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Eberhard Keil: Unterrichtsskizze zu "Lehmanns Dorf 1830-69" Eine Unterrichtsskizze zu den zehn Kapiteln 1. Kapitel: Die Zeit ist reif für Industrie Das erste Kapitel zeigt den jungen Tuchmacher F.G. Lehmann in seiner Heimatstadt. Hier gibt es eine lange Tradition des Textilhandwerks, das allerdings in seiner traditionell handwerklichen Form im 19. Jahrhundert in eine schwere Strukturkrise gerät, was nur zeitweilig durch die ausgezeichnete Qualität der hergestellten Tuche abgemildert wird. Von England her kommend hat zunehmend die fabrikmäßig mechanisierte Herstellung von Garn und Textilien eingesetzt, wodurch sich der Preisdruck stetig erhöht und auf die Bedingungen der ganzen Branche durchschlägt. In der Hainichen hatte sich die Tuchmacherei bis zum ausgehenden 18. Jh. gut entwickeln können. Die Stadt lag verkehrsgünstig an der Salzstraße von Böhmen nach Leipzig und das Wasser der Kleinen Striegis reichte für die Bedürfnisse der Handwerke, auch der Tuchmacherei (Waschen der Wolle, Walken und Färben). Überall in der Umgebung konnte Wolle aufgekauft werden, es gab Hausspinnerei und Handweberei. Der Tuchhandel konnte sich zudem auf die Nähe der Messestadt Leipzig stützen, wohin Lehmann dreimal jährlich fuhr. Das Stadtansicht auf Seite 32 zeigt rechts den sogenannten "Rahmenberg" mit Rahmen, auf welche Tuche zum Trocknen gespannt sind. F.G. Lehmann stammt aus einer "betuchten" Familie, wie das stattliche Haus Brauhofstraße 8 auf Seite 11 belegt. Nach einer guten Schul- und soliden Handwerksausbildung, Erfahrungen durch Reisen, konnte er nach dem frühen Tod seiner beiden Geschwister als einziger Sohn und Erbe sich um das Familiengewerbe kümmern. Er tat dies nicht mehr als einfacher Handwerker, sondern schon als verlegerischer Unternehmer, welcher Heimhandwerker (Weber) beschäftigte sowie Lohn-Weber an den sechs Webstühlen der eigenen Fabrikationsstätte. Der Tagebucheintrag vom 30. April 1830 zeigt die Krise des traditionellen Textilgewerbes und führt die Möglichkeiten an, welche Lehmann in Betracht zieht: Geschäftsaufgabe - verschäfte Ausbeutung und/oder Selbstausbeutung - Spinnerei- bzw. Fabrikgründung. Im folgenden werden Lehmanns Anstrengungen im Einzelnen beschrieben, die in letzter Konsequenz zu dem Entschluss führen, mit "Maschinerie am Wasser" eine Spinnerei-Fabrik zu gründen. Das Kapitel lässt sich als traditionelle Unterrichtsstunde mit Hausaufgabe erarbeiten oder im Sinne der Verselbständigung der Schüler als Referat (einzeln oder zu zweit) unter vorgegebener Aufgabenstellung

Prämissen dieser Unterrichtsskizze  · Web viewDas erste Kapitel zeigt den jungen Tuchmacher F.G. Lehmann in seiner Heimatstadt. Hier gibt es eine lange Tradition des Textilhandwerks,

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Page 1: Prämissen dieser Unterrichtsskizze  · Web viewDas erste Kapitel zeigt den jungen Tuchmacher F.G. Lehmann in seiner Heimatstadt. Hier gibt es eine lange Tradition des Textilhandwerks,

Eberhard Keil: Unterrichtsskizze zu "Lehmanns Dorf 1830-69"

Eine Unterrichtsskizze zu den zehn Kapiteln

1. Kapitel: Die Zeit ist reif für Industrie

Das erste Kapitel zeigt den jungen Tuchmacher F.G. Lehmann in seiner Heimatstadt. Hier gibt es eine lange Tradition des Textilhandwerks, das allerdings in seiner traditionell handwerklichen Form im 19. Jahrhundert in eine schwere Strukturkrise gerät, was nur zeitweilig durch die ausgezeichnete Qualität der hergestellten Tuche abgemildert wird. Von England her kommend hat zunehmend die fabrikmäßig mechanisierte Herstellung von Garn und Textilien eingesetzt, wodurch sich der Preisdruck stetig erhöht und auf die Bedingungen der ganzen Branche durchschlägt.

In der Hainichen hatte sich die Tuchmacherei bis zum ausgehenden 18. Jh. gut entwickeln können. Die Stadt lag verkehrsgünstig an der Salzstraße von Böhmen nach Leipzig und das Wasser der Kleinen Striegis reichte für die Bedürfnisse der Handwerke, auch der Tuchmacherei (Waschen der Wolle, Walken und Färben). Überall in der Umgebung konnte Wolle aufgekauft werden, es gab Hausspinnerei und Handweberei. Der Tuchhandel konnte sich zudem auf die Nähe der Messestadt Leipzig stützen, wohin Lehmann dreimal jährlich fuhr. Das Stadtansicht auf Seite 32 zeigt rechts den sogenannten "Rahmenberg" mit Rahmen, auf welche Tuche zum Trocknen gespannt sind.

F.G. Lehmann stammt aus einer "betuchten" Familie, wie das stattliche Haus Brauhofstraße 8 auf Seite 11 belegt. Nach einer guten Schul- und soliden Handwerksausbildung, Erfahrungen durch Reisen, konnte er nach dem frühen Tod seiner beiden Geschwister als einziger Sohn und Erbe sich um das Familiengewerbe kümmern. Er tat dies nicht mehr als einfacher Handwerker, sondern schon als verlegerischer Unternehmer, welcher Heimhandwerker (Weber) beschäftigte sowie Lohn-Weber an den sechs Webstühlen der eigenen Fabrikationsstätte.

Der Tagebucheintrag vom 30. April 1830 zeigt die Krise des traditionellen Textilgewerbes und führt die Möglichkeiten an, welche Lehmann in Betracht zieht: Geschäftsaufgabe - verschäfte Ausbeutung und/oder Selbstausbeutung - Spinnerei- bzw. Fabrikgründung. Im folgenden werden Lehmanns Anstrengungen im Einzelnen beschrieben, die in letzter Konsequenz zu dem Entschluss führen, mit "Maschinerie am Wasser" eine Spinnerei-Fabrik zu gründen.

Das Kapitel lässt sich als traditionelle Unterrichtsstunde mit Hausaufgabe erarbeiten oder im Sinne der Verselbständigung der Schüler als Referat (einzeln oder zu zweit) unter vorgegebener Aufgabenstellung präsentieren. Die schülerzentrierte Variante wird als wünschenswert jeweils zuerst angeführt.

Variante A: Selbstständige Schülererarbeitung des ersten Kapitels und Präsentation als Referat

Thema: Warum gründet F.G. Lehmann eine Fabrik?

- Wer ist F.G. Lehmann?Beschreiben Sie seine Herkunft und Tätigkeit?

- Vor welche Schwierigkeiten sieht sich der junge Unternehmer gestellt?Stellen Sie diese im Zusammenhang dar.

- Erörtern Sie die Alternativen seines letzten Tagebucheintrages vom 30. April 1830, indem Sie deren Konsequenzen darstellen.

- Fassen Sie die Gründe zusammen, die Lehmanns Entscheidung zum Bau einer Fabrik rechtfertigen.

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Variante B: Unterrichtsstunde zum ersten Kapitel

1. F.G. Lehmann - Bilder als erste Annäherung In einem Unterrichtsgespräch (teilweise fragend-entwickelnd) über Bildmaterialien nähern wir uns zunächst der Persönlichkeit und Herkunft F.G. Lehmanns. Wir betrachten, beschreiben, bewerten, entwickeln Fragestellungen und erhalten vom Lehrer zusätzliche Informationen zu den Bildern über

a) seine Person anhand von Titelbild, Jugendbild S.7, 61jährig S.142:freundlich, gütig und ernst zugleich, gerade aufgerichtet, hohe Stirn, Gehrock, Binder, schlank, einfachWarum wird er Textilunternehmer? Worauf gründet sich sein Erfolg?

b) seine Herkunft anhand des Bildes von Hainichen S. 23enge Kleinstadt an einem Wasserlauf (Kleine Striegis), rechts der Rahmenberg mit Rahmen, auf welche Tuche gespannt sind; alte Tuchmacherstadt; Wasser brauchte man zum Waschen der Wolle, zum Walken und Färben; seit dem Mittelalter handwerkliche Textilproduktion mit Hausspinnerei, Handweberei, Tuchhandel z.B. auf den Messen in Leipzig

c) sein Elternhaus anhand des Bildes Brauhofstr. 8, S.11 groß, stattlich, seit 1768 in Lehmannschem Besitz; vom Stadtbrand 1832 verschont geblieben; etwas Landwirtschaft, Felder, Stall; Braurecht und Tuchmacherei (Vater); Geschwister früh gestorben; einziger Sohn und Erbe

2. Textarbeit: Werdegang F.G. LehmannsAnhand ausgewählter Textstellen wird Lehmanns beruflich-unternehmerische Entwicklung skizziert.

a) Lehre und Selbstständigkeit : vorlesen S. 6 "F.G. Lehmann war nun 25 Jahre... Heimweber vor Ort."Was und wie lernt der junge F.G. Lehmann? Wodurch unterscheidet er sich von seinem Vater?traditionelle Handwerksausbildung; Reisen bildet; Unternehmertum: Beschäftigung von Arbeitern im eigenen Betrieb (Vergrößerung der Produktion) und als Verleger für abhängige Heimarbeiter[eventuell Begriffsklärung: Handwerker - Verleger - Fabrikant - Arbeiter]

b) Krise der traditionellen Produktionsweise : arbeitsteilige Textarbeit / StillarbeitGruppe 1: Tagebuchauszug S. 5Wie sieht Lehmann seine unternehmerische Lage? Welche Auswege reflektiert er als Alternativen?Gruppe 2: Text S. 8-10 ("Und doch...niederschlug")Welche ökonomische Zwangslage müssen die Unternehmen bewältigen?Welche zusätzlichen Erschwernisse kommen in Deutschland für sie hinzu?Mit welchen Mitteln versucht Lehmann dem Konkurrenz- und Preisdruck zu begegnen?

Die Schüler tragen ihre Ergebnisse vor. Als Ergebnissicherung kann im Zusammenhang damit das Tafelbild entwickelt werden (eventuell auch als Folie).

3. Hausaufgabe: Lektüre des ersten Kapitels (alle)Welche Entwicklungen in Politik, Gesellschaft und Privatleben bringen F.G. Lehmann dazu, sich zum Bau einer Textilfabrik (Spinnerei) am Wasser zu entschließen?

4. Arbeitsaufträge für das zweite KapitelA. Geschichte : Stellt die wichtigsten Etappen der Ortsgeschichte dar (S. 26-28).B. Soziologie : Untersucht die Bevölkerungsstruktur des Ortes (Gruppen, Berufe, soziale Lage) anhand der

KopfsteuerlisteC. Fertigt anhand des 2. Kapitels eine Lageplanskizze (Folie) des Ortes und der Fabrik an. Wie verläuft der

Fabrikgraben? [Auch als Hausaufgabe für alle denkbar, Vergleichsmöglichkeit]

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1. Tafelbild (1. Std.) fakultativ (eventuell vorbereitet - Rückseite Seitentafel oder Folie)

Handwerker: macht alles selbst, d.h. Einkauf der Rohstoffe/Wolle bzw. des Garns - Weberei am Webstuhl - Verkauf der fertigen WareVerleger: verfügt über Kapital und übernimmt Rohstoffeinkauf, beschäftigt Heimweber (abhängige Handwerker), denen er eventuell auch den Webstuhl stellt, bezahlt ihnen Stücklohn, vermarktet die Ware. Als Fabrikant beschäftigt er auf handwerklicher Grundlage auch schon Weber auf Zeitlohnbasis (abhängige Arbeiter) in seiner Werkstatt mit mehreren Webstühlen.

2. Tafelbild (1.Std.):1830: herkömmliche Textilfabrikation in der Krise:

"undankbares Geschäft", nicht mehr konkurrenzfähigrasch sinkende Textilpreise - bleibende Kosten

lästige Zollgrenzen, Währungen im Deutschen Bund

Alternativen:Geschäftsaufgabe

Spinnerei (= billiges Garn)(Heim-)Arbeiter bis aufs Blut ausbeuten

selbst hinter dem Stuhl arbeiten (= Selbstausbeutung)

Lehmanns Anstrengungen:mehr Sorgfalt, mehr Vorsicht beim Rohstoffeinkauf

Qualitätssteigerungen durch bessere VerfahrenErschließung neuer Märkte

Maschinerie am Wasser / Spinnerei-Fabrik

1835 Bau der Fabrik in Böhrigen

3. mögliche Hausaufgaben-Lösung (Lageplanskizze)

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2. Kapitel: Die Standortfrage - Vom Rittergut zum Industriedorf

Das zweite Kapitel stellt den neuen Industrie-Standort Böhrigen vor, führt ein in seine Geschichte, zeigt die Gründung der Lehmann'schen Fabrik und deren Auswirkungen für die Entwicklung des Dorfes.

Das Dorf ist in der damaligen Zeit mit der neuen Chaussee und der Striegisbrücke verkehrsmäßig gut angebunden. Es liegt geschützt im Talkessel, und verfügt über ungenutzte Wasserkraftmöglichkeiten sowie Baugrundstücke am Wasser, d.h. über die entscheidende Energiequelle für fabrikmäßige Produktion. Die Siedlung ist zwar noch klein und vom Rittergut, also von Landwirtschaft, sowie der Mühle geprägt, aber dennoch lassen sich auch schon hier zusätzliche Arbeitskräfte für die Fabrik finden, vereinzelt sogar Handwerker.

In der Geschichte des Dorfes spiegeln sich wesentliche Etappen der sächsischen und gesamtdeutschen Entwicklung wider. Die Silberfunde, die den Aufstieg der Wettiner Markgrafen (Otto der Reiche) beförderten, Schenkungen an die Kirche - in diesem Fall an den Reformorden der Zisterzienser (siehe auch: www.zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/kloester/zisterz), die durch Rodungstätigkeit und Landwirtschaft zur strengen Regelbefolgung (ora et labora) zurückzukehren suchten, dem Ort eine Silberhütte und eine Mühle neben dem 'Vorwerk' bereiteten, mittelalterliche Religiosität in Gestalt einer Wallfahrtskirche (mit Ablass), die Reformation mit der Umwandlung des Klostergutes in ein 'Rittergut', weitgehende Beibehaltung feudaler Strukturen bis ins beginnende 19. Jahrhundert - die Flur als alleiniges Eigentum der Grafen von Einsiedel, diverse Feudalrechte wie Fronen, Hutung oder Backrecht, und das Dorf als bloßes Anhängsel des Rittergutes - zuletzt die einsetzende Auflösung des Feudalismus in Gestalt bürgerlichen Landkaufs und des "Ablöse-Rezess". Das Kapitel ist in dieser Hinsicht nicht nur eine kleine Lokalgeschichte, sondern insgesamt geeignet einen fassbaren geschichtlichen Bogen vom Mittelalter bis zur beginnenden Industriezeit zu spannen.

Die Entstehung von Lehmanns Fabrik ist in erkennbare Etappen gefasst. Sie reicht von der Exploration des Geländes mit dem alles entscheidenden künftigen Fabrikgraben über die Widerstände im privaten Bereich, die Absicherung durch Beibehaltung des Hainichener Bürgerrechtes, die Kapitalbeschaffung für Geländekauf und Bauarbeiten und den Bau eines kombinierten Wohn- und Fabrikgebäudes (sodann Scheune, Stall, Lager, anderer Fabrikteile) bis hin zur Wasserkraftanlage mit Graben und Wasserrädern, Transmission und angeschlossenen Maschinen aus Chemnitz. Das Kernstück der Fabrik ist die Spinnerei, denn mit der Verbilligung des Garns wird eine Kostenreduzierung von entscheidendem Ausmaß erreicht. Alle anderen Bereiche der Textilfabrikation schließen sich schrittweise an.

Schließlich werden auch die Veränderungen in der Gestalt und im Leben des Dorfes deutlich: die Striegis wird gezähmt (Hochflutdamm), Häuser werden ausgebaut, Menschen siedeln sich an, eine Schmiede, eine Försterei, der Ort wächst, die Landgemeindeordnung wird eingeführt, eine Schule gegründet. Die Beziehungen von Rittergut und Dorf kehren sich um. Das Gut gehört zum Dorf.

Variante A: Selbstständige Schülererarbeitung des zweiten Kapitels und Präsentation als Referat

Thema: Wo wird die Fabrik gebaut?

- Fassen Sie Lage und Geschichte des Dorfes Böhrigen kurz zusammen.- Klären Sie, inwiefern das Dorf günstige Voraussetzungen für den Bau einer Fabrik bietet.

Welche ist von zentraler Bedeutung ?- Beschreiben und erklären Sie F.G. Lehmanns Vorgehensweise.- Welche Folgen zeitigt der Bau von Lehmanns Fabrik im Dorf?

Sollte Interesse bestehen, sich über den Zisterzienserorden zu informieren, empfiehlt sich ein Besuch des Klosters Maulbronn über folgende Internetadresse: www.zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/kloester/zisterz

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Variante B: Unterrichtsstunde zum zweiten Kapitel

1. Geschichte, Soziologie und Topographie des neuen Industriestandortes: Schülervorträge

Es ist sinnvoll, die Reihenfolge Geschichte, Soziologie, Lageplanskizze(n) beizubehalten, da auf diese Weise Richtigkeit und Vollständigkeit der Skizze(n) durch Vorinformationen besser überprüft werden können ("Wo war die Marienkapelle?" - flussaufwärts). Bei der Besprechung des Skizze bzw. dem Vergleich mehrerer Skizzen sollte man besonders auf die Lage und Bedeutung des Fabrikgrabens hinweisen (Energiequelle standortentscheidend).

2. Die Anfänge der Lehmann'schen Fabrik und die Veränderungen des Dorfesa) Bildbetrachtung S. 40 mit Wiederholung (Lageplan):

In welchen Schritten entwickelte sich die Fabrik Lehmanns ?Lehrerzusammenfassung mit Tafelanschrieb (oberer Teil)

b) Lektüre / Stillarbeit S. 41ff. ("Auch in den kleinen Striegistalort...) bis KapitelendeWie verändert sich der Ort ?Zusammenfassung im Tafelanschrieb (unterer Teil)

Wichtig ist der Hinweis, dass das Rittergut seine Dominanz verliert, das Dorf sich emanzipiert (auch rechtlich) und die Fabrik zum entscheidenden Impulsgeber für seine Entwicklung wird.

3. Hausaufgabe: Lektüre des zweiten Kapitels Warum beantragt F.G. Lehmann die "Erhaltung des Bürgerrechts in Hainichen" ?[ Die Aufgabe dient zur Vorbereitung des Themas der dritten Stunde: Soziale Not im Vormärz]

4. Arbeitsaufträge für das dritte KapitelA. Schlesischer Weberaufstand 1844 : Vortrag und Auswertung zweier Gedichte sowie Informationen über

das Ereignis (Textblatt zur 3. Stunde).B. Die soziale Lage der Arbeiter in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts und die Gründe hierfür

(Textgrundlage: 3. Kapitel)C. Die Entwicklung von Lehmanns Unternehmen in den 40er Jahren.

Tafelbild zur 2. Stunde: Die Anfänge der Fabrik F.G. Lehmann

Rittergut mit Dorf

1835 Exploration des Geländes an der StriegisWiderstände im Privatbereich

1836 KaufvertragKapitalbeschaffung (Hausverkauf)

1837 Bau eines Wohn-Fabrikgebäudes (Spinnerei)Scheune, Stall, Lager, andere Fabrikteile

Fabrikgraben, HochflutdeichWasserkraftanlage, Transmission, Maschinerie

Bautätigkeit im Ort

1838 Schmiede, 1840 Försterei1839 Gemeindeordnung

1840 Sammelschule

Dorf mit Fabrik und Rittergut3. Kapitel: Industrieller Fortschritt und Weberelend im Vormärz

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Das dritte Kapitel thematisiert die Ambivalenz der industriellen Entwicklung. Der technisch-wirtschaftliche Fortschritt im Bereich der Produktion, des Transportwesens und der Marktentwicklung wird begleitet von sozialer Not der Arbeiter und Verelendung der handwerklich arbeitenden Heimweber. Er nimmt die für den Vormärz charakteristische Form des Pauperismus an. Lehmann gelingt es seine Arbeiter vor dem Schlimmsten zu bewahren, indem er sein Unternehmen schrittweise entwickelt, sorgfältig führt und sich auch unmittelbar um Wohnung und Brot seiner Leute kümmert.

Nachdem sich über einige Jahrzehnte das lokale und regionale Textilhandwerk neben der kostengünstigeren industriellen Massenfabrikation in einigen Teilen Europas noch behaupten konnte, geht in den 40er und 50er Jahren die alte Form der Textilherstellung brutal an der übermächtigen Konkurrenz zugrunde. Ein Haupt-Faktor dieses Prozesses ist die Eisenbahn, durch welche die regionalen Märkte verflochten werden. Für die fortgeschrittensten Unternehmen bedeutet dies Markterweiterung und für die zurückgebliebenen das Aus nach einer bedrückenden Phase der Agonie. In die Heimweberei bricht das nackte Elend ein. In Schlesien werden die Hunde und Katzen geschlachtet.

Lehmann gelingt es mit der Entwicklung Schritt zu halten, zunächst über das günstig erzeugte eigene Garn, dann über die schrittweise Umwandlung der herkömmlichen Weberei in mechanisierte, wobei er einen Teil seiner Weber fabrikmäßig zusammenzieht und mit Wohnung versorgt, schließlich durch die Erweiterung der Fabrik zur vollständigen Textilerzeugung mit Färberei, Walke und Appretur. Auch die sorgfältige Betriebsführung (Arbeitsorganisation, Zeitabläufe, Sparsamkeit u.a.) und ständige Bemühung um Qualitätssteigerung gehören zu diesem Aspekt.

Als 1846/47 die soziale Not durch Textilkrise, Kartoffelfäule und Missernten ihren Höhepunkt erreicht, erweist sich Lehmann als patriarchalisch-fürsorglicher Unternehmer, der mit seinen Arbeitern das feudale Backrecht überwindet und für Brot sorgt.

Variante A: Selbstständige Schülererarbeitung des dritten Kapitels und Präsentation als Referat

Thema: Technischer Fortschritt und soziales Elend

- Zeigen Sie an einer Karte (Folie) die Entwicklung des Eisenbahnwesens in Deutschland bis 1852 auf. Welche Wirkungen gingen vom dichter werdenden Eisenbahnnetz aus?

- Zählen Sie die Maßnahmen auf, durch welche sich Lehmann im Konkurrenzkampf behauptete.- Beschreiben Sie die Lage der Arbeiter und Handwerker (Heimweber) 1846/47.- Wie versucht Lehmann die schlimmsten Auswüchse der Not seiner Leute zu vermindern?

Variante B: Unterrichtsstunde zum dritten Kapitel

1. Einstieg: Schlesischer Weberaufstand 1844 - Gedichtvortrag, Auswertung und InformationDer Vortrag des Weberliedes "Das Blutgericht" stimmt auf die verzweifelte Lage der Heimweber und Arbeiter im Vormärz ein ("Folterkammer", schinden, trocken Brot, Lohndrückerei). Auf der anderen Seite hebt sich der Wohlstand der Fabrikanten ab (Staatskarossen, Kutscher, Hauslehrer, Domestiken), so dass der Schluss naheliegt, das Elend der einen beruhe auf niederträchtiger Ausbeutung durch die anderen. Heines Gedicht "Die schlesischen Weber", wenn man des an dieser Stelle einbezieht, zeigt eine düster hoffnungslose Lage und bedrohliche Wut. Darüber hinaus werden Gott, König und Vaterland verflucht und für das Weberelend mitverantwortlich gemacht. Die Einstiegsthematik soll die Frage nach den Ursachen des Weberelends aufwerfen, bzw. die moralisierende (historische) Schuldzuweisung auf unmenschliches Unternehmerverhalten in Frage stellen.

2. Soziale Lage der Arbeiter und Gründe dafür: SchülervortragDem 3. Kapitel konnten folgende Merkmale entnommen werden: bodenloser Pauperismus (S.45), Abbau der Beschäftigung in Hainichen, Zunahme in der Fabrik; übliche, d.h. niedrige Löhne; Arbeitslosigkeit, Hunger.

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Als Gründe sind dem Kapitel zu entnehmen: verstärkte Konkurrenz (Fabriken, Eisenbahn S.45), Produktionsverlagerung (S.47), Textilkrise / Absatzkrise (S.51), Kartoffelfäule, Missernten (S.51).Zwischenbilanz: Eine moralisierende Schuldzuweisung (Ausbeutung) übersieht wichtige strukturelle und außerökonomische Faktoren.

3. Strukturelle und außerökonomische Gründe des Pauperismus: Lehrervortrag mit TafelanschriebDas zentrale Tafelbild wird mit einem kurzen erläuternden Lehrervortrag erstellt. Es mündet in die Frage ein, ob man es noch durch weitere Faktoren ergänzen müsse. Diese können durch Pfeile von außen noch eingetragen werden, z.B. Absatzkrisen, Missernten, Kartoffelfäule, Gewinnsucht von Unternehmern...Nun lässt sich auch die Frage aufwerfen, welche Rolle die Unternehmer spielen können.

4. Lehmanns unternehmerischer und sozialer BeitragVorbereitet ist ein Schülerbeitrag, welcher darstellen soll, dassa. Lehmann mit der Spinnerei über billiges Garn verfügt und so der Konkurrenz besser standhalten kannb. er schrittweise die anderen Zweige der Textilfabrikation in die Fabrik einbezieht (Weberei, Färberei) und

die Herstellung nach Böhrigen verlagertc. er sich um Qualität, Sparsamkeit, Arbeitsleistung und Vermarktung kümmertd. er sich für Wohnung und preiswerte Lebensmittel (Fabrikbäckerei) einsetzt.Zur Veranschaulichung lassen sich bei diesem Unterrichtsschritt die Zeichnung auf Seite 46 sowie die Schilderung Walthers über die Back-Konzession S.51f. einsetzen.

Abschließend lässt sich noch diskutieren, inwiefern Lehmanns Bemühen um erträgliche Lebensbedingungen seiner Arbeiter auch unternehmerisch klug war.

5. Hausaufgabe: Lektüre des dritten Kapitels Überlege: Welche Bedeutung hat Kellers Papiererfindung für das Wirtschaftsleben des 19./20. Jahrhunderts?

6. Arbeitsaufträge für das vierte KapitelA. Überblick zur Revolution 1848/49 im Deutschen Bund. Verdeutlichung der wichtigsten Ziele und

Kurzvortrag anhand einer Verlaufskurve (Textgrundlage 4. Kapitel; eventuell Schulgeschichtsbuch).B. Die Turnbewegung 1811-1848/49. (Textgrundlage 4. Kapitel, v.a. S.57-59)C. Die Grundrechte und die Reichsverfassung: Die Arbeit der Nationalversammlung in der Paulskirche

(Textgrundlage Schulgeschichtsbuch)

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Tafelbild zur 3. Stunde:1844 Schlesischer Weberaufstand:

verzweifelte Weber zerstören Gebäude und Maschinen der Unternehmer, die sie für die Schuldigen (Ausbeuter) halten

Wodurch entsteht das Weberelend?

Pauperismus um 1840-48:das Elend der Handwerker und Heimarbeiter im Vormärz

Wachstum der FabrikenEntwicklung des Transportwesens (Eisenbahn)

Beseitigung von Zollgrenzen

verbilligte Massenproduktion erobert den Marktwachsende Konkurrenz und allgemeiner Preisdruck

sinkende Einkommen der Handwerker und Heimarbeiter

wachsende Verelendung

Lohndruck geringe Löhne

weitere Senkung der Produktionskosten

Verbilligung der Massenwareusw.

Fazit: Für das soziale Elend der Heim- und Fabrikarbeiter gibt es mehrere Ursachen. Hauptgrund ist die wachsende Konkurrenz, in der die alte Produktionsweise vernichtet wird. Durch das Massenelend entsteht zudem ein großer Druck auf die Löhne, der von den Unternehmern ausgenützt wird. Schließlich wird die Lebenshaltung auch durch steigende Preise aufgrund von Missernten unerschwinglich.

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Material zum 3. Kapitel

Zwei Gedichte zum schlesischen Weberaufstand von 1844

Das Blutgericht

Hier im Ort ist das Gericht,Noch schlimmer als die Femen,Wo man nicht erst ein Urteil sprichtDas Leben schnell zu nehmen.

Hier wird der Mensch langsam gequält,Hier ist die Folterkammer,Hier werden Seufzer viel gezähltAls Zeugen von dem Jammer.

Die Herren Zwanziger die Henker sind,Die Dierig ihre Schergen,Davon ein jeder tapfer schindt,Anstatt was zu verbergen ...

Ihr seid die Quellen aller Not,Die hier den Armen drücket,Ihr seids, die ihm das trockne BrotNoch von dem Munde rücket...

Ihr fangt stets an zu jeder ZeitDen Lohn herabzubringen.Und andre Schurken sind bereitEurem Beispiel nachzuringen...

Ich frage, wem ists wohl bekannt.Wer sah vor zwanzig JahrenDen übermüt'gen FabrikantIn Staatskarossen fahren? ...

Wer traf wohl da Hauslehrer anBei einem Fabrikanten?In Livreen Kutscher angetan,Domestiken, Gouvernanten?

Heinrich Heine (1797-1856)

Die sch1esischen Weber

Im düstern Auge keine Träne,Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:"Deutschland, wir weben dein Leichentuch,Wir weben hinein den dreifachen Fluch - Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Götzen, zu dem wir gebetenIn Winterskälte und Hungersnöten;Wir haben vergebens gehofft und geharrt,Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt - Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,Den unser Elend nicht konnte erweichen,Der den letzten Groschen von uns erpresstUnd uns wie Runde erschießen lässt - Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,Wo nur gedeihen Schmach und Schande,Wo jede Blume früh geknickt,Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt - Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,Wir weben emsig Tag und Nacht - Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,Wir weben hinein den dreifachen Fluch,Wir weben, wir weben!"

1844

Lied der Weber in Peterswaldau und Langenbielau 1844

Tragt die beiden Gedichte vor. Welche Gründe für das Weberelend werden darin angeführt?Sucht in Geschichtsbüchern nach Informationen zum schlesischen Weberaufstand von 1844---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------1843/44 Absatzkrise bei Webereierzeugnissen zwingt Fabrikanten zur Herabsetzung der Preise und zur Kürzung der ohnehin kargen Löhne. In den Weberdörfern der preußischen Provinz Schlesien Langenbielau und Peterswaldau sind v.a. Heimarbeiter der Gebrüder Dierig und Beschäftigte der Firma Zwanziger betroffen. Am 4. Juni 1844 ziehen Massen von ihnen zum Zwanzigerschen Wohngebäude und fordern mehr Lohn, was man ihnen abschlägt. Daraufhin wird das Haus gestürmt, geplündert und verwüstet. Daraufhin werden auch die anderen Gebäude der Firma verwüstet, ähnliches geschieht am nächsten Tag in Langenbielau, wo die Geschäftsräume der Dierigs zertrümmert werden, welche aber die Arbeiter mit Versprechungen beruhigen, bis Militär eintrifft und den Aufstand blutig beendet. Gerhart Hauptmann, Käthe Kollwitz und Heinrich Heine verarbeiten diesen spontanen Ausbruch der Verzweiflung in Kunstwerken.

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4. Kapitel: 1848/49 - turnen, exerzieren, kämpfen

Das vierte Kapitel erlaubt einen Einblick in die Jahre der Revolution, deren Verlauf als Hintergrund des Geschehens vor Ort skizziert ist. Am Beispiel der Turnerbewegung Hainichens und der Kommunalgarde Böhrigens werden wesentliche Gründe für das Scheitern der Revolution verdeutlicht.

Die von der Pariser Volksmasse - vor allem Arbeiter und Arbeitslose - angestoßene Revolution verbreitete sich im Lauffeuer über Europa und stieß in Deutschland sowohl bei den sozial Benachteiligten wie den liberal-patriotisch gesonnenen Bürgern auf große Resonanz. Die Turnerbewegung mit ihren politischen Wurzeln in der Zeit der Befreiungskriege, ihrem unpolitischen Freizeitwert und ihrer volkstümlichen Offenheit wurde zum Katalysator der unterschiedlichen Bestrebungen. Gleichzeitig verwandelten sich die als Bürgerwehr und Ordnungsfaktor in der Julirevolution 1830 entstandenen Kommunalgarden zunehmend in Organe einer demokratisch-republikanisch gesonnenen Volksbewaffnung.

Mit dem heranrückenden Ende der Revolution brechen die unterschiedlichen Tendenzen der Turner, der Vaterlandsvereine und der Kommunalgarden auseinander und beschleunigen das revolutionäre Fiasko. Bürger und Arbeiter gehen in Deutschland fortan meist getrennte Wege.

Variante A: Selbstständige Schülererarbeitung des vierten Kapitels und Präsentation als Referate (2)

Thema: Turner und Kommunalgarden während der Revolution 1848/49

- Erstellen Sie eine Verlaufskurve, anhand derer Sie die Entwicklung der Revolution 1848/49 erklären. Verdeutlichen Sie dabei die wichtigsten Ziele und Forderungen der Beteiligten und die Ergebnisse der Paulskirchenberatungen.

- Beschreiben Sie den Ursprung der Turnerbewegung und vergleichen Sie Turner bzw. Kommunalgarden von Hainichen und Böhrigen. Erklären Sie mögliche Ursachen für deren unterschiedliches Verhalten.

Variante B: Unterrichtsstunde zum vierten Kapitel

Die Stunde greift die soziale Vormärzfrage des dritten Kapitels auf und wendet sie zur Frage der politischen Revolution 1848/49. Die große Stofffülle zwingt zur zügigen Information (Überblick) und zur äußersten didaktischen Reduktion (Turner/Kommunalgarden-Vergleich).

1. Einstieg: "Insurgenten" - ein unbekanntes Wort!Ein kurzes Gespräch über das nicht mehr gebräuchliche Wort "Insurgenten" (= Aufständische) z.B. über das Eingangszitat des Kapitels führt mitten in die Thematik der Revolution, deren wichtigste "Insurrektionen" im Kapitel erwähnt werden: Paris, Wien, Berlin, Dresden. Dabei kann man nach den Ursachen und Zielen der Aufstände sowie dem letztlichen Scheitern der Revolution fragen (Arbeits- und Problemperspektive).

2. Information: Verlauf der Revolution von 1848/49Über ein Schülerreferat oder im Lehrervortrag mit Hilfe einer OHP-Folie bzw. einer Tafelskizze erhält die Klasse zunächst einen knappen Überblick. Dabei sollte v.a. die Brücke von der letzten Stunde geschlagen werden: In Paris treibt die soziale Not (Wirtschaftskrise, Missernten, Teuerung) die Arbeiter auf die Straße und zu politischen Forderungen (gleiches Wahlrecht). Schließlich wird das Regime des "Bürgerkönigs" Louis Philippe hinweggefegt, die Regierung richtet "Nationalwerkstätten" (Erdarbeiten) zur Beschäftigung der Arbeitslosen ein. Der Funke springt auf die europäischen Nachbarn über. Neben den sozialen Unterschichten, welche die Masse der Barrikadenkämpfer stellen, beteiligt sich auch das liberal und national gestimmte Bürgertum an der Bewegung, welche in den ersten sechs Monaten Erfolge erzielt (Märzminister, Nationalversammlung, Aussicht auf Verfassungen). Im Herbst gewinnt die Reaktion in Wien und Berlin wieder die Oberhand, so dass die Verfassungsberatungen in ihrer Zielsetzung immer bescheidener, in ihrer Durchsetzung immer unrealistischer werden. Die Ablehnung der Kaiserkrone durch Friedrich Wilhelm IV.

Page 11: Prämissen dieser Unterrichtsskizze  · Web viewDas erste Kapitel zeigt den jungen Tuchmacher F.G. Lehmann in seiner Heimatstadt. Hier gibt es eine lange Tradition des Textilhandwerks,

führt noch einmal zu einer verzweifelten "Reichsverfassungskampagne", die aber gewaltsam unterdrückt wird. - Aus Zeitgründen ist es vielleicht sinnvoll, die Verlaufskurve den Schülern als "handout" zu geben.

3. Die Turnbewegung: Unterrichtsgespräch und Schülerreferat über Sport und PolitikEin kurzes Gespräch über Sport und Politik aktualisiert und differenziert die folgende Thematik: Sollte der Sport politischen Zielen dienen? Sicher führen die Schüler missbräuchliche Instrumentalisierungen des Sports an und werden in ihrer Mehrheit eindeutig die Frage verneinen. Umso überraschender dürfte das Kurzreferat über die Geschichte des Turnens wirken, dessen Ursprünge in der Politik (Freiheitskriege) zu suchen sind und dessen Formen stark militärisch geprägt waren. Nicht die Umwandlung des Sports in Politik, sondern die der Politik in Sport liegt hier vor. Dieses Potential kam auch noch 1848 zum Tragen wie das Beispiel der Hainichener Turner zeigt (Vaterlandsverein, Kommunalgarde, Barrikadenkämpfer).Das Referat mündet in eine kleine Zwischendiskussion ein über die Frage: Welcher Turnergruppe hättet ihr euch denn angeschlossen, den Werner'schen Bratwürstchenturnern oder den Feldner'schen schwarzen Turnern? Die Frage lässt sich auch im Rollenspiel behandeln, indem die Klasse in zwei Hälften geteilt wird und jede Seite im Wechsel Argumente für ihre Position anführen soll.

4. Vertiefung: Hainichen rückt aus, Böhrigen nicht - Lektüre des KapitelendesNach einem kurzen Lehrerhinweis - die Nationalversammlung bietet im April 1849 Friedrich Wilhelm IV. die deutsche Kaiserkrone an, dieser lehnt ab; eine Reichsverfassungskampagne mündet in den Dresdner Maiaufstand, der von preußischen Truppen niedergeschlagen wird - erfolgt die stille Lektüre des Kapitelschlusses ab Seite 69 "Die Turbulenzen der Maitage...". Anschließend sollen die Schüler die Frage beantworten: Warum wohl sind die Böhrigener im Gegensatz zu den Hainichern nicht nach Dresden gezogen?Als Antworten aufgrund der Lektüre bieten sich an: Vorsicht bzw. Feigheit (Nossen) und "Behäbigkeit", weil es ihnen nicht so schlecht geht. Lehmanns Fürsorge wirkte also mäßigend auf seine Leute. Nun kann auch exemplarisch die Frage beantwortet werden, woran die Revolution scheiterte: an den unterschiedlichen Interessen, Lebenslagen und der Uneinigkeit des revolutionären Lagers, dem die Reaktion nach einem ersten Schreck zunehmend entschlossener entgegen trat.

5. Hausaufgabe: Lektüre des vierten Kapitels Weitere Gründe, weshalb die Böhriger Kommunalgarde weniger revolutionär war wie die Hainichener. [siehe auch die Informationen am Anfang des 5. Kapitels auf S.72/73]

6. Arbeitsaufträge für das fünfte KapitelA. Fertigen Sie einen Plan des sächsischen Eisenbahnnetzes anhand der Angaben der Seiten 78f. an und

erklären Sie daran die Voraussetzungen des Dampfmaschineneinsatzes in Lehmanns Böhrigener Fabrik. [Siehe hierzu Streckeneröffnungen unter: www.lokomotive.de/sachsen]

B. Die ersten Weltausstellungen in London und Paris 1851/55. Eine Internet-Recherche.

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Material zum 4. Kapitel

a) alternativ: OHP-Folie

b) alternativ: stärker reduziert (Tafelbild)

c) Werner'sche Turner Feldner'sche Turner (Bratwürstchen-Turner) (schwarze Turner)

Turnen statt Politik Turnen dient der Politik Freizeitgestaltung revolutionäre Aktivitäten (...) (...) Besitzbürger, gutsituiert Bildungsbürger / Lehrer Uninteressierte Arbeiter, Gesellen.... Armut, Not

Böhrigener Arbeiter von Lehmann geführt sichere Beschäftigung Interesse an Freizeitaktivität lokale statt politische Ziele: Schulbau

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bleiben zu Hause Barrikaden- Kampf5. Kapitel: Vorwärts mit Dampf

Das fünfte Kapitel behandelt den wirtschaftlichen und technischen Fortschritt in den Jahren der anschließenden Restaurationszeit. So wie im zweiten Kapitel die Wasserkraft als grundlegender Standortaspekt der Fabrikgründung im Mittelpunkt stand, werden nun Eisenbahn und Dampfkraft zu entscheidenden Faktoren ihrer Fortentwicklung.

Während nach der gescheiterten Revolution Deutschland politisch stagniert, entwickelt sich seine Wirtschaft zügig weiter. Weitere Wasserkraftanlagen, zusätzliche Fabrikgebäude, Vergrößerung der einzelnen Fabrikteile und die Landwirtschaft als Rohstoff- und Nahrungsmittellieferant kennzeichnen dies für die Lehmann'sche Fabrik.

Der Bau und der Einsatz einer Dampfmaschine macht die Fabrik unabhängig von Jahreszeit und Witterung und lässt ihr neue Kräfte zuwachsen. Die Entwicklung des Transportwesens erlaubt es dem Unternehmen zunehmend sich am Weltmarkt zu orientieren und auf Weltausstellungen diesen Anspruch geltend zu machen.

Variante A: Selbstständige Schülererarbeitung des fünften Kapitels und Präsentation als Referat

Thema: Vorwärts mit Dampf- Fertigen Sie einen Plan des sächsischen (und weiterführenden) Eisenbahnnetzes anhand der Angaben der

Seiten 78f. an und erklären Sie daran die Voraussetzungen des Dampfmaschineneinsatzes in Lehmanns Böhrigener Fabrik. [Siehe auch Streckeneröffnungen unter: www.lokomotive.de/sachsen]

- Erläutern Sie die Vorzüge des Dampfmaschineneinsatzes gegenüber der Wasserkraft und beschreiben Sie die Entwicklung von Lehmanns Unternehmen in den 50er Jahren.

- Wie wirkt sich die Entwicklung des Eisenbahnnetzes auf die Handelsaktivitäten und das nationale wie internationale Auftreten der Firma aus?

Variante B: Unterrichtsstunde zum fünften Kapitel

Die Stunde behandelt die Voraussetzungen, Vorteile und Folgen der Dampfkraft für die Lehmannsche Fabrik.

1. Einstieg: Bildvergleich Fabrik 1844(S. 46) und 1852 (S. 79) im UnterrichtsgesprächDie Schüler erkennen (auch ohne Frage) sofort die Unterschiede: Schornstein, neue Farbe, Landwirtschaft. Das Unternehmen entwickelt sich also weiter. Es herrscht Ruhe im Land und die Geschäfte gehen gut. Mit der Landwirtschaft macht sich Lehmann von fremder Wolle unabhängiger, für seine Leute hat er preiswerte Lebensmittel, was den Lohndruck mindert. Die neue Farbe im Vergleich zur alten Farbe (rechts hinter dem Schornstein) zeigt die Ausweitung der Produktion, der Schornstein symbolisiert den technischen Fortschritt.

2. Partnergespräch über die Vorteile (und Nachteile) der Dampfkraft gegenüber der WasserkraftUnterhaltet euch mit eurem Nebensitzer über diese Frage und notiert euch die PunkteAuswertung im zweispaltigen TafelanschriebAls Vorteile der Dampfkraft können genannt werden: witterungsunabhängig (Trockenheit, Kälte), standortunabhängig (kann überall installiert werden) und steigerungsfähig (größere und mehr Dampfmaschinen).Als Vorteile der Wasserkraft (d.h. Nachteile der Dampfkraft): billige Primärenergie, keine Umweltverschmutzung und kein Treibhauseffekt, weniger Lärm, erneuerbare Energie.Als Fazit sollte erkannt werden, dass im 19. Jahrhundert die Möglichkeiten der Wasserkraft sich erschöpften und die Umweltaspekte noch kaum erkannt wurden.

3. Schülerreferat mit Karte (OHP-Folie) über die Voraussetzungen der DampfkraftanlagenDas Referat sollte zeigen, dass erst die Schienenwege zwischen den Kohlerevieren (Plauen) und den Fabrikstandorten den rentablen Transport von Kohle erlaubten und damit den Einsatz von Dampfmaschinen.

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Gleichzeitig wird damit auch ein leistungsfähiges (zuverlässig, schnell) Transportmittel entwickelt, das die Vermarktung in die Ferne, ins Ausland, zu den Seehäfen, nach Übersee erlaubt.

4. Bildbetrachtung Reisepass S. 86 mit anschließender Lektüre des Kapitelschlusses S. 84ff.Eventuell über eine vergrößerte Folie wird der Reisepass Lehmanns betrachtet. Die Frage:Warum fährt Lehmann nach Paris? lässt sich vorläufig mit dem angegebenen Reisegrund beantworten ("zum Vergnügen"). Die Lektüre des Kapitelschlusses zeigt aber darüber hinaus noch einen tieferen Grund: Die Firma ist in den internationalen Wettbewerb (Weltmarkt) eingetreten. Und dies ist nur möglich, weil sich das Transportwesen entsprechend entwickelt hat. - Falls ein Kurzreferat vorliegt, kann auch noch auf die Zeit der ersten Weltausstellungen eingegangen werden.

5. Hausaufgabe: Lektüre des fünften Kapitels Wie entwickelt sich in den 50er Jahren das Dorf weiter?

6. Arbeitsaufträge für das sechste bis achte KapitelA. Die Wohnungsfrage: "Die Fabrik war auch im Privaten allgegenwärtig" (6. Kapitel / S. 91). - Beschreiben Sie den Lebensstil der Familie Lehmann bis 1864.- Welche Ziele verfolgt Lehmann mit dem Bau der Arbeiterhäuschen?

B. Zukunftspläne: 8. Kapitel + S. 148- Wie stellt sich Lehmann die Entwicklung des Ortes vor?- Welche Ziele verbindet er mit dem Wohnhausbau?

C. Mentalitätsunterschiede der Generationen : 7. und 8. Kapitel- Erarbeiten Sie die unterschiedlichen Auffassungen über die Rolle des Unternehmers, wie sie in den

Konflikten zwischen Lehmann und seinem Schwiegersohn Heim sowie seinen Söhnen deutlich werden.- Welchen Einfluss hat Lehmanns religiöse Einstellung auf seine Unternehmensführung?

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6. -8. Kapitel: "Die Fabrik war auch im Privaten allgegenwärtig"

Die drei folgenden Kapitel geben einen Einblick ins alltägliche Privatleben der Lehmanns und in F.G. Lehmanns Zukunftspläne. In diese sind Kinder und Schwiegerkinder selbstverständlich einbezogen, doch hier zeigen sich auch unterschiedliche Denkweisen, die man schon als Mentalitätsunterschiede zweier Generationen der Industriegeschichte charakterisieren kann: des Industrialismus und des Kapitalismus.

Die Lehmanns lebten bis zum Umzug in das neue Wohnhaus 1865 im Hauptspinngebäude, d.h. inmitten der Fabrik, deren Lärm und Geruch auch in allen Wohnräumen zu bemerken war (S. 88ff.). Die Schlichtheit der Räume und Küchenausstattung entspräng äußerster Sparsamkeit, einer unverzichtbaren Voraussetzung frühindustrieller Kapitalakumulation. Das Miteinander von Wohnen und Arbeiten lässt sich als typischer Überrest der vorindustriell handwerklichen Produktionsweise ansehen. Sinnlich wahrnehmbar wird es vor allem bei der Lohnauszahlung, bei welcher die Schlangen der kommenden und gehenden Arbeiter mitten durch die Wohnung gehen und diese in zwei Hälften teilen.

Während in den industriellen Ballungszentren an der Ruhr und in Berlin bald die Mietskasernen mit Hinterhöfen zu traurigen Massenquartieren der Arbeiterschaft wurden, baute Lehmann mit dem Weberhaus (1844) und der neuen Farbe (1849/50) zunächst noch kombinierte Wohn-und Arbeitsgebäude für seine Arbeiter. Lehmanns seit 1856 gebauten Arbeiterhäuschen an der Striegis dagegen stellen schon eine sehr menschenwürdige und fortschrittliche Lösung der Wohnungsfrage dar. Zwar waren diese mit jeweils drei bis vier Familien aus heutiger Sicht völlig überbelegt, aber ein Gärtchen, ein Feldstück und die Lage zwischen Fluss und Wald, Bäckerei und Einkaufsmöglichkeit, sorgten doch für ein freundlich-gesundes Lebensumfeld. Dass in diesen Häuschen Frauen und Kinder Heimarbeit leisteten und deshalb das "Drängen um Lohnzulage" (S.101) nachließ, zeigt, wie damals ökonomische und soziale Interessen zur Deckung gebracht wurden.

Das 1864/65 gebaute und bezogene Wohnhaus (S. 117ff.) der Familie Lehmann ("Herrenhaus") verkörpert den Übergang unternehmerischen Wohnens ins Industriezeitalter dadurch, dass es sich aus dem Fabrikzusammenhang räumlich löst, wenn auch nur auf die andere Straßenseite, die Nähe also erhalten bleibt. Herrschaftliche Etagenwohnungen und ein parkähnlicher Garten (Arboretum) belegen, dass der industrielle Gewinn sich nun auch im Lebensstil niederschlägt. Andererseits verrät die Konzeption des großen Gebäudes noch die familiäre Dimension des Unternehmens und den (illusionären) Versuch, die Familien der Söhne unter einem gemeinsamen Dach beieinander zu halten. Mit der rasch einsetzenden Kapitalisierung des Unternehmertums, d.h. seiner Verwandlung in individuelle Anteils- und Aktieninhaber setzt sich auch der Trend zur individuellen Privatvilla durch, wie sie der jüngste Sohn Lehmanns, Wilhelm, 1873 neben der neuen Farbe für sich errichtet.

In seinem letzten Lebensjahrzehnt entwickelt Lehmann wichtige Zukunftspläne. Ermutigt durch den Besuch König Johanns in seiner Fabrik wendet er sich der lokalen und Landespolitik zu, stellt Überlegungen an, den Ort allmählich zu einer kleinen Stadt fortzuentwickeln und setzt sich dafür ein, ihn durch Eisenbahn zukunftsfähig zu machen (S. 110ff., S. 148). Zur Förderung seiner Pläne lässt sich F.G. Lehmann in den sächsischen Landtag wählen. Die vorzeitige Übertragung des Geschäfts an Schwiegersohn und Söhne lehnt er ab. Stattdessen plant er mit dem Wohnhausbau zugleich seine Nachfolge im Familiensinne als "Gebrüder Lehmann" (S. 117ff. ).

Während Lehmanns Aktivitäten noch einen sehr industrie- und sozialgestalterischen, teilweise visionären Charakter haben und geprägt sind von Gottvertrauen, sozialer Verantwortung, Familiensinn, Freude am Bauen, der Qualität seiner Produkte und ihrer Durchsetzung auf dem Weltmarkt, und dabei die geschäftliche Kalkulation zwar nicht überflüssig, aber auch nicht dominant wird, ist die Haltung seiner Söhne und seines Schwiegersohns schon eindeutig profit-, kapital- und vermögensorientiert. Dem Pioniergeist des Industrialisierers (des "zweiten Kolonisators von Böhrigen") tritt mit der nächsten Generation zunehmend der Geschäftsgeist des Kapitalismus entgegen und macht sich in den Familienkonflikten bemerkbar. (7./8. Kapitel)

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Variante A: Selbstständige Schülererarbeitung des sechsten bis achten Kapitels und Präsentation als Referat

Thema: Veränderungen des Wohnens und Denkens im Industriezeitalter- Erarbeiten Sie anhand des 6. und 8. Kapitels die veränderten Wohnbedingungen der Fabrikantenfamilie

und der Arbeiterschaft im Ort.- Stellen Sie das unterschiedliche Selbstverständnis der Unternehmerrolle von F.G. Lehmann und seinem

Schwiegersohn J. Heim (bzw. seines Sohnes Robert) gegenüber (7. und 8. Kapitel)

Variante B: Unterrichtsstunde zum 6. bis 8. Kapitel

Im Rahmen methodischer Abwechslung kann eine einzelne Unterrichtsstunde durchaus einmal sich aus drei Schülerreferaten - siehe die Arbeitsaufträge zum 6. bis 8. Kapitel - zusammensetzen, deren Ergebnisse vom Lehrer mit Hilfe eines tabellarischen und eines vergleichenden Tafelanschriebes gesichert werden.

Eine stärker lehrergelenkte Stunde kann wie folgt aussehen:

1. Als Einstieg wird die anschauliche Schilderung des Familienlebens im Spinnerei-Gebäude auf den Seiten 88 bis 91 vorgelesen ("Einen besonderen Eingang... allgegenwärtig") und der Schluss-Satz noch einmal im Unterrichtsgespräch ausgeführt. Als besonderes Merkmal der Lebensweise wird die Einheit von Wohnen und Arbeiten herausgestellt. Die Darstellung wirft die Frage nach dem Warum und Woher dieser Lebensform auf.

2. In einem Rückbezug auf das Bild S. 11 (Brauhofstr. 8) weist der Lehrer darauf hin, dass es sich um die traditionell handwerkliche Form des Wohnens und Arbeitens handelt, wobei allerdings in der Spinnerei nur noch die "Beamten" unter dem Dach mitwohnen, nicht die Arbeiter. Diese sind z.T. im Weberhaus und der neuen Farbe untergebracht (S. 46, 75, 79). Zusammenfassend wird herausgearbeitet, dass Wohnen und Arbeiten auch hier noch ineinander gehen, dass es aber durch die Größe der Fabrikation zu einer Separation von Unternehmerfamilie und Arbeiterschaft kommt.

3. Ein Bildvergleich der Arbeiterhäuser (S. 101), des Wohnhauses (S. 122) und der Gesamtlage (S. 124) zeigt schließlich die Trennung von Wohnung und Arbeit und die Trennung von Fabrikantenwohnung und Arbeiterwohnungen auf.

4. In einem tabellarischen Tafelanschrieb wird die Entwicklung festgehalten. Der Lehrer gibt dabei zusätzliche Informationen zu Mietskasernen, Hinterhöfen, Unternehmervillen, sozialem Wohnungsbau und Eigenheimförderung.

5. Abschließend werden die Arbeiterhäuschen mit Hilfe eines Zitats (" Als 1856, 57 und 58 die Arbeiterhäuser fertig waren... Frauen und Kinder Beschäftigung" S.100f.) kritisch beurteilt: Soziale Wohltat oder Geschäftsinteresse?

6. Hausaufgabe: Lektüre des 6. bis 8. Kapitels Welche unterschiedlichen Auffassungen über den Fortgang des Unternehmens haben F.G. Lehmann und seine Söhne bzw. Schwiegersohn Heim?

7. Arbeitsaufträge:A. Die technisch-wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands zwischen 1849 und 1866.- Skizziere das wachsende Eisenbahnnetz und suche aussagekräftige Wirtschaftsdaten (siehe z.B.

Westermanns Geschichtsatlas, 1991, S. 42; List/Oldenbourg, Atlas zur Universalgeschichte 1979, S.64)B. Bismarcks Politik der Einigung Deutschlands durch Preußen: 1862 - 1864 - 1866 - 1871- Zeige anhand dieser Daten, wie es Preußen gelingt, zu seinen Bedingungen Deutschland zu einigen.

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Tafelbilder zu den Kapiteln 6 bis 8

Die Entwicklung des Wohnens im Industriezeitalter

1. Brauhofstraße 8 (1768): Handwerkerfamilie, Gesellen und Lehrlinge wohnen und arbeiten unter einem Dach (S.11)2. Spinnerei-Hauptgebäude (1837): Prinzipalswohnung + Fabriksaal in einem Gebäude; Wohnräume für leitende

Angestellte ("Beamte") im Dachgeschoss (S. 40)3. Weberhaus (1844); neue Farbe (1850): Arbeiterfamilienwohnungen, Räume für Ledige, Wolllesesaal und

Fabrikbäckerei bzw. Färberei und Zimmerei in einem Gebäude. (S.46/75/79)4. Arbeiterhäuschen an der Striegis: mehrere Arbeiterfamilien in kleinen Häusern untergebracht; Garten bzw.

Feldstück; Heimarbeit von Frauen und Kindern (S. 101)5. Wohnhaus /"Herrenhaus" (1865): herrschaftliche Etagenwohnungen für Fabrikantenfamilie und Familien der

Fabrikantensöhne mit Festsaal und parkähnlichem Garten. Im Dach Räume für Dienstpersonal (S. 122 /124)6. Kleine Villa Wilhelm Lehmann (1873) mit Garten: Fabrikbesitzer bzw. Anteilseigner lebt mit seiner Familie in

reinem Privathaus.7. [Mietskasernen; Hinterhöfe: Berlin, Ballungszentren]: Massenquartiere der Arbeiterschaft, eng, primitiv8. sozialer Wohnungsbau [20. Jh.]: einfach, ordentlich, erschwinglich9. Bausparförderung [20. Jh.] Reihen- und Einzelhäuser für Arbeiter und Angestellte erschwinglich

Die Veränderung der industriellen Mentalität von den Gründern zu den Erben

F.G. Lehmann Johannes Heim / Emil und Robert Lehmann------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Expansion auf Weltmarkt Bevorzugung des deutschen MarktesRisikofreude Unsicherheit der überseeischen MärkteAuslastung der Fabrik; Beschäftigung Vermeidung von VerlustenAusdehnung des Geschäfts Beschränkung auf profitable Geschäftszweige"Vergrößerungssucht"? (Vorwurf Heim)

Pläne zur Weiterentwicklung des Ortes (Stadt) keine Augenmerk auf Ortsentwicklung

Nachfolgepläne: "Gebrüder Lehmann" unter Furcht vor Ausgaben, Verschuldung, Zahlungsunfähigkeiteinem Dach : Bau eines großen Hauses Konflikt wegen Hausbau (Eltern sollen sich kleines Haus bauen)

große Bauten und Geldausgaben vorsichtige Haltung

Engagement in der Landespolitik Beschränkung auf's Geschäft

Kolonisator, Pionier, Industrialisierer, Kaufmann, Geschäftsmannsoziales und politisches Engagement private Interessen

Gestaltung der Industrie Gewinn- und VermögensorientierungINDUSTRIALISMUS KAPITALISMUS

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9. Kapitel: 1866 - 1871 - und Sachsen dazwischen

Friedrich Wilhelm IV. von Preußen hatte 1849 die ihm von der Paulskirche angebotene Kaiserkrone des kleindeutschen Reiches abgelehnt, weil dieser "Reif aus Dreck und Letten" den "Ludergeruch der Revolution" besaß, genauer: weil die so herbeigeführte deutsche Einheit auf den Grundrechten der Bürger und einer volkssouveränen Verfassung beruht hätte. Der Dualismus zwischen Preußen und Österreich wog nicht so schwer wie der Dualismus zwischen Obrigkeit und Volk. Doch die Metternichzeit war nicht zurückzuholen, weil sich Technik, Wirtschaft und Gesellschaft weiterentwickelten und sich dem die Großmachtpolitik der Staaten und Dynastien nicht entziehen konnte. Das neunte Kapitel zeigt den Prozess der deutschen Einigung "von oben" aus der verzwickten Lage von Sachsen "dazwischen". Der Vorteil dieser Perspektive liegt in ihrem Koordinatensystem: die national-politische Koordinate wird von der sozio-ökonomischen gekreuzt, die rückwärtsgewandten staatlich-dynastischen Interessen Sachsen geraten in Widerspruch zu seiner bürgerlich-gesellschaftlichen Entwicklung.

F.G. Lehmann nimmt als Landtagsabgeordneter heftigen Anteil an der politisch-militärischen Krise im Deutschen Bund und sucht - vergeblich - König Johann von Sachsen von einer Parteinahme gegen Preußen abzuhalten. Dieses beendet dennoch den deutschen Dualismus zu seinen Gunsten und gliedert Sachsen in den Norddeutschen Bund ein, der Vorstufe zum preußisch-deutschen Reich. Für Wirtschaft und Handel Sachsens kommt diese Entscheidung gelegen, politisch verliert es seine Eigenständigkeit.

Variante A: Selbstständige Schülererarbeitung des neunten Kapitels und Präsentation als Referat

Thema: 1866 - Entscheidungsjahr zur deutschen Einheit- Beschreiben Sie die Entwicklungen im Deutschen Bund zwischen 1849 und 1866 und charakterisieren

Sie die zwiespältige Lage Sachsens.- Nehmen Sie Stellung zum Briefwechsel Lehmanns mit König Johann von Sachsen.- Informieren Sie über die weitere Entwicklung bis zum Januar 1871.

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Variante B: Unterrichtsstunde zum 9. Kapitel

1. Einstieg: Karte Deutschland 1815-1871 mit dem Deutschen Bund, Preußen, Sachsen, ÖsterreichÜber die Frage nach der politischen Situation im Deutschen Bund nach der gescheiterten Revolution von 1848/49 wird im Unterrichtsgespräch / fragend-entwickelnd herausgearbeitet:- die ungelöste Frage der deutschen Einheit- der deutsche Dualismus zwischen Österreich (Bundesvorsitz) und Preußen- die Mittellage Sachsens zwischen den beiden Vormächten und die Politik der deutschen Mittelstaaten- die unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklung im Deutschen Bund (u.a. erkennbar am Eisenbahnnetz)

2. Lehrervortrag bzw. Schülervortrag (mit OHP-Folie) zu Bismarcks Macht- und MilitärpolitikIm Anschluss an den Vortrag erhalten die Schüler eine Kopie der Folie als Handout. Sie sollen zuhören und Fragen stellen anstatt mitzuschreiben.

3. Vertiefung in Gruppenarbeit: Die Rolle SachsensIn Gruppen zu 4 bis 6 Schülern werden drei Briefquellen zum Konflikt von 1866 gelesen und besprochen. Dabei erkennen die Schüler die unterschiedlichen Standpunkte und Interessen von Königshaus und sächsischer Wirtschaft. Die Niederlage gegen Preußen lässt sich so differenziert bewerten.

4. Auswertungsgespräch Es genügt sich über die möglichen Inhalte des fiktiven Lehmann-Briefes an seinen künftigen Schwiegersohn Gustav Körner in Berlin zu unterhalten, der im Kontrast zu Johanns Brief an Wilhelm stünde. Ist dies aus Zeitgründen nicht möglich, könnte ein solcher Brief auch als Hausaufgabe gestellt werden.

5. Hausaufgabe: Lektüre des 9. und 10. Kapitels Warum hat Preußen die Auseinandersetzung mit Österreich zu seinen Gunsten entscheiden können?

6. Arbeitsaufträge:A. Wie beurteilt F.G. Lehmann seine eigene Lebensleistung ? Wie wird diese von der Deutschen

Allgemeinen Zeitung gesehen ?B. Welche Ziele verfolgt F.G. Lehmann über seinen Tod hinaus?

Wie realistisch erscheinen Ihnen das diesbezügliche Testament und die Ratschläge Lehmanns?

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Die Einigung Deutschlands durch PreußenScheitern der 48er Revolution Preußen einigt Deutschland "von oben"

1. Hindernisse der deutschen Einheit- preußischer Militärstaat (gegen demokratischen Nationalstaat)- österreichischer Vielvölkerstaat (gegen Nationalstaat)- europäisches Mächtesystem (gegen deutsche Großmacht)

2. Veränderungen der internationalen Lage- Russland durch Niederlage im Krimkrieg geschwächt (1854-56)- Frankreich unter Napoleon III. wird imperialer Unruhefaktor- Einigung Italiens durch Pietmont-Sardinien liefert Vorbild

3. Deutschland- Industrialisierung / wirtschaftliche Entwicklung stärkt Preußen- aus der politischen Kooperation von Preußen und Österreich entwickelt sich zunehmend wirtschaftliche

Rivalität und Konfrontation (deutscher Dualismus)- "Nach der Wiener Politik ist einmal Deutschland zu eng für uns beide..." (Bismarck 1856)

4. Bismarcks Macht- und Militär-Politik

1862preußischer Verfassungskonflikt

1866Deutsch-deutscher Krieg

1870/71Deutsch-französischer Krieg

Heeresreform als Auslöser(Landwehr / Dienstzeit)

Parlament versucht über den Haushalt Einfluss zu nehmen

Ernennung Bismarcks zum Ministerpräsidenten

"Lückentheorie" (bei mangelnder Einigung wird ohne Budget / Parlament regiert)

Krieg um Schleswig-Holstein (Pr./Ö. vs. Dk)

Kondominium wird durch Preußens Einmarsch in Holstein beendet

Deutscher KriegKöniggrätz

Waffenstillstand von Nikolsburg

Spanischer Erbfolgestreit

"Emser Depesche"

französische Kriegserklärung

Schutz- und Trutzbündnisse zwischen Preußen und süddt. Staaten treten in Kraft

französische Niederlage

Ausschaltung des ParlamentsEnde des deutschen Dualismus

Norddeutscher Bund als Vorstufe zum Deutschen Reich

ReichsgründungKaiserproklamation

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F.G. Lehmann an König Johann von Sachsen[ Randnotiz: Das Frankfurter Telegramm, worin Preußen auf Bayerns Anfrage antwortet und erklärt, es würde Sachsen nicht angreifen, wenn Oesterreich nicht in Sachsen einrücke. - Abschrift vom Briefentwurf, Brief vom 9. Mai 1866]Wenn das angefügte Telegramm seine Richtigkeit hat, woran kaum zu zweifeln ist, so liegt es in Euer Majestät Hand, vom geliebten Vaterlande die Besetzung durch preußische Truppen, eventuell die Kriegsdrangsale abzuwenden. - Ich bin ein Unkundiger in der Diplomatie, aber das weiß ich, daß eine Allianz mit Österreich bei der Mehrzahl der Gebildeten Sachsens in den mittleren und unteren Ständen unbeliebt wäre. Man kann es als einen gelungenen Schachzug des preußischen Premiers betrachten, daß er neuerdings in preußischen Blättern die Religionsverfolgungen, die sich Österreich seit Jahrhunderten hat zu Schulden kommen lassen, aufzählte; solches Verfahren flößt gewiß jedermann Besorgnis ein und es ermuntert nicht zu Bündnissen. Gegen alles Völkerrecht würde es doch verstoßen, wenn Preußen ohne allen Grund in Sachsen einfallen wollte; so kühn auch der Graf von Bismarck ist, so kann er solchen Coup, wenn ihm aller Vorwand benommen wird, nicht wagen. - Ob meine Zeilen im Drange der Verhältnisse von Euer Majestät gelesen und beachtet werden können, das weiß ich nicht, nur das weiß ich, daß sie ehrlich und wohlgemeint sind; geschwankt habe ich natürlich, sie abzusenden, doch habe ich geglaubt, warum soll ich nicht als Mann, als Landtagsdeputierter in erregter Zeit ein ernstes Wort sagen dürfen ?

Antwort König Johanns an F.G. Lehmann [wohl Juni 1866]Ich habe Ihren wohlmeinenden Brief erhalten und mit der Überzeugung aus den Händen gelegt, daß er die Worte eines ehrlichen Mannes enthält, die stets bei mir willkommen sind. Daß es mein höchster Wunsch ist, dem geliebten Sachsenlande alle Kriegsdrangsale zu ersparen und mein ganzes Bestreben sich dahin richtet, daran zweifeln Sie gewiß so wenig wie jeder, der mich kennt. Jedoch kann ich dieses Streben nicht meiner Ehre, nicht meiner Pflicht als Bundesfürst, nicht der Sache des Rechts opfern, für die ich auch als Feldherr mit einstehen muß. Ich stehe in der Sache überhaupt ganz auf dem Bundesstandpunkt und habe keine spezielle Allianz mit Österreich abzuschließen im Sinn. Wenn ich aber angegriffen werde, so muß ich Hilfe suchen, wo ich sie finde. Mögen Sie bei aller Gelegenheit fest auf mich vertrauen und Gott wird weiter helfen. [zit. in: Unsere Heimat. Monatsschrift des Roßweiner Tageblattes Nr. 8, August 1931]

König Johann an König Wilhelm von Preussen am 2. August 1866[König Johann residierte seit dem 1. August in der zum Schlosse Schönbrunn gehörigen Villa Kaiserstöckl.)Ehe die diplomatischen Verhandlungen über unsere speziellen Angelegenheiten beginnen, halte ich es für Pflicht als Fürst gegen Fürst ein aufrichtiges Wort an Dich zu richten. - Mein Bewusstsein spricht mich von jedem Unrecht gegen Preußen frei. Ich habe nur getan, was ich nach bestem Wissen und Gewissen tun zu müssen glaubte; auch hat die Folge gezeigt, dass wir keinen speziellen Vertrag mit Österreich eingegangen waren, bei dem wir uns gewiss kräftige Maßregeln zu unserem Schutz ausbedungen hätten. Indes das Schicksal der Schlachten hat gegen uns entschieden. Ich erkenne in ihm eine höhere Waltung und werde mit Redlichkeit in alles eingehen, was die Lage der Dinge mit sich bringt. Dies gilt ins Besondere von dem neu zu gestaltenden Bundesverhältnis und der näheren Verbindung mit Preußen. Dabei hege ich die zuversichtliche Hoffnung, dass Du keine Anforderung an mich stellen wirst, welche mein Land, das so treu zu mir gestanden hat, mit unbilligen Lasten beschweren und seinen Wohlstand zu Grunde richten würde, und ebenso wenig mir etwas zumuten wirst, was den wesentlichen Bedingungen eines selbständigen Fürsten widerspricht. Im umgekehrten Falle würde die neue Verbindung das unvermeidliche bittere Gefühl, das jeder Besiegte in sich trägt, noch schärfen und den Keim neuer Zerwürfnisse in sich tragen. Namentlich berufe ich mich auf dein soldatisches Herz in Betreff meiner Armee. Dieselbe hat nicht nur eine solche Pflichttreue und Hingebung bewiesen, sondern auch in Betreff ihrer Tapferkeit, Ausdauer und Kriegstüchtigkeit ein so rühmliches Zeugnis von beiden streitenden Teilen erhalten, dass sie mit gerechtem Stolze aus dem Kampfe tritt. Sollte ihr daher etwas zugemutet werden, das ihr Verhältnis zu ihrem Kriegsherrn zu lockern oder ihre militärischen Ehren zu verletzen geeignet wäre, so würde dies eine tiefe Verstimmung in derselben hervorrufen. In diesem Punkte hoffe ich daher vorzüglich, dass du nichts von mir verlangen werdest, was ich nicht zuzugestehen im Stande wäre, während ich innerhalb dieser Grenzen auch auf diesem Gebiete zu allen wahrhaft nützlichen Vereinbarungen willig die Hand bieten würde. - Indem ich mir erlaube Dich an die alten freundschaftlichen Gesinnungen, die in deinem Herzen vielleicht noch nicht ganz erloschen sind, zu erinnern, verharre ich mit ausgezeichneter Hochachtung Dein ergebenster Vetter und Bruder Johann.

- Welche Standpunkte vertreten F.G. Lehmann und König Johann von Sachsen im Konflikt von 1866?- Stellen Sie beider Argumente gegenüber und bewerten Sie ihre Stichhaltigkeit.- Beurteilen Sie König Johanns Brief an seinen Vetter Wilhelm von Preußen. - Was hätte wohl Lehmann an seinen künftigen preußischen Schwiegersohn schreiben können?

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10. Kapitel: Lebensbilanz, Testament und Vermächtnis eines Gründers

Das letzte Kapitel hat bilanzierenden und zukunftsweisenden Charakter zugleich. Es eröffnet damit auch neue Problemperspektiven. Lehmann selbst zieht eine positive Bilanz seines Lebens. Er rechnet sich zu den "Bevorzugten Gottes", dem es durch Not und Krisen vergönnt war sich zu entwickeln.

In seinem Testament verfolgt er drei Ziele: das Unternehmen in die nächste Generation zu überführen, die erbenden Kinder möglichst gleich zu bedenken und auch die über die Fabrik hinausreichenden sozialen Aspekte seines Werkes fortzusetzen. Dazu gehört vor allem auch das Anliegen, den Ort weiter zu entwickeln und ihn mit "Eisenbahn um jeden Preis" zu versehen.

Lehmanns Leistung wird von der "Deutschen Allgemeinen Zeitung" als außergewöhnlich insofern charakterisiert, als die andernorts "jetzt so sehr rumorende sociale Frage" in Böhrigen nicht existiere, sondern "in dem gegenseitigen Vertrauen und der gegenseitigen Billigkeit längst auf die einfachste Weise gelöst" wäre.

Variante A: Selbstständige Schülererarbeitung des zehnten Kapitels und Präsentation als Referat

Thema: Bilanz einer Gründerleistung - Wie geht es weiter?- Wie beurteilt Lehmann seine Lebensleistung und welche Ziele verfolgt sein Testament und

Vermächtnis? Wie realistisch erscheinen Ihnen die damit verbundenen Erwartungen?- Nehmen Sie Stellung zur Bewertung von Lehmanns Werk durch die "Deutsche Allgemeine Zeitung"!

Variante B: Unterrichtsstunde zum 9. Kapitel

1. Einstieg und Quellenarbeit: Nachruf in der "Deutschen Allgemeinen Zeitung" vorlesen oder als Stillarbeit mit anschließender Auswertung im Klassengespräch- Zu welchem Fazit gelangt der Nachruf?- Welche Gründe werden genannt ?- Welche Fragen wirft der Nachruf auf?

2. Schülervortrag: Lehmanns Testament und VermächtnisErgebnissicherung im Tafelbild. Diskussion einzelner Aspekte, z.B. - Lässt sich ein (großes) Unternehmen an neun Kinder vererben ?- Welche Alternativen hätte Lehmann gehabt?- Warum "Eisenbahn um jeden Preis"?

3. Schlussdiskussion: Ist die soziale Frage wirklich gelöst?Der sozial gesonnene Unternehmenspatriarch kann als ein besonderer Typus unter den Industriegründern angesehen werden. Daneben gab es von Anfang an auch jene Vertreter des Unternehmertums, "die den armen Leuten zusetzen bis aufs Blut" (Tagebuch, siehe 1. Kapitel). Dies musste zu anderen Lösungsansätzen der sozialen Frage führen. Welche waren denkbar?(Arbeiter organisieren sich; Arbeiterbewegung, Marxismus, Gewerkschaften, Sozialdemokratie; staatliche Sozialpolitik, Bismarcks Sozialversicherungen; kirchliche Initiativen)

Page 23: Prämissen dieser Unterrichtsskizze  · Web viewDas erste Kapitel zeigt den jungen Tuchmacher F.G. Lehmann in seiner Heimatstadt. Hier gibt es eine lange Tradition des Textilhandwerks,

Tafelbild zum 10. Kapitel

6. Juli 1869 Tod F.G. LehmannsNachruf in der Deutschen Allgemeinen Zeitung

"die rumorende soziale Frage ist (in Böhrigen) gelöst"durch

WohnungenSchule, Lesezirkel (Bildung)

Krankenversorgungsichere Arbeitsplätze, lange Beschäftigungsdauer

Einkaufs- und Anbaumöglichkeiten

keine Armutkeine Verbrechenkein Alkoholismuskeine wilden Ehen

Vertrauen und Billigkeit zwischen Arbeitern und Unternehmer

Lehmanns Ziele in Testament und VermächtnisFortführung des UnternehmensGleichbehandlung der Kinder

Fortentwicklung des Ortes (Eisenbahn) und des Wohlergehen der Arbeiter

Fragen:Ist die soziale Frage (dauerhaft) gelöst?

Lassen sich die Ziele des Testaments realisieren?

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Nachbemerkung

Prämissen dieser Unterrichtsskizze

Die vorstehende Unterrichtseinheit wurde so konzipiert, dass sie nach Unterrichts- und Klassensituation sowie der Gesamtplanung des jeweiligen Lehrers variiert und in der gymnasialen Oberstufe durchgeführt werden kann. Für die Mittelstufe und Realschul- bzw. Mittelschulklassen wird man einzelne Teile stärker reduzieren bzw. auch mehr Stunden für einzelne Sequenzen einplanen müssen. Auch wird sich die Verselbstständigung der Schüler nicht im selben Maße erreichen lassen wie in Oberstufenklassen des Gymnasiums. Grundsätzlich ist meine Planung von folgenden Prämissen ausgegangen:

(Schul-)geschichtsdidaktische Reduktion und Veranschaulichung durch Personalisierung und Lokalisierung (Unternehmerbiographie + Industriedorf)

Integration der industriegeschichtlichen Thematik in die allgemeine Geschichte eines Zeitraumesanstelle einer segmentierten und fragmentierten Betrachtung im Sinne fachwissenschaftlicher Spezialisierung

Verbindung personaler, lokaler, landes- und nationalgeschichtlicher sowie globaler Aspekte(Biographie - Industriedorf - Königreich Sachsen - Deutschland - Weltmarkt)

Schülerzentrierung und -verselbständigung durch Referatreihen, Arbeitsaufträge und Ganzschriftlektüre

Variationsmöglichkeiten durch alternative Angebote für den Geschichtslehrer

Die Unterrichtsskizze darf mit Autorenangabe als Word -Datei eingesehen, heruntergeladen, gedruckt und frei kopiert werden.

Eberhard Keil