88
Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Teil 12

Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Page 2: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

I. RECHTSKRAFT

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 2

Page 3: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

1. Formelle und materielle Rechtskraft

Formelle Rechtskraft:Eine gerichtliche Entscheidung kann nicht mehr mit den ordentlichen Rechtsbehelfen angefochten werden.

Materielle Rechtskraft: • Eine formell rechtskräftige Entscheidung ist auch für künftige

Streitfälle unter denselben Beteiligten über denselben Verfahrensgegenstand maßgeblich

• Eine erneute gerichtliche Entscheidung über denselben Verfahrensgegenstand darf nicht mehr ergehen.

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 3

Page 4: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

2. Rechtskraft in FG-Familiensachen

a) Formelle Rechtskraft:§ 45 FamFG: Die Rechtkraft eines Beschlusses tritt nicht ein, bevor die Frist für die Einlegung des zulässigen Rechtsmittels oder des zulässigen Einspruchs, des Widerspruchs oder der Erinnerung abgelaufen ist. Der Eintritt der Rechtskraft wird dadurch gehemmt, dass das Rechtsmittel, der Einspruch, der Widerspruch oder die Erinnerung rechtzeitig eingelegt wird.

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 4

Page 5: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

(1) Rechtskraftfähige Entscheidung: – Nur Beschlüsse?

h.M.: alle sachlichen Entschließungen des Gerichts mit AußenwirkungMM.: nur Beschlüsse (andere Entscheidungen § 705 ZPO analog)

– Nur Endentscheidungen nach § 38?h.M.: alle Endentscheidungen, Entscheidungen in selbstständigen Zwischen- und Nebenverfahren sowie „nicht selbstständig anfechtbare Vorentscheidungen, die mit der selbstständig anfechtbaren Endentscheidung, der sie zugrunde liegen, angefochten werden können und daher erst mit dieser in Rechtskraft erwachsen“ (Rosenberg/Schwab/Gottwald , Zivilprozessrecht, 17. Aufl. 2010, § 150 Rn.1).

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 5

Page 6: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

(2) Zeitpunkt der Rechtskraft:• negative Bestimmung in § 45:

Rechtskraft tritt nicht ein, ehe nicht die Frist für die Einlegung der ordentlichen Rechtsbehelfe des FamFG-Verfahrens, denen S. 2 Suspensiveffekt einräumt, abgelaufen ist.

• ohne Einfluss auf die Rechtskraft:Außerordentliche Rechtsbehelfe (Wiederaufnahme, § 48 II i.V.m. §§ 578 ff. ZPO; Anhörungsrüge, § 44, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, § 18 I, Verfassungsbeschwerde)

• Statthaftigkeit eines ordentlichen Rechtsbehelfs: Rechtskraft tritt mit Ablauf der Frist zur Einlegung ein.

• Unstatthaftigkeit eines ordentlichen Rechtsbehelfs: Rechtskraft tritt mit Erlass der Entscheidung ein.

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 6

Page 7: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

b. Materielle Rechtskraft: Gesetz enthält keine Äußerung zur materiellen Rechtskraft einer Entscheidung im FamFG-Verfahren. Es gilt – wie vor der Reform - :Entscheidungen in reinen FG-Familiensachen erwachsen grundsätzlich nicht in materielle Rechtskraft

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 7

Page 8: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

3. Rechtskraft in Ehe- und Familienstreitsachen

a) Formelle Rechtskraft:§§ 113 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 705 ZPO:In Familienstreitsachen gilt § 45 nicht, sondern § 705 ZPO. Da § 45 dem § 705 ZPO nachempfunden ist (BT-Drs. 16/6308, 198) gelten die Ausführungen entsprechend.§ 705 ZPO:„ Die Rechtskraft der Urteile tritt vor Ablauf der für die Einlegung des zulässigen Rechtsmittels oder des zulässigen Einspruchs bestimmten Frist nicht ein. Der Eintritt der Rechtskraft wird durch rechtzeitige Einlegung des Rechtsmittels oder des Einspruchs gehemmt.“

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn,

WS 2014/2015, Gabriele Ey 8

Page 9: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

b. Materielle Rechtskraft: Gesetz enthält keine Äußerung zur materiellen Rechtskraft einer Entscheidung im FamFG-Verfahren. Es gilt – wie vor der Reform - :Die materielle Rechtskraft in echten Familienstreitsachen ist anerkannt (BayObLG NJW-RR 1996, 3217, 3218)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 9

Page 10: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

4. Rechtskraft im Verbundverfahren

§ 145 FamFG:Die Vorschrift ermöglicht die vorzeitige Teilrechtskraft einzelner Teile einer einheitlichen Verbundentscheidung, insbesondere der Scheidung selbst.Zweck der Vorschrift: Die isolierte Anfechtung einer Teilentscheidung (z.B. Sorgerechtsentscheidung durch das JA, VA-Entscheidung durch Versorgungsträger) hindert grundsätzlich den Eintritt der formellen Rechtskraft der Scheidung: Da die Anschließung an ein Rechtsmittel grundsätzlich keinen Fristen unterliegt (§ 66 S. 1), könnten die Eheleute an sich bis zur Rechtskraft der Entscheidung in der Folgesache sich dem Rechtsmittel eines anderen Beteiligten anschließen. Um dies zu vermeiden, bestimmt § 145 für die nachträgliche Anfechtung eines anderen Teils der Entscheidung, dass sowohl die Erweiterung des Rechtsmittels als auch die Anschließung nur noch bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Rechtsmittelbegründung erfolgen kann, allerdings in mehreren Stufen. Um die Rechtskraft der Scheidung vorzeitig zu ermöglichen, können die Eheleute nach § 144 auf Rechtsmittel und Anschlussrechtmittel verzichten, was in der Praxis häufig geschieht.

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 10

Page 11: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Verhältnis § 145 und §§ 66,73 FamFG

• § 145 betrifft die nachträgliche Anfechtung von Teilen des Verbundbeschlusses, die andere Familiensachen betreffen (verschiedene Gegenstände)

• §§ 66, 73 betreffen den Gegenstand des Hauptrechtsmittels (einheitliche Gegenstände)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2012/2013, Gabriele Ey 11

Page 12: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Folgen des § 145 FamFG

• Andere Verfahrensbeteiligte haben neue Frist zur Anfechtung bisher unangefochtener Teile der Entscheidung

• Hauptrechtsmittelführer kann sein RM nicht erweitern, sich aber der Anschlussbeschwerde wiederum anschließen (Gegenanschließung)

• Bei unzulässigem RM: • Wirkungslosigkeit der Anschließung erst bei

Rücknahme oder VerwerfungFamiliengerichtliches Verfahren, Universität

Bonn, WS 2012/2013, Gabriele Ey 12

Page 13: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

BeispielVerbundurteil: Scheidung ausgesprochen; Versorgungsausgleich wird durchgeführt; Ehegattenunterhalt für Ehefrau F wird teilweise tituliert. Rechtsmittelverzicht der Eheleute nur hinsichtlich der Scheidung.Zustellung an alle am 1.4.Ehemann M legt am 30.4. Beschwerde gegen Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt ein und begründet diese am 15.5. Die Begründung wird F am 20.5. zugestellt.Versorgungsträger V legt ebenfalls am 30.4. Beschwerde gegen die VA-Entscheidung ein und begründet sie am 31.5. ; die Beschwerde wird allen Beteiligten am 21.5., die Begründung am 8.6. zugestellt.F legt nun am 20.6. Rechtsmittel gegen die Scheidung, den VA und ihrerseits gegen die teilweise Abweisung des Unterhaltsanspruchs ein und begründet diese. Die Rechtsmittelschrift wird an M am 15.7. zugestellt. Er wendet sich nun auch gegen den VA mit Beschwerde vom 16.8.Das Berufungsgericht entscheidet am 2.11. Die Entscheidung wird allen am 10.11. zugestellt.

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 13

Page 14: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Fragen: 1.Welche zulässigen Rechtsmittel gegen das

Verbundurteil sind eingelegt?2.Wann wird die Scheidung rechtskräftig?

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2012/2013, Gabriele Ey 14

Page 15: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

LösungshinweiseFrage 1:1. Beschwerde des Mannes gegen Entscheidung zum nachehelichen

Unterhalt ist zulässig, §§ 63, 117. 2. Beschwerde des Versorgungsträgers V ist ebenfalls zulässig. Begründung

nicht erforderlich, § 653. Beschwerde der Ehefrau ist Anschlussbeschwerde:

a. Gegen Scheidungsausspruch zulässig, zwar insoweit verzichtet, aber nicht auf Anschlussrechtsmittel. ZU der Beschwerdebegründung M 20.5., Einlegung AB 20.6.

b. Gegen nachehelichen Unterhalt? Anschluss an RM des M (+), und zwar unbefristet, da dieselbe Familiensache, § 66. Auch Anschluss an RM des V möglich. ZU der Beschwerde des V am 20.5., RM der F am 20.6. rechtzeitig.

4. Anschlussbeschwerde des Mannes zum VA: Nicht mehr innerhalb der Frist des § 145, aber auch F hatte sich gegen den VA gewandt, also keine andere Familiensache, daher unbefristete Anschließung nach § 66 möglich(vgl. instruktiv OLG Stuttgart Beschl. v. 30.12.2013 – 15 UF 306/13, juris).

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 15

Page 16: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Frage 2:1 Monat nach Zustellung, also am 10.12. Zwar keine Rechtsbeschwerde zulässig, aber an sich statthaft.

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2012/2013, Gabriele Ey 16

Page 17: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

II. DURCHBRECHUNG DER RECHTSKRAFT

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2012/2013, Gabriele Ey 17

Page 18: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

1. ABÄNDERUNG NACH § 48

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2012/2013, Gabriele Ey 18

Page 19: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Regelungsgegenstände des § 48

§ 48 betrifft nur FG-Familiensachen (s. § 113) und regelt zwei Fälle: Abs. 1: Abänderung rechtskräftiger Entscheidung mit Dauerwirkung• Endentscheidung• formell rechtskräftig• Dauerwirkung• Nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage

– Str., ob objektiv vorliegende, aber dem Gericht und den Beteiligten trotz ordnungsgemäßer Ermittlung und Beteiligung nicht bekannte Tatsachen zur Abänderung berechtigten; h.M. wohl (-)

• Antrag bei Antragsverfahren erforderlich• Gebundene Entscheidung des Gerichts

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 19

Page 20: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Abs. 2 i.V.m. §§ 578 ff. ZPO: Wiederaufnahme des Verfahrens

• Beschränkung auf Nichtigkeits- und Restitutionsgründe• Schlüssige Behauptung des Wiederaufnahmegrundes

erforderlich• Prüfung des Antrags von Amts wegen• Antragsberechtigung nach § 59

Beachte Sonderregelungen zur Wiederaufnahme:§§ 118, 185, 197 III, 198 (Ausschluss), 264 (Ausschluss), 439 IV

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey

20

Page 21: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

2. Gehörsrüge

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 21

Page 22: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

§ 44 FamFG• FG-Familiensachen (in Ehe- und Familienstreitsachen

§§ 113 i.V.m. 321a ZPO)• Entscheidung (auch in Nebenverfahren, z.B. VKH, und

selbständigen Zwischenverfahren; gegen § 44 Abs. 1 S. 2?; auch in EA-Verfahren)

• Unanfechtbarkeit der Entscheidung• Gehörsverletzung• Entscheidungserheblichkeit• Beschwer i.S.d. § 59• Frist ab positiver Kenntnis• Kein Rechtsmittel

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 22

Page 23: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

3. WIEDEREINSETZUNG

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 23

Page 24: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

§ 17 FamFG • FG-Familiensachen (in Ehe- und Familienstreitsachen

§§ 113 I i.V.m. § 233 ZPO)• Zweck: Ausgleich zwischen allgemeinem Interesse an

Rechtssicherheit und individuellem Interesse des Beteiligten auf rechtliches Gehör und effektiven Rechtsschutz

• Versäumung gesetzlicher Frist• Wiedereinsetzungsgrund– Hindernis– Fehlendes Verschulden– Ursachenzusammenhang

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 24

Page 25: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

4. ABÄNDERUNG VON UNTERHALTSTITELN

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 25

Page 26: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

A. ABÄNDERUNG VON GERICHTLICHEN ENTSCHEIDUNGEN,

§ 238 FAMFG

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 26

Page 27: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

1. Normzweck des § 238

• Spezialregelung für Endentscheidungen– in der Hauptsache (nicht eA)– in Unterhaltssachen, die eine Verpflichtung zu zukünftig fällig werdenden

wiederkehrenden Leistungen enthält

• Ziel: Berücksichtigung unvorhersehbarer Veränderungen der maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse– Rechtskraft erfasst auch die auf der richterlichen Prognose beruhenden

künftigen Entwicklung, Geltendmachung einer davon abweichenden zukünftigen Entwicklung zielt daher auf Durchbrechung der Rechtskraft ab durch Anpassung an die stets wandelbaren Verhältnisse.

– Bei Abweisung des Antrags auf Grund der gegenwärtigen Verhältnisse keine Prognoseentscheidung, also keine in die Zukunft reichende Rechtskraftwirkung. Daher bei Veränderung der Verhältnisse neue Leistungsklage und keine Abänderungsklage (BGHZ 82, 246, 251 = FamRZ 1982, 259). Anders bei Abweisung durch Abänderungsbeschluss (BGH FamRZ 2007,983).

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 27

Page 28: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

• Dogmatische Einordnung: Verfahrensrechtlicher Anwendungsfall der clausula rebus sic stantibus (Bestimmung der gleich bleibenden Umstände; Klausel über die gleich bleibenden Umstände)

- vgl. § 313 BGB, §§ 38 Abs. 3, 60 VwVfG, § 59 SGB X, Art. 62 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge (WÜV) von 1969

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 28

Page 29: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

2. Abgrenzung zu anderen Rechtsschutzmöglichkeiten:

– § 48 ist für künftig fällig werdende Unterhaltsleistungen nicht anwendbar (§ 113)

– § 767 ZPO i.V.m. § 120 Abs. 1 FamFG: keine Wahlmöglichkeit, im Zweifelsfall aus anwaltlicher Sicht echten Hilfsantrag stellen • Beispiel: Vollstreckung nachehelichen Unterhalts aus

Trennungsunterhaltstitel; Trennungs- und Familienunterhalt; nicht aber Minderjährigenunterhalt nach Eintritt der Volljährigkeit (dort Abänderung)• Beispiele: Verzicht, Verwirkung, zeitliche Begrenzung

(Abgrenzung schwierig)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 29

Page 30: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

3. Antragsfassung

– Negativer Feststellungsantrag : keinen Unterhalt mehr zu schulden;

– bei Herabsetzung: Abänderungsantrag– Neuer Leistungsantrag (Nachforderung):• Wenn im ersten Verfahren Unterhalt abgelehnt wurde• Anderer Verfahrensgegenstand (Trennungs- und

nachehelicher Unterhalt; Teilantrag im ersten Verfahren)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 30

Page 31: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

4. Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen

• Identität des Verfahrensgegenstandes• Identität der Beteiligten oder ihrer Rechtsnachfolger (z.B. § 94

I 1 SGB XII, § 7 I 1 UVorschG); bei gesetzlicher Verfahrensstandschaft nach § 1629 III 1 BGB wirkt Titel nach § 1629 III 2 BGB auch für und gegen das Kind (ggfs. Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes)

• Vortrag wesentlicher Veränderung der Verhältnisse• Rechtsschutzbedürfnis (entfällt erst bei Rückgabe des Titels

oder Erklärung, ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr zu vollstrecken, wenn er den Titel noch braucht)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey

31

Page 32: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

5. Begründetheit des Antrags

a) Wesentliche Veränderung der Verhältnisse:• Gegenstand: die der Endentscheidung zugrunde liegenden

Verhältnisse • Veränderung:

– Tatsächliche Verhältnisse– Rechtliche Verhältnisse

• Gesetzesänderung• Entscheidungen BVerfG• Düsseldorfer Tabelle• Höchstrichterliche Rechtsprechung

• Wesentlichkeit der Veränderung (Anhaltspunkt: 10%)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 32

Page 33: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

b) Besondere Präklusion (Abs. 2):• Zweck: Schutz der (materiellen) Rechtskraft• Schluss der Tatsachenverhandlung

(bei Beschwerderücknahme: Tatsachenverhandlung in erster Instanz)

• Ausschluss nachträglicher Veränderungen, wenn sie Gegenstand der Prognoseentscheidungen gewesen sind (z.B. §§ 1579, 1578b), vgl. BGH FamRZ 2004, 1357

• Billigkeitskorrekturen (z.B. § 308 ZPO, Vorsorgebedarf)• Nur Präklusion für den Antragsteller („Der Antrag kann nur

…“)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 33

Page 34: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

c. Anpassung unter Wahrung der Grundlagen (Abs. 4)

• Rechtliche Bindung an die frühere Entscheidung– hinsichtlich der Tatsachen– hinsichtlich der Rechtsfragen

• Berücksichtigung der Veränderungen

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 34

Page 35: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

d. Zeitpunkt der Abänderung (Abs. 3)

• S. 1 Grundsatz: ab Rechtshängigkeit• S. 2: Bei Erhöhung rückwirkend, wenn Anspruch auf

Unterhalt für Vergangenheit besteht, also grds. ab Auskunftsbegehren oder Verzug (§§ 1613 I 1, 1360a II, 1361 IV 4, 1585b II, 1615l III 1), bei Sonderbedarf unbeschränkt

• S. 3, 4: Bei Herabsetzung rückwirkend ab 1. des auf das Auskunfts- oder Verzichtsverlangen folgenden Monats, maximal 1 Jahr vor Rechtshängigkeit

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 35

Page 36: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

B. Abänderung von Vergleichen und vollstreckbaren Urkunden

§ 239 FamFG

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 36

Page 37: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

1. Vergleiche und vollstreckbare Urkunden

1. Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO2. Vollstreckbare Urkunden

a. nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO (Definition)b. andere vollstreckbare Urkunden (z.B. solche, die

nicht auf einer Vereinbarung der Beteiligten beruhen, z.B. Jugendamtsurkunden nach §§ 59 I 1 Nr. 3, 60 1 SGB VIII)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 37

Page 38: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

2. Zulässigkeit des Abänderungsantrags

a. Beteiligte: Vollstreckungsschuldner und –gläubiger

b. Vortrag veränderter Tatsachen ohne Präklusion nach § 238 II Darstellung der Vergleichsgrundlagen Darstellung der derzeitigen Verhältnisse, aus

denen sich die wesentliche Veränderung ergeben soll

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 38

Page 39: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

3. Begründetheit des Abänderungsantrags (Abs. 2)

a. Parteiwilleb. Grundsätze der Störung der GGc. Darlegungs- und Beweislastd. Umfang der Abänderung

Grundsatz: Anpassung nach Parteiwillen Ausnahme: Neufestsetzung bei tiefgreifenden

Veränderungen oder Nichtfeststellbarkeit der Grundlagen

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 39

Page 40: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

4. Rückwirkende Abänderunga. Keine Beschränkung auf Zeit nach

Rechtshängigkeitb. Grundsätze der Störung der GGc. Darlegungs- und Beweislastd. Umfang der Abänderung

Grundsatz: Anpassung nach Parteiwillen Ausnahme: Neufestsetzung bei tiefgreifenden

Veränderungen oder Nichtfeststellbarkeit der Grundlagen

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 40

Page 41: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

5. Abänderungsentscheidung

Richterlicher Gestaltungsakta. materiell-rechtlicher Anspruch aus § 313 auf

Zustimmung des anderen zur Vertragsanpassungb. Bei Erhöhung auch Leistungsantrag auf

Erhöhungsbetrag möglich oder Abänderungsklagec. Beschlussformel: In Abänderung des (näher

bezeichneten) Vergleichs wird der Antragsgegner verpflichtet, an den Antragsteller ab … einen monatlich im Voraus zu zahlenden Unterhalt von …. zu zahlen.

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 41

Page 42: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

C. § 240 ABÄNDERUNG VON UNTERHALTSTITELN BEI FESTSTELLUNG DER VATERSCHAFT (§ 237) ODER IM VEREINFACHTEN VERFAHREN (§ 253)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 42

Page 43: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

1. Rechtskräftige Endentscheidungen nach §§ 237 und 253

a. § 237 III Titulierung des Mindestunterhalts (100%) gem. § 1612a BGB bei Feststellung der Vaterschaft

b. Festsetzung des Unterhalts nach § 257 im vereinfachten Unterhaltsverfahren nach §§ 249 ff. (maximal 120 % des Mindestkindesunterhalts nach § 1612a BGB)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 43

Page 44: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

2. Zulässigkeit des Abänderungsantrags

a. Antragsberechtigt jeder Teil

b. Keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen, insbesondere keine wesentliche Veränderung erforderlich

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 44

Page 45: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

3. Begründetheit des Abänderungsantrags

a. Neufestsetzung ohne Bindung an bisherigen Titelb. Darlegungs- und Beweislast wie im Erstverfahren

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 45

Page 46: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

4. Umfang der Abänderung

a. Herabsetzung (Abs. 2): Innerhalb eines Monats nach Rechtskraft auch für Zeiten

vor Rechtshängigkeit möglich, längstens 1 Jahr Danach: ab Rechtshängigkeit, es sei denn, der andere hat

Antrag auf Erhöhung gestellt (S. 2) oder ein Auskunfts- oder Verzichtsverlangen ist gestellt (S. 3)

b. Erhöhung:Keine Einschränkung in § 240, also auch vor Rechtshängigkeit des Abänderungsverlangens zulässig, soweit die materiell-rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind (§§ 1360a III, 1361 IV 4, 1585b, 1613, 1615l III 1 BGB)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 46

Page 47: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Teil 13

Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 47

Page 48: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

I. ALLGEMEINES

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 48

Page 49: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Rechtsmittel des FamFG Betreuungs- und UnterbringungssachenFreiheitsentziehungssachen

Amtsgericht § 23a II Nr. 1, 6 GVG

Landgericht § 72 GVG

Bundesgerichtshof § 133 GVG

Sonstige FamFG-Sachen

Amtsgericht § 23a II Nr. 2-5, 7-11GVG

Oberlandesgericht § 119 GVG

Bundesgerichtshof § 133 GVG

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2012/2013, Gabriele Ey 49

Page 50: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Rechtsmittel des FamFG

Befristete Beschwerde

gegenEndentscheidungen in allen Familiensachen

Sofortige Beschwerde

gegen Neben- und Zwischenentscheidungen

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2012/2013, Gabriele Ey 50

Page 51: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

1. Endentscheidungen

• Einführung eines einheitlichen Hauptsacherechtsmittels in Familiensachen durch das FamFG unter Einbeziehung der Ehe- und Familienstreitsachen: Befristete Beschwerde

• § 58 FamFG gilt für alle im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen (Funktion der Berufung in anderen Verfahrensordnungen)

• Sonderregelungen für Ehe- und Familienstreitsachen in § 117 mit entsprechender Anwendung einzelner Berufungsvorschriften nach ZPO

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 51

Page 52: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

2. Zwischen- und Nebenentscheidungen

Sofortige Beschwerde entsprechend §§ 567 – 572 ZPO zulässig,

sofern das Gesetz die Anfechtbarkeit ausdrücklich bestimmt, sonst ggfs. nur mit Endentscheidung anfechtbar

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 52

Page 53: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

II. BEFRISTETE BESCHWERDE GEGEN ENDENTSCHEIDUNGEN NACH § 58

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 53

Page 54: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Prüfungsschema1. Statthaftigkeit2. Beschwerdeberechtigung, § 593. Beschwerdeberechtigung Minderjähriger, § 604. Beschwerdewert; Zulassungsbeschwerde, § 615. Statthaftigkeit der Beschwerde nach Erledigung der Hauptsache, § 626. Beschwerdefrist, § 637. Einlegung der Beschwerde, § 648. Beschwerdebegründung, § 659. Anschlussbeschwerde, § 6610. Verzicht auf die und Rücknahme der Beschwerde, § 6711. Gang des Beschwerdeverfahrens, § 6812. Beschwerdeentscheidung, § 6913. Rechtsbeschwerde, § 70

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2012/2013, Gabriele Ey 54

Page 55: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

1. Statthaftigkeit

a) Endentscheidungen§ 58 I:• Im ersten Rechtszug ergangene Endentscheidungen• in Angelegenheiten nach dem FamFG , • sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt wird

b) Zwischen- und Nebenentscheidungen§ 58 II:• Inzidenter Überprüfung• nicht selbstständig anfechtbarer Entscheidungen,• die der Endentscheidung vorausgegangen sind

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 55

Page 56: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

a) Endentscheidungen

Legaldefinition in § 38 Abs. 1: Beschluss, mit dem der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird. Erledigungswirkung in Bezug auf den Verfahrensgegenstand

(z.B. auch einstweilige Anordnung) Voll- oder Teilentscheidung Sach- oder Verfahrensentscheidung

Familiengerichtliches Verfahren, Universität. Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 56

Page 57: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

(1) in Angelegenheiten des FamFG

Entscheidung muss Verfahren betreffen, die unter den Geltungsbereich des FamFG fallen,

Hier: alle Endentscheidungen in Familiensachen z.B. auch Festsetzung der Vergütungsansprüche des Verfahrensbeistandes nach § 158 Abs. 7 S. 3, BGH, Beschl. v. 19.1.2011 – XII ZB 400/10

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 57

Page 58: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

(2) Keine andere gesetzliche Bestimmung

• Gesetzesbegründung enthält keine Erläuterungen• Haußleiter: z.B. § 3 III 1, § 19 II FamFG (sind aber

keine Endentscheidungen)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 58

Page 59: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

b) Zwischen- und Nebenentscheidungen

Zwischen- und Nebenentscheidungen sind nicht instanzbeendende BeschlüsseAnlehnung an § 512 ZPO

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 59

Page 60: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

(1) nicht selbstständig anfechtbar

Grundsatz: Neben- und Zwischenentscheidungen sind grundsätzlich nicht selbstständig anfechtbar (z.B. Beweisbeschlüsse, Verbindungs- und Trennungsbeschlüsse)

Ausnahmen z.B.:• § 6 II: Ablehnung von Gerichtspersonen• § 7 V 2: Zurückweisung des Antrags auf Hinzuziehung als

Beteiligter• § 21 II: Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens• § 76: Ablehnung von VKH

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 60

Page 61: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

(2) Anfechtbarkeit nicht ausgeschlossen

Ist die Anfechtbarkeit von Zwischen- oder Nebenentscheidungen ausgeschlossen (z.B. § 3 III 1, § 19 II FamFG), so können sie auch nicht zusammen mit der Endentscheidung überprüft werden. Sonst erfolgt eine Überprüfung im Rahmen der Endentscheidung

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 61

Page 62: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

(3) Anfechtbarkeit in Ehe- und Familienstreitsachen

Kein genereller Verweis in § 113 Abs. 1 S. 2 auf die §§ 567 ff. ZPO (str.)z.B. Ablehnung einer Protokollierung:Die Zurückweisung eines das Verfahren betreffenden Gesuches, welche keiner mündlichen Verhandlung bedarf, unterliegt in Ehe- und Familienstreitsachen nicht der Anfechtung mittels der (sofortigen) Beschwerde (OLG Frankfurt, Beschluss vom 12. Dezember 2012 – 4 WF 183/12 –, juris,= FamRZ 2013, 1672).

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2012/2013, Gabriele Ey 62

Page 63: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

2. Beschwerdeberechtigung, § 59

• Abs. 1: Grundsätzlich materielle Beschwer (Rechtsbeeinträchtigung)

• Abs. 2: Im Antragsverfahren auch formelle Beschwer nötig

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 63

Page 64: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

3. Beschwerderecht Minderjähriger, § 60

• § 60 als Sondernorm: Selbständiges Beschwerderecht des

Minderjährigen über 14 Jahre in besonders wichtigen Angelegenheiten (so Gesetzesbegründung)

Richtiger wohl: Beschwerdeführungsbefugnis, Verfahrensfähigkeit = wirksame Einlegung der Beschwerde

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 64

Page 65: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

4. Beschwerdewert, Zulassungsbeschwerde, § 61

• Abs. 1: mehr als 600 € in vermögensrechtlichen Angelegenheiten

oder• Abs. 2: Zulassung durch Gericht des ersten

Rechtzugs mit Bindungswirkung für Beschwerdegericht

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 65

Page 66: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

5. Statthaftigkeit der Beschwerde nach Erledigung der Hauptsache, § 62

Feststellung der Rechtsverletzung durch die angefochtene Entscheidung bei berechtigtem InteresseVoraussetzungen:1. Feststellungsinteresse (vgl. Abs. 2: schwerwiegender

Grundrechtseingriff [Zwangsmaßnahmen, Untersuchungen, Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht, allgemeine Handlungsfreiheit bei Unterbringung, Freiheitsentziehung; nicht: nur wirtschaftliche Beeinträchtigung] oder konkrete Wiederholungsgefahr)

2. Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 66

Page 67: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

6. Beschwerdefrist, § 63

Abs. 1: Grundsatz: 1 MonatAbs. 2: Ausnahmen: 2 Wochen

1. einstweilige Anordnung2. Genehmigung eines Rechtsgeschäfts (z.B. Anerkennung

der Vaterschaft nach § 1596 I 3 BGB, Rechtsgeschäfte für und Überlassung von Vermögensgegenständen an das Kind, §§ 1643, 1644, Betrieb eines Erwerbsgeschäfts nach § 112)

:

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 67

Page 68: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

7. Einlegung der Beschwerde, § 64

Abs. 1: Einlegung beim Ausgangsgericht (judex a quo), auch für VKH-Gesuch für eine beabsichtigte Beschwerde Abs. 2 S. 1 u. 2: Form der Beschwerdeeinlegung

Einreichung einer Beschwerdeschrift Übermittlung eines elektronischen Dokuments unter den

Voraussetzungen des § 14 Erklärung zur Niederschrift der Geschäftsstelle bei

persönlicher Anwesenheit des Beschwerdeführers (nicht möglich in Ehe- und Familienstreitsachen, Abs. 2 S. 2)

Abs. 2 S. 3 u. 4: notwendiger Inhalt und Unterschrift

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 68

Page 69: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

8. Beschwerdebegründung, § 65Abs. 1: Sollvorschrift [gilt nicht in Ehe- und Familienstreitsachen (§ 117)]; dient der Verfahrensförderung, soll aber nicht zur Verwerfung des Rechtsmittels führenAbs. 2 : Einräumung einer Begründungsfrist: Beschleunigung und Transparenz für die Verfahrensbeteiligten, keine PräklusionAbs. 3: Zulassung neuer Tatsachen und Beweismittel [gilt nicht in Ehe- und Familiensachen, dort Zurückweisung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln, § 115: Bei Verzögerung und grober Nachlässigkeit]Abs. 4: keine Überprüfung der erstinstanzlichen Zuständigkeit (auch nicht der funktionellen Zuständigkeit) durch das Beschwerdegericht [anders: internationale Zuständigkeit]; Grund: Entlastung der Gerichte von rein prozessualen Streitigkeiten Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn,

WS 2014/2015, Gabriele Ey 69

Page 70: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

9. Anschlussbeschwerde, § 66

• Allgemeine Regelung für das Beschwerdeverfahren in FamFG-Verfahren: Jeder Beteiligte (nicht nur der Beschwerdeberechtigte!)

kann sich der wirksam eingelegten Beschwerde des Beschwerdeführers anschließen

Auch wenn er auf Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist abgelaufen ist, und zwar

Unbefristet, also bis Erlass der Entscheidung des Beschwerdegerichts

Vom Bestand der Beschwerde abhängig (unselbstständige Anschlussbeschwerde)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 70

Page 71: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

• Für Ehe- und Familiensachen: §§ 117 II 1 i.V.m. § 524 II S. 2, 3 ZPO:

• Zulässig nur bis zum Ablauf der gesetzten Frist zur Beschwerdeerwiderung, es sei denn, die Anschließung hat eine Verpflichtung zu künftig fälligen, wiederkehrenden Leistungen zum Inhalt

• Für Verbundentscheidungen: § 145 nur noch 1 Monat ab Zustellung der Beschwerdebegründung bzw. Beschwerde bei begründungsfreien Rechtsmitteln

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2012/2013, Gabriele Ey 71

Page 72: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

10. Verzicht auf die und Rücknahme der Beschwerde, § 67

Abs. 1: Der Verzicht auf die Beschwerde nach Bekanntgabe des Beschlusses durch Erklärung gegenüber dem Gericht hat die Unzulässigkeit des Rechtsmittels zur Folge.Gesetzesbegründung BT-Drs. 16/6308 S. 207 : wirksamer Verzicht soll sowohl vor als auch nach Bekanntgabe möglich sein. Passte für Referentenentwurf, nicht aber Regierungsentwurf; streitig.Abs. 2 : Der nach Einlegung der Beschwerde erklärte Verzicht auf die Anschlussbeschwerde hat die Unzulässigkeit der Anschlussbeschwerde zur Folge.

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 72

Page 73: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Sonderregelung in Ehesachen in § 144: Verzicht auf Anschlussbeschwerde vor Einlegung der Beschwerde möglichAbs. 3: Verzicht gegenüber einem anderen Beteiligten als prozessuale EinredeAbs. 4: Rücknahme bis zum Erlass der Beschwerdeentscheidung möglich.

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2012/2013, Gabriele Ey 73

Page 74: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

11. Gang des Beschwerdeverfahrens, § 68Abs. 1 S. 2: Keine Abhilfe durch Ausgangsgericht gegen Endentscheidungen in Familiensachen!Abs. 2 : Prüfung der Zulässigkeit durch das Beschwerdegericht; bei Unzulässigkeit Verwerfung als unzulässigAbs. 3 :

S. 1: Grundsatz: Verfahren wie erste InstanzS. 2: Absehen von mündlicher Verhandlung und einzelnen Verfahrenshandlungen, wenn zusätzliche Erkenntnisse hiervon nicht zu erwarten sind (Rspr. des EGMR zu Art. 6 EMRK beachten)Beachte: Hinweispflicht in Ehe- und Familienstreitsachen (§ 117 III).

Abs. 4: Übertragung auf den Einzelrichter (in der Praxis ganz selten)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 74

Page 75: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

12. Beschwerdeentscheidung, § 69

Abs. 1 S. 1: Entscheidung des Beschwerdegerichts über den Gegenstand der Entscheidung• Bindung an den bestimmten Verfahrensgegenstand

– Z.B. : Bei Entscheidung über Umgang darf nicht über Sorgerecht entschieden werden, allerdings Umgangspflegschaft (Teileingriff in die elterliche Sorge) angeordnet werden, BVerfG, Beschl. v. 30.8.2005 – 1 BvR 1895/03, NJW-RR 2006, 1)

• Bindung an Antrag im Antragsverfahren (für Ehe- und Familienstreitsachen nach § 117 II 1, § 528 ZPO

• Keine Bindung an Anträge in Amtsverfahren• Verschlechterungsverbot (reformatio in peius) in

Antragsverfahren, nicht in AmtsverfahrenFamiliengerichtliches Verfahren, Universität Bonn,

WS 2014/2015, Gabriele Ey 75

Page 76: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

Abs. 1 S. 2 und 3: Aufhebung und Zurückverweisung, in Ehe- und Familienstreitsachen § 117 II 1, § 538 II ZPO.Abs. 2 : BegründungszwangAbs. 3: Verweis auf §§ 38 bis 45

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2012/2013, Gabriele Ey 76

Page 77: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

III. RECHTSBESCHWERDE NACH § 70

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 77

Page 78: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

1. Ziele der Neuregelung der §§ 70 ff.

• Einheitliche Regelung für Familiensachen und Nicht-Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit

• Vorbild: Rechtsbeschwerde nach §§ 574 ff. ZPO in Anlehnung an die Zulassung der Revision in § 543 ZPO

• Grundsatz: Zulassung durch Beschwerdegericht erforderlich• Konzentration der Rechtsbeschwerden beim BGH• Sicherung zügiger höchstrichterlicher Entscheidungen von

Grundsatzfragen• Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 78

Page 79: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

2. Voraussetzungen der Zulassung, § 70

1. Entscheidungserheblichkeit2. Zulassungsgründe:

a. Grundsätzliche Bedeutungb. Fortbildung des Rechtsc. Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung

3. Bindung des BGH an Zulassung4. Zulassungsfreie Rechtsbeschwerde in Betreuungs-,

Unterbringungs- (auch § 151 Nr. 6 und 7) und Freiheitsentziehungssachen

5. In Ehe- und Familienstreitsachen auch bei Verwerfung der Beschwerde als unzulässig (§ 117 II 3 FamFG, § 522 I 4 ZPO)

6. Keine Rechtsbeschwerde in eA-Verfahren 7. Keine Nichtzulassungsbeschwerde

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 79

Page 80: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

3. Einlegung der Rechtsbeschwerde, §§ 71 f.

1. Einlegung und Begründung binnen eines Monats nach schriftlicher Bekanntgabe des Beschlusses

2. Einreichung beim Rechtsbeschwerdegericht

3. Form und Inhalt der Rechtsbeschwerdeschrift

4. Anwaltszwang (§ 10 IV 1, § 114 II)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 80

Page 81: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

4 . Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, §§ 74, 74a1. Prüfung der Zulässigkeit2. Prüfung der Begründetheit

a. Mangelnde Entscheidungserheblichkeit der Rechtsverletzung, Abs. 2b. Bindung an Anträge, Abs. 3 S. 1c. Keine Bindung an Sachrügen, Abs. 3 S. 2d. Beschränkte Prüfung von Verfahrensmängeln. Abs. 3 S. 3e. Beschränkte Prüfung tatsächlicher Feststellungen, Abs. 3 S. 4, § 559

ZPO3. Entscheidung

a. Verwerfung bei Unzulässigkeitb. Zurückweisung ohne mündliche Verhandlung bei Fehlen der

Zulassungsvoraussetzungen, § 74ac. Zurückweisung bei Unbegründetheitd. Aufhebung des angefochtenen Beschlussese. Eigene Sachentscheidung oder Zurückverweisung

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey

81

Page 82: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

5. Sprungrechtsbeschwerde, § 75

Voraussetzungen:• Einwilligung der Beteiligten in die

Übergehung der Beschwerdeinstanz• Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde

durch das Rechtsbeschwerdegericht

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 82

Page 83: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

IV. SONSTIGE RECHTSBEHELFE

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 83

Page 84: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

1. Sofortige Beschwerde, §§ 567- 572 ZPO entsprechend

• Richtet sich gegen Zwischen- und Nebenentscheidungen

• Nur zulässig, wenn das Gesetz die Anfechtbarkeit ausdrücklich bestimmt, sonst ggfs. nur mit Endentscheidung anfechtbar

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 84

Page 85: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

a. Anwendbare Normen

• Verweis auf §§ 567 – 572 ZPO im FamFG (gesetzgeberische Form der Analogie)

• Daneben anwendbar §§ 58 ff. FamFG, wenn sie den Besonderheiten des FG-Verfahrens besser Rechnung tragen (z.B. §§ 60, 62)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 85

Page 86: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

b. Einzelfälle

• Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs, § 6 II• Ablehnung eines Antrags auf Hinzuziehung zum Verfahren, §

7 V 2• Aussetzung des Verfahrens, § 21 II• Verhängung eines Ordnungsmittels, § 33 III 5• Anordnung von Zwangsmaßnahmen, § 35 V• Berichtigungsbeschluss, § 42 III 2• Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren, § 87 IV• Entscheidungen im VKH-Verfahren, § 76 II i.V.m. § 127 II, III • Entscheidungen im Kostenfestsetzungsverfahren (§ 85

FamFG i.V.m. § 104 III 1 ZPO

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 86

Page 87: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

c. Verfahren der sofortigen Beschwerde1. Einlegung beim erstinstanzlichen Gericht oder beim

Beschwerdegericht (§ 569 I ZPO)a. in Verfahren mit Anwaltszwang durch Beschwerdeschrift (114)b. sonst auch durch Erklärung zu Protokoll (§ 569 ZPO)

2. innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung (§ 569 I ZPO)Beachte: Bei VKH-Beschwerden innerhalb eines Monats (§ 127 ZPO)

3. Beschwerde soll begründet werden (§ 571b ZPO)4. Abhilfemöglichkeit des Ausgangsgerichts (§ 572 ZPO)5. Entscheidung durch den originären Einzelrichter des

Beschwerdegerichts (§ 568 ZPO)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 87

Page 88: Teil 12 Rechtskraft und Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 1

2. Sonstige Rechtsbehelfe

• Befristete Beschwerde und sofortige Beschwerde sind Rechtsmittel, die eine Überprüfung durch eine weitere Instanz ermöglichen.

• Daneben ist auch eine Überprüfung in derselben Instanz und damit eine Selbstkorrektur durch die erste Instanz möglich (Rechtspflegererinnerung, Erinnerung entsprechend § 573 ZPO, Einspruch im Zwangsgeldverfahren (§ 388) , gegen eine Versäumnisentscheidung in Ehe- und Familienstreitsachen (§ 113 I 2 FamFG, 338 ZPO), Widerspruch gegen einen Arrest (§ 119 II 2 FamFG, § 924 I ZPO)

• Rechtsbehelfe besonderer Art (Wiederaufnahme, Wiedereinsetzung, Dienstaufsichtsbeschwerde)

Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn, WS 2014/2015, Gabriele Ey 88