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OUTSIDE INSIDE ist eine Gruppe in Winterthur lebender Künstler verschiedener ausländischer Nationalitäten. Die kulturellen Hintergründe sind sehr verschieden - sie liegen zum Teil in weit entfernten Regionen der Welt. Winterthur als Wohnort hat die Geschichten und künstlerischen Ausdrucksformen der Künstler zusammen gebracht. Integration als wesentlicher Teil der persönlichen Entwicklung ist mit bestimmend für die Kunst. Die Werke sind das Ergebnis von Beobachtungen, Wahrnehmungen und Einflüssen. Sie vereinen die Sicht von aussen nach innen. OUTSIDE INSIDE. OUTSIDE INSIDE is a group initiative uniting artists from different nationalities who live in Winterthur. The artists backgrounds are diverse reaching to vast regions of the world. Winterthur has brought their histories and mediums together forming a symbiosis of art and culture. Integration is a part of their lives which coalesces the development reflected in their art and ideologies.

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artilcles and biographies

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Page 1: Press Kit Outside-Inside

OUTSIDE INSIDE ist eine Gruppe in Winterthur lebender Künstler verschiedener

ausländischer Nationalitäten. Die kulturellen Hintergründe sind sehr verschieden - sie

liegen zum Teil in weit entfernten Regionen der Welt. Winterthur als Wohnort hat die

Geschichten und künstlerischen Ausdrucksformen der Künstler zusammen gebracht.

Integration als wesentlicher Teil der persönlichen Entwicklung ist mit bestimmend für die

Kunst. Die Werke sind das Ergebnis von Beobachtungen, Wahrnehmungen und

Einflüssen. Sie vereinen die Sicht von aussen nach innen. OUTSIDE INSIDE.

OUTSIDE INSIDE is a group initiative uniting artists from different nationalities who live in

Winterthur. The artists backgrounds are diverse reaching to vast regions of the world.

Winterthur has brought their histories and mediums together forming a symbiosis of art

and culture. Integration is a part of their lives which coalesces the development reflected in

their art and ideologies.

Page 2: Press Kit Outside-Inside

� DER�LANDBOTE�14   l   sTADTkuLTuR� � Mittwoch, 19. JANUAR 2011

CHRISTINA PEEGE

Ganz schön bunt geht es in Winterthur und Umgebung inzwischen zu und her, und das in jeder Hinsicht. In der Stadt und ihrem Umland leben und arbeiten Kunstschaffende aus aller Welt. Sie haben ihren Lebensmittelpunkt hier-herverlegt, der Liebe zu einem Partner wegen (meistens) oder aus anderen Gründen. Was sie aus ihrer Heimat an künstlerischem «Erbe» mitgebracht haben, ihre Sicht auf die Schweiz und auf Winterthur, bereichert die örtliche Kunstszene. Zehn von diesen Künst-lern haben sich zu einer Gruppe unter dem Namen «Outside Inside – Inter-national Artists» zusammengefunden. Seit einem Jahr treffen sich die Grup-penmitglieder und stellen in wechseln-der Formation in Winterthur, aber auch in Zürich aus.

Am kommenden Wochenende fin-det zum zweiten Mal eine Ausstel-lung im Alten Stadthaus statt. Betei-ligt sind diesmal sechs Kunstschaffen-de: Mike Albrow (GB), Michelle Bird (USA), Ricardo Flores Saldaña (Me-xiko), Christiane Ghilardi (D), Denise Travailleur (Mauritius/CH) und Jono Brown (GB).

Für die diesjährige Werkpräsenta-tion musste ein neues Konzept her: «Wir wollten keine bereits bestehen-den Werke aus dem Atelier ausstellen, sondern neue Arbeiten mit einem ge-meinsamen Thema schaffen», erklärt Brown an der Medienorientierung in Birds Atelier. Und was treibt Kunst-schaffende «mit Migrationshinter-grund» thematisch so um? Genau: die Frage nach der Heimat. «Wir haben uns gefragt, was uns Heimat bedeu-tet», so Brown, «sowohl die alte, wo wir herkommen, wie auch die neue, wo wir heute leben.»

Auf dem Strom des LebensStatt aber einsam im Atelier zu wer-keln, haben sich die sechs zu Künstler-Tandems formiert und intensiv disku-tiert. Ist Heimat ein Ort, ein Mensch, ein Seelenzustand? Und sie haben viel gearbeitet. Die Malerin Bird etwa hat sich mit dem Maler Albrow zusam-mengetan und mit ihm ein grosses Ge-mälde geschaffen. Thema sind Schwei-zer Jugendliche an der Schwelle zum Erwachsenenalter, mit all ihren Las-tern und liebenswerten Eigenschaften. Die Jugendlichen machen für die zwei ihre aktuelle Heimat aus, es sind Kin-der ihrer Partner oder Nachbarn. «Es war gar nicht so einfach, sich nur vom

Bild leiten zu lassen und dem andern keine fixen Vorstellungen vom ferti-gen Bild aufzudrängen», blicken beide zurück, kurz: Es sei «wirklich ein sehr intensiver Lernprozess gewesen».

Ghilardi und Flores Saldaña arbei-ten installativ. Ghilardi hat für jeden Schweizer Kanton aus ihrem Lieb-lingswerkstoff – ausrangierte Schwei-zer Armeewolldecken – ein Kissen ge-macht und alle mit charakteristischen Attributen versehen, beispielsweise das St. Galler Kissen mit Spitzen. Flo-res Saldaña hat aus einem alten Stütz-balken eine an ein Schiff gemahnende Skulptur geschaffen. «Die Heimat tra-gen wir in uns drin», haben beide wäh-rend ihrer gemeinsamen Arbeit her-ausgefunden. Nicht ihre Herkunftslän-der seien für ihre Identität entschei-dend. Sie seien «im Fluss des Lebens».

Der eigenartige AlltagTravailleur und Brown, sie Fotografin, er Maler und Druckgrafiker, haben sich mit den Dingen auseinanderge-

setzt, die für Schweizer alltäglich, für Ausländer aber bemerkenswert sind. So eröffnen sie auch Schweizern eine neue Sicht auf ihr eigenes Land.

Sie haben sich für ihre Werke für ein strikt quadratisches Format ent-schieden: «Weil man in der Schweiz so streng und diszipliniert arbeitet», finden beide. Travailleur hat Bahn-höfe und Züge fotografiert, weil der öffentliche Verkehr für die Schweiz so typisch ist und perfekt funktio-niert wie ein Schweizer Uhrwerk. «Die SBB sind doch der Kreislauf der Schweiz; stehen die Züge still, kolla-biert das Land», witzelt Brown zur Arbeit seiner Kollegin. Auch die Alt-papiersammlung hat sie fasziniert so-wie die Velos, die hier sogar eigene Wege haben.

Brown hält mit einem Druck einer Scheiterbeige dagegen, die Scheiter auf den Zentimeter genau geschichtet. «Entweder man macht in der Schweiz etwas perfekt, oder man lässt es sein», so sein Kommentar. Begeistert ist er

von der Zauberformel, weil sie poli-tische Ausschläge nach links wie nach rechts verhindere, auch ihr hat er ein Bild gewidmet, das die Weitsicht die-ses politischen Konzepts zum Aus-druck bringt. Auch der aktuelle Bau-boom fasziniert ihn. «Die Bauten sind hässlich, aber was in der Schweiz per-fekt funktioniert, gilt als schön», hat er festgestellt. Ausgestellt werden ihre Drucke und Fotos im Alten Stadthaus auf Stühlen: «Wir sind hier sesshaft geworden», meinen beide, augenzwin-kernd, die andern nicken zustimmend. Und was verbindet alle sechs mitein-ander? «Die Kunst», sagen sie sofort, die Freundschaft auch, und last but not least: «Winterthur.»

�Vernissage:�Freitag,�21.�1.,�ab�17�uhrAltes Stadthaus winterthur. Mit Musik, Buffet und einer Einleitung von christiane Ghilardi  (um 18 Uhr). Sa und So, 22. 1. und 23. 1.,  11–17 Uhr, mit Präsentationen der Künstler. Genaues�Programm:

www.outside-inside.ch

Zauberformel und WolldeckenSechs Kunstschaffende der Vereinigung «Outside Inside – International Artists» stellen am Wochenende im Alten Stadthaus neue Werke aus. «Heimat» lautet ihr Thema, man darf hingucken, nach-denken und auch schmunzeln.

sechs�künstler�der�künstlervereinigung�«Outside�Inside»�haben�einen�Blick�auf�unser�Land�geworfen.�Die�Zweierteams:�Jono�Brown�&�Denise�Travailleur,�Christiane�Ghilardi�&�Ricardo�Flores�saldaña�(vorn),�Mike�Albrow�&�Michelle�Bird.�Bild: heinz Diener 

Post-it�für�das�LebenNicht  nur  dank  Jack  Nicholson  hat James L. Brooks’ Komödie «how Do You Know»  (übersetzt: woher weisst du,  dass  es  Liebe  ist?)  etwas  tief-gang.  Brooks  (71),  der  für  «terms of Endearment» und  «As Good As  it Gets» oscars erhielt, macht es aber seinen  beiden  hauptfiguren  nicht leicht. weil sie die 30 überschreitet, wird  die  Softball-Athletin  Lisa  (Ree-se  witherspoon)  von  ihrem  neuen teamtrainer  abgesägt.  George  (Paul Rudd),  der  in  der  Firma  seines  Va-ters  (Jack  Nicholson)  arbeitet,  wird wegen  Bestechung  angeklagt  –  wor-auf  ihn nicht nur seine Freundin ver-lässt, sondern auch Gefängnis droht. Als Matty (owen wilson), den Lisa ge-rade  als  unkomplizierten Bettgenos-sen schätzen gelernt hat, sich in sie verliebt, zieht sie bei ihm ein. George bekommt  inzwischen  Unterstützung von  einer  Sekretärin,  die  ihm  gerne insider-informationen über seines Va-ters Firma gäbe, wenn sie denn reden dürfte. wikileaks light. (br)

Woher�weisst�du,�dass�es�Liebe�ist?

Kiwi: ab Do, 14.30, 17.15, 20.15, Fr/Sa auch 23 Uhr (D)

Maxx: 20.15 Uhr,  Fr/Sa auch 23 Uhr (D) 

(((((�

s.O.s.Bisswunde  im  Rücken,  ein  Strom-schlag,  Genickbruch:  Die  Liste  der unnatürlichen  todesfälle  in  «Devil», dem neuen Film von John Erick Dow-dle,  ist nicht endlich. So gross aber ist die Gefahr, in die sich der Mensch begibt, dessen Seele der teufel mög-licherweise  will.  Fünf  solcher  Kandi-daten  sind  gefangen  im  Lift,  dieser macht,  was  das  Böse  will,  nämlich: Nichts geht da mehr nach Fahrplan. Manchmal  geht auch das Licht aus, und  da  liegt  gleich  wieder  einer  der Passagiere tot da. «Devil» ist die hor-rorvariation  auf  «Dann  gabs  keines mehr» – und die erste Folge der «Night chronicles», die von  relativ nicht na-türlichen  Vorkommnissen  in  Gross-städten (hier: Philadelphia) erzählen. Nichts für Menschen mit Platzangst. Ausserdem:  Der  Lift  nach  oben  ist schon besetzt. (bu)

Devil

Kiwi: ab Do, 14.30, 20.30 Uhr, Fr/Sa auch 22.45 Uhr

Maxx: ab Do, 20.15 Uhr, Fr/Sa auch 23 Uhr  

(((((�

Zeit�der�RevolutionMan soll sich nicht täuschen lassen: «we  want  Sex»,  der  deutsche  Über-setzungstitel  von  «Made  in  Dagen-ham»,  ist  die  Kurzversion  von  «we want Sex Equality». Um Gleichberech-tigung  geht  es  auch  im  Film  von Ni-gel cole  («calendar Girl»), die Forde-rung lautet: gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Grossbritannien, 1968. in den Ford-werken  von  Dagenham  werden die  Frauen,  die  hier  unter  schwieri-gen Bedingungen arbeiten, lohnmäs-sig abgestuft – das Management will wieder mal bei den Schwächsten spa-ren. Nichts ist damit aber in diesem Fall, der auch  richtig Geschichte ge-macht hat. Die 187 Näherinnen neh-men die Kürzung nicht hin und treten geschlossen in den Streik, angeführt von einer couragierten Sally hawkins. Eine  Sozialkomödie  mit  menschli-chem Gesicht. (bu)

We�Want�sex

Kiwi: ab Do, 14.30, 17.30, 20.15 Uhr (ausser Di),  So 10.30 Uhr (E, d/f)

Maxx: ab Do, 14.45, 17.45, 20.45, Fr/Sa auch 23.30 (D)

(((((�

 �NEU IM�kINO

Fische für einmal nicht stumm: Die Museumskonzerte laden zum Ausstellungsbesuch der besonderen Art ein.

HERbERT büTTIkER

In der Sonderausstellung des Natur-museums, die den Fischen gewidmet ist, werden am kommenden Sonntag Augen und Ohren kurzgeschlossen. Im ersten von acht Museumskonzerten des Jahres 2011 wird dort das Wasser und seine Lebendigkeit auch akustisch Thema sein. Nein, nicht Händels «Was-sermusik», nicht Schuberts «Forelle» und nicht Saint-Saëns’ «Aquarium» werden plätschern – die literarisch-

musikalischen Matineen wollen dazu verführen, im besonderen Ambiente weniger bekannte und neue Klänge zu entdecken. Dazu bietet das reiche Winterthurer Ausstellungsprogramm die Inspiration. So geht es im Februar in die Sammlung «Am Römerholz» zu Camille Corot und zu Liedern und Kla-viermusik aus Frankreich, im März ins Gewerbemuseum zu den «Bösen Din-gen» und «schrägen» Arrangements zwischen U- und E-Musik oder im Ap-ril ins Kunstmuseum zu Fausto Melot-ti und zur polyfonen Musik. Die Reihe schliesst im Juni in der Jubiläumsaus-stellung des Münzkabinetts – mit «ge-sammelten Kabinettstücken.»

Die von Burkhard Kinzler von der Zürcher Hochschule der Künste

betreute Reihe bietet jungen Künst-lern und Künstlerinnen, Studieren-den der Hochschule und Schülern des Konservatoriums Winterthur ein Podium und wendet sich auch so ge-sehen ans neugierige Publikum. Am kommenden Sonntag spielen Mariel-la Buchmann (Klarinetten) und Nino Chokhonelidze (Klavier) Werke von Karl-Heinz Stockhausen, John Cage, Karel Goeyvaerts und Xavier Lefèvre. Zu ihren gewiss überraschungsreichen Wassermusiken werden Texte über Fische und ihr Element vorgetragen: alles zusammen eine Einladung, im Reich der Künste mitzuschwimmen.

Aquarien�Matinee im Naturmuseum winterthur, Museum-strasse 52, Sonntag, 23. 1., 10.30 Uhr.

Sehen und Hören im Museum

Die�Fische�im�Naturmuseum�sollen�für�einmal�in�klängen�schwimmen.�Bild: wue

Page 3: Press Kit Outside-Inside

� DER�LANDBOTE�14   l   sTADTkuLTuR� � Freitag, 29. april 2011

Wenn sich viele schon gute Nacht sagen, können Sie im Airport Center und seinen über80 Geschäften noch einkaufen: Frische Lebensmittel erhalten Sie täglich von 6 bis 23 Uhr,alle anderen Shops sind bis 21 Uhr für Sie geöffnet. Auch an Sonn- und Feiertagen.

www.flughafen-zuerich.ch/airportcenter

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Wo, in aller Welt, ist Osama bin Laden? Mit einer Vermisst-meldung startet das Kino Nische das Mai-Programm.

stefan busz

Vermisst: Unter diesem Titel steht das Mai-Programm des Kinos Nische. Das Winterthurer Kulturzentrum Gaswerk wird also zum Ort des Wiedersehens. Gezeigt werden hier fünf Filme über das Abwesende. Aber: «Was fehlt, kann bekanntlich sehr präsent in unse-ren Köpfen weiter existieren», heisst es in der Vorschau.

Der Gegenstand also ist die Suche: zum Beispiel nach einer Grossmutter, die spurlos verschwunden ist («Pando-ras Box» von Yesim Ustaoglu aus der Türkei), nach einem Fahrrad, das ge-stohlen wurde («Beijing Bicycle» von Xiaoshuai Wang), nach einem Fami-lienmitglied, das schmerzlich vermisst wird (Hirokazu Koreedas «Still Wai-ting» aus Japan), oder einem Leben, das noch nicht gelebt ist («Eyes Wide Open» von Haim Tabakman aus Is-rael) – und eben nach einem interna-tional gesuchten Verbrecher.

«Where in the World Is Osama bin Laden» fragt sich gleich zu Anfang der Reihe Morgan Spurlock («Super Size Me»), der Dokumentarfilmer macht sich ganz allein auf die Suche nach

dem Bösen, das irgendwo da draus-sen ist. Und der Mann findet natürlich ganz etwas anderes.

Kein besonders guter Film, sagte die Kritik nach der Premiere, zu ame-rikanisch die ganze Anlage. Der Autor stellt sich immer in den Mittelpunkt: Spurlock im Überlebenstraining, Spur-lock auf dem Kamel, Spurlock bei den Saudis, bei den Ägyptern, Spurlock, mit der Bazooka in der Hand. Das hat schon etwas von Egomanie. Aber auch die Spiegelung des Eigenen gehört zur Weltanschauung.

Where�in�the�World�Is�Osama�bin�LadenUSa 2008, regie: Morgan Spurlock,  Kino nische, Kulturzentrum gaswerk,  Sonntag, 1. Mai, 19.30 Uhr

www.kinonische.ch

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Gesucht:�das�Böse�an�sich.�Bild: pd

christina peege

Obdachlos ist er zurzeit, der Künstler Mike Albrow. Nicht weil seine Ma-lerei brotlos wäre, sondern weil ein Brand an der Zürcherstrasse 62a auch sein Atelier in Mitleidenschaft gezo-gen hatte. «Alles ist verrusst», seufzt er, jetzt wartet er auf die Reinigungs-equipe und den Flachmaler, der den Raum wieder weiss tüncht.

Beschäftigungslos ist er deswegen nicht: Zurzeit arbeitet er in einem Gemeinschaftsprojekt mit der Ma-lerin Michelle Bird und dem Foto-grafen Mike Helbling in der Halle 53 auf dem Sulzer-Areal. Er bemalt eine Backsteinwand in der Halle – «sechs mal sechs Meter, das macht einfach Spass». «Es ist aber auch ganz schön anstrengend», räumt er ein, denn er sei im Gegensatz zu seiner Kolle-gin ein langsamer Maler, einer, der an einer kleinen Stelle eines Gemäl-des sehr viel Zeit verbringen könne, bis alles stimmt. Etwas besorgt schaut er hinauf ins Baugerüst, das ihnen die Firma Implenia für das Projekt ge-sponsert hat. Dort setzt seine Kollegin grad zur Arbeit an. «Lass mir was üb-rig, ja?», ruft er hinauf. Zwar muss das

Werk der Abrissbirne weichen, wenn die Afro-Pfingsten starten, «shame to waste a wall» witzelt er.

Er selbst bezeichnet sich als Auto-didakt. «Ich habe als Kind sehr gerne gezeichnet.» Gezeichnet haben schon sein Grossvater und sein Vater – er hat seine ganze Schulzeit über in Manchester gerne gezeichnet, ohne je künstlerische Ambitionen zu entwi-ckeln. Irgendwann schenkte ihm sein Vater eine Kiste mit Malfarben. Er legte sie beiseite und vergass sie.

Im Gastrogewerbe lernte er seine Frau kennen, eine Schweizerin aus einem fernen Ort namens Bertschi-kon. Nach einigem Hin und Her zwi-schen England und der Schweiz haben sie sich entschieden, eine Weile in der Schweiz zu leben. «Als Koch finde ich auch in der Schweiz einen Job», sagte er sich und zog 1992 mit seiner Gattin nach Winterthur. «Ich war kaum eine Woche hier, da hatte ich tatsächlich einen Job, mein Chef nutzte die Chan-ce, mit mir seine Englischkenntnisse aufzubessern», schmunzelt der Maler, aber ja: Ein paar Deutschkurse habe er dann doch belegt.

Albrow wird Vater von drei Kin-dern, die Familie zieht hinaus ins länd-liche Oberstammheim. Was ihn be-sonders freut: Hier in der Schweiz sei-en die Arbeitgeber viel flexibler als in England. Er kann sein Arbeitspen-sum reduzieren und sich um die Kin-der kümmern, «Familie machen wir im Jobsharing, das ist schon toll in der Schweiz», sagt er.

Ein Zugang zu MenschenUnd die Kunst? Als sein Vater vor einigen Jahren starb, entsann er sich der Kiste mit Malfarben. Er begann, am Feierabend zu malen, und merkte schnell, dass er seine Leidenschaft ge-funden hat. Diese Leidenschaft wurde vertieft durch eine Reise nach Rom und Florenz, wo ihn der Reichtum an

Kunst und Kultur tief bewegte und in ihm ein Lebensziel geweckt hat. Was ihm malen bedeute? Er überlegt. «Ich bin eher schüchtern.» Aber durch sei-ne Malerei könne er auf Menschen zu-gehen und mit ihnen kommunizieren. «Mich interessiert der Mensch», sagt er, deswegen male er vor allem Figu-ren und Porträts.

Seit sein jüngster Sohn im Kinder-garten ist, hat er etwas mehr Zeit für seine Malerei. Er belegt Malkurse und mietet ein Atelier in Winterthur. In Oberstammheim gefällt es ihm, aber er suche Kontakt zu Künstlerkollegen, den gibt es nur in der Stadt. Deshalb engagiert er sich auch in der Künstler-vereinigung OutsideInside.

Winterthur sei zwar keine Gross-stadt, aber dafür seien hier die Leute viel angenehmer. Die Künstler, die er hier angetroffen habe, seien sehr offen auf ihn zugegangen. Dennoch sei Win-

terthur für Kunstschaffende ein hartes Pflaster, selbst für etablierte Künstler sei es schwierig, Ausstellungsmöglich-keiten zu finden. «Die Ansprüche an Kunstschaffende sind hoch, fast elitär», bedauert er. Der Einstieg für Neulinge wie ihn sei entsprechend schwierig.

Doch, räumt er ein, manchmal pla-ge ihn ein klein wenig das Heimweh. Aber deshalb fühlt er sich gerade auf dem Sulzer-Areal so wohl. Die Halle 53 mit ihren gelben Backsteinmauern und den teils beschädigten Scheiben erin-nert ihn an die verlassenen Industrie-Areale seiner Heimatstadt. Die wie in Winterthur sukzessive renoviert und wiederbelebt würden. Wie in Winter-

thur habe sich das Gesicht der Stadt verändert, «die Stadt meiner Jugend? ist nur noch Erinnerung».

Ein klein wenig HeimwehOb er je von seiner Kunst leben kann ist für ihn nicht so wichtig. «Ich ge-niesse es einfach, nach meiner Arbeit noch etwas Zeit in meinem Atelier zu verbringen», sagt er – wenn es wieder vom Russ gereinigt und frisch gestri-chen sei. Wichtiger ist ihm, alles unter einen Hut zu bringen – Zeit für seine Familie zu haben, seinen Job als Koch gut zu machen und zu malen. «Enjoy-ing the ride», schmunzelt er und be-ginnt, das Gerüst zu erklimmen.  Vernissage am 5. Mai ab 18 Uhr, Halle 53 Katharina-Sulzer-platz, Finissage am 30. Mai.  Solo-ausstellung: aWz, Schöntalstr. 8, zürich, Vernissage am 15. Mai ab 13 Uhr

www.malbrow.ch

«Enjoying the ride»Der Maler Mike Albrow kam nach Winterthur, weil seine Schweizer Ehefrau in seiner Heimatstadt Manchester nie heimisch wurde. Ihm gefällt Winterthur – weil ihn die Stadt mit ihren Industrie-Arealen ein wenig an seine Heimat Manchester erinnert.

in  Winterthur  leben  und  arbeiten Kunstschaffende aus aller Welt. Sie sind auf abenteuerlichen,  verschlun-genen oder ganz direkten Wegen (oder manchmal  auch  einfach  wegen  der liebe) hierhergekommen. Wir stellen in dieser Serie Künstler vor, die zwar von  ihrer Herkunft  geprägt  sind,  die ihr leben und  ihr Schaffen aber mit dieser Stadt  verbunden haben. Was sie aus  ihrer Heimat mitbringen, be-reichert das leben dieser Stadt. (cp)

 AussENsIchT� �Und BlicK nacH innen

Mike�Albrow:�Wenn�er�Porträts�malt,�kann�er�mit�seinem�Modell�besser�kommunizieren,�als�wenn�er�sich�mit�ihm�unterhält.�Bild: pd

OUTSIDEINSIDEinternatio­nale�kuNsTWie Kunstschaffende aus aller Welt Winterthur sehen und beleben

Page 4: Press Kit Outside-Inside

Die gebürtige Amerikanerin und Malerin Michelle Bird setzt alles daran, in Winter­thur eine Künstlergemein­schaft nach dem Muster von Amsterdam oder San Francisco ins Leben zu rufen.

Warum ihr Grüntee so wunderbar duf­tet, bleibt ihr Geheimnis. Offen spricht sie dagegen über die Gefühle, die in ihr aufsteigen, wie der aromatische Duft aus dem Teeglas, das sie gera­de ihrem Gast reicht. «Grüntee weckt

Kindheitserinnerungen», sagt sie, Er­innerungen an gemeinsame Stunden mit ihrer Grossmutter, zu Hause in San Francisco.

Wer mit der Künstlerin ins Ge­spräch kommt, ist überrascht, wie sehr sie sich zunächst aus dem Blick­feld nimmt. Wenn sie über sich selbst reden muss, dann beginnt sie mit ih­rer Familie, denjenigen Menschen, denen sie sich verbunden fühlt und denen sie, wie sie sagt, viel verdankt. «Mein Vater kam als erst 16­jähriger Junge von Schanghai in die Vereini­gten Staaten», erklärt sie. Er schlug sich in einer Curryfabrik durch, arbei­tete sich hoch und holte seine Fami­lie nach, auch seine Mutter, Michelles Grossmutter. «Wie er so jung und ganz auf sich allein gestellt Fuss fas­sen konnte, beeindruckt mich sehr», sagt sie. Ihr Vater arbeitet später als Maler und Fotograf, ihre Grossmutter ist Schauspielerin und Tänzerin am Chinesischen Theater von San Fran­cisco. In dieser Stadt kommt Michelle 1965 zur Welt.

Malkurs statt KinderkrippeEntscheidend für ihre Karriere sei aber ihre Mutter gewesen. Sie setzt ihre Tochter während der Arbeitszeit statt in einer teuren Kinderkrippe in den Mal­ und Töpferklassen ab, die in den zahlreichen Museen von San Francisco für Kinder nahezu kosten­los angeboten werden. Die Mutter ist die Geschäftsfrau, die erfolgreich ein Design­ und Architekturbüro aufbaut. Sie ermuntert ihre Tochter auch, ihren

Traum, Künstlerin zu werden, in die Realität umzusetzen. «Lebe deinen Traum» – von ihrer Mutter sei sie ty­pisch amerikanisch geprägt, schmun­zelt die Künstlerin. Von ihr habe sie ihr Durchsetzungsvermögen und ihren Geschäftssinn geerbt.

Michelle wächst in San Francisco und an verschiedenen Orten der ame­rikanischen Westküste auf, «die Vä­ter kamen und gingen», sagt sie, aber ganz ohne Groll. Sogar in Hawaii lebte sie einige Jahre – dann kehrte sie nach Kalifornien zurück. Überall, wo sie lebt, wandert sie mit offenen Augen durch die Natur, durch in die sanften grünen Hügel mit den roten Felsen in den Marin Headlands bei San Francis­co, den Redwood­Nationalpark oder durch die Vulkanlandschaft mit ihren intensiven Farben in Hawaii. «So sieht das dort aus», erklärt sie der Europäe­rin und holt aus ihrem Bücherfundus Bildbände, die ahnen lassen, wo die opulenten und glühenden Farben der Gemälde ihre Wurzeln haben: in der

Wüste, im Urwald, im Meer, in dem sich der Himmel spiegelt.

Kunst ohne KompromisseWie ihr Vater stellt sich Michelle mit 16 Jahren auf eigene Füsse, schlägt sich mit Servicejobs durch, arbeitet sich für kleine Firmen in Buchhaltung und Marketingmethoden ein, sie geht aufs College und arbeitet daneben im Designbüro ihrer Mutter. Eine kleine Erbschaft ihres (dritten und Adoptiv­) Vaters verändert alles in ihrem Leben. Sie kehrt San Francisco als 25­Jährige den Rücken und lässt sich in Amster­dam nieder. Wieder stürzt sie sich in die Arbeit, lernt Niederländisch, ar­beitet für Architekturbüros, Designfir­men, vertieft sich in Computertechnik, Tanz, Handwerk. Die Malerei ver­folgt sie, wenn sie Zeit findet. Der Tod eines Freundes 1998 sei so etwas wie ein Wendepunkt in ihrem Leben ge­wesen. Sie malt, findet darin so etwas wie inneren Frieden. «Damals habe ich entschieden, Kunst zu machen, ohne Kompromisse», blickt sie zurück. Sie verlässt Amsterdam und reist wäh­rend eines Jahres durch Asien.

Heiratsantrag am TelefonNach Amsterdam zurückgekehrt, stu­diert sie an der Rietveld Art Acade­my Kunst – und ist enttäuscht, Malerei gilt hier als Auslaufmodell. Sie findet einen Mentor, den Dichter und Maler Anton Martineau. «Er teilte mit mir die Liebe zur Malerei», erinnert sie sich, bei ihm findet sie zu ihrer ganz eigenen Handschrift. «Er hat mich ge­lehrt, an mich zu glauben», sagt sie.

Bird lebt und arbeitet inmitten ei­ner quirligen Künstlerkolonie, die sie ungemein inspiriert. Keine Jury habe bestimmt, wer hier Mitglied sein kön­ne und wer nicht.

Sie malt ungegenständlich, aber auch figurativ und sitzt tagelang in Coffeeshops und hält mit dem Zei­chenstift das Leben im bekannten Rot­lichtquartier De Wallen fest und pu­bliziert diese Zeichnungen gemeinsam mit Bruce Harris in einem Buch. Die Arbeit in dieser Community gehört zu ihren produktivsten überhaupt.

An einem Kunstfestival lernt sie ei­nen Schweizer kennen, der von weit, weit weg, aus Winterthur, angereist ist. Nach dem Festival verliert sie ihn zwar aus den Augen, nur zwei Wochen spä­ter aber macht er ihr einen Heiratsan­trag – am Telefon. «Ich wusste, er ist der Mann meines Lebens», lacht sie und wartet, bis der Gast, der sich gera­de am Grüntee verschluckt hat, nicht mehr husten muss.

In Winterthur zu HauseSie folgt dem Ruf des Herzens – und lässt sich 2004 in Winterthur nieder, baut mit ihrem Mann ein Haus an der Breitestrasse, hier hat sie heute auch ein geräumiges Atelier. «Ich fühlte mich sofort zu Hause», sagt sie. Es ist die Natur rund um die Stadt, die sanften Hügel, das satte Grün der Wälder, das sie an die Marin Head­lands erinnert. Begeistert war sie von der Kultur, den Museen, aber auch von der reichen zeitgenössischen Kunst. Etwas ernüchtert war sie, dass es hier keine «Art World» gibt. «Die

Künstler hier sind Einzelkämpfer, es fehlt die Gemeinschaft», stellte sie fest – und begann, die Kunstschaf­fenden auf Trab zu bringen. Sie or­ganisiert seit 2007 einmal im Jahr die Open Doors, Tage des offenen Ate­liers, und gibt seit 2008 ein Heft in fre­

chem Pink heraus und baut eine Web­plattform auf. «Kunst funktioniert in­haltlich und wirtschaftlich langfristig besser in einer grösseren Communi­ty», ist sie überzeugt.

Dass sie mit ihren Ideen in Win­terthur nicht überall auf Resonanz stösst, ist ihr bewusst. Längst nicht alle Künstler ziehen mit, aber «alle haben ihre guten Gründe», sagt Bird, diese könne sie akzeptieren. Auf Ab­lehnung sei sie nirgends gestossen, sondern immer auf Wohlwollen und Interesse: «Die Winterthurer haben mich mit offenen Armen empfangen.» Langsam beginnt ihr Traum von ei­ner Community Gestalt anzunehmen. Nicht ganz in kalifornischem Tempo, aber immerhin. Apropos USA: wirk­lich gar kein Heimweh? Vielleicht ein wenig – «Mir fehlt das Meer», seufzt sie. Und schenkt Grüntee nach.

lCHRISTINA PEEGE

www.michellebird.ch

«Kunst braucht eine gute Community»

Michelle Bird in ihrem Atelier. Mit ihren farbigen und impulsiven Gemälden sorgt sie ebenso für Aufmerksamkeit wie mit ihren Ideen. Bild: Marc Dahinden

14 l STADTKULTUR l der lAndBote l MiTTwoch, 10. FEBRUAR 2010

«Winterthur soll auch für künftigeGenerationen lebens- undliebenswert sein. Gesunde Finan-zen sind Voraussetzung für einenachhaltige Sozial-, Bildungs-und Sicherheitspolitik. Deshalbbrauchen wir das Engagementvon Verena Gick!»Susanne Haelg, PräsidentinKreisschulpflege Seen

VerenaGickwieder in denStadtratwww.verenagick.ch

AnzEigE

Being Azem Maksutaj: die Filmemacher stellen den Kämpfer ins Zentrum. Bild: ste

Azem Maksutaj schaut sich im Kino an. Der Thaibox­weltmeister zeigt im Film «Being Azem» seine Stärken.

Pressevisionierungen von Filmen, die ins Kino kommen, finden in Win­terthur nur wunderselten statt. Eine Ausnahme ist «Being Azem», das Por­trät der Filmemacher Nicolò Settegra­na und Tomislav Mestrovic über den 14­maligen hiesigen Thaiboxweltmeis­ter Azem Maksutaj – sein Wing Thai Gym ist ja schliesslich nur ein paar Schritte vom Kiwi entfernt. Und so steht er gestern da, als käme auf dem Neumarkt aus dem kalten Grau des Morgens gerade die Sonne heraus: Azem Maksutaj, den sie Schwarzer Adler nennen. Zusammen mit den Re­gisseuren stellt er sich vor dem Kino

den Fotografen: in einer Pose für die Ewigkeit.

In knapp 90 Minuten zieht dann im Kiwi 7 zwei Jahre aus dem Leben eines Kämpfers vorbei. Azem in Thai­land, Azem in Kosovo, Azem im Trai­ning, Azem im Bellagio von Las Ve­gas, wo sich ein grosser Traum erfül­len könnte, ganz oben auf dem Olymp angekommen zu sein (Olymp auf Ja­panisch heisst: K1). Es ist ein berüh­render Film, denn er zeigt die Stär­ken, die ein grosses Herz hat. Nach dem Abspann steht Azem Maksutaj im Foyer und spricht über die Kämp­fe, die er hinter sich hat, und über die, die noch kommen. Und er ist glücklich über «Being Azem». Der Film hat in Winterthur am 24. Februar Premiere. Dann mit rotem Teppich. (bu)

www.beingazem.ch

Black Eagle ist gelandet

OUTSIDEINSIDEinTERnATionALE Kunstwie Kunstschaffende aus aller welt winterthur sehen und beleben

in winterthur leben und arbeiten Kunst­schaffende aus aller herren Länder. Sie sind auf abenteuerlichen, versch­lungenen oder ganz direkten wegen (und machmal auch einfach wegen der Liebe) hierhergekommen. wir stel­len in dieser neuen Serie Künstler vor, die zwar von ihrer herkunft («from out­side») geprägt sind, die ihr Leben und ihr Schaffen aber mit dieser Stadt ver­bunden haben. was sie aus ihrer hei­

mat mitbringen, bereichert das Leben dieser Stadt («inside»). Die Auswahl der ersten sechs Künstler geht von einer Ausstellung unter dem Titel «outside inside» aus, die im Januar 2010 auf in­itiative von Michelle Bird im Alten Stadt­haus winterthur stattgefunden hat. weitere interessenten für ein Porträt sind willkommen, hinweise aus der Le­serschaft auf Kunstschaffende eben­falls auf: [email protected]. (cp)

AUSSEnSichT UnD BlIcK nAch Innen

«�Die Winterthurer haben mich mit offenen

Armen empfangen»Michelle Bird

Page 5: Press Kit Outside-Inside

16  l  STADTKULTUR    l   der landbote   l   SAMSTAG, 10. APRIL 2010

14 Jahre lang hat das Pup-penspieler-Duo das Märchen «Mirko» gespielt. Eine nicht ganz zufällige Wahl.

Ein wilder Tanz zu osteuropäischer Akkordeonmusik: Der Prinz und die Prinzessin schwingen die Beine wie bei einem rumänischen Volksfest. Zeitweilig werden sie von den beiden Puppenspielern an den Händchen ge-fasst und drehen sich mit ihnen. Wir sind im «Theater im Waaghaus», wo Ursula und Hanspeter Bleisch-Imhof mit dem rumänischen Märchen «Mir-ko, das Borstenkind» gastieren.

Ein vielschichtiges MärchenMirko ist ein Königssohn, der in ein Schweinchen verwandelt wurde. Von einem Ehepaar, das im Wald wohnt, wird es liebevoll aufgenommen und grossgezogen. Mirko will die Prinzes-sin heiraten und muss dafür drei Auf-gaben bestehen. Nach der Heirat legt Mirko nachts das Borstenkleid ab, aber tagsüber zieht er in Gestalt eines Schweins mit der Herde mit. Die Kö-nigin verbrennt das Borstenkleid, was Mirkos endgültige Erlösung verhin-dert. Er wird ans Ende der Welt ver-bannt. Die Prinzessin reist zum Wind, zur Sonne, zum Mond und zu den Sternen ans Ende der Welt, um ihn zu erlösen.

Das vielschichtige Erlösungsmär-chen verbindet Elemente der persön-lichen Entwicklung mit einer Liebes- und Leidensgeschichte, in der beide – der Prinz und die Prinzessin – sich für den anderen einsetzen müssen. Es spielt einerseits in der Lebenswelt der Menschen, andererseits in entrückten und mythischen Welten der Gestirne und dem Ende der Welt.

In der bleischschen Fassung ist es als offenes Spiel inszeniert, Schauspieler und Figuren sind auf der Bühne gleich-wertig vertreten. Die Ausdrucksmög-lichkeiten sind dadurch vielfältig: Das

Äussere der Figuren, deren Bewegung und die Präsenz der Schauspieler.

Parallelen zum eigenen LebenDas Henggarter Puppenspiel-Duo spielt das Märchen nun schon seit 14 Jahren. Doch diese Aufführungen werden für Ursula Bleisch die letzten sein. Sie hat sich entschieden, das Fi-gurenspiel aufzugeben. «Ich habe den Mirko bewusst für die letzten Vorstel-lungen gewählt.» Sie habe dieses Mär-chen sehr gerne. «Mich fasziniert es, dass die beiden Liebenden ganz genau wissen, was sie wollen», sie schaut auf

ihren Mann und lächelt. Eine weitere Parallele zu ihrem Leben: Als die gut verdienende Lehrerin vor 35 Jahren einen Puppenspieler geheiratet hat, habe es Widerstand der Eltern gege-ben – wie bei der Heirat der Prinzessin mit dem borstigen Mirko. «Das Thema des Märchens ist uns persönlich nahe, vielleicht hat es uns deshalb damals richtiggehend angesprungen.»

Mehr Zeit und FreiheitNun will sich Ursula Bleisch stärker um andere kreative Tätigkeiten küm-mern. Sie suche mehr Zeit und Frei-heit für ihre Malerei und für die Re-giearbeit in einem Theaterprojekt. Vor allem die Tourneen mit dem Figu-rentheater seien sehr anstrengend ge-wesen. «Aber es war eine schöne und wilde Zeit.» Immer unterwegs, immer wieder Neues.

Im Wissen, dass es sich um ihr letz-tes Stück als Spielerin handelt, wol-le sie die letzten paar Vorstellungen noch «bewusst geniessen.» Sie hält unvermittelt inne, wendet sich ih-rem Mann zu und meint: «Du, den Schlusstanz müssen wir unbedingt nochmals anschauen, da bist du mir mit dem Prinzen plötzlich zu schnell geworden.» lMARKUS BÄRTSCHI

Marionettentheater im WaaghausLetzte Vorstellungen: Samstag, 10. April,  20.15 Uhr; Sonntag, 11. April, 17.00 Uhr.

Zwei Liebende, die wissen, was sie wollen

Ursula und Hanspeter bleisch mit der Prinzessin Mirka und dem Prinzen Mirko. Bild: pd

«Ich bin ein Rebell», sagt der Künst-ler Jono Brown von sich selber – so er denn überhaupt über sich selber redet, und wenn, dann nur zögerlich. Er sei es nicht gewohnt, sich über sein Le-ben zu verbreiten, begründet er seine Zurückhaltung. Bevor er etwas sagt, blickt er aus dem Fenster seines Ate-liers, hinab auf das belebte Untertor, wo Menschen mit Einkaufstüten bela-den durch die Gasse eilen. Brown wägt die Worte ab, legt Wert auf Genauig-keit. Rebell wofür – oder wogegen? «Gegen einen vorgespurten Lebens-weg, gegen Geplantes und Vorherseh-bares», legt er nach, «auch gegen mich selber.»

Vielleicht liege das an seiner Her-kunft, überlegt der gebürtige Brite aus Nottingham. «Ja, genau, da liegt der Sherwood Forest, da lebte Robin Hood», schmunzelt er. Robin Hood, der Rebell gegen eine wie auch im-mer geartete Autorität und Obrig-keit. Geplant war, dass Brown nach dem Schulabschluss die Kunstakade-mie hätte besuchen sollen. Er hatte in der Gymnasialzeit Kunst belegt, denn

ein Vorfahre von ihm malte bereits – er zeigt auf idyllische englische Land-schaftsbilder, die an den Wänden sei-nes Ateliers aufgehängt sind.

Eine TellerwäscherkarriereDoch stimmte die Chemie zwischen ihm und seiner Kunstlehrerin nicht. Sie kritisierte seine Übungen aus nich-tigem Grund, wie er fand. Brown warf Bettel bzw. Zeichenstift hin. «Ich woll-te die Welt sehen», begründet er sei-nen damaligen Entschluss, England zu verlassen und auf Weltreise zu gehen.

Um sich zu finanzieren, mischte der junge Mann nun statt Farben auf dem Papier Beton auf dem Bau oder arbei-tete als Buchhalter. Sein Weg führte ihn über Deutschland, die USA, Süd-ostasien und Australien. Er blieb sechs Jahre in Sydney und machte so etwas wie eine Tellerwäscherkarriere. «Ich landete mit zehn Dollar in der Tasche in Australien», erinnert er sich.

Er kellnert, kocht, wird Chefkoch, steigt in die Musikindustrie um, macht da Marketing, gründet eine Grafik-firma. Immer in der Gewissheit, dass dies nicht sein Leben sein würde. «Ich habe ein anderes Schicksal», das wuss-te er. Ebendies Schicksal war, dass er in Sydney eine Sprachstudentin aus Zürich traf, «die schönste Frau der Welt», wie er sie schlicht bezeichnet. Gute Güte, nein, keine Liebe auf den ersten Blick, erst als sie wieder abge-reist und Tausende von Kilometern von ihm weg war, realisierte er, was sie für ihn bedeutete. Die beiden telefo-nieren und schreiben sich rund um den Erdball. Ein halbes Jahr nach ihrer Abreise bricht Brown in Australien alle Brücken hinter sich ab und reist in die Schweiz.

Es ist das Jahr 1988. Er bildet sich zum Englischleher weiter, unterrich-tet in Zürich. 1990 zieht er nach Win-terthur, 1992 heiratet er «die schönste Frau der Welt», wird Vater von zwei Kindern. Er kann bei seinem Schwie-

gervater einsteigen, der in Oberwin-terthur eine Firma für Betonspritz-maschinen für den Tunnelbau führt. «Eine kleine, dynamische Firma, das gefiel mir gut», sagt er. Zwanzig Jah-re lang arbeitet er im Bereich Ver-kauf/Marketing der Firma – wie schon in Sydney –, immer mit dem Gefühl: «Das war noch nicht alles.»

Brown belegt neben seiner Berufs-tätigkeit wieder Kunstunterricht. Er zeichnet wieder, eignet sich die Tech-nik der Ölmalerei an, setzt sich mit Tiefdrucktechniken intensiv ausein-ander. «Ich bin Perfektionist», sagt er von sich selber. «Nur wenn ich die

Techniken beherrsche, kann ich eine Botschaft gezielt zum Betrachter brin-gen.» Vor fünf Jahren reduzierte er sein Berufspensum, vergangenes Jahr im September wagte er den Sprung ins Dasein als Künstler. Ohne seine Frau, die heute den Tearoom führt, wäre das allerdings kaum möglich gewesen.

Die Latte hoch gelegt«Die unglaublichen Kunstschät-ze Winterthurs waren mir Inspirati-on, Künstler zu werden», sagt er heu-te. Die Vallottons oder van Goghs in der Villa Flora. Oder dann «stand ich voller Ehrfurcht vor den Bildern An-

kers oder Hodlers, Künstler, von de-nen ich vor meiner Ankunft in Win-terthur nie gehört hatte». Die Latte liegt hoch, wendet man ein. «Sicher, aber ich werde nur glücklich sterben, wenn ich wenigstens versucht habe, sie zu überspringen», entgegnet er. Win-terthur sei heute ein lebendiger Ort, er liebe die Museen – aber auch «die Bierkurve auf der Schützenwiese, sie ist das Beste an dieser Stadt, da trifft man einzigartige und herzliche Men-schen, aus dem linken und rechten po-litischen Spektrum».

Vegetarier und RadlerDie hin und her eilenden Leute von Winterthur sorgen für einen ununter-brochenen, leisen Geräuschpegel un-ter seinem geöffneten Fenster. Das Untertor ist ihm so etwas wie eine In-spirationsquelle geworden. Es sind die kleinen Dinge, die das Untertor liebenswürdig machen, ins Gespräch vertiefte Leute, andere, die mit einer Hand am Ohr durch die Gasse eilen, der letzte Schrei punkto Schuhmode, alles, was ihm ins Auge fällt. Aber, so betont er, das Leben, so wie es gerade jetzt auf der Gasse pulsiere, sei nicht immer so gewesen – und werde nicht ewig so bleiben.

Das wolle er künftig mit seiner Kunst verdeutlichen. «I am a cycling veggie», lacht er, ein radelnder Vege-tarier. Er wolle das Bewusstsein dafür schärfen, dass die Menschheit acht-samer mit ihren Ressourcen umgehen müsse. Das Untertor, wo in Läden von internationalen Ketten hemmungslos konsumiert werde, sei für ihn Symbol und auch Inbegriff des Problems. Hier schubsten sich Konsumenten unersätt-lich von Geschäft zu Geschäft, mit be-reits übervollen Einkaufstüten.

Doch wolle er nicht mit plakativer Kunst den Betrachter an solche The-men heranführen, seine Bilder wür-den eher Fragen aufwerfen, den Blick auf das Leben und den Zugang zu ihm verändern, das Problembewusstsein schärfen. Zum Beispiel dafür, dass wir uns wieder als Teil eines Ganzen und nicht als isolierte Einzelkämpfer begreifen sollten. Manchmal kann er kaum glauben, dass er an seinem Be-stimmungsort angelangt ist. Ist das Winterthur?, fragt er sich – rhetorisch. «Wer hätte das gedacht?»

  lCHRISTINA PEEGE

www.jono.ch

«Die Bierkurve ist das Beste an der Stadt»Der Brite Jono Brown ist über verschlungene Wege nach Winterthur gekommen. Hier hat er erst Karriere in einer Baumaschinenfirma gemacht, bevor er Künstler wurde. Das Untertor ist für ihn ein Symbol der grossen Welt.

Vögel, Galaxien, LichtquantenDie Musik von Olivier Messiaen (1908–1992) ist katholisch im besten Sinn: Genährt von der zeichenhaften Anschaulichkeit der Sprache des Glaubens, ist sie geistlich und sinnlich zugleich. Mittels seiner symmetrischen Tonleitern schuf sich dieser eigenwil-lige Komponist, der unter anderem Pierre Boulez, Karlheinz Stockhausen und Iannis Xenakis zu seinen Schülern zählte, einen unverkennbaren Stil. Als Meditationen angelegt ist das 1944 ur-aufgeführte Werk «Vingt regards sur l’Enfant Jésus» für Klavier. Neben mystischen Schriften und Texten aus den Evangelien und der Liturgie inspi-rierten ihn dazu laut eigenen Angaben «Gesänge der Vögel, Glocken, Spira-len, Stalaktiten, Galaxien, Lichtquan-ten». Betrachtet werden das Jesuskind in der Krippe und die Blicke, die auf es gerichtet sind, vom Blick des Vaters über den Blick der Jungfrau bis zum Blick der Stille.

Interpretiert wird das Werk vom 1982 geborenen Pianisten Martin Helmchen, der bisher mit Aufnahmen zu Mozart und zu romantischen Kom-ponisten hervorgetreten ist. Lob er-hielt er etwa von der «Neuen Zürcher Zeitung», die urteilte, Helmchen ver-binde «Ernsthaftigkeit und Leichtig-keit auf glückliche Weise».  (dwo)

Martin Helmchen spielt MessiaenHeute, 17 Uhr, Stadthaus Winterthur.

In  Winterthur  leben  und  arbeiten Kunstschaffende  aus  aller  Herren Länder. Sie sind auf abenteuerlichen, verschlungenen  oder  ganz  direkten Wegen  (und  machmal  auch  einfach wegen der  Liebe)  hierhergekommen. Wir  stellen  in  dieser  Serie  Künst-ler  vor,  die  zwar  von  ihrer  Herkunft geprägt  sind,  die  ihr  Leben  und  ihr Schaffen  aber  mit  dieser  Stadt  ver-bunden haben. Was sie aus ihrer Hei-mat mitbringen, bereichert das Leben dieser Stadt. Die Auswahl der ersten sechs Künstler geht von einer Ausstel-lung unter dem Titel «Outside Inside» aus, die im Januar 2010 auf Initiative von Michelle Bird im Alten Stadthaus Winterthur stattgefunden hat (Künst-ler  auf: www.outside-inside.ch). Wei-tere Interessenten für ein Porträt sind willkommen, Hinweise aus der Leser-schaft auf Kunstschaffende ebenfalls auf: [email protected].  (cp)

  aUssensicHt UnD BLIcK nAcH Innen

Jono brown in seinem atelier. seine bilder sind für die betrachter sanfte, aber dennoch tief gehende denkanstösse. Bild: Marc Dahinden

OUTSIDEINSIDEInTeRnATIOnALe kUnstWie Kunstschaffende aus aller Welt Winterthur sehen und beleben

Page 6: Press Kit Outside-Inside

Wenn man den Eindruck erhält, Luc de Meester sei als Künstler ein Spätbe-rufener, so ist dies nur teilweise rich-tig. Eigentlich ist er ein zu früh Ge-borener. Als Viertklässler hätte er in der Schule zu Weihnachten eine Krip-pe basteln müssen. Während die an-deren Mitschüler brav eine Holzhütte mit Esel, Ochs und Kindelein bastel-

ten, brachte er einen grossen Blumen-topf aus Ton in die Schule, schlug ein Stück des Randes weg und «voilà, mei-ne Krippe», schmunzelt der Künstler. Gut – damals fand das besonders der Lehrer des Xaverius-Jesuiten-Kollegs nicht zum Lachen. Sein Kopf sei so rot angelaufen wie der Tontopf und er schrie: «De Meester – du spinnst!» Die damalige höchstautoritäre Aberken-nung seiner geistigen Integrität sei die Geburtsstunde des Künstlers in ihm gewesen. «Warum sollte es mir bes-ser gehen als Marcel Duchamps mit seiner Urinoir»? Fragt er rhetorisch. De Meester kann ganz schön ironisch

sein, wobei er besonders gern auch eine eigene Position untergräbt (bei den Pfadfindern war sein Übername «Spottender Maulwurf»).

Würde und FreiheitWer dem Menschen de Meester be-gegnet, ist vielleicht erstaunt, auch ir-ritiert über dessen Ironie, denn seine Kunstwerke strahlen eine ganz ande-re Aura aus. Meist zeigen sie mensch-liche Figuren, in den Gemälden wirken sie zweidimensional. «Der Betrachter soll sich den Raum selbst dazuden-ken», so der Künstler. Bei genauerem Hinsehen sind es oft geschundene und

Figuren mit Verletzungen, die manch-mal mit Verbänden kaschiert werden. Seine grossen Gipsfiguren winden sich in Ringen – Fesseln ihrer Geschichte, es sind die Ringe ihrer Lebensjahre, die sie zu dem machen, was sie sind, und die sie gleichzeitig beengen. De Meester schafft Werke, welche unter anderem die Frage nach der Würde des Menschen aufwerfen und dessen Freiheit zum Thema machen.

Er selbst musste Jahre um seine in-nere und seine Freiheit als Künstler ringen. Er wurde 1948 in Borgerhout (Antwerpen) geboren, als Spross einer katholischen flämischen Familie. Nach dem Gymnasium wollte er in die Bild-hauerklasse der Akademie für Schöne Künste in Antwerpen eintreten. Doch schob sein Vater dem Ansinnen einen Riegel: «Alles linke Hippies», sagte der Vater – der Sohn kam ab 1962

für vier Jahre an die Hochschule für Grafische Künste in Gent, die Ausbil-dung sollte den Jugendlichen auf eine Laufbahn in der Industrie vorberei-ten. In diesem geistlich geführten In-ternat begann der Tag um halb sieben im Gottesdienst und endete um halb neun abends mit Lichterlöschen im Schlafsaal. «Da-mals war das noch normal», sagt der Künstler achselzu-ckend.

Gutbürgerlich war auch sein Be-rufseinstieg, er be-gann, in der Automobilindustrie als Grafiker und Standdesigner für inter-nationale Messen zu arbeiten. In der Freizeit beschäftigte er sich bereits mit Eisenskulptur.

Eine TellerwäscherkarriereNach sieben arbeitsreichen Jahren legt er ein Sabbatjahr ein und reist 1975 in die Schweiz. In der Oberwalliser Bergwelt will der begeisterte Klette-rer, Bergsteiger und Skifahrer Ruhe finden. Weil ihm das Geld ausgeht, tritt er eine Stelle als Nachtportier an – «Das war der Beginn einer Tellerwä-scherkarriere, wie sie im Buch steht», schmunzelt er.

Er steigt bis in das Direktionsgremi-um einer renommierten Hotelgruppe in Zermatt auf. Was als Ruhejahr ge-

dacht war, dehnt sich so nicht zuletzt wegen einer grossen Liebe zu einem zwanzig Jahre dauernden Aufenthalt aus. Doch der Absturz kommt jäh: Nach einem Generationenwechsel im Management hat de Meester das Heu mit den neuen Leuten nicht mehr auf

derselben Büh-ne – sein Vertrag wird nicht verlän-gert. Er zieht nach Zürich, versucht als Grafiker und Weinhändler Fuss zu fassen, vergeb-lich. Verletzende Erfahrungen und

solche, die an seinem Selbstwertgefühl nagen. Er fühlt sich als Versager.

«Dann kam ein Wendepunkt in meinem Leben», blickt er zurück. 1997 starb sein Vater. De Meester fällt ins Bodenlose. Er erkennt, dass er zeitle-bens darunter gelitten hatte, sich den Erfolgserwartungen seines Vaters zu beugen. Endlich, mit 49 Jahren, folgt er seinem inneren Drang und wird Künstler. Nach verschiedenen Atelier-stationen in Zürich, in Appenzell und in der Gasser-Fabrik in Kollbrunn fin-det er seine zweite Heimat in einem Raum über der Reparaturwerkstatt im Busdepot der städtischen Verkehrsbe-triebe in Winterthur. «Doch», sagt er und blickt durch das grosse Fenster auf den Parkplatz hinab, «ich bin glücklich hier», trotz materiell beengender Ver-hältnisse, wie er sagt. Er wünschte sich in Winterthur eine lebendigere Kunst-szene, wie er sie in Antwerpen kennen gelernt hatte, gern geht er ins Café des Arts im dritten Raum der Kunsthalle Winterthur, «dort komme ich aus mei-ner Höhle», wie er sein Atelier auch nennt. Aber er sei halt auch ein intro-vertierter Mensch, vielleicht müsste er mehr auf andere zugehen? Stellt er sich selbst sofort wieder in Frage. «Ich will mich einfach niemandem aufdrän-gen», begründet er seine Zurückhal-tung. Ausgestellt hat er deshalb bisher nur ganz selten.

Warmherzige MenschenWas er ändern würde in Winterthur? «Never change a winning horse», lä-chelt er. In Winterthur habe er seinen Frieden gefunden, kann er sich künstle-risch endlich entfalten. Unter Schwei-zer Künstlern fühle er sich zwar manch-mal eher geduldet als akzeptiert, dies sei in der Gesellschaft anderer interna-tionaler Künstler anders, da sei er will-kommen. Doch klagen will er nicht, im Gegenteil: In Winterthur gebe es im Gegensatz zu Zürich noch wirk-lich warmherzige Menschen. Wenn die ihn im Atelier besuchen, freut er sich, zaubert sofort etwas zu trinken auf den Ateliertisch. «Ich bin und bleibe Belgier und Flame», sagt er und rich-tet sich in seinem Sessel unwillkürlich auf. «Darum weiss ich auch, was wahre Gastfreundschaft ist.» lCHRISTINA PEEGE

www.luc-de-meester.ch

«Ich weiss, was Gastfreundschaft ist»Der Belgier Luc de Meester kam vor 35 Jahren der Berge wegen ins Wallis. Wegen seiner grossen Liebe blieb er in der Schweiz. Als Künstler ist er ein Spätberufener. In Winterthur hat er seinen Frieden gefunden – und seine Ausdrucksformen.

14  l  STADTKULTUR    l   der landbote   l   SAMSTAG, 13. FEBRUAR 2010

luc de Meester in seinem atelier. der gebürtige belgier ist ein sehr vielseitiger Künstler – er arbeitet als Maler, bildhauer und designer. Bild: Stefan Schaufelberger

In Winterthur leben und arbeiten Kunst­schaffende  aus  aller  Herren  Länder. Sie  sind  auf  abenteuerlichen,  ver­schlungenen oder ganz direkten Wegen (und manchmal auch einfach wegen der Liebe) hierhergekommen. Wir stellen in dieser  neuen  Serie  Künstler  vor,  die zwar  von  ihrer  Herkunft  geprägt  sind, die ihr Leben und ihr Schaffen aber mit dieser Stadt verbunden haben. Was sie aus ihrer Heimat mitbringen, bereichert 

das  Leben  dieser  Stadt.  Die  Auswahl der ersten sechs Künstler geht von ei­ner  Ausstellung  unter  dem  Titel  «Out­side  Inside» aus, die  im  Januar 2010 auf  Initiative  von  Michelle  Bird  im  Al­ten  Stadthaus  Winterthur  stattgefun­den  hat  (www.outside­inside.ch).  Wei­tere Interessenten für ein Porträt sind willkommen,  Hinweise  aus  der  Leser­schaft  auf Kunstschaffende  ebenfalls auf: [email protected].  (cp)

  aussensicht und BLIcK nAcH InnEn

OUTSIDEINSIDEInTERnATIOnALE KunstWie Kunstschaffende aus aller Welt Winterthur sehen und beleben

«�In Winterthur gibt es im Gegensatz zu anderen

Grossstädten noch herzliche Menschen»

Luc de Meester

Er spielt mit den Moden. Der Zürcher Designer Heiner Wiedemann führt im Gewer-bemuseum durch die Aus-stellung «Kleid im Kontext».

Im Augenblick sehen die Menschen auf der Strasse ja eher wie aufgeplus-terte Amseln aus. Der Winter drängt sie in die allgemeine Kugelform. Wie wärs aber mit einer kleinen Falte am Rock und einer Veränderung der Kör-perform in Richtung Eleganz? Hier ist Heiner Wiedemann, Designer aus Zü-rich mit Jahrgang 1963, ein Meister.

Er ist in der Modewelt ein Querein-steiger. Nach Abschluss des Studiums der Kunstgeschichte arbeitet Wiede-mann zehn Jahre als Product-Manager für das Label «en soie». Danach grün-det er eine eigene Marke, sie heisst ab 2001 Heinrich Brambilla (Heinrich,

weil er so richtig heisst, und Brambil-la ist der Name seiner Grossmutter). 1999 gewinnt Wiedemann den Prix Bolero, ein Jahr darauf den Gwand-«best cut award».

Im Zentrum der HüftknochenSo steht es auch im Einzelporträt zur Ausstellung «Kleid im Kontext» im Gewerbemuseum Winterthur. 30 De-signerinnen und Designer haben Ein-zelstücke geschaffen, «in denen sich ihre künstlerischen Intentionen ver-dichten», darunter eben Heiner Wie-demann. Er setze sich hier mit der Fra-ge auseinander, wie weit die gegen-wärtige Vorstellung vom Idealbild des weiblichen Körpers aufzubrechen sei. «In vergangenen Modeströmungen waren immer wieder Tendenzen er-kennbar, Volumen am menschlichen Körper neu zu definieren. Üppige For-men, in weichen Materialien gesetzt,

verändern den Blick auf den weib-lichen Körper und kreieren ein neues Körpergefühl», sagt der Designer. In der Ausstellung sind Stücke zu sehen, die diesen veränderten Blick zeigen: ein Mantel, ein Rock, eine Corsage. Ins Zentrum gestellt werde der vor-dere Hüftknochen, heisst es im Kata-log. Und wer sehen will, wie schön ein vorderer Hüftknochen aussehen kann, der gehe einfach ins Gewerbemuseum. Oder lässt sich von Heiner Wiedemann am Sonntagmorgen selber erklären, wie man mit den Moden spielen kann. Inspirieren lässt sich der Designer von Urformen. Seine Urgrossmutter muss eine sehr, sehr elegante Frau gewesen sein.  (red/bu)

Kleid im KontextGewerbemuseum Winterthur, Ausstellung bis 2. Mai. Öffentliche Führung mit der Kuratorin Regula Wyss und dem Designer Heiner Wiedemann am Sonntag, 14. Februar, 11 Uhr.

Zusammenspiel von Kleid und KörperMänner kaufen einDer Ort: die Migros­Filiale am Unteren Graben.  Die  Akteure:  zwei  Männer beim  Einkaufen.  Ihr  derzeitiger  Sta­tus: jung, urban, beide mit Dächlikap­pe. Die Zeit: schon späterer Samstag­nachmittag.  Die  Umstände:  Junge, urbane Männer mit Dächlikappe, die am  späten  Samstagnachmittag  ein­kaufen,  reden nicht  gerne mit  ande­ren Männern, besonders nicht, wenn sie sich in einer Migros­Filiale treffen. Manchmal müssen sie aber. Und so geht das Gespräch: «Weisst du», sagt der  eine  und  zieht  mitten  zwischen den  Migros­Gestellen  ein  Fertigfon­due  aus  der  Tasche,  «das  habe  ich vom  Blöchliger  an  der  Marktgasse. Hammermässig,  sage  ich  dir.  Alles ist drin: auch der Wein, besser kann man ein Fondue nicht selber machen, null chance.» Und: «Das ist der Killer.» Ach, Männer.  (bu)

 stadt   IM O­TOn

Veränderter blick. Bild: Heiner Wiedemann

Page 7: Press Kit Outside-Inside

Wer Eva Burkard besucht, fährt an den Rand von Winterthur Töss. Vor-bei an fettig duftenden Kebab-Buden, ernst dreinblickenden Frauen in Kopf-tuch und langen Mänteln, Ramsch-läden und Spelunken, die aussehen, als böten sie Menschen aus dem Bal-kan nach Feierabend ein gemütliches Beisammensein bei Gelächter und Kartenspiel.

Das Quartier ist ein Schmelztie-gel der Kulturen, und dass Eva Bur-kard hier lebt, ist kein Zufall. Vor dieser bunten und lärmenden Kulisse schreibt die Autorin Romane, Erzähl-bände und Gedichte. Ihre Texte han-deln von Menschen, die ihre Heimat verlassen haben und sich in einer frem-den Kultur integrieren müssen. «Es beschäftigt mich, dass die Globalisie-rung nicht nur wirtschaftlich geschieht, sondern durch die Menschen hindurch geht und ihre Schicksale in Bewegung bringt», sagt Eva Burkard.

Dabei betonen ihre Werke stets die schwierigen Seiten der Migration: die Brüche, die in den Biografien entste-hen, die Gefühle von Entwurzelung und die Identitätsprobleme von Se-condos. Ihre Arbeiten sind auf Reso-nanz gestossen – allen voran der Por-trätband «globalkids.ch», der Balkan-Jugendliche zum Thema Migration zu Wort kommen lässt, und der Gedicht-band «Sehnsüchte.Gebündelt», für den die Autorin 2001 den zweiten Preis der Heinz-Weder-Stiftung in Bern erhielt. Nun arbeitet Eva Burkard an einem neuen Buchprojekt.

Das Fremde im EigenenWas drängt Eva Burkard, das Motiv der Migration literarisch zu verarbei-ten – ein Thema, das in aller Munde ist? Die studierte Sozialpädagogin und Psychoanalytikerin, deren Lebensweg von Dessau über das marxistische Ber-

lin nach Zürich führte, hat als Thera-peutin viel mit Migrantenfamilien ge-arbeitet.

Ihre Texte sind aber nicht nur ein politischer Appell für die stärkere In-tegration von Ausländern. Auf einer tieferen Ebene ist das Migrationsmo-tiv für Eva Burkard mit einem gesell-schaftlichen Thema verflochten, das sie fasziniert und in vielfältigen lite-rarischen Variationen verarbeitet: das Thema der Identitätssuche. Ein beständiges Identitätsgefühl, das Si-cherheit und Orientierung verleiht, sei für die Menschen heutzutage kei-ne Selbstverständlichkeit mehr, sagt sie. «Wir leben in einer immer kom-plexeren Welt und müssen ständig Neues und Unerwartetes in unser Selbst- und Weltbild integrieren.» Viele Menschen leiden unter einem brüchigen Identitätsgefühl und insta-bilen Selbstzuständen, die sie nicht zu einem sinnvollen Ganzen integrieren können, findet die Psychoanalytikerin. «Es gibt unzählige Möglichkeiten, sich selbst zu verwirklichen und zahlreiche Rollen, die wir in unserem Leben ein-nehmen können.» Dies führe schnell zu einer psychischen Überforderung und zu Orientierungsproblemen.

Ausländer, die ihre Heimat ver-lassen, bringen die Schwierigkeit der Selbstfindung exemplarisch zum Aus-druck. «Sie sind unweigerlich mit der Herausforderung konfrontiert, in der Anpassung eine individuelle Form zu finden.» Integrationsprobleme von Ausländern als kultureller Kristalli-sationspunkt einer allgegenwärtigen gesellschaftlichen Realität? Für Eva Burkard ist es so.

Der Sinn zeigt sich späterFür die Autorin ist klar, dass Biogra-fien heute nicht mehr geradlinig ver-laufen können, sondern von Brüchen

und Zufällen geprägt sind. «Das Ide-al eines planbaren Lebenslaufs ist zur Illusion geworden.» Vielfach lasse sich erst im Nachhinein eine Sinngestalt im Leben finden, welches allzu oft chao-tisch und willkürlich verlaufe.

Auch Eva Burkards künstlerische Arbeitsweise ist eher chaotisch als planvoll. «Manchmal drängt es mich einfach, einzelne Sätze oder Satzfrag-mente zu Papier zu bringen, ohne dass ich damit von vornherein eine Absicht verbinde. Erst im Nachhinein merke ich: Das sind Verse eines Gedichts.

Die fügen sich mühelos zu einer Ge-stalt zusammen.» Eine Arbeitsweise, die ihre letzte Konsequenz in ihren «cut-ups» findet. Das sind Collagen aus Wörtern und Sätzen, die neu zu-sammengesetzt werden.

In Zukunft will Eva Burkard wei-tere Bücher und Gedichte schreiben und dabei auch vermehrt Berührungs-punkte mit anderen Künsten schaffen. Vor allem die Kombination von Lyrik und Malerei fasziniert sie, Bilder oder Fotografien, die mit kurzen lyrischen Texten kommentiert werden. Im Fe-

bruar erscheint im Huber-Verlag in Frauenfeld ihr neues Buch «Balkan-Kids – Die neuen Schweizer erzählen» mit Texten über Jugendliche aus dem Balkan und der Türkei.

� l�MARKUS STEFFEN

BuchhinweisEva�Burkard:�Bal�kan-Kids�–�Die�neuen�Schweizer�erzähl�en.�Huber-Verl�ag,�Frauenfel�d�2010.�200�Seiten,�Fr.�39.90.�Erscheint�im�Februar�2010.

Auf der Suche nach einer eigenen IdentitätFür die Winterthurer Schriftstellerin und Psychoanalytikerin Eva Burkard widerspiegeln Integrationsprobleme von Auslän-dern ein Grundproblem des modernen Menschen: die Suche nach Identität. Diesem Thema geht sie literarisch nach.

Erst im Nachhinein merkt sie: Das sind Verse eines Gedichts. Eva Burkard fügt alles mühelos zur einer Gestalt zusammen. Bil�d:�pd

12��l���StaDtKultur� � l����DEr laNDBotE���l����Montag,�14.�DEzEMBEr�2009

Zum Glück musste er in die Noten schauen. Der extra- vagante Pianist Fazil Say wird durch Prokofjew gebändigt.

Schon am Mittwoch hat der türkische Pianist Fazil Say mit eigenwilligen Mozart-Interpretationen im Stadt-haussaaal für allerlei Überraschungen gesorgt. An seinem Piano-plus-Abend am Samstag bestätigte, ja verstärk-te er den Eindruck, dass er nicht nur ein fabelhafter Bravourpianist, son-dern auch für Extravaganzen jederzeit gut ist, und die Berichterstatterin wur-de das Gefühl nicht immer los, dass er sich mit seinen mitunter übertriebenen Gestikulationen gern in Szene setzt, wobei das dem künstlerischen Resul-tat nicht unbedingt dienlich ist.

Dies ging zunächst mit Says Wieder-gabe von Mussorgskis «Bildern einer Ausstellung» so weit, dass man den Eindruck erhielt, er wolle unter allen Umständen das allbekannte Werk an-ders als alle seine Kollegen gestalten, es gewissermassen «neu erfinden». Hat Mussorgski das nötig? Hat er nicht selber schon seine Vortragsanga-ben in Dynamik und Agogik recht ge-nau bezeichnet, die für eine ereignis-reiche tönende «Bilderschau» vollauf genügen?

Bis ins RauschhafteSay baute viel Neues, anderes, bis-weilen Skurriles ein, ging gern ins Ex-treme, begnügte sich nicht mit nor-malem Forte und Fortissimo, sondern steigerte sich bis ins Rauschhafte, un-terteilte einzelne Phrasen und Details, die ohnehin schon durch die Musik dargestellt sind, in weitere Miniatur-fragmente von laut und leise, Akzente

und Steilheiten nach oben wie nach unten. Das alles kann ungemein fas-zinieren. Vor allem aber ist seine pia-nistische Meisterschaft zu bewundern und zu würdigen, die kaum Grenzen zu kennen scheint, über eine uner-schöpfliche Vielfalt an Nuancen und Emotionen verfügt und mit diesen den Hörer auch vereinnahmt.

Die grosse, die enttäuschende Überraschung erfolgte danach durch

die Programmänderung, welche die Erwartung auf die Erfindung des «CEUS»-Bösendorfer-Flügels, der dank Reproduktionstechnik erlaubt hätte, dass Say «mit sich selber vier-händig» gespielt hätte, zunichte mach-te. Ein dazu benötigtes Teilstück ist nicht rechtzeitig eingetroffen. Schade.

Und dennoch glücklicherweise! Denn jetzt spielte Say Prokofjews Siebente Sonate, und weil er hiefür

die Noten benötigte, in die er hinein-schauen musste, konnte er nicht mehr wie vordem gestikulieren. Und siehe da: Sein Vortrag wurde einheitlicher, klarer strukturiert, in der Anlage des grossen Werkes auch architektonisch klar nachvollziehbar. Dafür hat Pro-kofjew natürlich auch selber gesorgt, indem die drei Sätze in ihrer starken jeweiligen – und von elementarer Mo-torik geprägten – Charakteristik un-verwechselbar sind, was Say überzeu-gend zur Darstellung brachte. Und fast überhörte man darob, wie souve-rän er den gewaltigen spieltechnischen Ansprüchen gewachsen war.

An die LiebendenUnd der «ganz andere» Say liess sich zum Schluss in sein musikalisches In-nere schauen, als er drei eigene Bal-laden mit Liebe, Klangfinesse und in-nigen Gefühlen vortrug. Dabei gab er sich als Erzromantiker zu erkennen, der in reinen Moll- und Durgefilden wandelt, Stimmungen mittels repe-titiven Begleitfiguren und lieblichen Sextengängen heraufbeschwört und sich auch einmal – vor allem im sei-nem Kind gewidmeten Mittelstück – in lichte Spieldosenhöhen begibt. Und natürlich lässt er sich in der dritten Ballade («an die Liebenden» gerich-tet) auch die Gelegenheit nicht ent-gehen, Pathos und leidenschaftliche Steigerungen aufzuheizen, und den-noch dann in einen entspannten Pia-noschluss einzugehen.

Wirklich: Man mag von Fazil Says aussergewöhnlicher Weise, sich und die Musik darzustellen, restlos oder auch nur mit Vorbehalten begeis-tert sein: Zu bewundern sind er, seine Fantasie und sein immenses Können auf jeden Fall. � l�RITA WOLFENSBERGER

Ein Erzromantiker auf Spieldosenhöhe

Er wandelt in reinen Moll- und Durgefilden: Fazil Say. Bil�d:�Marco�Borggreve

Unerfüllte Wünsche (14)Ein�Mensch,�der�sich�im�Web�«kitschi-pitschi»� nennt,� bietet� im� augenbl�ick�Baumschmuck�an,�«der�jeden�zum�la-chen�bringt»:�Männer�mit�Fl�ügel�n�zum�Beispiel��oder�auch�Hasen�mit�Fl�ügel�n,�das�Stück�männl�icher�Porzel�l�anengel��kostet� 14� Euro� (ohne� Versand,� Ha-senengel�� dito).� Wirkl�ich� l�ächerl�ich!,�dieser� Mann� im� Baum� (und� was� für�eine�Frau�wil�l��auch�einen�sol�chen�Ha-sen�haben?).�lieber�ist�uns�da�schon�der�Vogel�,�der�so�schön� in�die�hohe�zeit� (und�auch�den�Kal�ender)�passt,�es�ist�ein�Paradiesvogel�.�Sein�Körper�ist� der� Spiegel�� al�l�er� Farben,� die� es�gibt,�ein�Schimmer� von�gl�itzer�über-zieht�die�gestal�t,�und�die�Federn�sind�ein�Hauch.�So�hat�dieser�Vogel��einen�Pl�atz�auf�einem�Bäumchen�gefunden,�das�nie�ein�Weihnachtsbaum�werden�wil�l�.�und�gehen�auch�tag�für�tag�hier�die� türchen� auf:� Er� bl�eibt� (o.k.,� am�Samstag� war� deshal�b� die� abteil�ung�geschl�ossen).�aber�es�muss�nicht�im-mer�die�Vorstel�l�ung�eines�Feuervogel�s�sein.�Über�das�Wochenende�war�die�amsel�� auf� Besuch,� sie� schaute� von�ihrem�Baum�herab,�ob�auf�unserem�Bal�kon�für�sie�ein�apfel��ausgel�egt�sei�(sie�mag�schrumpel�ige).�und�die�am-sel�� bekam� das� geschenk.� auch� für�sie�geht�ein�türl�ein�auf.��(bu)

����aDVEntaDVENt

Ein Gast zurzeit. Bil�d:�pd

Page 8: Press Kit Outside-Inside

12  l  STADTKULTUR    l   der landbote   l   DIENSTAG, 27. APRIL 2010

«Irgendwie war ich schon immer kreativ veranlagt», schmunzelt Christiane Ghi-lardi, wenn sie ihren Gästen die Arbeits-räume in der Künstlerbaracke an der Industriestrasse 11 zeigt. Eine Nasszel-le der Baracke wurde zu einer C.L.O.- Installation mit Schwemmholzfiguren in der Dusche und Steinen und Mu-scheln in Pissoirs. Eine kleine rote Ente schwimmt in einem Klobecken.

Einen Raum der ehemals zur Bau-firma Corti gehörenden Baracke und späteren Asylunterkunft hat sie in eine Kunstkioskinstallation verwandelt, in der es alles gibt, was sonst von einem

Kiosk angeboten wird: Verschiedens-te Fundmaterialien wurden recycelt zu Auslagen, als Wandcollage, Snacks, Eiscreme, Blumen und kleinen Mit-bringseln.

Christiane Ghilardi teilt sich die Atelierräume mit Alice Bürgler, die am äussersten Ende der Baracke eine Firma für Mietgeräte führt und ausser-dem computergenerierte Kunst macht und malt. «Wir ergänzen uns hervor-ragend», betont Ghilardi. Die beiden Frauen vermieten zudem selbst ent-wickelte Partyspiele, zum Beispiel eine Kuh zum Wettmelken mit echtem Übungseuter oder ein Set zum Kre-ieren kleiner Vogelscheuchen für die kreative Familienfeier.

Das Gemeinsame suchenNachdem die gebürtige Hamburgerin einige Jahre zwischen Hamburg und Winterthur hin und her pendelte, ist sie seit fünf Jahren in der Schweiz nie-dergelassen. «Mein Mann ist Schwei-zer mit italienischen Wurzeln», er-klärt Ghilardi ihren Namen. Kennen gelernt haben sie sich in Hamburg. Als er in Winterthur eine neue Stelle angeboten bekam, besichtigte sie die Stadt und fand: «Winterthur ist geni-al.» Warum? Sie überlegt – «Ich hörte viel Italienisch auf der Strasse, das ge-fiel mir». Integrationsprobleme? Habe sie nie gehabt. «Die ständige Suche nach Unterschieden stört mich sehr», betont sie. Man solle das Gemeinsame finden und pflegen.

Die freundschaftliche Koexistenz mit Alice Bürgler ist für Ghilardi Be-weis genug, dass es mit gegenseitigem Respekt zwischen Schweizern und

Deutschen klappen kann, was sicher auch für andere Personengruppen gilt. «Das gemeinsame Interesse an Kunst hat uns zusammengebracht», freut sie sich und ergänzt: «Kunst ist ein wun-derbares Medium für Integration. Sollte es mich einmal an einen neuen Ort verschlagen, würde ich es wieder so machen.» In der hiesigen Kunstsze-ne habe sie rasch Kontakte knüpfen können.

Kunst der VerwandlungEigentlich wollte sie Maskenbildnerin am Theater werden. Der Beruf war kein Lehrberuf, sondern führte über die Lehre als Friseuse oder Kosmeti-kerin. Für die Eltern war ein solcher Werdegang undenkbar. Christiane Ghilardi wurde zum Abitur verknurrt. Danach war sie übersatt vom Ler-nen. «Ich habe keine Ausbildung», räumt sie freimütig ein und ergänzt: «Ich habe mich nach der Schule jeg-lichem Bildungssystem verweigert.» Sie schlägt sich durch mit Bürojobs, sie kocht und organisiert einen priva-ten Partyservice, hütet fremde Kinder und Hunde oder schrubbt Schiffsdecks von Yachten in spanischen Urlaubsor-ten. «Ich war mir für nichts zu schade», meint sie im Rückblick.

Es war eine gute Zeit, die aber nur mit viel Improvisationstalent gemeis-tert werden konnte. «Ich hatte immer wenig Geld und musste mir ständig et-was Neues einfallen lassen. Es gab eine Zeit, da habe ich im Schwimmbad an-gefragt, gratis duschen zu dürfen, weil

ich gerade knapp bei Kasse war und keine ‹richtige› Wohnung hatte.» Heu-te verläuft ihr Leben in «geregelten» Bahnen, doch für ihr künstlerisches Schaffen gibt sie dennoch kaum Geld aus. Mit Fantasie aus zumeist Gefun-denem etwas zu gestalten, ist ihre selbst erwählte Herausforderung: «Al-les kann zu etwas ganz anderem wer-den, als es ist oder zu sein scheint.»

Verwandlung einer Wolldecke«Zur Kunst kam ich hier wie die Jung-frau zum Kind», sagt sie. Ihr Mann

überredete sie zu einem Kurs bei der Künstlerin Katharina Henking. Ihre nie wertende oder dozierende Art kam Ghilardi sehr entgegen. Henking liess die Kursteilnehmer frei auspro-bieren und förderte sie mit konstruk-tiven Inputs.

Und was fällt einer Hamburgerin in der Schweiz als Erstes ins Auge? Die Schweizer Armeewolldecke. «Für mich ist sie absolut wertfrei», beteuert Ghilardi, «schliesslich musste ich nie darunterschlüpfen.» Sie habe einen richtigen «Fimmel» für die Wolldecke, ein tolles Material, das sie zu der Rei-he «Friedliche Nutzung einer Armee-wolldecke» inspiriert hat.

So gestaltete sie aus einer Decke einen Weihnachtsbaum, passend zum Friedensfest. Oder sie formte aus dem Wollstoff Edvard Munchs berühmtes Bild «Der Schrei» nach – ein Warnruf vor dem Krieg. Zurzeit arbeitet sie an einer Installation, in der Fische und auch wieder die Wolldecke eine Rol-le spielen. Kleine Fische werden so zu-rechtgeschnitten, dass der rote Strei-fen zum Bauch eines balzenden männ-lichen Stichlings wird.

Da für Ghilardi der Prozess einer Arbeit von zentraler Bedeutung ist,

ist sie immer irgendwie «dran». Sie ist dankbar für die grosse Toleranz, die ihr Mann aufbringt. «Vieles entsteht zu Hause, und entsprechend sieht es dort aus», räumt sie ein. Wenn ihre Fantasie zu blühen beginnt, verwan-delt sie ihre Umgebung: Wolldecken in Fische, Kondome in Kakteen, Klo-schüsseln in Steingärten, Baracken werden zu Wunderwelten.

Mut zum RisikoAber immer bringen die Installatio-nen eine Befindlichkeit der Künstle-rin auf den Punkt – und sie lassen den Betrachter nie unberührt. «Ich mache halt einfach mein Ding», sagt sie, «ich

frage nicht gross danach, ob dies den anderen passt.» Missverständnisse sind dabei natürlich nicht auszuschliessen. Sie sei mit einer Kloschüssel-Installa-tion, die auf die Probleme der Sans-Papiers aufmerksam machen sollte, völlig falsch interpretiert worden. Die Rezensentin habe die Installation mit Marcel Duchamps berühmtem Ready-made in Verbindung gebracht und lus-tig gefunden. Zuerst sei sie darüber sehr bestürzt gewesen – dann habe sie beschlossen, sich als Künstlerin nicht zu ernst zu nehmen. «Ich finde es bes-ser, wenn man über mich lacht, als wenn man über mich weint.» lCHRISTINA PEEGE

«Ich mache halt einfach mein Ding»Christiane Ghilardi kam auf direktem Weg von Hamburg nach Winterthur. Der Weg zur Kunst verlief etwas gewundener. Sie hat ein Konzept zur friedlichen Nutzung der Armeewolldecke entwickelt. Es ist absolut wasserdicht.

Christiane Ghilardi mit einem entwurf für einen Fisch. die gebürtige Hamburgerin verwandelt mit ihrer blühenden Fantasie die ganze Umgebung in eine Welt voller Wunder. Bild: Heinz Diener

OUTSIDEINSIDEINTERNATIo­NALE kUnstWie Kunstschaffende aus aller Welt Winterthur sehen und beleben

In Winterthur leben und arbeiten Kunst­schaffende  aus  aller  Herren  Länder. Sie  sind  auf  abenteuerlichen,  ver­schlungenen oder ganz direkten Wegen (und manchmal auch einfach wegen der Liebe) hierhergekommen. Wir stellen in dieser  neuen  Serie  Künstler  vor,  die zwar  von  ihrer  Herkunft  geprägt  sind, die ihr Leben und ihr Schaffen aber mit dieser Stadt verbunden haben. Was sie 

aus ihrer Heimat mitbringen, bereichert das  Leben  dieser  Stadt.  Die  Auswahl der ersten sechs Künstler ging von ei­ner  Ausstellung  unter  dem  Titel  «o­ut­side  Inside» aus, die  im  Januar 2010 auf Initiative von Michelle Bird im Alten Stadthaus  Winterthur  stattgefunden hat (siehe www.outside­inside.ch). Wei­tere Interessenten für ein Porträt sind willkommen.  (cp)

 AUSSENSIcHT UND bliCk naCH innen

Vor vier Jahren taten sich Asia, eine «Supergroup» der 1980er-Jahre, wieder in der originalen Besetzung zusammen. Heute Abend spielen sie im Salzhaus.

Asia sind auf Omega-Tour. Das tönt so gut wie die Auskunft, dass es sich dabei um eine «Supergroup» handelt. Klar ist zu hoffen, dass sie auch super spielen. Aber die Herkunft des Ausdrucks ist banaler. Damit bezeichnet man Bands, die aus Mitgliedern anderer, bekann-ter Gruppen entstanden sind. Genau das war bei Asia der Fall. Anfang der 1980er-Jahre taten sich John Wet-ton von King Crimson, Carl Palmer von Emerson, Lake & Palmer, Steve Howe von Yes und Geoff Downes von den Buggles nach der Auflösung ihrer ursprünglichen Bands zusam-men, um ihren Bombastrock weiterhin in den grossen Hallen spielen zu kön-nen. Es handelt sich mithin um eine Art Asyl für arbeitslose Rockmusiker, um eine Selbsthilfegruppe.

Wie bei Zweckgemeinschaften üb-lich, zerbrechen sie, wenn sich der Zweck verflüchtigt. Das Debütalbum «Asia» gelangte noch in die Charts, doch als das zweite Album herauskam, wussten die Fans bereits, wo es bei der Sache lang ging: Das Album floppte, und die Bandmitglieder machten sich aus dem Staub. Fünf Jahre später kam

es zu einem ersten Comeback, aller-dings ohne Wetton, und in den Jahren darauf schlug sich Asia in wechselnder Besetzung durch. Es funktionierte gar nicht mal schlecht, man musste nur die Reiseroute sorgfältig kalkulieren und zur rechten Zeit am rechten Ort auf-tauchen. Das gelang zum Beispiel in Moskau, wo Asia zweimal vor 20 000

nach westlichen Standards lechzenden Hörern ihre «Greatest Hits» rauf- und runterspielten.

Vor vier Jahren war dann endlich auch Wetton wieder bereit, mitzu-tun, und so stand der Wiederaufer-stehung einer nunmehr, aufgrund des zeitlichen Abstands zur Entstehung, legendär gewordenen Urformation nichts mehr entgegen. Das dazuge-hörige Album nannte man passend «Phoenix». Allerdings merkten scharf-sinnige Beobachter sofort, dass die Songs nicht mehr so fett und kraft-voll tönten wie in den Anfängen, son-dern eher ruhig und sachlich und da-mit näher am Sound der 1990er-Jah-re. Welche Hits heute Abend gespielt werden, kann man dem Doppelalbum «Live Around The World» entneh-men, «Heat Of The Moment», Asias grösster Erfolg, ist darunter, aber auch Songs wie «Wildest Dreams», «Time Again» und «Sole Survivor». Und mit «Omega» haben Asia sogar ein brand-neues Album im Gepäck.  (dwo)

asialive: Heute, 19.30 Uhr, Salzhaus. Cd: o­mega (Frontiers Records)

Wiedervereinigte Selbsthilfegruppe Asia

asia lebt (von links): Carl Palmer, John Wetton, steve Howe und Geoff downes. Bild: pd

«Alles kann zu etwas ganz anderem

werden, als es ist oder zu sein scheint»

christiane Ghilardi

Lob aus den USA für Keller’s ‹10›Es kommt selten vor, dass eine jun-ge Jazzcombo aus der Schweiz in den USA auf Beachtung stösst. Doch sie-he da: Das «DownBeat Magazine» und das «Cadence Magazine» schrie-ben über Keller’s ‹10›, und im renom-mierten New Yorker Magazin «All-AboutJazz» figurierte die CD «Beat Keller’s ‹10›» in den Jahrespolls als «Best Debut Release 2008». Auch in Deutschland und der Schweiz hat das Album sehr gute Kritiken erhalten. Keller’s ‹10› ist ein professionelles En-semble aus zehn der interessantesten Musiker der jungen Schweizer Jazz-generation. Leader Beat Keller diri-giert das Tentett und hat alle Kom-positionen geschrieben. Zum Beispiel eine Hommage an den verstorbenen Pink-Floyd-Musiker Syd Barrett. Die Stücke enthalten Jazz, zeitgenössische Musik und Pop. Keller’s ‹10› ist wie eine halbe Big Band zusammenge-setzt: drei Holzbläser, zwei Trompe-ten, zwei Posaunen, Kontrabass, Kla-vier und Schlagzeug.  (red)

keller’s ‹10›Mi, 28.4., 20.15 Uhr, Theater am Gleis,  Eintritt frei, Kollekte.

Page 9: Press Kit Outside-Inside

14  l  Stadtkultur    l   der landbote   l   Mittwoch, 17. FEBruar 2010

LISTE 1:SP, Gewerkschaften und JusoIn den GemeinderatIhre Kandidaten/innen aus Altstadt/Mattenbach:Vorne: Yvonne Beutler, Jack Würgler, Ursula Braunschweig-Lütolf,Marianne Frehner Ablinger, Rafael Steiner, Patrizio FuscoHinten: Marion Krüsi, Doris Meier-Hauenstein, Heidi Witzig Vetterli,Priska Braun, Kilian Schmid, Stefan Hostettler

anzEigE

Surab Narmania malt eigen­willige Bilder, voller Anspie­lungen und leiser Ironie. Der gebürtige Georgier diskutiert leidenschaftlich gern über Kunst, Gott, die Welt und was sonst noch interessant ist. Hier wünscht er sich mehr Lust an der Debatte.

Niemand käme darauf, was sich da hinter heruntergelassenen Rollläden in einem ehemaligen Verkaufsladen in Dättnau verbirgt. Ein richtiges Künst­leratelier nämlich. Eins, wie man es sich vorstellt, mit Farbklecksen am Boden und einem bullernden Ofen, der winters den Raum wärmt. Warum Surab Narmania nicht bei Tageslicht

arbeitet? Er schätzt es, im intimen Rahmen arbeiten zu können, wo sein Schaffensprozess ungesehen bleibt. «Wir leben auf dem Land», lächelt er halb und seufzt er auch, ja: Er sei hier eher ein Exot.

Narmania redet, genauer: debattiert und diskutiert aus Leidenschaft; aus­serdem, gesteht er: «Ich brauche Stadt­luft.» Kein Wunder, denn Narmania ist in Tiflis aufgewachsen, der quirligen und multikulturell geprägten Kapitale Georgiens. «Tiflis ist eine exotische Stadt», sagt er, «und im Sommer ist es unerträglich heiss». Er wächst inmitten der Grossstadt auf, die seit Jahrhun­derten von unterschiedlichsten kultu­rellen Einflüssen geprägt wurde, von Byzanz über die Perser, Seldschuken, Araber, Europäer und nicht zuletzt Russen liessen viele Völker und Herr­scher ihre Spuren zurück, ebenso Reli­gionen wie die Orthodoxie, das Juden­tum, die Zoroastrier, Katholiken. Auch die heutige Stadt sei kulturell sehr viel­fältig, «doch beeindruckte mich im­mer die Toleranz, die geherrscht hat», sagt er. Toleranz, die auf Debattenkul­tur beruht. Narmania wächst in einer Künstlerfamilie auf, sein Vater ist Do­zent an der Kunstakademie von Tiflis. Keine Frage also, dass der Sohn am Technikum zunächst vier Jahre Kunst und Pädagogik studiert und anschlies­send an der Kunstakademie in sechs Jahren das Diplom erlangt.

Worte und WeinEr verbringt nach dem Studium sechs Monate in Moskau und verkehrt in der Kunstszene. «Eine aufregende Zeit, auf jeden Fall», blickt er zu­

rück. Die jungen Künstler organisier­ten Ausstellungen – es gab reichlich Wein und noch reichlicher Diskussio­nen. «Wir tauschten uns aus, übten Kritik, fragten uns, warum einer et­was auf eine bestimmte Art und Wei­se macht», erinnert sich der Künstler. Aber auch Theorien werden disku­tiert, analysiert, genüsslich zerpflückt: «Ist Metaphysik akzeptabel?», «Sind Zeichentheorie und Semiotik über­haupt noch aktuell?» – Es seien gute Gespräche gewesen, immer ehrliche, unter guten Freunden.

Aus wenig viel machen«Die Versenkung im Wahrnehmbaren ist typisch für den Osten», ist Narma­nia überzeugt. Man denke intensiver über Wahrnehmung nach als etwa in Europa. «Hier wird mehr gemacht, man lebt die Realisierung der Kunst aus», sagt er. Dies liege auch daran, dass man damals in Georgien oder Russland einfach weniger Möglich­keiten hatte, etwas umzusetzen, als im Westen. Es mangelte an industrieller Vielfalt. «Wir mussten aus dem We­nigen, das wir hatten, etwas machen», dies habe intensives Nachdenken vor­ausgesetzt.

Diese Reflexion über die Wahr­nehmung und Kunst charakterisiert noch heute das Schaffen des Künst­lers. Viele Bilder enthalten äusserst realistische Elemente, sind virtuos ge­malt – und persiflieren auf ihre Art das virtuose Können (von dem Kunst ja kommen soll) als inhaltsleer. Ande­re Bilder zitieren Filme, arbeiten mit Zeichen und Verweisen. «Ich führe ein parasi­täres Leben», sagt er mit seiner für ihn so typischen leisen Selbstironie, er dringe gerne in Kunstwerke anderer ein und analysiere deren Bildaufbau. Diesen dekonstruiert er wiederum, um eine eigene Bildwelt zu schaffen.

Die LernprozesseWer sich mit Narmania unterhält, ist beeindruckt von dessen Bildung – Phi­losophie, Kunstgeschichte, Ästhetik – seinen Horizont hat er beharrlich erweitert. Der Künstler verlässt 1994 Georgien Richtung Bonn. Hier er­innert er sich besonders gerne an die Aufnahme in der Bibliothek des Mu­seums für Zeitgenössische Kunst. Die sei eigentlich forschenden Kunstwis­senschaftlern vorbehalten – doch die Bibliothekarin macht bei dem bil­dungshungrigen Georgier eine Aus­nahme. Narmania kniet sich in die Bücher, findet sogar noch Briefwech­sel zwischen berühmten Galerien, die Briefbögen einfach so in die Bän­de eingelegt. In Deutschland lernt er seine künftige Frau kennen und zieht mit ihr 1998 in die Schweiz. «Warum nach Winterthur? «Weil hier grad eine Wohnung frei war», sagt er. Glücklich

sei er ja darüber am Anfang nicht ge­wesen. Aber mit der Zeit habe er die Stadt lieb gewonnen und habe viele in­teressante Leute kennen gelernt. «Ich musste hier viel lernen», blickt er zu­rück. Die Welt des Protestantismus

war für ihn eine völlig neue, «sehr diesseitig», sagt er, das sei eine neue und wichtige Er­fahrung für ihn gewesen, der eine andere Geistes­haltung bevorzugt – «es gibt nichts Essenzielles, die

Welt ist so, wie man sie sieht», zitiert er aus der indischen Philosophie.

Kunst ist kein LuxusLernen musste er auch, dass man hier eine Sache thematisiert und struktu­riert angeht. «Die Leute hier debattie­ren nur, wenn sie einen offiziellen An­lass haben», sagt er. Zum Beispiel eine Podiumsdiskussion. Schlicht aus purer Lust an der Auseinandersetzung eine Diskussion anzuzetteln, das erlebe er selten. Wenn ihn die Lust überkommt, dann telefoniert er Freunden in Geor­gien, um über einen Film von James Cameron zu diskutieren oder über ein Konzept. Einfach so.

Er wünscht sich auch, dass die Kunst als Ereignis mehr Wertschätzung er­fahre. Kunst durchdringe das ganze Leben, Kunst gebe den Dingen über­haupt erst Form. Ohne Kunst würde auch die Wirtschaft nicht laufen, ist er überzeugt. «Kunst beeinflusst die Lebensqualität», betont er. Kunst sei kein Luxus, wie sie immer wieder ge­handelt werde. «Kunst ist eine konsti­tutive Kraft in unserem Leben.»

lCHRISTINA PEEGE

«Die Welt ist, wie man sie sieht»

Surab narmania pflegt die Kunst des ironischen Zitates. der Maler schöpft aus einem reichen bildungsschatz. Bild: Marc dahinden

in winterthur leben und arbeiten kunst­schaffende  aus  aller  herren  länder. Sie  sind  auf  abenteuerlichen,  ver­schlungenen oder ganz direkten wegen (und manchmal auch einfach wegen der liebe) hierhergekommen. wir stellen in dieser  neuen  Serie  künstler  vor,  die zwar  von  ihrer  herkunft  geprägt  sind, die ihr leben und ihr Schaffen aber mit dieser Stadt verbunden haben. was sie aus ihrer heimat mitbringen, bereichert 

das  leben  dieser  Stadt.  die  auswahl der ersten sechs künstler geht von ei­ner  ausstellung  unter  dem  titel  «out­side  inside» aus, die  im  Januar 2010 auf  initiative  von  Michelle  Bird  im  al­ten  Stadthaus  winterthur  stattgefun­den  hat  (www.outside­inside.ch).  wei­tere interessenten für ein Porträt sind willkommen,  hinweise  aus  der  leser­schaft  auf kunstschaffende ebenfalls auf: [email protected].  (cp)

  auSSenSicht und Blick nach innEn

«�Kunst ist kein Luxus – sie ist eine

konstituierende Kraft in unserem Leben»

Surab narmania

OUTSIDEINSIDEintErnationalE KunStwie kunstschaffende aus aller welt winterthur sehen und beleben

Filigrane Klänge, schwebend im ZwischenraumDie junge Dänin Sofie Nielsen zimmert sich in ihren musikalischen Performances eine eigene Welt zwischen Wachen und Schlafen.

Das Stück «Open Secret» beginnt mit Keyboardklängen, als würde auf einem Glockenspiel frei improvisiert. Nach und nach wird ein komplexer Rhyth­mus sichtbar. Eine lang gezogene Ton­spur aus sphärischen Weiten tritt hin­zu, ferner ein Stampfen und Klacken wie in einem Werkraum, von draussen ein vom Wind verwehtes Kinderla­chen. Schliesslich webt sich die Stim­me der Sängerin hinein, zerbrechlich und erotisch. Sie singt ein Lied und doch keines, bleibt schwebend im Un­gefähren.

Von solchen Andeutungen lebt die Musik der jungen, aus Aalborg stam­menden Dänin Sofie Nielsen. In ihrem musikalischen Einfrauprojekt namens Tone zimmert sie sich eine eigene Welt zusammen, die an Tagträume er­innert. Die zehn Nummern ihres ers­ten, 2008 beim Kopenhagener Label Ponyrec erschienenen Albums «Small Arm Of Sea» sind voll von Chiffren des Dazwischen: «Just wake me up be­fore you go», heisst es im Stück «Wake Me Up», «I need a break» in einem anderen; ein weiterer Titel lautet viel­sagend «Undecided».

Musikalisch dominieren raffinierte Breakbeats, elektronische Klänge und eine oft vervielfältigte, narkotisieren­de Stimme. Stilistisch ist Tone irgend­wo in der weiteren Umgebung von Trip­Hop einzuordnen. Der stark va­riierende, verspielte Gesang orientiert sich zuweilen recht klar an Björk.

Was macht den eigentümlichen Reiz dieser Musik aus? Die Abwesenheit starrer Strukturen. Alles scheint inein­anderzufliessen. Darauf muss man sich zuerst einstellen: Wer herkömmliche Songs erwartet, wird enttäuscht. Statt­dessen betritt man eine Gegenwelt, in der sich die gewohnten Dinge in neu­en, Konstellationen wieder finden. Die Offenheit erlaubt es Nielsen, zu expe­rimentieren. Etwa mit der Textzeile «How Hard Did You Try», die unzäh­lige Male wiederholt wird, als gelte es, einem Verfahren der konkreten Poe­sie vergleichbar, die Bedeutungsmög­lichkeiten auszuloten, die in ihr ste­cken. Im Konzert werden ausserdem mit der Musik abgestimmte, experi­mentelle Videos gezeigt.  (dwo)

tonelive: Fr, 19. 2., 21 uhr, kraftfeld. anschliessend  dJs nikolai Volkoff & dr. Brunner. cd: Small arm of Sea (Ponyrec/urlyd).

Kidjo in Halle 53Mit zwei grossen Namen kann das diesjährige Afro­Pfingsten­Festival aufwarten. Zugesagt haben die in New York lebende Sängerin Angélique Kidjo und das Orquesta Buena Vista Social Club aus Kuba. Das komplette Programm wird am 1. März bekannt­gegeben, wie die Organisatoren des Festivals gestern mitteilten. Dann be­ginnt auch der Ticket­Vorverkauf. Die Konzerte des Festivals finden vom 21. bis 23. Mai wiederum in der Halle 53 des Sulzer­Areals statt.  (red)

Page 10: Press Kit Outside-Inside

14  l  Stadtkultur    l   der landbote   l   donnerStag, 11. märz 2010

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«Genau das ist es!», habe er gesagt, als er das zu ebener Erde liegende Ate­lier am Lindspitz gesehen habe, «hell und geräumig», hier könne er arbei­ten. Ricardo Flores Saldaña fühlt sich in seinem Arbeitsraum sichtlich wohl; der Raum ist, obwohl er zwischen zwei stark befahrenen Strassen liegt, so et­was wie eine Oase der Ruhe und Krea­tivität. Der Eindruck entsteht durch die Skulpturen, die im Atelier stehen.

Es sind Figuren aus Holz oder Stein; in der einen erkennt man eine Frauenfi­gur, andere Skulpturen sind offen für Deutungen. Ihre Oberfläche lebt von der Maserung des Holzes oder von den Farben des Steins. Es sind Gebilde von hoher Perfektion, nicht nur was ihre Oberflächenbearbeitung anbelangt, sondern auch in der Ausgewogenheit der Volumina. Viele tragen geheim­nisvoll klingende Namen «Xochitl» oder «Lol­ha», andere wie «Macho» sind weniger erklärungsbedürftig.

Die Titel der Skulpturen stammen aus Flores Saldañas Heimat – oft aus einer der indianischen Sprachen Me­xikos. «Ich habe mich mit den antiken Kulturen Mexikos intensiv beschäf­tigt», erklärt der Künstler. Dennoch sprechen seine Figuren eine ganz eige­ne, zeitgenössische Formsprache, die dann und wann das Figürliche streift, oft aber bleiben sie reine Form.

Ein Perfektionist mit CharmeDer heute 40­jährige hat einen weiten Weg zurückgelegt. Geboren wurde er in Mexiko Stadt, seine Kinder­ und Ju­gendjahre verbrachte er im Bundes­staat Chiapas. Nein, er stamme nicht aus einer armen Familie, betont er, in der Schweiz würde man wohl sagen «Mittelstand», auch wenn der Begriff nicht ganz zutreffe. Er überlegt immer wieder, bespricht sich auf Spanisch mit seiner Frau, «Mein Deutsch ist noch nicht das beste, doch wenn ich über mich und meine Kunst spreche, will ich mich präzise ausdrücken können», seine Frau übersetzt zuweilen aus dem Spanischen. Er hat sie für das Ge­spräch ins Atelier gebeten – damit es mit der Verständigung auch wirklich klappt. Präzision ist ihm nicht nur in seinen Werken wichtig, sondern auch im alltäglichen Ausdruck.

Flores Saldaña studierte an der Uni­versität Veracruzana in Xalapa Bil­dende Kunst mit Schwerpunkt Bild­hauerei. Das klingt vielversprechend, dennoch: Ein Künstlerdasein in Mexi­

ko ist äusserst hartes Brot. Der Absol­vent arbeitet als Zeichner auf archäo­logischen Ausgrabungen, unterrichtet Zeichnen und Werken an Primar­ und Oberstufenschulen, erhält eine Stelle als Dozent an der Hochschule für Bil­dende Kunst in Chiapas. «Das Leben in Mexiko ist ausserordentlich schwie­rig», erklärt er. Auch ein Hochschul­dozent lebt kein leichtes Leben, auch wenn er in Mexiko zu so etwas wie dem Mittelstand gehört. Die Preise sind enorm hoch, die Löhne niedrig. «In Mexiko ist es für Künstler daher leichter, wenn sie sich in Gruppen for­mieren», erklärt er. Ohne Solidarität keine Kunstszene, oder mit Solidarität eine bessere Kunstszene. Eine Gruppe Kunstschaffender findet sich in Xala­pa zusammen; die Mitglieder unter­stützen sich mit Ideen, aber auch ganz konkret, indem sie gemeinsame Aus­stellungen organisieren. Er hat diese Zusammenarbeit und den ideellen Austausch unter Freunden und Künst­lern sehr geschätzt: «Das macht die Kunst lebendig.»

Seine Frau, eine Schweizerin, lernt Flores Saldaña an der Uni in Chiapas kennen. Die beiden heiraten, kurz dar­auf läuft sein Arbeitsvertrag mit der Uni aus, und so ziehen sie nach Xalapa im Bundesstaat Veracruz, suchen dort Arbeit, vergeblich. Eine schwierige Zeit, wie beide sagen. Die Ersparnisse gehen zur Neige, die beiden beschlies­sen, in die Schweiz zurückzukehren. «Ich wollte schon immer mal nach Ita­lien, in das Land der schönen Künste», sagt Flores Saldaña und schmunzelt, «die Schweiz liegt ja grad nebenan.» Mit einem Koffer voller Kleider und einem Koffer voller Werkzeug kam das Paar 2006 in Winterthur an und bei einer Freundin unter.

Harter Weg, reichlich Früchte«Zu Beginn war es schon hart hier», räumt Flores Saldaña ein, «die Men­schen sind so vollkommen anders als in Mexiko.» Heimweh, ja, das kennt er. Mittlerweile fühlt er sich jedoch zu Hause hier in der Schweiz, in Win­terthur. Er lacht und sagt:» So ist halt das Leben, mal einfacher und mal schwieriger. Ich bin von Grund auf ein sehr fröhlicher Mensch. Was mir nicht immer leichtfällt, ist, Kontakte zu knüpfen, da ich eher eine introvertierte Person bin, doch wo Kontakte zustan­

de kamen, ist man mir stets mit grosser Offenheit begegnet», sagt er. Auch in dem Bauhandwerkbetrieb, in dem er heute zu fünfzig Prozent arbeitet, sei er wie in einer Familie aufgenommen worden. «Es war ein harter Weg, aber heute kann ich reichlich Früchte ern­ten», blickt er auf die vier zurücklie­genden Jahre in der Schweiz zurück. Er geniesst es, hier zu sein. «Endlich ist der Druck weg, den der Überlebens­kampf erzeugte.»

Hier ist laut dem Künstler alles gut organisiert. Man kann Materi­al beschaffen, für eine Bohrmaschine muss man anders als in Mexiko keinen ganzen Monatslohn hinblättern. Hier erhalte er Werkzeug von sehr guter Qualität, dies wirke sich auf die Quali­tät seiner Skulpturen aus. Ob er in sei­nem Atelier die Künstlergemeinschaft von früher nicht vermisst? «Ich arbei­te gerne auch für mich, ich muss mich ganz auf mein Werk fokussieren kön­nen», sagt er. Gerne tauscht er sich mit anderen Künstlern hier in Winterthur aus, der Austausch und die Beziehun­gen seien sehr wichtig.

Pädagoge aus LeidenschaftAusserdem beginnt Flores Saldaña wieder, in seinem Atelier Bildhauerei zu unterrichten. «Ich will nicht nur fer­

tige Dinge zeigen, ich will auch etwas von meinem Erfahrungsschatz weiter­geben.» Er hat seine eigene Lehrme­thode entwickelt, die sich nicht stur nach Büchern und Theorien richtet, sondern den Menschen und seine Be­dürfnisse in den Mittelpunkt stellt. «Was braucht ein Mensch», das sei die zentrale Frage, wenn er Kunst unter­richte. «Wichtig für mich als Lehrer ist mein Gegenüber, der Schüler oder die Schülerin. Was wollen sie Ausdrücken und wie können sie es? Gemeinsam suchen wir dann den Weg, um das zu materialisieren, was sie innerlich be­wegt.» Wenn Flores Saldaña vom Un­terricht spricht, redet er sich so richtig ins Feuer, er erzählt in immer flüssiger werdendem Deutsch, wie er Kindern mit motorischen und Schulschwierig­keiten in Rikon Werkunterricht erteilt hat, wie er sie fördern konnte.

In Winterthur wünscht sich Flores Saldaña eine offenere Kunstszene und dass vermehrt auch an Orten aus­gestellt wird, die nicht offiziell aner­kannt sind. Etwas Mut zum Risiko. «Wenn man Kunst an ungewohnten Orten ausstellt, macht dies die Kunst spannender – und das Publikum neu­gieriger.» Und was braucht denn der Mensch für sein Leben, ausser Offen­heit und Neugierde? lCHRISTINA PEEGE

«Austausch macht Kunst lebendig»Ricardo Flores Saldaña schafft Skulpturen voller Magie und von höchster Präzision. Der Künstler mit mexikanischen Wurzeln lebt gerne in Winterthur, denn hier ist das Leben gut organisiert. Das komme seiner Kunst zugute, sagt er.

ricardo Flores Saldaña lebt und arbeitet gerne in Winterthur. er hat das lachen nicht verlernt, auch wenn das leben hier nicht immer ganz einfach ist. Bild: marc dahinden

OUTSIDEINSIDEinternationale kunStWie kunstschaffende aus aller Welt Winterthur sehen und beleben

Sie sind die Ostgeburt der Hölle. Die Alte Kaserne zeigt Comix und Sequenzen aus der Ostschweiz. Anschauen!

Verein zur Förderung sequenzieller Grafik, das tönt schon mal gut. Noch besser: «Wir legen keinen Wert auf grosse Namen und keinen Wert auf Hundert­mal­Gesehen.» Am besten aber ist der Imperativ: «Wir fördern!» So stellt sich der Verein Sequenz aus St. Gallen vor, der sich Abfolgen aller Art verschrieben hat: im Trickfilm und mit Bildergeschichten, in der Kunst und auch ausserhalb von ihr, also qua­si überall.

Überall ist St. Gallen, Ostschweiz. Die Sequenz­Ausstellung in der Alten Kaserne zeigt die «Ostgeburt der Höl­le». Alles ist extra gemacht für Win­terthur samt Büchlein. Ein Querschnitt durch das Ostschweizer Illustrations­

und Comicschaffen: 14 Zeichnerinnen und Zeichner hat der Verein ausge­wählt, um das Spektrum des Schaffens zu zeigen. Es führen ganz verschie­dene Wege durch diese Landschaft, vom Chrüsimüsi über kleine Filme bis zum Klebepunktroman.

Da ist einmal Speicher, hier wohnt Theres Senn, Jg. 1968; die Illustrato­rin bringt wunderhübsch ins Bild, was sich zwei Riesenschlangen so zu sa­gen haben. «Kannst du mir sagen, was Weisheit ist?», fragt die eine. «Komm herein, ich sags dir gleich. Erzähl mir aber zuerst die neuesten Geschichten über Alfons, die interessieren mich brennend.» Türe auf, Türe zu, das ist schon der ganze Witz. Er funktioniert übrigens auch mit Waschmaschinenre­parateuren und Heiligenschein, zwei Skeletten und einer Blaskapelle, einer Kinderschaukel und anderen kritz­ligen Gestalten aus dem Kugelschrei­bergebiet.

So geht es weiter: mit Wattwil, das Anna Furrer, Jahrgang 1980, ist; sie liefert die titelgebende Ausgeburt der Hölle, Fig. 1 bis 34: das Ying und Yang zeigt sich in der Unterwelt. In diesen Bereich wagt sich auch Lika Nüssli, *1973, vor, in «Sehnsucht, wieder ein Versuch» geraten ihre Figuren über den Rand in die Leere hinein, und es ist ein Leuchten in diesen Bildern, auch wenn sie von der Hölle erzählen.

Jedes Vorankommen fordert hier seinen Tribut. Kreuz und quer geht es durch die sequenzielle Landschaft, wir sind weiter auf 1000 m ü. M. in Tro­gen (mit Annette Pecar), in Wil (Fio­na Schär), immer wieder natürlich in St. Gallen (mit Matthias Noger, Jona­than Németh, Sascha Tittmann, Vero­nika Brusa), dann auch in Schaffhau­sen (Meret Wüst), Flawil (Ray Hegel­bach), Schwellbrunn (Sabine Schwyter­Küfer). Und alles drängt doch zuletzt nach Winterthur, nicht nur mit Beni

Merk, der hier wohnt, und Rahel Ni­cole Eisenring, die hier geboren ist: An der Vernissage am Dienstag waren vor lauter Menschen die Bilder an den Wänden gar nicht zu sehen.

Und die einzelnen Stationen lassen sich, so unterschiedlich sie auch sind, als eine Sequenz lesen: vom Umgang mit dem Bildervorrat in den Köpfen. Und alle Werke zusammen ergeben einen Film: über den Alltag und die Sehnsucht nach dem anderen, über Klötze, die hier im Wege stehen, und Punkte, die für sich genommen eine Romanze sind. Einfach: La Condition humaine, gezeichnet, gemalt, gefilmt. Und überall: ist das Herz eingeschrie­ben.  (bu)

ostgeburt der Hölleausstellung im Bistro der alten kaserne, bis  1. april. der katalog, der ein schönes Büchlein ist und Comix und Sequenzen aus dem osten der Schweiz versammelt, kostet 10 Franken.

www.sequenz.net

Vom Leuchten am Rand des Abgrunds

Page 11: Press Kit Outside-Inside

Petra Sulzer-von-der-Assen und ihre Figuren sind in Winterthur keine Un-bekannten mehr. Spätestens wer ein-mal in der Klinik Lindberg Patient oder bei einem Patienten zu Besuch war, ist ihren vier lediglich gut dreis-sig Zentimeter grossen Bronzefiguren und ihrem grossformatigen Gemälde mit den zwei sich schwungvoll bewe-genden Figuren begegnet. Sulzer hat im Oktober 2007 den Auftrag von der Klinik erhalten, das Leitbild für Pati-enten und Mitarbeitende anschaulich

zu machen. Und worum dreht sich ein Leitbild eines Privatspitals? Um den Menschen natürlich. Und um seine Ausstrahlung dreht sich auch Sulzers Kunst. «Ich bin von Menschen faszi-niert», sagt sie während einer Führung durch ihr helles Atelier, das im Unter-geschoss ihres Wohnhauses liegt. Hier stehen Dutzende von Tonobjekten, ihre Studien und Übungsstücke. Es sind Menschen in unterschiedlichen Haltungen, auch Porträts, eigentliche Charakterstudien.

Sulzer enthüllt ein Tonmodell ei-ner jungen Frau, die sich an einen Granitstein lehnt. «Ich arbeite an ih-rer Körperhaltung und dem Blick», sagt Sulzer und schaut skeptisch auf die Figur mit ihrer noch groben Oberfläche, dreht sie auf einer Töp-ferscheibe hin und her. Bevor sie ihre Figuren in Bronze giessen lässt, ar-beitet sie die Komposition genau aus. Neben der Dreidimensionalität muss vor allem der Ausdruck stimmen. Von den Tonobjekten werden Plastiken erstellt. Gips und Beton giesst sie im Atelier, Bronze in der Kunstgiesserei in Oberwinterthur.

Vom Traum zum TraumaKreativität und Imagination spielten bei Petra Sulzer bereits in der Kind-heit und während der Schulzeit eine grosse Rolle. Geboren 1956 in Stein-feld, einem kleinen Dorf in Nie-dersachsen (Deutschland), hat sie viel Zeit in der Natur verbracht, Karl Mays «Schatz im Silbersee» nachge-spielt – «ich hatte eine freie und kreati-ve Kindheit», blickt sie zurück. Sie hat viel gezeichnet, «zum Beispiel Car-

toons für die Schülerzeitung», lacht sie, und für sie sei damals klar gewe-sen, wohin ihr Weg führen würde: über die Kunstschule Hamburg in die Welt der schönen Künste. «Ich hatte bereits ein kleines Zimmer in Ham-burg», erinnert sie sich. Und plötzlich sei da eine Aufnahmeprüfung abge-halten worden, auf die sie überhaupt nicht vorbereitet gewesen sei. Die Theorieprüfung war eine Katastrophe und der Traum einer künstlerischen Karriere endete in Tränen. «Das habe ich bis heute nicht ganz verschmerzt», räumt sie offen ein. Zu tief sass der Schock – so tief, dass sie erst einmal mit einer Freundin eine lange Reise nach Japan unternahm.

«Aber irgendwas musst du doch ma-chen, Kind», hätten ihr die Eltern nach der Heimkehr gesagt. Sie macht eine Ausbildung zur Medizinisch-Tech-nischen Assistentin und nach dem Ab-schluss bildet sie sich in der Augenheil-kunde weiter, wird Orthoptistin. Hier spielt das Sehen eine grosse Rolle. Sie therapiert schielende und schwach-sichtige Kinder. «Mit Kindern habe ich immer sehr gerne gearbeitet», sagt sie heute. Für diese Ausbildung kommt sie nach St. Gallen. «Es hat mir dort nicht so gefallen», sagt sie, «ich wäre sicherlich nicht in der Schweiz geblie-ben, wenn ich nicht meinen Mann Do-

nald Sulzer kennen gelernt hätte.» Sie beenden beide ihr Studium und tram-pen ein Jahr durch ganz Asien, heira-ten und ziehen für ein Jahr nach New York, kommen zu-rück, die Familie

wächst und heute ist sie Mutter dreier beinahe erwachsener Kinder.

Gesammelte BilderIn Winterthur fühlt sich Sulzer auf An-hieb wohl. Sie engagiert sich im Mutter-Kind-Turnen, im Kinderhütedienst, in der Schulpflege, im Handballclub und später im Tennisclub für die Juni-oren. «Ich wollte immer mitgestalten, die jeweiligen Institutionen mittragen und Wertvolles unterstützen.» Sie hat ihre Kinder zur Selbstständigkeit erzo-gen, sodass sie bald mehr Zeit für sich hatte. Herumsitzen und warten, bis die liebe Familie zu Hause eintrudel-te, das lag ihr nicht. «Ich ging zur Be-rufsberatung», erzählt sie. «Ich wollte etwas mit Kunst machen», doch die Angst kam mit der Erinnerung an die verpatzte Aufnahmeprüfung wieder hoch. Auf Zuraten der Familie beginnt

sie wieder – belegt Kurse und wagt es, sich an der Zürcher Hochschule der Künste anzumelden. Sie belegt Vorle-sungen am Kunsthistorischen Institut der Universität Zürich. «Was habe ich bloss im Leben verpasst», habe sie ge-dacht, als sie zum ersten Mal die Uni betreten hat. «Mittlerweile weiss ich, dass mein vermeintlich umständlicher Weg der richtige war. Unendlich viele Bilder und Erlebnisse fremder Länder und Kulturen und unermesslich starke Bilder durch die Familie, Freunde und Bekannte. Sie sind im Hinterkopf ge-sammelt und dürfen nun raus.»

Das Werkzeug dazu boten ihr seit zehn Jahren die Weiterbildungskur-se in Zürich. Diese werden aus Kos-

tengründen nun von der Stadt gestri-chen. «Welche Werte und welches Po-tenzial sich damit auflösen – es ist un-verantwortlich! Marcel Duchamp hat einmal gesagt, dass die Kunst die ein-zige Tätigkeitsform ist, durch die der Mensch sich als Individuum ausdrü-cken kann. Es gibt doch so viele Men-schen, auch älteren Semesters, die etwas zum Ausdruck bringen möch-ten. Der Durst nach Kreativität mit-tels Kunst ist grösser geworden und sollte auch für Quereinsteiger gestillt werden.» Diese würden viel zu wenig gefördert, es werde auch allgemein viel zu viel ausjuriert. So hat Sulzer beispielsweise auch die Tatsache ge-stört, dass an der Unjurierten in der

Eulachhalle plötzlich ein Jurieren eingeführt wird. Ein Paradoxon al-leine schon im Namen. Und Werke dann mit einem Kleber in Form eines Krönchens auszuzeichnen, ist auch fragwürdig. Stadt und Kanton müss-ten mehr kaufen, aber ein roter Punkt tuts auch. Sie findet die heutige Form des Jurierens schlicht «nicht mehr zeitgemäss. Kunst ist heute so viel breiter!»

Eine WundertüteDie Künste in Winterthur interessie-ren sie sehr. Sulzer ist Mitglied im Ga-lerieverein, im Musikkollegium Win-terthur, im Kulturverein Oxyd, im Café des Arts in der Kunsthalle, in der Villa Sträuli – sie sucht und findet auf vie-len Ebenen Zugang zur Kunst – wich-tig sei aber für die Kultur, dass dieser Zugang für alle Kreativen offen sei. «Breiter und offener für jeden Einzel-nen und man würde in der Kunst mehr aufrichtige, ehrliche, wirklich grosse Arbeiten erleben», ist sie überzeugt. «Für den Menschen ist die Kunst eine richtige Wundertüte und der Mensch kann es auch für die Kunst sein», sagt sie und deckt die Mädchenfigur aus Ton, die sie für den Besucher enthüllt hat, sachte wieder zu. lCHRISTINA PEEGE

«Ich bin von Menschen fasziniert»Petra Sulzer-von-der-Assen stellt den Menschen in den Mittel-punkt ihres Schaffens. Sie wünscht sich, dass möglichst viele Menschen ihre Individualität durch Kunst zum Ausdruck bringen können – und dass weniger engstirnig juriert wird.

In Winterthur leben und arbeiten Kunst­schaffende aus aller Herren Länder. Sie sind auf abenteuerlichen, ver­schlungenen oder ganz direkten Wegen (und manchmal auch einfach wegen der Liebe) hierhergekommen. Wir stellen in dieser neuen Serie Künstler vor, die zwar von ihrer Herkunft geprägt sind, die ihr Leben und ihr Schaffen aber mit dieser Stadt verbunden haben. Was sie aus ihrer Heimat mitbringen, bereichert

das Leben dieser Stadt. Die Auswahl der ersten sechs Künstler geht von ei­ner Ausstellung unter dem Titel «Out­side Inside» aus, die im Januar 2010 auf Initiative von Michelle Bird im Alten Stadthaus Winterthur stattgefunden hat (Künstler auf: www.outside­inside.ch). Weitere Interessenten für ein Por­trät sind willkommen, Hinweise aus der Leserschaft auf Kunstschaffende eben­falls auf: [email protected]. (cp)

�Aussensicht� unD BLIcK nAcH Innen

Arbeit�am�Menschen:�Petra�sulzer-von-der-Assen�wünscht,�dass�der�Zugang�zu�Kunst�und�Kultur�offener�wird.�Bild: Marc Dahinden

OUTSIDEINSIDEInTer­nATIOnALe�Kunst�Wie Kunstschaffende aus aller Welt Winterthur sehen und beleben

«Der Durst nach Kreativität

mittels Kunst ist grösser geworden»

Petra Sulzer­von­der­Assen

Finnen�sind�fast�immer�blond.�sunrise�Avenue�mit�sänger�samu�haber�(2.�v.�r.).�Bild: pd

Auf CD schrauben Sunrise Avenue ihren Sound auf Hallenformat hoch. Im Salzhaus präsentieren sie sich heute Abend «akustisch».

Finnen sind natürlich melancholisch. Doch ebenso klar ist, dass die Sonne nie intensiver erlebt wird als nach ei-ner Regenwoche. Die 2002 in Helsinki gegründete Gitarrenrockband Sunrise Avenue erhebt das gute Wetter be-reits im Namen zum Programm. Das erste Album «One Way To Wonder-land» versprach dann schon ziemlich viel, das zweite ging noch einen Schritt weiter: «Popgasm» heisst es. Musika-lisch fährt es auf derselben Schiene des grossen Hallenrocks weiter, schwelgt wieder in Melodien, wobei das unbe-schwerte Verhältnis zu schlichten, aber effektiven Mitteln manchmal an Bon Jovi erinnert. Die Single «The Whole Story» könnte als weichgespülte Spiel-art von Oasis durchgehen, während die Midtempo-Nummer «Welcome To

My Life» mittels Geigen und Klavier eine hübsche Steigerung hinlegt. Es handle sich hier um einen sehr persön-lichen Song, der vom Leben als Musi-ker erzähle, gab Sänger Samu Haber in einem Interview zu Protokoll: Un-beschreiblich sei es, achtzigtausend Hände vor sich zu sehen, dennoch fühle man sich auch alleine.

Dann dürfte sich Haber heute Abend so geborgen fühlen, als sässe er mit Freunden ums Lagerfeuer. Denn im vergleichsweise kleinen Salzhaus ge-ben die Finnen ihre Songs «akustisch» zum Besten. Was auch eine gute Gele-genheit ist, ihre Substanz zu erkunden. Der Abend verspricht aber noch mehr. Ob live der Funken überspringe, las-se sich nicht voraussagen, sagte Haber im besagten Interview auch noch: Wie beim Sex sei das. «Ich stelle mich ans Mikrofon und warte, dass es passiert.» Und diese Offenheit ist ja auch wieder typisch für die Finnen. (dwo)

sunrise�AvenueHeute, 19 uhr, Salzhaus

Typisch für die Finnen

der�lAndbot�e l SAMSTAg, 20. Mär­z 2010 l STADTKuLTur­ l 15

Die Musikvesper von morgen in der St.-Marien-Kirche Winterthur (Aus-gabe von gestern) beginnt entgegen der Angabe auf der Homepage des Di-rigenten bereits um 18�uhr.�Thema ist Pergolesis «Stabat mater». (red)

KorreKt�

Seven im HangarAuf Dauer ist das Bad in der ano-nymen Menge dann doch etwas ein-tönig. So jedenfalls dürften Rock- und Popmusiker ab und zu empfin-den. Dann sehnen sie sich nach jenen glücklichen Stunden zurück, da sie im Kreis von Freunden zum ersten Mal mit dem Geständnis herausrückten: «Übrigens, äh, ich habe da ein Lied geschrieben.» Die Sehnsucht mündet in ein sogenanntes «akustisches» Kon-zert, auch «unplugged» genannt: also ohne Strom, nur mit Gitarre, Hohl-raum und Gesang. Auch der Aargauer Soulsänger Seven kehrt nun mit sei-nem aktuellen Album «Like a Rocket» in den Hangar zurück. Das Konzert vom Sonntag, 28. März, im Theater am Gleis ist bereits ausverkauft. (dwo)

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MICHELLE BIRDfusion of colors and cultures

Text by Kristin Shannon Curator of Louvre expat exhibit 2007                                              

Hot lava pours into the sea, volcanic glass fragments mix with black sand beaches – as a young child Michelle Bird stood at the edge of strong cultural tides, inheriting her Chinese artist father's classical eye and her Western mother's courage with bold architectural form. Described as "tactile and erotic," abstract expressionist Bird's paintings radiate the fusion of cultures and colors.

Michelle Bird came early to her love of color as she leaned barefoot into the ocean wind hunting the last subtle green flash in her Hawaiian sunset. When her family moved to California she added the texture of old growth Redwood forests, San Francisco fogs, plump grape vines and desert silt. Her paintings reflect a wide palette of almost Baroque colors. "I paint fervently for long intervals," says the artist, "as if I were walking blindfolded through nature, feeling the color with my skin."

Educated in California and the Netherlands, she studied with Dutch poet and painter Anton Martineau and at the Rietveld Art Academy. Recognized in Europe and California, she has lectured at 'San Francisco's Academy of Art College' on drawing techniques. Her work has been shown at Gallery Retort in Amsterdam, Gallery Walls in Amsterdam, Castle Maurick in Vught, The Netherlands, and The Depot Art Gallery in California. In 2003, she received an award from the Californian ‘Center for Contemporary Arts’ in Sacramento. As an illustrator, she has been published by the Dutch & Belgium publications 'Joie de Vivre' and 'Spuit 11.' She gained international attention for her drawings in the book 'Closed Curtains — Lives of de Wallen'.

Bird's work is represented in private and corporate collections in the United States, Switzerland and The Netherlands, including those of AXA Insurance, Der Landbote and SEC.

Her studio in Switzerland is on the outskirts of Zurich adjacent to a forested hill, where she has lived with her husband since 2004. Her daughter studied art at Berkeley and works from her studio in Portland. Michelle Bird speaks English, Dutch, and German; and holds a San Francisco Bay Skippers rating.

She can be contacted directly or through her agent, Holger Leverentz.

Michelle BirdBreitestrasse 26, 8400 Winterthur, SwitzerlandEmail: [email protected]: www.michellebird.ch

Skype +41 033 534 96 60 Cell +41 078 784 34 24

Page 13: Press Kit Outside-Inside

RICARDO FLORES SALDAÑA

Ricardo Flores Saldaña was born in 1970 in Mexico City and grew up in the southern federal state Chiapas. At twenty he began his study in pedagogic art majoring in Sculpture at the Universidad Veracruzana in Xalapa, Veracruz, Mexico. After his study he worked as a free lance artist and lectured at various private schools and universities. Ricardo has regularly participated in exhibitions, symposia and art competitions in Mexico, Austria and Switzerland. In 2006 he moved in Switzerland, to Winterthur where he lives and works.

The world according to Ricardo Flores Saldaña is put simply, just art.

Everything has form, volume, and can be interpreted in some way. He is not a man of big words, the quiet, reserved Mexican sculptor observes with a passion the environment in which he lives.

Ricardo Flores Saldaña wurde 1970 in Mexiko City geboren und wuchs im

südlichen Bundesstaat Chiapas auf. Anfang Zwanzig begann er sein Studium in bildender Kunst mit Option Bildhauerei an der Universidad Veracruzana in Xalapa, Veracruz, Mexiko. Nach seinem Studium arbeitete er als

freischaffender Künstler und als Kunstdozent an verschiedenen Privatschulen

und Universitäten. In seiner Tätigkeit als Künstler nahm Ricardo Flores

Saldaña immer wieder an Ausstellungen, Symposien und Kunstwettbewerben

in Mexiko, Österreich und der Schweiz teil. 2006 übersiedelte er in die Schweiz, nach Winterthur, wo er seither lebt und arbeitet.

Die Welt in der sich Ricardo Flores Saldaña bewegt – schlicht gesagt Kunst.

Alles ist Form, alles hat Volumen, und alles kann interpretiert werden. Er ist kein Mann der grossen Worte, der ruhige, introvertierte mexikanische Bildhauer, doch schaut man ihm bei der Arbeit an seinen Skulpturen zu, erkennt man das lebendige, humorvolle, sieht man die Passion, mit welcher

Flores Saldaña Stein oder Holz bearbeitet. Taucht man ein, in seine Welt der

Kunst, der Bildhauerei, erhält man Gelegenheit, dem nonverbalen Dialog

zwischen ihm und den Materialien zu lauschen. Diese Zusammenarbeit lässt

die Skulptur erst entstehen. Es ist das grosse, fortwährende Staunen das ihn

regt, wenn er Schlag um Schlag, Schnitt um Schnitt die Textur des Materials

aufdeckt. Geben sich diese dann der gewünschten Form hin und Figur und

Materie werden eins, dann manifestiert sich einer der Gründe die ihn antreiben.

Konsequent lässt er sich auf sein Material ein, sei es Holz, Stein oder Metall,

stets respektiert Ricardo Flores Saldaña die Eigenheiten dessen, was unter

seinen Händen geformt wird. So löst sich allmählich, nach vielen Stunden

Arbeit, die Skulptur heraus. Die Spuren des natürlichen Materials sind dessen

Beitrag, an die vom Künstler geformte Skulptur.

Ricardo Flores SaldanaSchaffhauserstrasse 44, 8401 WinterthurBus Nr. 3 Haltestelle: BachtelstrasseTel. 052 232 83 06 Mobile 076 240 86 29www.floressaldana.ch

Page 14: Press Kit Outside-Inside

PETRA SULZER- VON DER ASSEN

Born in 1956 in Lower Saxony in Northern Germany, Petra worked as a medical-technical assistance and ophthalmologist. She now works as an artist and is the mother of three children. She is fascinated with human nature and educational art is her forte. Since 1999 she studied at the Zurich college of the arts.

The objects on exhibition are cast in bronze and each is unique and may be hung or placed. Series "Ease on down the road".

Geboren 1956 in Niedersachsen in NorddeutschlandMatura, Medizinisch-Technische Assistenz und Orthoptistin (Augenheilkunde),

jetzt Künstlerin, Mutter von drei Kindern

Künstlerisches Gebiet: Bildhauerin/ Plastikerin

Der Mensch mit seiner Ausstrahlung fasziniert mich seit jeher. Das Interesse an der bildenden Kunst steht dabei immer im Vordergrund. Seit 1999

Ausbildung an der Zürcher Hochschule der Künste und mehrwöchige

Teilnahme an Weiterbildungen in Künstlergruppen. Zusätzlich Besuch von

Vorlesungen am künstlerischen Institut der Uni Zürich.

Der Schwerpunkt meiner Arbeit ist die Erfassung und künstlerischen

Darstellung des Menschen. Mein Ziel ist es, inneres Wesen und die äussere

Erscheinung in einer ästhetischen Form auszudrücken. Ich arbeite nach lebenden Modellen, Aktzeichnungen und Skizzen, Modellieren nach Akt und

Porträt.

Bisherige Ausstellungen und Auftragsarbeiten

Mehrere Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen, Auftrag der Klinik Lindberg

zur künstlerischen Umsetzung des Leitbildes sowie private Auftragsarbeiten.

Zu den Objekten im AWC: Bei den Bronzeplastiken „Ease on down the road“

handelt es sich um Unikate. Sie können gehängt oder gestellt werden.

Petra Sulzer-von der AssenTachlisbrunnenstrasse 56, 8400 WinterthurTel.: 052 212 65 65E-Mail: [email protected];www.petrasulzer.ch

Page 15: Press Kit Outside-Inside

SURAB NARMANIA

Surab Narmania grew up in Georgia and graduated from the technical university. He completed his education with a certificate in art and art educational theory. He then enrolled in the state academy of arts in Tiflis and received his diploma in painting after a 6 year study. He was drawn to Germany in the 90’s where he continued his study in art educational theory in Bonn. He has been a regular at the Kunstlergruppe Winterthur ‘s well known December exhibition.

Surab Narmania wächst in Georgien auf und absolviert dort das Technikum. Er

schliesst seine Ausbildung mit einem Diplom in Kunst und Kunstpädagogik ab.

Es folgt ein sechsjähriges Studium der Malerei an der Staatlichen

Kunstakademie in Tiflis, das Surab Narmania mit Diplom abschliesst. In den 90er Jahren zieht es ihn nach Deutschland, wo er erneut das Studium der

Kunstpädagogik in Bonn aufnimmt. Seit 2006 wird er regelmässig von der

Künstlergruppe Winterthur eingeladen, seine Werke anlässlich der

Dezemberaus-stellung zu zeigen. 2008 stellt der Künstler an der

Dezemberausstellung im Oxyd Gemälde vor, die sehr fragmentarisch wirken

und Elemente aus der Comicwelt enthalten.

Surab Narmania Hündlerstrasse 45, 8406 WinterthurBus Nr. 5 Haltestelle: FreizeitanlageTel. 052 203 27 15 Mobile 076 334 90 58

Page 16: Press Kit Outside-Inside

JONO BROWN

Jono Brown was born in Nottingham, England and after stays in Germany and Australia moved to Switzerland 20 years ago. He lives and works in Winterthur, is married and has 2 daughters. He recommenced his interrupted artistic

education at the Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich, Berufsschule

für Gestaltung Zürich and with several artists to learn specific techniques.

His studio is in the Old town of Winterthur, high above the action on the main shopping street near the Main Station. People are the central subject in his drawings, oil paintings and etchings, whether models or the woman (or man) in the street. Humans, being infinitely variable in their appearance and behavior, are an inexhaustible subject resource and the process, a continuous adventure. Important also, is the search for artistic elegance and ease in capturing structure and volume. The quest for the line, that shows movement, balance, flexibility, individual uniqueness and even express emotion. Social comment has also become a growing theme within some of his work over the last few years. Where words fail, visuals may succeed.

In seinen Zeichnungen, Ölgemälden und Radierungen stehen Menschen im Zentrum. Ihre Erscheinungen, ihre Verhaltens- und Ausdrucksweisen bieten

ihm einen unerschöpflichen Themenfundus. Wichtig ist die Suche nach

zeichnerischer Eleganz und Leichtigkeit im Erfassen der Formen und Flächen. Die Darstellung des Menschen in den unterschiedlichsten Situationen sind auch Mittel, dem Betrachter seine Sicht der Welt zu kommunizieren. Das wolle

er künftig mit seiner Kunst verdeutlichen. Er, ein radelnder Vegetarier, wolle

das Bewusstsein dafür schärfen, dass die Menschheit achtsamer mit ihren

Ressourcen umgehen müsse. Doch wolle er nicht mit plakativer Kunst den

Betrachter an solche Themen heranführen, seine Bilder würden eher Fragen

aufwerfen, den Blick auf das Leben und den Zugang zu ihm verändern, das

Problembewusstsein schärfen. Zum Beispiel dafür, dass wir uns wieder als

Teil eines Ganzen und nicht als isolierte Einzelkämpfer begreifen sollten.

Jono Brown Untertor 9, 8400 Winterthurab HB Winterthur 3 min. zu Fuss Richtung Neumarkt vom Untertor - rechts StrehlgasseTel. 052 232 08 53 Mobile 077 420 92 15 www.jono.ch

Page 17: Press Kit Outside-Inside

Luc de Meester studied graphic arts at the college for graphic arts in Ghent ,Belgium. His personal growth throughout the years reveals his expertise in many mediums. He works through various phases as a painter, graphic artist or a sculptor. His socially critical and political works refer directly to the society in which he lives. His large gypsum figures writhe and strain within the chains of history. De Meester creates works which simultaneously raise questions about human dignity and freedom.

Luc de Meester studierte Grafik an der Hochschule für Grafische Künste in

Gent (Belgien). Seine in Jahrzehnten gewachsene Persönlichkeit wird in der

Vielseitigkeit seiner Kunst deutlich. Er zeigt sich in unterschiedlichen Arbeits- und Zeitphasen als Maler, Grafiker, Bildhauer und Plastiker. Seine sozialkritischen und politisch ausgerichteten Arbeiten beziehen sich direkt auf den Menschen und die Gesellschaft, in der er lebt. So winden sich seine grossen Gipsfiguren in Ringen, den Fesseln ihrer Geschichte. Ringe ihrer Lebensjahre, die sie zu dem machen, was sie sind, und die sie gleichzeitig

beengen. De Meester schafft Werke, welche die Frage nach der Würde des

Menschen aufwerfen und gleichzeitig seine Freiheit zum Thema machen.

Luc de Meester Tösstalstrasse 86, 8400 WinterthurBus Nr. 2 Haltestelle: Deutweg (Eingang hinter dem Busdepot)Tel. 052 394 02 16 Mobile 077 411 72 45www.luc-de-meester.ch

LUC DE MEESTER