12
SOH-NEWS NR.6 Essen Dr. Jochen Schmidt Dr. Emil Huber Dr. Bernd Klein LL.M. Prof. Dr. Franz-Josef Dahm Dr. Carl Otto Stucke Dr. Christiane Wilkening Dr. Till Wegmann Dr. Almut Gathmann M.A. Dr. Regine Cramer Dr. Notker Lützenrath LL.M. Dr. Rainer Burghardt Dr. Ulf Rademacher Dr. Stefan Bäune Dr. Lars Kolks Dr. Daniel Fischer Dr. Cay Fürsen Dr. Roland Flasbarth Dr. Britta Bultmann Dr. Alexander Remplik Dr. Falko Dittmar Berlin Dr. Jürgen Habich Dr. Birgit Heinzinger

SOH-NEWS NR · Sportrecht promoviert hat – vom DFB-Präsidium am 22.10.2010 ... Bundesgerichtshof und Gesetzgeber verschärfen Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeige

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: SOH-NEWS NR · Sportrecht promoviert hat – vom DFB-Präsidium am 22.10.2010 ... Bundesgerichtshof und Gesetzgeber verschärfen Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeige

S O H - N E W S N R . 6

EssenDr. Jochen SchmidtDr. Emil HuberDr. Bernd Klein LL.M.Prof. Dr. Franz-Josef DahmDr. Carl Otto StuckeDr. Christiane Wilkening Dr. Till WegmannDr. Almut Gathmann M.A.Dr. Regine Cramer Dr. Notker Lützenrath LL.M.Dr. Rainer BurghardtDr. Ulf RademacherDr. Stefan Bäune Dr. Lars KolksDr. Daniel FischerDr. Cay FürsenDr. Roland FlasbarthDr. Britta BultmannDr. Alexander RemplikDr. Falko Dittmar

BerlinDr. Jürgen HabichDr. Birgit Heinzinger

Page 2: SOH-NEWS NR · Sportrecht promoviert hat – vom DFB-Präsidium am 22.10.2010 ... Bundesgerichtshof und Gesetzgeber verschärfen Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeige

Dr. Jochen Schmidt Dr. Emil Huber

Immerhin war Letzteres jedenfalls die einzige Option in un-serer Disziplin „Gemeinwohlförderung“: Als Offizieller Rechts-berater der RUHR.2010 GmbH haben wir ja im weitesten Sinnemitgeholfen, das Kulturhauptstadtjahr zu organisieren. UnserSponsoring für die Kulturhauptstadt hat allen damit beschäftigtenSOH-Anwälten viel Freude gemacht, zur Horizonterweiterungbeigetragen und manches Dankeschön hervorgerufen (siehe ins-besondere Seite 4). Natürlich war der Höhepunkt das „Still-Leben“ auf der Autobahn A40 am 18. Juli 2010. Wer diesen Tagmiterlebt hat, spürte das Wohlwollen der Götter, welches überallem lag: Der Mythos „Still-Leben A40“ wirkt jetzt schon undmindestens dies wird „nachhaltig“ über das Kulturhauptstadtjahrhinaus fortdauern. Die fröhlichen Gesichter, die Sie auf dennächsten Seiten sehen werden, sprechen eine eindeutige Sprache.Zukünftig ist unsere Disziplin „Gemeinwohlförderung“ insbe-sondere an das Museum Folkwang adressiert (siehe dazu Seite 11).Sehr freuen würden wir uns, wenn auch Sie sich bereit findenkönnten, die mit unserer Hilfe entstandene „Stiftung für dasMuseum Folkwang“ zu unterstützen!

Liebe Leserinnen, liebe Leser, für den Rest des Jahres wünschenwir Ihnen viel Erfolg! Sollten wir uns nicht mehr sprechen, wün-schen wir Ihnen auf diesem Wege ein gesegnetes Weihnachtsfestund danach einen guten Rutsch!

Ihre

Liebe Leserinnen, liebe Leser, Essen, im Dezember 2010

gespannte Aufmerksamkeit kennzeichnet das Jahr 2010: Derdeutschen Wirtschaft geht es gut und alle Welt staunt. Aber dieFinanzkrise ist noch nicht überstanden. Gut möglich, dass derdeutsche Steuerzahler doch umfänglicher als geplant als Bürgefür andere Euro-Länder in die Haftung genommen wird. All diepositiven Anzeichen bei den Umsätzen und auf dem Arbeitsmarkthaben damit zugleich etwas Unwirkliches, das unsere Zweifel auf-rechterhält. Aus diesem Grund wird allgemein sehr vorsichtig –„auf Sicht“ – gefahren. „Visionen“ sind derzeit nicht gefragt. Undauch „Gurus“, die immer ganz genau wissen, was „richtig“ ist,haben zur Zeit keinen Zulauf: Jeder – so scheint es – ist hellwachund nutzt jegliche Möglichkeiten zur Erkenntniserweiterung.

Die Wirtschaftsanwälte in unserem Hause haben das Jahr2010 so erfahren, wie eingangs beschrieben. Intellektuell war das„sowohl als auch“ und das „einerseits – andererseits“ mit demdamit verbundenen Abwägungsvorgang in diesem Jahr oft einebesondere Herausforderung und manchmal hat das dazu geführt,dass von einem Engagement abgeraten werden musste. Es gibt jadiese Fälle, bei denen das beste Geschäft dasjenige ist, das mandann nicht macht. Auch insofern glauben wir, recht ordentlichberaten zu haben. Aber natürlich erhoffen wir uns bald auchwieder eine Situation, in der unsere Auftraggeber nur noch eineRichtung vorgeben, nämlich: Gestalten und Umsetzen!

2

Page 3: SOH-NEWS NR · Sportrecht promoviert hat – vom DFB-Präsidium am 22.10.2010 ... Bundesgerichtshof und Gesetzgeber verschärfen Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeige

S O H - N E W S N R . 6

3

„Still-Leben“auf der Autobahn A40

am 18. Juli 2010

Page 4: SOH-NEWS NR · Sportrecht promoviert hat – vom DFB-Präsidium am 22.10.2010 ... Bundesgerichtshof und Gesetzgeber verschärfen Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeige

4

Page 5: SOH-NEWS NR · Sportrecht promoviert hat – vom DFB-Präsidium am 22.10.2010 ... Bundesgerichtshof und Gesetzgeber verschärfen Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeige

S O H - N E W S N R . 6

1791 vertonte Wolfgang Amadeus Mozartdas auch heute noch jedermann bekannteGedicht „Üb' immer Treu und Redlich-keit ...“. Der über 200 Jahre alte Aufrufdes heute unbekannten Dichters LudwigCh. Hölty klingt bis in die heutige Zeit.In den letzten Jahren hat er unter demBegriff „Compliance“ sogar Aktualitätfür Unternehmen jeder Größenordnungerhalten.

Compliance – was verbirgt sich hinter diesem neudeutschenBegriff? Wirft man einen Blick in die einschlägige Literatur, wirdschnell klar, dass es sich um die Aufgabe der Unternehmenslei-tung handelt, die von ihr verantworteten Aktivitäten in einer Artund Weise zu organisieren und zu überwachen, dass sie mit denjeweils anwendbaren straf- und bußgeldbewehrten Gesetzen inEinklang stehen. Kurz und knapp: Compliance ist die Einhal-tung des Rechts.

Compliance war schon immer ureigenste Aufgabe jedes Un-ternehmers. Also eigentlich nichts neues. Aber was der Unter-nehmer in früheren Zeiten allein verantwortete und was vor-nehmlich eine Frage der Unternehmenskultur war, bedarf heuteeiner komplexen innerbetrieblichen Organisation. An die Stelleallgemein verbindlicher gesellschaftlicher Konventionen sindStrukturnotwendigkeiten getreten, mit denen Risiken definiert,

Dr. Lützenrath

Was bedeutet eigentlich Compliance?

Verhaltensmaßstäbe geschaffen und in die täglichen Arbeitsab-läufe des Unternehmens integriert werden. Schließlich musseine ständige Überwachung eingerichtet werden, die sicherstellt,dass sich Compliance nicht als eine einmalige Inventur desUnternehmens darstellt, sondern einen dauerhaften Zustandbeschreibt.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Compliance ist keinSpezifikum großer oder sogar börsennotierter Unternehmen.Compliance ist vielmehr Ausfluss des – Unternehmen jeder Grö-ßenordnung treffenden – Grundsatzes, dass die GeschäftsleitungZuwiderhandlungen gegen gesetzliche Pflichten in ihrem Betriebverhindern muss. Was dabei erforderlich ist, ist jeweils unterneh-mensspezifisch zu bestimmen – gleichsam als maßgeschneidertesKleid für das Unternehmen.

Was sind aber nun die Compliance-Verpflichtungen der Unternehmensleitung?Hier begegnet dem interessierten Unternehmer eine Vielzahl vonBegriffen, die ihm bereits aus der Presse bekannt sind: Complian-ce Officer, Whistleblowing-Hotline, Ombudsmann, Due Dili-gence, Kronzeugenregelung, Mitarbeiterschulungen, Compliance-Handbuch und Vieles mehr. Die nicht vollständige Aufzählungzeigt, dass eine erhebliche Breite von Compliance-Maßnahmenin Betracht kommt. Inhaltlich sind neben dem häufig besondersim Fokus stehenden Kartellrecht und der Korruptionsbekämp-fung praktisch alle Rechtsgebiete betroffen.

5

Page 6: SOH-NEWS NR · Sportrecht promoviert hat – vom DFB-Präsidium am 22.10.2010 ... Bundesgerichtshof und Gesetzgeber verschärfen Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeige

Dr. Stefan Bäune ist Chef eines SOH-Teams,welches Schalke 04 in seiner Eigenschaft alsWirtschaftsunternehmen seit dem dort imJahre 2009 begonnenen Neuanfang berät.SOH bringt seine Expertise insbesondere imgewerblichen Rechtsschutz und in der Rech-tevermarktung, aber auch im Sport-, Vereins-und Verbandsrecht sowie im Arbeitsrecht ein.

Außerdem werden die vertraglichen Gestaltungen für die großenEvents erarbeitet. Besondere Freude hat der Umstand ausgelöst,dass Dr. Bäune – der übrigens auch über ein Thema aus demSportrecht promoviert hat – vom DFB-Präsidium am 22.10.2010als Vertreter des Ligaverbandes in den DFB-Kontrollausschussbestellt worden ist. Der Kontrollausschuss ist dazu berufen, ins-besondere die Einhaltung der Satzung und Ordnungen des DFB,der Anti-Doping-Richtlinie und der Durchführungsbestimmun-gen zur DFB-Spielordnung zu überwachen und bei VerstößenAnklage beim DFB- Sportgericht zu erheben.

Dr. Bäune

Entwickelt und lebt ein Unternehmen ein ausreichendesCompliance-Konzept, dann kann es sich gegenüber Behördenund Dritten enthaften – oder wie der Dichter Hölty schon zuZeiten Mozarts formulierte:

„Dann wirst du wie auf grünen Au’ndurch’s Pilgerleben geh'n.Dann kannst du sonder Furcht und Grau’ndem Tod ins Antlitz seh’n.“

■ Gern stehen wir Ihnen bei der Konzeption eines für IhrUnternehmen maßgeschneiderten Compliance-Programmszur Verfügung. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an den Autoroder Dr. Ulf Rademacher.

Dr. Falko Dittmar, LL.M (Cambridge), ist am 2. März 2010 zu uns gestoßen. Vor dem Wechsel zu SOHwar er in einer führenden deutschen Großkanzlei in Berlin und Düsseldorf tätig. Dort sammelte er Erfah-rungen in komplexen M&A-Transaktionen und Restrukturierungen und beriet in Fragen des Handels-,Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts. Dr. Dittmar verstärkt SOH in diesen Bereichen. Außerdem wird ersich um Pflege und Ausbau des internationalen Anwalts-Netzwerkes von SOH bemühen.

Willkommen bei SOH

Dr. Dittmar

§

6

SOH berät Schalke 04

Page 7: SOH-NEWS NR · Sportrecht promoviert hat – vom DFB-Präsidium am 22.10.2010 ... Bundesgerichtshof und Gesetzgeber verschärfen Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeige

S O H - N E W S N R . 6

Selbstanzeige – (k)ein Weg in die Steuerehrlichkeit?!Bundesgerichtshof und Gesetzgeber verschärfen Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeige

Die ordnungsgemäßberatene Selbstanzeigegalt bislang als goldeneund entsprechend siche-re Brücke in die Steuer-ehrlichkeit. In der Praxisstellte sie sich meist auchnicht als Gang des Steu-

erpflichtigen nach Canossa dar, sondern erwies sich formal regel-mäßig als schlichte Abgabe einer nachträglichen und hinreichenddetaillierten Steuererklärung – die sog. Materiallieferung. Ge-sperrt war die Möglichkeit einer Selbstanzeige grundsätzlich erst,wenn bereits ein Amtsträger zur Prüfung erschienen, dem Täterdie Einleitung eines Strafverfahrens bekanntgegeben oder die Tatbereits entdeckt war. Die Rechtsprechung des fünften Strafsenatsdes BGH war immer zurückhaltend, wenn es darum ging, denWeg über diese goldene Brücke zu verbauen. Die Begründungging zwar nicht so weit, dass das Vorenthalten des durch eigeneLeistung Erwirtschafteten eine andere Unrechtsqualität habe alsdas strafrechtlich relevante Sichverschaffen fremden Guts. Dochschienen Rechtsprechung und Gesetzgebung der wirtschaftlichenÜberlegung nicht abgeneigt, dass nur eine für den Steuerpflichti-gen rechtssichere Selbstanzeige dem Staat die Mittel zu verschaf-

fen vermochte, die die staatlichen Ermittlungskapazitäten ersicht-lich nicht heben konnten. Mit Blick auf die beeindruckendenSelbstanzeigestatistiken im Gefolge der durch den Staat erworbe-nen Steuerdaten-CDs mochte man meinen, dass sich die bisheri-ge Strategie von Rechtsprechung und Gesetzgebung zum Nutzendes Staates eindrucksvoll bewährt habe.

Allerdings: Die Diskussion über die rechtliche Zulässigkeitdes Ankaufs von Steuerdaten-CDs ist bisher noch keineswegs ab-geschlossen: Das Bundesverfassungsgericht hat zwar in einer aktu-ellen Entscheidung eine Wohnungsdurchsuchung aufgrund derInformationen auf den CDs für zulässig erachtet. Die Frage nachder Rechtmäßigkeit des Datenankaufs als solche wurde aber aus-drücklich offen gelassen. Damit ist nach wie vor diskussionsbe-dürftig, ob eine Strafverfolgung auch allein auf Informationenaus den CDs gestützt werden könnte, wenn sonst keine weiterenBeweise gefunden werden.

Warum wird dann hier der Nutzen der Selbstanzeige mit Fragezeichen versehen? Weil bei näherer Betrachtung die Verlagerung der Zuständigkeitvom fünften auf den ersten Strafsenat des BGH zu einem Bruchmit einer langen Rechtsprechungslinie geführt hat: Konträr zumfünften Strafsenat legen die nunmehr zuständigen Richter denGesichtspunkt der Steuermoral zugrunde und fordern in eineraktuellen Entscheidung als Gegenleistung für die Straffreiheit die„vollständige Rückkehr zur Steuerehrlichkeit“. Diese liegt nachMeinung der Richter nur vor, wenn der Steuerpflichtige insge-samt „reinen Tisch“ mache. Damit wird der weit verbreitetenTeilselbstanzeige ein jähes Ende bereitet.

Dr. Burghardt Dr. Remplik

7

Page 8: SOH-NEWS NR · Sportrecht promoviert hat – vom DFB-Präsidium am 22.10.2010 ... Bundesgerichtshof und Gesetzgeber verschärfen Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeige

Leider lassen die obersten Bundesrichter aber im Dunkeln,welchen Umfang eine Selbstanzeige in Zukunft haben muss, umüberhaupt wirksam werden zu können. Indem sie die gesetzlichenVoraussetzungen, unter denen eine Selbstanzeige verwehrt ist,neuerdings sehr weit interpretieren, legen sie dem Steuerpflichti-gen jetzt erhebliche Stolpersteine in den Weg zur Straffreiheit.Beispielsweise soll die Möglichkeit zur Selbstanzeige in Zukunftschon dann versperrt sein, wenn ein geschiedener Ehepartner,Nachbar oder eine sonstige nahestehende Person den Steuer-pflichtigen bei der Finanzverwaltung (anonym) angezeigt hat.Begründung: Dann liege nach allgemeiner kriminalistischer Er-fahrung eine Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit nahe.

Man hätte nun meinen können, dass wenigstens die Bundes-regierung im Interesse des Zuflusses von bislang anderweit nichterreichbaren Steuermitteln die goldene Brücke wieder frei räu-men würde. Doch weit gefehlt: Der aktuelle Referentenentwurffür ein Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäscheund Steuerhinterziehung sieht weitere Verschärfungen für dieStraffreiheit aufgrund Selbstanzeige vor: Der neue Vollständig-keitsgrundsatz bedeutet, dass alle Veranlagungszeiträume, alleSteuerquellen und alle Steuerarten vollständig nacherklärt werdenmüssen. Das heißt: Schon kleinste Fehler können zu einem völli-gen Fehlschlagen der Selbstanzeige und damit – insbesondereaufgrund der in der Selbstanzeige offenbarten Informationen –zu einer strafrechtlichen Verfolgung des Anzeigenden führen. Füralle Betroffenen, insbesondere aber Unternehmen, ist damit eineSelbstanzeige in Zukunft möglicherweise mit kaum zu beherr-schenden Risiken verbunden.

Fazit: Nach derzeitiger Rechtslage ist die goldene Brücke derSelbstanzeige nunmehr mit Dornen gesäumt. Der Gesetzgeber istoffenbar nicht geneigt, hieran etwas zu ändern. Im Gegenteil: Ererrichtet noch weitere Hindernisse. Für die Praxis bedeutet dies,dass zukünftig die anwaltliche Beratung nicht mehr den formalrichtigen Weg weisen wird, sondern unter Umständen – nachreiflicher Abwägung aller Umstände – sogar von der Selbstanzeigeabraten muss. Ob diese Tendenz letztlich im staatlichen Interesseliegt oder aber den Strom der Selbstanzeigen gar austrocknet,wird die Zukunft zeigen.

Die Auseinandersetzung zwischen der Kas-siererin „Emmely“ und ihrem Arbeitgeberhat die Medien über längere Zeit beschäf-tigt. Hier noch einmal der Sachverhalt:

Die Kassiererin Emmely hatte sich zweier,ihr nicht gehörender Leergutbons im Wertvon insgesamt 1,30 €, die im Büro des Fi-

lialleiters aufgewahrt worden waren, bemächtigt und mittels derVorlage der Bons private Einkäufe bezahlt. Bei einer Anhörungzu dem Vorgang hatte die Kassiererin nachweislich die Unwahr-heit gesagt und sogar den Versuch unternommen, zu Unrechtden Verdacht auf eine andere Kollegin zu lenken.

Dr. Wegmann

Der Fall Emmely und seine Folgen

§

8

Page 9: SOH-NEWS NR · Sportrecht promoviert hat – vom DFB-Präsidium am 22.10.2010 ... Bundesgerichtshof und Gesetzgeber verschärfen Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeige

S O H - N E W S N R . 6

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht hielten die durch denArbeitgeber sodann ausgesprochene fristlose Kündigung für rech-tens. Hierbei durften sie sich eigentlich in Übereinstimmung mitder Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wähnen, welchesnoch in einem Urteil aus dem Jahre 2003 mit dankenswerterDeutlichkeit festgestellt hatte, dass ein Diebstahl unabhängig vomWert des Schadens stets an sich einen Grund für eine außeror-dentliche und fristlose Kündigung darstelle, dies auch bei langjäh-rigen Arbeitsverhältnissen, und dass der vorherige Ausspruch einerAbmahnung grundsätzlich entbehrlich sei, da ein Arbeitnehmerdavon ausgehen müsse, dass „er mit einem Diebstahl oder einerUnterschlagung auch geringwertiger Sachen im Betrieb seines Ar-beitgebers seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt“.

Es entbrannte indes ein Sturm der Entrüstung, in dem insbeson-dere Gewerkschaftsvertreter, aber auch Politiker und Journalisten,meinten, sich für die – seit 30 Jahren bei dem Arbeitgeber be-schäftigte – Kassiererin stark machen zu müssen.

Möglicherweise (auch) angesichts dieses öffentlichen Druckshob das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 10. Juni2010 die vorinstanzlichen Urteile auf und stellt fest, dass das Ar-beitsverhältnis mit der Kassiererin weder fristlos noch fristgerechthabe gekündigt werden können. Zwar „könne“ eine sich gegendas Vermögen des Arbeitgebers richtende rechtswidrige und vor-sätzliche Handlung des Arbeitnehmers einen Grund zur außeror-dentlichen Kündigung darstellen. Dies auch dann, wenn es sichum Sachen von geringem Wert handele oder die Handlung desArbeitnehmers nur zu einem geringfügigen, möglicherweise auchgar keinem Schaden geführt habe. Allerdings falle eine vorzuneh-

mende Interessenabwägung zu Gunsten der Arbeitnehmerin aus,da sie bereits 30 Jahre bei dem Arbeitgeber beschäftigt sei undtrotz des – auch durch das Bundesarbeitsgericht bejahten – Pflicht-verstoßes daher mit Blick auf die bisherige Zusammenarbeit eineWeiterbeschäftigung der Klägerin „nicht unzumutbar“ sei.

Was bedeutet nun die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtsund wie geht man als Arbeitgeber mit ihr um:Hat das Bundesarbeitsgericht (wenigstens) der vielfach erhobenenForderung, für Kündigungen eine „Bagatellgrenze“ einzuziehen(also Beträge zu nennen, die Arbeitnehmer jedenfalls einmalig ent-wenden dürfen, ohne sogleich die Kündigung befürchten zu müs-sen) widerstanden, so besagt die neue Rechtsprechung gleichwohl:je länger ein Arbeitsverhältnis angedauert hat, um so eher darf sichein Arbeitnehmer einen „einmaligen Ausrutscher“ leisten, ohnegleich rechtmäßig gekündigt werden zu können.

Ab welcher Beschäftigungsdauer ein solcher „einmaliger Aus-rutscher“ gestattet ist, lässt das Bundesarbeitsgericht aber ebensooffen, wie die Frage, bis zu welcher Größenordnung ein Arbeit-nehmer einmalig bei einer langjährigen Beschäftigungsdauer denArbeitgeber schädigen darf, ohne eine Kündigung befürchten zumüssen (auch wenn das Bundesarbeitsgericht nicht auf die Höhedes Schaden im vorliegenden Fall abgestellt hat, darf man anneh-men, dass das Bundesarbeitsgericht bei einem deutlich höherenSchadensbetrag wohl anders entschieden hätte).

Jedenfalls hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburggerade einmal drei Monate nach der Entscheidung des Bundesar-beitsgericht bei einer Arbeitnehmerin, die seit 40 Jahren bei dembetreffenden Arbeitgeber beschäftigt war, einen einmaligen Betrug

9

Page 10: SOH-NEWS NR · Sportrecht promoviert hat – vom DFB-Präsidium am 22.10.2010 ... Bundesgerichtshof und Gesetzgeber verschärfen Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeige

in Höhe von 160,00 € unter Berufung auf die Emmely-Entschei-dung des Bundesarbeitsgerichts nunmehr ebenfalls als nicht hin-reichend angesehen, sogleich eine Kündigung auszulösen (auch indiesem Fall hatte das Arbeitsgericht in erster Instanz die Kündi-gung noch als rechtens angesehen).

Es erscheint indes kaum vorstellbar, Arbeitnehmern einenFreibrief ausstellen zu können, ab einer bestimmten Betriebszuge-hörigkeitsdauer den Arbeitgeber einmalig in einer auch nicht un-erheblichen Größenordnung schädigen zu dürfen (zumal auchnicht davon ausgegangen werden darf, dass man den Arbeitneh-mer, der potentiell zu einer Schädigung des Arbeitgebers bereit ist,gleich beim ersten Versuch „erwischt“).

Vorbehaltlich der – nach der Entscheidung des Bundesarbeits-gericht umso mehr notwendigen – Prüfung und Erörterung desEinzelfalls wird man daher bei der Empfehlung bleiben müssen,jedenfalls immer dann, wenn es sich nicht um einen Arbeitneh-mer mit einer vergleichbaren langen Betriebszugehörigkeitsdauerhandelt und wenn der Schaden sich nicht nur in der Größenord-nung einiger weniger Euro oder gar Cent bewegt, ein entsprechen-des Fehlverhalten eines Arbeitnehmers stets zum Anlass für eineBeendigung des Arbeitsverhältnisses zu nehmen.

Und: erst- und zweitinstanzlich wird durchaus Kritik an der Ent-scheidung des Bundesarbeitsgerichts geäußert, dies um so mehr,als sich die Gewerkschaft Ver.di öffentlich damit gebrüstet hat,dass öffentlicher Druck dazu beigetragen habe, „das Recht in dierichtige Richtung zu lenken“. Persilscheine kann und darf es daher– auch für langjährig beschäftigte Arbeitnehmer – nicht geben.Nach wie vor gilt also: „Wer klaut, fliegt raus!“.

Auch dieses Mal sind aus dem Bereich Medizin-/Gesundheits-recht einige Highlights berichtenswert. So hat Prof. Dr. Franz-Josef Dahm auf dem „Krankenhausrechtstag“, veranstaltet vomMinisterium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, in Düsseldorfam 27.05.2010 einen viel beachteten Vortrag zur „Zusammen-arbeit von Vertragsärzten und Krankenhäusern im Spannungs-feld der Rechtsbereiche“ gehalten (veröffentlicht in MedR2010, S. 597 ff.). Ein weiterer Höhepunkt war ein Referat am11.11.2010 über „Finanzierungsvereinbarungen oder Zuwei-sung gegen Entgelt“ auf der Jahrestagung der Deutschen Gesell-schaft für Kassenarztrecht in Berlin.

Auf Initiative von SOH hat anlässlich der RUHR.2010 diediesjährige Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft Medizinrechtim DAV mit über 250 Teilnehmern in der Essener Philharmo-nie stattgefunden. Unser Partner Dr. Stefan Bäune hatte dabeiGelegenheit, über das Thema „Drittbeteiligung an Formen ärzt-licher Leistungserbringung“ zu referieren. Zudem hat Herr Dr.Bäune zusätzlich zu seiner Lehrtätigkeit an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf die Kursleitung des Moduls „Recht imGesundheitswesen“ für den MBA-Gesundheitsmanagement ander Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf übernommen. HerrDr. Roland Flasbarth war innerhalb dieses Moduls als Dozentzum Arbeitsrecht im Gesundheitswesen tätig.

Nicht zuletzt ist erwähnenswert die ehrenvolle Berufungvon Dr. Regine Cramer in die beim Robert-Koch-Institut, Ber-lin, angesiedelte Gendiagnostikkommission, in der ihre beson-dere Kompetenz in berufsrechtlichen und haftungsrechtlichenFragen des Medizinrechts zum Ausdruck kommt.

Neues aus unserem Bereich Gesundheitswesen

10

Page 11: SOH-NEWS NR · Sportrecht promoviert hat – vom DFB-Präsidium am 22.10.2010 ... Bundesgerichtshof und Gesetzgeber verschärfen Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeige

S O H - N E W S N R . 6

SOH bemüht sich seit jeher, Kunst und Kultur in Essen zufördern. Das waren bisher vorzugsweise die Oper und Phil-harmonie sowie die Kulturhauptstadt 2010.

In Zukunft kommt unser besonderes Engagement dem MuseumFolkwang in Essen zugute – genauer: der seit September 2009bestehenden Stiftung für das Museum Folkwang. Die Stiftungverfolgt den Zweck, die bedeutende Kunstsammlung des MuseumFolkwang weiter auszubauen, um dessen nationale und interna-tionale Ausstrahlung nachhaltig zu fördern. Diese – private –Förderung tut not. Denn öffentliche Mittel stehen z.B. für denAnkauf von Kunstwerken nur noch sehr eingeschränkt zur Ver-fügung. Entwickelt sich die Kunstsammlung des Museums abernicht dynamisch weiter, besteht die Gefahr, dass das Museumseine herausragende Bedeutung verliert und seine Aufgaben imBereich der Bildung, der Wissenschaft und Forschung nicht mehr

wie bisher erfüllen kann. Daran ändert sich auch nicht dadurchetwas, dass das Museum jetzt in einem spektakulären Neubau –erbaut von David Chipperfield Architects – residiert (der AlfriedKrupp von Bohlen und Halbach-Stiftung und ihrem VorsitzendenBerthold Beitz sei Dank!).

Die mit unserer Unterstützung errichtete Stiftung für dasMuseum Folkwang wirbt nicht nur Spendengelder ein, sondernhofft auch auf Zuwendungen von Kunstwerken oder sogar Kunst-sammlungen. Kunstfreunde haben durch ihre Spenden oder Zu-stiftungen, die ggf. auch von Todes wegen erfolgen können, nichtnur die Gewähr, dass ihre Zuwendungen in angemessener Weisegewürdigt werden; sie (oder ihre Erben) erhalten vielmehr auchsteuerliche Vergünstigungen, die es in dieser Größenordnungüberhaupt nur bei gemeinnützigen Stiftungen gibt. Dazu ein paarDetails: Alle Spenden an die Stiftung für das Museum Folkwangkönnen z.B. insgesamt in Höhe von bis zu 20 Prozent des Ge-samtbetrages der Einkünfte steuerlich als Sonderausgaben berück-sichtigt werden. Und Zustiftungen von Vermögenswerten allerArt werden zusätzlich zu den vorgenannten Höchstbeträgen biszu einem Gesamtbetrag von insgesamt 1 Million Euro als Sonder-ausgaben steuerlich berücksichtigt (bei zusammen veranlagtenEhegatten bis zu 2 Millionen Euro).

Der Direktor des Museum Folkwang, Dr. Hartwig Fischer, derzugleich auch Mitglied des Vorstands der Stiftung für das MuseumFolkwang ist, konnte sich bereits über namhafte Barzuwendungensowie über die Zustiftung einer bedeutenden Sammlung zu Guns-ten der Stiftung freuen. Die Stiftung ist also dabei, eine Erfolgsge-schichte zu werden. Weiterführendes ist über [email protected] und [email protected] zu erfahren.

Die Stiftung für das Museum Folkwang

SOH als Förderer von Kunst und Kultur

11

Page 12: SOH-NEWS NR · Sportrecht promoviert hat – vom DFB-Präsidium am 22.10.2010 ... Bundesgerichtshof und Gesetzgeber verschärfen Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeige

Haumannplatz 28 45130 Essen

Fon +49-201-72002-0Fax +49-201-72002-34

Internet www.soh.deE-mail [email protected]

Kurfürstendamm 38/3910719 Berlin

Fon +49-30-884490-0Fax +49-30-884490-90

Internet www.soh.deE-mail [email protected]