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36 37 MANAGEMENT & KARRIERE Source-Code-Hinterlegung Computerworld 8/21. April 2011 www.computerworld.ch HINTERLEGUNGSGEGENSTAND Entgegen einer verbreiteten Meinung reicht es vielfach nicht aus, wenn der Source Code der lizenzierten Software hinterlegt wird. Hinter- legungsgegenstand sollten vielmehr sämtliche Dateien, Dokumentationen und sonstigen Infor- mationen sein, die erforderlich sind, damit die lizenzierte Software durch den Anwender oder durch einen beigezogenen Dritten mittel- und langfristig gewartet werden kann. Abhängig von der Art und Qualität des Codes kann insbeson- dere eine detaillierte Dokumentation erforder- lich sein, damit dieser innerhalb nützlicher Frist verstanden und angepasst werden kann. Soft- ware ist regelmässig Anpassungen unterworfen. In kurzer Zeit können wichtige Module bereits veraltet sein. Daher ist es wichtig, dass in regel- mässigen Abständen die jeweils aktualisierte Version als Source Code hinterlegt wird. HERAUSGABEVERFAHREN Es ist erstaunlich, wie undurchsichtig und kom- plex die Herausgabeverfahren in Escrow-Verein- barungen teilweise abgefasst sind. Gewisse Re- VON OLIVIER STAFFELBACH D er Source Code ist im Gegensatz zum Object Code für die fachkundige Person unmittelbar verständlich. Er erlaubt es Dritten, die oft mit beträchtlichem Ent- wicklungsaufwand erstellte Software nachzuah- men und Konkurrenzprodukte zu vertreiben. Gegen diese Gefahr versuchen sich viele Soft- ware-Hersteller zu schützen, indem sie den Source Code geheim halten. Auf der anderen Seite benötigen die Anwenderunternehmen in gewissen Fällen diesen Code, um die Lauffähig- keit der Software sicherzustellen. Dieser Interes- senkonflikt zwischen Hersteller und Anwender wird in der Praxis durch die Hinterlegung bei einem neutralen Dritten, dem sogenannten Escrow-Agenten, gelöst. Letzterer hat den Source Code dem einzelnen Anwender in genau definier- ten Fällen herauszugeben. Vertragliche Grund- lage ist eine Escrow-Vereinbarung, die in der Regel zwischen dem Anwender, dem Software- Hersteller und dem Escrow-Agenten abgeschlos- sen wird. Vor allem bei geschäftskritischer Soft- ware findet die Hinterlegung des Source Codes in der Schweiz zunehmend Verbreitung. GRÜNDE FÜR EINE ESCROW-VEREINBARUNG Viele Lizenzvereinbarungen sehen vor, dass der Anwender im Fall eines Konkurses Zugriff auf den Source Code haben soll. Diese Regelung ist rechtlich jedoch nicht durchsetzbar. Auch be- steht das Risiko, dass sich der Software-Herstel- gelungen schreien förmlich nach potenziellen Rechtsstreitigkeiten, die eine Herausgabe um Wochen oder gar Monate verzögern und damit für den Anwender äusserst kritisch sein können. Eine klare Regelung des Herausgabeverfahrens verhindert solche Diskussionen. Sie ist zentraler Bestandteil von Escrow-Vereinbarungen. Der Anwender sollte sich stets fragen, wie lange es tatsächlich dauern würde, bis er im Ernstfall – gestützt durch die konkreten Bestim- mungen der Escrow-Vereinbarung – den Source Code in Händen hält. Auch klar abgefasste Escrow-Vereinbarungen sehen oft vor, dass die Herausgabe mehrere Monate dauert. Ob dies für den Anwender akzeptabel ist, sollte sorgfältig geprüft werden. DIE ROLLE DES ESCROW-AGENTEN Zu prüfen ist auch, welche Aufgaben der Esc- row-Agent im konkreten Fall erfüllen soll und realistischerweise ausführen kann. Vor allem im KMU-Umfeld werden oft Rechtsanwälte oder Notare als Escrow-Agenten bestimmt. Diesen wird es jedoch kaum möglich sein, den Inhalt des hinterlegten Datenträgers zu überprüfen. Neben einigen grossen internationalen Unter- nehmen, die Dienstleistungen als Escrow- Agenten erbringen, existieren auch in der Schweiz verschiedene Unternehmen, welche die Möglichkeit haben, technische Aufgaben wie etwa die Überprüfung des Inhalts des Source Codes vorzunehmen. Wichtig ist, dass der Escrow-Agent selbst überprüft oder durch Dritte überprüfen lässt, ob sich auf dem übergebenen Datenträger tatsäch- lich der Source Code befindet und ob dieser les- bar und funktionsfähig ist. Im Idealfall unter- sucht der Agent weiter, ob der hinterlegte Code (allenfalls ergänzt durch zusätzliche erklärende Dokumentation) ausreicht, um einem Dritten in die Lage zu versetzen, den Source Code weiterzu- entwickeln oder anderweitig anzupassen. EINRÄUMUNG DER URHEBERRECHTE Oft wird vertreten, es reiche aus, dass der An- wender bei der Verwirklichung eines Heraus- gabefalles auf den Source Code zurückgreifen könne. Das ist nicht korrekt. Ebenso wichtig ist, dass diesem für solche Situationen die erforder- lichen Rechte zur Fehlerbehebung, Anpassung und Weiterentwicklung der Software einge- räumt werden. Ansonsten riskiert der Anwen- der, faktisch zwar Zugriff auf den Source Code zu haben, aufgrund der bestehenden Verträge jedoch nicht berechtigt zu sein, diesen zu ver- ändern. Die Lizenzverträge erlauben es in der Regel nicht, die Software zu verändern oder in anderer Weise zu bearbeiten. Entsprechend sollten dem Anwender die bei der Verwirk- lichung eines Herausgabefalls erforderlichen Rechte im Rahmen der Escrow-Vereinbarung gewährt werden. Diese acht Regeln sollten Sie bei der Abfas- sung des Vertrags beachten: 1 Die Herausgabefälle sollten präzis de- finiert sein und alle relevanten Kons- tellationen abdecken. 2 Vielfach sind nicht nur der Source Code, sondern auch weitere Doku- mente zu hinterlegen. 3 Die Vollständigkeit und Funktions- fähigkeit des hinterlegten Source Codes sollte überprüft werden können. 4 Es ist darauf zu achten, dass der Source Code periodisch und in jeweils aktualisierter Version hinterlegt wird. Checkliste für Escrow-Verträge 5 Das Herausgabeverfahren sollte klar festgelegt werden und unter gege- benen Voraussetzungen rasch abgewickelt werden können. 6 Der Anwender muss berechtigt sein, den Source Code zu überprüfen oder überprüfen zu lassen. 7 Es ist zu klären, ob der vorgeschla- gene Escrow-Agent die gewünschten Aufgaben realistischerweise erfüllen kann. 8 Der Anwender sollte sich die im An- schluss an einen Herausgabefall erforderlichen Urheberrechte bereits in der Hinterlegungsphase gewähren lassen. «Lizenzvertragliche Regelungen zur Source- Code-Herausgabe sind oft nicht durchsetzbar» Source Code Escrow: Absicherung für Anwender Wenn der Software-Hersteller den Support für eines seiner Produkte einstellt, kann dies für den Anwender, der mit dieser Software arbeitet, zum existenziellen Problem werden. Sogenannte Escrow-Verträge regeln für solche Fälle die Herausgabe des Source Codes. Entscheidend ist dabei die Qualität der vertraglichen Vereinbarung. BILD: ISTOCKPHOTO Oliver Staffelbach ist auf IT-Recht spezialisier- ter Rechtsanwalt bei Wenger & Vieli aus Zürich www.wengervieli.ch ler über vertragliche Herausgabeverpflichtungen hinwegsetzt. Eine Vereinbarung mit dem Soft- ware-Hersteller schützt den Anwender also viel- fach nur unzureichend. Eine Escrow-Vereinba- rung reduziert die bestehenden Risiken für den Anwender dagegen mas- siv. Sie räumt dem Escrow- Agenten treuhänderisches und konkursfestes Eigen- tum an einem den Source Code enthaltenden Daten- träger ein. Der Escrow- Agent als neutraler Dritter entscheidet, gestützt auf die Escrow-Vereinba- rung, ob ein Herausgabefall vorliegt, und ist ver- pflichtet, entsprechend zu handeln. Ursprünglich wurden Escrow-Vereinbarun- gen fast ausschliesslich von Anwendern ge- wünscht und von den Herstellern als notwendi- ges Übel erachtet. Mittlerweile werden diese Vereinbarungen aber bewusst auch als Marke- tinginstrument eingesetzt. Vom Hersteller vor- geschlagene Escrow-Vereinbarungen sind je- doch oft einseitig zuungunsten des Anwenders ausgestaltet. Entscheidender als der Abschluss ist daher die Qualität der Escrow-Vereinbarung. HERAUSGABEFÄLLE Kernstück der Escrow-Vereinbarung ist die prä- zise Regelung der Herausgabefälle. Grundsätz- lich können die Parteien frei vereinbaren, wann der Escrow-Agent verpflichtet ist, den Source Code herauszugeben. Typischerweise ist der An- wender berechtigt, vom Escrow-Agenten die He- rausgabe zu verlangen, wenn über dem Vermö- gen des Software-Herstellers der Konkurs oder ein Nachlassverfahren rechtskräftig eröffnet wor- den ist, der Hersteller li- quidiert bzw. von einer Drittpartei übernommen wurde und wenn die Ent- wicklungs- oder Pflege- leistungen an der Soft- ware eingestellt werden. Ein weiterer klassischer Herausgabefall tritt ein, wenn der Hersteller sei- nen lizenzvertraglichen Pflichten trotz Abmah- nungen wiederholt nicht nachgekommen ist. Am schwierigsten ist die Regelung von He- rausgabefällen bei Erfüllungsschwierigkeiten durch den Software-Hersteller. Der Anwender hat ein berechtigtes Interesse daran, in allen Fällen, bei denen die Wartung oder Geltend- machung von Gewährleistungsrechten gefähr- det ist, Zugriff auf den Source Code zu erhalten. Aus seiner Sicht optimal wäre es daher, wenn jede (allenfalls wiederholte) Leistungsstörung einen Herausgabefall begründen würde. Dem Software-Lieferanten geht dies jedoch meist zu weit. Eine differenzierte und präzise vertrag- liche Regelung kann hier bestehende Interes- sengegensätze auflösen.

Source Code Escrow: Absicherung für den Anwender

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Source Code Escrow: Absicherung für den Anwender

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Page 1: Source Code Escrow: Absicherung für den Anwender

36 37management & karriere Source-Code-Hinterlegung Computerworld 8/21. April 2011 www.computerworld.ch

HinterlegungsgegenstandEntgegen einer verbreiteten Meinung reicht es vielfach nicht aus, wenn der Source Code der lizenzierten Software hinterlegt wird. Hinter­legungsgegenstand sollten vielmehr sämtliche Dateien, Dokumentationen und sonstigen Infor­mationen sein, die erforderlich sind, damit die lizenzierte Software durch den Anwender oder durch einen beigezogenen Dritten mittel­ und langfristig gewartet werden kann. Abhängig von der Art und Qualität des Codes kann insbeson­dere eine detaillierte Dokumentation erforder­

lich sein, damit dieser innerhalb nützlicher Frist verstanden und angepasst werden kann. Soft­ware ist regelmässig Anpassungen unterworfen. In kurzer Zeit können wichtige Module bereits veraltet sein. Daher ist es wichtig, dass in regel­mässigen Abständen die jeweils aktualisierte Version als Source Code hinterlegt wird.

HerausgabeverfaHrenEs ist erstaunlich, wie undurchsichtig und kom­plex die Herausgabeverfahren in Escrow­Verein­barungen teilweise abgefasst sind. Gewisse Re­

Von oliVier Staffelbach

Der Source Code ist im Gegensatz zum Object Code für die fachkundige Person unmittelbar verständlich. Er erlaubt es Dritten, die oft mit beträchtlichem Ent­

wicklungsaufwand erstellte Software nachzuah­men und Konkurrenzprodukte zu vertreiben. Gegen diese Gefahr versuchen sich viele Soft­ ware­Hersteller zu schützen, indem sie den Source Code geheim halten. Auf der anderen Seite benötigen die Anwenderunternehmen in gewissen Fällen diesen Code, um die Lauffähig­keit der Software sicherzustellen. Dieser Interes­senkonflikt zwischen Hersteller und Anwender wird in der Praxis durch die Hinterlegung bei einem neutralen Dritten, dem sogenannten Escrow­Agenten, gelöst. Letzterer hat den Source Code dem einzelnen Anwender in genau definier­ten Fällen herauszugeben. Vertragliche Grund­lage ist eine Escrow­Vereinbarung, die in der Regel zwischen dem Anwender, dem Software­Hersteller und dem Escrow­Agenten abgeschlos­sen wird. Vor allem bei geschäftskritischer Soft­ware findet die Hinterlegung des Source Codes in der Schweiz zunehmend Verbreitung.

gründe für eine escrow-vereinbarungViele Lizenzvereinbarungen sehen vor, dass der Anwender im Fall eines Konkurses Zugriff auf den Source Code haben soll. Diese Regelung ist rechtlich jedoch nicht durchsetzbar. Auch be­steht das Risiko, dass sich der Software­Herstel­

gelungen schreien förmlich nach potenziellen Rechtsstreitigkeiten, die eine Herausgabe um Wochen oder gar Monate verzögern und damit für den Anwender äusserst kritisch sein können. Eine klare Regelung des Herausgabeverfahrens verhindert solche Diskussionen. Sie ist zentraler Bestandteil von Escrow­Vereinbarungen.

Der Anwender sollte sich stets fragen, wie lange es tatsächlich dauern würde, bis er im Ernstfall – gestützt durch die konkreten Bestim­mungen der Escrow­Vereinbarung – den Source Code in Händen hält. Auch klar abgefasste Escrow­Vereinbarungen sehen oft vor, dass die Herausgabe mehrere Monate dauert. Ob dies für den Anwender akzeptabel ist, sollte sorgfältig geprüft werden.

die rolle des escrow-agentenZu prüfen ist auch, welche Aufgaben der Esc­row­Agent im konkreten Fall erfüllen soll und realistischerweise ausführen kann. Vor allem im KMU­Umfeld werden oft Rechtsanwälte oder Notare als Escrow­Agenten bestimmt. Diesen wird es jedoch kaum möglich sein, den Inhalt des hinterlegten Datenträgers zu überprüfen. Neben einigen grossen internationalen Unter­nehmen, die Dienstleistungen als Escrow­Agenten erbringen, existieren auch in der Schweiz verschiedene Unternehmen, welche die Möglichkeit haben, technische Aufgaben wie etwa die Überprüfung des Inhalts des Source Codes vorzunehmen.

Wichtig ist, dass der Escrow­Agent selbst überprüft oder durch Dritte überprüfen lässt, ob sich auf dem übergebenen Datenträger tatsäch­lich der Source Code befindet und ob dieser les­bar und funktionsfähig ist. Im Idealfall unter­sucht der Agent weiter, ob der hinterlegte Code (allenfalls ergänzt durch zusätzliche erklärende Dokumentation) ausreicht, um einem Dritten in die Lage zu versetzen, den Source Code weiterzu­entwickeln oder anderweitig anzupassen.

einräumung der urHeberrecHteOft wird vertreten, es reiche aus, dass der An­wender bei der Verwirklichung eines Heraus­gabefalles auf den Source Code zurückgreifen könne. Das ist nicht korrekt. Ebenso wichtig ist, dass diesem für solche Situationen die erforder­lichen Rechte zur Fehlerbehebung, Anpassung und Weiterentwicklung der Software einge­räumt werden. Ansonsten riskiert der Anwen­der, faktisch zwar Zugriff auf den Source Code zu haben, aufgrund der bestehenden Verträge jedoch nicht berechtigt zu sein, diesen zu ver­ändern. Die Lizenzverträge erlauben es in der Regel nicht, die Software zu verändern oder in anderer Weise zu bearbeiten. Entsprechend sollten dem Anwender die bei der Verwirk­lichung eines Herausgabefalls erforderlichen Rechte im Rahmen der Escrow­Vereinbarung gewährt werden.

Diese acht Regeln sollten Sie bei der Abfas­sung des Vertrags beachten:

1 Die Herausgabefälle sollten präzis de­finiert sein und alle relevanten Kons­

tellationen abdecken.

2 Vielfach sind nicht nur der Source Code, sondern auch weitere Doku­

mente zu hinterlegen.

3 Die Vollständigkeit und Funktions­fähigkeit des hinterlegten Source

Codes sollte überprüft werden können.

4 Es ist darauf zu achten, dass der Source Code periodisch und in jeweils

aktualisierter Version hinterlegt wird.

checkliste für escrow-Verträge

5 Das Herausgabeverfahren sollte klar festgelegt werden und unter gege­

benen Voraussetzungen rasch abgewickelt werden können.

6 Der Anwender muss berechtigt sein, den Source Code zu überprüfen oder

überprüfen zu lassen.

7 Es ist zu klären, ob der vorgeschla­gene Escrow­Agent die gewünschten

Aufgaben realistischerweise erfüllen kann.

8 Der Anwender sollte sich die im An­schluss an einen Herausgabefall

erforderlichen Urheberrechte bereits in der Hinterlegungsphase gewähren lassen.

«Lizenzvertragliche Regelungen zur Source- Code-Herausgabe sind oft nicht durchsetzbar»

Source code escrow: absicherung für anwenderWenn der Software-Hersteller den Support für eines seiner Produkte einstellt, kann dies für den Anwender, der mit dieser Software arbeitet, zum existenziellen Problem werden. Sogenannte Escrow-Verträge regeln für solche Fälle die Herausgabe des Source Codes. Entscheidend ist dabei die Qualität der vertraglichen Vereinbarung.

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oliver Staffelbach ist auf It­Recht spezialisier­ter Rechtsanwalt bei Wenger & Vieli aus Zürich

www.wengervieli.ch

ler über vertragliche Herausgabeverpflichtungen hinwegsetzt. Eine Vereinbarung mit dem Soft­ware­Hersteller schützt den Anwender also viel­fach nur unzureichend. Eine Escrow­Vereinba­rung reduziert die bestehenden Risiken für den Anwender dagegen mas­siv. Sie räumt dem Escrow­Agenten treuhänderisches und konkursfestes Eigen­tum an einem den Source Code enthaltenden Daten­träger ein. Der Escrow­Agent als neutraler Dritter entscheidet, gestützt auf die Escrow­Vereinba­rung, ob ein Herausgabefall vorliegt, und ist ver­pflichtet, entsprechend zu handeln.

Ursprünglich wurden Escrow­Vereinbarun­gen fast ausschliesslich von Anwendern ge­wünscht und von den Herstellern als notwendi­ges Übel erachtet. Mittlerweile werden diese Vereinbarungen aber bewusst auch als Marke­tinginstrument eingesetzt. Vom Hersteller vor­geschlagene Escrow­Vereinbarungen sind je­doch oft einseitig zuungunsten des Anwenders ausgestaltet. Entscheidender als der Abschluss ist daher die Qualität der Escrow­Vereinbarung.

HerausgabefälleKernstück der Escrow­Vereinbarung ist die prä­zise Regelung der Herausgabefälle. Grundsätz­lich können die Parteien frei vereinbaren, wann

der Escrow­Agent verpflichtet ist, den Source Code herauszugeben. typischerweise ist der An­wender berechtigt, vom Escrow­Agenten die He­rausgabe zu verlangen, wenn über dem Vermö­gen des Software­Herstellers der Konkurs oder

ein Nachlassverfahren rechtskräftig eröffnet wor­den ist, der Hersteller li­quidiert bzw. von einer Drittpartei übernommen wurde und wenn die Ent­wicklungs­ oder Pflege­leistungen an der Soft­

ware eingestellt werden. Ein weiterer klassischer Herausgabefall tritt ein, wenn der Hersteller sei­nen lizenzvertraglichen Pflichten trotz Abmah­nungen wiederholt nicht nachgekommen ist.

Am schwierigsten ist die Regelung von He­rausgabefällen bei Erfüllungsschwierigkeiten durch den Software­Hersteller. Der Anwender hat ein berechtigtes Interesse daran, in allen Fällen, bei denen die Wartung oder Geltend­machung von Gewährleistungsrechten gefähr­det ist, Zugriff auf den Source Code zu erhalten. Aus seiner Sicht optimal wäre es daher, wenn jede (allenfalls wiederholte) Leistungsstörung einen Herausgabefall begründen würde. Dem Software­Lieferanten geht dies jedoch meist zu weit. Eine differenzierte und präzise vertrag­ liche Regelung kann hier bestehende Interes­sengegensätze auflösen.