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Raumkurven I Moritz Korte-Stap26. Februar 2013

Raumkurven I - uni-tuebingen.de · Also sind Raumkurven erst mal nicht wirklich etwas anderes als ebene Kurven nur mit einem anderen Wertebereich. Jedoch ergibt sich schon bei der

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Raumkurven I

Moritz Korte-Stap↵

26. Februar 2013

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Inhaltsverzeichnis

1 Raumkurven 3

1.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2 Gerahmte Raumkurven 4

2.1 Frenet-Rahmen/Frenet-Dreibein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.1.1 Krummung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.1.2 Normalenvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.1.3 Binormalenvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.1.4 Torsion/Windung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.1.5 Definition Frenet-Rahmen/Frenet-Dreibein . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.2 Parallel-Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102.2.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102.2.2 Existenz von parallelen Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

3 Rekonstruktion von Raumkurven aus Kr

¨

ummung und Torsion 12

3.1 Invarianz von Krummung und Torsion bei orientierungserhaltenden euklidischenBewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

3.2 Fundamental-Theorem der Raumkurventheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

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1 Raumkurven

1.1 Definition

Im folgenden wird es um Kurven gehen, die ihre Werte im R3 annehmen:

Definition 1.1.1(Raumkurve)Sei I ✓ R ein Intervall. Eine parametrisierte Raumkurve ist eine unendlich oft di↵eren-zierbare Funktion c: I �! R3

Also sind Raumkurven erst mal nicht wirklich etwas anderes als ebene Kurven nur miteinem anderen Wertebereich. Jedoch ergibt sich schon bei der Definition des Normalenfeldesein Problem:

Bei ebenen Kurven gab es genau zwei Einheitsvektoren, die senkrecht auf den Geschwindig-keitsvektor standen. Bei Raumkurven bilden die Einheitsvektoren senkrecht zu c(t) einen Kreis.Die allgemeinen Vektoren senkrecht auf c(t) bilden sogar eine Ebene (Abb.1 [Baer] S. 57) ImFall von ebenen Kurven war der Normalenvektore so gewahlt, dass der Normalenvektor und derGeschwindikeitsvektor eine positiv orientierte Orthonormalbasis bilden. Welchen Vektor sollteman in dem Fall der Raumkurve als Normalenvektor wahlen?

Abb. 1:

3

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2 Gerahmte Raumkurven

Das Problem der Wahl des Normalenvektors wird durch sogenannte Rahmen gelost.Im 2-Dimensionalen Fall bildeten der Geschwindigkeitsvektor c und der Normalenvektor n einepositiv orientierte Orthonormalbasis. Das Ziel der Definition von Rahmen ist es, solch eineBasis fur den R3 zu bilden.

Definition 2.1.1

Sei c : I 2 R �! R3 eine nach Bogenlange parametrisierte Raumkurve. Ein Tripel glatterAbbildungen v, n, b : I ✓ R �! R3 heißt angepasster Rahmen von c, wenn c = v undv(t), n(t), b(t) fur alle t 2 I eine positiv orientierte Orthonormalbasis bilden.

b ist dabei das Kreuzprodukt von c und n.

Fur einen angepassten Rahmen gelten folgende Gleichungen:

Satz 2.1.2

Sei c, n, b der angepasste Rahmen zu einer Kurve c : I ✓ R �! R3. Des weiteren seien1,2, ⌧ : I ✓ R �! R3 glatte Abbildungen. Dann gilt:

c = 1n+ 2b

n = �1c+ ⌧b

b = �2 � ⌧n

Sowie

1 = hc, ni2 = hc, bi⌧ = hn, bi

BeweisDa hc, ci = 1 ist hc, ci = 0. Damit sind aber c senkrecht auf c und da c, n, b eine orthogonale

Basis des R3 bilden ist c darstellbar als Linear kombination von n und b:

c = 1n+ 2b

fur beliebige 1 und 2.Analog kann man dann n und b darstellen:

n = �c+ ⌧ b

b = ↵c+ �n

Mit hc, ni = 0 folgt:

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hc, ni+ hc, ni = 0

Wobei

hc, ni = h1n+ 2b, ni = 1hn, ni = 1

und

hc, ni = hc, �c+ ⌧bi = �hc, ci = �

Also ist �1 = �Analog folgt aus hc, bi und hn, bi

hc, bi+ hc, bi = 2 + ↵ = 0

sowie hn, bi+ hn, bi = ⌧ + � = 0

Und damit:

↵ = �2

bzw. � = �⌧

Jetzt lasst sich naturlich vermuten, dass 1 bzw. 2 ahnlich der Krummung wie definiertfur ebene Kurven sind. Tatsachlich sagen 1, 2 und auch ⌧ etwas uber das Verhalten vonKurven in einem Punkt aus. Jedoch hangen 1,2 und ⌧ von dem jeweils gewahlten Rahmenab. So gilt fur parallele Rahmen immer ⌧ = 0, wahrend fur Frenet-Rahmen immer 2 = 0 gilt.

In diesem Proseminar sollen im wesentlichen 2 Arten von Rahmen vorgestellt werden.Ersterer ist der:

2.1 Frenet-Rahmen/Frenet-Dreibein

2.1.1 Kr

¨

ummung

Der erste Schritt zum Frenet-Rahmen, ist eine Krummung fur Raumkurven zu definieren. Imebenen Fall wurde der Normalenvektor gebraucht, um die Krummung zu definieren. Verzichtetman auf ein par Vorteile der Krummung fur ebene Kurven, gelingt es jedoch die Krummungfur Raumkurven unabhangig vom Normalenvektor zu definieren.

Die Krummung fur ebene Kurven ist wie folgt definiert:

c(t) = (t) · n(t)

Also als Skalar, der angibt um wie viel der zweite Ableitungsvektor langer ist.Sprich:

|(t)| = kc(t)k

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Verzichtet man also nun auf das Vorzeichen, welches uns zwar angibt, ob sich die Kurvenach rechts oder links krummt, kann man die Krummung unabhangig vom Normalenvektordefinieren:

Defnition 2.1.1 (Krummung einer Raumkurve)Sei I ✓ R eine nach Bogenlange parametrisierte Kurve. Die Funktion : I ! R,(t) =kc(t)k heißt Krummung von c.

Wieder gibt die Krummung an, in wie Weit die Kurve von einer geraden Linie abweicht. Ceine gerade Linie genau dann wenn kck = 0 fur alle t.

Des weiteren gilt fur die hier definierte Krummung fur eine nach Bogenlange parametrisierteKurve immer (t) � 0. Die Frage, ob sich die Kurve nach rechts oder links biegt, macht alsokeinen Sinn mehr.

Da die Ebene im R3 enthalten ist, liegen jetzt 2 Definitionen fur die Krummung vor.Sei c : I ✓ R �! R2 eine Kurve in der x-y-Ebene (z=0) mit Krummung : I �! R. Sei c: I✓ R �! R3 dieselbe Kurve aufgefasst als Raumkurve mit Krummung : I �! R.Dann ist:

(t) = kc(t)k = k(¨c(t), 0)k = k¨c(t)k = |(t)|

2.1.2 Normalenvektor

Wegen:

c(t) = (t) · n(t)

() n(t) =c(t)

(t)=

c(t)

kc(t)k

kann nun das anfangliche Problem der Definition eines Normalenvektors gelost werden.

Definition 2.1.2.1(Normalenvektor)Sei c: I ✓ R �! R3 eine nach Bogenlange parametrisierte Kurve. Sei t0 2 I mit (t0) 6= 0.Dann ist

n(t0) =c(t0)(t0)

= c(t0)kc(t0)k

der Normalenvektor von c in t0.

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Bereits hier wird ein großes Problem des Frenet-Rahmens deutlich. Um den Normalenvek-tor so zu definieren muss (t0) 6= 0 also kc(t0)k 6= 0 vorrausgesetzt werden. Will man denNormalenvektor entlang der gesamten Kurve definieren, muss dies fur alle t 2 I gelten. Diesbeeinschrankt die Wahl der Kurven erheblich.

Es ist leicht und ahnlich wie im ebenen Fall zu zeigen, dass der Normalenvektor tatsachlichorthogonal zu c ist:

1 = hc, ci

Di↵erenzieren auf beiden Seiten ergibt:

0 = 2hc, ci

Sprich c und c sind orthogonal. Da c aber der Normalenvektor multipliziert mit einem Skalarist, mussen der Geschwindigkeitsvektor und der Normalenvektor ebenfalls orthogonal sein.

2.1.3 Binormalenvektor

Fur ebene Kurven reichen der Geschwindigkeitsvektor und der Normalenvektor um eineorthogonale Basis fur den R2 zu scha↵en. Fur Raumkurven fehlt uns jedoch noch ein Vektor.Dieser lasst sich aber ohne großere Schwierigkeiten definieren:

Definition 2.1.3.1 (Binormalenvektor)Sei c : I ✓ R �! R3 eine nach Bogenlange parametrisierte Raumkurve. Seien t0 2 I und(t0) 6= 0Dann ist:

b(t0) = n(t0)⇥ c(t0)

der Binormalenvektor von c in t0.

Hierbei ist ⇥ das Kreuzprodukt, welche die Eigenschaft hat, das x,y und x ⇥ y orthogonalzu einander sind und dass x,y und x ⇥ y eine positiv orientierte orthogonale Basis des R3 bilden.Sind x und y orthogonal und der Lange 1, so formen x,y x ⇥ y sogar eine Orthonormalbasis.

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2.1.4 Torsion/Windung

Die oben definierte Krummung ist nicht die einzige Aussage, die uber das Verhalten derKurve in einem Punkt getro↵en werden kann. Eine weitere Eigenschaft der Kurve ist ihreWindung. Sie wird im wesentlichen messen, wie sehr sich der Normalenvektor aus der Ebene,die der Normalenvektor und der Geschwindigkeitsvektor aufspannen, herrausbewegt.

Definition 2.1.4.1(Windung/Torsion)Sei c : I ✓ R �! R3 eine nach Bogenlange parametrisierte Kurve. Seien t0 2 I, (t0) 6= 0und (b(t0), n(t0), c(t0)) eine orthonormale Basis in t0.Dann ist:

⌧(t0) := hn(t0), b(t0)i

die Windung ⌧ von c an t0.

2.1.5 Definition Frenet-Rahmen/Frenet-Dreibein

Die mit b, n und c definierte Orthonormalbasis wird Frenet-Rahmen bzw. Frenet-Dreibeingenannt.

Definition 2.1.5.1(Frenet-Rahmen/Frenet-Dreibein)Die Orthonormalbasis (b(t0), n(t0), c(t0)) definiert wie auf den obigen Seiten heißt Frenet-Rahmen bzw. Frenet-Dreibein. (Abb.2)

Abb.2:

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Da im Frenet-Rahmen wie im ebenen Fall gilt: c = n folgt mit Satz 2.1.2, dass imFrenet-Rahmen gilt: 2 = 0. Des weiteren entspricht das allgemeine 1 im Frenet-Rahmender Krummung fur den Frenet-Rahmen. Die Definition der Torsion ist eines der großen Vorteiledes Frenet-Rahmens. Sie erlaubt eine genaue Aussagen uber das Verhalten der Kurve in einemPunkt zu tre↵en. Jedoch schrankt die notwendige Definition des Normalenvektors die Auswahlan Kurven erheblich ein, sodass es nicht mogliche ist den Frenet-Rahmen fur beliebige Kurvenzu definieren.

Satz 2.1.5.2(Frenet-Formeln)Sei c : I ✓ R �! R3 eine nach Bogenlange parametrisierte Kurve mit streng positiverKrummung (t) > 0 fur alle t 2 I. Sei (v, n, b) der Frenet-Rahmen von c und ⌧ die Windung.Dann gilt:

⇣v(t), n(t), b(t)

⌘= (v(t), n(t), b(t))

0

@0 �(t) 0

(t) 0 �⌧(t)0 ⌧(t) 0

1

A

Beweis:Die erste Spalte ergibt sich direkt aus der Definition vom Normalenvektor. v = · nDie zweite Spalte folgtaus hn, vi = d

dthn, vi � hn, vi = 0� = �,aus hn, ni = 1

2(ddt)hn, ni = 0

und aus der Definition von ⌧ .Die dritte Spalte folgt aus hb, ni d

dthb, vi � hb, vi = 0� hb, ni = 0

aus hb, ni = ddthb, ni � hb, ni = 0� ⌧ = �⌧

und aus hb, bi = 12(

ddt)hb, bi = 0.

Mit dem Frenet-Rahmen erhalt man die schone geometrische Interpretation anhand vonKrummung und Windung.Jedoch, wie bereits angemerkt, kommen viele Kurven fur einen Frenet-Rahmen gar nicht inFrage. Um dieses Problem zu umgehen, gibt es eine weitere Art von Rahmen.

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2.2 Parallel-Rahmen

2.2.1 Definition

Fur den Frenet-Rahmen gilt: c = n. Jedoch lasst sich, wie bekannt aus der Theorie ebenerKurven, die Krummung auch durch die Gleichung: n = �c definieren. Durch diese Forderungan ergibt sich eine andere Art von Rahmen fur Raumkurven.

Definition 2.2.1.2(Paralleler Rahmen)Ein angepasster Rahmen (c, n, b) heißt parallel, wenn es eine Funktion : I ✓ R �! R3

gibt mit: n = �c

Aus Satz 2.1.2 folgt damit, dass fur parallele Rahmen stets: ⌧ = 0 gilt. Geometrisch in-terpretiert, bedeutet dies, dass sich der Normalenvektor n lokal nicht aus der von n und caufgespannten Ebene herrausbewegt. Sprich die Kurve rotiert lokal nicht um die c-Achse.

Um mithilfe des Frenet-Rahmens den Verlauf einer Raumkurve zu beschreiben reichen also und ⌧ , wahrend man mit Hilfe des parallelen Rahmens nur 1 und 2 braucht.Anschaulich (Abb.3 [Pinkall] S. 50)

Um ein Flugzeug zu fliegen, braucht man mithilfe des Frenet-Rahmens nur das Hohenruder(Krummung) und das Querruder (Windung/Torsion), wahrend man mithilfe des parallelenRahmens das Hohenruder (1) und das Seitenruder (2) braucht.

2.2.2 Existenz von parallelen Rahmen

Der parallele Rahmen hat gegenuber dem Frenet-Rahmen den immensen Vorteil, dass es denparallelen Rahmen fur jede Kurve gibt:

Satz 2.2.2.2(Existenz von parallelen Rahmen)Jede Kurve besitzt einen parallelen Rahmen

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Beweis:Sei c : I ✓ R �! R3 eine nach Bogenlange parametrisierte Kurve und n0 ? c(t0), kn0k = 1 furalle t 2 I. Des weiteren sei n : I �! R3 eine eindeutig bestimmte Losung der Gleichung:

n = �hn, ci c, n(t0) = n0

Zu zeigen: kn(t)k = 1: Also:

hn, ni0 = 2hn, ni = �2hn, cihc, ni.

Bleibt zu zeigen: c ? n () hn, ni0 = 0,) kn(t)k = kn0k = 1)Es gilt:

hn, ci0 = hn, ci+ hn, ci= �hn, cihc, ci+ hn, ci = 0

Da hn0, c0i = 0 ) n ? c

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3 Rekonstruktion von Raumkurven aus Kr

¨

ummung und

Torsion

3.1 Invarianz von Kr

¨

ummung und Torsion bei orientierungserhal-

tenden euklidischen Bewegungen

Satz 2.1.5.3

Sei c : I ✓ R �! R3eine nach Bogenlange parametrisierte Raumkurve und sei F 2 SO(3)eine orientierungserhaltende euklidische Bewegung. Dann gilt fur die die Krummung unddie Windung ⌧ der Kurve c = F � c

= , ⌧ = ⌧

Beweis :Matrizen der Gruppe SO(3) sind stets orthogonal. Also gilt: ATA = E3, sowie kAk = 1.Kr

¨

ummung

Die Krummung der Kurve c ist wie folgt definiert: = k¨ck. Es gilt also: = k¨ck = kAck = kck = .Damit ist die Aussage fur die Krummung bewiesen.Windung/Torsion

Fur die Windung/Torsion gilt:

⌧ = h ˙n, bi

Das ist aber:

= hAn,Abi= hAAT n, bi= hn, bi= ⌧

Damit ist alles gezeigt.

Nun sind wir in der Lage das fundamentale Theorem der Raumkurventheorie: Wenn wirzu einem bestimmten Punkt die Krummung und die Windung gegeben haben, lasst sich da-zu eine Raumkurve finden. Mit Lemma 2.1.5.3 ist diese Raumkurve sogar eindeutig bis auforientierungserhaltene Euklidische Bewegungen.

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3.2 Fundamental-Theorem der Raumkurventheorie

Theorem 2.1.6(Fundamental-Theorem der Raumkurventheorie)

Sei I 2 R ein Intevall, , ⌧ : I �! R glatte Funktionen mit > 0. Dann existiert einenach Bogenlange parametrisierte Raumkurve c: I �! R3 mit Krummung und Windung⌧ . Diese Kurve ist eindeutig bis auf orientierungserhaltene euklidische Bewegungen.

BeweisExistenz

Man betrachte das System von Di↵erentialgleichungen erster Ordnung:

ddt(c, v, n, b) = (c, v, n, b)

0

BB@

0 0 0 01 0 �(t) 00 0 �⌧0 0 ⌧ 0

1

CCA

Wobei c, v, n, b : I �! R3 Funktionen sind, die noch gefunden werden mussen.

Sei t0 2 I. Das Theorem fur Existenz und Eindeutigkeit solcher Systeme von Di↵erential-gleichungen sagt, dass es genau eine Losung gibt, die die Anfangsbedingungen

c(t0) = 0v(t0) = e1n(t0) = e2b(t0) = e3

gibt.

Die Linearitat des Systems stellt sicher, dass die Losung auf dem gesamten Intervall Idefiniert ist.v, n, b sind so gewahlt, dass sie an t = t0 eine orthonormale Basis des R3 bilden.

Es ist nun zu zeigen, dass dies fur alle t 2 I gilt.Von dem System der Di↵erentialgleichungen folgt:

ddthv, vi = 2 · hv, vi = 2 · hn, vi

und

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ddthn, vi = hn, vi+ hn, vi = �hv, vi+ ⌧hb, bi+ hn, ni

Wieder mit dem System der Di↵erentialgleichungen berechnet man dann die Ableitungenvon hn, ni und hb, bi, sowie hb, ni und hb, vi und erhalt das folgende System von Di↵erential-gleichungen:

ddt

0

BBBBBB@

hv, vihn, nihb, bihb, vihb, nihn, vi

1

CCCCCCA=

0

BBBBBB@

0 0 0 0 0 20 0 0 0 2⌧ 20 0 0 0 �2⌧ 00 0 0 0 �⌧0 �⌧ ⌧ � 0 0� 0 ⌧ 0 0

1

CCCCCCA·

0

BBBBBB@

hv, vihn, nihb, bihb, vihb, nihn, vi

1

CCCCCCA

Mit den Anfangsbedinungen:

0

BBBBBB@

hv, vihn, nihb, bihb, vihb, nihn, vi

1

CCCCCCA

������������t=t0

=

0

BBBBBB@

111000

1

CCCCCCA

Es ist aber o↵ensichtlich, dass die konstante Funktion:

t !

0

BBBBBB@

111000

1

CCCCCCA

ebenfalls das System der Di↵erentialgleichungen mit den selben Anfangsbedingungen erfullt.Demnach muss nach dem Eindeutigkeitstheorem normaler Di↵erentialgleichungen gelten:

0

BBBBBB@

hv, vihn, nihb, bihb, vihb, nihn, vi

1

CCCCCCA=

0

BBBBBB@

111000

1

CCCCCCA

Also bilden v(t), n(t), b(t) eine Orthonormalbasis des R3 nicht nur fur t0 sondern fur allet 2 I.

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Die Orientierung der Basis bleibt positiv fur alle t 2 I, da aus Grunden der Stetigkeit dieDeterminante der Matrix (v(t), n(t), b(t)) nicht von 1 zu -1 springen kann. Des weiteren folgtaus dem System von Gleichungen, dass c = v, also ist c eine nach Bogenlange parametrisierteRaumkurve. Aus den Frenet-Formeln folgt, dass (v, n, b) der dazugehorige Frenet-Rahmen mitKrummung und Windung ⌧ . Dies beweist die Existenz der Raumkurve aus dem Theorem.

Eindeutigkeit

Sei c eine weitere Kurve mit Krummung und Windung ⌧ . Man definiere A := ( ˙c, n, b)�1 undp = �A · c(t0), wobei

�˙c, n, b

�der Frenet-Rahmen zu c ist. Jedoch ist der Frenet-Rahmen zu

jedem Zeitpunkt eine positiv orientierte Orthonormalbasis des R3, also ist A 2 SO(3). Sei nunF eine orientierungserhaltende Euklidische Bewegung mit F (x) := Ax + p. Nach Satz 2.1.5.3hat die Kurve c = F � c ebenfalls die Krummung und die Windung ⌧ . Des weiteren ist nachder Definition von F:

c = 0,⇣˙c(t0), n(t0), b(t0)

⌘= (e1, e2, e3)

Also erfullen (c, v, n, b) und⇣c, ˙c, n, b

⌘beide das System von Di↵erentialgleichungen mit

denselben Anfangsbedingungen und sind daher gleich.Sprich:

c = c = F � c

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Literatur

[Baer] C. Bar Elementary Di↵erential Geometrie, Cambrige University Press, 2010

[Pinkall] Prof. Dr. U. Pinkall Di↵erential Geometrie I, Mitschrift der Vorlesung gehalten an

der TU Berlin, 2008

[Bobenko] Prof. Dr. A. Bobenko Di↵erentialgeometrie von Kurven und Fl

¨

achen, Mitschrieb der

Vorlesung gehalten an der TU Berlin 2006

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