschine. Das nennt man vom Her-steller aus Zyklusdesign. Ich habe das Zyklus-beschiss genannt. Das sind Dinge, die sind ein-fach unzulässig. Dinge, die im normalen Lebennicht passieren, dürfen auf dem Prüfstand nichtgetan werden. Das ist ganz simpel. Das sagt dieVorschrift. Ich kann manche der Aussagen, dieich von Sachverständigen gelesen habe, in Vorbe-reitung auf die Sitzung, nicht nachvollziehen.Das ist nicht das, was in Brüssel verhandeltwurde.

Kirsten Lühmann (SPD): Richtig. Aber das istwas anderes, als ob ich erkenne, dass ich auf ei-nem Prüfstand bin, sondern dann sind wir beimeinem zweiten Schritt: Ich habe erkannt, dassich auf dem Prüfstand bin, und ich mache jetztDinge, die nicht zulässig sind, zum Beispiel eineLichtmaschine abschalten. Wie interpretieren Siedann die Aussagen der Sachverständigen undZeugen, die wir hier hatten, die gesagt haben:„Sehr wohl lässt die Richtlinie eine Steuerung,eine Motorsteuerung zu, die in gewissen Situatio-nen Abgasreinigung abschaltet, nämlich zum Mo-torschutz“?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Also ich war ja an derAufstellung der Richtlinie beteiligt. Und ich kannIhnen ein paar Kommentare wiedergeben, die wirdann diskutiert haben. Zum Beispiel hat die Au-toindustrie gesagt: Ihr könnt uns nicht verant-wortlich machen für minus 35, 40 Grad in Lapp-land - Originalton - und Großglockner. Das warendie Argumente, warum sie sagten, sie bräuchtendann dafür einen Schutz. Da haben wir gesagt:Okay, das ist ja keine normale Fahrweise. Deswe-gen haben wir dann in die Richtlinie das Wort„Normal Use“ eingeführt, normale Verwendung.Warum haben wir das gemacht? Weil dieser Pas-sus auch in anderen EU-Richtlinien enthaltenwar, um zu vermeiden, dass hier ein Missbrauch

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getrieben wird. Bremsen zum Beispiel, Sicher-heitsgurte, überall finden Sie den Passus„Normal Use“. Das haben uns dann die Juristengesagt von der EU-Kommission: Das ist einPassus, den haben wir in anderen Richtlinien,den kann man hier einführen, um eben solcheextremen Situationen nicht zu bewerten. - Aberes war nicht der Fall, dass man sagt: Man kannzum Beispiel den Motor unter 19 Grad abschaltenoder die Abgasanlage unter 19 Grad abschalten.Das ist - - Wie gesagt, „Normal Use“ heißt NormalUse: wie ein normaler Mensch das Fahrzeugbetreibt. Es heißt nicht: Unter 19 Grad oder 17Grad oder 10 Grad darf ich die Anlageabschalten. Das war nie eine Diskussion, nur fürExtremfälle wie 40 Grad minus in Lappland.Dann kriegen Sie Probleme, weil dann sullstIhnen der Harnstoff ein. Das sind Dinge, daswurde diskutiert, aber nie eine solcheDiskussion. Das ist für mich im Nachhinein eineSchutzbehauptung. Wenn jemand geglaubt hätte,es wäre legal, warum werden diese Systemeversteckt in der Software, dass man sie nichteinfach finden kann? Warum hat man sie demKBA nicht angemeldet oder anderen Behördennicht gemeldet, wenn sie der Meinung waren,man braucht die? Wie gesagt, es ist für michnicht nachvollziehbar. Wenn ich eine solcheSoftware verstecke im Akustikmodul, ganz klardie Auffindbarkeit erheblich erschwere, dannfällt es mir schon schwer, zu glauben, dass der,der es gemacht hat, nicht wusste, dass es nicht le-gal war. Das widerspricht meinen normalen Le-benserfahrungen, und ich bin ziemlich alt.

Kirsten Lühmann (SPD): Was mich jetzt erstaunt,ist, dass wir diese Dinge in unseren Unterlagennicht wiederfinden. Also wir finden in unserenUnterlagen durchaus Korrespondenz mit derDeutschen Umwelthilfe. Aber diese klaren Aus-sagen, die Sie hier machen - Sie haben eben ge-sagt bei der Kollegin Wilms -, die haben Sie inGesprächen, wenn man sich dann mal so trifftunter ehemaligen Kollegen oder bei denen, vondenen Sie dann wussten, dass sie jetzt zuständigsind - - da haben Sie das mal fallen lassen undhaben gesagt: Mensch, guck‘ doch mal da drauf;ich hab‘ da solche Ergebnisse. - Was mich ver-wundert, ist, dass es aber keinen Schriftwechselgibt, also weil - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Müssen Sie mich nichtfragen.

Kirsten Lühmann (SPD): Alles andere steht da soklar drin. Sie haben also tatsächlich, obwohl Sieder Meinung sind, dass alles, was Sie gefunden ha-ben - - deutet auf illegale Manipulationen hin - -haben Sie das nicht einmal verschriftlicht und ir-gendjemandem zugeschickt, sondern es waren al-les Gespräche.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja. Ich habe ja keinenoffiziellen Status. Also die DUH hat eine andereSituation als ich, sondern ich rede mit den Men-schen, die ich ja lange kenne. Es waren ja meineExkollegen. Dann schreibe ich ihnen ja nicht,sondern ich rede mit ihnen über die Probleme.Also das wäre ungewöhnlich, wenn ich denenjetzt ein offizielles Schreiben schicken würde.Das macht ein Umweltverband, aber nicht ich.

Kirsten Lühmann (SPD): Ich kenne solcheSchreiben, aber es ist für diese Runde - - Wolltetihr?

(Arno Klare (SPD): Dasdauert länger! Deshalb ma-che ich das in der nächsten

Runde! - Heiterkeit beimZeugen Dr. Axel Friedrich)

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. - Dannmöchte ich ganz gern auf die Verhandlungen aufder EU-Ebene kommen. Sie haben eben daraufverwiesen, dass es eben Gespräche gegeben hat,was zulässige, dem Motorschutz dienende Ein-richtungen anbetrifft - - und welche nicht. DenAkten ist zu entnehmen, dass bei den Verhand-lungen auf der EU-Ebene zur Umweltgesetzge-bung immer auch Vertreter des UBA beteiligt wa-ren. Ich denke, als Abteilungsleiter werden Sieim Untersuchungszeitraum auch ihre Erfahrungmit den politischen Prozessen in Berlin undBrüssel gemacht haben. Herr Professor Lahl hatin seiner Aussage so Andeutungen gemacht, wieso was läuft, wenn ganz viel Automobilindustriemit am Tisch sitzt und Behördenvertreter eher inder Minderzahl sind. Das fand ich sehraufschlussreich. Von daher meine Frage:Welchen Einfluss hat das Umweltministerium

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bzw. das UBA im Rahmen von Ressortab-stimmungen innerhalb der Bundesregierung,wenn es darum geht, eine Position fürVerhandlungen in Brüssel zu erarbeiten?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Vielleicht eine kleineKorrektur. Wenn es die Sitzungen der sogenann-ten Motor Vehicles Emission Group sind -

Vorsitzender Herbert Behrens: Welche?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: - die Motor VehiclesEmission Group, die also die Vorschriften disku-tieren -, dann sitzen natürlich Vertreter der Auto-industrie mit am Tisch. Wenn es sich um Ver-handlungen im Rat handelt, sind natürlich keineVertreter der Autoindustrie im Raum. Also des-halb gibt es die beiden Ebenen, und die sind un-terschiedlich auch besetzt. Das Problem, was wiroft haben: dass in Unterarbeitsgruppen, die ja oftgebildet werden, weil die Sachverhalte sehr kom-plex sind, die Autoindustrie mit einem erheblichhöheren Personalaufwand auftritt als bei-spielsweise die Regierungsseite. Das heißt, wir ha-ben auch da keine Waffengleichheit. Die Aufgabedes UBA war, fachlich zu beraten. In der Regel ha-ben wir die Vorschläge ausgearbeitet, für dieGrenzwertvorschläge zum Beispiel. Auch für tech-nische Dinge, die notwendig waren, haben wirdiese Dinge ausgearbeitet. Ein Vertreter des Um-weltbundesamtes war in der Regel bei den Ver-handlungen in der MVEG oder im Rat auch anwe-send und hat eben dann die Delegation beraten,wenn es eben sich um komplexe technische Fra-gen handelt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Und in Unterarbeits-gruppen waren auch Vertreter des Umweltbun-desamtes dann als Vertreter Deutschlands in die-sen Arbeitsgruppen, wenn es um sehr schwierigetechnische Sachverhalte geht.

Vorsitzender Herbert Behrens: Können Sie dieseVorgehensweise auch noch mal am Beispiel er-läutern, wo es um die Durchführungsverordnungaus dem Jahr 2008 ging, wo die Inhalte zur Ver-ordnung 2007/715 konkretisiert worden sind?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Nach meiner Erinne-rung hat sich an diesen Diskussionen mein Ver-treter Herr Rodt beteiligt, der bei diesen Bespre-chungen dabei war. Ich war bei diesen Dingennach meiner Erinnerung nicht in Brüssel. Ich warbei Vorgesprächen dabei, bei den Festlegungenauch der Haltung des UBA, aber nicht in Brüssel.Bei der Richtlinie 2007 war ich auch selber inBrüssel gewesen. Deswegen eine unterschiedli-che Kenntnis von meiner Seite aus. Da war nachmeiner Erinnerung Herr Rodt da.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und trotzdemkönnen Sie das erläutern, wie diese Verhandlun-gen dann konkret aussehen in europäischen Be-hörden?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja, natürlich.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mich interessiertinsbesondere - Sie werden es vermuten - der Ein-fluss der Automobilindustrie, der Hersteller, undauch, in welcher Form und in welcher Weise sieihre Interessen dort unterbringen.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Wir haben verschie-dene Ebenen, wie der Einfluss der Autoindustriehier zum Tragen kommt, natürlich erst mal beider Willensbildung innerhalb der Bundesregie-rung. Dann wird normalerweise eben abgestimmtzwischen den Ressorts BMU, BMV - damals - undBMWi. Und natürlich ist der Einfluss der Autoin-dustrie, speziell im BMV, deutlich größer als imBMU. Hinzu kommt noch das Bundeskanzleramt,was ja auch oft noch dabei eine Rolle spielt,wenn es zu Streitereien - - gibt, wenn man sichabstimmen muss. Es gibt ja häufig keine Einigungauf der Ebene der Ressorts, und dann kann espassieren, wie es zum Beispiel bei den CO2-Grenzwerten war, dass es dann ins Bundeskanz-leramt wandert. Und da ist der Einfluss der Au-toindustrie natürlich auch vorhanden. Man darfnicht unterschätzen den Einfluss auch der Ge-werkschaft an der Stelle. Das ist eben gerade ander Stelle so, dass die Gewerkschaft auch da miteine Rolle gespielt hat beim Einfluss auf die Re-gierungsarbeit. Wenn das dann nach Brüsselkommt - - Und wir haben ja das Dilemma, dassnur die Kommission einen Vorschlag vorlegendarf; ich sage mal: Das ist aus meiner Sicht ein

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nicht besonders demokratisches System, dass nurdie Kommission Initiativrecht hat. Der Einflussder Autoindustrie auf die Kommission ist auchimmens groß. Es ist ja so, dass dann Vorschlägenur gemacht werden, die auch von der Autoin-dustrie beeinflusst werden. Deswegen haben Sieverschiedene Ebenen an der Stelle. Wir habeneine Reihe von Mitgliedstaaten, wo die Autoin-dustrie auch sehr stark vertreten ist, Frankreich,Italien, Großbritannien, Spanien, Polen, Slowa-kei, wo also die Autofirmen auch über diese Nie-derlassungen Einfluss nehmen auf die Regie-rungsmeinungsbildung. Das ist ein Riesendilem-ma, gerade wenn man hier an der Stelle auchLänder hat, die eigentlich keine Zivilgesellschafthaben, wo es keine Gegengewichte gibt. Hier inDeutschland gab es ein Gegengewicht von derZivilgesellschaft. Aber wenn Sie eben nach Polengehen, gibt es keine Zivilgesellschaft. Das heißt,da ist die Einflussnahme viel direkter als bei unsnoch.

Vorsitzender Herbert Behrens: Wir sprechen hieraber über Einflussnahme über andere Wege alsüber institutionalisierte Beteiligungsprozesse.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Natürlich. Es gibtFälle, wo ich in Brüssel war, und ich war nochnicht zu Hause, da hat sich schon die Autoin-dustrie beim Wirtschaftsminister und beim Ver-kehrsminister über mich beschwert. Ich war nochnicht mal von Brüssel nach Hause gekommen, dawar das schon abgelaufen. Das sind die Dinge,die eben dann nicht normal ablaufen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Danke. - Dannwäre jetzt die CDU/CSU-Fraktion an der Reihe.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): HerrVorsitzender, Herr Dr. Friedrich, ich habe nochmal kurz über das nachgedacht, was Sie auch sobei meiner ersten Frage dargestellt haben. Da ha-ben Sie gesagt, Ihnen war schon sehr früh - also,Mitte der 90er und Mitte des ersten 2000er-Jahres- - Jahrzehnts genannt - - Da, sagten Sie, habenSie Kenntnis gehabt von Abschalteinrichtungen,auch von sozusagen unzulässigen Abschaltein-richtungen. Und dann kochte das ganze Themahoch. Es war, glaube ich, so das dritte September-wochenende letzten Jahres. Und im Oktober 2015

- ich nehme jetzt nur mal eins von mehreren Bei-spielen heraus -, nachdem sich das zunächst aufFahrzeuge des Herstellers Volkswagen kon-zentrierte, erfolgte durch beispielsweise die Deut-sche Umwelthilfe dann eine Untersuchung - ichnenne es mal Untersuchung -, ein Test … (akus-tisch unverständlich) von einer Vielzahl vonFahrzeugen.

Unter anderem wird im Oktober 2015 - also, allewaren alarmiert - ein Opel Zafira 1,6 CDTi mitdem Baujahr 2015 getestet von der DUH. Und Fol-gendes kam raus: Im Ergebnis wurden dann alsoin bestimmten Fahrsituationen bis zu 17-fachhöhere NOx-Emissionen gemessen, als nach demEuro-6-Grenzwert zulässig gewesen wären. Unddie Ergebnisse unterschieden sich, je nachdem obman im Vierrad- oder im Zweiradmodusgemessen hat. Und darüber berichtet eine Tages-zeitung, nämlich Die Welt - es war am 24. Okto-ber letzten Jahres -, und zitiert Sie:

Wir haben keine normale, tech-nisch plausible Erklärung für dasAbgasverhalten des Opel-Fahrzeu-ges.

Das erklärte dann der DUH-Verkehrsberater Dr.Axel Friedrich. - Sie hatten für mich auf die ers-ten Fragen zunächst den Eindruck erweckt: Also,Sie wussten schon sehr früh ziemlich genau Be-scheid, was da eigentlich im Busch ist. Warum,wenn Sie das schon sehr früh wussten, zum Teil20 Jahre vor diesem Test - wie muss ich mir dasvorstellen? -, sagen Sie dann: „Wir haben hieraber keine normale, technisch plausible Erklä-rung für das Abgasverhalten des Opel-Fahrzeu-ges“, und warum gehen Sie dann nicht genauer -weil Sie ja schon, wie Sie sagten, genau wussten,was da für ein Schindluder getrieben worden ist -warum gehen Sie dann nicht noch mal ein biss-chen tiefer und legen diesen Fahrzeugherstellernun endgültig aufs Kreuz und sagen: „Ich hab‘sschon immer gesagt, und jetzt zeige ich euch andiesem Beispiel: So genau macht ihr das“? Wa-rum machen Sie das dann nicht? Oder haben Siees nur nicht gesagt?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Herr Müller, vielleichtnoch einen Punkt zurück. Also, ich habe mich

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gerade erinnert: Meine ersten Erkenntnisse überAbschalteinrichtungen sind noch mal zehn Jahreälter. Die Mikroschalter an den Drosselklappen, -

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Dawaren ja Pferdefuhrwerke fast noch unterwegs.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: - da waren alle reinemechanische Schalter, die man - - ganz kleineSchalter, die eingesetzt wurden. Also, schon eineuralte Geschichte.

Natürlich hat uns die Firma Opel, auch die FirmaDaimler, die Firma BMW, mit Schadenersatzdro-hungen überzogen. Und wenn ich meine Pensionansehe, ist eine solche Drohung nicht das, wasich gerne haben möchte. Ich habe auf eine An-frage eines Journalisten gesagt, warum ich dasnicht klar sage, dass Abschalteinrichtungen vor-handen sind: Meine Haftpflicht ist nicht hoch ge-nug. - Wissen Sie, wenn Sie mit solchen Drohun-gen, und zwar in Milliardenhöhe, überzogen wer-den, dann zuckt man. Und dann hat man Dinge,die ich zwar weiß, aber ich würde sie nicht aus-drücken.

Wir haben - inzwischen kann ich sagen - dannauch diese ECU geöffnet und nachgewiesen, dasshier in der Software von Opel Zafira eben solcheAbschalteinrichtungen da sind. Wir haben also,wie gesagt, viel Aufwand getrieben, haben festge-stellt: Es ist nicht eine Abschalteinrichtung, son-dern drei in dem System enthalten. Aber daskonnte ich erst belegen und auch öffentlich ma-chen, als ich die Software dann auch zusammenmit Herrn Domke entsprechend geöffnet hatte.Erst dann können Sie nachweisen, a) dass dieSoftware verändert ist, aber b) - und das ist dernächste Schritt - auf den - - bei den Messungenauch die Veränderungen zeigen; denn es kann jasein, dass die Software enthalten ist. Wir habenmanche Codezeilen in dem Softwaresystem, dienicht mehr genutzt werden. Also, Sie müssenauch den Nachweis führen, dass diese Codezei-len zu diesem und diesem Verhalten auf derStraße führen. Und das hat eben auch gedauert,weil Sie müssen erst die Fahrzeuge beschaffen,müssen Geld beschaffen, ich musste die Messge-räte organisieren, alles Dinge, die nicht so ganzschnell gehen. Und wenn ich dann eine solche

Aussage mache, muss die auch absolut belastbarsein, das heißt, wir mussten wirklich einenNachweis führen. Und das dauert leider. Und,wie gesagt, meine Arbeitszeit geht in der Zeit von7 morgens bis abends um 10, und viel mehr woll-te ich eigentlich nicht machen.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Also, okay, ich kann das verstehen, wenn Siesozusagen da ein bisschen geängstigt sind, sichgroßen Schadensersatzforderungen ausgesetzt zusehen. Aber wenn Sie uns vorher doch den Ein-druck gemacht haben, Sie wussten ganz genau,wie es läuft, dann kann man - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Klar wusste ich das.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Dann, finde ich, wäre das auch im Sinne der Sa-che gewesen, wenn das hier genauer dargelegtwird, weil dann ist man ja sicher, wie es läuft.Ich will allerdings - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Herr Müller, ich kannIhnen gerne die Schreiben zur Verfügung stellen,die uns gegeben wurden von den Firmen. Unddann, glaube ich, würden selbst bei Ihnen Vor-sichtsmaßnahmen eingeleitet werden. Das sindwirklich heftigste Schreiben gewesen.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Wirkennen uns nicht so gut, aber Sie wissen garnicht, wie vorsichtig ich bin. - Noch mal eine an-dere Frage: Sie hatten in Ihrem - - Ich greife soein bisschen das auf, was die Kollegin Lühmannauch schon mal versucht hat noch mehr heraus-zuarbeiten. Sie haben in Ihrem Eingangsstate-ment gesagt, Sie haben keine Zweifel an derRechtswidrigkeit der Zykluserkennung.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Aufwelche Formulierung in welchem Regelwerkstützen Sie diese Annahme; denn - auch das hatdie Kollegin Lühmann gesagt - das haben allePersonen, die wir vor Ihnen gehört haben, andersgesagt. Und deswegen würde ich das gerne genaunachlesen, damit ich mir ein Bild davon - - Aufwelche Formulierung genau stützen Sie sich?

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Zeuge Dr. Axel Friedrich: In Richtlinie 2007steht drin: Defeat Devices sind untersagt. - Undich kann Ihnen versichern: Wenn Sie einen sol-chen Passus - -

(Kirsten Lühmann (SPD):Nein, das steht da nicht!)

- In 2007 steht: Defeat - -

(Arno Klare (SPD): Dassteht da nicht so! Es gibt

drei Ausnahmen!)

- Bitte?

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ichwill mal Folgendes sagen - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Und wenn Sie einensolchen Passus reinbekommen wollen in eineRichtlinie, dann müssen Sie auch Hinweise an-bringen, dass solche Dinge gemacht werden. Wiegesagt, die Lambdaabschaltung, die ich erwähnthatte, die Höhenabschaltung, alles das haben wirauch in diesen Diskussionen mit angeführt.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Mich würde schon sehr genau interessieren -also, Sie sind da sehr beharrlich auch in der Be-hauptung -: Wo genau kann ich das nachlesen?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich habe sie jetzt nicht.Sie müsste vor mir liegen. Ich gebe sie Ihnennicht.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ichkönnte Sie Ihnen - - Also, ich glaube, ich habedas, worauf Sie abheben, nämlich den Auszugaus der EG-Euro-5/Euro-6-Gesetzgebung, nämlichdie Verordnung 715 aus 2007. Die meinen Sie?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja, die meine ich, ja.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ichwürde Ihnen das Exemplar - ich habe es nichtverfälscht - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Nein.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ichwürde Ihnen das fast mal - - Wenn ich Ihnen dasrüberreichte, würden Sie mir das vorlesen?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Natürlich.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Dann würde ich das mal machen.

(Dem Zeugen werden Un-terlagen vorgelegt - DerZeuge nimmt Einblick)

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ist ja so klein geschrie-ben.

(Heiterkeit)

Und ich bin schon so müde.

(Kirsten Lühmann (SPD):Ich habe es auf dem iPad,

da ist es groß geschrieben!)

- Nein, ich kann es lesen.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ichkönnte Ihnen auch noch meine Brille anbietenoder weitere.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Nein, ich kann schonlesen. - So. Weil das ist die - - Über 50, ja.

(Arno Klare (SPD): Artikel 5)

- Ja, ich weiß. Es gibt auch noch einen zweitenArtikel.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ichwill Sie jetzt nicht unter Zeitdruck - - Aber esgeht so ein bisschen auch zulasten unserer Frage-zeit. Wir würden uns auf folgendes Geschäft eini-gen: Ich lasse Ihnen das dann noch mal liegen.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Nein, ich schicke esIhnen - -

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Nein, das interessiert mich heute schon, weil ichja vielleicht noch was darauf fragen würde. UndSie waren da so bestimmt.

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Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich bin auch bestimmt.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ichlasse Ihnen das noch mal da, und Sie können ja,wenn ich so ein bisschen langweiligere Fragenstelle, noch mal nachgucken in der Zeit.

(Heiterkeit)

Dann finden wir es vielleicht in der nächstenRunde.

(Zuruf der Abg. KirstenLühmann (SPD))

Jetzt will ich noch mal gucken. - Ja, machen wirvielleicht mal Folgendes: Ich hatte Ihnen das jaeben gesagt, dass wir hier schon eine ganze Reihevon weiteren Damen und Herren angehört haben.Und Sie hatten das auch, ich glaube, eingangs,gesagt, dass Sie - gegenüber der Presse eben auchmehrfach dann wiedergegeben - bereits die Vor-bereitung der Fahrzeuge für diesen gesetzlichenPrüfzyklus als Zyklusbetrug bezeichnen.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: „Zykluserkennung“habe ich gesagt.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ja,Prüfzyklus als - - Ja, okay. Allerdings hat einer Ih-rer damaligen Mitarbeiter im Umweltbundesamt,nämlich Herr Mönch, hier im Ausschuss gesagt,dass die Abstimmung auf den Prüfzyklus imPrinzip in der Natur der Genehmigung stecke.Demnach zähle es nämlich zur gängigen Praxis,dass die Hersteller die Emissionssysteme auf dieRahmenbedingungen des Testzyklus abstimmen.Wie erklären Sie die Einschätzung Ihres damali-gen Mitarbeiters, der ja als Kraftfahrzeugtechni-ker und auch Referent bzw. im Folgenden dannsogar als Leiter des für Feldüberwachung zustän-digen Fachgebietes einen sehr tiefen Einblick indie Materie hatte und auch heute noch hat?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Kann die nicht nach-vollziehen.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): IstIhnen völlig schleierhaft.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich kann die nichtnachvollziehen. Ich halte sie für nicht korrekt.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ha-ben Sie sich denn vielleicht - - Also, wenn manzusammen arbeitet, sieht man sich ja ab und zumal, -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Klar.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): - un-terhält man sich auch mal. Haben sich darübermal in Ihrem Umfeld Gespräche entsponnen?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Nein, Herr Mönch warzu der damaligen Zeit für kleine Maschinen undGeräte zuständig, also nicht für dieses Thema. Eswar also kein Anlass, mit ihm über diese Fragenzu reden, sondern Herr Rodt hat diese Aufgabenwahrgenommen. Also, von der Seite war er eben- - Aber wir haben uns fachgebietlich unterhal-ten. Und ich, wie gesagt, kann es nicht nach-vollziehen.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ha-ben Sie das dem Herrn Mönch damals auch ge-sagt, dass Sie das gar nicht nachvollziehen kön-nen, was der so macht?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich habe doch nichtgewusst damals, was er heute sagt. Wie kann ichdenn vor ihm was sagen, was er vor zehn Jahrengesagt haben soll, wenn ich heute erst das höre?

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Dann noch mal eine Frage, die sich eher aus derJetztzeit beantworten lässt: Ist denn aus IhrerSicht eine Zykluserkennung in gewissem Maßetechnisch nicht vielleicht doch notwendig, -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Nein.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): - da-mit das Fahrzeug im Testlauf nicht blockiert?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Wie gesagt, die ABS-Abschaltungen - das ist bekannt; wenn Sie einenZweiradprüfstand haben, das müssen Sie tun -,das wird in der Regel mechanisch gemacht odereben auch mit einfachem Schalter. Das sind

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Dinge, die also machbar sind. Aber Sie dürfen da-mit nicht in die Software eingreifen - Punkt. Dasist eindeutig. Und Sie dürfen vor allem nicht dieEmissionen verändern damit. Dies ist einfachnicht zulässig.

Deswegen ja auch - - VW hat genau das gemacht,genau das getan, eben eine Erkennung auf denZyklus gemacht. Und dies ist rechtswidrig.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Dann würde ich Ihnen gerne noch mal eine hierim Ausschuss getätigte Aussage von Herrn Dr.Eberhardt vom BMUB vorhalten, am 20.10. hierso gemacht. Ich zitiere:

Also, man muss an der Stelle ausmeiner Sicht zwei Sachverhaltevoneinander unterscheiden. Daseine ist die sogenannte Zykluser-kennung, also ob das Fahrzeug er-kennt, dass es in einer Laborumge-bung betrieben werden muss.Diese Erkennung war technischbekannt, ist sogar technisch not-wendig, um ein Fahrzeug in einerTestumgebung, im Labor, betrei-ben zu können. Dass es eingesetztwerden kann, war auch vor Be-kanntwerden des sogenanntenVW-Skandals im September 2015bekannt.

Zitat Ende. - Teilen Sie diese Ansicht? Sie haben- -

(Der Zeuge schüttelt denKopf)

- Die teilen Sie nicht.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich teile sie nicht,weil, wie gesagt, die Dinge, die ich eben gesagthabe, das sind technische Sachverhalte. Undwenn die Software dies erkennt - die Software -,ist das nicht erlaubt. Das ist nicht erlaubt.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Dann, würde ich sagen, mache ich vielleichtbeim nächsten Mal, also auf jeden Fall beimnächsten Mal, noch mal weiter und werde malsehen, womit noch. - Danke.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gibt es weitereNachfragen von Ihnen? - Dann möchte ich michzum Bericht der Untersuchungskommission mitFragen an Sie richten. Im Bericht der Untersu-chungskommission des Verkehrsministeriumszum Abgasskandal fällt auf - fiel mir auf -, dassdie meisten Fahrzeuge bei den Tests auf dem Rol-lenprüfstand im warmen Zustand viel mehr NOxausstoßen als mit kaltem Motor.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja.

Vorsitzender Herbert Behrens: Selbst bei Fahr-zeugen, die das BMVI in der Gruppe 1, also denunbedenklichen Kfz, zugeordnet hat, sind dieWerte im warmen Zustand bis zu zehnmal höherals im Kaltbetrieb, so die Ergebnisse dort. Vordiesem Hintergrund haben wir eben auch vonThermofenstern gehört, und das finde ich fürmich erklärungsbedürftig. Daher meine Frage:Haben Sie bei eigenen Messungen ähnliche Be-funde erhalten?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Also, das Wort „Ther-mofenster“ kannte ich bisher nur beim Bau. Also,das ist ein völlig neuer Begriff, der nie benutztwurde vorher. Und physikalisch ist nicht zu er-klären, wenn Sie die gleichen Lasten aufbringen,dass hier die Emissionen von NOx deutlich er-höht werden. Wenn Sie ein Fahrzeug Euro 5 ha-ben ohne eine Abgasreinigungsanlage - also, SCRoder Speicherkat -, dann sind die Emissionen nurabhängig von der Fahrzeuglast. Ob Sie den Fahr-zeugzyklus warm oder kalt fahren, die Last ist diegleiche. Also, von der Seite ist dies eben nicht zuerklären und ein deutlicher Hinweis, dass hierZykluserkennung stattfindet und hier eben Ab-schalteinrichtungen benutzt werden.

Wie gesagt, die Formulierung heißt ja eben: Siedürfen nicht abgeschaltet oder die Wirkung ver-mindert werden. Und wenn Sie eine Abgasrück-führung in Ihrer Wirksamkeit einschränken beider gleichen Last, dann ist das einfach physika-lisch nicht zu erklären.

Vorsitzender Herbert Behrens: Ist das nun eineErklärung, oder ist das auch das Ergebnis von ei-genen Messungen, wo das noch mal - -

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Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja, wir hatten ja diesesProblem - das hatte ich vorhin schon gesagt -auch gehabt, dass eben Fahrzeuge im Warmtesthöhere Emissionen aufgewiesen hatten und daseigentlich für uns ein Verdachtsmoment war, ge-nauer hinzusehen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Nun haben wirhäufig auch bei Anhörungen anderer Zeugen aufdie Nachfrage, wann der Begriff des Cycle Bea-ting ihnen bekannt gemacht worden ist, ganz in-teressante Aussagen bekommen. Nun verwendenSie den Begriff ja schon längere Zeit, wie Sie dar-gestellt haben. Wie haben Sie im Rahmen IhrerTätigkeit beim UBA den Begriff „Cycle Beating“definiert, und welche technischen Maßnahmenwurden darunter gefasst?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Er ist mir zum erstenMal aufgefallen, als ich 1983 die US-VorschriftFR 40 aus dem Englischen ins Deutsche übersetzthabe in die Anlage 22, später Anlage 23. Da istmir zum ersten Mal das Wort „Cycle Beating“ un-tergekommen. Also, das ist schon ziemlich langeher. Und natürlich: Bei den Diskussionen mitmeinen Kollegen von EPA und CARB ist diesesThema immer wieder gefallen, weil natürlichauch bei den Messungen, die an Lkw in den USAgemacht wurden - - Pkw - - Ist ja nicht der ersteHersteller, der hier aufgefallen ist, Volkswagen.Man tut immer so, als wäre Volkswagen der ersteHersteller, der aufgefallen ist; es gibt eine langeListe von Herstellern, die mit solchen Manipula-tionen bei der EPA und bei der CARB aufgefallensind. Die haben ihre Strafe bezahlt - 300, 400,500 Millionen in der Regel -, haben sich geduckt,und dann war das Thema beendet.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und welche tech-nischen Maßnahmen waren damit verbunden?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Auch - - Alles die glei-chen Dinge, also Erkennung, Temperatur, Gurt-schloss, Sitzsensoren, Radio, all die ganzen - -Am Anfang haben wir im Radio - - weil in denUSA fährt jeder Mensch mit dem Radio, auf demPrüfstand fahren Sie ohne Radio. An der Fenster-scheibe - - Also, es gibt eine ganze Reihe von Din-gen, die an der Stelle benutzt wurden, um ebenZykluserkennung zu machen. Das ist kein neues

Phänomen. Also, wenn jemand sagt, er hat esvorher nie gehört, der hat sich mit der Historienicht beschäftigt. Also, die ersten waren, glaubeich, so 75 in der Literatur dokumentiert. Also, istwirklich kein neues Phänomen. Wer wirklich dasbehauptet, er hat es nie gehört, dann kann er viel-leicht nicht Englisch, aber sonst kann er eigent-lich an dem Thema nicht vorbeigehen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Nun hat-ten wir ja eben gerade den Disput über die recht-liche Einschätzung zur Zulässigkeit. Das will ichjetzt nicht noch mal aufwerfen, sondern einfachfragen, mit welchem Ergebnis das Thema imUBA und im BMUB erörtert worden ist.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Na gut, die Diskussionüber die Entscheidung war nach meinem Aus-scheiden aus dem Umweltbundesamt - ich bin jaam 30.06. ausgeschieden - und deswegen: Überdiesen Fall liegt mir nichts vor.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gab es eventuellHinweise von Whistleblowern hinsichtlich derVerwendung von illegalen Abschalteinrichtun-gen?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Na, ja, wissen Sie,wenn ich - - im Umweltbundesamt zu meinerZeit 50 Prozent der Fahrzeuge, die untersuchtwurden, auffällig waren, heißt das noch langenicht, dass 50 Prozent der Fahrzeuge im Feldeauffällig waren. So, natürlich hatten wir Informa-tionen über auffällige Fahrzeuge. Und natürlichhaben wir diese Fahrzeuge bevorzugt untersucht,um zu erkennen, ob hier was vorliegt. Es gab eineinziges Fahrzeug, was mir mal durchgerutschtist, wo ich Informationen hatte, dass es ebennicht funktioniert. Das war der Ford Galaxy.Sonst waren alle Fahrzeuge - auch die, von denenich Informationen bekommen hatte - die, die spä-ter auffällig waren.

Alle Hersteller bis auf einen Fall waren auch vondiesen Dingen nicht überrascht. Es war nur eineinziger Fall, der Renault Clio, die waren über-rascht. Alle anderen wussten von den Fällen vor-her; denn die haben ihre eigene Feldüberwa-chung und prüfen ihre Fahrzeuge auch. Dasheißt, eigentlich ist ihnen das alles bekannt.

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Vorsitzender Herbert Behrens: Ja, gibt es Hin-weise darauf, dass es eben direkt auchWhistleblower gegeben hat, die diese Informatio-nen weitergegeben haben?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja.

Vorsitzender Herbert Behrens: Herr Lahl wolltedas zumindest in der letzten Sitzung nicht gänz-lich ausschließen.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Na ja, wenn mich hierabends jemand um 7 Uhr anruft, der bei einerAutomobilfirma arbeitet, dann ruft er mich nichtan, weil er mir einen schönen Abend wünschenwill, sondern natürlich bekomme ich diese Infor-mation, die dann zu dieser hohen Mängelquotevon 50 Prozent geführt hat. Also, das ist ja nichtso, dass alle Menschen in der Automobilin-dustrie diese Vorgehensweise billigen. Und des-wegen versuchen sie eben auch, über solcheWege Abhilfe zu schaffen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Vielen Dank. Daswaren meine Fragen. - Dann geht es weiter zuden Kollegen der SPD.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ach, vielleicht nocheine kleine Ergänzung: Das bekommen Sie natür-lich nur, wenn Sie auch ein Vertrauensverhältnisherstellen. Wenn Sie den Verdacht nur erweckenwürden, dass Sie dies nicht vertraulich behan-deln - - Es gab einen Vorgesetzten von mir, derwollte diese Informationen von mir haben. Ichhabe sie ihm nicht gegeben, weil ich hatte ebenzugesagt, die nicht weiterzugeben. Er hat behaup-tet, das wäre ja keine von mir, sondern ein Ge-heimnis, was dem UBA gehören würde. Ich habemich geweigert. Also, das sind Dinge, wo ichsage: Da muss man Vertrauen aufbauen, dass dieGegenseite auch weiß, dass sie geschützt wird,und zwar absolut. Und das ist eine Frage, diedauert eben. Wenn jemand neu im Amt ist, be-kommt er diese Anrufe abends nicht.

Vorsitzender Herbert Behrens: Die SPD ist an derReihe.

Kirsten Lühmann (SPD): Ja. - Ich will da weiter-machen bei dem, was Sie vorliegen haben mit der

wahnsinnig kleinen Schrift. Ich habe, wie gesagt,ein iPad, ich kann mir das großziehen.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich kann es schon le-sen.

Kirsten Lühmann (SPD): Und zwar haben Sie, alswir gefragt haben: „Eine Zykluserkennung, wosteht denn - das war das auch, was der KollegeMüller gefragt hat - das direkt?“, mit Englischund Deutsch gemeinsam geantwortet. Sie habengesagt: Da steht drin: Defeat Device ist verboten. -„Defeat Device“ ist Englisch, und „ist verboten“ist Deutsch.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja.

Kirsten Lühmann (SPD): Wir haben jetzt malbeide Versionen uns angeguckt, also den Arti-kel 5 einmal in Englisch - da steht etwas von De-feat Device -, und wenn ich mir den Artikel 5 aufDeutsch angucke, steht da etwas von Abschalt-einrichtung.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Genau. Das ist leidernicht genau das Gleiche. Also, es ist oft so, dassSie Begriffe übersetzen. Ich habe - - Deswegen be-nutze ich immer das Englische, weil ich auch da-mit mehr arbeite. Es ist leider keine exakte Über-setzung. Das Wort „Defeat Device“ hat eine an-dere Bedeutung als das Wort „Abschalteinrich-tung“. Es ist leider so, dass die Übersetzung nichtdie gleiche Sache wiedergibt. Es gilt in Brüsseldann bei solchen Fragen, dass die Originalspra-che die entscheidende Sprache ist für die Ausle-gung.

Kirsten Lühmann (SPD): Also, wir haben zweiSachen gemacht: Wir haben einmal das Wort„Defeat Device“ durch einen Übersetzer gegeben,und da kommt genau „Abschalteinrichtung“raus, nichts anderes. Und außerdem gibt es in derRichtlinie einen Artikel 3, da gibt es Legaldefini-tionen. Es ist immer ganz schön, wenn ein Ge-setzgeber Legaldefinitionen macht. Und in derLegaldefinition steht drin, dass eine Abschaltein-richtung eine Abschalteinrichtung ist, also eineEinrichtung, die erkennt in der Motorsteuerungund bei gewissen Parametern - Temperatur, Höheoder sonst was - die Abgaseinrichtung abschaltet.

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Zeuge Dr. Axel Friedrich: Oder ihre Wirkungvermindert.

Kirsten Lühmann (SPD): Oder ihre Wirkung ver-mindert.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Aber ich würde - -

Kirsten Lühmann (SPD): Also ist es eine Ab-schalteinrichtung.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Nein, ich würde dasWort anders übersetzen: „Umgehungsmaß-nahme“. Ich habe ja gesagt, die Übersetzung istnicht das, was ich und die Amerikaner unter„Defeat Device“ verstehen. Leider ein Problem,was wir manchmal haben bei solchen techni-schen Fragen.

(Zuruf des Abg. Arno Klare(SPD))

Kirsten Lühmann (SPD): Entschuldigen Sie, wirbeziehen uns nicht auf die Übersetzung, sondernwir beziehen uns auf die Begriffsbestimmung ausArtikel 3 der Richtlinie.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich weiß.

Kirsten Lühmann (SPD): Das wissen Sie.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja.

Kirsten Lühmann (SPD): Und da ist „Abschalt-einrichtung“ definiert. Und zwar steht da - ichlese es einfach mal vor; wenn es nicht stimmt,dann können Sie das berichtigen -: Eine Ab-schalteinrichtung ist

ein Konstruktionsteil, das dieTemperatur, die Fahrzeugge-schwindigkeit, die Motordrehzahl…, den eingelegten Getriebegang,den Unterdruck im Einlasskrüm-mer oder sonstige Parameter er-mittelt, um

- Entschuldigung -

die Funktion eines beliebigenTeils des Emissionskontrollsys-tems zu aktivieren, zu verändern,zu verzögern oder zu deaktivieren,wodurch die Wirksamkeit desEmissionskontrollsystems unterBedingungen, die bei normalemFahrzeugbetrieb

- das hatten Sie ja vorhin erwähnt -

vernünftigerweise zu erwartensind, verringert wird;

Das ist eine Abschalteinrichtung, also eine Ein-richtung, die unter bestimmten Parametern dieAbgasreinigung abschaltet.

Wir hatten aber gefragt nach einer Zykluserken-nung. Und da haben Sie gesagt: In dieser Richtli-nie steht drin, dass auch eine Zykluserkennungfalsch ist. „Defeat Device“ kann nicht „Zykluser-kennung“ sein. - Und wir suchten - und da binich jetzt wieder bei dem Kollegen Müller - nochdiese Textstelle.

Warum hacken wir da so drauf rum? Ich möchtees auch kurz erklären: Sie haben in Ihrem State-ment einmal gesagt: „Das ist eindeutig rechts-widrig“, und wir haben mehrfach nachgefragt -auch mit Zitaten -, dass Ihre Kollegen oder einKollege aus dem UBA - und ich sage gleich nochein anderes Zitat aus dem UBA - gesagt haben:Na ja, so eindeutig ist es ja nun nicht. - Insofernist meine Frage: Bleiben Sie dabei, obwohl wirnun gesagt haben: „Wir finden hier auch in derLegaldefinition in der deutschen Version nichts,was darauf hindeutet, dass eine Zykluserkennungper se ohne eine weitere Folge illegal ist“, dassdas eindeutig illegal ist?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Wir erkennen ja Zyk-luserkennung nur, wenn wir diese Auswirkungenerkennen. Sonst würden wir ja gar nicht nach su-chen. Also, von der Seite ist diese Konsequenz:Ich brauche eine Zykluserkennung, um eine sol-che - - Und ich sage noch mal: Die Übersetzungist leider keine gute; sie müsste eigentlich „Um-gehungsmaßnahme“ - - Auch wenn Sie die Defi-nition noch mal vorlesen: Wenn Sie die wörtlich

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nehmen, heißt das eigentlich „Umgehungsmaß-nahme“ in Deutsch. Es ist definiert worden so,indem man die Übersetzung so definiert, wie dieWortübersetzung ist. Das macht keinen Sinn. Esist eine „Umgehungsmaßnahme“. Und das ist imEnglischen „Defeat Device“. Deswegen also - - Esist leider so, dass man hier eine Übersetzung ge-macht hat, und die hat man erklärt mit einerÜbersetzung einer Übersetzung. Und das machteigentlich keinen Sinn. Aber unabhängig davon:Wenn ich - -

Kirsten Lühmann (SPD): Wir reden von einer Le-galdefinition. Ich stelle also noch mal fest: Wirhaben gefragt: Wo finden wir in der Richtlinie einVerbot von Zykluserkennung, dass eine Zykluser-kennung eindeutig rechtswidrig ist? - Und bis jetztkonnten Sie - - Wir haben ja noch ein bisschenZeit; vielleicht finden Sie ja noch den Teil derRichtlinie, wo das eindeutig verboten ist. - Das istes nicht.

Und ich stelle Ihnen jetzt die zweite Frage. HerrSchmied, also auch vom UBA, hat in einer Ver-nehmung gesagt - - Es ging da um den Abschluss-bericht vom Verkehrsministerium. Er sagte - - Daging es darum, ob das UBA diesen komplettenAbschlussbericht teilen würde. Und da sagte er:Na ja, fast immer, aber in einem Punkt nicht.

So, und in dem Bericht steht na-türlich mehr oder weniger drin,dass über diese Prüfungen, diedurchgeführt wurden,

- er meinte dort Real Driving Emission -

Manipulationen bei den anderenHerstellern ausgeschlossen sind.Das ist der einzige Punkt, den wirals UBA anders sehen, und zwareinfach aus dem Grund, weil, wiegesagt, wir machen ständig Real-emissionsmessungen, und mankann nicht einfach von den Real-emissionsmessungen Rückschlüs-se ziehen, ob manipuliert wurdeoder nicht.

Das ist das, was uns bis jetzt alle Zeugen gesagthaben: Selbst bei einer Real Driving Emission

kann man es verhindern, aber man kann es nichtvermeiden; man braucht noch zusätzliche kon-krete Anhaltspunkte, wo man dann nachguckenkann. - Und die anderen Zeugen haben uns ge-sagt: Wenn es dann solche Anhaltspunkte gab,dann hat man den Hersteller gefragt, und er hates abgestellt. - Das haben Sie uns hier auch beider Nachbesserung der Höhenabschaltung gesagt.

Also, jetzt noch mal die Frage, die auch der Kol-lege Müller, glaube ich, gestellt hat: Wo habenwir die belastbaren Hinweise und wem konkrethaben Sie mitgeteilt, dass eindeutig illegale Ma-nipulationen im Gange sind, denen dann eine Be-hörde nachgehen müsste? Wem konkret? Sie ha-ben ja gesagt, Sie haben das auf Fluren ganz vie-len gesagt. Ich sage mal: Drei, vier Namen wür-den mir reichen, damit wir die dann dazu hörenkönnen.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja, wie gesagt, ich habedas auf Kongressen, wo, also, Hunderte von Leu-ten da waren, dargestellt - Hunderte -, und auchVertreter von Ministerien. Ich weiß nicht mehrgenau, wer alles da war, aber auf solchen Kon-gressen trifft sich die gesamte Branche. Und ichkann Ihnen noch mal aus der Erinnerung einenFall in Stuttgart - es muss 2008 gewesen sein -,wo es um den Fall mit dem Abschalten der Licht-maschine ging - - und eben ganz klar gesagt habe:Das ist illegal, eindeutig illegal. Und das wurdebestritten, auch vom Ministerium bestritten: Daswäre nicht bewiesen, dass es illegal ist. Ich kannnur sagen: Wenn ich was mache, was im realenLeben nicht geht, dann ist das nach meinerAnsicht eindeutig nicht legal. Vielleicht kannman - -

Kirsten Lühmann (SPD): Wer hat das bestrittenvom Ministerium?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Man hat ja nicht ver-folgt - ich habe es ja berichtet -, man hat nichtsgetan. Hätte man das als illegal angesehen, hätteman ja die Zulassung überprüfen müssen. Das istnicht geschehen.

Kirsten Lühmann (SPD): Also, dann noch malmeine Frage: Wem konkret haben Sie es gesagt,

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der dann es entweder nicht weitergegeben odernichts getan hat?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Es wird ans Fachrefe-rat im BMU berichtet, und dann wird es norma-lerweise auch weitergegeben ans Verkehrsminis-terium, aber das weiß ich nicht in jedem Fall, obdas geschehen ist. Also, es ist ja so: Alle die Be-richte, die wir gemacht haben, sind immer ansBMU und später dann auch ans BMWi gegangen,BMV gegangen.

Kirsten Lühmann (SPD): Die haben wir alle inunseren Unterlagen nicht gefunden. Können Siedas erklären?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Tja. Also, unsere For-schungs- -

Kirsten Lühmann (SPD): Das würde ja heißen,dass die Vollständigkeitserklärungen der beidenMinisterien nicht korrekt sind.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Unsere Forschungser-gebnisse wurden immer an das Ministerium ge-liefert, logischerweise. Also, ich kann das garnicht verhindern. Weil wenn ich es nicht mache,würde ich mich rechtswidrig verhalten.

Kirsten Lühmann (SPD): Na, es ging ja nicht umForschungsergebnisse, sondern es ging um dieAussage von Ihnen - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: In den Forschungsbe-richten waren diese Ergebnisse enthalten. Also,ich verstehe die Frage jetzt nicht. Wenn ich einenForschungsbericht liefere, wo ich über Lamb-daabschaltung berichte oder Höhenabschaltungberichte, dann ist es klar, dass die an das Minis-terium für Umwelt und Ministerium für Verkehrgehen. So. Und das ist dann die Aufgabe der Mi-nisterien, entsprechende Schlussfolgerungendraus zu ziehen.

Und wir haben eben auch ganz klar erklärt, dasszum Beispiel die Abschaltung beim PT Cruiserrechtswidrig ist nach unserer Ansicht.

Kirsten Lühmann (SPD): So, und an wen ist dasjetzt gegangen? Weil wir müssen es ja nachvoll-ziehen können.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Das geht ans - - Wiehieß das Fachgebiet noch, Fachreferat noch da-mals? Weiß ich nicht mehr genau, wie es hieß.Damals war, glaube ich, Herr Knobloch der Refe-ratsleiter, ich glaube, auch jetzt aus der Erinne-rung. Ich weiß nicht genau, wann er gegangen ist.Es muss um die Zeit gewesen sein.

Vielleicht noch mal zum Thema Zykluserken-nung. Eine Zykluserkennung fällt nur dann auf,wenn ich veränderte Emissionswerte bekomme,sonst erkenne ich sie nicht. Ich kann ja nicht indie Software reinsehen. Ich kann nur erkennen,ob eine Abweichung dieser Emissionswerte auf-tritt, die nicht zu erklären ist. Also, wenn ichzum Beispiel eben bei einer Temperatur über30 Grad deutlich erhöhte Werte finde oder, wennich eben einen Warmstart mache, deutlich er-höhte Werte finde oder wenn ich eben unter an-deren Bedingungen erhöhte Werte finde, dienicht plausibel sind, erst dann kann ich vermu-ten, dass eine Zykluserkennung vorhanden ist.Sonst erkenne ich sie ja gar nicht. Ich kann sie jagar nicht sehen sonst, weil ich habe ja keinenEinblick in die Software. Ich mache eine indi-rekte Entdeckung, um zu erkennen, ob der Her-steller Softwareabschaltung einsetzt.

Zum Beispiel dieser Fall mit der Lichtmaschine:Wenn ich dann feststelle, dass der Warmtest hö-here CO2-Emissionen hat als der Kalttest - wasphysikalisch widersinnig ist, weil normaler-weise, wenn Sie warm starten, haben Sie wenigerVerbrauch -, dann kann ich feststellen, dass hierder Verdacht vorliegt, eine Zykluserkennungdurchzuführen. Und das ist die gleiche Last, glei-che Fahrdynamik, gleiches System, und da kannman nicht erklären, warum die Verbräuche dannnoch ansteigen; denn normalerweise ist der Kalt-start etwa 10 bis 15 Prozent besser als der Warm-start - der Kaltstart. Das ist physikalisch genauumgekehrt. Und das können Sie nicht erklären,wenn Sie nicht erkennen, dass ein Zyklus vor-liegt.

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Kirsten Lühmann (SPD): Das ist richtig, aber Siehaben gesagt: Die Zykluserkennung ist illegal.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Wenn Sie - -

Kirsten Lühmann (SPD): Wenn es eine Zykluser-kennung gibt, die keine weiteren Folgen hat au-ßer der Tatsache, -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Die erkenne ich ja garnicht.

Kirsten Lühmann (SPD): - dass sie zum Beispieldas ABS abschaltet, haben wir bis jetzt keineNorm gefunden, die das als illegal bezeichnet.Sie haben aber gesagt: Allein die Zykluserken-nung, auch wenn sie keine Folgen hat, ist illegal.Wir haben aber bis jetzt dafür - - Und, wie gesagt,wir warten da ja drauf, und der Kollege Müllerwird mit Sicherheit da noch weitermachen. Aberder Kollege Klare hat jetzt noch eine Frage.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Aber, Frau Lühmann,ohne eine Veränderung der Emissionswerte kannich eine Zykluserkennung nicht erkennen.

Kirsten Lühmann (SPD): Aber sie kann es ohneVeränderung der Emissionswerte geben.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Dann weiß ich es abernicht, dann weiß ich es doch gar nicht.

Kirsten Lühmann (SPD): Ja, aber dann kann esdoch legal sein.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Dann weiß ich es abernicht. Dann brauche ich es auch nicht anzudisku-tieren.

Kirsten Lühmann (SPD): Ja, aber dann ist es dochlegal.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Aber ich - - Wir,glaube ich, missverstehen uns bisschen.

Arno Klare (SPD): Also, es geht natürlich, HerrDr. Friedrich, auch andersrum. Ich habe hier denAbschlussbericht der Prüfungskommission - alsodie die vielen Fahrzeuge getestet hat, 54 - desBMVI vor mir liegen und bin die ganzen Werte

wirklich Seite für Seite durchgegangen, habe mirdie angeschaut. Man hat sich ja in acht Prüfver-fahren mit dem NEFZ kalt, also dem klassischen,angefangen hinten mit ganz, ganz vielen Varian-ten bis hin zu dem RDE sozusagen als dem aller-letzten Vergleich - - hat man diese FahrzeugeTests unterzogen. Und vor mir liegt jetzt einFahrzeug der Gruppe 1, das ist ein Mercedes C220 BlueTEC, 2,1 Liter, Euro-6-Fahrzeug, dasübrigens, wenn ich jetzt die klassischen Wertenehme, NEFZ kalt und RDE-Fahrt, also bei - - Ichsage jetzt die Werte nicht, weil die kann sowiesokeiner behalten im Moment. Wenn ich da sehe,gibt es einen Abweichungsfaktor von 1,8. Kannman sagen: Ist ganz in Ordnung. - So. Nicht? Istaber zumindest innerhalb der Norm, die wir imMoment gesetzt haben.

Jetzt fällt aber Folgendes auf: Bei diesem Fahr-zeug, Gruppe 1, also nachweislich keinerlei Ab-schaltvorrichtung, keinerlei Zykluserkennungs-dinge usw., hat man ja NEFZ dreimal, nein, vier-mal sogar gemessen, also einmal mit PEMS sozu-sagen, das gleiche Ding auf der Straße nachgefah-ren, das Ganze rückwärts gemacht. Dann hat maneinmal plus 10, einmal minus 10 genommen; Siekennen das alles wesentlich besser als ich. So.Bei minus 10 - also, man hat sozusagen 10 Pro-zent der Last vom Fahrzeug genommen - hatte eraber die höchsten NOx-Emissionen, und zwar umden Faktor 2 höher als bei plus 10. Ist das jetztein Zeichen für Zykluserkennung, oder was istdas?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja - -

Arno Klare (SPD): Entschuldigung, geht alsonoch weiter.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Okay.

Arno Klare (SPD): Jetzt habe ich ein Fahrzeug derGruppe 3. Das ist jetzt der klassische Golf, alsoder inkriminierte. Der hat ein ähnliches Phäno-men. Der hat bei der RDE-Fahrt in der Tat einendeutlich höheren Wert als bei NEFZ kalt. Also in-sofern kann man sagen, das ist ein Wert von 7,06sozusagen, der Faktor. Kann man sagen: Genau,das ist es, hier haben wir es ja. - Aber auch derhat den höchsten Wert, noch deutlich höher als

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bei RDE, bei dem NEFZ-Test minus 10 Prozent.Wie erklären Sie sich das? Also, das ist für michjetzt technisch nicht mehr so nachvollziehbar, essei denn, Sie sagen mir jetzt aus Ihrer hochgradi-gen Expertise, wie ich mir das erklären kann.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Das kann ich physika-lisch erklären, chemisch erklären. Das sindDinge, die für mich eben erklärbar sind. WennSie ein SCR-System haben und Sie haben einebestimmte Last eingestellt, wo das System funkti-oniert, und Sie nehmen die Last runter, sinkt dieTemperatur ab. Das heißt, die Starttemperatur fürdas SCR-System wird nicht mehr erreicht. Damitsteigen die Emissionen deutlich an. Das ist -beide Fälle sind eigentlich zu erklären - ein ganznormaler Temperaturfall.

Wenn Sie eben die Last runternehmen - Sie fah-ren weniger Last -, sinkt die Temperatur im Ab-gassystem. Und das bedeutet, wenn Sie gerade ander Kante liegen - das System funktioniert oderfunktioniert nicht -, dass das dann eine sehrgroße Veränderung der Emissionen ergeben kann.Weil normalerweise bei diesen Fahrzeugen dieSCR-Anlage nur im letzten Teil des Zyklus funk-tioniert, also nur im Auslaufzyklus. Und dannkönnen Sie eben mit einer geringeren Last dieTemperatur unterschreiten, bei dem das Fahr-zeug funktioniert.

Arno Klare (SPD): Das führen Sie dann zurückdarauf, dass - - Der Vorgang heißt ja Thermolyse.Das Wort sagt schon, dass es da um Wärme geht.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja.

Arno Klare (SPD): Das heißt, das ist völlig klar:Selbst wenn Sie das gesamte Abgasreinigungssys-tem auf Optimum gestellt haben - SCR-Kat motor-nah verbaut etc., etc. -, haben Sie das Problemder Thermolyse, dass 200 Grad - - Wenn die haltunterschritten werden, funktioniert das mit derHarnstoffumsetzung in Ammoniak nicht mehr.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Korrekt.

Arno Klare (SPD): Das heißt, Sie haben also dorteine Abschaltung des Abgasreinigungssystemssozusagen. Aber Sie haben irgendwann mal hier

in dieser Ausführung auch gesagt, das sei allesQuatsch, man könnte das von 0 sozusagen bis zurhöchsten Temperatur fahren. Höchstens minus45 Grad seien noch zulässig. Dann ist er schonlängst eingefroren, der Harnstoff, nicht?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Das war keine Tempe-raturaussage, die ich eben getroffen habe, son-dern Lastabhängigkeit. Sind zwei verschiedeneDinge. Herr Klare, wenn ich eine Temperaturab-hängigkeit habe des Katalysatorsystems, die abeiner bestimmten Temperatur, eben nur bei175/180 Grad, erlaubt, Harnstoff einzudüsen,weil sonst kriegen Sie Kristallbildung auf demKatalysator - - Das machen Sie - - vermeiden Sienatürlich, und das ist eine Frage der Temperaturdes Abgassystems, nicht der Außentemperatur.

Im anderen Fall habe ich von Außentemperaturgesprochen. Dass Sie dann natürlich, wenn SieLast draufgeben, auch bei minus 10 Grad eineausreichende Abgastemperatur bekommen, isteine andere Aussage. Die beiden Aussagen sindbeide kongruent.

Arno Klare (SPD): Wenn das eine physikalischeGesetzmäßigkeit ist, dann kann ich mir nicht er-klären, dass bei vielen anderen Fahrzeugen imNEFZ minus 10 Prozent genau das Gegenteil ein-tritt, bei den meisten Fahrzeugen.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja. Sie haben ja einigeFahrzeuge, die eben keine Abgasreinigung haben.

Arno Klare (SPD): Verglichen, die einen SCR-Kathaben.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja; denn dann - - Ichhabe ja schon gesagt: Das hängt davon ab, wie derHersteller das System auslegt. Wenn Sie geradean der Kante liegen, dass das System gerade imletzten Zyklusteil Umsatz zeigt, und Sie nehmendie Last runter, dann haben Sie keinen Umsatzmehr. Wenn Sie das anders ausgelegt haben, dassSie schon weiter vorne im Zyklus einen Umsatzerreichen, weil Sie sonst zu hoch in die Emissio-nen kommen, dann haben Sie auch noch Aus-weichreserve, um im letzten Teil noch Absatz - -Umsatz zu machen. Das ist physikalisch - - Das

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sind Dinge, wo ich sage: Diese Verhaltensweisenkann ich physikalisch-chemisch erklären.

Und die anderen Dinge, die ich sagte, die kannich nicht erklären. Wenn ich eben im Warmtestdeutlich höhere Werte finde, das kann ich nichterklären. Das ist physikalisch-chemisch nicht zuerklären. Das hier kann ich Ihnen erklären; dakann ich Ihnen auch die Temperaturkurven zei-gen. Kann man auch vermeiden natürlich, wennman anders auslegt. Aber das kann ich Ihnen er-klären, dass an der Stelle dies physikalisch-che-misch mit der Auslegung des Systems zusam-menhängt, ohne dass der Hersteller jetzt ganz be-wusst abschaltet. Das ist also physikalisch-che-misch auch erklärbar.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gut. - Bevor ichdas Wort an die Grünen gebe, nur ein kurzer Hin-weis: Es besteht jetzt noch mal eine Möglichkeit,sich zu versorgen. Einmal ist der Cateringwagennoch mal da. Also, wer Bedarf verspürt, hat jetztdie Chance dazu. - Dann darf ich das Wort an dieGrünen geben.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herzlichen Dank, Herr Vorsitzender. - Herr Dr.Friedrich, ich hätte noch mal eine Frage, die aufdie Abschalteinrichtungen abhebt. Es geht ja umden Artikel 5 Absatz 2. Da steht drin: Abschalt-einrichtungen sind unzulässig, und eine Aus-nahme ist der Motorschutz. - Und jetzt haben wirja gehört: Es gibt Thermofenster - ich habe denBegriff irgendwann auch mal - - was ja nichts an-deres bedeutet, als dass bei bestimmten Tempera-turen die Abschalteinrichtung abgeregelt wird.Die Frage an Sie als Techniker: Bei den Motoren,die laut Untersuchungsbericht davon betroffensind: Können Sie sich das erklären, dass das er-forderlich ist - so begründen die Automobilher-steller das ja -, aus Gründen des Motorschutzesdie Abgaseinrichtungen auszuschalten?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich werde ein schönesBespiel geben: Renault liefert Motoren an Daim-ler. Der gleiche Motor hat bei Renault eine Ab-schalttemperatur von 17 Grad, bei Daimler von10 und jetzt in Zukunft bei 5. Wieso geht es beidem einen, beim anderen nicht? Also, ich kannes nicht erklären; denn eine Abgaseinrichtung ist

nach spätestens zwei oder drei Minuten auf Tem-peratur, unabhängig von der Außentemperatur.Ich könnte nachvollziehen, wenn man sagt: Auf-grund von bestimmten physikalischen Zusam-menhängen muss ich die erste Zeit bei tiefenTemperaturen verlängern, bevor ich die Anlageaktiviere, was ich eben gerade erklärt habe mitder Harnstoffanlage. Dass das aber immer pas-siert, auch wenn ich auf der Autobahn fahre, wodie Abgasanlage nicht mehr temperaturabhängigist von der Außentemperatur, da fehlt mir einVerständnis. Ich verstehe es nicht. Ich habe diesauch mit einigen Motorentwicklern besprochen,habe gefragt, ob sie mir das erklären können.Konnte mir keiner erklären bisher. Wie gesagt, inder Anfangszeit, wenn Sie Warmlauf haben,nachvollziehbar. Bei minus 10 Grad brauchen Sielänger, um warmzulaufen, als bei plus 20 Grad.Aber wenn Sie warmgelaufen sind, die gleicheBegründung herbeizuziehen, das würde ich gernemal erklärt bekommen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, ich verstehe Sie richtig: Sie sagen, die Ab-schaltung einer Abgasreinigungseinrichtung beieiner bestimmten Temperatur per se im normalenTemperaturbereich, wie wir in Mitteleuropa ha-ben - 17, 20 Grad, 10 Grad, was auch immer -, daskann dauerhaft keine Begründung für Motor-schutz sein.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Nein. Wie gesagt,wenn Sie Harnstoff haben, haben Sie irgendwannbei minus 10 Grad, minus 15 Grad Verdunstung.Das kann man verhindern, indem man heizt.Wenn ich anfahre, muss ich erst mal ein bisschenauftauen. Aber auch das ist eigentlich kein Prob-lem. Das zeigen ja auch die Lkw, bei denen jaeine Vorschrift ist, dass die Systeme bis minus15 Grad funktionieren müssen. Da funktionierensie ja auch. Wieso hat das Problem kein Lkw? DieFrage hätte ich gerne mal an die Sachverständi-gen gestellt, die falsche Aussagen hier gemachthaben. Ich verstehe es nicht.

Wie gesagt: Für die Anfangszeit, wenn das Dingwarmläuft, nachvollziehbar, dass es länger dau-ert, wenn ich bei minus 10 Grad anfahre als beiplus 20 Grad. Aber wenn das Fahrzeug warmge-fahren ist, wieso dann die Reaktionen auf dem

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18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 122 von 153

Kat jetzt weiter abhängig von der Außentempera-tur sind, kann ich als Chemiker Ihnen nicht er-klären. Ich verstehe es nicht. Wie gesagt, dieTemperatur im Abgassystem ist nicht abhängigvon der Außentemperatur, sondern nur von deraufgegebenen Last. Und deswegen ist diese Erklä-rung für mich nicht plausibel.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Jetzt haben uns die anderen Zeugen, auch dievom Kraftfahrt-Bundesamt und andere, gesagt:Thermofenster, also, da wussten wir nichts von,dass so - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Gab es ja auch nicht.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wäre es - - Also, verstehe ich die EU-Richtlinierichtig, dass eigentlich es erforderlich ist, dassman, wenn man jetzt Motorenschutz geltendmacht und sagt: „Ich habe da eine Abschaltein-richtung, weil mein Motor braucht das“ - - dassich dann das bei der Typengenehmigung angebenmüsste?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Dummerweise ist dieFormulierung an der Stelle wirklich ungenau.Also, die ist wirklich an dieser Stelle nicht so ge-nau, dass man dies direkt ableiten kann. Aber siefolgt aus der Formulierung „Normal Use“. Also,wenn ich von dem Normal Use abweiche, dannmüsste eigentlich der Hersteller erklären, warumer das tut. Also, von der Seite - - Das ist eine indi-rekte Folge, aber keine direkte Formulierung. DieFormulierung ist leider nicht so ganz klar, dass erin USA dies darlegen muss.

In den USA gibt es die Frage gar nicht. Wieso ha-ben die Fahrzeuge in den USA kein Thermofens-ter? Warum? Weil es einfach gar nicht akzeptiertwird. Da gibt es die Frage nicht. Wieso hat dergleiche Motor in den USA kein Thermofenster,aber hier hat er eins? Die Frage hätte ich gerneden Sachverständigen gestellt. Ich habe die Sa-chen gelesen in Vorbereitung, und ich sage: Ichhabe nicht verstanden, warum ein gleicher Motorin den USA kein Thermofester hat, und hier hater ein Thermofenster. Das würde ich gerne wis-sen, warum.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Haben Sie eine Erklärung für sich, warum es so - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja, natürlich: Ich habeVorteile bei der Wartung. Ich muss nicht so oft,Beispiel, die Abgasrückführung reinigen. Dassind alles reine kleine Dinge. Ist zum Beispielauch: Fahrbarkeitsprobleme, die ich kriegenkann, wo man einfach die EGR abschaltet. Auchdas wissen wir. Es gibt eine Reihe von Erklärun-gen, die aber nicht in der Emissionsgesetzgebungbegründet liegen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, ich verstehe Sie richtig: Diese auf Tempera-tur bezogenen Abschaltungen sind nicht erforder-lich, und die werden nur gemacht, um eigentlichganz andere Dinge - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ein bisschen Komfortzu erreichen. Also, wie gesagt, Sie können esganz simpel sehen. Nehmen Sie den gleichenMotor vom gleichen Hersteller, zum Beispiel vonder Firma VW in USA und hier oder BMW oderDaimler: Sie finden da kein Thermofenster. DieFrage: Warum da hier ein Thermofenster not-wendig? Gehen die Motoren alle kaputt in denUSA? Nach meinem Kenntnisstand nicht.

Also, das sind Dinge, wo ich das nicht nachvoll-ziehen kann. Wenn mir jemand so was belegt,dass die gleiche Sache in den USA gemachtwürde, würde ich es nachvollziehen können.Nur, dieses gibt es in den USA nicht, weil dieEPA und die CARB dies nicht akzeptieren. Wennjemand - - Den gleichen Passus gibt es in denUSA auch, der ist übernommen worden aus derUSA-Gesetzgebung. Es gibt nicht einen einzigenFall, den ich kenne - ich habe extra noch malnachgefragt bei EPA -, wo ein Hersteller Motor-schutz in Anspruch genommen hat, keinen einzi-gen Fall. Ich müsste echt überlegen. Warum kannman es hier machen, und in den USA geht dasnicht, beim gleichen Motor? Diese Frage hätte ichgern auch von den Herstellern beantwortet.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay. - Danke.

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18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 123 von 153

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann sind dieKollegen der CDU/CSU-Fraktion an der Reihe.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ichbin noch nicht ganz einsatzbereit,

(Heiterkeit beim Zeugen Dr.Axel Friedrich)

aber wir können die Zeit ja nutzen, dass Sie nochmal genau nachgucken, wo wir die Formulie-rung, die wir vorhin nicht gefunden haben, jetztfinden. - Die Zeit läuft.

(Zeuge Dr. Axel Friedrichsucht in den Unterlagen)

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich muss noch einmalgucken. Es gibt noch zwei, drei weitere Vorschrif-ten. Die muss ich noch mal durchgucken. Dasmache ich aber zu Hause. Ich finde es jetzt indem - - Ich weiß nicht - - Irgendwo finde ich das.Ich bespreche das mit Herrn Müller. Ich liefereIhnen das.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ja,okay. - Aber ehrlich gesagt, irgendwo ist jetztnicht so - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Nein, ich habe sie janicht alle mit mir.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ja.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Also, hätten Sie michvorher gefragt, ich müsste alle Vorschriften fin-den, dann hätte ich es gemacht. Es ist - -

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Also - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Wie gesagt: Ich bin jahier - - Ich finde sie.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Alsodarf - - Aber da finden wir es irgendwie nicht. Ichmüsste mir das Exemplar noch mal wiederholen,ja?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Kriegen Sie. KriegenSie ja wieder.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Soviel Zeit haben wir jetzt auch noch.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich habe zu Hauseauch eins.

(Zeuge Dr. Axel Friedrichübergibt Unterlagen)

- Mein Weg ist kürzer.

(Heiterkeit beim Abg.Carsten Müller (Braun-schweig) (CDU/CSU))

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Danke. - Okay, dann vielleicht noch mal aucheine Frage, die mich eben auch bei den anderenFragestellungen so ein bisschen umgetrieben hat:Es ist ja sehr häufig das Wort „rechtswidrig“ ge-fallen. Also, jetzt habe ich den Mangel ohnehin,dass ich selber Jurist bin, wenngleich auch einschlechter. Aber wenn ich so häufig das Wort„rechtswidrig“ höre oder ich feststelle, dass beianderen viele Gedanken um Verbotenes, umRechtswidrigkeit etc. kreisen, dann kommen diehäufig auf die Idee: Ach, Mensch, das zeige ichjetzt mal an. Das ist ja verboten; das zeige ich an.- Haben Sie in diesen, wie auch immer, Teilendieser Tätigkeiten - also, wir haben ja schon ge-sagt: Gespräche mit Ministerien, mal hier und daein Schreiben - - haben Sie denn vielleicht ein-fach mal gesagt: „Das ist jetzt so viel Verstoß, soviel Verbotenes, da müssen jetzt mal Strafverfol-gungsbehörden draufgucken, Polizei“?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ist leider nicht so ein-fach jetzt. Leider - - Also, auch als Jurist müssten,würden Sie es wissen: Verwaltungshandeln kön-nen Sie in der Form nicht angreifen. Wir habenes jetzt ja gemacht. Wir haben ja Klage er- - Halt,halt!

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ehr-lich gesagt, würde ich - - dem könnte ich nichtzustimmen, -

(Kirsten Lühmann (SPD):Ich auch nicht!)

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Na ja - -

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18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 124 von 153

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): - derFeststellung! Das ist falsch.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Haben wir ja jetzt auchKlage erhoben gegen das KBA, gegen die Zulas-sung von bestimmten Fahrzeugen.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Ganz kurz: Also, ja, klar - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich kann nur sagen,wie es da abgelaufen ist.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Also, ich sage mal, ich mache es mal ein bisschendeutlicher.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Gut.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Jetzt- deswegen sitzen wir ja auch alle hier - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Jetztsind wir ja sowieso alle viel schlauer.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Na ja.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Abermanchmal, habe ich ja schon mal gehört, manch-mal wusste man - - Aber einige wussten dasschon sehr frühzeitig. Und wenn man sehr früh-zeitig so einem Riesending auf den Fersen ist,dann liegt es doch auch nahe, dass man sagt:Menschenskinder, die machen alle nichts. DieGespräche verlaufen ergebnislos. Das wird in ir-gendwelche Zeitabläufe reingestellt. Die setzensich da hin und trinken ihren Kaffee aus, abertun nichts. - Bei so viel Verbotenem, wie Sie esfestgestellt haben - also vermeintlich -: Hatten Siedas mal angezeigt?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Natürlich. Wir hattenim Vorfeld, also bevor die Daten von VW veröf-fentlicht wurden, eigentlich schon eine Klagevorbereitet gehabt. Es ist uns dann Herr Winter-korn zuvorgekommen. Aber wir hatten eigentlichschon vorbereitet, eine Klage einzureichen.

Aber das Problem, was Sie haben: Sie müssenerst mal bei der Behörde eine Beschwerde einle-gen. Das Kraftfahrt-Bundesamt verlangt dann erstmal eine Widerspruchsfrist, verlängert diese Wi-derspruchsfrist. Sie legen einen Widerspruch ge-gen den Widerspruch ein, und - das kann ich sa-gen - es dauert Monate, bis Sie eine Möglichkeithaben -

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Dann bin ich - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: - vor dem Verwal-tungsgericht. Sie müssen ja vor dem Verwal-tungsgericht klagen, gegen einen Verwaltungsaktan der Stelle - - den zu beklagen. Das ist leiderein sehr langwieriges Verfahren. Also, wenn Siemir einen Rat geben, das anders zu machen, ma-che ich es gerne.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Daswäre jetzt ein bisschen schwierig, wenn ichIhnen hier einen Rat geben müsste, weil dannmüsste ich Ihnen ja eine Gebührenrechnungschreiben, und das könnte ja auch vielleicht einganz falsches Licht -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich würde Ihnen dieauch bezahlen, Herr Müller. Ich würde Ihnen dieauch bezahlen.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): - aufmein Tätigwerden werfen. Und das wollen wir janicht - beide ja nicht.

(Heiterkeit beim Zeugen Dr.Axel Friedrich)

Aber Sie - - Mit anderen Worten - also, brauchenwir nicht drumherum reden -: Sie haben also dasGanze, was Ihnen mal bekannt geworden ist - -Strafverfolgungsbehörden - - Nicht Klageschrei-ben und nicht Verwaltung, sondern Strafverfol-gungsbehörden haben Sie das beispielsweisenicht angezeigt?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Aus meiner Sicht istdas eine Aufgabe der Behörden. Es ist ein Ver-waltungstatbestand. Und so habe ich das also malals Behördenmensch gelernt, wo man gegen die - -

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18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 125 von 153

den Rechtsakt der Behörde vorgehen muss. Weildie Autohersteller sagen ja: Wir haben es geneh-migt bekommen, also ist es richtig. - Also muss - -gegen den vorgehen, der diese Genehmigung aus-gesprochen hat. Also, so verstehe ich das.

Wenn Sie mir sagen, es geht anders: Ich bin gernbereit, es fortan aufzugreifen. Also, das ist keinProblem. Ich habe also mit Juristen - ich bin jakein Jurist - mich unterhalten, und die haben mirgesagt: Dies ist der Weg, den ich zu gehen habe.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Mhm, okay. - Kann sein, aber ich hatte ebenschon gesagt: Wir unterhalten uns ja über Vergan-genes. Der Fisch ist geputzt, nicht? Also, so eineAnzeige wäre eben - - Die wäre eben vor vier Jah-ren vielleicht interessanter gewesen als jetzt.

Jetzt habe ich auch noch mal eine ganz andereFrage. Auch das hatte ich noch mal - - hatte ichin der Runde zuvor so in etwa mit diesem OpelZafira noch mal angesprochen. - Als das Verhal-ten von Volkswagen bei, sagen wir mal - - dieSchummelei von Volkswagen aufgeflogen ist, dawar es nach meiner Erinnerung so, dass die EPA,veranlasst durch ICCT, zunächst - nein - die Ur-sache für diese Auffälligkeiten nicht konkret be-nennen konnte. Die haben nur gesagt: Hier istuns was aufgefallen. - Ist da meine Erinnerungrichtig?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Die Idee, die damalswar, die wir hatten - so wie damals beim Kataly-sator -: die Fahrzeuge in den USA zu messen undzu zeigen: Da sind sie sauber, und hier sind siedreckig. Das war die Idee dahinter, warum diedrei Fahrzeuge damals in den USA gemessenwurden. Also das war die Idee dahinter.

Ich habe mir nicht vorstellen können, dass einHersteller bei den Strafdrohungen, die auch ge-rade abgewickelt waren gegen verschiedene Her-steller, das Gleiche immer noch macht. DieseVorstellung habe ich nicht geglaubt. Ich habenicht geglaubt, dass jemand so naiv oder so dreistist, auch in den USA zu betrügen.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Dashaben wir schon mehrfach allerdings auch ge-hört.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja. Das ist also, wie ge-sagt - - Weil alle haben schon bezahlt. Audi hattegerade vier Jahre vorher bezahlt. VW selber warschon 12, 14 Jahre nicht mehr dabei. Mag sein,dass das dazu geführt hat. Aber wenn ich mirjetzt Audi angucke, wo sie es auch trotzdem nochgemacht haben - -

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Aberwenn Sie jetzt schon - wenn ich Ihnen das jetztmal sage - - Wenn Sie jetzt sagen: Ich habe mirdas nicht vorstellen können - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: In den USA! Hier ja.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Achso, okay.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Hier - - Nein, ich habenur gesagt, deswegen war die Idee ja, sich alsVergleichsfahrzeuge, um den Beleg zu machen,dass drüben die Fahrzeuge sauber sind und hiereben schmutzig - - Wenn Sie den BMW nehmen:Der ist in den USA mit einer anderen Technikausgestattet gewesen als hier, und der ist da deut-lich besser als hier. Das war eigentlich die Idee:aufzuzeigen, dass wir die schlechteren Fahrzeugebekommen und drüben die guten. Das war dieIdee, warum die drei Fahrzeuge in den USA ge-messen wurden, um zu zeigen: Hier wird ebenmanipuliert. Dass dann Volkswagen etwas Pechhatte - - Dass die Verbindungen durch den ICCTüber das Board zu EPA und zu CARB sehr kurzsind, war dann etwas Pech für sie. Aber die Artund Weise, wie VW das auch gehandelt hat, inder Kommunikation - -

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Dashabe ich ja noch gar nicht gefragt, weil ich wollteja noch was anderes fragen.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja, ja, okay.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Auch da noch mal auf die Frage: Warum - - Sie

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haben uns ja hier gesagt, Sie haben das alles rela-tiv früh gewusst, und das konnte man auch allesfrüh wissen. Warum hat selbst, als es dann wirk-lich zum Schwur kam - - Wie muss ich mir dasvorstellen, dass selbst die EPA Volkswagen nichtüberführt hat? Nicht überführt hat! Denn das ha-ben wir ja gemeinsam festgestellt; da war meineErinnerung nicht verkehrt. Wie muss ich - - Wiekommt das?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Die Rechtssysteme inden USA sind anders als hier. Die EPA sagt: Wirhaben nicht die Aufgabe, dem nachzuweisen,sondern er hat die Aufgabe, nachzuweisen, dasser nichts getan hat. - Und das war die Forderung,die von der EPA an Volkswagen gegeben wurde.Das heißt, die Umkehr des Beleges: Wenn Auffäl-ligkeiten da sind, muss der Hersteller nachwei-sen, warum das so ist, und das macht die Sachedurchaus für die Behörde einfacher.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Wenn ICCT diese Unregelmäßigkeiten zunächstwahrgenommen hat und Sie sagten: „Wir wuss-ten das alles“, und Sie stehen auch im Kontaktmit ICCT und beraten hier und da und überall:Warum hat auch nicht sozusagen - - Warum hat -- Wie muss ich mir das vorstellen? Warum hatsich ICCT also diesem endgültigen Triumphverweigert und hat die nicht überführt, sondernhat eine Vermutung zunächst in den Raumgestellt? Warum ist da der - - Warum ist, wennSie sagen: „Wir wussten das alles“, der Beweisnicht bis zu Ende geführt worden?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Wie gesagt, der Weg zuEPA und CARB war da. EPA hat erst einmal dieDaten wiederholt, weil sie - genauso wie hierVerkehrsministerium - sagte: Wir können unsnicht auf Daten einer NGO verlassen; das müssenwir nachprüfen. Und das Interessante war, dasssie in Kalifornien auf der Straße den gleichenTypus gemessen hatten wie den heutigenZulassungszyklus, den sogenannten LA-4. Derheißt deswegen LA-4, weil er in Kalifornien dervierte Typus war, der gemessen wurde. Derwurde dann als Prüfzyklus für die USAausgewählt.

Und da waren die Auffälligkeiten eben so, dassdie EPA wusste: Hier ist was faul. Und dann hatman VW unter Druck gesetzt, und VW musste er-klären: Warum sind die Emissionen so hoch?Und VW hat es nicht geschafft, und da ist für dieEPA eigentlich die Sache erledigt, weil dies istdie Aufgabe des Herstellers, zu erklären, was erhier gemacht hat - und nicht umgekehrt. Bei unshaben wir leider das Dilemma, dass die Behördenachweisen muss, was der Hersteller macht. Dasheißt, wenn Sie heute sehen: Die Softwarekennt-nisse des KBA sind bei Weitem nicht ausrei-chend, um solche Fragen zu klären. Wir habenhier keine Waffengleichheit.

Wenn Sie sehen: Wenn heute eine Zulassung ge-macht wird, bekommt die Behörde 1 200 Seiten.Und wenn Sie die Zahl der Mitarbeiter, die Sie jakennen, beim KBA angucken und denken, diekönnen das auch nur ansatzweise durcharbeiten:glaube ich, das ist keine Chance. Wir haben ein-fach hier an der Stelle ein System, was falsch ist.In den USA gibt es eine Erklärung des Herstel-lers, der unterschreibt: Ich halte die Vorschriftenein. Nix mehr! EPA macht Nachprüfungen, auchnicht bei allen, sondern nur bei denen, wo sieeben glauben, die sind wichtig, und VW war zuklein eigentlich. VW hat geglaubt, weil sie soklein sind, macht keiner eine Nachprüfung. Daswar ihre Idee dahinter, weil auch die natürlichdie großen, die wichtigen Modelle prüfen, und dawaren sie der Meinung, sie kommen damitdurch.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Noch mal eine Frage: Also, jetzt gucken wir ja - -Also, Sie gucken jetzt gerade so in das Seelenle-ben von Volkswagen hinein. Woher wissen Sie,dass das die Idee bei Volkswagen war? KönnenSie - - Mit wem haben Sie - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Wenn Sie die Proto-kolle von EPA lesen, die ja veröffentlicht wordensind, finden Sie das wieder.

Vorsitzender Herbert Behrens: Aber ich denke,wir sollten jetzt gucken, dass wir nicht allzu sehrin das Seelenleben der unterschiedlichen Betei-ligten eintauchen.

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5. Untersuchungsausschuss

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Zeuge Dr. Axel Friedrich: Das ist kein Seelenle-ben. Das kann man nachlesen. Das ist kein See-lenleben.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Wirsind ja sehr dabei, auch noch mal Vermutungennachzustellen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und was derZeuge beantworten kann!

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ichhabe noch ein bisschen Zeit. - Und wir hattenjetzt ja noch mal gemeinsam versucht - den ers-ten Versuch ein bisschen erfolglos abbrechenmüssen -, die Rechtswidrigkeit der Zykluserken-nung aus der EG-Vorschrift herauszulesen. HerrDr. Friedrich, wo könnten wir denn noch malnachgucken?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich muss zu Hausenoch mal - - Ich habe zu Hause alles. Ich guck - -Ich liefere es Ihnen, Herr Müller. Also, noch mal,Herr Müller, ich finde - - Ich habe heute Morgenum 7.00 Uhr angefangen, zu arbeiten, und ich binetwas müde. Und, tut mir leid, meine Aufmerk-samkeit hat etwas gelitten jetzt.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Dasist ja bei uns nicht ganz - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich bin heute schon - -Nein, natürlich nicht. Ich habe ja nicht „nicht“gesagt, ich habe nur gesagt: Ich bin den ganzenTag in der gleichen Situation jetzt. Ich habe auchheute den ganzen Tag auch eben vorne gestandenund geredet, und es ist einfach jetzt - - Irgendwiehabe ich die Nummern nicht mehr alle im Kopf;tut mir leid. Müssen Sie mich entschuldigen.Schaffe ich einfach nicht mehr.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Okay, dann gucken wir noch mal, ob wir nochwas haben. - Vielen Dank.

Vorsitzender Herbert Behrens: Wir haben keineweiteren Fragen. - SPD-Fraktion?

Kirsten Lühmann (SPD): Vielleicht können Siedas auch nachliefern. - Ich stelle mir die gleiche

Frage wie der Kollege Müller. Wenn Sie das alleswussten und das alles weitergegeben haben unddas auch so wichtig war - und es stimmt ja: wennes tatsächlich so ist, dass Sie belastbare Beweisefür illegale Manipulation haben, ist es eine sehrwichtige Information - - warum wir das nirgendsin unseren Unterlagen finden. Darum meine ganzkonkrete Nachfrage noch. Vorhin haben Sie aufmeine Frage gesagt: Meine Berichte sind ja dannüblicherweise irgendwohin gegangen. - Ich ver-mute mal, das war die Zeit, als Herr Knobloch daentsprechend Abteilungsleiter war.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Referatsleiter.

Kirsten Lühmann (SPD): Jetzt möchte ich dasgerne mal - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Referatsleiter!

Kirsten Lühmann (SPD): Referatsleiter, Entschul-digung. - Jetzt möchte ich das mal aufdröseln:Wir haben hier den Untersuchungszeitraum ab2007. Sie haben ja gesagt, Ihre Aussagegenehmi-gung bezieht sich auch darauf. Gab es einen Be-richt in 2007, wo das drinstand, also den sie alsMitarbeiter noch, also in ihrer Eigenschaft alsUBA - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Da ich keinen Akten-zugang beim UBA habe, ist da meine Erinnerungnicht ausreichend, um eine solche Frage wahr-heitsgemäß zu beantworten.

Kirsten Lühmann (SPD): Ja, ich frage deshalb,weil wir eben einen solchen Bericht nicht gefun-den haben. Und der würde den Untersuchungs-gegenstand umfassen, und er müsste dann dasein. Darum war ich vorhin so ein bisschen irri-tiert. Das UBA hat uns eine Vollständigkeitserklä-rung gegeben. Sollten Sie jetzt sagen, Sie habenin Ihrer Tätigkeit im Untersuchungszeitraum ei-nen solchen Bericht abgegeben, der dann hätteweitergegeben werden müssen, weil das ist derganz normale Akten- - also der normale Vorgang,so wie Akten dann laufen, dann hätten wir wasmit der Vollständigkeitserklärung zu tun. AberSie sagen, Sie wissen es nicht.

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5. Untersuchungsausschuss

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 128 von 153

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Kann auch ein halbesJahr früher gewesen sein; weiß ich nur heutenicht mehr.

Kirsten Lühmann (SPD): Gut. - Haben Sie nachIhrer Tätigkeit im UBA - - Sie haben ja gesagt, diemeisten Tests haben Sie hinterher gemacht, alssie aus dem UBA raus waren. Haben Sie danacheinen Bericht gefertigt, den Sie dem UBA, demBMV - wie auch immer es damals hieß - odersonst einer Behörde zugänglich gemacht haben?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Alle Berichte, die wirbei Messungen gemacht haben, haben wir demVerkehrs- und Umweltministerium überreicht.

Kirsten Lühmann (SPD): Gut. - Könnten Sie kon-kret sagen, wann Sie welchen Bericht - - Das habeich gesagt: Das kann auch nachgeliefert werden.Ich möchte - - Bitte verstehen Sie mich: Ichmöchte es nur nachvollziehen.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja.

Kirsten Lühmann (SPD): Wenn Sie sagen, nach2007, nach Ihrer Tätigkeit, haben Sie Berichte ge-fertigt, die Sie weitergeleitet haben, und wederein Mitarbeiter, der den hätte kriegen müssen,noch in unseren Akten ist irgendein Bericht zufinden - - Darum bitte ich Sie, dass Sie uns dannnachliefern, genauso, wie Sie das nachliefern, woalso die Zykluserkennung drinsteht, dass sie defi-nitiv ohne Folgewirkung verboten ist - - dass Sieuns sagen, welche Berichte Sie wann wem gelie-fert haben.

Und dann frage ich noch mal ganz konkret: Mitwem haben Sie geredet? Auch für mich ist esschwer verständlich, dass bei einem Thema, dasfür Sie und auch objektiv betrachtet so wichtig ist- - dass Sie nicht mehr wissen, wem Sie darüberberichtet haben; denn Sie müssen ja dann auchgewartet haben, dass irgendwas passiert, weil Sieerzählen denen das ja nicht so, weil sie SmallTalk machen wollen, -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Nein.

Kirsten Lühmann (SPD): - sondern mit Ihren Er-zählungen wollen Sie ja etwas bewirken. Und

diese Wirkung ist nicht eingetreten. Also ich anIhrer Stelle hätte mich dann tierisch geärgert undhätte diese Person noch mal angesprochen oderhätte den Vorgesetzten angesprochen. Aber Siekönnen heute - -

Vorsitzender Herbert Behrens: Na gut, aber das - -Wir müssen jetzt gucken, was Herr Friedrichdazu sagen kann.

Kirsten Lühmann (SPD): Ja, ja, gut. - Also, ganzkonkret: Wem haben Sie wann das gesagt? WennSie sagen: „Es ist sehr spät, ich weiß es nicht“,bitte ich Sie auch, das nachzuliefern.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Also, Frau Lühmann,die Messwerte, die wir in Biel oder auch in Prag - -durchgeführt wurden, wurden immer anschlie-ßend den Ministerien überreicht. Also von derSeite ist das - - die Dinge, die ich als Messungenvorgenommen habe, den Bundesministerienüberreicht worden.

Kirsten Lühmann (SPD): Biel und Prag waren -entschuldigen Sie bitte, dass ich es nicht weiß -in welchen Jahren?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: 2015.

Kirsten Lühmann (SPD): 2015. Ach, das war jaunmittelbar davor.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja.

Kirsten Lühmann (SPD): Na ja, Sie haben aberdoch gesagt, dass - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Über die Dinge, die ichIhnen schon vorhin gesagt habe, -

Kirsten Lühmann (SPD): Ja.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: - über die Informatio-nen, die ich bekommen habe - - Wenn ich mit je-mandem rede, weil ich irgendwas gehört habe,mache ich doch kein Protokoll. Frau Lühmann,also tut mir leid, das kann ich Ihnen nicht lie-fern. Das weiß ich heute nicht mehr, was ich voracht Jahren mit jemandem besprochen habe. Alsodas ist ein bisschen - -

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5. Untersuchungsausschuss

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 129 von 153

Kirsten Lühmann (SPD): Nein, nein. Also, es gehtmir auch nicht darum, dass Sie von irgendjeman-dem irgendwas gehört haben. Das kann ich ver-stehen, dass Sie das nicht wissen. Darüber redenwir auch nicht, -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Doch.

Kirsten Lühmann (SPD): - sondern wir reden dar-über, dass Sie zu Beginn gesagt haben, aufgrundunserer Messungen - wo wir gerade festgestellthaben: es waren Messergebnisse, die alle anderenauch hatten; nur, Sie haben diese Messergebnisseanders interpretiert und sind auch noch einStück weitergegangen - - Also, aufgrund dieserMessergebnisse und Ihrer Erkenntnisse, die Siedaraus gezogen haben, hatten Sie belastbare Hin-weise. Wir haben gerade festgestellt, Beweise wa-ren es nicht; die hätten dann noch ermittelt wer-den müssen. Aber Sie hatten belastbare Hin-weise, die eine weitere Ermittlung notwendig ge-macht hätten, zu der Sie nicht in der Lage gewe-sen sind. Sie haben also belastbare Hinweise aufeine illegale Handlung. Und die haben Sie wei-tergegeben, und zwar nicht 2015, sondern Sie ha-ben von 2010, 2009, 2008 geredet.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich hatte von 2011 ge-sprochen. Gerade im Vorfeld - -

Kirsten Lühmann (SPD): 11, ja.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Wie wir gerade gesagthaben: die Besprechung im Verkehrsministeriumam 10.02.2011, die schon vorhin erwähnt wurde,wo wir den Vertretern des Verkehrsministeriumsklar gezeigt haben, wie hier die Daten unerklär-lich hoch sind außerhalb des Fensters desPrüfzyklus.

Kirsten Lühmann (SPD): Aber das haben ja an-dere auch getan. Dass die Daten unerklärlichhoch waren, da haben wir mehrere Zeugen. Auchbei der Feldüberwachung sind in einzelnen Fäl-len Daten unerklärlich hoch gewesen.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja.

Kirsten Lühmann (SPD): Können Sie sagen, wasbei Ihrem - - also bei dem Gespräch da am 11. -

schon am 10.02.2011 - - was Sie über diese Tatsa-che, die auch andere dem Ministerium berichtethaben, auch das UBA und das BMU - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich erinnere mich,dass ich ganz klar gesagt habe: Das ist eine Ab-schalteinrichtung.

Kirsten Lühmann (SPD): Ja. - Gibt es da irgend-welche Hinweise drauf?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Was meinen Sie jetzt?

Kirsten Lühmann (SPD): Wir haben Zeugen ge-habt, die haben uns gesagt: Da gab es unerklärli-che Werte, -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Mhm.

Kirsten Lühmann (SPD): - und wir haben mit denHerstellern darüber geredet. Unter anderem hat-ten wir ja auch diese 400-m-Sache. Das war jaauch eine Abschalteinrichtung. Also, wenn ichbei 400 m abriegele, ist das eine Abschalteinrich-tung. Das heißt, es war auch den Behörden be-kannt, dass es Abschalteinrichtungen gibt. In ei-nem Fall ist das sogar aufgedeckt worden. DerHersteller hat sich entschuldigt, hat das Ganzeverändert, und die Fahrzeuge haben den Wert er-füllt. - Sie lächeln. Ja, das kann ich verstehen. -Aber es entsprach dann den Vorschriften. Es wa-ren also die Regeln so. Muss man die Regeln än-dern!

Also auch die Tatsache, dass möglicherweise sol-che Werte aufgrund von Abschalteinrichtungenzustande kommen, war ja auch bekannt. Das hatman in dem Fall ja auch angesprochen. Es wurdeverändert. Was war jetzt also an diesem10.02.2011 das Neue, von dem Sie erwartet hät-ten, dass jetzt etwas passiert, um illegale Ma-chenschaften aufzudecken?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich hatte ja vorhinschon gesagt, dass es Messergebnisse waren beiunterschiedlichen Temperaturen, wo ein Verhal-ten aufgezeigt wurde, was physikalisch, che-misch nicht zu erklären ist. Wenn Sie die Tempe-ratur um 1 Grad erhöhen und die Emissionswertegehen nach oben, drastisch nach oben, dann habe

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ich dafür keine Erklärung, außer dass eine Erken-nung des Temperaturwertes beim Zyklus vor-liegt.

Kirsten Lühmann (SPD): Ja. Wir - - Ich bitte Sie,zu verstehen, dass wir gerne nachgucken möch-ten, ob es irgendwo Unterlagen über das Ge-spräch gibt, wie es - -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich glaube, die DUHhat ein Protokoll gefertigt. Da müssen Sie HerrnResch fragen. Es gibt ein Protokoll. - Also in mei-ner Erinnerung - ich weiß nicht ganz genau -: Esgab ein Protokoll über das Gespräch durch dieDeutsche Umwelthilfe. Aber das habe ich nicht.

Kirsten Lühmann (SPD): Durch die DeutscheUmwelthilfe?

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja.

Kirsten Lühmann (SPD): Alles klar, danke.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Das habe ich abernicht, weil ich brauchte es nicht.

Kirsten Lühmann (SPD): Ja.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Aber ich kann Ihnennoch ein paar andere Fälle nennen von Abschalt-einrichtungen, die nicht beseitigt worden sind.Aber das ist eine lange Geschichte, kann ich sa-gen.

Kirsten Lühmann (SPD): Entschuldigung, ichhabe Sie nicht verstanden.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Früher hatten wir zumBeispiel eine Vorlaufzeit von 40 Sekunden vomZyklusleerlauf. Da gab es eben eine Software vonder Firma Bosch, die genau die 40 Sekunden ent-deckt hat. Wenn die - - 40 Sekunden Leerlaufwar, ist umgeschaltet worden.

Kirsten Lühmann (SPD): Richtig. Da sind wir beider Zykluserkennung -

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ja.

Kirsten Lühmann (SPD): - und bei der altenFrage, wo steht, dass die verboten ist.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Die Emissionen sinddamit deutlich verändert worden, und das istnicht erlaubt. Und das war eines der Argumente,warum wir in Brüssel gesagt haben: Diese Formu-lierung muss eingebracht werden.

Kirsten Lühmann (SPD): Ja.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Sie kriegen keine Än-derungen in eine Richtlinie rein, wenn Sie nichtBeispiele in Brüssel vorlegen.

Kirsten Lühmann (SPD): Aber noch mal: Wenndiese Software von Bosch die 40 Sekunden er-klärt und dann feststellt: „Ich bin in einemPrüfzyklus“ - - Die Tatsache, dass es das erkennt,ist nicht verboten, sondern wenn es daraus eineFolge gibt - das ist ja das, was wir gerade - -Wenn dann aus der Folge, aus der Erkenntnis„Ich bin auf einem Prüfzyklus“ - - dass dann dieAbgasreinigung verändert wird: Das ist doch dasIllegale, aber nicht die Tatsache, dass erkanntwird, dass ich in einem Zyklus bin.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Frau Lühmann, ichhabe es vorhin schon mal gesagt: Ich kann es alsMensch, der Untersuchungen macht, nur erken-nen anhand der indirekten Wirkung. Ich kannnicht erkennen, ob er es erkennt, wenn er keineWirkung daraus zieht. Ich kann nur erkennen, ober Zykluserkennung macht, wenn ich Emissions-veränderungen sehe. Alles andere kann ich - - Ober dann noch zehnmal mehr Erkennung hat vomZyklus, das weiß ich natürlich nicht. Ich kannnur erkennen: Er hat eine Veränderung vorge-nommen.

Kirsten Lühmann (SPD): Ja. - Danke schön.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann ist die Fra-gerunde an der - - Bei den Grünen gibt es Nach-fragen? - Weitere Nachfragen der CDU/CSU-Frak-tion?

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ja. -Wir haben das eben noch mal kurz überlegt, wasSie jetzt gesagt haben. Es ist tatsächlich ja schon

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ein bisschen spät, und Sie fühlen sich etwasmüde. Und wir sind hier doch an einem relativzentralen Punkt.

Wenn sich - wir haben es eben noch einmal bear-beitet - jemand erkennbar müde zeigt und inso-fern nicht mehr vernommen werden kann, dannmüssten wir die Zeugeneinvernehmung hier andieser Stelle abbrechen, sonst bekommen wirnämlich Probleme. Insofern würde ich das anre-gen, das jetzt hier zu beenden, weil, gut, wir dür-fen eben auch niemanden hier insofern überfor-dern, weil es dann nicht mehr verwertbar ist.

(Zuruf)

Deswegen - - Wir sind ja noch auf der Suche nachdiesen verschiedenen Normen, die nachgereichtwerden sollen und vielleicht auch gefunden wer-den. An dieser Stelle würden wir allerdings da-rum bitten, dass wir mit Rücksicht auf die er-klärte Müdigkeit auch des Zeugen - kein Vor-wurf; ist ganz normal um diese Zeit - dann dieseVernehmung jetzt hier abbrechen, beenden unddann gegebenenfalls zu einer anderen Zeit nochmal fortsetzen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Ja. - Also, wennweitere Fragen vorliegen, dann kann an dieserStelle aufgrund der fortgeschrittenen Zeit dieVernehmung nicht fortgesetzt werden, und dannmüssten wir uns darüber verständigen, dass wireinen weiteren Termin finden, wo wir erneutHerrn Friedrich hier zu uns bitten, um die Zeu-genvernehmung fortsetzen zu können. - Einver-ständnis und einverständiges Nicken bei den an-deren Fraktionen.

Ach so, dann wäre noch die Frage zu klären mitden Unterlagen. Dann würde ich auch sagen,dass wir es nicht heute machen.

(Kirsten Lühmann (SPD):Müssen wir noch mal klä-ren! - Weiterer Zuruf: Kön-

nen wir prüfen!)

Herr Friedrich, dann würden wir Sie bitten, dieseUnterlagen mitzunehmen. Dann würden wir inder nächsten Zeugeneinvernahme noch mal Sie

bitten, uns die Unterlagen zu überreichen. Dannwürden wir die Sitzung dann unterbrechen, nocheinmal intern klären und uns die Unterlagen an-sehen. Das würde heute den Verlauf noch weiterverlängern. Insofern möchten wir Sie bitten, dieUnterlagen erst mal bei sich zu behalten, umbeim nächsten Mal, wenn gewünscht, vorgelegtzu werden.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Kann ich dazu noch ei-nen Kommentar abgeben, wenn ich darf? - DieseUntersuchungsergebnisse waren die Basis für denVorschlag des Umweltbundesamtes. Deswegenkann ich auch die Einwendungen des BMUBnicht nachvollziehen, dass es mit dem Untersu-chungszeitraum nichts zu tun hat.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay, das werdenwir dann beim nächsten Mal entscheiden, wennwir nach Ihrer Zeugeneinvernahme -

(Zuruf)

Zeuge Dr. Axel Friedrich: Ich hab nur gesagt: Andie Nummern kann ich mich nicht erinnernmehr.

Vorsitzender Herbert Behrens: - dann noch maldie Papiere sichten und bewerten werden.

Also, dann danke ich Ihnen erst mal für heuteAbend und bedanke mich bei Ihnen und, ja,„Wünsche Ihnen noch einen schönen Abend“,kann man ja nicht mehr sagen.

Zeuge Dr. Axel Friedrich: „Schönen Abend“ istgut.

(Heiterkeit beim Vorsitzen-den Herbert Behrens)

Vorsitzender Herbert Behrens: Ich wünscheIhnen alles Gute. - Vielen Dank.

Also, dann bitte ich, jetzt den Zeugen MarkWummel in den Ausschusssaal zu führen, damitwir den letzten Zeugen hier einvernehmen kön-nen.

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Vernehmung des ZeugenMark Wummel

Vorsitzender Herbert Behrens: Herr Wummel,ich darf Sie zu später Stunde herzlich begrüßenund um Nachsicht bitten, weil wir dann dochschon den Verlauf der Zeugeneinvernahme nichtvorhersagen können und Sie wissen, dass es auchnoch weitere Unterbrechungen im Plenum füruns als Parlamentarier gegeben hatte. Wir bittenum Nachsicht und freuen uns, dass Sie uns zurVerfügung stehen.

Über das Prozedere, Ihre Rechte, Ihre Pflichtenhabe ich Sie bereits vorhin in Gemeinschaft mitden anderen Zeugen belehrt.

Und bevor wir aber zur Vernehmung in der Sa-che kommen, muss ich Sie zur Person verneh-men. Ich bitte Sie, Ihren Vornamen, Nachnamen,Ihr Alter, Ihren Beruf und Ihren Wohnort zu nen-nen. - Bitte.

Zeuge Mark Wummel: Ja, Herr Vorsitzender,meine Damen und Herren, mein Name ist MarkWummel. Ich bin 50 Jahre alt, von Beruf bin ichIngenieur und wohne in Gelting.

Vorsitzender Herbert Behrens: Ich halte mich inVorbereitung etwas kürzer. - Sie sind über denGegenstand der Vernehmung schriftlich infor-miert worden, also wissen, worum es geht. Ichmuss nicht noch mal wiederholen, was unsereFragen in diesem Zusammenhang sind.

Sie haben dann zunächst die Möglichkeit, dassSie im Zusammenhang darlegen, was Sie überden Gegenstand der Vernehmung wissen, unddiese Gelegenheit hätten Sie jetzt.

Zeuge Mark Wummel: Ja, vielen Dank. - Ichdenke, die Materie ist so komplex, dass ich keinStatement eingangs halten möchte.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gut. - Dann stei-gen wir gleich in die Zeugenvernehmung ein.

Das Verfahren läuft so, dass ich zunächst als Vor-sitzender einige Nachfragen stellen kann, bevor

es dann in die Fragerunde geht der Fraktionenhier am Tisch.

Ich möchte Sie bitten, zunächst Ihren beruflichenHintergrund über den Beruf hinaus kurz darzu-stellen und ihre Tätigkeit im KBA im Zusammen-hang mit den Pkw-Emissionen darzustellen.

Zeuge Mark Wummel: Ja. - Ich bin derzeit als Ab-teilungsleiter „Fahrzeugtechnik“ im Kraftfahrt-Bundesamt eingesetzt, und dazu gehört als we-sentlicher Bestandteil die Erteilung von Typge-nehmigungen. Und die Typgenehmigungen wer-den hinsichtlich der Emissionen von Fahrzeugenund anderen Dingen erteilt. Insofern bin ich mitder Thematik der Erteilung von Emissionstypge-nehmigungen vertraut, und auch vom Ingeni-eurhintergrund weiß ich durchaus über Emissio-nen etwas zu sagen.

Vorsitzender Herbert Behrens: War Ihnen vordem Bekanntwerden der Manipulationsvorwürfegegen VW im September 2015 die Existenz vonSoftware bekannt, die die Rollenprüfstandsitua-tion und/oder bestimmte Fahrzyklen für denNEFZ erkennen kann?

Zeuge Mark Wummel: Nein, das war mir nichtbekannt.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und wenn Sie esjetzt aus der Erkenntnis heute heraus bewerten:Worin besteht im Hinblick auf die Zuständigkeitdes KBA als Typprüfbehörde hinsichtlich derFunktionsweise und Zulässigkeit der Unter-schied zwischen einer Rollenprüfstand- und ei-ner Fahrzykluserkennung?

Zeuge Mark Wummel: Also, das wird natürlichin der Vorschrift nicht unterschieden. Man kannsich natürlich Gedanken darüber machen. EineRollenprüfstanderkennung kann durchaus eineillegale Abschalteinrichtung sein. Man muss abersagen, dass natürlich eine Prüfstanderkennungheute bei Fahrzeugen normal ist, allein durch dasABS bzw. durch das ESP und Funktionen, dieeben melden, dass das Fahrzeug sich nicht nor-mal bewegt. Da gibt es verschiedene Sensoren,die bei einem Fahrzeug heutzutage auflaufen,wenn sie auf einem Prüfstand bewegt werden.

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Und dann wird ein inplausibler Zustand gemel-det an das Fahrzeug, und deswegen ist es heutebei - ich würde mal sagen - allen Fahrzeugen not-wendig, wenn die auf dem Prüfstand betriebenwerden, dass sie irgendwie behandelt werden.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mit welchem Ef-fekt ist diese Erkennung dann verbunden? Gehtes nur darum, zu erkennen, wenn ich auf einemRollenstand bin? Warum muss diese Abschaltau-tomatik oder die Veränderung automatisch pas-sieren?

Zeuge Mark Wummel: Nein, das Fahrzeug mussja plausibel gemacht werden. Also, beispiels-weise: Wenn Sie auf einen einachsigen Rollen-prüfstand ein Fahrzeug stellen, dann merkt dasFahrzeug sofort, dass sich die hinteren Rädernicht drehen. Die Sensorik ist da, über die ABS-bzw. die ESP-Sensorik beispielsweise, und dawird eine problematische Situation gemeldet.Das kann dazu führen beispielsweise, dass Brem-sen pre-filled werden und vorgespannt werdenund ähnliche Situationen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm.

Zeuge Mark Wummel: Aber viele Fahrzeuge lau-fen auch gar nicht richtig. Die gehen in den Not-modus.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und das muss aufjeden Fall elektronisch, also per Software, gesteu-ert werden? Es ist nicht möglich, ein Fahrzeug sozu präparieren, dass erkennbar ist, wann ich imPrüfzyklus oder in einer Prüfsituation auf einemRollenstand bin?

Zeuge Mark Wummel: Nun bin ich kein Fahr-zeugkonstrukteur, aber das würde mir jetztschwerfallen, dass man das heutzutage anders lö-sen würde als über Elektronik.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - SindIhnen diese - - Werden Ihnen denn diese Soft-wareprogrammierungen bekannt gemacht, dassdie Fahrzeughersteller sagen: „Achtung, hört zu,bevor ihr - - wenn das Fahrzeug auf dem Rollen-prüfstand geprüft wird, dann schalten sich nacheiner bestimmten Zeit diese und jene Dinge ab“?

Zeuge Mark Wummel: In der Regel wird nachge-fragt, und dann bekommt man - - Also, wir habenimmer die Informationen der Fahrzeugherstellerbekommen, was notwendig ist, um Fahrzeuge aufeinem Prüfstand in Betrieb zu nehmen.

Also, ich meine, bei Fahrzeugen, wo wir die Ge-nehmigung erteilen, ist das überhaupt kein Prob-lem, aber ich beziehe mich jetzt auch auf unsereFelduntersuchungen und die Fremdfahrzeuge,die wir nicht - - deren Typgenehmigung wir nichterteilt haben. Aber auch da haben wir stets dieInformationen erhalten.

Vorsitzender Herbert Behrens: Also auch proak-tiv? Sie haben nicht nachfragen müssen?

Zeuge Mark Wummel: Doch, ja. Man muss schonnachfragen. Das weiß der Fahrzeughersteller janicht - nehmen wir mal an, ein Fahrzeugherstel-ler aus Frankreich -, wenn wir ein Fahrzeug tes-ten, dass wir diese Daten brauchen. Das wird someines Wissens nicht bekannt gemacht. Wir ha-ben jedenfalls nachgefragt, um auch sicher zu ge-hen, dass wir vernünftige Ergebnisse messen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Ist dasKBA von 2007 bis zum Bekanntwerden der Mani-pulationsvorwürfe gegen VW im September 2015sämtlichen Typgenehmigungsvorschriften in Be-zug auf die Typgenehmigung selbst und auf dieKonformitätsprüfungen vollumfänglich nachge-kommen?

Zeuge Mark Wummel: Ja.

Vorsitzender Herbert Behrens: Ich habe ein paareinleitende Fragen bezüglich der Konformitäts-überprüfung - CoP-Q - des KBA bis September2015. - Zu der von Ihnen seit Mitte 2014 geleite-ten Abteilung „Fahrzeugtechnik“ gehört dasSachgebiet 442 “Konformitätsprüfungen (CoP-Q)“.

Das ist - - Nach Aktenlage hat dieses Sachgebietam 1. Oktober 2015 - keine zehn Tage, nachdemdas KBA nach eigenem Bekunden erstmalig vonden Manipulationsvorwürfen gegen die VW AGin Bezug auf die Abgasemissionen von Diesel-

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fahrzeugen erfahren habe - eine CoP-Q-Überprü-fung mit Schwerpunkt „Abgas Dieselfahrzeuge“bei VW in Wolfsburg durchgeführt. Die Überprü-fung wurde auf Artikel 12 der Rahmenrichtlinie2007/46/EG in Verbindung mit der VerordnungEG/715 aus 2007 und der UN-Regelung Nr. 83 ge-stützt. Das ist die Fundstelle KBA-2-1, OrdnerA 20, Blatt 90 bis 95; bezieht sich auf den Bericht442-0-1042/15.

In dem Bericht zu dieser Überprüfung heißt eszum Anlass:

Das ... KBA hat der VolkswagenAG Typengenehmigungen nach2007/46/EG erteilt. Die Volkswa-gen AG ist als Genehmigungsinha-berin verpflichtet, die Anforde-rung gemäß Anhang X der EG-Rahmenrichtlinie 2007/46/EG zuerfüllen. ...

Das KBA führte beim Genehmi-gungsinhaber Volkswagen AG aufGrund der auftretenden Nichtkon-formitäten bezüglich Abgasemis-sionen an Kraftfahrzeugen eineanlassbezogene Konformitäts-überprüfung (CoP-Q - Systemüber-prüfung) vor Ort durch.

Das ist die Fundstelle KBA-2-1, Ordner A 20,Blatt 90 bis 95, Bericht Nummer 442-0-1042/15.

Wie oft hat das KBA vor Bekanntwerden der Ma-nipulationsvorwürfe gegen VW im September2015 solche Systemüberprüfungen bei Kfz-Her-stellern in Deutschland und insbesondere bei VWdurchgeführt?

Zeuge Mark Wummel: Ich bin ich nicht ganz si-cher, ob ich richtig verstanden habe, Herr Vorsit-zender. Diese Überprüfung war ja nach Bekannt-werden, diese CoP-Q-Überprüfung, die anlassbe-zogene, nicht? Also, dort haben wir anlassbezo-gen mehrere Überprüfungen durchgeführt. Aberdas war natürlich nach Bekanntwerden der Vor-würfe.

In der Regel ist es so, dass die Fahrzeugherstellerüberprüft werden über Technische Dienste -sogenannte Technische Dienste der Kategorie C,

die auch vom Kraftfahrt-Bundesamt benanntwerden -, die diese Aufgabe der CoP-Q-Überprüfung wahrnehmen. Die Auditberichte -das sind dann ja Qualitätsmanagementaudits vonverschiedenen Bereichen -: Die werdeneingereicht beim KBA, eben bei dieser Stelle inDresden, also CoP-Q, bzw. auch derBenennungsstelle. Diese Berichte werdengecheckt und gegengecheckt - - und rausgelesen,ob alles in Ordnung ist.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm.

Zeuge Mark Wummel: Ich kann die Zahl fürFahrzeughersteller nicht konkret sagen, weil - -Ich kann da eine Zahl von der Größenordnungher benennen: Etwa 150 solcher Überprüfungenwerden jährlich durchgeführt, aber das sind dannnicht nur Fahrzeughersteller, sondern auch Tei-lehersteller oder auch Hersteller anderer Dinge,die wir genehmigen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Es interes-siert mich schon. Also, einmal zehn Tage - - Also,am 1. Oktober 2015 wird VW aufgefordert, sichdieser Konformitätsüberprüfung zu unterziehen,und meine Frage war eben: Wie selbstverständ-lich oder normal waren eben auch diese Art Prü-fungen vor dem September 2015, und, ja, wie ofthat das KBA diese Systemüberprüfungen veran-lasst?

Zeuge Mark Wummel: Also, diese Überprüfun-gen sind einmal im Jahr. Aber nicht - - Bei VW -nach meiner Kenntnis - wurden die nicht von un-seren eigenen CoP-Q-Mitarbeitern durchgeführt,sondern eben von einem beauftragten Techni-schen Dienst, einer sogenannten Zertifizierungs-stelle. Das sieht das Verfahren der 2007/46 sovor.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. - Dannnoch zur Konformitätsprüfung des KBA an in Be-trieb befindlichen Fahrzeugen - ISC - bis zum Be-kanntwerden der Manipulationsvorwürfe gegenVW. Da haben wir in den Unterlagen: Am 24. Ap-ril 2012 hat der Referatsleiter Ihrer Abteilung -das ist der Herr Sven Paeslack - auf eine Anfragevon Herrn Zierock von BMUB aus Anlass einesGesprächs der damaligen parlamentarischen

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Staatssekretärin Heinen-Esser mit Herrn Reschvon der DUH, ob es stimme, dass sich das KBAweigere, im Rahmen der in der Typenzulassungvorgelegten Konformitätsprüfung die CO2-Emis-sionen zu bestimmen, geantwortet, das KBA wi-derspreche dieser Behauptung mit Nachdruck.Die DUH sollte doch bitte ihre Behauptung mitFakten untermauern.

Zur Begründung seines Widerspruchs gegen dieBehauptung von Herrn Resch schrieb HerrPaeslack:

Die folgenden Fahrzeugherstellerwurden von uns (innerhalb derletzten 18 Monate) stichprobenar-tig überprüft: (teilweise wurdenuns die Daten aber auch im Rah-men der jährlichen Übermittlungder IUC-Daten bereitgestellt) ...

Es folgt eine Auflistung verschiedener Kfz-Her-steller, darunter Audi, BMW, Daimler, Volkswa-gen, Opel und Mitsubishi.

Meine Frage: Welche Abgasemissionen wurdenIhres Wissens nach wann bei diesen von HerrnPaeslack angeführten Stichproben des KBA je-weils überprüft?

Zeuge Mark Wummel: Da kann ich Ihnen jetztnur eine relative allgemeine Antwort geben ohneAktenstudium. Aber es ist so, dass wir im Rah-men des IC - oder IUC, wie es vorher hieß - - prü-fen wir schon seit einiger Zeit jährlich bei Unter-nehmen wie VW die Emissionsschadstoffe undauch seit einigen Jahren CO2.

Vorsitzender Herbert Behrens: Seit wann auchCO2?

Zeuge Mark Wummel: Ich bin nicht ganz sicher,aber ich würde sagen, Größenordnung: seit fünfJahren.

Vorsitzender Herbert Behrens: Seit fünf Jahren. -In einem von Ihnen an Präsident Zinke weiterge-leiteten Antwortentwurf des KBA auf eineschriftliche Frage von Frau Bärbel Höhn ist zu le-sen:

Warum hat keine Bundesbehördedie Manipulationen der VW AGbei Spritverbrauch und Stickoxi-den aufgedeckt und inwiefern willdie Bundesregierung jetzt auchprüfen, ob andere Hersteller beimSpritverbrauch Falschangaben ge-macht haben?

Da heißt es: Das KBA prüft im Jahresrhythmus

stichprobenartig die Ergebnisseder Fahrzeughersteller aus derÜberprüfung von in Betrieb be-findlichen Fahrzeugen (ISC). Zu-sätzlich zu den in der Gesetzge-bung vorgeschriebenen Abgas-emissionen werden bei den ISC-Prüfungen durch die Herstellerdie CO2-Emissionen ermittelt unddurch das KBA bewertet. ... DasKBA auditiert stichprobenartigausgewählte Motortypen im Zugedieser Untersuchungen undwohnt in solchen Fällen der Ab-gasprüfung bei.

Das ist KBA-2-1, Ordner A 112; 4.1, Blatt 49.

Zu der Darstellung warf Ihr Präsident, HerrZinke, in einem Randkommentar am 12. Novem-ber 2015 die Frage auf - Zitat -: „War das vorlie-gend bei VW auch der Fall? Wohl eher (-)“.

Herr Zinke also bezweifelt offenbar, dass dieseDarstellung im von Frau Höhn konkret angefrag-ten Falle Volkswagen den Tatsachen entspricht.Also, es war die Behauptung aus der Kleinen An-frage, und Herr Zinke widerspricht. Hat das KBAdenn im Fall von VW vor Bekanntwerden derManipulationsvorwürfe gegen VW die Messer-gebnisse der herstellereigenen Überprüfung imJahresrhythmus stichprobenartig überprüft?

Zeuge Mark Wummel: Ja, wir haben es überprüft.Ich bin jetzt auch erstaunt, dass aus dem Schrift-verkehr hervorgehen sollte, dass Herr Zinke dasbezweifelt hat. Also, das ist mir so nicht in Erin-nerung, würde mich aber irritieren. Das ist,glaube ich, ein Missverständnis.

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Also, wir waren, glaube ich, bei VW das letzteMal, bevor wir im September von dieser Ab-schalteinrichtung erfuhren, im selben Sommer,also 2015, vor Ort mit einem Mitarbeiter, der dortdiese ISC-Überprüfung mit begleitet hat.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Hat es zu-sätzlich vor Bekanntgeben der Manipulationsvor-würfe im Jahresrhythmus - - auch die CO2-Wertevon VW ermitteln lassen und bewertet?

Zeuge Mark Wummel: Ja, also, wie gesagt: Ichdenke, aus der Erinnerung sind das etwa fünfJahre. - Wie das gemacht wurde? - Das wurdeauch jährlich gemacht.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und bezüglichder Bewertung? Können Sie dazu etwas sagen,also, das Erfassen ist das eine, und das Bewertender CO2- -

Zeuge Mark Wummel: Ja, natürlich, also, es re-sultieren auch Maßnahmen daraus. Also, dasheißt, es werden auch im Falle eines Falles CO2-Werte erhöht. Ist 2015 auch der Fall gewesen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Und, ja,hat es vor Bekanntwerden der Manipulationsvor-würfe im Zuge dieser Untersuchungen - - Sinddie auditiert dabei? Und haben Sie den Abgas-prüfungen beigewohnt, oder waren es Meldungenüber Abgasuntersuchungswerte?

Zeuge Mark Wummel: Teils, teils. Also, es ist jadie Aufgabe des Herstellers, diese durchzufüh-ren, aber dennoch waren Mitarbeiter regelmäßigauch dabei.

Vorsitzender Herbert Behrens: Können Sie unssagen: Wo finden wir dazu die Dokumente in dendem Ausschuss vorgelegten Unterlagen des KBA?Das ist uns - - Können Sie uns das sagen?

Zeuge Mark Wummel: Also, das muss unter denAktenzeichen dieses Sachgebietes sein. Und dortsind dann die ISC-Prüfungen mit Dienstreisebe-richten, aus denen das hervorgeht, enthalten.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - So weiterst mal zum Einstieg. Ich bitte jetzt die Kollegender CDU/CSU um ihren Beitrag.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): HerrVorsitzender, sehr geehrter Herr Wummel, viel-leicht zunächst, in der ersten Runde, nur mal fol-gende Frage. Die hat uns eben - deswegen muss-ten Sie auch ein bisschen warten - recht intensivbeschäftigt. Wir haben das erste Mal heute gehörteine Einlassung eines Zeugen, der sagte, er habekeine Zweifel an der Rechtswidrigkeit einer Zyk-luserkennung.

Zeuge Mark Wummel: An der Rechtswidrigkeiteiner Zykluserkennung.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Waswürden Sie denn - also, wie gesagt, wir habendas heute das erste Mal gehört; deswegen hat esein bisschen länger gedauert - - Wie würden Siedenn diese Feststellung - - Was würden Sie dazusagen?

Zeuge Mark Wummel: Zunächst mal ist ja „Zyk-luserkennung“ kein definierter Begriff. Ichmüsste mir - - oder mache mir jetzt eine Vorstel-lung von diesem Begriff. Nur, wenn ich es jetztmal übersetze mit den Begriffen, die die einschlä-gige Verordnung verwendet, nämlich „Abschalt-einrichtung“, die ja verboten ist, dann, würde ichsagen: Eine Zykluserkennung kann natürlich eineAbschalteinrichtung sein - und wird sie viel-leicht auch in den meisten Fällen sein -, abergrundsätzlich ist es ja für ein Fahrzeug nicht ver-boten, einen Zyklus zu erkennen, es ist nur ver-boten, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen,die das Emissionskontrollsystem in der Wirkungvermindern.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ja,vielen Dank. Dann muss ich erst noch ein biss-chen, vielleicht bis zur nächsten Runde, darübernachdenken.

(Heiterkeit)

Vorsitzender Herbert Behrens: Die Grünen sindam Zug.

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Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja,herzlichen Dank. - Ich würde genau an dieserStelle mal nachfragen. Eben hat ein Zeuge gesagt:Er kann sich gar nicht - - Er kennt keine Begrün-dung dafür, weshalb man eine Abschalteinrich-tung, also eine Abgasreinigungseinrichtung, ab-schaltet aus Gründen des Motorenschutzes perse, also bei 17, 18 Grad. Wie würden Sie denn da-rauf gucken mit Ihrer fachlichen Sicht? Kannman mit Motorenschutz begründen, dass man perse Abgasreinigungseinrichtungen bei einer be-stimmten Temperatur abschaltet?

Zeuge Mark Wummel: Ja, grundsätzlich kannman das. Es ist eindeutig nachgewiesen imRahmen des Einsatzes der Abgasrückführungbeispielsweise, auch durch herstellerunabhän-gige wissenschaftliche Untersuchungen, dasssich Beläge bilden in Abgasrückführungssyste-men, insbesondere im Abgasrückführungskühler,insbesondere auch am Abgasrückführungsventil.Und diese Beläge entstehen durch Kondensatbil-dung, insbesondere eben bei entsprechenden at-mosphärischen Bedingungen dort, also insbeson-dere Temperatur ruft das hervor. Dann: Das Ab-gas enthält ja als Hauptbestandteil Wasser alsDampf, und dieses Wasser schwängert, sage ichmal, das Abgas. Und wenn man dieses gesättigteAbgas dann abkühlt, dann bildet sich Belag. Ins-besondere wenn dann noch die zwar geringen,aber dennoch vorhandenen Schwefelanteile imAbgas dazukommen, die aus dem Kraftstoff kom-men, ergibt sich dadurch auch ein aggressiver Be-lag, der Bauteile zerstören kann.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, ich verstehe Sie richtig: Völlig unabhängigvon der Motortemperatur, egal wie der Motor - -in welchem Zustand der gerade ist, wenn esdraußen unter 17 Grad zum Beispiel geht, dannist das eine Begründung dafür, die Abgasreini-gungseinrichtung zu reduzieren oder ganz abzu-schalten. Oder kann sein, so - -

Zeuge Mark Wummel: Es kann sein, dass daseine Begründung ist. Es ist so, dass die - - Insbe-sondere, wenn man sich das vorstellt: Das Abgas-rückführungsventil sitzt ja im Bereich direkt vordem Motor - also ich spreche jetzt von Hoch-druck-AGR; Abgasrückführung -, dann kommt

direkt die Luft aus dem Verdichter des Turbola-ders, die Außenluft, und strömt bei verschiede-nen Konstruktionen, die wir uns auch angeguckthaben, direkt auf so ein Abgasrückführungsventilund kühlt dieses Ventil eben entsprechend ab.Und an der kältesten Stelle bildet sich Kondensatund Niederschlag, dieser Belag, Verlackung - ver-schiedene Effekte, die dort eintreten.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut. Danke für die Ausführung. - Sie waren jaMitglied der Untersuchungskommission. Ichhabe jetzt auch in der Öffentlichkeit aus Kreisender Bundesregierung in der öffentlichen Kommu-nikation immer wieder unterschiedliche Begriffe:Also, manchmal ist es die VW-Kommission, dannwar es die Abgas-Untersuchungskommission - -Es gab aber nur eine Kommission?

Zeuge Mark Wummel: Ja. Der offizielle Titel istmeines Wissens „Untersuchungskommission‚Volkswagen‘“.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut. Okay. - Also, wenn da schon mal andere Be-griffe irgendwo auftauchen, ist aber die Kommis-sion damit gemeint. Es gab nicht noch eine wei-tere?

Zeuge Mark Wummel: Nein. Ist mir nicht be-kannt, nein.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut. Okay. - Mich würde dann interessieren: Wiesind Sie Mitglied dieser Kommission geworden?Wie ist das vonstattengegangen?

Zeuge Mark Wummel: Ich bin von meinem Vor-gesetzten bestimmt worden. Als verantwortlicherAbteilungsleiter, gehe ich davon aus.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Und Sie waren auch die gesamte Zeit über - -Weil wir hatten eben Ihren Mitarbeiter, da wardas ein bisschen unklar. Sie waren die ganze Zeitdabei, haben auch an den Sitzungen teilgenom-men und - - also vom ersten Tag - die existiert jaimmer noch, wenn ich es richtig sehe -, also bisheute noch?

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Zeuge Mark Wummel: Jawohl. Korrekt. Alles.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Das heißt, Sie waren auch beteiligt an der ganzenFrage „Erstellung des Berichtes“, der dann auchveröffentlicht wurde?

Zeuge Mark Wummel: Das ist richtig.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Und wir haben eben gehört: Es hat ja Messergeb-nisse gegeben zu den einzelnen Herstellern, undda finden sich im Bericht ja auch bewertendeAussagen dazu, was das bedeutet: dass sowohldie Messergebnisse mit allen Herstellern bespro-chen worden sind. Da würde mich mal interes-sieren, wie das abgelaufen ist. Sind Sie dann dahingefahren, haben ein Gespräch geführt? Washatte das für Konsequenzen?

Zeuge Mark Wummel: Also, es ist nicht mit allenHerstellern besprochen worden, die Ergebnisse,sondern wir haben eine Art Screening gemachtvon der Höhe der gemessenen Werte her, die wirin unseren verschiedenen acht Prüfungen durch-geführt haben. Und wenn eine Größenordnungvon ungefähr dem dreifachen Grenzwert erreicht- - überschritten wurde, dann haben wir mit denbetreffenden Herstellern gesprochen, um eineVorauswahl zu bilden: Wo gibt es verdächtigeDinge?

Und mit diesen Herstellern ist - - Die sind einge-laden worden, mehrere Male zum Teil. Und mitdenen sind natürlich unsere Messergebnisse ein-gehend besprochen worden. Es sind teilweiseauch nach den ersten Gesprächen weitere Mes-sungen durchgeführt worden, die dann abermalsbesprochen wurden; denn Effekte allein aus denMessungen heraus sind oft nicht erklärlich undmüssen besprochen werden mit den Herstellern,damit man sie auch verstehen kann.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Mhm. - Also, das heißt: Die Besprechungen ha-ben dazu geführt, dass es Veränderungen derMessergebnisse - - zum Beispiel durch Nachmes-sung, dass Sie gesagt haben: Das kann so nichtsein, wie ihr das gemacht habt; da muss noch mal

nachgemessen werden. - Und dann kam was an-deres dabei raus. Oder wie habe ich mir das vor-zustellen?

Zeuge Mark Wummel: Na ja, also, ich will malein Beispiel nennen: Also, wenn wir eine Mes-sung haben, die, ja, für uns nicht ganz plausibelwar - bestimmte Werte von bestimmten Fahrzyk-len waren hoch -, dann wurde auch in die soge-nannten modal aufgelösten Werte geguckt, alsoWerte, die zeitlich aufgelöst sind. Also, wir un-terscheiden Beutelergebnisse bei der Messung -das ist dann eine summarische Aufaddierung al-ler Schadstoffe über einen Zyklus -, und wir ha-ben auf der anderen Seite eine modal aufgelösteMessung, das heißt, da können wir von Sekundezu Sekunde - oder teilweise noch enger aufgelöst- sehen, wie viel NOx-Werte oder andere Werte -CO, aber auch CO2 - entstanden sind. Und diesegeben dann beispielsweise Hinweise darauf, dasseine Partikelfilterregeneration stattgefunden hat.Und das macht eine Messung ungültig.

Das sind zum Beispiel Dinge - - Das ist nicht im-mer trivial zu erkennen; dazu muss man auchwirklich - - Oder: Es ist sinnvoll, die Expertisedes Fahrzeugherstellers einzuholen. Und es istnatürlich auch notwendig, mit dem Hersteller zusprechen, wenn er nämlich Motorschutzmaßnah-men anwendet, inwieweit er diese auch begrün-den kann. Also, von daher ist es zwingend not-wendig, solche Ergebnisse zu besprechen.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Mhm. - Und dann haben Sie die Ergebnisse mitdenen besprochen, und die bewertenden Texte,die sind dann auch mit den Herstellern abge-stimmt worden für den Bericht?

Zeuge Mark Wummel: Abgestimmt worden? -Na, also, wir haben zunächst natürlich unsereTexte geschrieben und die Hersteller damit kon-frontiert, und dazu auch Stellungnahmen münd-lich, bei einigen Herstellern auch schriftlich, ein-geholt, also Texte auch verschiedenen Herstel-lern geschrieben, ja. Denn es ist auch so, dassmanche Dinge auch technisch nicht ganz klarsind. Also, die Dokumentationen in den Fahr-zeuggenehmigungen sind teilweise nicht so, dass

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man jedes Detail erkennen kann, sodass man na-türlich gerade, wenn man auf Hersteller - - oderüber Hersteller belastende Aussagen macht, na-türlich sichergehen will, dass es auch technischkorrekt dargestellt ist.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Mhm.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann ist die SPDan der Reihe. Bitte schön.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke sehr. - Wir habenvon dem Zeugen Friedrich gehört, dass er schonsehr frühzeitig belastbare Hinweise auf illegaleManipulationen gehabt hat und dass er dieseauch weitergegeben hätte. Er konnte sich nichtmehr exakt erinnern - es ist auch sehr spät -, anwen. Also meine Frage an Sie: Haben Sie Kon-takte zur Deutschen Umwelthilfe gehabt oder zuHerrn Friedrich persönlich, oder haben Sie überDritte von diesen belastbaren Hinweisen gehört?

Zeuge Mark Wummel: Also, ich habe Herrn Dr.Friedrich heute Abend im Zeugenraum erstmalskennengelernt. Und ich habe natürlich auch ver-schiedene Zuschriften von der DUH erhaltenüber die Jahre. Ich habe die auch noch mal ge-prüft, da ich natürlich auch selbst Zweifel hatte:Mensch, habe ich da was übersehen? - Ich habekeinen Hinweis bekommen konkret und persön-lich von der DUH und auch nicht von HerrnDr. Friedrich. Ich habe natürlich durchaus in denletzten Jahren davon gehört, dass Realemissionenhöher liegen als die Werte, die wir messen, aberes gibt dafür eben auch technische Begründun-gen, und von daher habe nicht auf Abschaltein-richtungen geschlossen.

Kirsten Lühmann (SPD): Herr Friedrich sagt, erhätte konkrete Hinweise gehabt, zum Beispiel,dass eine Lichtmaschine - - also, dass es eineZykluserkennung gegeben hat. Da hatten wireben schon gesprochen, dass das ja nichts Ver-werfliches ist. Das sieht Herr Friedrich anders,aber jetzt sind wir ja hier. Und er sagte, dassdiese Zykluserkennung unter anderem zur Folgegehabt hätte, dass die Lichtmaschine abgeschaltetwird, um dann zu veränderten Werten während

des Zyklus zu kommen. Haben Sie solche Hin-weise gekriegt, und wenn Sie die gekriegt hättenoder wenn Sie die gekriegt haben: Was haben Siegemacht? Sie haben ja gesagt, Sie haben mit denHerstellenden geredet. Es gab ja diese unter-schiedlichen Werte. Erste Frage war: Haben Siesolche Hinweise gekriegt, dass als Folge von Zyk-luserkennung zum Beispiel solche Abschaltun-gen passieren? Und die zweite Frage: Was hättenSie gemacht, wenn Ihnen so etwas untergekom-men wäre?

Zeuge Mark Wummel: Ja, zunächst muss ich sa-gen, das mit der Lichtmaschine und dem Thema„Abschaltung der Erregung“ ist wahrscheinlichder Punkt, der dann zu einer Verbesserung undVerringerung der Motorlast führt.

Kirsten Lühmann (SPD): Ja.

Zeuge Mark Wummel: Das ist mir bis eben neugewesen, hatte ich noch überhaupt nicht gehört.Und von Zykluserkennung habe ich natürlich ge-hört; weil VW hat eine Zykluserkennung. Unddie ist natürlich auch verboten.

Was haben wir gemacht? Ja, wenn ich jetzt soeinen Hinweis bekommen würde, würde ich na-türlich sofort Kontakt aufnehmen mit den Her-stellern, in der Regel ihn einbestellen. Und ichwürde auch, je nachdem, wie glaubwürdig odersinnhaft der Hinweis erscheint, das sicherlichmit meinen Leuten besprechen, würden wirheute auch eine Prüfung einleiten.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke. - Sie hatten jaeben schon gesagt, Sie sind Mitglied der Untersu-chungskommission gewesen. Wie haben Sie dieZusammenarbeit mit den Herstellenden zu die-sem Zeitpunkt empfunden?

Zeuge Mark Wummel: Also, ich war erstaunt,auch bei den Vorwürfen, dass die Hersteller zu-mindest uns den Eindruck verschafft haben, dasssie unsere Fragen umfangreich beantworten. Dashaben die Hersteller durchweg auch gemacht. Siehaben durchweg intensive Erklärungen abgege-ben, wenn man mal den Bogen über alles spannt.Also, insgesamt würde ich sagen: Es war eine Zu-sammenarbeit, die eher offen geprägt war. Ich

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hatte nicht den Eindruck, dass wir „hintersLicht“ geführt wurden.

Kirsten Lühmann (SPD): Nun gab es ja insbeson-dere bei einem Hersteller, bei Opel, diese soge-nannten Thermofenster. Könnten Sie uns dazunähere Ausführungen machen?

Zeuge Mark Wummel: Ja, das war auch so einBeispiel, an das ich eben dachte. Also, Opel hat,nachdem wir Messungen durchgeführt hatten, re-lativ schnell auch uns zugestimmt, dass die rela-tiv hohen Messwerte, die wir festgestellt haben,realistisch waren, nachdem sie auch nachgemes-sen wurden. Und es wurde eben dabei festge-stellt, dass die AGR insbesondere doch an sehrgroßen Thermofenstern ausge… (akustisch unver-ständlich) wurde, mit dem Hinweis auf Motor-schutz.

Kirsten Lühmann (SPD): Nun sagte Herr Fried-rich: Das ist eindeutig illegal. - Sehen Sie dasähnlich, oder sehen Juristen in Ihrem Haus dasähnlich?

Zeuge Mark Wummel: Es gab eine längere Dis-kussion und verschiedenen Schriftwechsel mitOpel zu diesem Thema, auch Sachverständigen-befragungen. Dort gab es auch schwankende Mei-nungen, je nachdem, wie tie- - also, im Verlaufeder Zeit. Es war am Ende so, dass Zweifel blie-ben, aber auch nicht sicher festgestellt wurde,dass es eine illegale Abschalteinrichtung ist.

Kirsten Lühmann (SPD): Also, Sie sagen: So ein-deutig ist es eben nicht. Es könnte sein, es könntenicht sein, aber die Richtlinie ist einfach nicht soklar, dass man da eine klare, eindeutige Meinungzu haben könnte.

Zeuge Mark Wummel: Ja, korrekt.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke. - EntschuldigenSie, dass ich noch mal zurückkomme; auch füruns ist es sehr spät. Könnten Sie kurz sagen: Siehaben gesagt: Sie haben mehrere Schreiben vonder Deutschen Umwelthilfe gekriegt. Dieses Bei-spiel mit der Abschaltung der Lichtmaschine warnicht drin. - Was hat die Deutsche UmwelthilfeIhnen dann geschrieben?

Zeuge Mark Wummel: Also, zur Abschalteinrich-tung hatte die Deutsche Umwelthilfe mir über-haupt nichts geschrieben, um das noch mal klar-zustellen. Aber es gab durchaus Kontakt mit derDeutschen Umwelthilfe. Ich erinnere mich jetztan Schreiben, wo wir gebeten wurden, Ausroll-werte herauszugeben, die die Deutsche Umwelt-hilfe verwenden wollte, um Nachmessungen zumachen. Und die haben wir dann auch gegeben,als eine der wenigen Behörden in Europa, wieich dann hinterher aus der ICCT-Studie feststel-len konnte.

Kirsten Lühmann (SPD): Also, Sie haben dieDeutsche Umwelthilfe bei Ihren Untersuchungenunterstützt.

Zeuge Mark Wummel: Ja.

Kirsten Lühmann (SPD): Sie haben nicht die Auf-forderung von der Deutschen Umwelthilfe ge-kriegt, eigene Untersuchungen zu machen, umdie Ergebnisse der Umwelthilfemessungen zu ve-rifizieren oder illegal … (akustisch unverständ-lich)

Zeuge Mark Wummel: Ja, korrekt. Allerdings:Das bezieht sich natürlich auf vor September2015; danach gab es auch - -

Kirsten Lühmann (SPD): Ja. Danke schön für dieKlarstellung für das Protokoll. Ja, das meinte ichauch. - Danke.

Arno Klare (SPD): Also, erst mal finde ich das jasehr löblich, dass Sie die Ausrollwerte weiterge-ben haben. Das ist ja ziemlich teuer, was Sie daweitergegeben haben - wobei Sie es nicht bezahlthaben natürlich, sondern die Hersteller -; dennan die Werte zu kommen, ist schon ziemlich ent-scheidend, weil danach werden die Prüfständekalibriert. Und man hat völlig andere Werte,wenn die Kalibrierung da nicht stimmt. So.

Meine erste Frage: Geben Sie mir recht, dass derNEFZ eigentlich nie dazu da war, die realen Ver-bräuche abzubilden, sondern Fahrzeuge zu ver-gleichen?

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Zeuge Mark Wummel: Da bin ich mir nicht si-cher. Ich würde eher meinen, dass der NEFZ inseinem Ursprung schon das Ziel hatte, reale Ver-bräuche zu simulieren.

Arno Klare (SPD): Also, Durchschnittsgeschwin-digkeit ist 36, nicht?

Zeuge Mark Wummel: Die höchste Geschwindig-keit ist 120.

Arno Klare (SPD): Ja, Durchschnittsgeschwindig-keit des NEFZ ist 36, also, ist nicht die - - Istnicht so ganz die reale - - Okay.

Zeuge Mark Wummel: Nein, heute sicherlichnicht.

Arno Klare (SPD): Nein. Klar. - Sie haben dieselange und große Untersuchung gemacht und habendort in acht verschiedenen Prüfverfahren dieFahrzeuge getestet. Klar, Sie haben den NEFZ kalt,also klassisch sozusagen, gefahren, Sie haben dieRDE-Fahrt gemacht, die dann so nach diesem RDE-Muster, wie es jetzt kommen wird, auch gefahrenwird. Aber Sie haben zum Beispiel auch NEFZBack gefahren, das heißt, Sie sind mit den hohenGeschwindigkeiten gestartet usw. Sie haben daseinmal mit minus 10, einmal mit plus 10 gemacht.Können Sie mir erklären, warum Sie dieseunterschiedlichen Varianten angewendet habenund was Sie damit haben feststellen wollen, alsodas Erkenntnisinteresse sozusagen dahinter?

Zeuge Mark Wummel: Ja, also, das ist - - Begin-nen wir mal mit NEFZ Back. Das ist ein Zyklus,der ja energiegleich ist zu den NEFZen, und vondaher ist es natürlich eine gewisse Aussagekraft,wenn man unterschiedliche Werte bekommt, ins-besondere wenn es sich um eine Zykluserken-nung handelt wie am Beispiel VW. Dann würdeman die dort quasi austricksen. So haben wir sieauch letztendlich nachgemessen, sogar auf demPrüfstand.

Und die Geschwindigkeitsänderungen minus 10und plus 10 deuten in dieselbe Richtung. Mankann aber auch andere Effekte daran erkennen,wie zum Beispiel thermische Effekte. Wenn wirden plus 10 fahren bei bestimmten Fahrzeugen,

wird in der Regel eine höhere Temperatur er-reicht. Da kann man eben sehen, dass die Abgas-anlage - - Abgasemissionskontrollanlage besserarbeitet. Oder bei minus 10 kann man auch dasGegenteil sehen. Beispielsweise wenn man einenUnterflurkat hat, SCR, der leicht auskühlt, dannist das zum Beispiel ein Effekt, den man da auchsehen kann. Aber letztendlich ist das auch eineMaßnahme gegen Zykluserkennung, um die aus-zutricksen, auch wenn der Energiegehalt ein an-derer ist.

Arno Klare (SPD): Danke.

Vorsitzender Herbert Behrens: Sie haben gesagt:Es ist zulässig oder Sie halten es für zulässig,dass es zu einer Abschaltung der Abgasreinigungkommt ab einer bestimmten Temperatur. Sie ha-ben es begründet damit, dass es beim Motor pas-sieren kann, wenn man das nicht macht. Nun ha-ben wir ja erfahren - - Und Sie haben dann jaauch die Temperaturen genannt: bei 17 Grad oderbei 20 bis 30 Grad, wo dann diese Abschaltungschon passiert. Wie bewerten Sie die Temperaturselber, ab der eine solche Maßnahme dann auchfunktioniert? Ist es eine Plausibilitätsprüfung,oder sagen Sie: „Das ist zulässig, weil es dann au-ßerhalb der normalen Benutzung ist“? Da würdeich ganz gern den Maßstab wissen, ab wo Siedann sagen würden: Das lässt sich nicht mehrnachvollziehen, was da passiert.

Zeuge Mark Wummel: Das ist natürlich kein all-gemein anzuwendender Maßstab, den man hiersagen kann, weil das abhängig ist von der jeweili-gen technischen Lösung, insofern immer eineEinzelfallentscheidung, die man hier treffenmuss. Es ist natürlich abhängig von der techni-schen Ausführung des Motors, der gesamten An-lage, der Abgasanlage, und es ist letztendlichauch eine Frage: Wie kann ein Hersteller Scha-densfälle darstellen? Wenn es um Motorschutzgeht, geht es ja auch darum, dann nachzuweisen:„Haben wir hier ein Problem oder nicht?“, solcheDinge nachzufragen, aber auch Entwicklungennachzufragen. Denn es ist ja schon so, dass dieAbgasrückführung eine recht lange historischeGeschichte hat. Seit - ich weiß nicht - 15 Jahrenwird es angewendet, und die Systeme werdenweiterentwickelt und werden immer besser. Man

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hat ja in den Jahren um 2004 herum, sage ichmal, unheimlich hohe Schadensraten gehabt beiAbgasrückführungen, und die sind dann vonHersteller zu Hersteller heute doch deutlich ge-ringer geworden. Und auch solche Dinge mussman sich natürlich angucken, um zu sehen: Isthier leichtfertig nur eine Motorschoneinrichtunggemacht worden, oder ist es wirklich eine Motor-schutzeinrichtung?

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Und daswird Ihnen richtig nachgewiesen und auch be-gründet vorgestellt, warum es beispielsweise beieiner bestimmten Temperatur zu einer Abschal-tung der Abgasreinigung kommt?

Zeuge Mark Wummel: Ja, mal mehr, mal weni-ger.

Vorsitzender Herbert Behrens: Was meinen Siedamit: „Mal mehr …“?

Zeuge Mark Wummel: Ja, es gibt Hersteller, diedas weniger deutlich machen können als andere.Und insofern bleiben bei manchen Zweifel undbei anderen eher keine Zweifel.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und wenn beiIhnen relativ große Zweifel sind, wie verfahrenSie dann?

Zeuge Mark Wummel: Also, wenn große Zweifelsind, dann gibt es eben die Möglichkeit: Erstenshaben wir solche Fahrzeuge in der Regel in die - -Nein, nicht in der Regel, wir haben diese Fahr-zeuge in die Gruppe II eingestuft in unserer Un-tersuchung. Und wir haben auch dann, wenn esunsere Genehmigungsinhaber waren, noch maldeutlich versucht, auf diese Genehmigungsinha-ber hinzuwirken, dass dort Verbesserungsmaß-nahmen doch notwendig scheinen. Und die sind- ja, zumindest bei unseren Genehmigungsinha-bern - in dem Fall auch freiwillig angeboten wor-den.

In anderen Fällen, wo wir die Genehmigungnicht selbst erteilt haben, haben wir die zuständi-gen Genehmigungsbehörden auch darauf hinge-wiesen, dass wir Zweifel haben.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Und dannnoch mal eben eine Nachfrage, ob ich Sie da rich-tig verstanden habe, und zwar sagten Sie - sohabe ich es gehört -, Zykluserkennung sei verbo-ten, Rollenstandsprüferkennung jedoch nicht,weil - -

Zeuge Mark Wummel: Nein, nein, ich glaube, ichhabe nicht gesagt, dass Zykluserkennung per severboten ist, -

Vorsitzender Herbert Behrens:Dann habe ich Sie - -

Zeuge Mark Wummel: - weil ich das Wort „Zyk-luserkennung“ - - Wie gesagt, das muss ich ei-gentlich erst mal zum Bewertungsmaßstab derVerordnung hin übersetzen. Einen Zyklus zu er-kennen, sage ich mal, ist, solange das Emissions-kontrollsystem nicht angefasst wird, erst mal un-problematisch, aber, natürlich, wenn man einenZyklus erkennt - - Wozu soll das gut sein? Wennich dann abschalte, ist er natürlich verboten.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Und wiewürden Sie das dann definieren, Zykluserken-nung? Was beinhaltet das alles aus Ihrer Sicht?

Zeuge Mark Wummel: Also, aus meiner Sicht,wenn Sie „Zykluserkennung“ sagen - das istnicht definiert in der Vorschrift -, dann denke ichaber an die klassische VW-Abschalteinrichtung, -

Vorsitzender Herbert Behrens: Ach so.

Zeuge Mark Wummel: - die eben Zeit und Weggemessen hat und die dann für Abschalt- -

Vorsitzender Herbert Behrens: Ja. - Nein, in mei-ner Frage ging es darum, ob irgendwo dann auchaufgelistet ist, was möglicherweise dazu gehört.

Zeuge Mark Wummel: Nein, da ist mir nichts be-kannt, was das auflistet. Also, in den Vorschrif-ten ist so was nicht enthalten.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann hätte ichnoch eine konkrete Nachfrage hinsichtlich derEinsichtsmöglichkeit in die Motorsteuerungssoft-ware. Und ich beziehe mich dabei auf Kleine An-

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fragen, die hier bei uns im Hause eine Rolle ge-spielt haben. Auf die schriftliche Einzelfrage Nr.11 177 der Abgeordneten Renate Künast, weshalbdie Prüforganisationen wie der TÜV Nord - Zitat -

keinen Einblick in die Motorsteu-erung und die dort verbaute Soft-ware nehmen können, um etwaigeSoftware entdecken zu können,die falsche CO2-Werte angibt ...

hat das BMVI geantwortet:

Ein Einblick in die Motorsoftwareist dem Technischen Dienst oderder Typgenehmigungsbehörde aufbegründete Nachfrage bereitsheute im Rahmen der Typgeneh-migung möglich.

Das ist KBA-2-1, Ordner A 114, 5.1, Blatt 293.

Nun hat der Vorstandsvorsitzende des TÜVNord, Herr Rettig, dagegen im Interview mit derZeitung Die Welt am 23.11.2015 auf die Frage:

Warum fällt die von VW genutzteTrick-Software zum Verschleiernder wahren Stickoxid-Werte einerUS-Umweltbehörde auf, nichtaber dem deutschen TÜV?

gesagt, man habe - Zitat -

leider gesetzlich keinerlei Mög-lichkeit, Einblicke in die Motor-steuerung und die dort verbauteSoftware der Fahrzeuge zu neh-men. Aus diesem Grund hattenunsere Sachverständigen keineChance, die Manipulationen beiStickoxiden von Dieselfahrzeugenzu erkennen. … Wir haben jahre-lang darauf hingewiesen, dass dieMotorsoftware Teil unseres Prüf-auftrags werden muss. Ohne Er-folg.

Das ist die gleiche Quelle, allerdings auf Blatt 34.- Was stimmt denn nun aus der Sicht des KBAals gesetzlich zuständiger Behörde für Typgeneh-migungen? Stimmt die Antwort der Abgeordne-ten Künast oder die Aussage des TÜV-Chefs?

Zeuge Mark Wummel: Ach, ich würde sagen: ImGrunde stimmen beide. Auflösen kann ich dasinsofern: Basis unserer Antwort ist der Artikel 7der 2007/46, die es eben möglich macht, in be-gründeten Fällen solche Dinge abzufordern. DerTechnische Dienst kann dies natürlich nichtohne die Genehmigungsbehörde, das heißt, ermuss eben, wenn so ein Grund vorliegt, einenentsprechenden Auftrag von der Genehmigungs-behörde bekommen, und er muss dazu auch tech-nisch in der Lage sein. Das weiß ich jetzt nicht sosicher beim TÜV Nord, ob das möglich ist. Dasist nicht trivial, aber vom rechtlichen Konstruktist es bei vorliegenden Gründen möglich.

Vorsitzender Herbert Behrens: Also, angewiesenhätte dann der TÜV, vorausgesetzt, die techni-schen Möglichkeiten bestehen - - gehabt, in dieMotorsteuersoftware reinzuschauen.

Zeuge Mark Wummel: Ja, genau, so würden wirdas beurteilen, obwohl wir es nicht gemacht haben,weil wir auch keinen Grund hatten bis jetzt - - er-kannt haben, leider.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann möchte ichSie fragen: Wenn es diese Möglichkeit eben gab,wie oft ist denn diese Maßnahme angewendetworden? Wo haben Sie sich die Motorsteuerungs-software angesehen?

Zeuge Mark Wummel: Ich hatte es dann imNachgang schon gesagt: Wir haben es nie ge-macht. Wir hatten keinen Grund.

Vorsitzender Herbert Behrens: Nie gemacht. Achso.

Zeuge Mark Wummel: Ja. Wir sind auch jetzt da-bei, erst mal dieses technische Know-how aufzu-bauen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Danke sehr. - DieFragerunde geht an die CDU/CSU.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ja,Herr Wummel, noch mal eine ganz kurze weitereFrage: Wir haben Herrn Paeslack vorhin gehört,und aus verschiedenen Unterlagen der Vorberei-tung kamen wir dann eben darauf - - haben wir

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eben auch mit ihm diese VW-Kommission kurzerörtert. Sie haben gesagt, Sie sind dort Mitglied.Mich würde jetzt noch mal Folgendes interessie-ren: Aus den uns bekannten Unterlagen wissenwir, dass Volkswagen in dieser VW-Kommissiongestanden hat, also etwas eingeräumt hat, einenauch vom KBA festgestellten Verstoß fürDeutschland jedenfalls eingeräumt hat. Was ge-nau hat denn Volkswagen eigentlich in dieserKommission nun eingeräumt?

Zeuge Mark Wummel: Also, VW hat uns zu-nächst mal erklärt, wie die - und an der Stellesage ich bewusst - Zykluserkennung funktioniert.Und entsprechend haben wir bewertet, dass essich dabei um eine verbotene Abschalteinrich-tung handelt. Wir haben dies auch per Bescheidfestgestellt. Und diesem Bescheid wurde auchnicht widersprochen; er ist rechtskräftig.

Von VW-Mitarbeitern gab es verschiedene Einlas-sungen, die ich auch nicht immer auseinander-halten konnte: Ist es eine verbotene Abschaltein-richtung oder nicht? Das ist sicherlich aber auchmit diesem komplizierten Wording zu erklären.Wenn jemand von einer Abschalteinrichtungspricht, dann denken vie- - oder: In der Regeldenkt man dann an die verbotene Abschaltein-richtung, aber es gibt natürlich auch welche, dieerlaubt sind, weil eine der Ausnahmen ausArtikel 5 II genutzt wird.

Ich weiß aber, dass der entsprechende Konzern-jurist zumindest recht bald gesagt hat, dass essich, auch nach Vorlage eines Rechtsgutachtens,nach seiner Ansicht um keine verbotene Ab-schalteinrichtung handelt.

Dennoch: Wir haben es als Bescheid - - als Ver-waltungsakt festgestellt, und dem wurde nichtwidersprochen. Und er ist, wie gesagt, rechtskräf-tig. Also, für uns ist die Sache dort klar.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Gut.- Das war es in dieser Runde erst mal.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Dannmöchte ich ganz gern eine weitere Geschichteversuchen aufzulösen, und zwar, was die Zusam-menarbeit KBA mit der Zertifizierungsstelle TÜV

Nord und die Rolle des Technischen Dienstes be-trifft. Auch da haben wir in unseren UnterlagenHinweise auf entsprechenden Mailverkehr undBriefwechsel. In einem vom BMUB erbetenenKonzeptentwurf für eine umfassende Feldüber-wachung aus langer Zeit, aus dem Jahr 2008, be-nennt das UBA konkrete Kritikpunkte an der da-maligen Praxis der Feldüberwachung. Hierzuzählt das UBA, dass die Hersteller zu stark in dieKontrolle der in Betrieb befindlichen Kfz einge-bunden sind. Auch befänden sich die nationaleTypprüfung und akkreditierten Prüfstellen in ei-nem wirtschaftlichen Interessenkonflikt, da Her-steller ihre Typprüfung möglicherweise bei Prüf-stellen in denjenigen Ländern durchführen, woes keine aktive Feldüberwachung gibt. Das istBMUB-2-1, Ordner 4, Blatt 36, 37 bis 39 und 42ff.

Acht Jahre später, also im Jahr 2016, heißt es ineinem Ergebnisprotokoll zur Sitzung Arbeitskreis„Managementsysteme“ vom 11.03.2016 - Zitat -

Nach wie vor antwortet eine Viel-zahl von TD -

(Zuruf der Abg. KirstenLühmann (SPD))

Zeuge Mark Wummel: Technischen Diensten.

Vorsitzender Herbert Behrens:

- nicht fristgerecht auf Anfragenbzw. liefert nicht die Halbjahres-meldungen. Der Arbeitskreis „Ma-nagementsyteme“ sieht darin einZeichen, dass interne Prozesse imTechnischen Dienst sind, und be-stärkt das KBA darin, bei wieder-holtem Versäumnis außerplanmä-ßige Begutachtungen durchzufüh-ren. Dennoch kommt der Arbeits-kreis unter der Überschrift „Aus-wirkung der VW-Problematik“ aufdie Benennung und die Tätigkeitdes Technischen Dienstes zu demFazit: Kompetenz und ordnungs-gemäßes Arbeiten der Techni-schen Dienste wird durch dasKBA auch nach Analyse der VW-Problematik nicht infragegestellt.

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Das ist KBA-2-1, Ordner A 20, Blatt 4 bis 8. - Wiehat denn das KBA vor Bekanntwerden der Mani-pulationsvorwürfe gegen VW die Unabhängigkeitund sachgerechte Arbeit der Technischen Dienstekontrolliert und auch versucht, solchen Interes-senkonflikten entgegenzuwirken?

Zeuge Mark Wummel: Das System nennt sich„Benennung“ und ist geregelt in der Richtlinie2007/46, in den Artikeln 40 ff. Und hier wirdeben nach bestimmten Akkreditierungsnormengeprüft. Es gibt auch einige Technische Dienste,die akkreditiert sind. Dort wird das dann von derDeutschen Akkreditierungsstelle festgestellt.Aber bei den meisten machen wir das von derBenennungsstelle aus. Es sind, also, die Akkredi-tierungsnormen 17025 oder 17020, die dort fürdie Technischen Dienste angewandt werden. Die-se Normen enthalten Unabhängigkeitsforderun-gen und wie diese ausgestaltet sind, also diesessogenannte Third-Party-System, was hier ange-wendet wird, also die Unabhängigkeit von Her-stellern, die dort geprüft wird.

Vorsitzender Herbert Behrens: In einer E-Mail anSie, Herr Wummel, berichtet Andreas Lehmann -das ist KBA, Abteilung „Fahrzeugtechnik“ - übereine Beratung mit dem TÜV Nord. Danach gibtVW Berichte des KBA zur Überprüfung vom01.10. bis 13.11.2015 nur auf Anweisung desKBA an die Zertifizierungsstelle heraus. Das KBAwird VW aber nicht auffordern, die Berichte andie ZS herauszugeben und wird auch nicht vonsich aus Berichte an die ZS übergeben. Außer-dem wird das KBA keine Insiderkenntnisse offenverwenden. - Das sagt KBA-2-1, Ordner A 119, 8,Blatt 90.

Weshalb hat das KBA es abgelehnt, der zentralenStelle die Berichte unmittelbar - - mittelbar überVW oder direkt zur Verfügung zu stellen, obwohlja um die Berichte gebeten worden ist?

Zeuge Mark Wummel: Weil es sich hierbei umBetriebs- und Firmengeheimnisse handelt, diewir dort in unserer amtlichen Tätigkeit erfahrenhaben, und wir die nicht an einen - - auch an ei-nen Technischen Dienst nicht ohne Weiteresweitergeben können.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und ist das mitden Insiderkenntnissen gemeint?

Zeuge Mark Wummel: Ja. Davon gehe ich aus, ja.So habe ich es verstanden.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann gibt es imAktenbestand des KBA auch eine Mail von HerrnPaeslack an das BMVI vom 16.02.2016, der dar-über informiert, dass dem KBA mitgeteilt wurde,VW habe auch noch nach dem rechtskräftigenBescheid zur Entfernung der unzulässigen Ab-schalteinrichtungen in einigen Fällen COC undZB II für Neufahrzeuge ausgestellt, die unter die-sen Bescheid fielen. - Das ist KBA-2-1, Ordner A4, Blatt 62. - Er kommt zu dem Ergebnis, dass dasKBA keine rechtliche Möglichkeit zur Sanktio-nierung von Volkswagen in dieser Sache hat. -Auch das ist KBA-2-1, Ordner A 4, Blatt 63. -Können Sie uns nähere Informationen zu dieserAngelegenheit geben, zum Beispiel zur Zahl derderart zugelassenen Fahrzeuge?

Zeuge Mark Wummel: Das weiß ich leider nicht.Das ist möglicherweise - weiß ich aber auch nicht- irgendwo in den Akten festgehalten. Aber dieMaßnahmen, die dann ergriffen wurden, warendie sofortige Information der Zulassungsstellen,damit es eben aufgrund dieser COC nicht zu Zu-lassungen kommt. Also, es wurden Maßnahmenauch durchaus ergriffen, wobei die über dasBMVI dann auch ergriffen wurden. Aber …(akustisch unverständlich) ich mitgelesen habe.

Vorsitzender Herbert Behrens: Und was bedeutetdas dann, wenn hier zu lesen ist, wie ich eben zi-tiert habe, dass das KBA keine rechtliche Mög-lichkeit der Sanktionierung von Volkswagen indieser Sache hat?

Zeuge Mark Wummel: Wir können keine Ord-nungswidrigkeit ausstellen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Die Frage der Zu-ständigkeit liegt nicht bei Ihnen.

Zeuge Mark Wummel: Ja.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. - Dannschon mal eine Frage zum Abschlussbericht der

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Untersuchungskommission „Volkswagen“. ImBericht heißt es:

Das veränderte Emissionsverhal-ten der VW-Fahrzeuge durch dieunzulässige Abschalteinrichtungkonnte durch die Untersuchungennachvollzogen werden.

- UK - Untersuchungskommission - „VW“, Seite12. - Zum Untersuchungsgegenstand heißt es,dass

mit Datum des Berichts 56 Mes-sungen an 53 Fahrzeugmodellendurchgeführt und bewertet[wurden]. … Weiterhin wurden …kurzfristig Fahrzeuge aufgenom-men, soweit dies aufgrund vonMitteilungen anderer Organisatio-nen geboten schien.

- Das ist der gleiche Bericht, Seite 14. - Wir erklä-ren Sie sich die 56 Messungen an 53 Modellen?

Zeuge Mark Wummel: Wir haben 56 Fahrzeugegemessen, und drei davon waren quasi typgleich.Das ist ja jeweils bei den einzelnen Fahrzeugenauch vermerkt. Wenn mehr als ein Fahrzeug ver-messen wurde - - Ich erinnere jetzt den Jeep, undich erinnere auch den BMW 216. Ein drittesFahrzeug: Peugeot, glaube ich. Das heißt, diewurden dann zweimal vermessen, weil uns beider ersten Messung Unklarheiten erschienen. Ineinem Fall auch konnten wir es nicht glauben.

Vorsitzender Herbert Behrens: Okay. - Dankeschön erst mal. - Und dann geht es weiter an dieSPD-Fraktion.

Kirsten Lühmann (SPD): Ich habe mal eine Frage.Sie haben davon gesprochen, dass 2004 eine rela-tiv hohe Schadensrate bei der Abgasrückgewin-nung war. Könnten Sie das, bitte, noch mal aus-führen?

Zeuge Mark Wummel: Bei der Abgasrückfüh-rung, ja.

Kirsten Lühmann (SPD): „-führung“?

Zeuge Mark Wummel: Ja. Das sind Statistiken,die wir gesehen haben bei verschiedenen Herstel-lern, und da weiß man schon, dass das ein tech-nologisches Problem war aus der Zeit noch, weildie Abgasrückführung zu der Zeit relativ neu ent-wickelt war.

Also, die Abgasrückführung ist vielleicht nochfünf Jahre älter, aber es war eben ein großes Prob-lem, was eben auch diese Forschungsvorhabendazu ausgelöst hat, die man auch dann lesenkann.

Kirsten Lühmann (SPD): Wissen Sie, wie man dasProblem versucht hat zu beheben? Weil wir - - Siehaben das ja erwähnt in der Frage „Abschaltein-richtungen“ und haben gesagt: Das war nun dasIndiz, dass diese Abschalteinrichtung jetzt nichtirgendwas war, was sich die Automobilindustrieausgedacht hat, sondern etwas, was zu dem Zeit-punkt wirklich relevant war. Könnten Sie dasnoch ausführen, weil davon hatten wir nochnichts gehört hier? Deshalb frage ich nach.

Zeuge Mark Wummel: Also, es ist so, dass esHersteller gab, die konnten durchaus nachwei-sen, dass sie ihr Abgasrückführungsventil quasiim Jahresrhythmus aufgestärkt haben. Ein Punktist zum Beispiel: Diese Kondensatrückständesind relativ klebrig, und wenn so ein Ventil - daswird eben elektrisch oder auch pneumatischangehoben - mit so einem Kondensatbelag belegtist, dann ist es klebrig, und -

Kirsten Lühmann (SPD): Geht nicht mehr auf.

Zeuge Mark Wummel: - ab irgendeinem Punktgeht es nicht mehr auf. Und dann wurden bei-spielsweise die Antriebe verstärkt, die Leistungder Antriebe, die Kraft, die wir aufbringen kön-nen, und da kann man dann auch in der Rück-schau zum Teil sehen, in welchem Jahresrhyth-mus das eben angehoben wurde.

Dann konnte man erkennen: Ja, wir haben - - DerHersteller hat dort Schadensquoten gehabt, de-nen er begegnen wollte, hat dann Maßnahmen er-griffen, und im nächsten Jahr waren sie dann

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eventuell geringer. Dann wurde noch mal was ge-macht. Also, da konnte man quasi die technischeEntwicklung ablesen.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke schön.

Arno Klare (SPD): Wenn mir einer vor zwei Jah-ren gesagt hätte, dass ich um halb eins eine Fragestelle zu der EU-Verordnung 715/2007, dannhätte ich ihn für verrückt erklärt. Aber ich tue esgleichwohl. - Sie haben gerade gesagt, dass unterbestimmten Umständen Motorsoftware offenge-legt werden muss. Jetzt bin ich nicht ganz sicher,ob ich das, was hier steht, in der Forderung rich-tig verstehe. Deshalb würde mir Ihre Interpreta-tion da sehr helfen. - Das findet sich übrigens inArtikel 6, nicht 7. In 7 sind die Gebühren dafürgeregelt. Und in Artikel 3, den Legaldefinitionen,ist da nur von „Wartungsinformationen“ dieRede. Und die werden nachher, in Artikel 6,auch spezifiziert. Ist das wirklich die Offenle-gung des Quellcodes der Motorsteuerungssoft-ware?

Zeuge Mark Wummel: Entschuldigung, Herr Ab-geordneter, das war jetzt eine Verwechslung. Ichmeine aber auch, es richtig gesagt zu haben. Ichhabe mich bezogen auf Artikel 7 der 2007/46. Dasist die Richtlinie für die Gesamtfahrzeuge, alsodie Rahmenrichtlinie. Und da ist es im Artikel 7.Artikel 6 und 7 ist RMI in der Emissionsver-ordnung, hat damit nichts zu tun.

Arno Klare (SPD): Alles klar. Gut. Da bin ich jaum halb eins schon schlauer.

Vorsitzender Herbert Behrens: Weitere Fragenvon Ihnen? - Nicht? - Dann sind die Grünen ander Reihe.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herzlichen Dank! - Ich habe noch mal eine Fragezu der Untersuchungskommission und der Frage„Berichte“, wo ich eben stehen geblieben war.Wenn Sie die Texte der - - Mit welchen Herstel-lern haben Sie das denn rückgekoppelt?

Zeuge Mark Wummel: Oh, das waren mehrere.Ich kann jetzt nur sagen, was ich aus dem Kopf

weiß. Ich weiß es von BMW, Mercedes, Porsche,Ford.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Und wie ist das passiert? Haben Sie den Text dahingeschickt, und dann haben die gesagt: „Ja, sofinden wir das aber nicht gut. Könnt ihr das nichtanders schreiben?“? - Oder wie habe ich mir dasvorzustellen?

Zeuge Mark Wummel: Nein, also, die Texte ka-men natürlich auch mit Inhalt zurück, den wirnicht akzeptiert haben. Ich glaube, in einem Fallwar es irgendwie, dass dann die Schlussfolge-rung auf einmal reingeschrieben wurde: DasFahrzeug hält die - - weist somit nach, die Ver-ordnung 715/2007 einzuhalten. - Das sind natür-lich Dinge, die dann auch missbraucht wurden.Aber gut, das kann man natürlich schnell erken-nen und solche Dinge, die missbräuchlich geän-dert wurden, wieder rausnehmen.

Aber andere Hinweise waren natürlich wertvollzum Teil, wenn wir beispielsweise da technischetwas nicht ganz richtig dargestellt haben in denrelativ kurzen Texten.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Aber das ist so gelaufen, dass Sie den Text per E-Mail oder so geschickt haben?

Zeuge Mark Wummel: Ja.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Und dann ist - - Haben Sie eine Erklärung, wa-rum das nicht in unseren Unterlagen ist?

Zeuge Mark Wummel: Das ist nicht in den Unter-lagen? - Das wundert mich.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wir haben es nicht gefunden. Also, kann sein,dass wir es übersehen haben, aber wir haben esnicht gefunden.

Zeuge Mark Wummel: Das kann ich Ihnen jetztnicht beantworten, aber - - Also, das weiß ich - -Also, ich denke, ich habe es in den meisten Fäl-len auch selbst sogar gemacht.

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5. Untersuchungsausschuss

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 148 von 153

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut. War nur eine Frage. Also, wenn Sie es nichtbeantworten können - - Irgendeine Begründungmuss es ja geben dann.

Mich würde dann noch mal interessieren beidem ganzen Thema „Thermofenster und Tempe-raturabschaltung“: Sie haben gerade eben be-schrieben, dass Sie sich das jetzt erläutern lassen.Also, der Hersteller muss Ihnen eine für Sienachvollziehbare Begründung liefern, warum erdann beispielsweise bei 17 Grad seine Abgasrei-nigungseinrichtung abschaltet oder reduziert. Dasist aber alles jetzt erst im Rahmen dieser Untersu-chungskommission - - findet das statt. Oder wardas vorher auch schon so, dass die HerstellerIhnen gesagt haben: „Liebes Kraftfahrt-Bundes-amt, bei der Typengenehmigung - - Wir haben da- - Wir schalten da was ab, weil da gibt es Motor-schutzgründe“?

Zeuge Mark Wummel: So intensiv ist das sicher-lich erst jetzt passiert mit dieser Untersuchung,ja. Es gibt natürlich grundsätzlich Angaben, dieder Hersteller machen muss aus der Vorschriftheraus, welche Systeme verbaut sind beispiels-weise. Ja. Aber wenn es jetzt darum geht, zumBeispiel Emissionsstrategien darzulegen, so istdas auch dann erst per Verordnung 2016/646 -glaube ich - im April in die Gesetzgebung aufge-nommen worden und wird von uns ja auch jetztstandardmäßig gemacht.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ich frage deshalb: Wir haben hier etliche Sach-verstän- - Entschuldigung, etliche Zeugen gehabt,die gesagt haben: Thermofenster und Abschal-tung bei bestimmten Temperaturen quasi für sievöllig unklar, unbekannt, dass es das überhauptgibt. - Aber ich verstehe Sie jetzt so: Nicht in demAusmaß, aber da sind Hersteller bei Ihnen schonangekommen vorher und haben gesagt: LiebesKraftfahrt-Bundesamt, wir brauchen aus Motor-schutzgründen - - Bei Temperatur XY regeln wirdas runter.

Zeuge Mark Wummel: Nein, so ist keiner ange-kommen, nein. Das ist vorher nicht passiert. Ichhabe jetzt auf Angaben angespielt, die aus der

Verordnung 692/2008 im Artikel 3 Absatz 9 be-nannt sind. Dort sind beispielsweise die Nach-weise für die NOx-Nachbehandlungseinrichtung,die nach 400 Sekunden aktiv sein soll, und sol-che Punkte. Und auch im Artikel 16 zu SCR. Sol-che Angaben habe ich gemacht.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, das, was wir im Untersuchungsbericht le-sen über die Thermofenster, das war, ist für Sieda auch alles neu gewesen.

Zeuge Mark Wummel: Ja, das ist richtig.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, das musste man - - Das haben die Herstellervorher einfach gar nicht gesagt. Die haben dasDing abgeschaltet - also, ich rede jetzt nicht vonVW, sondern von anderen -, aber Sie wusstennichts davon, dass die das tun.

Zeuge Mark Wummel: Diese Abschaltung und inwelchem Temperaturbereich, das war nicht be-kannt.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut. Danke. - Dann würde mich interessieren:Herr Minister Dobrindt hat immer wieder von so-genannten Antidopingtests gesprochen, die ein-geführt werden sollen. Können Sie mir erklären,was das sein soll, also was sich dahinter verbirgt?

Zeuge Mark Wummel: Ja, also, ich denke, das istdie Perpetuierung der Untersuchung, die wir jetztauch im Rahmen der Felduntersuchung gemachthaben, und auch die Weiterentwicklung. DasKraftfahrt-Bundesamt hat ja mittlerweile auch ei-gene Prüfeinrichtungen, und wir prüfen natürlichweiter. Auch die Untersuchungskommission„Volkswagen“ ist ja noch tätig.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, das bedeutet, wenn ich Sie richtig verstehe,dass Sie jetzt kontinuierlich weiter sich Fahr-zeuge raussuchen und die in der Art und Weisewie im Untersuchungsbericht testen.

Zeuge Mark Wummel: In der Art oder eben inweiterentwickelter Art und Weise, ja.

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Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Darf ich fragen, wie viele Sie bis heute zwischenjetzt und Ergebnisuntersuchungsbericht und - -getestet haben, wie viele weitere da getestet wor-den sind?

Zeuge Mark Wummel: Das kann ich Ihnen imMoment nicht sagen. Das weiß ich im Momentnicht.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Okay. - Gut. Das soll es von mir erst mal gewesensein.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann ist dieCDU/CSU-Fraktion an der Reihe.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Also, wir sind nicht erschöpft, aber wir haben imMoment jetzt keine aktuellen Fragen, warten ge-spannt auf Fragen der Kolleginnen und Kollegen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gut. - Dann dazuauch noch mal, was Ausführungen aus dem Be-richt anbetrifft, diesmal auf den Seiten 7 und 8.Und zwar wird dort festgehalten, dass zwar dasVerbot von unzulässigen Abschalteinrichtungendeklariert ist in einer entsprechenden UN-Rege-lung, jedoch für den Technischen Dienst keinPrüfverfahren erläutert wird, mit dem das Vor-handensein unzulässiger Abschalteinrichtungenermittelt werden könnte. Das ist ja, wie gesagt,Seite 7 und 8.

Dann interessiert mich: Warum konnte in demBericht der Untersuchungskommission dann eineFelduntersuchung zur Entdeckung unzulässigerAbschalteinrichtungen angewendet werden,wenn die Genehmigungsbehörden doch nur diegesetzlich vorhandenen Möglichkeiten haben? Ei-gentlich müsste es doch darüber hinausgehen,um das festzustellen.

Zeuge Mark Wummel: Ja, natürlich. Also, dassind keine Tests, die in den Vorschriften nieder-gelegt sind. Wir haben ja Typ 1 bis Typ 6 an Prü-fungen niedergelegt in der Verordnung 692/2008.Und das, was wir gemacht haben, kommt, denkeich mal, einer Feldüberwachung gleich, die HerrMinister Dobrindt ja auch angeordnet hat. Und

das ist für uns natürlich auch der Anlass gewe-sen, diese durchzuführen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Heißt das auch,dass dem BMVI vorher niemals Hinweise auf dasVorliegen unzulässiger Abschalteinrichtungenvorlagen - um das nachvollziehen zu können inden Sitzungen?

Zeuge Mark Wummel: Ja, also, wir haben selbstkeine Kenntnisse über unzulässige Abschaltein-richtungen gehabt und konnten entsprechend dasMinisterium auch nicht darauf hinweisen, nein.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dann würde ichSie ganz gern noch mal in Bezug auf eine Lei-tungsbesprechung befragen. Da geht es um Ein-zelergebnisse. Laut Protokoll der 22. Leitungsbe-sprechung am 02.12.2015, an der Sie teilgenom-men haben, wurde die Straßenmessung für denUntersuchungsbericht durch das KBA auf Roll-prüfstände umgestellt - KBA-2-1, Ordner A 115,6, Blatt 240. Zur Begründung führte das KBA an:

Die Überprüfung weiterer Fahr-zeuge verschiedener Marken imFeld kommt witterungsbedingtnur schleppend voran.

Zitat Ende. Das BMWi [sic!] merkte dann an, dassdie Begründung nicht nachvollziehbar sei.PEMS-Tests müssten grundsätzlich auch im Win-ter funktionieren, erst recht bei den in Deutsch-land vorherrschenden milden Temperaturen,heißt es dort in KBA-2-1, Ordner A 120, 8.1,Blatt 332. Ist es dann letztendlich aus IhrerKenntnis zu PEMS-Nachuntersuchungengekommen?

Zeuge Mark Wummel: Ich kenne jetzt den Fallnicht konkret, aber es ist natürlich schon so, dassPEMS-Messungen begrenzt sind von der Tempe-ratur des - - Die Geräte werden zwar immer bes-ser, aber es ist schon, gerade insbesondere bei ho-her Luftfeuchtigkeit und auch Temperaturen umden Gefrierpunkt, nicht mehr möglich, seriöseMessungen durchzuführen. Da hat man zu vieleMesswertstreuungen. Das ist mal so.

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Ich kann Ihnen jetzt nicht genau sagen aus demGedächtnis ohne Aktenstudium, welche Fahr-zeuge da waren, aber da wir überall bei den un-tersuchten Fahrzeugen auch PEMS-Straßenmes-sungen haben, haben wir die nachgeholt. Davongehe ich aus.

Vorsitzender Herbert Behrens: Dass es weiterePEMS-Messungen gab.

Zeuge Mark Wummel: Ja. Ja, ja. Doch, natürlich,also, wir haben jetzt selbst PEMS-Geräte, wir füh-ren natürlich ständig PEMS-Messungen durch.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Meineletzte Frage: Im Fazit des Volkswagen-Berichtsoder des Untersuchungsberichts der Untersu-chungskommission steht, dass seitens des BMVI„Zweifel hinsichtlich der Zulässigkeit der ver-wendeten Abschalteinrichtung“ „bei einem Teilder Fahrzeugtypen bestehen“. Das steht in demBericht auf der Seite 128. Bei welchen Fahrzeug-typen wurden die Zweifel des BMVI ausgeräumtund mit welcher Begründung?

Zeuge Mark Wummel: Die Zweifel wurden na-türlich insbesondere dann ausgeräumt, wenndiese sogenannten freiwilligen Servicemaßnah-men durchgeführt worden sind. Die sind ja ange-kündigt worden, auch für welche Fahrzeuge dasbetreffend ist. Ich gehe auch davon aus, dass diealle dieses Jahr noch fertig werden. Im Momentweiß ich das bei Porsche Macan. Da ist die Ak-tion durchgeführt - - oder ist in der Durchfüh-rung.

Vorsitzender Herbert Behrens: Aber es wurde le-diglich dann ja zugesagt, das auszubauen oderumzuprogrammieren. Es wurde nicht weiter überdie Zulässigkeit oder Nichtzulässigkeit von Ab-schalteinrichtungen dort debattiert.

Zeuge Mark Wummel: Ja, die Diskussion wurdenatürlich mit dem - - mit jedem Hersteller ge-führt, wo wir Zweifel hatten. Aber am Ende wares eben so, dass entsprechende Ankündigungenfolgten, dass man hier technische Verbesserun-gen einfließen lassen möchte. Und bei der unsi-cheren Rechtslage ist das natürlich die wirk-samste Maßnahme, wenn man den Hersteller

dazu bringt, eine Maßnahme in das Fahrzeug ein-zubringen, die möglichst schnell wirksam ist.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Haben wirdenn jetzt eigentlich nach dem Abschlussberichtein richtig verlässliches Kompendium, was einezulässige Abschalteinrichtung ist und was eineunzulässige ist?

Zeuge Mark Wummel: Nein, das haben wir nicht.Das wird ja auch als Maßnahme eingefordert,dass hier die entsprechenden Rechtsvorschriftennoch mal geschärft werden. Sicherlich wird vielerleichtert durch das kommende RDE und auchden WLTP, muss man auch sagen, in RichtungCO2. Aber gleichwohl, ich denke, die eine oderandere Lehre und das, was jetzt eben bekannt ge-worden ist, muss auch einfließen in die Vor-schriften, um das für die Zukunft zu verbessernund die Behörden handlungsfähiger zu machenbzw. auch auf die gleiche Auffassung zu bringen.

Vorsitzender Herbert Behrens: Danke. - Die SPDist am Zuge.

Kirsten Lühmann (SPD): Ja, ich bin erschöpft,habe aber trotzdem noch eine Frage. Sie habengesagt, dass keiner vor dem VW-Skandal beiIhnen eine Abschalteinrichtung angezeigt hat.Aus Ihrer Sicht: Wäre das, wenn Sie eine gehabthätten - das wissen wir jetzt: einige hatten es -,laut Richtlinie zwingend erforderlich gewesen, -

Zeuge Mark Wummel: Das - - Meinen Sie jetzt - -

Kirsten Lühmann (SPD): - dass Sie das anzeigen?Also, in der Richtlinie steht ja drin, dass Ab-schalteinrichtungen, wenn sie zu Motorschutz-gründen, Unfallvorsorge, bla, bla, erforderlichsind, erlaubt sind - in der Verordnung.

Zeuge Mark Wummel: Ja.

Kirsten Lühmann (SPD): Ja. Steht da drin. - So.Jetzt ist ja die Frage - - Und wir hatten den Zeu-gen Friedrich, der hat dazu auch eine Aussage ge-troffen. Der hat gesagt, für ihn inkludiert - - Auchwenn es da nicht expressis verbis drinsteht,würde diese Formulierung beinhalten, dass - -Wenn ich eine Abschalteinrichtung drin habe,

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muss ich das aber, auch wenn sie legal ist, anzei-gen. Ich muss das offenlegen, ich muss hingehenund sagen: Hier habe ich eine.

Zeuge Mark Wummel: Das würde ich nicht sobeurteilen, dass das zwingend notwendig ist. Dasist ja - - Der Satz an Unterlagen, die zum Antragdazugefügt werden, ist ja mit einer Positivlistegeschrieben in dieser Verordnung 692/2008, undda ist nichts dergleichen enthalten. Das ist erstwirklich ergänzt worden durch die AES/BES indieser Verordnung 664/2016, die, ich meine, am25. April veröffentlicht wurde als Reaktion si-cherlich auch der Kommission auf die Verhält-nisse. Man hat es bei anderen Vorschriften auchschon früher gehabt. Aber in diesem Fall ist esjetzt erst reingekommen in die Vorschriften.

Kirsten Lühmann (SPD): Herzlichen Dank.

Vorsitzender Herbert Behrens: Die Grünen sindan der Reihe.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dahätte ich jetzt noch eine ganz - - Die Frage wollteich auch stellen.

(Heiterkeit der Abg. KirstenLühmann (SPD))

- Ja, ja. Das ist übrig geblieben. - Verstehe ich Siedann jetzt richtig - jetzt muss ich aufpassen, dassich nicht wieder falsch frage -,

(Heiterkeit - Zuruf des Abg.Arno Klare (SPD))

dass in der Vergangenheit, nach Inkrafttreten die-ser Richtlinie 2016 - - dass Sie dann, wenn Sieneue Typengenehmigungen erteilt haben, verlan-gen, dass Ihnen tatsächlich solche Dinge dann -die Abschalteinrichtungen - benannt werden?

Zeuge Mark Wummel: Ja, das tun wir auch schonfür andere. Also, wir fordern - - Das ist ja aucheine Maßnahme, die der Minister Dobrindt ange-ordnet hat, dass wir auch jetzt schon für alle Ge-nehmigungen, also auch für Erweiterungen, dieseDinge anfordern über letztendlich den eigent-lichen Verordnungstext hinaus, um eben auch

sicherzugehen, mit dem Grund, dort Abschalt-einrichtungen vorzubeugen. Das tun wir.

Das ist sehr viel Arbeit, kostet sehr viel Kraft undauch sehr viel Engagement hinsichtlich der Her-steller, um dort bei diesen umfangreichen, kom-plexen Systemen auch eine vernünftige, lesbareOrdnung hineinzubekommen. Aber das ist eingroßer Teil unserer Aufgabe in den letzten Mona-ten geworden.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja,das müssen Sie mir jetzt noch mal - - Wiesokostet das viel Kraft und Arbeit? Weil der mussdoch einfach nur sagen - ich nehme jetzt mal dasBeispiel, weil wir das immer hatten -: Ich schaltebei 17 Grad ab.

(Heiterkeit beim ZeugenMark Wummel)

Das ist doch nicht viel Kraft und Arbeit. Da istein Satz aufzuschreiben.

Zeuge Mark Wummel: Nein, nein, das ist schonwesentlich komplexer. Also, die Motorelektronikist sehr, sehr komplex geworden. Es gibt sehrviele Parameter, die in den Kennfeldern, die imMotorsteuergerät hinterlegt sind, dort verändertwerden, um eben diesen Motor komplett abzubil-den. Es ist ja mit Einführung der Common-Rail-Technik eben möglich gewesen, einen Motorkomplett durchzustylen vom Kennfeld her, undwenn man früher - ich weiß nicht - vielleicht nur200 Stützstellen gehabt hat in einem Kennfeld,dann sind das heute mehrere tausend. Ich glaube,die liegen ungefähr jetzt bei den modernsten Mo-toren um die 70 000 Stützstellen. Das sind alsokomplexe Gebilde, die auch sehr viele Strategienhaben. Und, also, man muss da auch - - Um dasingenieurtechnisch beurteilen zu können, mussman dort einen gewissen Standard einziehen.Also, Sie bekommen teilweise von Herstellerneine Dokumentation von mehreren tausend Sei-ten dort, weil das aus Entwicklungsunterlagengefertigt ist. Mit solchen Dingen kann man abernatürlich dann auch sowieso nicht zeitgerechtumgehen. Man muss es ja auch verstehen.Deswegen muss es eben sinnvoll eingedampftsein in eine Art, die eben technisch vernünftig

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lesbar und verstehbar ist. Und das ist ein Lern-prozess, ist auch eine Lernkurve für uns, um dortauf einen gewissen Standard zu kommen.

Das ist also nicht - - Es ist keine triviale Aufgabe.Es ist wirklich - - Man liest es so einfach, aberwenn Sie vor so einem Stapel Unterlagen sitzenund das dann in Verbindung mit einem Motorund dessen Verhalten bringen wollen, dann istdas schon eine herausfordernde Arbeit.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut. Danke. - Da hätte ich jetzt aber - - Ach so,Valerie. Sorry.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Da will ich doch noch mal nachfragen. - Also, Siekriegen, Herr Wummel, einen Stapel Dokumenta-tion für das, was das Motorsteuergerät macht. Istdas richtig?

Zeuge Mark Wummel: Ja.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Sie kriegen aber noch nicht die dazugehörigeSoftware.

Zeuge Mark Wummel: Die Software, die bekom-men wir so nicht. Die Softwaredokumentationkönnen wir aber - also, anlassbezogen sowieso -anfordern. Aber die ist also noch umfangreicher,die Softwaredokumentation. In der letzten Zeithat sich eher bewährt, dann wirklich - gerade beiZweifeln in Motorsteuerungen - mit entsprechen-den Softwaresichtgeräten hineinzugehen. Da gibtes verschiedene Systeme - -

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also mit so Werkzeugen, wie der Herr Domke dasda auch verwendet hat. So ähnlich, nicht?

Zeuge Mark Wummel: Ja, genau, DiagRA undwie sie alle heißen, ja.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Also, dementsprechend das dekompilieren wie-der und dann die ganze Geschichte machen.

Zeuge Mark Wummel: Genau. Dekompilierenund dann eben auch entsprechend bestimmte

Fahrsituationen ausprobieren. In der Regel gehtdas mit Messungen einher, die auf dem Prüfstandauch durchgeführt werden.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Gut. - Danke.

Vorsitzender Herbert Behrens: Gibt weitere Fra-gen von Ihnen?

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):Also, im Moment nicht.

Vorsitzender Herbert Behrens: Im Moment nicht.- Und dann ist meine Frage, ob der Ausschussden Wunsch hat, den Zeugen gleich noch mal ineiner eingestuften Sitzung zu befragen. Und ichmuss zugeben, auch um den Preis, dass ich michhier unbeliebt mache: Ich habe eine Frage, diesich leider auf eine vertraulich eingestufte Ver-schlusssache bezieht, was bedeuten würde, wirwürden jetzt noch mal umziehen müssen.

Aber dem ist zunächst ein Verfahren vorgeschal-tet, und zwar - - Vielleicht kriegen wir ja auch ei-nen Kompromiss hin, damit wir hier den Tagauch einigermaßen zeitig beenden können. -Okay.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herr Vorsitzender, ich hätte auch zwei Fragenaus diesem Bereich, aber, ehrlich gesagt, um 0.50Uhr jetzt umzuziehen - - Ich würde vorschlagen:Wir gucken uns das noch mal genau an, unddann müssen wir überlegen, ob wir das vielleichtin einer weiteren Sitzung noch mal thematisie-ren.

Vorsitzender Herbert Behrens: Genau, das wärenämlich der Kompromissvorschlag.

(Heiterkeit - Oliver Kri-scher (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN): Ach so! Gut!

Okay! Sorry!)

Sonst hätte ich jetzt vorgestellt, was erforderlichgewesen wäre, nämlich dass man sich zunächstnichtöffentlich berät, ob man dieses Verfahrenwählt. Und die Alternative wäre, wie wir es eben

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ja auch schon praktiziert haben, den Zeugenzunächst zu entlassen und noch mal zu einemweiteren Termin einzuladen, um dann in einervertraulich eingestuften Sitzung diese Fragen zustellen. Wenn da kein lauthals formulierterWiderspruch zu - -

(Ulrich Lange (CDU/CSU):Doch ich hätte jetzt gerndie Sitzung gehabt! - Hei-

terkeit)

- Okay. Ich nehme Sie jetzt nicht ganz ernst. Ent-schuldigen Sie.

Ulrich Lange (CDU/CSU): Also, wir sind noch fit.

Vorsitzender Herbert Behrens: Ja, das ist keineFrage; das sind wir alle.

(Heiterkeit - Carsten Müller(Braunschweig)

(CDU/CSU): Na, los dann! -Kirsten Lühmann (SPD): Ja,

los! - Carsten Müller(Braunschweig)

(CDU/CSU): Dann los!)

Ulrich Lange (CDU/CSU): Also, wenn ihr daswirklich ernsthaft noch mal wollt, dann

(Carsten Müller (Braun-schweig) (CDU/CSU): Ja,

Attacke!)

ziehen wir jetzt um.

(Dr. Valerie Wilms (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN):Nein, das ist Quatsch! -

Weitere Zurufe: Doch! Jetztmachen wir es!)

Vorsitzender Herbert Behrens: Nein, jetzt malernsthaft, Leute. Also, ich hät- -

(Zurufe)

- Ja. Genau. Also, wenn jetzt ernsthafte - -

(Zurufe)

Ulrich Lange (CDU/CSU): Wir meinen das auchernst.

Vorsitzender Herbert Behrens: Genau. - Dannmüssen wir das Prozedere eben auch einhalten,und das trage ich jetzt vor: Die weitere Beweis-aufnahme erfordert die Erörterung von Informa-tionen, die mit dem Geheimhaltungsgrad „Ver-schlusssache-Vertraulich“ versehen sind. DerAusschuss hat deshalb gemäß § 14 und 15 desUntersuchungsausschussgesetzes über den Aus-schluss der Öffentlichkeit und die Einstufung dernichtöffentlichen Sitzung zu beschließen. DieBeratung hierüber kann grundsätzlich nur innichtöffentlicher Sitzung und in Abwesenheitdes Zeugen geschehen. Von einer Beratung kannaber auch abgesehen werden, falls dem alleFraktionen zustimmen und kein Beratungsbedarfim eigentlichen Sinne gesehen wird.

Dem entnehme ich das so, dass jetzt beschlossenist: Ja, wir machen dieses Verfahren und gehen indie dann eingestufte nichtöffentliche Sitzung.Dann brauchen wir jetzt nicht extra zu beschlie-ßen. Und dann können wir mit der - - gleich imAnschluss an diese Sitzung umziehen und danndie Öffentlichkeit sowie die anwesenden Presse-vertreter darum bitten, die Tribünen zu verlas-sen. Der Ausschuss wird dann in eingestufter Sit-zung tagen und dann nicht mehr in diesen Saalzurückkehren, sondern wir ziehen in den 2.700. -Und denen, die jetzt nach Hause gehen, wünscheich noch einen schönen Abend.

(Schluss des SitzungsteilsZeugenvernehmung, Öf-fentlich: 0:51 Uhr - Folgt

Sitzungsteil Zeugenverneh-mung, Vertraulich)

Vorläufiges Stenografisches Protokoll 12

5. Untersuchungsausschuss

19- r 7)1r C. ienstlichen 'Verwendung

von der DUH, ob es stimme, dass sich das KBA weigere, im Rahmen der in der Typenzulassung vorgelegten Konformitätsprüfung die CO 2-Emis-sionen zu bestimmen, geantwortet, das KBA wi-derspreche dieser Behauptung mit Nachdruck. Die DUH sollte doch bitte ihre Behauptung mit Fakten untermauern.

Zur Begründung seines Widerspruchs gegen die Behauptung von Herrn Resch schrieb Herr Paeslack:

Die folgenden Fahrzeughersteller wurden von uns (innerhalb der letzten 18 Monate) stichprobenar-tig überprüft: (teilweise wurden uns die Daten aber auch im Rah-men der jährlichen Übermittlung der IUC-Daten bereitgestellt) ...

Es folgt eine Auflistung verschiedener Kfz-Her-steller, darunter Audi, BMW, Daimler, Volkswa-gen, Opel und Mitsubishi.

Meine Frage: Welche Abgasemissionen wurden Ihres Wissens nach wann bei diesen von Herrn Paeslack angeführten Stichproben des KBA je-weils überprüft?

Zeuge Mark Wurrunel: Da kann ich Ihnen jetzt nur eine relative allgemeine Antwort geben ohne Aktenstudium. Aber es ist so, dass wir im Rah-men des* - oder IUC, wie es vorher hieß - - prü-fen wir schon seit einiger Zeit jährlich bei Unter-nehmen wie VW die Emissionsschadstoffe und auch seit einigen Jahren CO 2 .

Vorsitzender Herbert Behrens: Seit wann auch 002 ?

Zeuge Mark Wununel: Ich bin nicht ganz sicher, aber ich würde sagen, Größenordnung: seit fünf Jahren.

Vorsitzender Herbert Behrens: Seit fünf Jahren. -In einem von Ihnen an Präsident Zinke weiterge-leiteten Antwortentwurf des KBA auf eine schriftliche Frage von Frau Bärbel Höhn ist zu le-sen:

Warum hat keine Bundesbehörde die Manipulationen der VW AG bei Spritverbrauch und Stickoxi-den aufgedeckt und inwiefern will die Bundesregierung jetzt auch prüfen, ob andere Hersteller beim Spritverbrauch Falschangaben ge-macht haben?

Da heißt es: Das KBA prüft im Jahresrhythmus

stichprobenartig die Ergebnisse der Fahrzeughersteller aus der Überprüfung von in Betrieb be- findlichen Fahrzeugen (ISC). Zu-sätzlich zu den in der Gesetzge-bung vorgeschriebenen Abgas- emissionen werden bei den ISC-Prüfungen durch die Hersteller die CO2-Emissionen ermittelt und durch das KBA bewertet.... Das KBA auditiert stichprobenartig ausgewählte Motortypen im Zuge dieser Untersuchungen und wohnt in solchen Fällen der Ab-gasprüfung bei.

Das ist KBA-2-1, Ordner A 112; 4.1, Blatt 49.

Zu der Darstellung warf Ihr Präsident, Herr Zinke, in einem Randkommentar am 12. Novem-ber 2015 die Frage auf - Zitat -: „War das vorlie-gend bei VW auch der Fall? Wohl eher (-)".

Herr Zinke also bezweifelt offenbar, dass diese Darstellung im von Frau Höhn konkret angefrag-ten Falle Volkswagen den Tatsachen entspricht. Also, es war die Behauptung aus der Kleinen An-frage, und Herr Zinke widerspricht. Hat das KBA denn im Fall von VW vor Bekanntwerden der Manipulationsvorwürfe gegen VW die Messer-gebnisse der herstellereigenen Überprüfung im Jahresrhythmus stichprobenartig überprüft?

Zeuge Mark Wummel: Ja, wir haben es überprüft. Ich bin jetzt auch erstaunt, dass aus dem Schrift-verkehr hervorgehen sollte, dass Herr Zinke das bezweifelt hat. Also, das ist mir so nicht in Erin-nerung, würde mich aber irritieren. Das ist, glaube ich, ein Missverständnis.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 135 von 154

Anlage 1

Vorläufiges Stenografisches Protokoll 12 I

5. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Kirsten Liihmann (SPD): Nun gab es ja insbeson-dere bei einem Hersteller, bei Opel, diese soge-nannten Thermofenster. Könnten Sie uns dazu nähere Ausführungen machen?

Zeuge Mark Wummel: Ja, das war auch so ein Beispiel, an das ich eben dachte. Also, Opel hat, nachdem wir Messungen durchgeführt hatten, re-lativ schnell auch uns zugestimmt, dass die rela-tiv hohen Messwerte, die wir festgestellt haben, realistisch waren, nachdem sie auch nachgemes-sen wurden. Und es wurde eben dabei festge-stellt, dass die AGR insbesondere doch an sehr

trampr großen Thermofensternausge... (akustisch unver-ständlich) wurde, mit dem Hinweis auf Motor-schutz,

Kirsten Lühmann (SPD): Nun sagte Herr Fried-rich: Das ist eindeutig illegal. - Sehen Sie das ähnlich, oder sehen Juristen in Ihrem Haus das ähnlich?

Zeuge Mark Wummel: Es gab eine längere Dis-kussion und verschiedenen Schriftwechsel mit Opel zu diesem Thema, auch Sachverständigen -

befragungen. Dort gab es auch schwankende Mei-nungen, je nachdem, wie tie- - also, im Verlaufe der Zeit. Es war am Ende so, dass Zweifel blie-ben, aber auch nicht sicher festgestellt wurde, dass es eine illegale Abschalteinrichtung ist.

Kirsten Lühmann (SPD): Also, Sie sagen: So ein-deutig ist es eben nicht. Es könnte sein, es könnte nicht sein, aber die Richtlinie ist einfach nicht so klar, dass man da eine klare, eindeutige Meinung zu haben könnte.

Zeuge Mark Wummel: Ja, korrekt.

Kirsten Lühmann (SPD): Danke. - Entschuldigen Sie, dass ich noch mal zurückkomme; auch für uns ist es sehr spät. Könnten Sie kurz sagen: Sie haben gesagt: Sie haben mehrere Schreiben von der Deutschen Umwelthilfe gekriegt. Dieses Bei-spiel mit der Abschaltung der Lichtmaschine war nicht drin. - Was hat die Deutsche Umwelthilfe Ihnen dann geschrieben?

haupt nichts geschrieben, um das noch mal klar-zustellen. Aber es gab durchaus Kontakt mit der Deutschen Umwelthilfe. Ich erinnere mich jetzt an Schreiben, wo wir gebeten wurden, Ausroll-werte herauszugeben, die die Deutsche Umwelt-hilfe verwenden wollte, um Nachmessungen zu machen. Und die haben wir dann auch gegeben, als eine der wenigen Behörden in Europa, wie ich dann hinterher aus der ICCT-Studie feststel-len konnte.

Kirsten Lühmann (SPD): Also, Sie haben die Deutsche Umwelthilfe bei Ihren Untersuchungen unterstützt.

Zeuge Mark Wummel: Ja.

Kirsten Lühmann (SPD): Sie haben nicht die Auf-forderung von der Deutschen Umwelthilfe ge-kriegt, eigene Untersuchungen zu machen, um die Ergebnisse der Umwelthilfemessungen zu ve-rifizieren oder illegal ... (akustisch unverständ-lich)

Zeuge Mark Wummel: Ja, korrekt. Allerdings: Das bezieht sich natürlich auf vor September 2015; danach gab es auch - -

Kirsten Lühmann (SPD): Ja. Danke schön für die Klarstellung für das Protokoll. Ja, das meinte ich auch. - Danke.

Arno Klare (SPD): Also, erst mal finde ich das ja sehr löblich, dass Sie die Ausrollwerte weiterge-ben haben. Das ist ja ziemlich teuer, was Sie da weitergegeben haben - wobei Sie es nicht bezahlt haben natürlich, sondern die Hersteller -; denn an die Werte zu kommen, ist schon ziemlich ent-scheidend, weil danach werden die Prüfstände kalibriert. Und man hat völlig andere Werte, wenn die Kalibrierung da nicht stimmt. So.

Meine erste Frage: Geben Sie mir recht, dass der NEFZ eigentlich nie dazu da war, die realen Ver-bräuche abzubilden, sondern Fahrzeuge zu ver-gleichen?

Zeuge Mark Wummel: Also, zur Abschalteinrich-tung hatte die Deutsche Umwelthilfe mir über-

Zeuge Mark Wummel: Da bin ich mir nicht si-cher. Ich würde eher meinen, dass der NEFZ in

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eben auch mit ihm diese VW-Kommission kurz erörtert. Sie haben gesagt, Sie sind dort Mitglied. Mich würde jetzt noch mal Folgendes interessie-ren: Aus den uns bekannten Unterlagen wissen wir, dass Volkswagen in dieser VW-Kommission gestanden hat, also etwas eingeräumt hat, einen auch vom KBA festgestellten Verstoß für Deutschland jedenfalls eingeräumt hat. Was ge-nau hat denn Volkswagen eigentlich in dieser Kommission nun eingeräumt?

Zeuge Mark Wummel: Also, VW hat uns zu-nächst mal erklärt, wie die - und an der Stelle sage ich bewusst - Zykluserkennung funktioniert. Und entsprechend haben wir bewertet, dass es sich dabei um eine verbotene Abschalteinrich-tung handelt. Wir haben dies auch per Bescheid festgestellt. Und diesem Bescheid wurde auch nicht widersprochen; er ist rechtskräftig.

Von VW-Mitarbeitern gab es verschiedene Einlas-sungen, die ich auch nicht immer auseinander-halten konnte: Ist es eine verbotene Abschaltein-richtung oder nicht? Das ist sicherlich aber auch mit diesem komplizierten Wording zu erklären. Wenn jemand von einer Abschalteinrichtung spricht, dann denken vie- - oder: In der Regel denkt man dann an die verbotene Abschaltein-richtung, aber es gibt natürlich auch welche, die erlaubt sind, weil eine der Ausnahmen aus Artikel 5+-genutzt wird.

Ich weiß aber, dass der entsprechende Konzern-jurist zumindest recht bald gesagt hat, dass es sich, auch nach Vorlage eines Rechtsgutachtens, nach seiner Ansicht um keine verbotene Ab-schalteinrichtung handelt.

Dennoch: Wir haben es als Bescheid - - als Ver-waltungsakt festgestellt, und dem wurde nicht widersprochen. Und er ist, wie gesagt, rechtskräf-tig. Also, für uns ist die Sache dort klar.

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Gut. - Das war es in dieser Runde erst mal.

Vorsitzender Herbert Behrens: Mhm. - Dann möchte ich ganz gern eine weitere Geschichte versuchen aufzulösen, und zwar, was die Zusam-menarbeit KBA mit der Zertifizierungsstelle TÜV

Nord und die Rolle des Technischen Dienstes be-trifft. Auch da haben wir in unseren Unterlagen Hinweise auf entsprechenden Mailverkehr und Briefwechsel. In einem vom BMUB erbetenen Konzeptentwurf für eine umfassende Feldüber-wachung aus langer Zeit, aus dem Jahr 2008, be-nennt das UBA konkrete Kritikpunkte an der da-maligen Praxis der Feldüberwachung. Hierzu zählt das UBA, dass die Hersteller zu stark in die Kontrolle der in Betrieb befindlichen Kfz einge-bunden sind. Auch befänden sich die nationale Typprüfung und akkreditierten Prüfstellen in ei-nem wirtschaftlichen Interessenkonflikt, da Her-steller ihre Typprüfung möglicherweise bei Prüf-stellen in denjenigen Ländern durchführen, wo es keine aktive Feldüberwachung gibt. Das ist BMUB-2-1, Ordner 4, Blatt 36, 37 bis 39 und 42 ff.

Acht Jahre später, also im Jahr 2015, heißt es in einem Ergebnisprotokoll zur Sitzung Arbeitskreis „Managementsysteme" vom 11,03,2016 - Zitat -

Nach wie vor antwortet eine Viel-zahl von TD -

(Zuruf der Abg. Kirsten Lühmann (SPD))

Zeuge Mark Wummel: Technischen Diensten.

Vorsitzender Herbert Behrens:

- nicht fristgerecht auf Anfragen bzw. liefert nicht die Halbjahres- meldungen. Der Arbeitskreis „Ma-nagementsyteme" sieht darin ein Zeichen, dass interne Prozesse im Technischen Dienst sind, und be-stärkt das KBA darin, bei wieder- holtem Versäumnis außerplanmä-ßige Begutachtungen durchzufüh-ren. Dennoch kommt der Arbeits-kreis unter der Überschrift „Aus- wirkung der VW-Problematik" auf die Benennung und die Tätigkeit des Technischen Dienstes zu dem Fazit: Kompetenz und ordnungs-gemäßes Arbeiten der Techni-schen Dienste wird durch das KBA auch nach Analyse der VW-Problematik nicht infragegestellt.

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beantworten können - - Irgendeine Begründung muss es ja geben dann.

Mich würde dann noch mal interessieren bei dem ganzen Thema „Thermofenster und Tempe-raturabschaltung": Sie haben gerade eben be-schrieben, dass Sie sich das jetzt erläutern lassen. Also, der Hersteller muss Ihnen eine für Sie nachvollziehbare Begründung liefern, warum er dann beispielsweise bei 17 Grad seine Abgasrei-nigungseinrichtung abschaltet oder reduziert. Das ist aber alles jetzt erst im Rahmen dieser Untersu-chungskommission - - findet das statt. Oder war das vorher auch schon so, dass die Hersteller Ihnen gesagt haben: „Liebes Kraftfahrt-Bundes-amt, bei der Typengenehmigung - Wir haben da - - Wir schalten da was ab, weil da gibt es Motor -schutzgründe"?

Zeuge Mark Wummel: So intensiv ist das sicher-lich erst jetzt passiert mit dieser Untersuchung, ja. Es gibt natürlich grundsätzlich Angaben, die der Hersteller machen muss aus der Vorschrift heraus, welche Systeme verbaut sind beispiels-weise. Ja. Aber wenn es jetzt darum geht, zum Beispiel Emissionsstrategien darzulegen, so ist das auch dann erst per Verordnung 2016/646 -glaube ich - im April in die Gesetzgebung aufge-nommen worden und wird von uns ja auch jetzt standardmäßig gemacht.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich frage deshalb: Wir haben hier etliche Sach-verstän- - Entschuldigung, etliche Zeugen gehabt, die gesagt haben: Thermofenster und Abschal-tung bei bestimmten Temperaturen quasi für sie völlig unklar, unbekannt, dass es das überhaupt gibt. - Aber ich verstehe Sie jetzt so: Nicht in dem Ausmaß, aber da sind Hersteller bei Ihnen schon angekommen vorher und haben gesagt: Liebes Kraftfahrt-Bundesamt, wir brauchen aus Motor-schutzgründen - - Bei Temperatur XY regeln wir das runter.

Zeuge Mark Wummel: Nein, so ist keiner ange-kommen, nein. Das ist vorher nicht passiert. Ich habe jetzt auf Angaben angespielt, die aus der Verordnung 692/2008 im Artikel 3 Absatz 9 be-nannt sind. Dort sind beispielsweise die Nach-weise für die NOx-Nachbehandlungseinrichtung,

die nach 400 Sekunden aktiv sein soll, und sol-che Punkte. Und auch im Arieikel 16 zu SCR. Sol-che Angaben habe ich gemacht.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Also, das, was wir im Untersuchungsbericht le-sen über die Thermofenster, das war, ist für Sie da auch alles neu gewesen.

Zeuge Mark Wummel: Ja, das ist richtig.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Also, das musste man - - Das haben die Hersteller vorher einfach gar nicht gesagt. Die haben das Ding abgeschaltet - also, ich rede jetzt nicht von VW, sondern von anderen -, aber Sie wussten nichts davon, dass die das tun.

Zeuge Mark Wummel: Diese Abschaltung und in welchem Temperaturbereich, das war nicht be-kannt.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gut. Danke. - Dann würde mich interessieren: Herr Minister Dobrindt hat immer wieder von so-genannten Antidopingtests gesprochen, die ein-geführt werden sollen. Können Sie mir erklären, was das sein soll, also was sich dahinter verbirgt?

Zeuge Mark Wummel: Ja, also, ich denke, das ist die Perpetuierung der Untersuchung, die wir jetzt auch im Rahmen der Felduntersuchung gemacht haben, und auch die Weiterentwicklung. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat ja mittlerweile auch ei-gene Prüfeinrichtungen, und wir prüfen natürlich weiter. Auch die Untersuchungskommission „Volkswagen" ist ja noch tätig.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Also, das bedeutet, wenn ich Sie richtig verstehe, dass Sie jetzt kontinuierlich weiter sich Fahr-zeuge raussuchen und die in der Art und Weise wie im Untersuchungsbericht testen.

Zeuge Mark Wummel: In der Art oder eben in weiterentwickelter Art und Weise, ja.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Darf ich fragen, wie viele Sie bis heute zwischen jetzt und Ergebnisuntersuchungsbericht und - -

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