8
~~~ (Kristallund Technik 1 3 T 3 1 1968 1 431-438 ~- ~ I H.-J. BUNGE Iristitut fur Strukturforschung, Deutschc Alrademie dcr Wissenschsften zu Berlin, Berlin-bdlcrshof Uber die elastischen Konstanten kubischer Materialien mit beliebiger Textur Die elastische Anisotropie von Blechen kubischer Materialien mit beliebiger Textur wird in der VoIGT-REuss-HILL-Naherung berechnet. Sie hangt nur von den ersten drei Koeffizienten der Reihenentwicklung der Orientierungsverteilungsfunktion ab. Die Konstanten fur die Berechnung der Mittelwerte werden angegeben. Die be- rechnete Anisotropie des E-Moduls eines kaltgewalzten Kupferbleches stimmt be- friedigend mit den Messungen von WEERTS uborein. The elastic anisotropy of a sheet of cubic material with any texture was calcu- lated in the VorGT-REuss-HILL-approximation. It depends only on the first three coefficients of an expansion of the orientation distribution function into a series. The constants needed for the calculation of the mean values are given. The cal- culated anisotropy of Young's Modulus of a cold rolled copper sheet aggrees reasonably well with the measurements by WEERTS. 1. Einleitung Viele technisch wichtige Materialien sind polykristallin. Ihre elastischen Eigen- schaften hiingen daher sowohl von den Eigeiischaften der einzelnen Kristallite als auch von der Art und Weise des Zusammenbaues der Kristallite zu einem polykristallinen Gefuge ab. Die Berechnung der elastischen Konstanten eines vielkristallinen Materials aus den entsprechenden Konstanten der einzelnen Kristallite und den Parametern, die das Gefuge charakterisieren, ist dahcr eine theoretisch und praktisch wichtige Aufgabe. Die exakte Losung wurde die genaue Kenntnis der Orientierung jedes einzelnen Kristalliten sowie des Verlaufes aller Korngrenzen erfordern. An den Korngrenzen waren d a m die Grenzbedingungen fur die elastischen Spaniiungen und Verzerrungen zu be- rucksichtigen. Daraus muBten dann die mitt81erenSpannungen und Verzerrun- gen und damit die elastischen Eigenschaftcn des Vielkristalles berechnet wer- den. Dieses Verfahren wurde jedoch auf so komplizierte Rerechnungen fuhren, daQ es praktisch nicht durchfiihrbar ist. AuBerdem besitzt man meistens keinc genaue Kenntnis uber die Orientierung jedes einzelnen Kristalliten und den Verlauf der Korngrenzen. Durch Texturmessungen erhalt man lediglich Aus- kunft uber die statistische Haufigkeit des Auftretens der verschiedensn Kristall- orientierungen im Gefuge. Die Rechnung kann dann nur ,,statistisch exakt" durchgefuhrt werden, wie es von KRONER fur kubische Materialien mit regelloser Orientierungsverteilung und von KNEER fur hexagonals Materialien mit spe- zieller Fasertextur getan wurde. Auch diese Rechnungen sind noch verhaltnis- maRig kompliziert, und sie sind bisher auch nicht fur beliebige Oricntierungs- vcrt>eilungen der Kristallite durchgefuhrt uorden. Wir verwenden daher im 28*

Über die elastischen Konstanten kubischer Materialien mit beliebiger Textur

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Über die elastischen Konstanten kubischer Materialien mit beliebiger Textur

~~~

(Kristallund Technik 1 3 T 3 1 1968 1 431-438 ~- ~ I

H.-J. BUNGE

Iristitut fur Strukturforschung, Deutschc Alrademie dcr Wissenschsften zu Berlin, Berlin-bdlcrshof

Uber die elastischen Konstanten kubischer Materialien mit beliebiger Textur

Die elastische Anisotropie von Blechen kubischer Materialien mit beliebiger Textur wird in der VoIGT-REuss-HILL-Naherung berechnet. Sie hangt nur von den ersten drei Koeffizienten der Reihenentwicklung der Orientierungsverteilungsfunktion ab. Die Konstanten fur die Berechnung der Mittelwerte werden angegeben. Die be- rechnete Anisotropie des E-Moduls eines kaltgewalzten Kupferbleches stimmt be- friedigend mit den Messungen von WEERTS uborein.

The elastic anisotropy of a sheet of cubic material with any texture was calcu- lated in the VorGT-REuss-HILL-approximation. It depends only on the first three coefficients of an expansion of the orientation distribution function into a series. The constants needed for the calculation of the mean values are given. The cal- culated anisotropy of Young's Modulus of a cold rolled copper sheet aggrees reasonably well with the measurements by WEERTS.

1. Einleitung

Viele technisch wichtige Materialien sind polykristallin. Ihre elastischen Eigen- schaften hiingen daher sowohl von den Eigeiischaften der einzelnen Kristallite als auch von der Art und Weise des Zusammenbaues der Kristallite zu einem polykristallinen Gefuge ab. Die Berechnung der elastischen Konstanten eines vielkristallinen Materials aus den entsprechenden Konstanten der einzelnen Kristallite und den Parametern, die das Gefuge charakterisieren, ist dahcr eine theoretisch und praktisch wichtige Aufgabe. Die exakte Losung wurde die genaue Kenntnis der Orientierung jedes einzelnen Kristalliten sowie des Verlaufes aller Korngrenzen erfordern. An den Korngrenzen waren d a m die Grenzbedingungen fur die elastischen Spaniiungen und Verzerrungen zu be- rucksichtigen. Daraus muBten dann die mitt81eren Spannungen und Verzerrun- gen und damit die elastischen Eigenschaftcn des Vielkristalles berechnet wer- den. Dieses Verfahren wurde jedoch auf so komplizierte Rerechnungen fuhren, daQ es praktisch nicht durchfiihrbar ist. AuBerdem besitzt man meistens keinc genaue Kenntnis uber die Orientierung jedes einzelnen Kristalliten und den Verlauf der Korngrenzen. Durch Texturmessungen erhalt man lediglich Aus- kunft uber die statistische Haufigkeit des Auftretens der verschiedensn Kristall- orientierungen im Gefuge. Die Rechnung kann dann nur ,,statistisch exakt" durchgefuhrt werden, wie es von KRONER fur kubische Materialien mit regelloser Orientierungsverteilung und von KNEER fur hexagonals Materialien mit spe- zieller Fasertextur getan wurde. Auch diese Rechnungen sind noch verhaltnis- maRig kompliziert, und sie sind bisher auch nicht fur beliebige Oricntierungs- vcrt>eilungen der Kristallite durchgefuhrt uorden. Wir verwenden daher im

28*

Page 2: Über die elastischen Konstanten kubischer Materialien mit beliebiger Textur

432 H.-J. B U N ~ B

folgenden eine einfachere Naherung, die es jedoch gestattet, den EinfluB der Orientierungsverteilung auf die elastischen Eigenschaften des vielkristallinen Materials allgemein zu erfassen. Wir beschranken uns dabei zunachst auf kubi- sche Kristallsymmetrie und nehmen an, daB die Symmetrie der vielkristallinen Probe nicht niedriger als orthorhombisch ist. Damit sind praktisch alle in Drahten, Staben, Blechen und Folien kubischer Materialien auftretenden Tex- turen erfaBt. Der Ubergang zu niedrigeren Symmetrien ist prinzipiell moglich, er erfordert jedoch grof3eren Rechenaufwand.

2. Verschiedene Arten der Mittelung der elastischen Groi3en

Zwischen den Komponenten oij des Spannungstensors und den Komponenten ~ k l

des Verformungstensors besteht bei kleinen Verformungen der lineare Zusam- menhang

oder (1)

( 2 )

0 . . - c . . a g - i j k l E k ~

€ . . - s . . 1 3 - a j k l o k ~ .

Dabei beschreiben die elastischen Konstanten c i j k l und die elastischen Moduln s i j k l in aquivalenter Weise die elastischen Eigenschaften des Materials. Xie konnen naturlich ineinander urngerechnet werden (s. z . B. NYE). Wir wollen das symbolisch ausdriicken indem wir schreiben

sijh.1 = ( c i j k l ) - l . (3)

Die GroOen c i j k l und s i j k l sind natiirlich von der Orientierung der Kristallachsen relativ zu dem gewahlten Koordinatensystem abhangig. I n einem vielkristalli- nen Material sind sie also Ortsfunktion. Das gleiche gilt anch fur die Spannungen oij und Verzerrungen ~ i j . Mitteln wir nun Gleichung (1) oder ( 2 ) iiber die ge- samte polykristalline Probe, so mu13 der Mittelwert des Produktes auf der rechten Seite nicht notwendig gleich dem Produkt der Mittelwerte der beiden Paktoren sein. Wir erhalten so aus Gleichung (1) und ( 2 )

(4)

( 5 )

- - - 0 . . - (C.. I j k ~ + d c i j k ~ ) E ~ Z = cij lc~ E ~ I , >

E.. - (S.. i g k l + A S i j k l ) S k l = S i j l c l u k l . a j -

- - -

ag -

Dabei beschreiben die GroRen C i j k l und i i j k l wieder in aquivalenter Weise die elastischen Eigenschaften des vielkristallinen Materials. Sie weichen jedoch im allgemeinen von den einfachen Mitt#elwerten C i j k l und S i j k l ab.

Macht man die Naherungsannahme, daB die Verzerrungen ~ k l in allen Kri- stalliten gleich und damit auch gleich den mittleren Verzerrungen Zk seien, so verschwindet die ZusatzgroBe A c i j k l in Gleichung (4), uncl wir erhalten als NBherung fur die elastische,n Konstanten des Vielkristalles

- - (6) v C < j k l s c i j k l = C i j k l .

Dies ist die von T701c~ verwendete Naherung. Analog erhalt man bei Annahme konstanter Spannungen in allen Kristalliten

& j k l s Sij,<l = S & l . (7)

Page 3: Über die elastischen Konstanten kubischer Materialien mit beliebiger Textur

Elastische Konstanten kubischer Materialien mit beliebiger Textur 433

Dies ist die von REUSS verwendete Naherung. Fur die Moduln in der VOIGT- schen Naherung ergibt sich dann nach Gleichung (3)

(8) sY 2 j k l = (c&)-l.

Wie HILL gezeigt hat, bilden die beiden Naherungen sGfi l und s c k l obere und untere Grenzwerte fur die elastischen Eigenschaften des Vielkristalles, und der Mittelwert aus beiden ist eine wesentlich bessere Naherung, so daIJ wir schrei- ben konnen

Dabei ist A,, L eine kleinere Korrektur als die entsprechendeii GroIJen A c , ~ und AsL3Lz in Gleichung (4) und (5). AuSerdem hangt sie, wie KNEER gefunden hat, kaum noch von der Orientierungsverteilung der Kristallite ab. Zur Be- rechnung der Texturabhangigkeit der elastischen Eigenschaften vielkristalliner Materialien konnen wir daher in guter Naherung

verwenden. Das Problem der Berechnung der Texturabhangigkeit der elasti- schen Eigenschaften ist durch die Formeln (9) bzw. ( lo) auf die Berechnung der einfachen Mittelwerte C i j k l und i i j k l fur beliebige Texturen zuruckgefuhrt.

3. Berechnung der Mittelwerte

Die GroIJen ci jk l und s i j k l sind Komponenten von Tensoren 4. Stufe. Sie hangen also von der Wahl des Koordinatensystems ab. Wir legen nun cin in der ge- samten Probe gultiges Koordinatensystem K fest (Bei Blechproben wahleii wir z. B. XI: Walzrichtung, X,: Querrichtung, X,: Normalrichtung). Ferner verwenden wir fur jeden einzelnen Kristalliten ein mit den Kristallachsen fest’ vcrbundenes Koordinatensystem KO (Bei kubischen Kristallen wahlen wir z. B. Xy: [loo], X i : [OlO], X z : [OOl], also die vierzahligen Achsen). Das Koordi- natensystem KO sol1 aus dem System K durch die Drehung g mit den Eulerschen Winkeln cpl, @, cpz hervorgehen. Dann gilt

x, = aij(pl @ p2) - xj . (11)

Die Transformationskoeffizienten aij hangen von den Eulerschcn Winkeln ab. Entsprechend gilt fur die Komponenten s i j k l in dcm fur alle Kristallite gemein- samen Koordinatensystem K

s i j k l = aim - q, ako . alp . s k n O p . (12)

Darin sind die sib,,p die Komponeiiten des Modultensors bezogen auf die Kri- stallaclisen. Sie sind also fur alle Kristallitc gleich.

Zur Bildung des Mittelwertes von s i j k l benotigen wir die Orientierungsver- teilungsfunktion der Kristallite. Es sei dV das Volumen aller Kristallite der Probe, die eine Orientierung zwischen g und g + dg besitzen, uiid V sei das Gesnmtvolumen der Probe. Dann ist durch

Page 4: Über die elastischen Konstanten kubischer Materialien mit beliebiger Textur

434 H.-J. BUNGI.:

die Orientierungsverteilungsfnnktion f ( g ) definiert. Setzen wir

(14) 1

dg = sin @ dy, d@ dy, ,

so gilt fur f ( g ) im Falle regelloser Orientierungsverteilung

f r = 1 . (15) Mittelt man Gleichung (12) iibcr alle Orientierungen g entsprechend der Haufig- keit f(g) ihres Auftretens in der Probe, so ergibt sich

G 3 k i = J a j n a ~ , a i p f ( g ) d g . & ? t o p . (16)

Die dariri auftretenden Integrale hangen nicht von den elastischen Eigenschaf - ten der Kristalle, wohl aber von der Orientierungsverteilung f ( g ) ab. Um auf Integrale zu kommen, die auch von der Orientierungsverteilung unabhangig sind, entwickeln wir die Verteilungsfunktion f ( g ) in eine Reihe nach vcrallge-

meinerten Kugelfunktionen T$"(g), die sowohl der Kristallsymmetrie als auch der statistischen Symmetrie der Probe (also z. B. der orthorhombischen bei Blechen) genugen

Rechts auf dem Funktionszeichcn T stehende Punkte sollen dabei die statisti- sche Probensymmetrie, linksseitig stehende die Kristallsymmetrie charakteri- sieren. Verschiedene Syinmetriegruppen sollen durch verschiedene Anzahlen von Punkten unterschieden wcrden. Die T g ' ( g ) besitzen die allgemeine Form (BUNGE 1965 (1))

+-A +-A :

jjyyl @ v2) = 2' 2 A?/L Ay &nP, P?"(@) p r p , . (18) nz= --A n- --A

Dabei sind die Py "( @) gewisse Verellgemeinerungen der zugeordneten Legendrc Funktionen (s. z. B. GELBAND, MINLOS, SCHAPIRO). Die Koeffizienten A,"'!' und A; berucksichtigen die beiden genannten Symmetrien, die Kristallsym- metrie und die Probensymmetrie. Fur die nichtkubischen Symmetriegruppen

nehmen sie nur die Werte 0 und 1 bzw. 0 und ~ an. Sie hcdeuten also nur ge-

wisse ,,Auswahlregeln" fur die Indizes m bzw. n. Fur kubische Xymmetrie hesitzen sie kompliziertere Form (siehe BUNGE, EHLERT). Fur die Koeffizienten CgU in Gleichung (17) ergibt sich wegen der Orthogonalitat der Punktionen

1

P

Ti "(9)

Sie konncn aher auch aus rontgenographisch meIjbaren Polfiguren ohne vor- herige Kenntnis der Funktion f(g) berechnet werden (s. z . B. BUNGE 1965 ( 2 ) ) . Xetzt man Gleichung (17) in Gleichung (16) ein, so erhalt man

Page 5: Über die elastischen Konstanten kubischer Materialien mit beliebiger Textur

Elastische Konstanten kubischer Materialien mit beliebiger Textur 435

Die hierin auftretenden Integrale sind rein mat,hematische GroBen. Sie hangen weder von den elastischen Konstanten s k n O p noch voii der durch die CgV beschriebenen Orientierungsverteilung ab. Sie konnen also allgemein berechnet werden. In den Ausdrucken fur die Transformationskoeffizienten aij jyl @ p2) treten die Winkelfunktionen der Eulerschen Winkel nur jeweils in der ersten Potenz auf. Daher konnen die ai j durch verallgemeinerte Kugelfunktionen ersten Grades ausgedruckt werden. Das Produkt aus vier solchen Koeffizienten kann demzufolge durch eine Reihe von verallgemeinerten Kugelfunktionen mit il 5 4 dargestellt werden. Wegen der Orthogonalitat der verallgemeinerten Kugelfunktionen fur verschiedene Werte von il sind daher die in Gleichung (20) auftretenden Integrale nur fur il 5 4 von Null verscbieden. Demzufolge hangen die elastischen Eigenschaften eines Texturmaterials (bei Giiltigkeit der Piaherung Gleichung (10)) nur von den Koeffizientcn Cf?’ der Reihenentwicklung Gleichung (17) mit il 5 4 ab. Verschiedene Orientierungsverteilungen, dercn Reihen- entwicklungen sich nur in den Koeffizienten mit il > 4 unterscheiden, besitzen die gleichen elastischen Eigenschaften.

Die bisherigen Uberlegungen, insbesondere auch der Mittelwertsausdruck Gleichung (20), gelten fiir beliebige Kristall- und Probensymmetric. Entspre- chen beide Symmetrien der niedrigsten Symmetriegruppe (d. h. sind gar keine Symmetrien vorhanden), so gibt es 21 unabhangige elastische Konstanten s:& und ebensoviele & j k l sowie 165 verschiedenc C$* mit il 5 4. In Gleichung (20) treten also 72765 (21 21 . 165) verschiedene Integrale auf. Diese Zahl reduziert sich jedoch ganz erheblich, wenn Symmetrien vorhanden sind.

4. Kubische Kristallsymmotrie

Wir wollen hier speziell den Fall kubischer Kristallsymmetrie und orthorhom- bischer Probensymmetrie (Blechsymmetrie) betrachten. In diesem Falle gibt es 3 unabhangige elastische Konstanten s:znop, 9 unabhangige & j k l und 4 ver- schiedene C$.. In Gleichung (20) brauchen also von vorn herein nur 108 ver- schiedene Integrale beriicksichtigt zu werden, von denen, wie sich zeigen wird, noch viele untereinander gleich sind. Beriicksichtigt man, daB die elastische Snisot,ropie kubischer Kristalle nur von dem Ausdruck

9, = sol111 - sOl122 - 2 sol212 (21)

abhangt, und daB bei kubischer Symmetrie auf3er dem Koeffizienten Cil = 1 nur noch drei C$’ mit il 5 4 auftreten, so kann man den Ausdruck Gleichung (20) in die Form bringen

mit (22)

(23)

- S S k l = S i j k l = 4 j k l + tijlclsll

t i j k . 1 = CC*,ijkl + a : ; i j k l c:1 + Cc&lcl cy + z : : i j k l c:3 . Darin sind die t i j k z nur von der Textur abhangig. Die Koeffizienten af,’ i , jk1

haben die in Tabelle 1 angegebenen Werte. Die Mittelwerte der Konstanten c i j k l ergeben sich vollig analog zu denen

der s i j k 1 zu

Page 6: Über die elastischen Konstanten kubischer Materialien mit beliebiger Textur

436 H.-J. BUBGE

Tabelle 1

Mittelungskoeffizienten a:! j r l fur kubische Kristallsymmetrie und orthorhombische Probensymmetrie

i j k l ~~ ~

1111 2222 3333 1122 1133 2233 1212 1313 2323

- ao, i j k 1

-1 1 a4, i j k l

+ 0,02 18 18 + 0,02 181 8 +0,058182 +0,007273

~

- 0,029091 - 0,029091 +0,007273 - 0,029091 - 0,029091

--12 a 4 , i j k 1

- 0,032530 +0,032530

0 0

+0,032530 - 0,032530

0 +0,032530 - 0,032530

-13 a4, ij k 1

+0,043032 + 0,043032

0 - 0,043032

0 0

- 0,043032 0 0

Mit der fur orthorhombische Symmetric spezialisierten Bcziehung Gleichung (8) (siehe z. B. NYE) ergeben sich daraus die s G k l und nach Gleichung (10) die si:kl.

Damit sind die elastischen Eigenschaften des vielkristallinen Materials - bei Giiltigkeit der Naherung Gleichung (10) - vollstandig bestimmt.

Aus den Konstanten si k l erhalt man den Elastizitatsmodul in einer beliebigen Probenrichtung, die durch den Einheitsvebtor mit den Komponenten xl, x2, z3 gekennzeichnet sein moge (siehe z. B. NYE)

1 E- = 4 Sllll + 4 s2222 + 4 83333 + 2 4 4 (81122 + 2 s1212)

+ x? ('1133 + '1313) + xi xi ('2233 + '2323) ' (26)

x3 = 0 , x, = cosa , x2 = sinoc , (27)

Setzt man

so ergibt sich fur den Elastizitatsmodul eines Bleches in der Blechebene

(28) - 1 - sllll cos4 a + szZz2 sin4 01 +

5. Der Elastizitatsmodul fur kaltgewalztes Kupferblech

Fur ein urn 90% kaltgewalztes Kupferblech wurden aus den ersten vier Pol- figuren (111), (200), (220), (311) die Koeffizienten

Cll k t - - - 1,024 + 0,15, Cia = - 0,481 0,15, Ct3 = - 1,596 + 0,08 (29)

ermittelt (s. BUNGE, TOBISCH). Daraus erhdt man die in Tabelle 2 angegebenen Werte fur die elastischen Moduln des Bleches.

Setzt man die GroBen der drei letzten Spalten in Gleichung (28) ein, so erhalt man den in Figur 1 dargestellten Verlauf des Elastizitatsmoduls in der Blech- ebene fiir die drei Naherungen Gleichung (6, 7 , 10). Zum Vergleich sind die Messungen von WEERTS an kaltgewalztem Kupferblech angegeben. I n Anbe- tracht der Tatsache, daB das von WEERTS verwendete Kupferblech nicht genau die gleiche Textur gehabt haben mu13, wie das von uns verwendete, ist die Uber- einstimmung der Naherung E" mit den MeBwerten recht gut. Gewisse Ab-

Page 7: Über die elastischen Konstanten kubischer Materialien mit beliebiger Textur

Elastische Konstanteii kubischer Materialien mit beliehiger Textur 437

~~

+ 1,49 + 1,49 + 1,49

i j k l ~

.- ~~~

1111 2222 3333 1122 1133 2233 1212 1313 2323

- 0,4753 - 0,5067 - 0,4596

Tabelle 2 Die elastischen Moduln eines urn 90 yo kaltgowalzton Kupferbleches

+ 0,7960 +0,7503 +0,8190 - 0,2486 -0,3174 -0,2716 +0,7139 + 0,6451 +0,6909

~- V

Sij k 1 - +0,6293 + 0,6074

0,6403 - 0,1832 -0,2161 - 0,1942 +0,5182

+0,5013 -k 0,4708

~ ~- H I S v k l

~~ ~

+0,7126 40,6788 ~ 0 , 7 2 9 7 -0,2159 - 0,2667 - 0,2329 +0,6160 + 0,5580 + 0,5961

weichungen sind jedoch vorhanden. Die experimentelle Kurve zeigt in Walz- und Querrichtung nahezu gleiche Werte, wiihrend die Rechnung eincn Unter- schied ergibt, der auBerhalb der Fehlergrenze liegt. Sollte er verschwinden, muSte der Koeffizient Cia zu Null werden. Er weicht jedoch um etwa das dreifache der Fehlergrenze von Null ab. Zur Klarung dieser Abweichung zwi- schen Rechnung und Messung sollen genaue E-Modul-Messungen und genaue Texturuntersuchungen am gleichen Material durchgefuhrt werden. Weiterhin zeigt die experimentelle Kurve eine Gesamtverschiebung gegeniiber der be- rechneten Kurve. Die Ursache dieser Abweichung kann in der nur angenaherten Gultigkeit der verwendeten Gleichung (10) liegen, also in der Vernachlassigung der KorrekturgroBe di, 1 in Gleichung (9). Wahrscheinlicher ist jedoch, daS sie durch ungenaue Kenntnis der fur das betreffende Material giiltigen Ein- kristallwerte bedingt ist. Jn diesem B'alle kann man natiirlich durch Umkehrung der Gleichungen ( 2 2 ) bzw. (24) aus den gemessenen Vielkristallwerten die giil- tigen Einkristallwerte der elastischen Eigenschaften berechnen.

Aus Figur 1 erkennt man, daW die Differenz EH - ER vom Winkel gegen die Walzrichtung weitgehend unabhangig ist. Wir durfen daher in diesem Falle (und wahrscheinlich auch in vielen anderen Fallen) annehmen, daB die Rich-

04

t w nach LWtiRTS

Fig. 1. Verlauf dcs ElastizitBtsmoduls in der Blcchebene eines kaltgewalzten Kupferbleches in den drei Naherungen Gleichung (6), ( 7 ) und (10) sowie MeBwerte von WEERTS

1P 2u" jP 4u" 50" 60" 70" Ju" 9!T Wnkel gegen die Walzrichr~ng -

Page 8: Über die elastischen Konstanten kubischer Materialien mit beliebiger Textur

438 H.-J. B U N ~ E

tungsabhangigkeit der elastischen Eigenschaften eines vielkristallinen Materials, sowie die Abhangigkeit von der Orientierungsverteilung der Kristallite durch den leicht zu berechnenden Naherungsausdruck E R (Gleichung (7)) bereits recht gut, beschrieben wird, und dal3 daruber hinaus nur noch eine isotrope, also richtungs- und texturunabhingige Korrektur notig ist.

Literatur

BUNGE, H. J.: Mber. dtsch. Akad. Wiss. Berlin 7, 351 (1965) BUNGE, H. J.: Z. Metallkunde 56, 872 (1965) BUNGE, H. J., EHLERT, 3.: Mber. dtsch. Akad. Wiss. Berlin 8, 241 (1966) BUNGE, H. J., TOBISCH, J.: Z. Metallkunde 59, 471 (1968) GELBAND, I. M., MINLOS, R. A., SCIIAEIRO, Z. YA.: Representation of the rotation

and Loreritz groups and their applications, Oxford, London, New York, Paris 1963

HILL, R. : Proc. Physic. Soc. Sect. A. 65. 349 (1952) KNEER, G.: Physica Stjatus solidi 9, 825 (1965) KRONER, E.: Z. Physik 151, 504 (1958) NYE, J. F,: Physical Properties of Crystals, Oxford 1957 REUSS, A.: Z . angew. Math. Mechan. 9, 49 (1929) VOIGT. IT-. : Lchrbuch der Kristallphysik, Leipzig 1928 WEERTS. J.: Z. Metallkunde 25, 101 (1933)

(Eingegangen am 8. November 1967)

Anschvift tles Verfassers : Dr. habil. H. J. BUNGE Institut, fur metallische Spezialwerkstoffe der DAdTT zii Berlin 8032 Dresden Hplmholtzstr. 20