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1 1 Otto v. Stritzky Thailand - Küstenfahrt 1995 Dieser Bericht war bisher enthalten in dem Buch Irland, Thailand, Utah/USA — vom Boot aus gesehen Er steht jetzt unentgeltlich zur Verfügung und bringt Ihnen hoffentlich beim Lesen einen Nutzen. Wie wäre es als Dank dafür mit einer Spende an die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger? Die finanziert aus- schließlich aus solchen Einnahmen die Hilfe für auf See in Gefahr geratene Menschen, auch für Kleinbootfahrer — vielleicht mal für Sie? Überweisung dann bitte an DGzRS, Konto Nr. 107 2016, BLZ 290 501 01, Sparkasse Bremen Und wenn Sie nach dem Lesen des Berichtes Fragen beantwortet haben möchten, dann schreiben Sie uns bitte Otto v. Stritzky und Marja de Pree Im Birkenfeld 13 A, 65779 Kelkheim-Eppenhain Tel / Fax 06198-8657, e-mail <[email protected]> Text und Bilder dieses Berichtes sind Eigentum des Autors bzw. seines Verlages. Sie dürfen ohne schriftliche Genehmigung nicht vervielfältigt oder in Publikationen über- nommen werden, sei es gedruckt oder mittels elektronischer Medien. Auch die Wei- terverbreitung auf andere Weise, sowie Übersetzungen, unterliegen den Bestimmun- gen des Urheberrechts und damit der Zustimmung des Autors / des Verlages.

Thailand - Küstenfahrt · 3 Bangkok H auptstadt des Landes: Ballungsraum für neun Millio-nen Menschen. In einem Land, dessen Bevölkerung sich etwa alle 40 Jahre verdoppelt. So

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Otto v. Stritzky

Thailand - Küstenfahrt

1995

Dieser Bericht war bisher enthalten in dem Buch

Irland, Thailand, Utah/USA — vom Boot aus gesehenEr steht jetzt unentgeltlich zur Verfügung und bringt Ihnen hoffentlichbeim Lesen einen Nutzen. Wie wäre es als Dank dafür mit einer Spende andie Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger? Die finanziert aus-schließlich aus solchen Einnahmen die Hilfe für auf See in Gefahr gerateneMenschen, auch für Kleinbootfahrer — vielleicht mal für Sie?

Überweisung dann bitte an

DGzRS, Konto Nr. 107 2016, BLZ 290 501 01, Sparkasse BremenUnd wenn Sie nach dem Lesen des Berichtes Fragen beantwortet habenmöchten, dann schreiben Sie uns bitte

Otto v. Stritzky und Marja de PreeIm Birkenfeld 13 A, 65779 Kelkheim-EppenhainTel / Fax 06198-8657, e-mail <[email protected]>

Text und Bilder dieses Berichtes sind Eigentum des Autors bzw. seines Verlages. Siedürfen ohne schriftliche Genehmigung nicht vervielfältigt oder in Publikationen über-nommen werden, sei es gedruckt oder mittels elektronischer Medien. Auch die Wei-terverbreitung auf andere Weise, sowie Übersetzungen, unterliegen den Bestimmun-gen des Urheberrechts und damit der Zustimmung des Autors / des Verlages.

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Bangkok

Hauptstadt des Landes: Ballungsraum für neun Millio-nen Menschen. In einem Land, dessen Bevölkerungsich etwa alle 40 Jahre verdoppelt. So finden wir unsbald nach dem Flug hoch über dem nahen Osten und

fernen Indien in einem Gewirr aus Menschen, Autos und Bus-sen. Ein Taxifahrer hatte am Flughafen unser Faltbootgepäcklächelnd akzeptiert, in seinem etwas klapprigen Vehikel ver-staut und recht erstaunt geschaut, als er statt dem Namen ei-nes der großen, bekannten Hotels hörte: Guest-House ChaoPhya in China Town. Per Fax vorausbestellt — umgerechnet nur16 Mark pro Nacht. Und direkt am Fluss gelegen. Gut?

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S ehr gut. Einfach, aber sauber. Undnette Leute — Chinesen. „Unser Kö-nig hält sie für einen wichtigen Teilunserer Bevölkerung“, hatte der Ta-

xifahrer erzählt. Das Bild eben dieses Königsklebte auf dem Steuerrad des Autos, gleichneben dem eines heiligen Mannes in der oran-gefarbenen Robe der Mönche. „Ich habe einmalmehrere Monate im Kloster gelebt“, er deute-te auf das Bild, „und unser König auch. Das istso hier bei uns in Thailand.“Mönche, die sich mit Schalen in der Hand ihreNahrung für den Tag zusammenbetteln, sehenwir am nächsten frühen Morgen. Ihnen etwaszu geben ist, den Glaubensinhalten der budd-

histischen Lehre nach, eine gute Tat. Eine vondenen, durch die man nach der Wiedergeburtin eine bessere Ausgangsposition gelangt. Undwir begegnen den Mönchen nun beim Besuchihrer Klöster. Dort, wo Touristenströme anihnen vorbeiziehen. Was mögen sie über dieoffensichtlich reichen, denn wie sonst könntensie hierher fliegen, Europäer denken, die daschwitzend und fotografierend herumlaufen?

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K löster und andere Se-henswürdigkeiten sindeinfach und billig mitdem Wasserbus zu er-

reichen. Auf dem Chao Praya,dem Königsfluß — schnelle, meistsehr volle Schiffchen. Wer aneiner der Ponton-Haltestellenaussteigen will, der muß behendeund fix sein.

Also gut festhalten unddann springen - viel Zeitgibt der Kapitän seinen Passagieren nicht.Auch beim Einsteigen kaum. Wer es nicht schafft,der muss warten. Nur Mönche, die kommen immermit. Wie sie es machen an Bord mit keiner weiblichenPerson eine Berührung zu haben? Damit verstießensie gegen die Regeln. Also bleibt die mögliche Ver-führung auf Distanz.

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B auarbeiter in einer kleinen Straße.Ihnen läuft ein Karren aus demRuder und holpert über meinenFuß. Erschrocken stoppen sie und

sehen nach dem möglichen Schaden. Dann -und das ersetzt sprachliche Verständi-gung - klopfen sie mir auf die Schulter:Sorry, tut uns leid - bist gut im Nehmen...Als wir mittags auf einer Bank sitzen um ei-nen Happen zu essen, kommt aus der nahegelegenen Wachstube ein Polizist und bietet

einen Becher mit Eiswas-ser an. Würde so etwasbei uns passieren?Nett - auch die Frauenauf dem Markt. Nun,Markt ist eigentlich über-all in den Straßen Bang-koks. Sie haben schwerzu tragen um mit ihrerWare stets dort zu sein,wo Käufer sind. Fröhlichlachend und mit geübtenGriffen sorgen sie dafür,dass die Frucht sauberund hygienisch übergebenwird. Sogar die Prostitu-ierten in den beiden erstabends dem Vergnügengeöffneten Straßen sind,zum Teil jedenfalls, das,

was wir dezent nennen. Zu Scherzen aufge-legt, als wären sie wirklich zur Unterhaltungdes Gastes und nicht zum Geldverdienen da.Bessere Menschen hier als bei uns? Die Er-nüchterung kommt im nahen Geschäft: Ur-plötzlich fliegt dort mein Portemonnaiedurch die Luft und u.a. die kurz zuvor ge-kauften Bahntickets sind weg. Zum lebhaf-ten Bedauern der umstehenden Thais. Unterihnen die mit ihrem geschickten Trick wie-der mal erfolgreichen Gauner.

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F a sz in i erendder Betriebauf dem Was-ser. Schöne

alte Holzschiffe undkleine Fähren, die denFluss kreuzen. Schnellund laut die Longtail-Boote. Die heißen so,weil ihr sich drehenderPropeller an einer sehrlangen Achse weit nach

achtern hinter das Boot ragt: wie ein lan-ger Schwanz. Er ist zugleich Steuer, wennihn der Bootsmann mitsamt dem schwerenAutomotor schwenkt und so die Fahrtrich-tung bestimmt. Erst mit der gegen 18 Uhrhereinfallenden Dunkelheit verebbt dermanchmal nervende Lärm auf dem Königs-fluss. Zu der Zeit sitzen wir am Wasserund essen: Nach einer Thai-Suppe dasHuhn in Kokoscreme, scharf gewürzt, mitweißem Reis. Als Nachtisch frische Ana-nas. Um dann in unserem Raum, eine Trep-pe hoch, ruhig zu schlafen. Unten füllt dievom nahen Meer her ansteigende Flut der-weil die Klos. Womit sich wohl der dortnoch niedrigere Zimmerpreis erklärt.

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Besichtigung der Wats, der Tempel.Viele Touristengruppen, Japanerund auch eine deutsche. Als derenFührer, ein Chinese, mittags vor

einer verschlossenen Tür steht, da sagter: „Macht nichts - schlagen sie Seite 8 inihrem Plospekt auf und sie können sehen wasdlinnen ist im Haus.“ Die einfachste Problem-lösung - das R übrigens bleibt fürihn, wie für viele Südost-Asiaten, einL. Wenig später sitzen wir auf einerniedrigen Mauer nahe der Einfahrtzum Königlichen Palast, lesen imPlospekt. Ein Polizist scheucht unsund auch andere Besucher weg, ste-hen statt sitzen verlangt er, zweiMeter Abstand zum Asphalt.

Auf dem rollen kurz darauf drei Mercedes-Limousinen unter Polizei-Eskorte aus demGelände, die Prinzessin nebst Gefolge. „DasKönigshaus ist sehr beliebt hier“, hörenwir, „es hat zwar offiziell keinen Einfluss,tatsächlich ist der aber erheblich. So gehenviele soziale Errungenschaften auf unsereMonarchie zurück.“

Im Tempel des Eme-rald Buddha, dieserganz aus Jade gefer-tigt, muss man sitzen,darf nicht stehen.Und darf wohl auchnicht fotografieren.Jedenfalls versuchtein Aufseher mir dieKamera wegzunehmen.Nur energischer Wi-derstand dagegen

hilft. Kurz darauf kommt,während wir die draußenabgelegten Schuhe wiederanziehen, ein junger Thai zuuns und entschuldigt sichfür das rüde Verhalten desAufsehers. Würden wir dasbei uns in einer vergleich-baren Situation, wenn Aus-länder etwas falsch ge-macht haben, tun?

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D ie Luft in Bangkoks Stra-ßen ist schlecht. Schonmittags liegt blauerDunst zwischen den Häu-

serschluchten — Polizisten undteilweise auch die Fahrer der Tuk-Tuks, der offenen Dreiräder, tra-gen Atemschutztücher. Andereaber inhalieren zusätzlich denRauch ihrer Zigaretten. Besser istda die Fahrt mit dem River-Taxi.Aber: Eine Welle klatscht hoch,duscht kräftig Kassiererin undPassagiere. Erfolg: Gelächter.Hätte es bei uns nicht Beschwerden undSchadensersatzansprüche gegeben? Andersauch die Suche nach Informationen zu den

Paddel-Möglichkeiten im Inland. Zum TouristOffice? Niemand dort weiß etwas, niemandim Ministerium, dem wir geschrieben aber

keine Antwort bekommen hatten. Ob unserBrief dort noch unter den Bergen ungelese-ner Papiere auf den Schreibtischen liegt?Hinter denen tauchen die Köpfe lustigerjunger Thai-Sekretärinnen auf, Kichern,verstohlenes Winken. Wir bekommen Teeserviert und eine Weiter-Empfehlung zumHarbour Office, zum Hafenkapitän. Derschließlich weiß gut, welcher Fluss zu die-ser Jahreszeit noch genügend Wasser ha-ben wird. Womit der zweite Teil unsererFahrt geplant ist. Der erste sollte uns zu-vor an die Küste bringen. Freunde warendort schon mal gepaddelt.

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Mönche am Ufer —. ihre zeitweise Selbst-verpflichtung zum Leben im Kloster trägt,so sagte uns jemand, zur Verminderung derArbeitslosigkeit im Land bei. Nicht weitvon ihnen paddelt eine Frau auf dem Fluss,mit Waren zum Markt. Wie sie wollen nunauch wir aufs Wasser - vier Tage Groß-stadt sind genug, so interessant die auchsein mag. Also chartern wir ein Tuk-Tuk,verladen Faltboot & Co nebst vier langenBeinen, und fahren zum Bahnhof.

Wohin genau wird sich nach Ankunft im Zielbahnhofergeben. Die Ersatz-Fahrkarten für die gestohlenenhaben wir besorgt: Aus der Landeswährung Baht um-gerechnet kosten sie rund DM 150 — für 2 Personenim Schlafwagen 1. Klasse während 12 Stunden Fahrtbis Thung Song plus Anschluss nach Trang: Warumist unser Geld hier so viel mehr wert?

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Langsam rollt der Zug durch elende Slum-Viertel derStadt — Wellblechhütten und Holzbretterbuden.Kleidung hängt draußen auf Leinen, mehr Menschenals Raum in den Verschlägen. Plastikplanen liegen überDächern um Löcher abzudecken. Und wir im Luxusder 1. Klasse. Doch groß ist der nicht. Gewählt habenwir ihn, um das Faltboot mit im Abteil haben zu kön-nen. Das geht. Die Räder unter uns jedoch holpernund stolpern über uraltes Schienenwerk. Mit Schla-fen wird es nicht viel bei dieser Mischung aus Ach-terbahn und Kopfsteinpflaster. Dazu jault die Belüf-tung, bläst elend kalten Wind nebst weniger gutenGerüchen ins enge Abteil. Rechtzeitig aufzuwachenist damit kein Thema. Den Schlaf nachholen könnenwir dann später auf Holzbänken draußen während desWartens auf unseren Anschlusszug in Thung Song:Frische Nachtluft und Ruhe.

Küstenfahrt

Morgens in Trang. Mieten ein Song Tao, einenKleinlaster mit tao = zwei Sitzbänken, für dieFahrt zur Küste. Der Fahrer strahlt: Endlichmal wieder Arbeit. Baustellen, neue Ressortsfür Pauschal-Touristen. An einer füllen wirunsere Wassersäcke, unweit einer anderenendet die Straße. Mitten in einem Lager derPfadfinder, die hier morgen, am 27. Januar,beim Mondwechsel das buddhistische Neu-

jahrsfest feiern wollen. Ihre Zeitrechnungläuft in Thailand neben unserer. Nach ihr sindwir jetzt, mit 544 Jahren Unterschied, imJahr 2538. Ältere Leute als Anführer, dieBoyscouts in braunen, die Mädchen in grünenUniformen. Sollten die nicht, ihren Regelnnach, jeden Tag eine gute Tat tun? Nun, Hel-fen beim Tragen unseres Gepäcks zum 300 mentfernten Strand gehört wohl nicht dazu.

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V or uns ein phantastisches Panorama:Bizarre hohe Felseninseln über demblauen Meer, weißer Strand, ein ein-zelner Baum. Schat-

ten unter ihm, genug, um dortdas Boot aufzubauen und um u.a. das in Bangkok gekaufte Es-sen wasserdicht zu verstauen.Unnütze Verpackungen hattenwir zuvor bereits entfernt unddas meiste in unsere eigenenBeutel und Behälter umge-packt. Damit sparen wir eineganze Menge Volumen. So kannnun alles, wie gewohnt, seinenPlatz unter Deck finden. Einpa-cken im langsam steigendenWasser, dann hebt die Flut

das Boot, wir könneneinsteigen und auf geht’s.Die Pfadfinder winken, wirnehmen Kurs zur Insel KoTalibong, nur ca. 5 kmLuftlinie entfernt. Tiden-strom? Jedenfalls werdenwir seitlich versetzt, pad-deln einen längeren Wegund sind erst nach 90 Mi-nuten drüben. Weitermenschenleerer Strandvoraus. Dahinter dichtergrüner Urwald. Ein Bild

wie aus Träumen. Leise knirscht der sauberehelle Sand unter dem Boot, aussteigen: „Hierbleiben wir...“

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K napp oberhalbder durch dasbei Hochwas-ser hier ange-

schwemmte Treibgutdeutlich gezeichnetenHochwasserlinie stehtbald schon unser Zelt.Schwimmen, Essen,Schlafen. Da ist nocheiniges nachzuholen. Da-zu melden sich vermut-lich durch die Klima-Anlage im Zug herangepustete Bakte-rien. Drei TageFaulenzen alsodeshalb. Zeit da-mit um das Wet-ter kennen zulernen: Bis gegenelf Uhr ruhigeS e e . D a n nfrischt der Windauf, vorwiegend aus Ost. Hängt mit demMonsun zusammen, der etwa im Mai aufWest wechseln wird. Unter seinem Ein-fluss paddelt man danach besser an derOstküste Thailands. „Also früh fahren,oder im Windschutz, jedenfalls bei soweiß gischtender See wie jetzt.“

Ein Waran ist am Zelt vorbei mar-schiert, während wir schliefen. Undim Watt entdecken wir weitereSpuren. Eine zeigt die des See-sterns, der sich vor dem Ablaufdes Wassers noch rasch eingegra-

ben hat: Soschützte ersich vor demsonst tödli-chen Aus-trocknen inder Sonne.Können Tie-re also dochdenken?

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B eim Paddeln entlang Ko Talibongmüssen wir aufpassen: Korallendicht unter der Wasseroberfläche.Voraus die steile Felseninsel Ko

Kwang, in der Nähe das Ressort, wo sich derTourismus abspielt: Ein oder zwei Boote proTag aus Kantang mit Tagesgästen. Zwei Deut-

sche dabei: „Sind oft in Südostasien, habendie Gegend zwischen Bangkok und Malaysiaziemlich durch. Aber das hier ist schon et-was Besonderes. Nur sind wir leider nicht sobeweglich, wie Sie mit Ihrem kleinen Boot.Ist das nicht gefährlich?“ Sie wollen sichden intakten Regenwald auf der Insel anse-hen. Wir können leider nicht mit, denn sonstwürde es für uns wirklich gefährlich, zumin-dest aber sehr anstrengend werden. Denndie Ebbe lässt vor dem Ressort immer grö-ßere Flächen trocken fallen. Bis zum tiefenWasser übers Korallenwatt waten undschleppen: kein Vergnügen. Mit frischemTrinkwasser an Bord geht’s weiter zumMoslem-Dorf. Dort keine gute Landemög-lichkeit jetzt bei Niedrigwasser. Eine Men-ge Seegurken auf dem Meeresboden - die-se hier tief schwarz. Ihr dünnes weißes

Fleisch unter der Haut ist essbar und wirdvor allem von den Chinesen geschätzt. Vorbeian Kokosplantagen und flachen Sandstränden.Die letzten Kilometer gegen harten Wind,dann zelten wir wieder an der alten Stelle -der sicher günstigste Ausgangspunkt für dieÜberfahrt nach Ko Muk.

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F rüh um 5 Uhr auf, in derDämmerung eingepackt undlos. Herrlich kühl noch aufdem Wasser. Ein großes Boot

passiert, hoch mit Holz beladen. Wirnehmen als Ziel zunächst die mächti-gen überhängenden Chao Mae Felsenum dann mit auffrischendem Ostwinddie Spitze der Insel Ko Muk anzusteu-ern. Flach und wenig bewachsen ragtsie weit hinaus ins Meer. Steil und biszu 200 m hoch die Südküste, nach Os-ten hin ein Fischerdorf. Ein weiteresan der Nordseite zu der wir wegendes inzwischen ziemlich heftig gewor-denen Windes paddeln. Nicht weit da-von ein Ressort für Touristen. Mit soprimitiv daher kommenden Leuten wieuns - „die haben ja wohl doch keinGeld zum Ausgeben...“ - mag sich derManager dort kaum abgeben. Alsofahren wir weiter. Um auf einer Land-spitze dann den idealen Zeltplatz zufinden: Unter tunnelartig zusammen-gewac hsenen Kasuarinen-Bäumen,schattig und kühl. Aber kein Paradiesohne Dornen: Die zunächst den Ein-tritt versperrenden Stachelgewächsebekommen einen anderen Platz zumWeiterwachsen.

Von da drüben kamen wir ...

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D ass wir hier zelten, hat sich offen-bar herumgesprochen - die Kom-munikation in diesen Breiten funkti-oniert auch ohne unsere ausgefeilte

Technik. „Sawadi“, guten Tag, grüßen vierJungen. In der Schule lernen sie Englischund wollen das nun praktizieren. Doch es er-weist sich als ebenso schwierig, wie unsereVersuche die Thai Sätze aus dem Wörter-buch anzubringen: Dass bis zu vier verschie-dene Tonhöhen ein Wort grundlegend verän-dern können, verfehlt hier nicht seine Wir-

kung. So bleibt es beim gemeinsamen Lachenund gegenseitigen Foppen, schließlich bei ei-nem zögerlichen und dann sehr höflichen Ab-schied: „Ia kom...“, ich gehe jetzt.Morgens zeigt uns ein Fischer das Ergebnisseiner nächtlichen Arbeit: Nur ein knappes

Dutzend kleiner Fische, ein größerer undeine hübsche Fächerkoralle. Jetzt nochrot, wird sie mit dem Absterben unan-sehnlich grau sein. „Wir Menschen schaf-fen das schon vor dem Tod. Und hier -wer hat das von wem gelernt? Hausbeset-zung. Der Einsiedlerkrebs da okkupierteeine leerstehende Wohnung, zog ein undnimmt sie nun einfach mit...“

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Bei auflaufendem Wasser paddelnwir am folgenden Tag zum Dorf:Einkaufen. Über einen mit Holz-pflöcken befestigten Weg, vorbei

an der im Bau befindlichen Mo-schee, geht‘s zum Ladengeschäft.Unterwegs Blumen und blühendeBüsche, Vogelkäfige und Kästen, indenen Hummer und Langusten ge-fangen werden. Die Frauen unver-schleiert, keinen der Männer unter-wegs sehen wir bei den vom Koranvorgeschriebenen fünfmaligen Ge-beten pro Tag. Der Laden - er isteher ein Basar, in dem man sichtrifft und Neuigkeiten erfährt.Frauen, die während des Plauschesihre Babys stillen oder aus kleinenSchälchen den Vormittags-Imbiss nehmen.In den Bambusregalen liegen unter anderemKondensmilchdosen unter dicken Staub-schichten, schnellkochende asiatische Nu-

deln, Netze, Brief-umsc hläge undKochlöffel. Trink-wasser wird aus ei-nem dickleibigen,hohen Tonkrug ge-schöpft. Wozu derFremde gleich meh-rere Liter will und

die in solch einen seltsamen Sack abfüllt, istvon ihm per Zeichensprache nicht zu erklä-ren. So wie umgekehrt der Mann im Basarnicht übersetzen kann, was die Thai-

Aufschriften auf Packungen bedeuten. Einigeinternational bekannte Marken erleichterndie Auswahl. Nestlé-Milo zum Beispiel, dashier als Aphrodisiakum geltende Kakaopulvermit einigen Vitaminen und Mineralstoffen.Verständnisvolles Grinsen, als eine Dose da-von das Regal verlässt. Zusammenaddiertwird auf einem abgerissenen Eckchen Zei-tungspapier. Einschließlich Rechenfehlerauf-schlag ist die Summe nicht hoch, gemessenan unserem Einkommen daheim. Gemessenauch daran, welch umständliche, weite Wegedie Ware nehmen muss, bis sie hier landet.

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U m einen 342 m ho-hen Felsen herumfahren wir zurWestküste der In-

sel. Schöne bunte Gesteins-farben an den schroffenWänden. Strickleitern füh-ren von der Wasserlinie aushinauf und hinein in schmale,kaum sichtbare Eingänge.Durch sie gelangt man insenkrechte, kamina rtigeSchächte, die irgendwanneinmal in diesen Felsen ent-standen sind. In ihnen hau-sen Seeschwalben - emsigfliegen sie da aus und ein.Ihre Nester drinnen sind das

Kapital des Höhlenbesitzers.Von Zeit zu Zeit erntet er einige derNester und verkauft sie für gutes

Geld an Chinesen. Bei denennämlich steht die Birds NestSoup gern und teuer auf denRestaurant-Menüs.Mit Bojen gekennzeichnetvoraus die Höhle, die wir su-chen. Durch rote und blaueSchwimmwesten unüberseh-bar kommen Schwimmer auseinem niedrigen Loch, krau-len zum auf sie wartendenAusflugsboot. Einer von ih-nen keucht im unverkennba-ren Dialekt seiner HeimatSachsen: „Einwandfrei Spit-ze, muss man gesehen ha-ben!“ Für uns heißt das noch

drei Stunden warten. Während dieser Zeitfällt das Wasser soweit, dass wir mit demBoot da hinein können.

Ja, und dannist es soweit.Langsam pad-deln wir imAuf und Abdes Seegan-ges in dietotale Fins-ternis. Die

Taschenlampe reicht nicht

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um zu erkennen, woes weiter geht. DasBlitzlicht des Fo-tos — „Vorsicht,nach rechts...“ undschön stößt dasPaddel gegen dieWand in fast Kopf-höhe. Der schwa-che Lichtscheinzeigt da scharfeMuscheln, denendie Faltboothautnicht zu nahe kom-men sollte. Sehrlangsam tasten wir uns weiter bisdann, hinter einer Biegung, das „Endedes Tunnels“ in Sicht kommt. Unddort landen wir am weißen Sandstrand

einer Lagune.Hallte und ver-stärkte sichdrinnen dasDonnern dergegen die Fel-sen rollendenWellen - hierist es totenstill.

Wie auf dem Boden einesZylinders liegt der kleineSee inmitten des Berges.Rundherum steile, hohe,grün bewachsene Hänge.Auf dem Zweig des Bu-sches, der kaum je einen

S onnenst ra hlabbekam, hockteine kleine Li-belle. Hinteruns huscht einVogel , oderwar‘s eine Fle-dermaus, in dieFelsspalte. Kurz

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kreist ein Raubvogel über dem Ausschnittdes Himmels. Nachdem der Trupp japani-scher Schwimmer weg ist, hocken wir daganz allein, wie von der Welt abgeschnitten.Was, wenn der Zugang einstürzt? Wenn dasWasser steigt und uns hier einschließt? We-der das eine noch das andere ist reelle Ge-fahr. Wir haben noch Zeit - der Fahrplan vonEbbe und Flut ist verlässlicher als manchmenschliches timing. Rechtzeitig also jonglie-ren wir das Boot erneut in die Finsternis, er-wischen eine falsche Abbiegung und landenvor einer Barriere oh-ne wenden zu kön-nen. Zurück! Unddann sind wir endlichschließlich doch wie-der draußen in derstrahlenden Sonnedes hellen Tages. Miteinem ein wenig ähnli-chen Gefühl der Er-leichterung wie vor vie-len, vielen Jahren. Alseine Bombe das Haus traf, der Keller ver-schüttet wurde, aus dem heraus wir den Wegins Freie suchten. Nur gab es damals stattder Sonne den Qualm des Brandes, der irdi-sche Güter verzehrte. Was aber bedeutetendie gegenüber dem gerade wieder gewonne-nen Leben?

Nachtquartier ist heute der Farang Beach.Farang, das sind die Fremden — auf Thai.Das Wort selbst lässt sich aus dem Französi-schen ableiten, nein, von den Franzosenselbst - angeblich. Die seien, so sagt man,als Herren übers nahe Indochina die ersten,jedenfalls die häufigsten Besucher Thailandsgewesen, die Frances, Farances, Farangs.Der Strand ist vom Ressort, auf der anderenInselseite, zu Fuß zu erreichen. Die Folge:Ein breiter Streifen Picknickmüll: Coladosen,

Sonnencreme-Tuben,Plastiktüten und Pa-pier. Eine Sauerei,diese Idylle unterden sich im Windwiegenden Palmen somies zu verschan-deln. Am Strandsitzt der Skippervon der weißen,

draußen ankernden Yachtmit Familie. „Im Sommer betreiben wir einenCampingplatz in der Bretagne. Das reicht umden Winter über zu segeln - Philippinen,morgen Malaysia. Gefällt uns so und den Kin-dern auch.“ Die sind neun und sieben Jahrealt, lernen an Bord das Pensum der Schule.Und: eine Lebensform, die ihnen sicher mehrfür die Zukunft mitgibt, als es manch ande-res Elternhaus zu bieten hat.

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M itten in der Nacht fängt es an zupusten und morgens stehen wei-ße Wellen draußen. So kommenwir heute nicht nach drüben,

nach Ko Lanta. Also bleiben? „Mal sehen, wasdie Fischer sagen...“. Bis zum Ort dann einenoch einigermaßen passable Schaukelei. Unddort? Die zumTeil sehr schönenHolzboote, mithoc hgezo genemBugspriet an dembunte Schärpenhängen, liegennoch fest vertäutam Ufer.„Fishing not verygood with thisbad wind. May betomorrow.“ Mor-gen? Warten ist nicht unsere Stärke.Blick auf die Karte: Hinter der InselKo Lanta müsste es windgeschützt undruhig sein. Bis dort hin aber? Inzwi-schen schaut sich ein Einheimischerunser Boot an und schüttelt den Kopf,seine Handbewegung zeigt umkippenund ertrinken. Ob er uns auf seinemkräftigen Kahn mitnehmen könne? Derangebotene Geldbetrag zieht, er nickt.Während wir bereits beim Umpacken

sind, kommt seine Frau und - verbietet ihmeinfach die Fahrt. Zu riskant. Jemand ande-res? Da ist ein alter Fischer, sehr alt und er-fahren. Der denkt eine Weile über das Ange-bot nach und dann: Fahren wir! Er und seinSohn helfen unser zur Hälfte ausgeräumtesBoot auf die Sitzbretter ihres reua zu legen,

werfen den di-cken Bootsmotoran und steuernmit dem, durchSchwenks wie beiden Longtails, ausder Bucht heraus.Den Propeller inden Wellen aufetwa gleicherWassertiefe zuhalten, das kostetKraft.

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Mehrfach kreuzen wir im schnell laufendenSeegang — für uns wäre das nichts gewesen.Bei Ko Waen, 233 m hoher Felsturm imMeer, Stop im Windschatten um Wasser zulenzen. Umsetzen zwecks besserer Ge-wichtsverteilung und weiter. Nur das tägli-che Schiff aus Pag Meng kreuzt unserenKurs, sonst ist bei dem Wetter niemandmehr unterwegs. Auf und ab, einige hundertMeter gegen die Wellen, dann kehrt und aufihnen surfend zur südlichen Ecke von Ko Lan-ta Yai. Hinter dem Leuchtturm - dort istRuhe, nichts mehr von dem Tumult draußen.

Boot abladen, dem Skipper sein Geld plusExtra- Risikozuschlag geben und ihm eine gu-te Fahrt wünschen — das war‘s. Wird er wie-der heil nach Haus kommen? Hoffentlich.Über die hohen Berge auf unserer Steuer-bordseite kommt der Sturm nicht. Mit ruhi-gen, langen Paddelschlägen ziehen wir ansteilen Felsen und einladenden Sandsträndenvorbei. Das ist „unser“ Wandern auf demWasser. Die Farben wechseln und die Stim-mungen. Hier das tiefe Blau, dort hellesGrün, liebliche Landschaft, dann die Kraftund Wildheit der Natur: Einfach schön!

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V om Zeltplatz dieses Tages aus, aneinem weißen, sauberen Sand-strand, sehen wir nachts die Fi-scher draußen. An den Seiten ih-

rer Boote ragen Träger weit hinaus, an denenmit Karbid gefeuerte Lampen hängen. Sofernsich der Trick unter Wasser noch nicht he-rumgesprochen hat, schwimmen Fische zudiesen Lichtern, über die unter ihnen ausge-breiteten Netze und damit in ihre tödlichendende Gefangenschaft. Eine, wie esscheint, einfache Methode. Ob sie vielbringt? Die ihrer Kollegen, wir beobachtendie am anderen Morgen,ist vermutlich ertrag-reicher: Da treffen sichein recht schäbig ausse-hender Trawler und einSchnellboot ohne Num-mer in der einsamenNachbarbucht. Große,mit weißem Tuch über-spannte Ballen wechselnzum schnelleren derbeiden Boote und diesesgeht auf Kurs Süd. Ziemlich sicher war daseines der häufigen Geschäfte mit Rausch-gift — gewonnen in Myanmar, im früherenBurma, zu liefern nach Malaysia und von dortweiter zu den Verbraucherzentren in Asienoder Europa. Im Norden Thailands und Bur-

mas leben die Bergstämme vom Anbau desMohns, vom Auspressen der Fruchtkörper,vom Eindicken des Saftes zu Opium und vomVerkauf desselben. Regierungsprojekte, mitdem Ziel den Bergbewohnern eine anderelukrative Einkommensquelle zu eröffnen, hat-ten bisher wenig Erfolg. „Warum nicht die-ses Rauschgift ebenso frei geben, wie Ziga-retten und Alkohol? Der jetzt illegale Handelwäre damit dann uninteressant, Schmuggelund Beschaffungskriminalität hätten ein En-de. Und auch der Reiz des Verbotenen ent-fiele.“

„Dagegen steht dieSuchtgefahr. Aberich denke auch,dass das heute fürdie Bekämpfungeingesetzte Geldbesser in die Prä-vention zu investie-ren wäre. Jemandder weiß, worauf ersich mit Drogeneinlässt, der muss

die Folgen selbst verantworten. Jeden Mit-bürger vor allen möglichen Risiken des Le-bens bewahren, und Rauschgift ist nur einesunter vielen, das kann der Staat nicht. Ersollte deutlicher als bisher an die Selbst-verantwortung des Einzelnen appellieren.“

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E inen Tag sind wir auf dem beson-ders schönen Platz geblieben. Soetwas spricht sich herum. Dererste Besucher: Ein Deutscher.

Seit Monaten bereits im Land, ziemlich ver-wahrlost: „Bin arbeitslos. Aber das machtnichts. Die Miete für Bungalows ist hier

nicht hoch. Kann die Zeit ge-nießen.“ Und Vater Staat be-zahlt inzwischen. Beim zwei-ten Gast berappt der leibli-che Vater: Stimmt die 3000US-Dollar Monats-Apanage,dann kann sein Filius ohneSorgen spinnen. Und der tutdas. Nennt sich Sänger, Kom-ponist sowie Bildhauer. Undist Phantast. Will hier ein

Schwimmbad bauen. Wozu? Schließlich musser zurück zu seiner Thaifrau, die ein Babyerwartet. Vor Sonnenuntergang dann derdritte Besuch. Ein netter und bescheidenauftretender Fischer, dem es nicht gut geht.Seine Augen werden langsam blind. Eine Ope-ration? Mit der Klinik hat er schlechte Er-

fahrungen gemacht. Vielleicht fehltihm auch das Geld. Er erzählt, dasshier demnächst eine neue Anlagefür Touristen gebaut werden soll.Ihm wird das nichts nützen. Undder Landschaft auch nicht. Schonjetzt spült die Flut etlichen Zivili-sationsmüll ans Ufer. Umwelt-schutz? Als wir unsere Tüte mitgesammeltem Abfall im nahen Res-sort abgeben, da ruft das ein belus-tigtes Lachen hervor.

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J e weiter wir nunpaddeln, destomehr Bungalow-Ansiedlungen. Am

Nordende von Ko Lanta Yaieines neben dem anderen.Während es dort an Landreichlich warm ist, hierauf dem Wasser kühlt fri-scher Wind. Um die letzteEcke herum pustet er unsungehemmt entgegen.Weiß bemützte, muntereWellen rollen übers Vor-deck. Die zuvor hellblaueSee ist dunkler, voller na-türlicher Kraft. Langsamaber sicher krabbeln wirnach drüben, zur Küstevon Ko Lanta Noi. Statt Tourismus Bananen–und Palmen-Plantagen. Und als ganz neueAttraktion eine echte, heftige Grundsee, diesich über irgendeiner Untiefe aufbaut. Knappan ihrem Rand mogeln wir uns vorbei - einezweite, in der Durchfahrt zwischen Ko Klangund Ko Pu, umfahren wir weiträumig. Landendann in einer kleinen Bucht. Geeignet zumBleiben? Während der „Ortsbesichtigung“mahlen drei in der Sonne blitzende Motorrä-der durch den tiefen Sand zu uns her. Selt-same Typen. Einer dick mit Jeans; der zweite

hager, Bärtchen, ver-spiegelte Brille undSeglermütze; echt un-scheinbar der dritte,einfach wie ein Fischergekleidet. Was wir hierwollten und warum —es klingt wie ein Ver-hör. Und es ist aucheins — der Hagerezeigt seinen Dienstaus-weis, er in weißer Gala-uniform nebst Ordenauf dem Foto: „Wirsind Polizei.“ Ob sie inuns etwa Schmugglervermuten? Eher sindsie nur neugierig. Sei-nen Kollegen übersetzt

der „Fischer“ unseren Fahrtenbericht, wo-nach der dienstliche Teil mit bewunderndenWorten und Gesten für die „sportliche Leis-tung“ offensichtlich abgehakt ist. „Darf ichfragen wie alt Sie sind?“ - nun wird‘s privat.Und: Falsch verstanden die Zahl? Nochmalsund dann die 70 in den Sand geschrieben.Der Dicke malt eine 40 daneben, nimmt seineMütze ab und zeigt mit dem Ausdruck desgrößten Bedauerns einige weiße Haare. Viel-leicht stören sie ihn nach dieser Begegnungmit uns Alten weniger?

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T rotz der Einladung zu bleibenpaddeln wir weiter. Aber bes-ser wird es mit den Zeltmög-lichkeiten nun auch nicht.

Steile Ufer, zugewachsen, Mangroven.Das Seezigeunerdorf am Wege hatsich über den gesamten Strand hinweg

ausgebreitet. Gut zu sehen, wie neue Häusermit festen Wänden neben den alten gebautwurden, deren gesamtes Baumaterial die Pal-men lieferten.

Schließlich dann eine kleine unbewohnte In-sel - einen halben Meter über der Hochwas-serlinie lässt sich ein Platz mit dem Paddeleinebnen. Hier brauchen wir unsere Machete.Lange Lianen hängen von den Bäumen, schrilleVogelrufe aus dem Urwald hinter uns, Affen-Gekecker und knackende Zweige. Schwimmenim herrlich klaren und warmen Wasser. Da-nach sitzen wir vor dem Zelt und genießendas rasch gekochte Abendessen: Thai-Nudeln, gut scharf nach Landesart gewürzt.Inzwischen schmeckt uns das so. Gegen 18Uhr, zusammen mit dem Sonnenuntergang,war Niedrigwasser, 0,3 m unter dem Mittel-wert. Um 1 Uhr wird die Flut aufgelaufensein - 2,3 m höher. Morgen früh um 7 Uhrdann wieder Ebbe. Wir werden um die 100 mlaufen und tragen müssen. Fahrtenwandernstatt Wanderfahrt? Auch mal ganz gesund.

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Am Tage darauf finden wir das nicht mehr, alswir unterwegs mehrfach aus dem Boot rauskrabbeln und treideln.

Vor den InselnKo Pu und Ko Siboya sind weite

Strecken ganz trockengefallen — Schlammbän-ke vor den Mangrovenwänden, Korallenbänke vorder Küste. Hinter denen dann wieder ein kilome-terlanger Sandstrand. Ganz einsam. Oder dochnicht? Plötzlich erscheint eine Herde Wasser-büffel mit weit ausladenden Hörnern undmarschiert auf uns zu: Ins Boot undnichts wie weg!Drüben liegt das Festland. Mit demFernglas gut auszumachen: Da stehenZelte. Andere Paddler? Nein, ein Ju-gendlager. Big Brother gibt gerade perLautsprecher Anweisungen an sein Volkund schickt kreischende Musikfetzenhinterher. Heftig schaukelnd fahren wirhinüber.

Ein Fischer geht mit seinem Boot aufParallelkurs und fährt neben uns her. Erdreht erst ab als wir nicht, wie er eswohl erwartet hatte, kentern. Eineechte, für hier vielleicht selbstver-ständliche, Hilfsbereitschaft.An der Küste entlang dann nach Nor-den. Eine große Qualle unterm Boot,Wasser holen bei einem alten Fi-scherhaus. Und dann ein recht guter

Zeltplatz zwischen Büschen und stachligem Ge-strüpp. „Arme Falangs“, sagen wohl die Leutedie mit ihren Booten in den Klong Taling Chantuckern, „in so einem kleinen Zelt müssen dieschlafen.“ Wenn wir winken, dann strahlen dieGesichter der Männer, Frauen und Kinder anBord. Und vermutlich liefern wir heute AbendGesprächsstoff im für uns unsichtbaren Dorf.

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A n die 4 km weit fällt die Bucht vorKrabi bei Ebbe trocken. Im Wattstehen eine Menge Pfähle, zwi-schen ihnen hängen Netze und Reu-

sen. Ob die Fische nicht längst gelernt habendieses Gebiet zu umgehen? Wir sind zu faul

dazu undversuchen dahindurch zupaddeln. Mitdem Ergeb-nis, dass wirbald in demGewirr aussehr schma-len Durch-

fahrten und Netzabsperrungen gefangensind. Und der Wasserspiegelsinkt weiter. Blöde Situation.Steuer hoch ziehen, rückwärtspaddeln und schließlich ist da einNetz angerissen, weit genug ummit dem Boot hindurchzuschlüp-fen. Wir atmen auf, schrammenüber den Sandboden und habennun jenseits der weiten Wasser-fläche die faszinierende Szene-rie der Felsen vor dem Eingangzur Bucht von PhangNga. Südlichder Leuchtturminsel kreuzen wirden Fahrweg einer ganzen Anzahl

von Schiffen: Phuket, das Touristenzentrumdieser Gegend ist nicht weit. Ziemlich hoherSeegang. Und was uns da drüben erwartet,das lässt uns gern ans Ende dieser Fahrtdenken: Baulärm, schmutziges Wasser, aus-gedehnte Hotelanlagen. Ein Privat-Polizistverbietet uns an Land zu gehen um Wasserzu holen: Die hier in der teuren Super-Luxusherberge abgestiegenen Gäste dürfenwohl von Vagabunden, wie wir es sind, nichtgestört werden.Sehr fröhlich sehen die am dreckigen Strandbeim Krach der Generatoren, Bulldozer undPropellerboote nicht aus. Ein Deutscher un-ter ihnen: „Bin früher ja auch mal gepaddelt.Muss gut hier zu tun sein. Vielleicht macheich das doch eines Tages noch mal...“

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Gegen die zum Teilrecht munterenWellen paddelnwir rüber nach

Krabi. Viele Motorboote,voll besetzt mit Ausflugs-gästen passieren - wirwerden gefilmt und foto-grafiert. Abenteuerlichausschauende Fischtrawler,wie Dschunken gebaut,hochbordiges Heck, buntbemalt. Männer an Bordwinken — nachts werden die Boote wieLeuchtkäfer am Horizont zu sehensein.

Vorbei an Hafen– und an Werftanla-gen den Klong, den Fluss aufwärts zurStadt. Links eine lange Boulevard-Anlage, u. a. für den Nachtmarkt, dann

der Pier der nach Ko Phiphi fahrenden Schif-fe. Hinter einem Zollboot eine breite Trep-pe, bequem um mit Boot und Gepäck unterein Sonnendach zu gelangen. Ein idealer Platzzum Aufhören: Bootswäsche mit dem restli-chen Trinkwasser, trocknen lassen, abbauen.

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Bald ist dann alles ein-gepackt, kommt aufden Bootswagen undzu Fuß geht’s zumnächst erreichbarenGuesthouse. Billig undgut. Ende dieserFahrt? Nicht ganz.Denn von einem Tou-ristenboot aus schau-en wir uns am folgenden Tag die nahezu obli-

gatorische Se-henswürdigkeitder Gegend an,den James BondFelsen. Wirddort gedreht?

Felsturm vor der Insel -genannt auch der Penis ...

Früher mal, daher derName. Auf knapp 100mal 20 Metern Sand-fläche, bei Flut weni-ger, reiht sich dajetzt ein Verkaufs-stand neben den ande-ren. Mit allem Schund,der sich aus Muschelnund Korallensteinen

herstellen lässt. Touristen aus 2o und mehrvollbesetzten Ausflugsbooten drängeln, kau-fen und posieren für Gruppenaufnahmen vordem steilen, aus dem Wasser ragenden Fels-turm. Um anschließend ins Restaurant zufahren, das etliche Hundert Gäste routiniertversorgt: Fisch, Hummer, Krabben und Reis.

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Wer sich vor dem Einschiffen fotografierenließ, bekommt, natürlich gegen Bezahlung,beim Aussteigen einen Teller mit seinemKonterfei in der Mitte, mit Ort und Zeitan-gabe auf dem Rand. Alles gut und dauerhafteingebrannt. Und wer weiter gebucht hat,

der sieht nun nocheinen 200 Jahrealten Tempel imFelsen nebst dortliegendem goldenenBuddha, kann sichmit einer Schlangeum den Hals ablich-ten lassen. OderAffen „im finste-ren Urwald“ foto-grafieren.Echt Thai ist es

dann erst wieder auf dem Night Market. Ein-heimische im Gespräch miteinander an denVerkaufsständen, es duftet nach gebackenenBananen und geröstetem Fisch. Fleischspieße,Reis und Omeletts locken, Eis, Früchte undGetränke. Alles sehr lecker in dieser maleri-schen Umgebung. Genau richtig für den Ab-schiedsabend.Rückfahrt nach Bangkok mit dem Bus. 12Stunden durch die Nacht. Die Fahrerkabinehermetisch abgetrennt, im Heck, neben demKlo, auf erhöhtem Sitz ein Wächter mit Ma-

schinenpistole. Mehrere Busse fahren imKonvoi - Maßnahmen gegen die nicht selte-nen Überfälle unterwegs, bei denen Passa-giere ihr Geld und Gut loswerden. Als Aus-gleich für den voraussichtlich ausbleibendenNervenkitzel wird auf dem Fernsehschirm imBus grausam gequält, gefoltert und gemor-det. Danach Thai Beat und Regierungsleute,die Reden halten, Orden verleihen, Grund-steine legen und einen Staudamm eröffnen.Und irgendwo werden dann noch Lawinenop-fer ausgegraben. Wahrscheinlich nicht inThailand. Oder haben wir nur vom dickenSchnee geträumt, der daheim lag als wir los-fuhren?Morgens um 5 Uhr, ohne Überfall, am Ziel.

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