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Aus dem Hygienischen Institut und dem Institut ftir Pharmakologie and experimentelle Therapie der Universit~t Breslau. Studien zur Chemotherapie der Taberkulose. IV. ){itteilung~. Von Gertrud l~eiflner und Erich Hesse. Mit 3 Textabbildungen. (Eingegangen am 6. II. 193].) Hit der Kapillarmethode nach WrighZ haben wir eine grSBere Zahl yon Stoffen ~uf ihre wachstumshemmenden Eigensehaften gegentiber Tuberkelbazillen untersueht. Die Ergebnisse, vor allem die Beziehungen zwischen chemischer Konstitution und bakterizider Wirkung der einzel- hen S~offgruppen, wurden in den frtiheren Arbeiten 2 ausftihrlieh mit- geteilt Da wir tier begrtindeten Ansicht sind, dal] die Ziiehtung yon Tuberkelbazillen im Blu~faden dem Tierversueh aahes~eht, verwenden wir dieses Verfahren zur Auslese solcher Stoffe, yon denen man an tuber- kulSsen lV[eersehweinehen and K~ninehen tteilwirkungen erwarten darf. Die Wrightsehe lV[ethode ist also die Grundlage unserer ehemo- ther~peutischen Versuche. Ihre praktisehe Brauehbarkeit Mrd nattirlieh erst dann erMesen sein, wenn die mi~ dam Verfahren ausgewiihlten Sub- stanzen die Tuberkulose des Mensehen zu heilen vermSgen. Dag die Stoffe am tuberkulSsen Tier Wirkungen zeigen kSnnen, dartiber haben wir frtiher einiges berich~et Wir wollen nunmehr einen Uberbliek tiber unsere gesamten tierexperimen~ellen Erfahrungen geben. Daraus wird hervorgehen, dal] die Prtifung einer Substanz naeh der Wrightsehen Der Notgemeinschaft der Deutschen Wissensehaft und dem Reiehsinnen- ministerium sagen wit auch an dieser Stelle unseren ganz ergebenen Dank fiir die umfangreiche Untersttitzung zur Ourchfiihrung dieser Arbeit. 2 Hesse, l~Ieil3ner und Quast, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1928, Bd. 135, S. 82. -- MeiBner and Hesse, Ebenda 1930, Bd. 147, S. 339. -- Hesse und 3Ieil3ner, Ebenda 1931, Bd. 159, S. 676.

Studien zur Chemotherapie der Tuberkulose

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Page 1: Studien zur Chemotherapie der Tuberkulose

Aus dem Hygienischen Institut und dem Institut ftir Pharmakologie and experimentelle Therapie der Universit~t Breslau.

Studien zur Chemotherapie der Taberkulose.

IV. ){ i t t e i lung~ .

Von Gertrud l~eiflner und Erich Hesse.

Mit 3 Textabbildungen. (Eingegangen am 6. II. 193].)

Hit der Kapillarmethode nach WrighZ haben wir eine grSBere Zahl yon Stoffen ~uf ihre wachstumshemmenden Eigensehaften gegentiber Tuberkelbazillen untersueht. Die Ergebnisse, vor allem die Beziehungen zwischen chemischer Konstitution und bakterizider Wirkung der einzel- hen S~offgruppen, wurden in den frtiheren Arbeiten 2 ausftihrlieh mit- geteilt Da wir tier begrtindeten Ansicht sind, dal] die Ziiehtung yon Tuberkelbazillen im Blu~faden dem Tierversueh aahes~eht, verwenden wir dieses Verfahren zur Auslese solcher Stoffe, yon denen man an tuber- kulSsen lV[eersehweinehen and K~ninehen tteilwirkungen erwarten darf.

Die Wr igh t sehe lV[ethode ist also die Grundlage unserer ehemo- ther~peutischen Versuche. Ihre praktisehe Brauehbarkeit Mrd nattirlieh erst dann erMesen sein, wenn die mi~ dam Verfahren ausgewiihlten Sub- stanzen die Tuberkulose des Mensehen zu heilen vermSgen. Dag die Stoffe am tuberkulSsen Tier Wirkungen zeigen kSnnen, dartiber haben wir frtiher einiges berich~et Wir wollen nunmehr einen Uberbliek tiber unsere gesamten tierexperimen~ellen Erfahrungen geben. Daraus wird hervorgehen, dal] die Prtifung einer Substanz naeh der Wr igh t sehen

Der Notgemeinschaft der Deutschen Wissensehaft und dem Reiehsinnen- ministerium sagen wit auch an dieser Stelle unseren ganz ergebenen Dank fiir die umfangreiche Untersttitzung zur Ourchfiihrung dieser Arbeit.

2 Hesse, l~Ieil3ner und Quast, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1928, Bd. 135, S. 82. -- MeiBner and Hesse, Ebenda 1930, Bd. 147, S. 339. -- Hesse und 3Ieil3ner, Ebenda 1931, Bd. 159, S. 676.

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(J88 GEgTR['D }IEISSNER and ERIetl HESSI.::

5iethode den Tierversueh bis zu einem gewissen Grade ersetzen kann, und da~ sie mit einem der iibliehen Desinfektionsversuehe nieht zu ver- gleiehen ist. Im tibrigen haben wir den Untersehied zwisehen der bakteri- ziden Wirkung eines Stoffes im Blur einerseits und in ktinstliehen Nahr- b0den andererseits dureh weitere Experimente klarzustellen versueht.

~Es wurden zwOlf Prgparate geprtift: aus der Gruppe der Pyridine das p-Ni.trilbenzolhydrazolutidin und o-p-Dinitrobenzolhydrazolutidin, yon dan Chinolinen das 6-Isoamyloxy-4-isoamylaminoehinolin trod 2-(Hydrazobenzol)-4-(io-dimethylamin})styryl )-7-(p-dimethylaminobenzy- liden)amino-ehinolin, aus der Gruppe der Akridine und Azine das 3,6- Diaminoakridin bzw. die Farbstoffe Safranin, Tanninheliotrop und Ind- aminblau, sehlieNieh yon den Alkaloiden das a-Isoehinin, Aminohydro- ehinin, 2a[thylapoehinin und das tIarmin. Alle Substanzen hemmten im )Ieersehweinehenblut das Waehstum der Tuberkelbazillen in einer Ver- dtinnung yon 1:12000.

...... Um zu unterseheiden, ob die am Endc des Versuehes im Blutfaden noeh vorhandenen Bazillen abget0tet oder entwieklungsf~hig sind, haben wit die F~tden ~Ieersehweinehen ;rater die Bauehhaut verimpft. Die Tiere erkra.nkten ohne Ausnahme an einer a.Ilgemeinen Tuberkulose (s. Tabelle 1, Spalte 6). Diese Tatsaehe erlaubt aber nieht den Sehlug, dal3 die ganze Bazilleneinsaat virulent geblieben ist. Denn tibertr~gt man je drei 0sen zerriebenes Blutfadenmaterial auf (}lyzerinkartoffeln, so ent- wiekeln sieh daraus Kolonien nut spitrlieh oder gar nieht, wghrend mit Kon~rollfadenmaterial ein sehr iippiges Waehstum zu erzielen ist (s. Ta- belle 1, Spalte 5). Zum Naehweis yon lebensf~.higen Bazillen ist also der Tierversueh in L'bereinstimmung mit den Angaben yon Ke rakes ~ u. a. empfindlieher als die Ziiehtung im Reagenzglas. Von 10--20000 ein- gesgten Keimen sind oft nur etwa 5--20 im ganzen Blutfaden entwick- lungsfghig geblieben. Wit dtirfen aus dieser geringen Zahl der ar~ge- gangenen Kolonien sehliel~en, dal] die Bazillen im Blntfaden dutch die Stoffe weitgehend geseh~digt werden.

In Koehsalzl0sung und in kttnstliehen Nahrb~den wirken nun die Substanzen ganz anders. Setzt man zu Bazillenaufsehwemmungen - - Stature humanus Nr. 20 in physiologiseher KoehsalzlOsung - - die Prg- parate im Verhgltnis 1:12000, Mlt das Gemiseh im Eissehrank und ver- impft naeh 5 Woehen je drei 0sen des )[aterials auf tIgmatin-Eiernahr- bOden, so waehsen in allen Fgllen die Bazillen gut aus. Dabei mug %1- gendes bertteksiehtigt werden. Von einer Bazillensuspension, die wie der

i Dtsd~. med. Woehensehr. 1928, S. 1919.

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Studien zur Chemotherapie der Tuberkulose. IV. 689

Blutfaden 2--4 Millionen Xeime im Kubikzentimeter enthiilt, kann ge- ]egentlieh naeh 5 Woehen Eisschrank ein groger Teil der Bazillen die Lebensfi~higkeit eingebti6t haben. Es empfiehlt sich daher, eine e~was dieh~ere Aufschwemmung zu nehmen. Wir haben aus diesem Grunde aueh mit 10- und 50fach stiirkerex1 Bazillensuspensionen gearbei~er Bei keinem der untersuchten Pri~parate war ein nennenswerter Einflu~ auf die Tuberkelbazillen zu konstatieren (s. Tabelle 1, Spalte 4).

Xhnliche Beobachtungen machten wir bei einer zweiten Versuchs- anordnung. Eiern•hrbSden, die die Subs~anzen in der Verdiinnung 1:12000 enthielten, wurden mit einer Tuberkelbazillenaufschwemmung yon Stature humanus Mr. 20 beimpft, deren Diehte die gleiehe war wie beim Kapillarversueh. Hier hemmten 3,6-Diaminoakridin, Tanninhelio- trop, o-p-Dinitrobenzo]hydrazolu~idia das Waehstum der Bazillen, wgh- rend der Rest der Stoffe wirkungslos war (s. Tabelle 1, Spal~e 3). Wir haben, das sei ausdrticklich bemerk~, die Desinfektionsprtgu~gen und die Kapillarversuehe (filr die Verimpfung der Blu~fgden auf Tiere und Gly- zerinkartoffeln) an gleiehen Tagen, mit der gleiehen Bazi]lensuspension und den gleiehe~t SubstanzlSsungen angese~zt.

Die Ergebnisse sind in der Tabelle I zusammengefal3t. ~Von den ge- p r t t f t en S to f f en w i r k e n alle w a c h s t u m s h e m m e n d im kSrpe r - i~hnlichen Mil ieu (Blur), dagegen nur sehr wenige u n t e r k i ins t - l i chen B e d i n g u n g e ~ . Diese Feststellung erinnert an Beobaehtungen yon U h l e n h u t 1 mix dem Salvarsan, dal3 ni~mlieh dieses Pri~parat im Reagenzglas die Spiroehi~ten nieht abtiite~, wi~hrend es im Tier so glgn- zend die syphilitisehe Infektion hellS.

Die Ubertragung der im Kapillarversuch zu*age tre~enden Wir- kungen auf tuberkulSse Tiere stSl~r jedoeh, wie sehon in frtiheren lV[it- teilungen betont wurde, naeh wie vor auf Sehwierigkeitem Der Grund hierftir dtirfte vor allem in der relativ hohen Toxizi~/i~ der basisehen Stoffe liegen, die es nicht gestattet, gentigende Substanzmengen dem KSrper einzuverleiben. 3;ueh mit einer Zerse~zung der Stoffe im Tier- kSrper, in anderer Riehtung als im Blutfaden, mug man reehnen. Trotz- dem ist bei der grogen Zahl der ehemo*herapeu~isehen Versuehe, die wir im Laufe der Jahre durehgeftihrt habeas, eine gtinstige Beeinflussung der Tiertuberkulose mit einem Teil tier Priiparate unverkennbar. Wir haben dabei versueh~, die Ausbreitung der subkutane~, tuberkulSsen Infektion bei Meersehweinehen dureh eine friihzeitig einsetzende Behandlung zu hemmen (Kupierungsversueh). Eine Ausheiluag der angegangenen und

I Zitiert nach Kolle, Kraus, Uhlenhut Bd. 1, S. 603. 1930. Archly f. exper iment . Pa th . u. P h a r m a k o l . t ld. 159. 451t

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690 GERTRUD MEISSNER und ERICH HESS]~:

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~tudien zur Chemotherapie der Tuberkulose. IV. 691

b~i diesen Tieren s e ~ schwer und schnell verlaufenden Allgeme~ninfektion er~chi~n yon v ornherein wenig aussich~sreich und konnte auch bei lange Yo~r~gesetzter Behahdlung niemals beobach~et werden. Ftir Keilungs- ~ersuche verwandten wir Kaninchen, die in,raven(is superinfiziert wur- �9 : ~- + +

:den, und c[a n eine langsam verlaufende, zur Verkasung neigende Lungen- ~ub~rkulose bekamen (vgl. J S t t e n 1, P f annens~ i e l und Schar laue) .

I. Meerschweinchenversuche.

iDie Meerschweinchen wurden mit 1/lOOOO o mg einer 4 Wochen alten Kff]~r yon Typas humanus Stature Nr. 20 subkutan in die Leis~enbeuge ~n~iert. Die orale oder parenterale Darreichung der Stoffe wurde 2 bis g Tgg~ sp/iter begonnen. Die Zufuhr erfolgte jeden 2. Tag ftir die Dauer von::3 Wochen. 5Tach 14tagiger Pause wurde die Behandlung noch 2 real wiederholt. 41Vfonate nach der Infek~ion tSteten wir die Tiere. Lief~en irge~welche Organe, insbesondere Inguinal- and Iliakaldrtisen, )[ilz und Leb:~r, vaakroskopisch keine Tuberkulose erkennen, so wurden sie nach dem I~ o h n schen Ztich~ungsverfahren welter verarbeitet.

Bei dieser Versuchsanordnung ist die Zahl der ~eerschweinchen, die auf Grund der Behandlung ganz frei yon Tuberkulose bleiben, immer nut gerin:g. Dagegen sieh~ man hi~ufiger, da~ gegenfiber den Kontrollen die behandelten Tiere zu einem auffallend hohen Frozentsatz an einer nut leichten Tuberkulose erkranken. ~an kanu also offenbar die Ausbreitung der Infektion his zu einem gewissen Grade verhindern. Einen 1]berblick fiber einen Tell der ~eerschweinchenversuche gibt Tabelle 2.

In jedem Versuchsansatz wurden gleichzeitig mehrere Substanzen geprfift. So ]iefen neben den giinstig beeinflu~ten Reihen stets solche, in denen gar keirte Wirkung zu verzeichnen war. Dadurch wird die An- nahme gesichert, daI~ die Abwandlung im Verlauf der Tuberkulose ta't- shchlich auf die Wirksamkeit einzelner Pri~parate zurfickzufiihren ist, da~ hier also positive Ergebnisse im Sinne einer chelnotherapeutischen Be- einflussung der Tuberkulose vorliegen.

Der Ablauf tier Meerschweinchentuberkulose im Kupierungsversuch wurde dutch p-Chlorbenzolhydrazolutidin, o-p-Dinitrobenzolhydrazo- lutidin, p-5~i~rilbenzolhydrazolutidin, 3.6-Diaminoakridin und A~nino- hydrochinin nicht vergndert. Dagegen zeigte der Indulinfarbstoff >)In d- aminblau extra(< gewisse Wirkunge~l. Wir haben schon in den beiden ersten Mitteilungen fiber zwei positive Tierversuche mit dieser Substanz

Schriffen aus dem Gesamtgebiet der Gewerbehygiene 1927/29, Bd. 16 und 26. 2 Beitr. z. Klin. d. Tuberkul. 1930, Bd. 73~ S. 351.

45*

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692 OE~r~UD Mnis s~n und ERIch Hr:ss~::

Tabelle 2. C h e m o t h e r a p e u t i s c h e 5 ' ~ e e r s c h w e i n c h e ~ v e r s u c h e .

Beginn der Behandlung 2--3 Tage naeh der Infektion. Drei Behandhmgs- serien yon je 3 Woehen Dauer mit t4t~gigen Pausen. Behandlung in jeder

Periode 3real wSehentlich.

D a t u m der

Infekt ion

27. VII. 1928

11. V. 1929

4. V. 1929

26. X, 1929

Behandlung Es e rkrankten an

Substanz

Indaminblau4 . K o n t r o l l e n . . .

I n d a m i n b l a u . . K o n t r o l l e n . . .

Tages- dosis ~n g

0,09

0,09

Konzen- [ Zufuhr t ra t ion oral

der bzw. LSsung subkutan

30/' 0

30/0

6- Isoamyloxy-4- isoamylamino - chinolin . . . ] 0,005

Dasselbe . . . . i0,(305 K o a t r o l l e n . . . ] - -

Styrylchinolin- k(irper~ . . . : 0,03

,-Isoehinin . . i0,05 Athylapochinin. : 0~08 Harmin �9 . 0,003 K o n t r o l l e n . . . - -

10/00

1 O/o o

1 o/o lO/o 20/0 10/00

oral

oral

oral subkutan i

oral

_._1 Gesamt-i , [ d scnwerer leiehter osis m i Tuber- Tuber-

8 Woehen kulose~ kulose 2 11l g

2,28 16 21 - - 22 13

1,35 6 4 --- 15 3

0,13 7 3 0,l 7 6 - - 19 1

0,77 10 17 1,35 7 17 2,16 5 13 0~077 15 13

- - 1 0 6

keiner Tuber- kulose 3

ber iehte t . Damals konnten wir bei ganz kleilaen Infekt ionsdosen, bei

denen nur ein Teil der Kon*rollen an Tuberkulose e rk rank te , die In fek t ion

in einem hohen P rozen t sa% vollsti~ndig hemmen. Bei der ie tz igen Ver-

suehsserie vom 11. V. 1929 e rk rank ten alle Kontrol l t ie re , und zwar 83 %

mi t sehwerer und 17 % mi t le ichter Tuberkulose. Die mi* I n d a m i n b l a u

behande l t en Tiere wiesen dagegen nur 50% sehwere Tuberkulosen auf,

34 % e rk rank ten leiehr und 16 % gar nieht . E in iihnliehes t l esu l t~ t ergab

eine frt ihere Versuehsserie vom 27. VI I . 1928.

I Schwere Tnberknlose bedeutet tuberkultise Iterde in Drtisen und mehreren 0rganen oder Drtisentuberkulose und konfluierende Herde in einem Organ.

2 Leichte Tuberkulose bedeutet Driisentnberkulose und isolierte Herde in einem Organ oder Driisentuberkulose allein.

3 Keine Tuberkulose bedeutct Tuberkulose negativ, auch nach Ztichtung yon Dr[isen und Milz nach Hohn.

4 Infektionsdosis 1/500000mg Tuberkelbazillen Typus humanus Stamm Nr. 20. 5 2-(ttydrazobenzol)-r

amino-chinolin,

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Studien zur Chemotherapie der Tuberkulose. IV. 693

Ferner sieht man einen leiehten Verlauf der Krankheit unter der Eillwirkung des a-Isoehinin, Xthylapoehinin, des Styrylehinolin- kSrpers I und vor allem bei dem ehinasauren Salz des 6-Isoamyloxy- 4-isoamylamino-ehinolin. Allerdings gelang es spiiter nieht, das gtinstige Ergebnis des letzteren Chinolinderivates in dem gleiehen Umfange zu reproduzieren.

Entspreehend diesen Erfahrungen am ~eersehweinehen waren histo- logiseh nennenswerte tIeilungstendenzen - - Bindegewebswueherungen, Kalkablagerungen u. a. - - nieht zu erwarten. Wir haben uns an Hand yon Sehnittpriiparaten davon tiberzeugen ktinnen.

II. Kaninchenversuche.

Da die Tuberkulose an den superinfizierten Kaninchen langsamer als bei den primtirinfizierten ~eerschweinehen verliiuft, und wir dabei nicht eine Allgemeinerkrankung, sondern vorwiegend eine subpleural begin- nende und nach dem Hilus zu fortschreitende Lungentuberkulose er- ha]ten, verwendeten wir diese Form tier Erkrankung zu den Heilungs- versuchen.

Die Versuchsteehnik gestaltet sich folgendermal~en: Kaninchen yon 2--21/2 leg Gewicht werden mit 1 / 1 0 0 0 mg Tuberkel-

bazillen yon Typus humanus Stature Nr. 20 intratestikular infiziert und 4 Wochen spttter mit 1/1 o mg einer 4 Woehen alten Glyzerinkartoffel- kultur Typus bovinus Stature Nr. 1 intraveniis superinfiziert. Die Tiere bekamen, wie schon erwtihnt, eine subpleurale Lungentuberkulose, die sich allmt~hlich tiber die ganze Lunge his zum Hilus ausbreitete. Die Be- teiligung der Nieren und Leber an der Erkrankung war sehr gering. 4 Wochen nach der Superinfektion werden, wie wit dureh TStung yon Kontrollkaninehen feststellten, die tuberkulSsen Herde als miliare, glasige Kn6tchen sichtbar. Zu diesem Zeitpunkt wurde mit der Behandlung be- gonnen. Aus technisehen Griinden wi~hlten wir die rektale Darreiehung der Stoffe. Dabei besteht die N0glichkeit, dal~ die Substanzen zum Teil unter Umgehung des Leberi~'eislaufes und daher vielleieht unveri~ndert direkt in die Lunge gelangen. Von den 1--2 %igen LSsungen der Stoffe wurden rektal im allgemeinen 6 ecru vertragen. Die Resorption vom Dick- darm aus seheint gut zu sein. Denn wir konnten bei den Farben naeh rektaler Zufuhr ihre Ausseheidung in den Harn feststellen. Die Kaninehen erhielten die Substanzen jeden 2. Tag, und zwar ohne Pause 8 Woehen

1 2-(ttydr~zobenzol-4-(p-dimethylaminostyryl)-7- (p-dimethylaminobenzyliden) amino-chinolin:

Arch iv f. exper iment . P a t h . u. Ph~rmako l . Bd. 159. 45b

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694 GERTRUD MEISS~ER und ERICH HESSE:

lang unter Kontrolle des KSrpergewiehts. Ms Nahrung diente Heu, Haler und Futter- bzw. ~ohrrtiben. 3 ~onate naeh der Superinfektion, also 2 Monate naeh der Behandlung, t0teten wir die Kaninehen, photogra- phierten die Lungen und untersuehten sie histologiseh.

Auf diese Weise wurden die Prgparate a-Isochinin, Aminohydro- ehinin, Athy]apoehinin, t-Iarmin, p-5~itrilbenzolhydrazolutidin, Safranin, Tanninheliotrop und Indaminblau extra an je sechs Kaninchen gepriift. Wghrend alle Kontrollfiere in den Lungen grol~e, zum Tail konfluierende, tuberkulSse Herde besaBen, waren bei einem Tell der behandelten Tiere die Lungen fast frei yon TuberkelknOtehen. Besonders gtinstig ersehien der Befund bei den mit Safranin behandelten Tieren, die durchweg nut weitstehende, im allgemeinen viel kleinere, nieht konfluierende Cuber- kulSse Herde aufwiesen. Aueh die Kaninehen, die Tanninheliotrop er- halten hatten, zeigten eine wesentlieh geringere Ausbreitung der Tuber- kulose a]s die Xontrollen (s. Abb. 1, 2 und 3). Bei den anderen Gruppen land sieh zwar aueh gelegentlich ein Tier, das nut leieht erkrankt war, dafiir aber hatten die iibrigen Tiere der Serie hgufig sehr grol~e kon- fluierende Tuberkel. Indaminblau extra zeigte im Gegensatz zu dan Meerschweinchenversuchen bei superinfizierten Kaninehen keinerlei Wir- kungen.

Wir hatten bei den Kaninehen, deren Tuberkulose gtinstig beeinflul~t war, naeh dent naakroskopisehen Bild den Eindruek, da$ die bei Beginn der Therapie vorhandenen Herde zwar etwas grSl3er geworden waren, dal~ rich jedoeh die tuberkulSse Infektion nieht waiter ausgebreitet hat. Diese Beobaehtung wurde mikroskopiseh best~tigt. Wir fanden n~mlieh histo- logisch bei den behandeken Tieren die TuberkelknStehen klein und zart, fast aussehliel~lieh subpleural liegend, wiihrend bei den Kontrollen die Herde grSl~er waren, die ganze Lunge durehsetzten und an tier Oberfigehe grol~e, konfluierende, nekrotisehe ~assen bildeten. Eine I-Ieilung der Tuberku]ose war bei dan behandelten Kaninehen nieht naehzuweisen.

Wit fass en zusammen: Es ge l ing t mit e inem Tell der in der Wr igh t sehen Kapi l la r -

me thode wi rksamen P r g p a r a t e die Ausb re i tung der t u b e r - kulSsen I n f e k t i o n bei 5 ieersehweinchen te i lweise oder ganz zu verh indern . Wi rkungen zeigen Azinfarbs tof fe , Alka lo ide u. a. In U b e r e i n s t i m m u n g dami t kann man mi t den Az infa rben Saf ran in und Tann inhe l i o t rop am supe r in f i z i e r t en Kan inchen das F o r t s c h r e i t e n der L u n g e n t u b e r k u l o s e hemmen.

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Studien zur Chemotherapie der Tuberkulose. IV. 695 1 2

3

4

~ / : ? i~ �84 ~ ~:: ~ 5 6

Abb. 1. Unbehandel te Kaninchen . In t ra tes t ikul i i re Infek t ion a m 16. IV. 1930. Super infekt ion am 17. V. 1930. T6 tung a m 6. u 1930. i = Vorderfl~ehen und Spitzen beider Lungen zeigen groi~e, konfluierende Herde, sonst einzels~ehende, e twas kleinere Knoten , die an den R a n d p a r t i e n gelegent- l ieh konfluieren. ~ = L inke L u n g e : Unter lappen und l~andpar t ie des Oberlappens zeigt gro0e kon- fluierende Herde, sons t wenige, e inzels tehende Knoten , besonders an den Randpar t i en . :Reehte:Lunge: Vorderfl~che und l t andpa r t i e des Unter lappens zeigt groB% konfluierende Herde. 3 = Vorderfl~ichen beider Unter lappen zeigen grofie, konfluierende Herde, ebenso die l~andpart ien der Ober- und Unter lappen. Sonst kleinere, z u m Teil auch konfluierende Herde. 4 = Beide Lungen s ind vollst~indig i iberzogen yon gro2en: konfluierenden Herden, so dab die L u n g e n ganz weiB erscheinen und ke in normales Lungengewebe m e h r zu erkennen ist. 5 = Vorderfl~iehen und Teile der Randpa r t i en beider Unter lappen zeigen grofie, konfluierende Herde~ die Oberlappen nu r an den Randpa r t i en einzelne, konfluierende, sons t e inzels tehende Herde. 6 = Beide Unter lappen und die :Randpart ien der Ober-

lappen zeigen groBe~ konfluierende Herde. Sonst weitstehende~ klelnere ]terde.

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696 G E R T R U D MEISSNER u n d E R I C H H E S S E :

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11 12

Abb. 2. Kaninchen behandel t m i t Safranin. Intratest ikulSre Infekt ion am 16. IV. 1930. Superinfektion am 17. u 1930. Beginn der Behandlung am 11. YL 1930. TO;tung am 6. VIII. 1930. 7 : Der ITnter- ]appen der reehten Lunge zeigt ein Paket konfluierender :Herde und an den l inken l~andpartien v ler kleine, mittelgroGe :Kniitehen, der l inke UnterlaDpen einige mittelgrol~e ~erde, sonst ohne Befund. 8 : :Reehte Lunge sehr wenig weitstehende ]terde, l inke Lunge ganz vereinzelt kleinste ]~erde. 9 = Wenig weitstehende kleine Herde und ]e ein gr58erer Kerd im Unterlappen. 10 = Beide/Tnter- lappen wenige, sehr weitstehende~kleine t/erd% Oberlappen fast frei. 11 ~ :Rechter und l inke rUnte r - lappen weitstehende, kleine Herde, an den Randpar t ien etwas grS~ere Herde. Beide Oberlappen

fast frei. 12 ~ Nut an den l~andDartien einige kleine ~erde, sonst ohne Be~und.

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Studien zur Chemotherapie der Tuberkulose. IV.

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Abb. 3. Kaninchen behandelt mit Tanninheliotrop. Intratestikul~ire Infel~ion am 16. IV. 1930. Super- infektion am 17. V. 1930. Beginn der Behandhng am 11. VI. 11930. T~tung am 6. VIII[. 1930. 13 = :In den Unterlappen beider Lungen grol3e konfluierende :gerde, Randpartien der Ober- und Unterlap!0en mittelgroBe zum Teil konfluierende Herde. Sonst einzelne sehr weitstehende Herde. 14 = In beiden Unterlappen dieht stehende ganz kleine, zum Tell zusammenfliel3ende Herde, beide Oberlappen fast frei. 15 == In beiden Unterlappen dicht stehende, ganz ~kleine Herde, die Oberlappen fast frei. 1 6 - ~ In beiden Lungen nur einige kleine bis mittelgrol3e H~rde. 17 = An den l%andpartien beider Lungen ganz vereinzelte kleine und einige gro~e Herde. 18 = Reehte Lunge ein kleiner Herd, in

tier ]inken Lunge zwei kleine, und zwei ~twas grSl3ere Herde.