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Selektion und Resistenzmechanismen Entstehung und Ausbreitung resistenter Bakterien Der Schweine Cast. Wissen zwischen die Ohren. Thema no. 4 von 6 FEEDBACK ERWÜNSCHT! zum Fragebogen

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Selektion und Resistenzmechanismen

Entstehung und Ausbreitung resistenter Bakterien

DerSchweineCast.

Wissen zwischen die Ohren.

Thema no. 4von 6

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Inhaltsverzeichnis: Resistenzmechanismen 6

Antibiotikaresistenzen – ein neues Phänomen? 8

Arten von Resistenzen 9

Ausbreitung von Resistenzen 10

Das Problem der Kreuz- und Mehrfachresistenzen 12

Die Macht des Selektionsdrucks 13

Resistenzentwicklung vorbeugen 16

Glossar 18

Liebe Leserinnen und Leser,

zunehmende Antibiotikaresistenzen bei bakteriellen Infektionserregern sind eine der größten Gefahren sowohl für die Medizin als auch für die Weltwirtschaft. Kein Wunder, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schon seit Langem vor einer „post-anti- biotischen Ära“ warnt. Deshalb ist die gezielte Anwendung der zurzeit verfügbaren Antibiotika wichtiger als je zuvor. Zum ersten Mal kommen in Deutschland Akteure* aus den Sektoren Humanmedizin, Tiermedizin und Kommunikationswissenschaften zusam-men, um sich diesem Thema zu widmen. Mit dem One-Health-Konzept im Mittelpunkt, das die Zusammenhänge zwischen Mensch, Tier, Umwelt und Gesundheitsbereichen umfasst und eine enge Zusammenarbeit zwischen Human- und Tiermedizinern erfordert, versuchen wir durch neue Informations- und Kommunikationstools Ärzte, Tierärzte und Landwirte anzusprechen.

Im Bereich Tiermedizin liegt der Fokus auf Schweine haltenden Betrieben. Mit Blick auf die Zukunft ist das langfristige Ziel, eine Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes bei der Zucht, Aufzucht und Mast von Schweinen durch eine Sensibilisierung für den Umgang mit Antibiotika zu erreichen. Dafür entwickelten wir eine Serie von Informations- broschüren, die sechs wichtige Themen abdeckt: das One-Health-Konzept, die Relevanz von Antibiotikaresistenzen in der Haltung von Schweinen, Antibiotika: Gut zu wissen, die Selektions- und Resistenzmechanismen gegen Antibiotika, Präventive Maßnahmen sowie der Einfluss von Umweltstressoren auf die Schweinegesundheit. Als Einführung gibt es zu jedem dieser Themen eine lebhafte Diskussion zwischen Wissenschaftlern und Praktikern, die Sie sich als Podcast anhören können.

Diese Broschüre befasst sich mit den verschiedenen bakteriellen Resistenzmechanismen, die gegen Antibiotika gerichtet sind, und beschreibt im Detail, wie sich Resistenzen ausbreiten.

Dr. Antina Lübke-Becker Szilvia Vincze, PhD Dr. Esther-Maria Antão

Wissen zwischen die Ohren.Hintergrundwissen zum Schweine Castvom 12.01.2017

Hier nachhören: www.rai-projekt.de/schwein

Thema 1: One-Health-Konzept. Zusammenhänge verstehenProf. Dr. Lothar H. Wieler Präsident, Robert Koch-Institut

Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas C. Mettenleiter Präsident, Friedrich-Loeffler-Institut

Thema 2: Antibiotikaresistenzen. Relevanz in der SchweinehaltungDr. Jürgen Wallmann Fachtierarzt für Mikrobiologie, Leiter Team ABR

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)

Nadine Henke Tierärztin, Broksersauen

Thema 3: Antibiotika: Gut zu wissen. Grundlagen der PharmakologiePD Dr. Sebastian Günther Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Laborleiter,

Institut für Tier- und Umwelthygiene, FB Veterinärmedizin, Freie Universität Berlin

Dr. Rolf Nathaus Praktizierender Tierarzt, VetTeam Reken

Thema 4: Selektion und Resistenzmechanismen. Entstehung und Ausbreitung resistenter BakterienUniv.-Prof. Dr. Stefan Schwarz Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen,

FB Veterinärmedizin, Freie Universität Berlin

Peter Seeger Landwirt (Schweinehalter), Hof Seeger

Thema 5: Hygiene im Schweinestall. Innerbetriebliche PräventionsmaßnahmenUniv.-Prof. Dr. Uwe Rösler Geschäftsführender Direktor, Institut für Tier- und

Umwelthygiene, FB Veterinärmedizin, Freie Universität Berlin

Gesa Lampe Landwirtin (Schweinehalterin), Lampe Agrar

Thema 6: Stress im Stall. Einfluss von Umweltstressoren auf das Schwein Dr. Ulf Rintisch Landeslabor Schleswig-Holstein, Geschäftsbereich 3:

Tierarzneimittel-, Futtermittel- und Handelsklassenüberwachung

Christoph Selhorst Landwirt (Schweinehalter), Hof Selhorst

*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.

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Univ.-Prof. Dr. Stefan Schwarz, Geschäftsführender Direktor, Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen, FB Veterinärmedizin, Freie Universität Berlin

„Resistenzentwicklung ist ein Evolutionsprinzip, bei dem die Bakterien versuchen in Gegenwart von antimikrobiellen Wirkstoffen zu überleben ... Und darin sind sie sehr gut und erfinderisch! Dementsprechend haben Bakterien vielfältige Mittel und Wege gefunden, um sich effizient gegenüber antimikrobiellen Wirkstoffen zu schützen.“

Positionen aus dem Schweine Cast zum Thema:

Peter Seeger, Landwirt (Schweinehalter), Hof Seeger

„Am Anfang steht für mich, alles dafür zu tun, dass die Schweine nicht krank werden. Wichtige Bausteine sind unter anderem Impfungen, Betriebshygiene und gute Haltung. Sollten jedoch trotzdem Tiere krank werden, müssen wir sie auch ausreichend lange und mit der richtigen Dosierung behandeln können.“

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Bakterien haben ganz unterschiedliche Mechanismen entwickelt, um sich vor der Wirkung von Antibiotika zu schützen. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die bekannten Resistenzmechanismen. Verschiedene Bakterien verfügen über eine unterschiedliche Anzahl von Resistenzmechanismen.

Resistenzmechanismen

FLAGELLUM

PILI

ZELLWAND

ZYTOPLASMAMEMBRAN

ÄUSSERE ZELLMEMBRAN

RIBOSOM

ANTIBIOTIKUM

DNS

Alternative Stoffwechselwege

Änderung der Zielstruktur

Bildung inaktivierender Enzyme

Effluxpumpen

Undurchlässigkeit der Zellmembran

Antibiotika werden über Pumpen aus der Bakterienzelle herausgeschleust.

Antibiotika können die Zellmembran nicht durchdringen und deshalb nicht zu ihrem Wirkungsort gelangen.

Häufig wird die Wirkung von Antibiotika durch die Bindung an bakterielle Zielstrukturen (z.B. Enzyme) ausgelöst. Ändert sich die bakterielle Zielstruktur, kann ein Antibiotikum nicht mehr binden und verliert somit seine Wirksamkeit.

Durch die Bildung von Enzymen kann die Bakterienzelle Antibiotikamoleküle zum einen strukturell verändern, sodass diese ihre antibiotische Wirkung verlieren. Zum anderen können Enzyme Antibiotika spal- ten und so unwirksam machen.

Über die Nutzung alternativer Stoffwechsel- wege können für das Bakterium überlebens- wichtige Substanzen gebildet werden, obwohl durch das Antibiotikum der eigentliche Versorgungsweg blockiert wird.

1) Resistenzmechanismen erklärt am Bakterium Escherichia coli

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Antibiotikaresistenzen - ein neues Phänomen?Gegen ein Antibiotikum resistente Bakterien können sich vermehren, obwohl eine ursprüng-lich wirksame Wirkstoffkonzentration am Wir- kungsort vorliegt. Das Antibiotikum hat seine hemmende Wirkung auf das Bakterium verloren. Heutzutage stellen uns resistente Infektions- erreger in der Human- und Tiermedizin immer häufiger vor Probleme, da die Möglichkeiten der Behandlung von Infektionen, die von resistenten Bakterien ausgelöst werden, eingeschränkt sind. Besonders kritisch ist der steigende prozentu-ale Anteil bedeutsamer resistenter Erreger in den letzten Jahren einzustufen. Abbildung 2 zeigt, dass bereits kurz nach der Einführung von diversen Wirkstoffen Bakterien Resistenzen gegenüber dem neu eingeführten Antibiotikum aufwiesen. Aufgrund dieser Beobachtung ent- stand ursprünglich die Theorie, dass Resistenzen als Folge des Antibiotikaeinsatzes erst nach der Einführung des jeweiligen Wirkstoffs ent-standen sind. Besonders eindrucksvoll wurde

diese Hypothese allerdings widerlegt, als man bei der Untersuchung von Permafrostboden 30.000 Jahre alte Bakterien-DNS analysierte. Diese Bakterien vermehrten sich lange Zeit vor der Entdeckung von Antibiotika und wurden durch die permanente Frostschicht in den Bo-denregionen konserviert. Auch diese Bakterien wiesen bereits in ihrer DNS Erbinformationen für unterschiedliche Resistenzmechanismen auf. Grund dafür ist, dass viele antimikrobiell wirksame Stoffe in der Natur gebildet werden.[1] Das bekannteste Beispiel hierfür ist Penicillin, das von dem Pilz Penicillium gebildet wird. So haben auch in der Natur Penicillin-resistente Bakterien in der Umgebung des Pilzes Penicillium einen Vorteil gegenüber empfindlichen Bakte-rien, da sie überlebensfähig sind. Antibiotika- resistenzen sind also ein natürliches Phänomen und weit verbreitet in der Umwelt. Auch bei Umweltbakterien, die keine Infektionen her-vorrufen, können somit Resistenzen auftreten.

Arten von Resistenzen

Natürliche ResistenzDie natürliche Resistenz wird auch als intrin-sische Resistenz bezeichnet. Das Antibiotikum ist wegen bestimmter natürlicher Eigenschaften des Bakteriums unwirksam.

Beispielsweise sind Mykoplasmen resistent gegenüber Beta-Laktam-Antibiotika. Grund für diese natürliche Resistenz ist der fehlende Angriffspunkt des Antibiotikums. Beta-Laktam- Antibiotika stören bei Bakterien den Aufbau der Zellwand, sodass die Zellwand instabil wird und die Bakterien absterben. Mykoplasmen besitzen jedoch keine typische Zellwand. Deshalb finden Beta-Laktam-Antibiotika bei diesen Bakterien keinen Angriffspunkt und bleiben wirkungslos.

Andere natürliche Resistenzmechanismen – insbesondere bei gramnegativen Bakterien (dazu gehören u.a. Escherichia coli) – beruhen darauf, dass bestimmte antimikrobielle Wirk- stoffe die Zellwand der Bakterien nicht durch- dringen und somit ihre Zielstrukturen im Zellinnern nicht erreichen können. Die Resistenzmechanismen sind in allen Bakte- rien der gleichen Spezies nachweisbar und liegen auch ohne vorherigen Kontakt des Bakteriums mit dem Wirkstoff vor. Die Kenntnis dieser Resis- tenzen ist eine wichtige Voraussetzung für die Auswahl eines geeigneten Antibiotikums.

Erworbene ResistenzIm Gegensatz zur natürlichen Resistenz findet man erworbene Resistenzen nicht bei allen Bakterien derselben Spezies. Stattdessen werden ursprünglich empfindliche Bakterien unempfind- lich gegenüber einem spezifischen Wirkstoff oder allen Wirkstoffen einer Antibiotikaklasse. Erworbene Resistenz kann auf der Ausbildung von Mutationen oder dem Erwerb von Resistenz- genen beruhen.

Mutation: Bakterien vermehren sich durch Zell-teilung und bilden so Gruppen von verwandten Bakterien (Bakterienpopulationen). Durch spontan auftretende Veränderungen eines Bak-teriengens unterscheiden sich die einzelnen Bakterienzellen untereinander, obwohl sie zur gleichen Bakterienspezies gehören. Mitunter mutieren Gene so, dass die Bakterienzelle resis- tent gegen ein Antibiotikum wird. Ein Beispiel hierfür sind Fluorchinolon-resistente Staphylo- kokken. Durch die Mutation in einem bestimmten Gen (z. B. gyrA) werden Staphylokokken resistent gegenüber Fluorchinolonen.

Aufnahme eines Resistenzgens: Eine andere Möglichkeit zur Ausbildung einer Resistenz ist die Aufnahme von fremder DNS mit Resistenz- informationen. Ein Beispiel hierfür ist Colistin-resistenz. Durch die Aufnahme von Fremd-DNS mit Informationen zu Resistenzmechanismen gegen Colistin (z. B. Gen: mcr-1) erwerben Bak- terien eine Resistenz gegenüber dem Wirkstoff. Besonders kritisch bei dieser Art der Resistenz- ausbildung ist die Möglichkeit, dass die Resis-tenzinformationen auf Bakterien derselben Spezies und anderer Spezies übertragbar sind.

EINFÜHRUNG DES WIRKSTOFFS

VOLLSTÄNDIGE WIRKSAMKEIT DES WIRKSTOFFS

BESCHREIBUNG RESISTENTER BAKTERIEN

Zyklische Lipopeptide

Glycylcycline

Oxazolidinone

Carbapeneme

Fluorchinolone

Lincosamide

Streptogramine

Rifamycine

Glykopeptide

Tetrazykline

Makrolide

Beta-Laktame/Penicilline

Aminoglykoside

Sulfonamide

Chloramphenicol

1930 1940 1960 1980 20001950 201019901970

2) Einführung der Antibiotikaklassen/-wirkstoffe und Resistenzentwicklung Quelle: Silver L. L. (2011). Challenges of antibacterial discovery. Clin Microbiol Rev, 24, 71-109.

Abbildung 1 (Seite 6-7) macht deutlich, wie viele verschiedene Resistenzmechanismen Bakterien entwickeln können, um sich vor der Wirkung von Antibiotika zu schützen. Grund-sätzlich unterscheidet man zwei Resistenzarten:

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Ausbreitung von ResistenzenWährend natürliche Resistenzen von Natur aus bei allen Bakterien innerhalb einer Spezies vorkommen, werden erworbene Resistenzen über zwei unterschiedliche Wege verbreitet.

Vertikale ÜbertragungBakterien vermehren sich durch Zellteilung. Dabei wird die Erbinformation (DNS) der sich teilenden Bakterienzelle (Mutterzelle) auf die beiden neu entstehenden Bakterienzellen (Tochterzellen) übertragen. Diese Übertragung von Erbinformationen bezeichnet man als ver-tikale Übertragung. Auf diesem Wege können prinzipiell alle erworbenen Resistenzinforma- tionen von der Mutterzelle an die beiden Tochter- zellen weitergegeben werden. Generell haben Bakterien mit Resistenzmechanismen einen Überlebensvorteil, sobald das entsprechende Antibiotikum eingesetzt wird.

Horizontale ÜbertragungErbinformationen werden unabhängig von der Zellteilung von einer fremden Bakterienzelle auf eine andere Bakterienzelle übertragen. Dadurch können Erbinformationen zwischen Bakterien derselben Spezies, aber auch zwi- schen Bakterien unterschiedlicher Spezies ausgetauscht werden. Mögliche Wege sind:

Transformation (Übertragung freier DNS)Transduktion (Übertragung mittels Bakteriophagen)Konjugation (Übertragung mittels selbst- übertragbarer mobiler genetischer Elemente, z.B. Plasmide)

Enthält die aufgenommene DNS Gene mit Resis- tenzinformationen, verfügt das Bakterium nun in der Regel über eine neu erworbene Resistenz. Neben Genen mit Resistenzinformationen werden meist zusätzliche Gene übertragen, die eine Vielzahl unterschiedlicher positiver oder auch negativer Eigenschaften für die Bakterienzelle aufweisen können.

Ohne diesen Selektionsdruck können die Bak-terienzellen aber auch gegenüber sensiblen Bakterien benachteiligt sein. Dies trifft bei- spielsweise zu, wenn sich resistente Bakterien langsamer vermehren als sensible Vertreter derselben Spezies. Man bezeichnet dieses Phä-nomen als Fitnessverlust. Das kann dazu führen, dass Resistenzinformationen weitgehend aus einer Bakterienpopulation verschwinden, wenn kein selektiver Vorteil (durch das entsprechende Antibiotikum) für die Bakterien besteht.

Wenn die neu aufgenommene DNS zu einem Fitnessverlust für das Bakterium führt, wird sie bei der vertikalen Übertragung (Zellteilung) ohne entsprechenden Selektionsdruck in der Regel nicht an die Tochterzellen weitergegeben. Hat die neu erworbene DNS allerdings keinen Einfluss auf die erfolgreiche Vermehrung des Bakteriums, kann eine vertikale Übertragung über viele Generationen erfolgen. Zudem ist jederzeit eine erneute horizon-tale Übertragung möglich.

RESISTENZINFORMATION

CHROMOSOM

PLASMID

PLASMID

RESISTENZINFORMATION

RESISTENZINFORMATION

RESISTENZINFORMATION

RESISTENZINFORMATION

BAKTERIOPHAGE

FREIE DNS

1

2

3

1

2

3

3) Ausbreitung von Resistenzen: vertikal (links) und horizontal (rechts)

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Das Problem der Kreuz- und Mehrfachresistenzen Die Macht des Selektionsdrucks

KreuzresistenzenKreuzresistenzen treten auf, wenn Bakterien unempfindlich gegenüber zwei oder mehreren Antibiotika mit ähnlichen Wirkungsmechanismen oder ähnlichem Aufbau des Wirkstoffs sind. Am häufigsten kommen Kreuzresistenzen bei Wirkstoffen der gleichen Antibiotikaklasse vor. Ein Beispiel sind Wirkstoffe aus der Antibiotikaklasse der Tetrazykline. Wenn ein Bakterium resistent gegen den Wirkstoff Tetrazyklin ist, können auch andere Wirkstoffe der Klasse (z.B. Doxyzyklin) wirkungs- los werden. Kreuzresistenzen zwischen Wirkstoffen unterschiedlicher Antibiotikaklassen sind bei Makroliden und Lincosamiden bekannt. Die Wirkstoffe beider Antibiotikaklassen binden an der gleichen Stelle derselben Zielstruktur (Ribosomen) und verhindern die Bildung von Proteinen. Wird diese Zielstruktur verändert, können weder Makrolide noch Lincosamide binden und das betreffende Bakterium weist eine Kreuzresistenz gegenüber beiden Wirkstoffklassen auf.

MehrfachresistenzenMehrfachresistenzen treten auf, wenn ein Bakterium gegenüber verschiedenen Antibiotika- klassen resistent ist. Sind Bakterien gegen Wirkstoffe aus drei oder mehr Antibiotikaklassen resistent, spricht man von multiresistenten Bakterien. Häufig befinden sich auf horizontal übertragenen DNS-Abschnitten mehrere Resistenzgene, die Resistenzen gegenüber Wirkstoffen verschiedener Antibiotikaklassen vermitteln. Abbildung 4 zeigt beispielhaft die horizontale Übertragung eines DNS-Abschnitts mit Informationen zu vier verschiedenen Resistenzmechanismen.

Selektionsdruck bezeichnet die Einwirkung eines Faktors auf eine lebende Population. Im Zusammenhang mit Antibiotikaresistenzen ist die Einwirkung von Antibiotika auf eine Bakte-rienpopulation gemeint. Durch den Einsatz von Antibiotika werden empfindliche Bakterien in ihrer Vermehrung gehemmt oder abgetötet, während resistente Bakterien überleben. Durch die Nutzung von Resistenzmechanismen haben diese Bakterien einen Vorteil gegenüber sen-siblen Bakterien in der gleichen Umgebung. Bei jedem Antibiotikaeinsatz werden also massiv Bakterien selektiert, die resistent gegen den eingesetzten Wirkstoff sind.

Im Idealfall werden bei einer Erkrankung also alle für die Infektion verantwortlichen Bakterien abgetötet bzw. in ihrem Wachstum gehemmt, weil sie empfindlich gegenüber dem Wirkstoff sind. Allerdings sind Bakterien sehr anpassungs- fähig. Das verwendete Antibiotikum übt einen Selektionsdruck auf sie aus, der dafür sorgt, dass nur an die neue Situation angepasste – also resistente – Bakterien überleben. Diese dringend benötigten Resistenzmechanismen können durch Veränderung des eigenen Erbmaterials der Bakterienzelle (beispielsweise durch Muta-tion) entstehen oder aber durch die Aufnahme fremder übertragbarer DNS erworben werden. In beiden Fällen führt die Fähigkeit zur Ausbil-dung einer Resistenz gegenüber dem einge-setzten Wirkstoff zu einem Vorteil gegenüber der sensiblen Bakterienpopulation. Während die empfindlichen Bakterien absterben, haben resistente Vertreter derselben oder auch einer anderen Bakterienspezies die Möglichkeit, sich ungehindert zu vermehren.

Häufig sind Bakterien resistent gegenüber verschiedenen Wirkstoffen einer Antibiotikaklasse oder sogar gegen Wirkstoffe mehrerer Antibiotikaklassen. Deswegen sind die Behandlungsoptionen bei einer bakteriellen Infektion mitunter stark eingeschränkt.

Dementsprechend führt Selektionsdruck zu zwei unerwünschten Effekten:

Resistente Bakterien können in einer ursprünglich lebensfeindlichen Umgebung überleben. Resistente Bakterien können sich ungehindert vermehren.

Bei jedem Einsatz von Antibiotika besteht die Möglichkeit, dass sich resistente Bakterien aus einer ursprünglich sensiblen Bakterienpopula-tion entwickeln. Besonders kritisch ist die Anti- biotikagabe in zu geringer Konzentration oder über einen nicht ausreichend langen Zeitraum. In beiden Fällen kommen sensible Bakterien mit dem Wirkstoff in Kontakt, werden aber ent-weder wegen einer zu niedrigen Konzentration oder eines zu kurzen Behandlungszeitraums nicht vollständig abgetötet. Der Kontakt mit dem Wirkstoff begünstigt die Resistenzent-wicklung der ursprünglich sensiblen Bakterien. Antibiotika müssen deshalb immer so lange wie nötig eingesetzt werden. Mit einem rationalen und zielgerichteten Antibiotikaeinsatz kann die Entstehung und Ausbreitung von resistenten Erregern minimiert werden.

SULFONAMID-RESISTENZAMINOGLYKOSID-RESISTENZ

TETRAZYKLIN-RESISTENZBETA-LAKTAM-AB-RESISTENZ

PLASMID MIT KODIERTEN RESISTENZMECHANISMEN

CHROMOSOMALE DNS

4) Übertragung von Resistenzgenen auf Plasmiden durch Konjugation am Beispiel ESBL-bildender Enterobakterien (Bakterien: Escherichia coli und Klebsiella sp.)

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Beispiel Amoxicillin-GabeBei jeder Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten mit Antibiotika kommt es zu einer Reihe von erwünschten und unerwünschten Wirkungen. Unerwünschte Effekte findet man sowohl im Tierkörper als auch in der Umgebung des behandelten Tieres, während gewünschte Effekte vornehmlich im Körper des erkrankten Tieres zum Tragen kommen.

Erwünschte WirkungenDie erwünschte Wirkung bei der Nutzung von Antibiotika ist das Abtöten der Bakterien, die Infektionen bei dem jeweiligen Tier hervorrufen. Dementsprechend laufen erwünschte Effekte im Tierkörper des erkrankten Tieres ab. Die Gabe des Antibiotikums kann entweder oral (über Futter oder Wasser) oder per Injektion erfolgen. In beiden Fällen gelangt der Wirk-stoff nach kurzer Zeit in den Blutkreislauf und kann so zum Zielgewebe wie beispielsweise in den Respirationstrakt bei einer Atemwegsin-fektion transportiert werden. Der Amoxicillin- empfindliche Infektionserreger wird abgetötet, wenn das Antibiotikum in ausreichender Kon-zentration und über einen ausreichend langen Zeitraum in dem Zielgewebe vorliegt.

Unerwünschte WirkungenNeben dem Zielgewebe, in dem die Infektion vorliegt, erreicht der Wirkstoff über das Blut auch noch andere Regionen des Körpers, die von Natur aus mit Bakterien besiedelt sind. Dazu gehören unter anderem der Darm und die Haut. Der Wirkstoff führt auch bei diesen Bakterien- populationen zur Selektion resistenter Bak-terien, während sensible Bakterien abgetötet werden. Die resistenten Bakterien können sich ungehindert vermehren und an die Umwelt abgegeben werden. Durch den Selektionsdruck kann unter Umständen auch ein Austausch von Resistenzinformationen über horizontalen Gentransfer stattfinden.

A n ti bi o ti k a

RESPIRATIONSTRAKT

DARM

Tierkörper Im Tierkörper sind sowohl erwünschte als auch unerwünschte Wirkungen nachweisbar.

UmgebungÜber Ausscheidungen behandelter Tiere können Antibiotika beispielsweise durch Düngung auch in die Umgebung gelangen. Diese Antibiotikarückstände können zur Ausbildung und Selektion resistenter Bakterien in der Umwelt beitragen.[2]

AnwenderBereits beim Anwender kann es durch die Hand- habung des Antibiotikums zu unerwünschten Wirkungen kommen. So kann beispielsweise bei der oralen Verabreichung des Antibiotikums durch Kontakt mit dem Wirkstoff (auf der Haut oder beim Einatmen der Stäube) die natürliche Mikrobiota des Anwenders (z.B. natürlicher-weise auf der Haut vorkommende Bakterien) verändert werden.

AusscheidungenBei der Behandlung von Tieren mit Amoxicillin wird ein Großteil des Wirkstoffs in noch wirk-samer Form über den Urin aus dem Tierkörper ausgeschieden und vermischt sich so mit den Bakterien aus der Umgebung. Durch diesen Kontakt entsteht wiederum auch außerhalb des Tierköpers ein Selektionsdruck auf Bakte-rien und die Entstehung und Ausbreitung von Resistenzen wird begünstigt.

AMOXICILLIN-SENSIBLE BAKTERIEN AMOXICILLIN-RESISTENTE BAKTERIEN

6) Erwünschte und unerwünschte Wirkungen im Körper des behandelten Tieres, dargestellt am Beispiel der Amoxicillin-Verabreichung

5) Unerwünschte Wirkungen in der Umgebung des behandelten Tieres 1

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Resistenzentwicklungen vorbeugen Welchen Beitrag kann ich persönlich leisten?

Behandlung von bakteriellen InfektionskrankheitenBei jeder Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten mit Antibiotika wird ein Selektions-druck auf resistente Bakterien ausgeübt. Deshalb ist neben der effektiven Behandlung von Patienten besonders wichtig, den Selektionsdruck auf resistente Bakterien so gering wie möglich zu halten. Nur so kann deren Entstehung und Ausbreitung minimiert werden.

Präventive MaßnahmenNeben der rationalen Anwendung von Antibiotika ist ein weiterer wichtiger Schwerpunkt für einen reduzierten Antibiotikaeinsatz die gezielte Durchführung präventiver Maßnahmen zur Vermeidung der Übertragung bakterieller Infektionserreger, aber auch generell zur Minimierung des Ausbruchs bakterieller Infektionskrankheiten.

Indikation / DiagnostikEine enge Zusammenarbeit zwischen Tierarzt und Tierhalter sind Grundvoraussetzung für eine effektive Infektionsbehandlung. Basierend auf einer fachgerechten klinischen Untersuchung entscheidet der Tierarzt über den Einsatz eines Antibiotikums. Labordiagnostische Untersu-chungen sind nicht immer erforderlich, aber in manchen Situationen unverzichtbar. Hierzu zählen unter anderem Wechsel des Antibiotikums sowie regelmäßige Kontrolluntersuchungen bei problematischen Erregern oder wiederholter antibiotischer Behandlung. AntibiotikatherapieBei der Auswahl des Antibiotikums müssen viele verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, die in den Antibiotikaleitlinien beschrieben werden. Ein detaillierter Überblick befindet sich in Broschüre 3. Hier sind noch einmal kurz einige wichtige Punkte für eine sinnvolle Anti- biotikaauswahl aufgeführt. Die Verabreichungs- form des Antibiotikums muss so gewählt werden, dass in dem Zielgewebe lange genug ein ent- sprechend hoher Wirkspiegel des Wirkstoffs vorliegt. Die Dauer der Behandlung soll bei ausreichender Dosierung so kurz wie möglich gewählt werden. Wichtig ist jedoch, dass eine genügend lange Therapiedauer zur Bekämpfung der Infektion gewählt wird.

Für die Behandlung von Infektionen mit be-kannten Erregern sollten Antibiotika mit einem möglichst schmalen Wirkspektrum ausgewählt werden. Dadurch werden die natürlicherweise bei Menschen und Tieren vorkommenden Bak-terien (physiologische Mikrobiota; z.B. Haut oder Darm) weniger stark beeinflusst und der Selektionsdruck auf diese Bakterien reduziert. Nach Möglichkeit sollte die Auswahl des Anti- biotikums unter Berücksichtigung der bestands- spezifischen Resistenzsituation (basierend auf labordiagnostischen Untersuchungen aus der Vergangenheit) erfolgen. Außerdem sollte ein Reserve-Antibiotikum nur eingesetzt werden, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen. Zuvor sollte die Wirksamkeit dieses Reserve- Antibiotikums mittels Empfindlichkeitsprüfung getestet werden.

Gruppen- vs. EinzeltierbehandlungPrinzipiell ist eine Einzeltierbehandlung einer Gruppenbehandlung vorzuziehen. Besondere Gefahren bei der Behandlung von Tiergruppen sind eine zu geringe Dosierung des Antibioti-kums, vor allem bei geschwächten Tieren, und die Verschleppung des Wirkstoffs innerhalb des Betriebes. Deshalb sollten ein intensives Monitoring der behandelten Tiergruppen und die Einführung von Maßnahmen zur Verhinde-rung einer Wirkstoffverschleppung erfolgen.

Separation von erkrankten EinzeltierenUm die Übertragung von Erregern zu minimieren, sollten infektiöse Einzeltiere separiert werden. Durch eine gute Früherkennung kann mitunter eine Ausbreitung auf die gesamte Gruppe über direkten Tierkontakt stark reduziert werden. Die Erarbeitung und Einhaltung strikter Hygiene-maßnahmen wirkt gegen eine Verschleppung des Erregers innerhalb des Betriebes. Wichtig ist es hierbei, Wege der direkten (über den Tier- besitzer, Tierarzt etc.) und indirekten Übertra- gung (Vektoren wie Kleidung, Treibebretter etc.) zu berücksichtigen. Ausführliche Informationen zu dem Punkt Hygienemaßnahmen folgen in Broschüre 5.

Immunisierung Impfungen beugen verschiedenen Erkrankungen vor. Bei häufig wiederkehrenden spezifischen Infektionen in einem Betrieb kann die Nutzung einer auf den einzelnen Stall ausgerichteten Immunisierung sehr sinnvoll sein.

Hygiene, Reinigung und DesinfektionEin gesundes Schwein bedeutet für den Land-wirt weniger Krankheiten, weniger Aufwand und letztlich einen reduzierten Antibiotikaver-brauch. In diesem Zusammenhang spielt die gute Betriebshygiene eine entscheidende Rolle bei der Gesundheit der Tiere.

Es ist deshalb sehr wichtig, die Infektketten zu unterbrechen, indem zunächst in den Betrieben sachkundig und fachgerecht nach Vorgabe gereinigt und desinfiziert wird. Mehr zu diesem Thema in Broschüre 5 „Hygiene im Schweinestall. Innerbetriebliche Präventionsmaßnahmen“.

Minimierung von Umweltstressfaktoren für die TiereStressfaktoren wie das Stallklima, der Transport, Schwanzbeißen und die Überbelegung im Stall haben häufige Folgen bei den Tieren. Unter anderem wird die Anfälligkeit für Infektionen erhöht, was Erkrankungen der Tiere Vorschub leistet. Um die Tiere gesund und fit zu halten, ist es daher sinnvoll, eine Minimierung von Umweltstressoren im Schweinestall anzustreben. Dieses Thema wird detailliert in Broschüre 6 „Stress im Stall. Einfluss von Umweltstressoren auf das Schwein“ beschrieben.

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Glossar Bakteriophagen: Viren, die Bakterien infizieren

DNS: Desoxyribonukleinsäure; Träger der Erbinformationen

Erworbene Resistenz: Ursprünglich emp-findliche Bakterien werden gegenüber einem spezifischen Wirkstoff oder allen Wirkstoffen einer Antibiotikaklasse unempfindlich.

ESBL (Extended-Spektrum-Beta-Laktamasen): Wenn Bakterien diese Enzyme bilden, werden Beta-Laktam-Antibiotika so umgewandelt, dass sie wirkungslos werden.

Fitnessverlust: Vermehren sich Bakterien derselben Spezies nach der Aufnahme oder Veränderung von DNS langsamer als vorher, spricht man von einem Fitnessverlust für das Bakterium.

Horizontale Übertragung: Erbinformationen werden unabhängig von Zellteilung zwischen zwei Bakterien ausgetauscht.

Konjugation: Eigenständige Übertragung von mobilen genetischen Elementen (z.B. Plasmiden)

Kreuzresistenzen: Bakterien sind unempfind-lich gegenüber zwei oder mehreren Antibiotika mit ähnlichen Wirkungsmechanismen oder ähnlichem Aufbau des Wirkstoffs.

Mehrfachresistenz: Bakterien, die gegenüber Wirkstoffen von mindestens zwei verschie-denen Antibiotikaklassen resistent sind. Eine Sonderform ist Multiresistenz (gegen drei oder mehr Antibiotikaklassen resistente Bakterien).

Physiologische Mikrobiota: Bakterien, die bei gesunden Menschen und Tieren vorhanden sind (zum Beispiel auf der Haut oder auf der Darmschleimhaut)

Mutation: spontan auftretende Veränderung in der Bakterien-DNS

Natürliche Resistenz (intrinsische Resistenz): Ein Wirkstoff ist wegen bestimmter natürlicher Eigenschaften des Bakteriums unwirksam.

Plasmide: In der Regel ringförmige DNS-Mole-küle unterschiedlicher Größen, die zusätzlich zur chromosomalen DNS von Bakterien vorliegen. Plasmide vermehren sich unabhängig von der chromosomalen Bakterien-DNS.

Reserve-Antibiotika: Definierte Gruppe von Wirkstoffen, die in der Regel noch eine gute Wirksamkeit aufweisen. Diese Antibiotika sollten nur eingesetzt werden, wenn keine alternativen Wirkstoffe zur Verfügung stehen und die Wirksamkeit mit einem Resistenztest bestätigt wurde.

Selektionsdruck: Durch den Einsatz von Antibiotika werden empfindliche Bakterien abgetötet. Gegenüber dem eingesetzten Wirkstoff resistente Bakterien überleben im Gegensatz zu empfindlichen Bakterien die Behandlung und können sich dadurch unge-hindert vermehren.

Transduktion: Übertragung von DNS mittels Bakteriophagen

Transformation: Übertragung freier DNS

Vertikale Übertragung: Erbinformationen werden durch Zellteilung von der Mutterzelle auf zwei Tochterzellen übertragen.

Referenzen:1. D’Costa, V. M., King, C. E., Kalan, L., Morar, M., Sung, W. W. et al. (2011). Antibiotic resistance is ancient. Nature, 477, 457-461.2. Jung, Y., Jang, H., Matthews, K. R. (2014). Effect of the food production chain from farm practices to vegetable processing on outbreak incidence. Microb Biotechnol, 7, 517-527.3. Löscher, W., Richter, A., Potschka, H. (2014). Pharmako-therapie bei Haus- und Nutztieren. (9. Auflage). Stuttgart: Enke Verlag.4. Bundestierärztekammer (2015). Leitlinien für den sorgfäl-tigen Umgang mit antibakteriell wirksamen Arzneimitteln. (3. Auflage). Beilage zum Deutschen Tierärzteblatt 3/2015.5. Schwarz, S., Loeffler, A., Kadlec, K. (2016). Bacterial resistance to antimicrobial agents and its impact on veterinary and human medicine. Veterinary Dermatology, 2016 Aug 31.doi: 10.1111/vde.12362. [Epub ahead of print].6. Schwarz, S., Cloeckaert, A., Roberts, M. C. (2006). Mechanisms and spread of bacterial resistance to antimicrobial agents. In F. M. Aarestrup (Ed.). Antimicrobial resistance in bacteria of animal origin. Washington DC: ASM Press. 73–98.7. Schwarz, S., Kadlec, K., Silley, P. (2013). Antimicrobial Resistance in Bacteria of Animal Origin. Steinen: ZETT Verlag. 1–128.

Impressum

Herausgeber: Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen der Freien Universität Berlin RAI „Rationaler Antibiotikaeinsatz durch Information und Kommunikation“ Erschienen: Januar 2017Redaktionsschluss: 9. Dezember 2016

Autoren: Szilvia Vincze, PhD, Dr. Antina Lübke-Becker, Dr. Esther-Maria Antão, Freie Universität Berlin, Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen | RAI-Study GroupKonzeption: Freie Universität Berlin, Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen | Lindgrün GmbHDesign, Graphik & Herstellung: Lindgrün GmbH, BerlinDruck: Pinguin Druck GmbH, BerlinLektorat: Dr. Sibylle Strobel, Berlin

Dieses Werk ist lizenziert unter folgender Creative Commons 4.0 Internationalen Lizenz: Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen

Page 11: Thema no. Schweine - RAI >Startseite · von Antibiotikaresistenzen in der Haltung von Schweinen, Antibiotika: Gut zu wissen, die Selektions- und Resistenzmechanismen gegen Antibiotika,

Freie Universität Berlin Fachbereich Veterinärmedizin

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RAI: Rationaler Einsatz von Antibiotika durch Information und KommunikationRAI ist ein Basisprojekt des Konsortiums InfectControl 2020 im Rahmen der

Fördermaßnahme «Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation» des Bundesministeriums für

Bildung und Forschung (BMBF). RAI zeichnet sich dadurch aus, dass sich erstmals in

Deutschland sektorenübergreifend Human- und Tiermediziner gemeinsam mit Designern

und Kommunikationsexperten in einem Projektverbund dem Thema Antibiotikaeinsatz und

Resistenzentwicklung widmen.

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