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Der Unfallchirurg 11•2001 | 1101
Zusammenfassung
Wirbelfrakturen bei Patienten mit ankylosie-
render Spondylitis (M. Strümpell-Marie-
Bechterew) sind aufgrund der hohen Morbi-
dität und Mortalität eine gefürchtete Kom-
plikation.Wir berichten über eine Patientin
mit Hyperextensionsfraktur der Lendenwir-
belsäule sowie Begleitverletzung der Aorta
und V. cava.
Schlüsselwörter
Ankylosierende Spondylitis ·
Wirbelsäulenfraktur · Aortenruptur
Verletzungen der Aorta in Kombinati-on mit Wirbelsäulenfrakturen sind mei-stens Folge von Hochrasanztraumen, inder Regel handelt es sich um Verkehrs-unfälle [5, 9, 10, 13]. Betroffen ist übli-cherweise die thorakale, seltener die ab-dominelle Aorta. Eine eigene Entitätstellen Wirbelsäulenfrakturen bei an-kylosierender Spondylitis (M. Strüm-pell-Marie-Bechterew) dar [1, 4, 7, 14].Obwohl bei diesen Patienten zumeistMinimaltraumen wie banale Stürze fürWirbelfrakturen verantwortlich zeich-nen, ist sowohl die Letalität als auch dieneurologische Komplikationsrate imVergleich zu einem Normalkollektivdeutlich erhöht [1, 14]. Eine begleitendeAortenverletzung bedeutet eine lebens-bedrohliche Komplikation.
Kasuistik
Eine 76-jährige Patientin wird nach ei-nem Sturz auf den Rücken im Rahmeneines Schwindelanfalls in die Universi-tätsklinik für Unfallchirurgie verbracht.In der Anamnese findet sich eine seitJahrzehnten bekannte ankylosierendeSpondylitis (Abb. 1), eine medikamentöseingestellte Hypertonie sowie ein diät-pflichtiger Diabetes mellitus.
Zum Zeitpunkt der Erstuntersu-chung klagt die Patientin über Schmer-zen im Bereich der Lendenwirbelsäule,sie ist kreislaufstabil mit einem Blutdruckvon 140/90,normokard und neurologischunauffällig,die erhobenen Laborparame-ter zeigen keine Besonderheiten.Alle pe-
ripheren Pulse an den unteren Extremitä-ten sind klinisch tastbar.Röntgenaufnah-men ergeben eine intervertebrale Hyper-extensionsfraktur L3/L4 mit breiter ven-traler Dislokation (Abb. 2). Die Compu-tertomographie zeigt die Aorta undV. cava ventral über die Wirbelkantenausgespannt mit teils schlitzförmigen Lu-
KasuistikUnfallchirurg2001 · 104:1101–1103 © Springer-Verlag 2001
K.Tiesenhausen1 · M.Thalhammer2 · G. Koch1 · P. Schleifer3
1 Klinische Abteilung für Gefäßchirurgie, Universitätsklinik Graz, Österreich2 Klinische Abteilung für Allgemeinchirurgie der Universitätsklinik Graz, Österreich 3 Universitätsklinik für Unfallchirurgie, Graz, Österreich
Traumatische Aortenruptur bei ankylosierender Spondylitis –eine letale Komplikation
Prof. Dr. K.TiesenhausenKlinische Abteilung für Gefäßchirurgie,
Universitätsklinik Graz,
Auenbruggerplatz 29, 8036 Graz, Östereich
RedaktionL. Kinzl, Ulm
Abb. 1 � Typische Bambusstabwirbelsäule beiankylosierender Spondylitis
Kasuistik
K.Tiesenhausen · M.Thalhammer G. Koch · P. Schleifer
Traumatic aortic rupture in ankylosingspondylitis – a lethal complication
Abstract
Fractures of the spine represent a severe
complication particularly in patients with
ankylosing spondylitis because of high mor-
bidity and mortality.We report on a patient
with a hyperextension fracture of the lumbar
spine, leading to disruption of the aorta and
caval vein.
Keywords
Ankylosing spondylitis · Spinal fracture ·
Aortic rupture
men, jedoch ohne erkennbare Rupturoder Hämatom (Abb. 3). Die Erstversor-gung erfolgt mittels einer Gipsschaleohne Reposition der dislozierten Fraktur.
Drei Tage darauf kommt es zu einerzunehmenden Paraparese, sodass mansich zur dringlichen Operation ent-schließt. Der Pulsstatus wird nicht er-neut erhoben. Über einen links-retrope-ritonealen Zugang wird die Fraktur frei-gelegt. Zur Reposition wird der Opera-tionstisch zusammengeklappt und dieursprüngliche Kyphose der Wirbelsäulewiederhergestellt. Unmittelbar daraufkommt es zu einer schweren Blutung,trotz Beiziehens eines Gefäßchirurgenund notfallmäßiger medianer Laparato-mie verstirbt die Patientin im hämor-rhagischen Schock.
Bei der Obduktion finden sich alsBlutungsursache transmurale Überdeh-nungsrisse an der Aorta und der V. cavasowie Ausrisse mehrerer Lumbalarteri-en und Venen auf Frakturhöhe.
Diskussion
Wirbelsäulenfrakturen sind eine ge-fürchtete Komplikation bei Patientenmit ankylosierender Spondylitis. Ursa-che ist die veränderte Biomechanik derzumeist in Kyphose verknöcherten Wir-belsäule. Durch den Flexibilitätsverlust,der begleitenden Osteoporose sowie dergrößeren Hebelkräfte führen bereits Mi-nimaltraumen zu schweren Verletzun-gen [7, 8]. Im Gegensatz zu dem von unsgeschilderten Fall handelt es sich beiBechterew-Patienten fast ausschließlichum Männer im mittleren und höherenLebensalter, Frakturen betreffen in biszu 80% die Halswirbelsäule, seltener dieBrust- oder Lendenwirbelsäule [1, 7, 14].
Wie bei unserer Patientin kommt estypischerweise durch Sturz auf den ky-photischen Rücken zu einem Hyperex-tensionstrauma mit transdiskal, seltenertransvertebral verlaufender Fraktur. DieZerreißung aller Wirbelsäulenpfeilerund Bänder,die damit verbundene Insta-bilität der Frakturen und größere Frak-turdislokation sowie die nicht selten ver-zögerte Diagnosestellung bedingen dasgehäufte Auftreten von schwerwiegen-den neurologischen Komplikationen mithoher Letalität von 30–57% [1, 14].
Aortenrupturen als Komplikation ei-ner Wirbelfraktur bei ankylosierenderSpondylitis wurde in der uns zugängli-chen, englischsprachlichen Literatur nur2-mal beschrieben [2, 11]. In beiden Fäl-len handelt es sich um ein Minimaltrau-
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Unfallchirurg2001 · 104:1101–1103 © Springer-Verlag 2001
Abb. 2.� Transdiskale HyperextensionsfrakturL3–L4
Abb. 3 � Schlitzenförmiges Lumen der Aorta abdominalis
und V. cava inferior
ma im Rahmen eines Sturzes mit einerintervertebralen Fraktur L2/L3 bezie-hungsweise T12/L1.So wie bei unserer Pa-tientin fand sich primär ein unauffälliger,peripherer Pulsstatus ohne neurologi-sche Ausfälle. Die Operationsindikationwar in einem Fall das Auftreten einer Pa-raparese mit Verlust der peripheren Pul-se, im anderen Fall ebenfalls ein Pulsver-lust nach einer Latenzzeit von Stundenbis Tagen. So wie auch unsere Patientinverstarben beide Patienten an den Folgender Aortenruptur, obwohl die Diagnoseder vorliegenden Gefäßverletzung einmaldurch eine Computertomographie [11],im anderen Fall durch eine Angiographie[2] gestellt werden konnte.
Bei kritischer Analyse des von unsgeschilderten Falles hätte die Dislokati-on der Fraktur mit Klaffen der Lenden-wirbel im ventralen Bereich von beinahe5 cm bereits an eine begleitende Gefäß-verletzung denken lassen müssen. Unterteilweisem Kollaps des Lumens ziehendie großen Gefäße wie Aorta, in unse-rem Fall auch V. cava wie eine gespann-te Saite über die Frakturstelle, sodass esvorübergehend zu einer Tamponade vonGefäßwandeinrissen kommt. Im Rah-men der Reposition der Wirbelsäule mitWiederherstellung der ursprünglicheKyphose kommt es zu einem Nachlassender Spannung, die Gefäße entfalten sichwieder, durch vorhande Gefäßläsionenkommt es zu massiven Blutungen. Einenarbige Fixierung der Aorta an das ver-knöcherte vordere Längsband ist in derLiteratur beschrieben und soll durchmangelnde Verschieblichkeit des Gefä-ßes im lockeren Bindegewebe eine Ge-fäßverletzung begünstigen [2,6, 12].Dieswar bei unserer Patientin intraoperativjedoch nicht festzustellen.
Bei rechtzeitiger Diagnosestellungwäre die logische Konsequenz ein trans-peritoneales Vorgehen mit Darstellungder großen Gefäße kranial und kaudalder Fraktur zur Blutungskontrolle gewe-sen. Durch die präoperative Computer-tomographie ohne Nachweis eines Hä-matoms beziehungsweise eines Kon-trastmittelparavasats wurden die vor-handenen Gefäßverletzungen nicht dia-gnostiziert [3].
Schlussfolgerung
Hyperextensionsfrakturen der Lenden-wirbelsäule bei ankylosierender Spon-dylitis sollten eine Verletzung der gro-ßen Gefäße in diagnostische Überlegun-gen miteinbeziehen. Im Zweifelsfall undbei negativer Computertomographiesollte eine Angiographie durchgeführtwerden.Bei vermuteter oder nachgewie-sener Gefäßverletzung ist ein ventralerZugang mit Gefäßdarstellung vor Repo-sition der Fraktur obligat.
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Der Unfallchirurg 11•2001 | 1103
Deutsche Sepsis-Gesellschaft e.V.
Sepsis und septischer Schock gefährden vielfach
die Behandlungserfolge der modernen Medizin.
Ihre Inzidenz steigt, weil der medizinische Fort-
schritt in vielen Bereichen mit einer Zunahme der
Invasivität diagnostischer und therapeutischer
Maßnahmen und der Notwendigkeit von Inten-
sivtherapie einhergeht. Jedoch fehlen in Deutsch-
land valide epidemiologische Daten zur Inzidenz,
Prävalenz, Letalität und Verlauf der Sepsis. Ob-
wohl viele medizinische Fachgesellschaften die
Sepsis als ein relevantes Problem betrachten, wird
sie von keiner Disziplin als Schwerpunktaufgabe
begriffen. Um im Verständnis, in der Behandlung
und in der Darstellung dieses Krankheitsbildes in
der Öffentlichkeit weiterzukommen, ist daher ei-
ne Bündelung von Aktivitäten notwendig.
Die Gründungsmitglieder der Deutschen Sepsis-
Gesellschaft e.V. fordern alle interessierten Ärzte,
Naturwissenschaftler, Gesundheitsökonomen, Ge-
sundheitspolitiker und Kostenträger auf, Mitglied
zu werden. Die neu gegründete Gesellschaft hat
sich u. a. folgende Ziele gesetzt:
◗ Etablierung einer Forschungsplattform unter
Kooperation von Kliniken, Instituten, medizini-
schen Forschungseinrichtungen und der for-
schenden Industrie,
◗ schnelle und effiziente Umsetzung wissen-
schaftlicher Erkenntnisse in die klinische Ver-
sorgung und Förderung von Maßnahmen zum
klinischen Qualitätsmanagement,
◗ Lobbying für die Sepsis in der Öffentlichkeit bei
Kostenträgern und der Gesundheitspolitik,
◗ Aufklärung der Bevölkerung,
◗ Durchführung von Fort- und Weiterbildungs-
veranstaltungen.
Weitere Informationen und die Beitrittser-klärung können angefordert werden bei:Prof. Dr. Konrad Reinhart,
Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherpie,
Bachstraße 18, 07740 Jena oder im Internet unter:
www.sepsis-gesellschaft.de
Fachnachricht