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580 G. Quincke. Nach einiger Zeit verschwanden die Randfalten bei den Membranen. Bei Schellack war die Wirkung erst nach einer Stunde merklich. ist , der ren von Die Fliissigkeit, in welcher die feste Membran loslich breitet sich also in unmerklich diinnen Schichten auf festen Membran aus und verdrangt allmahlich die aude- Fliissigkeiten, in denen die feste Membran unloslich ist, der festen Oberfliiche. Bei Gummigutti zeigte dabei die Grenzfliiche von Queck- silber und Wasser periodische Erschutterungen , die von periodischer Ausbreitung herzuruhren schienen, wie sie sonst an der Oberflgche von Pliissigkeiten auftreten. Bei der diinnen Hnrzlamelle breitete sich das Chloroform vielleicht nur an der Grenze mit Quecksilber nnd nicht an der Grenze mit Wasser %us. Heidelberg, Juli 1888. 11. Ueber peviodische Awsbreitung an FLiissig- 7~~itsober~fliichet~ zcmd dadurch hervorgeiw$ene Beweyun,ysei-sche inungen; von G. Quinchx. (Die Besulrate dieser Untersucliungeri wurden der K. Acad. der Wissen- schaften zu Berlin rnitgetlicilt am 12. Juli 1888.) (liierau Tnf. YII Fig. 1-37.) I. IBewcgungserscheinL~ri~en bei Flussigkeiten in der an o rg a ni s ch e n Na t u r. 1. Grenzflachen der Flussigkeiten mit Luft und Wasser. - Uin die Krafte kennen zu lernen, welche an der Grenze zweier Fliissigkeiten 1 und 2 auftreten, muss man die Oberfliichenspannung oder die Capillarconstante dieser Grenzflkche messen. Weiche Anschauung man auch iiber den Ursprung der M olecularkrafte im Inneren der Fliissigkeiten haben mag, proportional der Grosse aI2 ist die Rraft, rnit der die Orenz-

Ueber periodische Ausbreitung an Flüssigkeitsoberflächen und dadurch hervorgerufene Bewegungserscheinungen

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580 G. Quincke.

Nach einiger Zeit verschwanden die Randfalten bei den Membranen. Bei Schellack war die Wirkung erst nach einer Stunde merklich.

ist , der ren von

Die Fliissigkeit, in welcher die feste Membran loslich breitet sich also in unmerklich diinnen Schichten auf festen Membran aus und verdrangt allmahlich die aude- Fliissigkeiten, in denen die feste Membran unloslich ist, der festen Oberfliiche. Bei Gummigutti zeigte dabei die Grenzfliiche von Queck-

silber und Wasser periodische Erschutterungen , die von periodischer Ausbreitung herzuruhren schienen, wie sie sonst an der Oberflgche von Pliissigkeiten auftreten. Bei der diinnen Hnrzlamelle breitete sich das Chloroform vielleicht nur an der Grenze mit Quecksilber nnd nicht an der Grenze mit Wasser %us.

H e i d e l b e r g , J u l i 1888.

11. Ueber peviodische Awsbreitung an FLiissig- 7~~itsober~fl i ichet~ zcmd dadurch hervorgeiw$ene

Beweyun,ysei-sche inungen; von G. Q u i n c h x .

(Die Besulrate dieser Untersucliungeri wurden der K. Acad. der Wissen- schaften zu Berlin rnitgetlicilt am 12. Juli 1888.)

(l i ierau Tnf. YII Fig. 1-37.)

I. I B e w c g u n g s e r s c h e i n L ~ r i ~ e n be i F luss igke i ten i n d e r a n o rg a n i s ch e n Na t u r.

1. G r e n z f l a c h e n d e r F l u s s i g k e i t e n m i t L u f t u n d W a s s e r . - Uin die Krafte kennen zu lernen, welche an der Grenze zweier Fliissigkeiten 1 und 2 auftreten, muss man die Oberfliichenspannung oder die Capillarconstante dieser Grenzflkche messen.

Weiche Anschauung man auch iiber den Ursprung der M olecularkrafte im Inneren der Fliissigkeiten haben mag, proportional der Grosse aI2 ist die Rraft , rnit der die Orenz-

Ausbrritung an ~ ~ i s s i g k e i t s o 6 e l c ~ e n . 581

flache der beiden Fliissigkeiten 1 und 2 moglichst klein zu werden strebt. Es ist die in Gewichtsmilligrammen gemes- sene Spannung, welche auf eine Strecke der gemeinschaft- lichen Oberflache von der Breite eines Millimeters aus- geiibt wird.

Ich habe fruher l) angegeben , wie diese Oberflachen- spannung uI2 am besten abgeleitet werden kann aus dem in Millimetern gemessenen verticalen Abstand a der Kuppe und des Bauches einer flachen Blase einer Pliissigkeit 1 im Inneren einer Plussigkeit 2 mit der Gleichung:

w o und (r2 das specifische Gewicht der Fliissigkeiten 1 und 2 bezeichnen.

La.tSst man die eine Fliissigkeit aus Lnft bestehen, so gibt der verticale Abstand der Kuppe und des Bauches der Bachen Luftblase i m Inneren der Pliissigkeit vom specifischen Gewicht c die Oberflachenspannung der freien (d. h. von Luft begrenzten) Oberflache der Plussigkeit 2 mit der Gleichung:

= &?. 2) 2

Diese Methode gestattet auch Messungen an Fliissig- reiten mit grosser Zahigkeit , wie fetten Oelen, Glycerin, .+urnmilosung, schnell auszufiihren. Sie ist ganz unabhangig TOR der Natnr der Platte, unter welcher die flache Blase iegt, oder yon dem Randwinkel, unter welchem die Flussig- reitsoberflache diese Platte schneidet. Es sind dies Vorziige. xelche die gewohnlichen Bestimmungen mit Capillarrohren oicht besitLen.

Auf diese Weise murden fir eine mittlere Temperatur ron 200 C. folgende Werthe der Oberflachenspannung ge- linden. 2,

_ _ ~

1) G. Q u i n c k e , Pogg. Ann 130. p. 5. 1870. Ueber den Einfluss les Durchrnrssers der Blasen vgl. Wied. Ann. 27. p. 219 u. 227. 1886.

2) Diese Messnngen habe ich theilweise schon fruher mitgetheilt 'egg. Ann. 139. p. 27. 18iO; 160. p. 374. 1877. The Angaben fur Yausenblasc, Gelatine und Agar-Agar wurden ails der Form flacher Luft- )idsen in Wasser abgeleitet, auf deren Oberflache ein Tropfen der Leini-

0 be r f 1 ii c h e n s von

F 1 u s s i g k e i t. ~~

Sodalosung (‘I4 Proc.) . . Wasser . . . . . . . . Glycerin . . . . . . . Rubol . . . . . . . . Rapsol . . . . . . . . Olivenol . . . . . . . . Maridelol . . . . . . . Leberthrnn . . . . . . . Ricinusol . . . . . . . Alandclol + Chlcirofoyrn . . Chloroform . . . . . . Scliwefellrohleiistoff . . . Benzol . . . . . . . . Steinol . . . . . . . . Terpentinoi . . . . . . Alkohol . . . . . . . . Aether . . . . . . . . Huhnereiweiss . . . . .

11 . . . . . ,, . . . . .

Wasserige Losung von: Galle (9 Proc.) Venetian. Scife (1/4,,oo)

9 1 1 , ( ‘ i d 17 ,, ~lLl)

Zucker (37,7 l’l.oc..l Gerbsiiure 110 Proc.) Arab. Gummi (‘20 Proc.j Hausenblasc (sehr verdunnt) Gelatine ,, Agar-Agar ,,

tnnung d e r Grenzfl i iche

jpec. Gew. U

1 1

1,2535 0,S151 0,9130

0,91i3 0,9251

1,0123

0,9152

0,9633

1,3878 1,2685 0,8985

0 , s m 0,7904

0,7977

0,7200

1,0365 1,0384

7,

1,0133 0,9983 0,9992 1,0009 1,1170 1,0352 1,0708 1 1 1

Luft n -~ -

~ ~~- in gr

8,418 8,253

7,348 3,348 3 340 3,760 3,i15 3,391 3,330 -

3,120 3,274 3,123 ‘1 233

2,354 1,740

5,370 >is 4,913

;:033

5,934

5,076 2,681

2.563 2,672

81182 5,857 7.503 (790 7,277 7,842

,it Wasser

0

0 1,564 1,700 2.296 2i370 (1,761) 0,878 l0,700) 11624 1.;892 (bis 0,622) 3,010 4,256 1,969

1,177 0

0 0 0

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

3,834

1,255

Zwei Fliissigkeiten, welche an ihrer Grenzflache eine von Null verschiedene Oberflachenspannung haben , sind zwar nicht in jedem Verhaltniss mischbnr, losen sich aber gegen- seitig auf. und dabei nimmt die Oberflachenspannung der gemeinsarnen (frenzflache ab. -~ -~

losung sich ausgebreitet hatte. Die Messungen fur Benzol und Aether hat Hr. G u s t a f T i i n b e r g 1884 im Heidelberger physikalischen Institut ausgefuhrt. Die Oberflnchenspannungen an der Grenze von Quecksilber mit anderen Flussigkeiten (Pogg. Ann. 139. p. 27. 1870; 163. p. 182. 1874) aind hierbei nicht berucksichtigt.

Ausbreitung ~ u s s i g k e i t s o b e l c h e ~ i . 583

T a b e l l e 2.

O b e r f l a c h e n s p a n n u n g d e r G r e n z f l a c h e

yon %2 m gr

Rapsol j Htihnereiweiss . . . . . 0,710 Rapsol 1 Glycerin . . , . . . . 1,415 Rapsol I wasserige Hausenblase . . 2,140 his 1,688 Olivenol I masseriger Alkohol . . 0,693 Mandelol 1 Huhnereiweiss . . . . 0,701 Mandelol 1 Kochsalzlosimg (1 proc.) 1,261 (Xlandelol+ Chloroform) 1 Sodalosung 0,678 bis 0,119 (Mandelol+ Chloroform) 1 Seifenlos. 0,257 Leberthran I Kochsalzlosung (1 proc.) 0,470 Leberthran ~ Huhnereiweiss . . . 0,400

Die Zahlen der Tabellen 1 und 2 geben fur u12 die miiglichst grossen Werthe der Oberflaclienspannung kurze Zeit nac!i Clem Zusammenbringen der beiden Flussigkeiten.

Fe t te Oele zeigen, wenn sie langere Zeit mit der Luft in Beruhrnng gewesen und ranzig geworden sind, an der Grenze mit Wasser eine kleinere Oberflachenspannung als frische Oele.

Die Flussigkeiten, 'welche mit Wasser in jedem Verhailt- niss mischbar sind, bilden in diesem keine Tropfen oder Blasen, haben an der Grenzflache mit Wasser die Ober- flschenspannung Nu1l.l) husser den in Tab. 1 aufgefuhrten Fallen ist die Oberflachenspannung ferner Null an der Grenze folgender Plussigkeiten:

1) Hr. J. B o s s c b a jun hat diesen Satz bestritten (Inst. 18i2. p. 1351, da cr Tropfenbildung bei concentrirten Salzlosungen, die am engen Glasrohren unter Wasser ausfliesscn, beobachtet haben will. Da diese Ansicht anch von anderen getheilt zu werden scheint (vgl. A l c x a n - d e r N a n m a n n , G m e l i n - K r a u t , Ilandb. der Chemie I. 1. 1). 607. 1877), so mochtc ich meine frilhere Bernerkung (Berl. Ber. 1872. p. 166) wietlcr- holeii, d a s u , ~ die Oberfl%chenspaiinung rnhender Flussigkeitsmassen bezeichnet, wkhrend die yon Hrn. J. Bossc h a jun. beschriebenen Gebilde aus rotirender oder wirbelnder Fliissigkeit bestehen, also zu einer ganz anderen Klasse von Erscheinungen gehoren.

584 G. Quincke.

T a b e l l e 3. D i e O b e r f l a c h e n s p a i i n u n g c(,* i s t 0 a n d e r Grenzfl i iche von Alkohol ~ alkoholische Salzlosung ' Schwefelkohlenstoff I Aether Alkohol [ Aether Schwefelkohlenstoff I Benzol Alkohol I Terpentinol Schwefelkohlenstoff [ Chloroform Benzol [ Rapsol Schwefelkohlenstoff ! Olivenol Benzol I Chloroform Schwefelkohlenstoff I Tcrpentinol Benzol I Terpentinol Stein01 I Rapsol Chloroform 1 Rapsol Terpentinol I Olivenol Glycerin I Oliveniil Wasser wiisserige Salzlosungen. Glycerin I Mandelol Glycerin 1 Leberthrxn

Nennt man R und R' den kleinsten und griissten Krum- mungsradius an einer Stelle der Grenzflache zweier Flussig- keiten, so ist der nach der concaven Seite der Grenzflache gerichtete Capillardruck auf die Flacheneinheit durch die Gleichung gegeben:

t3) Bei derselben Gestalt der Grcnzflache oder demselben

Werth der Kriimmungsradien R und R' ist der Capillardruck urn so kleiner, je kleiner u12 ist.

F u r freie Fliissigkeitsoberflachen , die von Luft oder dem luftleeren Raume begrenzt sind, wurde s ta t t aI2 die Oberflachenspannung a der freien Fliissigkeitsoberflache zu setzen sein.

A n der Grenze zweier Fliissigkeiten, die in jedem Ver- haltniss mischbar sind, wo die Oberflachenspannug aI2 = 0 ist, findet also kein Capillardruck statt.

A u s b r e j t u n g v o n S e i f e n l o s u n g e n u n d a n d e - r e n F l i i s s i g k e i t e n a n d e r Q r e n z e vozl O e l u n d W a s s e r . - Bringt man auf die Grenzflache einer fiachen aus Fliissig- keit 1 bestehenden Blase im Inneren einer Flusaigkeit 2 eine andere Flussigkeit 3, so breitet sich diese Flussigkeit 3 in einer dunnen Schicht auf der gemeinsamen Grenzflache der Fliissigkeiten 1 und 2 aus, sobald:

ist. Der verticale Abstand a der Kuppe und des Bmches der Aachen Blase wird dabei kleiner, und es ist:

0 2.

(4) 0113 -t 0132 < u12

Airsbreitzin.q an F l u s s ~ ~ k e i t s o b e ~ ~ a c h e n . 585

9 c 2 - 5 , N 1 3 + a3% = ‘ 1 - 2 (5) wenn die Hohenabnahme miiglichst gross geworden ist. Dies letztere ist der Fall , sobald die Dicke der aufgebrachten Plussigkeit 3 eine Grijsse D erreicht, die etwa 0,0,1 mm, also so ausserordentlich klein istl), dass sie mit dem Auge oder selbst mit den besten AIilrroskopen nicht mehr wahr- genommen werden kann.

Aber schon Flussigkeitsschichten von wenigen Millionteln eines Millimeters Dicke bringen eine merkliche Hiihenab- nahme der flachen Pliissigkeitsblasen oder eine Abnahme der Oberflachenspannung der Grenzflache hervor, auf der sie sich ausgebreitet haben.

Die G1. (5) gibt ein bequemes Nittel, zu bestimmen, sobald c+2 bekannt, z. B. = 0 ist.

Bringt man Alkohol oder Eiweiss oder wasserige Lij- sungen von Gummi, Gerbsaure, Ochsengalle oder Seife auf die Oberflache einer flachen Luftblase in Wasser, so breiten sich diese Flussigkeiten an der freien Wasseroberflache sofort mit ungeheurer Geschwindigkeit aus. Die Blase wird tiacher und breiter, wie nacli den Zahlen fur u12 der Tab. 1 zu erwarten war.

Bringt man ini t einem rt4nen Qlasfdcn einen Tropfen einer wasserigen Losung von Ochsengalle an die Grenze einer flachen Oelblase in Wasser, so wird die Oelblase ebenfalls bedeutend flacher und breiter; es ist :

Oel 1 Galleulosung < Ocl I Wasser. Das Gleiche ist mit Seifenlosung der Fall , mag diese

direct auf die Grenzflache von Oel und Wasser aufgebracht werden oder sich erst auf der Grenzflache von Oel und Wasser aus Sodalosung und der im Oel enthaltenen freien Pettsaure gebildet haben.

Urn die Grcisse der Oberflachenspannung aL3 an der Grenze von Oel (Fliissigkeit 1) und der aufgebrachten Fliis- sigkeit 3 (Sodalosung. Seifenlasung, Gallenlosung u. S . w.) zu

1) G. Quincke, W e d . Aun. ?. p. 178. 1577; Kuclrer, Nature 37.

~

p. 406. 183s.

586 G. Quincke.

messen, wurde in einen viereckigen Trog aus Spiegelglas eine horizontale ebene Spiegelglasplatte B rnit drei ange- kitteten Messingarmen (Fig. l) eingehangt. Die Glasplatte hatte in der Mitte ein Loch I, von 2 mm Durchmesser. Der Trog wurde bis zur unteren Flache der eingehangten Platte rnit Wasser gefiillt, durch das Loch rnit einer Pipette eine Oel- blase in das Wasser gelegt und das Loch rnit einer dariiher geschobenen Spiegelglasplatte C geschlossen. Der verticale Abetand von Kuppe und Bauch der Oelblase wurde rnit einem Kathetometer gemessen und daraus rnit G1. (1) die Obersi3achenpannung an der Grenze von Oel und Wasser berechnet. Diese Messungen sind schon in der Tabelle 1 enthalten.

Dann brachte man i n das Loch der eingehangten Glas- platte einige Tropfen einer 'I4 procentigen Sodalosung, die in der Oelmasse untersanken und sich nach der tiefsten Stelle der Kuppe der Oelblase hinzogen. Die Sodalosung bildete mit cler im Oel enthaltenen freien Fetteaure Seife, die rnit einer mehr oder weniger dicken, weisslichen Haut die im Oel liegenden Tropfen Sodalosung bekleidete.

Wird durch eine Erschiitterung oder Auflosung der Seife in dem angrenzenden Wasser diese Haut zerstort. so breitet sich die Seifenlosung (oder ein Gemisch von Soda- und Seifenlosung) an der Oberflache der Oelblase aus. Diese wird flacher. Der verticale Abstand von Kuppe und Bauch kann wieder rnit einem Kathetometer gemessen und daraus mit G1. (5) die Oberflachenspannung cdI3 an der Grenze von Oel und Seifenlosung berechnet werden (da cLa3 = 0 ist).

Stat t der Sodalosung kann man auch als Fliissigkeit 3 direct Seifenlosung oder Gallenlosung durch die Oeffnung der Glasplatte einfiihren und im Oel untersinken lassen, oder man kann von aussen, von dem Wasser her, mit einem zu einem cliinnen Glasfaden ausgezogenen Glasrohr und Kaut- whukschlauch die betreffende Pliissigkeit 3 nuf die Grenz- fliache von Oel und Wasser aufblasen.

Auf diese Weise wurde gefunden:

Ausbreitung a71 Elussigkeitsoberfiachen. 587

T a b e l l e 4. - - - -

Oberflachenspannnng aI3 a n der Grenze von

Spec. $ 1 Soda Ochsengalle Soda und Venetian Oel I unrl wasswigen Losungen von

- I I mqr

0,229 0,566 0,877

1 1,156 0,768 0,508

Rub01 ‘0,9151 0,57 1

fi1:indelol 0,9173 1,235 Lebcrthran 10,9271 0,754 0,389 Ilicinusol 10,9633 1,538 bis 1,169 1,029 0,863

Olivenol ‘0,9152 0,802

Die Tropfen der Sodalosung konnten in dem

m v 0,139 0,365 0,623 0,406 1,158

Ricinusol wenige Minuten oder mehrere Gunden liegen, ohne sich an der Grenze vori Oel und Wasser auszubreiten. Waren sie mehrere Stunden mit dem Oel in Beruhrung gewesen, so hatte sich in der wgsserigen Fliissigkeit mehr Seife gebildet, als in wenigen Minuten, und die Hohenabnahme der Oel- blase war grosser oder uI3 kleiner, als wenn die Ausbreitung einer weniger concentrirten Losung erfolgte.

J e nachdem zufallige Erschiitterungen oder andere Ur- sachen die Ausbreitung der in das Oel eingefiihrten Soda- losung friiher oder spzter einleiten, findet man daher die Hohenabnahme der Oelblase bald kleiner, bald grosser, und die Zahlen der mit Sodalosung iiberschriebenen Spalte vor- steliender Tabelle sind daher nur als angenahert richtig auf- zufassen.

Ob erst Sodaiosung und d a m Gallenlosung an die Grenze yon Oel und Wasser gebracht wurde oder umgekehrt, war gleichgultig. uI3 schien bei gleichzeitiger Gegenwart beider Fliissigkeiten kleiner, als wenn nur eine der heiden Pliissig- keiten vorhanden war.

Die Kraf t , in Milligrammen gemessen, mit welcher die aufgebrachte E’liissigkeit 3 auf der Breite eines Millimeters iiber die Grenzfiache von Oel und Wasser fortgezogen wird, wiirde sein aI2- uI3 und aus den Tabellen 1 und 4 folgen:

585 G. Quincke.

T a b e l l l e 5.

Oberflachenspnnnung Oel 1 Wasser - Obeiflachenspannung Oel j Flussigkeit 3.

@l.' - @ 1 3 ' ~ ~~ - - - _ _ ~ _

I Flussigkeit 3

mgr 0,993

1 ' Riibol Oliveno1 I ' 1,494 bis 2.058 Mandelol iI 1,135 Leberthran I , 0,124 Ricinusol ' , 0,086 bis 0,455

. -.- - mgr

1,575 1,214

0,595

1,3R5

0,459

Soda uiid Verietianische Ochsengalle Seife

-~

mpr 0,998 1,419 1,602 0,370 0,761

mar

1,931 1,747 0,472 0,466

1,425

Gleichzeitig mit der Ausbreitnng dcr Fliisslglxit 3 an der OberflBche cler Oelblasen beobachtet man eine Fliissig- keitsstrijmung nach dem Ausbreitungscentrum c hin. Die- selbe ist in dem zahen Oel weit hedeutender als in dem Wasser.

I n Fig. 2 sind durch a b c die Gestalten der Oelblase vor, whhrend und nach der Ausbreitung dargestellt.

Die Oelblase wird durch die Ausbreitung fur einige Zeit an der Kuppe concav.

D;ts letztere t r i t t noch mehr her\ or, wenn man statt Oel ein Gemenge von Chloroform und Mandelol, von wenig grosse- rem specifischen Gewicht, wie Wasser, benutzt und ituf die Kuppe einen Tropfen Soda- oder Seifenlosung bringt (Fig. 3).

Dieser Unistand macht die Messungen ungenaii, da kurze Zeit nach der Ausbreitung die Hohe der Oclblase zu klein, spater aber, wenn ein Theil der Seife in der wasseri- gen E'lussigkeit aufgeliist und von der Oeloberflache fortge- gangen ist, die Hohe zu gross gcfnnden wird. Angenahert geben aber die angefiihrten Zahlen immerhin eine Vor- stellung von der Qrijsse der bei der Ausbreitung wirlrsamen Krafte.

Einzelne Oeltropfchen werden bei der Ausbreitung von der ubrigen Oelmasse losgerissen und bilden kugelfijrmige Tropfchen in der umgebenden wasserigen Flussigkeit.

I n dem Oel entstehen Wirbelbewegungen, wie bei der Susbreitung eines Luftstromes, den man aus einem engen

Ausbreitung an FZussigkeitsoberJlic~en. 589

Glasrohr senkrecht gegen eine ebene freie Oelobcrflache blast (Fig. 4).

Giesst man eine 5 bis 10 mm diclte Oelschicht auf Wasser und lasst Alkohol oder Seifenlosung an der oberen oder unteren Grenze des Oels sich ausbreiten, so hebt sich die dem Ausbreitungscentrum gegenuberliegende Stelle dcr unteren GrenzfiBche des Oels oder das Ausbreitungscentrum selbst (Fig. 5). Die Oelscliiclit kann sogar durchbrochen w-erden, sodass sich Luft und Wasser beriihren (Fig. 23).

Zu grosse Ausbreitungsgeschwindigkeit der FlGssiglreit 3 oder zu grosse Zahigkeit des Oeles werden dein Losreissen von Oeltropfen oder dem Durchbrechen der Oelschicht ehenso hinderlich sein , wie zu geringe Ausbreitungsgeschwindigkeit oder zu geringe Zahigkeit des Oeles.

Uebrigens werde ich auf die durch die Ausbreitung her- vorgerufenen Bewegungen von Oelmassen weiter unten (§ 8) noch naher eingehen.

9 3. H a l t b a r k e i t d e r E m u l s i o n e n u n d d e s S c h a u m e s . - J . P l a t e a u ' ) zeigte zuerst, dass manche Flussigkeiten eine grossere Zahigkeit an der Oberflache: als irii Inneren xu haben scheinen. Spater fanden jch2) iind M a r a n g ~ n i , ~ ) dass die freie von Luft begrenzte Oberfikche einer Flussigkeit unbeweglich wird, sobald eine diinne Scliicht einer freniden Flussigkeit sicli auf derselben ausgebreitet hat.

D a s Gleiche gilt , wenn eine frernde Flussigkeit 3 (Sei- fenlosung) an der gemeinsamen Grenzflache zweier Flussig- keiten 1 und 2 (Oel und Wasser) sich ausbreitet.

Die Unbeweglichkeit oder Uestandigkeit der durcll die fremde Schicht der Flussigkeit 3 modificirten Grenztlache erklart sich daraus, dass ein jedes Loch in der freniden Flussigkeitsschicht durch die Molecul2trkriifte wieder zuge- zogen wird, da in dem Loch cine reine FlussigkeitsoberflBche mit grosserer Oberflachenspannung ist , als in der ubrigen durch die fremde Scliicht verunreinigten Obertiache. . .~

1) P l a t e a u , M8m. d. Brax. 35. p. 3. 1868. 2) Q u i n c k e , Pogg. Ann. 189. p. 71. 1870. 3) M a r a n g o n i , Nnov. Cim. (2) 6. p. 239. 1872.

590 G. Quincke.

Ein Loch in der fremden Schicht wird bei gleicher Be- weglichkeit der Oberflachen um so schneller zugezogen, die Bestandiglreit der Grenzflache ist iim so grosser, je grosser die Differenz:

- ( q 3 + %) ist. Eine E m u l s i o n besteht aus einer grossen Anzahl kugel-

fiirmiger Fetttropfchen , welche in einer wasserigen Eliissig- keit vertheilt sind. Gewohnliche Milch ist z. B. eine Emulsion.

J e kleiner die Fetttriipfchen sind, urn so grosser ist der Widerstand, den sie beim Emporsteigen in der umgebenden specifisch schweren Fliissigkeit erfahren. J e kleiner die Fetttropfchen sind, urn so langere Zeit bleiben sie in der umgebenden Flussigkeit schweben, um so vollkommener ist die Emulsion.

Die Emulsion ist um so haltbarer, j e schwei.er die klei- nen Fetttropfchen wieder zu grosseren Tropfen zusammen- fliessen; je geringer die constante Geschwindigkeit ist, mit welcher die Fettkiigelchen in der umgebenden wasserigen Fliissigkeit emporsteigen. J e geringer diese Geschwindigkeit ist, um so weniger unterscheidet sich das specifische Gewicht der Emulsion von dem einer wirklichen Auflosung des Fettes in der umgebenden Fliissigkeit.’)

Durch Schiitteln von Oel mit Soda- oder Gummilosung kann man Emulsionen herstellen, die das Ansehen von Milch haben.

Bei den Emulsionen der fetten Oele in Sodalosung ver- hindert eine diinne Seifenlosungschicht (vgl. 6 2 ) , in welcher jede Oeffnung durch Molecularkrafte wieder zugezogen wird, ein Zusammentiiessen der Fettkiigelchen.

Bei den in den Apotheken liergestellten Emulsionen ist jede kleine Fettkugel durch eine Schicht Gummilosung von der iibrigen wasserigen Fliissigkeit getrennt, da die fetten Oele an der gemeinschaftlichen Grenzflache mit Gummi- losung eine kleinere Oberflachenspannung, als an der Grenze mit Wasser haben, wie die folgenden Zahlen zeigen. ______

1) Bondy, Pogg. Ann. 126. p. 323. 1865; E. Mach, ib. p. 3%.

Oel mit Waseer f l l Y

mRr Riibol . . . . 1,561 OlivenSl . . . 2,296 Maude101 . . . 2,370 Leberthran . . 0,878 Ricinusol . . . 1,624

591

oder Gummilosung ‘(1 8

mrr mgr

1,491 9, 1,020 1,237 $9 0,487 0,600 1, 0,333 0,955 7, 0,785

1,474 bis U,415

Nach der Beriihrung von Oel und Gummilosung nimmt die Oberflachenspannung der gemeinsamen Grenzfliiche sofort bedeutend ab; in den ersten Minuten nach der BerIihrung urn 10 Procent; in einigen Stunden um 35 bis 50 Procent des urspriinglichen Maximalwerthes.

Diese ungeivohnlich schnelle Abnahme scheint auf eine chemische Verbindung hinzudeuten, die sich aus dem Oel (oder dessen freier Fettsaure) unter Einfluss der Gummi- losung bildet, an der Grenz0ilche beider FlIissigkeiten aus- breitet , die Oeltropfen bekleidet und am Zusammenfliessen hindert.

Ausserdem verlangsamt schon die ZWiissigkeit der Gummilosung das Aufsteigen und damit das Zusammen- fliessen der Oeltropfchen.

Schiittelt man Quecksilber mit Wasser und Olivenol, so entsteht eine grauweisse zahe Masse, eine Emulsion von Quecksilber, aus vielen kleinen Quecksilberkugeln gebildet, und jede mit einer Oelhaut bekleidet. Nach meinen Messungen ist die :

OberiI&chenspannung fiir Quecksilber 1 Wasser . . a,, = 42,58 mgr

Quecksilber Joel . . . nlll = 34,19 Oell Wasser . . a,* = 2,30

Die Kraft, mit der ein Rise in der Oelhaut wieder zugezogen wird, ist :

also verhaltnissmasvig gross. In der That sind solche Quecksilber-Emulsionen Monate

lang haltbar. Ein Zusatz von Saure zerstart die Oelschicht und damit die Emulsion.

a 18 - (0113 + u y z ) = 6909 mgrr

692 G. &arincRc.

Graue Quecksilbersalbe ware eine Emulsion von Queck- silber in zlihfllissigem Schweinefett.

Schaum, wie ihn Seifenliisung, Bier etc. zeigen, ist eine Emulsion von Luft in einer wasserigen Fllissigkeit. Der Schaum ist um so haltbarer, je mehr durch eine fremde Fltissigkeitsschicht (Seifenwasser, Eiweiss), welche die freien, von Luft begrenzten, OberHachen bekleidet , die Spannung der freien Oberflache verkleinert worden ist.

Homogene Flhsigkeiten, die keine heterogenen Sub- stanzen enthalten, bilden keinen Schaum.

Sind die E'lussigkeiten in jedem Verhaltniss mischbar, und ist die OberflLchenspannung tin der GrenzflBche der- selben O? wie bei Wasser und SeifenlGsung, so ist die &aft, mit welcher ein Loch von der Breite eines hlillimeters in der fremden Fliissigkeitsschicht sich zuzieht , gleich der Spannungsdifferenz der freien Fliissigkeitsoberflgchen gegen Luft. Nach den Zahlen der Titbelle 1 0 1 ist fur:

Wiieserke vol' UW-r Loft - UFlii&k@lt Lo& Arlrbischem Gumini . . . . . . 0,656 nigr Hiihnereiweiss . . . . . . . . 2,:i96 Gerbstiure . . . . . . . . . 2,8H3 Ochsengde . . . . . . . . . 3,177 Seife . . . . . . . . . . . 5,581

Alle diese Fliisaigkeiten schienen mir um so haltbareren Schaum zu liefern, je tiefer sie in der vorstehenden Reihe stehen.

Zersetzt sich das Eiweiss, und bilden sich Stoffe mit kleiner Oberflilchenspannung, so muss der Schaum noch haltbarer werden. Ausserdem bildet sich bei dem Eiweiss durch Einwirkung des Sauerstofls der Luft, wie ich unter 0 11 noch nliher nachweisen werde, eine feste Membran, die

I n der That geriith den Hausfrauen der sogenannte ,,Schnee" mit trlten Eiern besser, als mit frischen.')

Bei sehr flliclitigen Substanzen oder solchen, die in der ursprlinglichen whserigen Fltissigkeit loslich sind , wie

- die Haltbarkeit des Schaums ebeufalls begtinstigt.

1) Erne eolche feste Mernbran bildet sich wahrecbeinlich auch gleich- ceitig mit modificirtem Eiweiss (Eiweiweife? 8 9) lruf den Fettkiigelchen der Milch, sobald sich freier Sauerstoff an der Grenzfiiiche des F W und der daeselbe umgebenden albuminhaltigen, atberigen Fltidgkeit

m h MB . . -& &haam leseet retiekin, do

d t dnrah Verdampfung oder Auf-

Oft k&en auch mehrere Schichten verschiedener Fliissig- keiten libereinonder Schaum- geben, so dao bekannte Pl&- teoo’ache Gemisch von Alkohoi und Waaser, in welchem

Raines Waeser gibt keinen SchaiL-. Fettiges Waaser gibt Schaum.

Der Schaum von Bier wird durch ein pear ausgegoseene Tropfen Aether zeretiht, da diese Fllissigkeit, welche nur sehr kleine Oberflilchenspannung (1,740 mgr) hat, die fremden Plbsigkeitsschichten von der OberfllLche der wHsserigen Grundfltissigkei t ver tr eib t.

Man konnte vermuthen, daes die grossere Haltbarkeit de8 Schaumes und der Blasen, welche L6sungen von frisch bereiteter gegen solche von alter Seife zeigen, daher ruhrt, daae eine sehr geringe Menge fremder Substanz (Oel?) zwischen Eleifenlbsung und Wasaer die Auflasung der diinnen Seifen- lbeung-Schicht in dem umgebenden Wasser verziigert. Ent- mt das Wasaer ausser Oel noch Seife, 80 mlissten die Fllissigkeitsschichten , bei grbsserer Dicke als 0,0001 mm, ’80 aufeinander gelagert folgen, daes die Summe der Ober- flbhenspannungen m2)glichst klein ist. Es wHre also die Reihenfolge :

4&% Joel I 8eifenltisnng I Waeser mit der Oberflkhenspannnng:

_--~d(iCth_d&.

(?liven61 aufgelBst ist. ‘I&

/

i \ 3,760 + 0,365 + 0 = 4,125

nnd nicht die Reihenfolge: M I Seifenlasung I Oel I Wasaer mit der Oberfifichenspannung:

2,672 + 0,365 + 2,296 = 6,333 PO erwrrrten.

hkheidet (vgL L. Hermann u. Ph. Sembritski , PBUger’s M v . 87. 460 1886). Dieae feste Eiweiaamembran m w die Hdtbarkeit der .L on, aua welcher dieMilch beatebt, weeentlich begdnetigen, wie ich

unte.n 5 14 bei der Protophmabewegung auefiihrlicher erbrtert habe. Dim Auffaasung wid d a d d beeolrtigt, daw Schtlttelsznulaionen von Fe# in eiweieehaltiger, wsleeeriger Fltiwigkeit n u echwer durch Aether M r t werden. Panurn, Virchoda Arch. 4. p. 159. 1852; v. Frey, du Bob-Beymond’s Arch. 1881. p. 385.

&m, 6 Php. a Cham N. F. SXXV. 38

- > .

'. .\4&,#Qrlr.

a 3ta WbkbeUeit gibt aber lrur einen labjlen 0hichgewicbtm. das Oel von der freien OberflBcha,-Jc\,. - _ _ Die grbeeere Haltbarbit den 80haapes aue friechecb-,- muse deo eine andere, noch-mbekmute, Unrache h a h .

Eiweies breitete sic2' auf einer hchen L&Maee in Waseer aus; Bapeiil m;f diesem Eiweise und SeifenlBeupg auf &em OeL DiArc)bedl/chenepannung a der Fliieeigkeit gegen Luft ging dabei von 8,25 durch die verschiedenen Ausbmitungen auf &SO, 5,72 und 3,43 herab. Naeh den Zahlen der Tabden 1 und 4 wken zu erwarten gewesen die Oberfiichenspannnngen :

ber. beob. Luft I Eiweiss Wasser = 5,37 + 0 = 6,R7 5,30 Luft I Rape41 I Eiweiss I Wasser = 4,05 3,72

$,48.

= 334 + 0,71 + 0

= 8,70 + 0,14 + 0,71 + 0 = 9,55 *L& I b i i b b u n g I Raps61 I

Die ersten beiden Zahlen stimmen mit den beobachteten nahezu iiberein. Die letzte Zahl iet zu gross. In der That hatte die Seifenliisnng dae Oel und das EiweisR von der Oberflgche des Waseers vertrieben und dabei Luftmassen i n die wsseerige Fllseigkeit mit hineingerissen.

Q 4. Freiwil l ige Emulsionebildung. - Bei der Oerdauung eoll die Aufnahme der Eette in den Thierkbrper durch Emulsionabildung in der Darmflnssigkeit eingeleibt und durch Gegenwrut von Galle erleichtert werden.

W. Kiihnel) und Briicke') haben auf den Einfluss hingewiesen, welchen die im DiinndPrm gebildeten Sleif;en ouf die Emulsionsbildung haben. Nach Brticke bildet tanaiges Oel, dae freie Fgttelluren enthiblt, beim lechtltteln mit durch Wasser verdiinntem Hnhnereiweiss und verdiinnten Idhmngen von Borax oder kohlensawem Natron besonders leicht voll- .kommane Emulsionen, leichter als neutrales Fett.

3 0-h. '(3 ad *) machte zuerst die inter eesante Beobaohtang,

&web I W m r

1) W. Kilhne, Phyriol. Chede. p. 129. 1666. 9) Brfbke, Wicn. &R. el. 2. Abth. p. 862. 1870. 3) J. Qad, E. du Bois-Beymond's BMh. ff& ht. und Phya 8878.

p. 181.

Ausbreituny an Flussigkeitsober-achen. 595

dass Oeltropfen bei blosser Beriihrung mit alkalischen Fliis- sigkeiten ohne Bussere mechanische Erschutterung die voll- kommensten Emulsionen bilden kiinnen, sobald sie freie Fet t - sauren enthalten. Besonders schon zeigte die Erscheinung ein Tropfen Leberthran in 0.25 procentiger Sodalosung. Die Emulgirbarkeit hing ah vom Sauregehalt nnd der Zahflussigkeit des Oeles, Uoncentration der Sodalosung und der Loslichkeit der aus den Fettsauren gebildeten Seifen in der umgebenden Fliissigkeit. Die Liislichkeit der letzteren liess sich durch Zusatz von Kochsalz unrl Gaile zur alkalischen Fliissigkeit so corrigiren , dass die Bedingungen der Emulsionsbildung giinstiger wnrden. Bei zahfliissigem Bicinusol konnte keine Emulsionsbildung beobachtet werden.

Trat Emulsionshildung auf, so bildete der Oeltropfen a m Rande seitliche Fortsatze und zeigte Formveranderungen und Hewegungen , die denen der hmiibeii sehr %hnlich waren. Dabei spalteten sich Bleinere Oeltropfen ab, die theilweise zur weiteren Emulsionsbildung heitrugen.

0 a d hat diese Erscheinungen zuerst beobachtet und beschriehen. Seine Erklarung derselben war aber ungenii- qend. Ich habe dann 1879 in anderer Weise die Gad'schen Beohaclitungen erklart,') durch die in 0 2 besprochene Aus- breitung von Beifenlosung an der Grenze von Oel und Was- ser, naclidem ich niich durch zahlreiche Messungen von der Xothwendigkeit dieser Ausbreitung iiberzeugt hntte.2)

Bei der Beriihrung von Oel und Sodalosung bildet sich feste Seife durch Einwirkung der im Oel enthnltenen freien Fettsaure. Allmahlich lost sich ein Theil dieser Seife in der angrenzenden wasserigen Fliissigkeit. Die fliissige Seifen- liisung breitet sich, sobald sie mit dem Oel in Beriihrung ___-.

1) G. Q u i n c k e , Pfldger's Arch. 1879. p. 1315.

2) \Venn in der ron Him Dr. W. S k l a r e k hcrausgegebenen Natur- wissenschaftlichen Rundachau 3. p. 506. Nr. 40 vom 6. Oct. 168s in eineni Rericlitc uber meine Mittheilung an die Berliner Academic vom 12. Juli d. J. grsagt ist, dnsa schon Ilr. Gad 1878 die betreffenden Erscheinungen in der von mir angegebenen Weise erklart habe, so ist dics ein Irrthum des Hrn. Bericlnterstatters. (24. Oct. 1888.)

38 *

596 G. Quimke.

kommt, plotzlich an der Grenze von Oel und ijasseriger Flussigkeit aus und reisst die ungelosten Seifentheilchen und anhangenden Oelmassen mit fort. Dabei werden Oelfaden abgerissen und in die wiisserige Fliissigkeit hineingezogen. Diese Oelfaden haben das Bestreben, moglichst kleine Ober- fiache anzunehmen, und zerfdlen in kleinere oder grossere kugelformige Tropfen, ahnlich wie ein Wasserstrahl in Luft in kleinere oder grossere Tropfen zerfallt. Zum Theil wird die Tropfenbildung durch die schon vorhandene oder frisch gebildete feste oder fliissige Seife verzogert , dadurch die Lange der ausgezogenen Oelfaden vergrossert und die Grosse der neu entstehenden Oeltropfchen verkleinert. Durch die ursprungliche Ausbreitung werden frische Oeltheilchen mit der Sodalosung in Beriihrung gebracht, frische Seife gebildet, diese wieder gelost und damit eine neue Ausbreitung ein- geleitet.

Diese periodischen Ausbreitungen von SeiSenlosung an der Grenze von Oel und wasseriger Fliissigkeit eriolgen nicht gleichzeitig an allen Punkten der Oeloberflache. Sie sind mit den oben in $ 2 beschriebenen Wirbelbewegungen im Inneren beider Flussigkeiten verknupft, welche die wasserige Flussigkeit und besonders das zahflussige Oel nach dem Aus- breitungscentrum hinziehen. Dies gibt die amobenartigen Bewegungen am Rande der Oelmasse. Die abgespaltenen Oeltropfchen geben die Emulsion.

Bei einer rnittleren Qrosse der Zahigkeit des Oeles und der Starke der Ausbreitung an der Grenze von Oel und wasseriger Flussigkeit mussen die Wirbelbewegungen und die Anzahl der losgerissenen Oelliugeln besonders gross sein.

Schichten verdiinnter Seifenlosung von wenigen Milliontel Millimeter Uicke geniigen, und eine ungemein geringe Menge fester Seife reiclit schon aus, um die erwahnten Erscheinun- gen hervorzurufen.

Die zuz Bildung der Seife nothwendige freie Pettsaure wird f a t immer im Oel vorhanden sein und durch Diffusion an die Oberflache gelangen, I n der Darmflussigkeit kaiin die freie Fettsaure durch den Pancreassaft; an der freien

d i idre i t i tng an Fliiss~9iteit~~soberJZljcheii. 597

Luft durch Einwirkung der Kohlensaure auf neutrale olsaure Alkalien entstehen. 1)

Entsteht Seife z u schnell, so ist die Grenzfiache von Oel und wasseriger Flussigkeit mit einer festen Seifenmembran bekleidet. Dadurch ist die Oberflache schwer heweglich, und die Ausbreitung m i t ihren Eolgen wird verzogert oder bleibt ganz aus, ahnlich wie die Dampfbildnng verzogert wird oder ausbleibt bei dem L e i d e n f r o s t ’ schen Versuch , wenn man Wasser mit gluhendem Metal1 in Beriihrung bringt.

Ebenso bleiben die Folgen der Ausbreitung, Emulsions- bildung und Rewegung der Oelmassen a m , wenn sich nur sehr wenig Seife bildet, oder die Seife zu schnell von der umgebenden Fliissigkeit aufgelost wird. I n letzterem Falle w i d jede kleinste Seifenmenge nach der Entstehung sich als Seifenlosung ansbreiten. Die Energie der Ausbreitung genugt aber nicht, um starke Wirbelbemegungen hervorzurufen und Oeltheilchen abzuspalten. Laisst man das Wasser eines was- serarmen Miihlenbaches tropfenweise herabrinnen, so bleibt auch das illuhlenrad unbewegt, wahrend es bei periodischer Stauung der geringen Wassermassen ganz gut zu mechani- scher Arbeit verwandt werden kann.

Sind Oeltropfen, welche auf einer Sodalosung schwimmen, mit einer festen Seifenmembran bekleidet, so wird die Seifen- membran bei Zusatz einer wasserigen LGsung von Ochsen- gal19 gelost.

Die Galle kann die freiwillige Emulsionsbildung im Thier- korper befardern, wenn die feste Seife an der Grenze von Oel und Sodalosung sich zu langsam lost: sie kann dagegen hemmend wirken, wenn sie die feste Seife zii schnell in Fliis- sigkeit uberfuhrt.

Beide Erscheinungen sind von G a d in der That beob- achtet worden.

6 5. P e r i o d i s c h e A u s b r e i t u n g v o n O e l a u f W a s - s e r f l a c h e n an der Grenze von Wasser und Luft hnbe ich schon friiher beobachtet und beschrieben. z,

I) Hein tz , ZoochemiP p. 439. 2) G . Q u i n c k e , Pogg. Ann. 139. p. 76. 1870.

598 G. Qiiincke.

Ich brachte auf die Oberflache eines Teiches, des soge- nannten ,,neuen See's" im Thiergarten zu Berlin, eine nicht zu kleine Menge Olivenol. Ein Theil des Oeles breitete sich unter Bildung der prachtvollsten Interferenzfarben auf der Wasseroberflache aus. Der iibrige Theil blieb als linsen- formiger Oeltropfen inmitten der farbigen Oelhaut liegen. Die letztere wird allmahlich dunner, bekommt Lijcher und wird schliesslich ganz vom Wasser aufgelost. Sobald die Oelhaut am Umfange des linsenformigen Oeltropfens ver- schwunden war, breitete sich ein Theil des Oeles wieder plotzlich auf der Wasseroberflache aus. Die Oellinse explo- dirte gleichsam, und es bildete sich eine neue Oelhaut von gleichformiger Farbe oder Dicke, die d a m wieder aufgelost wurde. Darauf wiederholte sich der Vorgaog der pl6tzlichen Ausbreitung von neuem.

Zuweilen gelingt dieser Versuch auch niit kleinen Oel- tropfchen in einem mit Wasser gefullten Porzellanteller.

Da der eben beschriebene Versuch bei Wiederholung auf anderen Gewassern, auch solchen mit sehr reinem Was- ser , nur unvollkommen oder gar nicht gelang, so miissen Substanzen, die dem Wasser, vielleicht nur in sehr geringer Menge beigemengt waren, die periodische Ausbreitung bewirkt haben.

6 6. B e w e g u n g e n u n d p e r i o d i s c h e Z u c k u n g e n v o n L u f t b l a s e n i n W a s s e r lassen sich durch periodische Ausbreitung bei langsamem Zufluss von Alkohol erzeugen.

Bringt man auf die Kuppe einer flachen Luftblase in reinem Wasser unter einem horizontalen Planglas mit einem hohlen Glasfaden etwas Alkohol, so breitet sich dieser an der Grenzflache von Lmft und Wasser BUS, die Luftblase wird niedriger. Die Oberfliichenspannung des Wassers sinkt von 8,25 auf 4,85 mgr durch Zusatz von Alkohol mit der Oberflachenspannung 2,35 mgr. Nach langerem Stehen lost sich die Alkoholschicht in den1 umgebenden Wasser auf, die Oberflache der Luftblase erhalt wieder die friihere Spannung und die Luftblase die friihere Hohe.

Lasst man den Alkohol langsam Bus einem langen diinnen Glasfaden an die Oberflache der Luftblase fliessen, so zeigt

Ausbreitungl U ~ L Fliissigkeitsober-achen. 599

die Luftblase periodische Zuckungen. Die Periode betrug 0,l bis 10 Secunden, je nachdem der Alkohol schneller oder langsamer zufloss. Bei zu schnellem Zufluss des Alkohols sah man keine Zuckungen, sondern nur die eben beschriebene deuernde Gestaltsanderung.

Berulirt der unter Wasser zufliessende Alkoholfaden die Oberflache der Luftblase, so breitet sich der Alkohol plotz- lich aus, die Luftblase wird niedriger und breiter. Die pliitzliche Ausbreitung zieht das Wasser nach dem Aus- breitungscentrum hin, der Alkoholfaden reisst, und der Zufluss des Alkohols hijrt auf. Nach einiger Zeit hat sich der aus- gebreitete Alkohol in dem umgebenden Wasser aufgeliist, der stationare Zufluss des Alkohols stellt sich wieder her, die Ausbreitung erfolgt von neuem und so fort. Die Folge sind periodische Zuckungen der Luftblase, die urn so haufiger erfolgen, je mehr Alkohol in derselben Zeit zufliesst.

Der Zufluss des Alkoho!s zur Grenzfliiche Wasser 1 Luft wird periodisch durch die Pulsationen der Luftblase in ahn- licher Weise, wie der Zufluss der Luft zu einer Orgelpfeife periodisch wird durch die Schwingungen der tonenden Luft- siiule in der Pfeife.

Bei zu geringer oder zu grosser Zuflussgeschwindigkeit des Alkohols bleiben die Zuckungen begreiflicherweise aus.

Bringt man den Alkohol von der rechten Seite an d r n Bauch der flnchen Luftblase in Wasser, so wird hier die Obtir- flachenspannung cc durch die Ausbreitung des Alkohols kleiner, der verminderte Capillardruck auf der rechten Seite halt dem ungeanderten Capillardruck auf der linken Seite nicht mehr das Gleichgewicht, und die Luftblase bewegt sich nach rechts, nach der Seite des Ausbreitungscentrums c unter dem Plan- glas fort (Fig. 16).

Zwei sorgf'altig gereinigte Spiegelglasplatten von 20 cm Lange und 14 cm Breite murden, an den vier Ecken durch vier Glasstuckchen von 1,5 mm Dicke getrennt, anf eine Porzellanschale gelegt. Die Porzellanschale wurde auf ein cylinderformiges Gefass gestellt und so lange geneigt, bis die Spisgelglasplatten horizontal standen (Fig. 6), I n den Raum zwischen den parallelen Spiegelglasplatten brachte ich destil-

600 G. Quincke.

lirtes Wasser und eine flache Liiftblase von 20 mm Durch- messer, welche beide Spiegelglasplatten beriihrte. Liess man nun durch einen hohlen Glasfaden Alkohol von der Seite her langsam durch das Wasser auf die Oberflache der Luftblase fliessen, so bewegte sich diese stets nach dem Glas- faden hin.

Floss der Alkohol durch einen hohlen GIasfaden von 500 mm Lange, 0,l mm ausserem und 0,05 mm innerem Durch- messer so langsam in das Wasser in der Nahe der Luft- blase, dass in mehreren Stunden nur wenige Cubikcenti- meter Alkohol ausflos3en, so zuckte die Luftblase periodisch in Zwischenraumen von 1 bis 3 Secunden. indem sie ellip- tisch wurde und sicli dabei der Ausflussiiffnung des Glas- fadens naherte.

Ich habe diese Zuckungen, die grosse Aehnlichkeit mit dem Puls lebender Wesen haben. Stunden lang fortdauern sehen.

Zu Anfang des Versuchs sind die Spiegelglasplatten von Wasser vollstandig benetzt, die Luftblase ist leicht be- weglich und geht bei jeder Zuckung nach der Ausflussiiffnung des Glasfadens hin. Spater sind die Spiegelglasplatten nicht mehr benetzt, die Lufthlase wird unheweglicher, und die Zuckungen werden kleiner, sind aher noch deutlich wahrzu- nehmen.

Bewegung und periodische Zuckungen der Luftblase er- klaren sich wie bei dem ersten Versuche an einer Luftblase unter einem horizontalen Planglas durch periodische Aus ~

breitung des Alkohols an der freien Wasseroberflache und die dadurch bedingten Aenderungen des Capillardrucks odpr durch die periodische Erzeugung der Wirbelbewegungen der Flussigkeit in der Nahe des Ausbreitungscentrums.

Durch zwei eingeschobene Glasfaden kann man den Raum zwischen den parallelen Spiegelglasplatten in drei Kam- mern theilen und diese mit Wasser, 40procentigem und 80- procentigem Alkohol fiillen. Nach Entfernung der trennenden Glasfiiden sind die Grenzen der drei Fliissigkciten nicht mehr zu erkennen. Hringt man in den mittleren Raum mit 40- procentigem Alkohol eine Luftblase von 20 mm Durchmesser,

Ausbreitung an Flussigkeitsobe~~ac~ien, 601

so bewegt sich dieselbe immer nacb dem Raum mit dem starksten Alkoholgehalt wegen des Capillardrucks. der auf der Wasserseite grosser, als auf der Alkoholseite ist.

4 7. Die von E. H. W e b e r l ) e n t d e c k t e n g e s e t z - m a s s i g e n B e w e g u n g e n , w e l c h e d i e B i l d u n g v o n N i e - d e r s c h l a g e n h a r z i g e r K i i r p e r a u s W e i n g e i s t b e g l e i - t e n , finden durch die im vorigen Paragraphen beschriebenen Erscheinungen ihre Erkliirung.

E. H. W e b e r bringt wgsserigen Alkohol (Brennspiritus) zwischen ein Deckglas und einen Objecttrager und an den Rand des Deckglases ein Triipfchen in Wasser zerriebenes Gummigutti. Das Wasser init dem Farbstoff breitet sich unter dem Deckglas aus. Mit einem Mikroskop von 6Ofacher VergrBsserung sieht man im Alkohol eine Reihe Luftblaschen, auf welche das Wasser mit dem Gummigutti langsnm zu- stromt. Die Luftblaschen haften an den Glasflachen, und bei geeigneter Stromungsgeschwindigkeit umgehen die Farbe- theilchen die Luftblase. E s entsteht urn die Luftblase ein farbefreier oder, wie ich wegen der Analogie mit anderen Erscheinungen in Zukunft sagen werde, ein staubfreier Raum. Diesen Etaubfreien Raum wiirde auch ein Quecksilbertriipfchen oder ein anderes Stromungshinderniss zeigen. Ich werde auf diese staubfreien Raume an einer anderen Stelle naher eingehen. Wenn nun die Farbetheilchen fast die ganze Luft- blase umgangen haben, werden sie nach der Luftblase hin- gezogen oder hingetrieben und dabei in ihrer Bewegung sehr beschleunigt.

I n der Zeichnung (Fig. 7 ) geben Lange und Richtung der Pfeile eine Vorstellung von Gr6sse und Richtung der Geschwindigkeiten der Farbetheilchen. Z u beiden Seiten der Stelle c , wo der Parbstoff an die Luftblasen herantritt, ent- stehen Wirbelbewegungen (Fig. 8 und 9), die kurze Zei t dauern, wenn der Farbstoff sich schnell an der Luftblase vorbeibewegt; langere Zeit, wenn der Farbstoff ruht oder langsam fliesst.

Ich finde, dass diese Wirbelbewegungen noch besser

1 ) E. I€. W e b e r , Pogg. Ann. 94. p. 447. 1855.

- _ _ ~ ~

602 G. Quincke.

wahrzunehmen sind, wenn man dem Alkohol etwas Canada- balsam zugesetzt hat, der sich dann in der Mischzone mit der wasserigen Flussigkeit in vielen kleinen kugelformigen Tropfen abscheidet. Da das specifische Gewicht dieser Canadabalsam- kugeln ein wenig geringer ist, als das des Gummigutti, SO

werden diese Kugeln ein wenig anders von der wirbelnden Flussigkeit angeordnet, als die Farbetheilchen.

Rei cler Mischung Ton Wasser und Spiritus findet eine Contraction statt , und in den Hohlraumen der Mischzone sammelt sich die von der Fliissigkeit absorbirte Luft an. Die Luftblasen entstehen also in der Mischzone von Wasser und Alkohol. Bei c tr i t t von der hlkoholseite her etwas Alkohol an die Luftblase heran und breitet sich, da er klei- nere Oberflachenspannung als Wasser hat, an der Oberflache der Luftblase aus. Die Fliissigkeit in der Nahe des Aus- breitungscentrums c wird nach diesem hingezogen und zu beiden Sciten des ausl-,reitungscentrums in wirbelnde Be- wegung gesetzt, wie ich w in $ 2 und 6 ausfiihrlich beschrie- ben habe. Der ausgebreitete Alkohol lost sich in der urn- gebenden wasserigen Fliissigkeit.

Die Orosse unci Lange der Wirbel ltiingt von dem Z u - film des Alkohols ab, der in feinen Piiden zur Luftblase tr i t t ; von der Entfernung der Glasplatten und der Masse des Parbstoffs und der durch die Zahigkeit der Flussigkeit be- dingten Reibung.

Unter Umstiinden kann die Ausbreitung periodisch er- folgen, wie in 6 6 , und die Wirbelbewegungen treten dann in rhythlnischen Pulsationen auf, welclie auch schon E. H. W e b e r beobachtet hat.

Hinter der Luftblase, gerade dem Ausbreitungscentrum gegeniiber, kann bei einer bestimmten Intensitat der Wirbel- bewegungen ein farbefreier Raum auftreten. Die Farbe- theilchen zu beiden Seiten dieses farbefreien Raumes be- wegen sich hauptsgchlich auf zwei gekriimmten Bahnen (Fig. 10). Diese beiden Bahnen der Farbetheilchen konnen sich unter Umstanden zu einer geraden oder gekriimmten Bahn ver- einigen.

1st namlich der Widerstand, den die wirbelnden und

Ausbreituny an Flussiykeitsoberjiichen. 603

stromenden Theilchen zu heiden Seiten der Luftblase finden, verschieden, indem andere Luftblasen oder Wirbelbewegungen in der Kahe sind, oder indem die Alasse des Farbstoffs nnd Canadabalsams zu beiden Seiten des Ausbreitungscentrums nicht gleichmassig vertheilt ist, so sind die Wirbel und der hbfluss der Flussigkeit und des Earbstoffs zu beiden Seiten des Ausbreitungscentrums verschieden. Der Farbstoff kann dann hiuter der Luftblase, hauptsachlich in einw gekrumm- ten Bahn abfliessen, anstatt in zwei Bahnen (Fig. 11).

Die husbreitung kann natiirlich auch nn einer anderen Gren hiache der wgsserigen Flussigkeit mit Luft erfolgen, z. B. am Rande des Deckglases. Dann werden die Wirbel- bewegungen, Stromungen oder Pulsationen ein wenig modi- ficirt in der Kahe der am Rande vertheilten Ausbreitangs centren sichtbar. Znweilen sah ich vier und mehr gleich- nrtige Wirbel, in gleichmassigeni Abstande von einander, mit gleichformiger Geschwindigkeit an dem geradlinigen oder wenig gekrummten Luftrande fortrucken nnd ein Bild dar- stellen, das der unter dem Namen Spiralband bekannten Verzierung der griechischen Architektur sehr ahnlich war. Gewohnlich verschieben sich die Spirallinien liings dem Luft- rand in der Etichtung des grossen Pfeiles (Fig. la), doch babe ich zuweilen auch die entgegengesetzte Verschiebung auf- treten sehen.

Liegen mehrere Tluftblasen oder mehrere Ausbreitungs- centren nahe bei einander, so konnen die Wirbelbewegungen sich gegenseitig beeinflussen , den Farbstoff von bestimmten Stellen fort und nach anderen Stellen hintreiben. &lit der Geschwindigkeit der Ausbreitung und der Intensitat der Wirbelbewegung andert sich dann die Vertheilung des Farb- stoffs und der staubfreien Kaume.

Zuweilen habe ich noch Lehn Stunden nach Auflegen des wiisserigen Gnmmi Guttitropfens unter dem Deckglas die Wirbel und die Bewegung der kleinen Harztheilchen an der Oberfiache der Lufthlasen beobachten konnen.

Der Versuch gelingt auch mit reinem Wasser, das man zii dem Canadabalsam - haltigen Alkohol unter das Deckglas bringt, oder niit Harz- oder Tuschetheilchen, die irn Wxsser

604 G. @ineke.

anstatt des Gummigutti vertheilt werden. Die Erschei- nungen werden nur im letzteren Falle weniger deutlich, weil sich die festen Theilchen gern zu griisseren Klumpen zu- samrnenballen und an der Oberflache der Luftblasen hnften bleiben.

Legt man unter das Deckglas auf den Objecttrager zwei Deckglasstreifen von 0,15 mm Dicke, fiillt den Raum linter dern Deckglns mit waseerigem Alkohol, heriihrt den Rand bei A (Fig. 13) mit einem klcinen Pinsel, der etwas mit Wasser angeriebenen Gummigutti enthalt, so wird ein Kreiy- segment unter dem Deckglas mit dem wasserigen FarbstoE gefiillt. Ausserhnlb der gelben Kreiszone sieht man dann radial angeordnet eine Reihe Luftblnsen, die in der Xisch- zone von Alkohol und Wasser entstanden sind. Die grGsseren liegen weiter nxch dem Alltohol zu, als die klrineren, welche auch spater abgeschieden wurden. Wegen des griisseren Abstandes von Ueckglas und OhjecttrBger sind die Luft- blasen jetzt leicht beweglich nnd werden durch den capillaren Druck, wie ich dies 0 6 nusfiihrlich heschrieben habe, von dem Wnsser fort nach clern Alkohol hingetrieben. An ein- zelnen, dem wasserigen Farbstoff naher gelegenen Blasen kann man dann nuch noch die Ausbreitung und die Wirbel- bewegungen des Farbstoffs heobacliten.

I n seltenen Fallen sieht man xuch w*ohl Bewegungen einer Luftblase nach der Wasserseite hin. Dann erfolgt die Ausbreitung nicht gleichmassig zu beiden Seiten des Aus- breitungscentrums, und die Wirbelbewegnngen verschieben die Luftblase langs der Glasfl%clie. Der Vorgnng ist analog demjenigen bei Rewegung eines Alkoholtropfens. den man auf einer mit Wasser benetzten Glasplntte sich aiisbreiten lasst. Der Alkohol reisst bei der Ausbreitung die diinne Wnsserschicht mit, rollt sie von der Glasplatte ah und ver- treibt das Wasser von der Glasplatte um das Ausbreitungs- centrum herum.

E, H. W e b e r ' ) hat noch eine zweite Klasse von Be- wegungserscheinungen mit dem Mikrosliop beobachtet an

I ) E. H. W e b ~ r . F'ngg, Ann. 94. p. 454. 1856

Aushreitury U I L F~;liissigkeitsobe,cl~e~~. 605

kleinen linsenfijrmigen Spiritustropfchen, die auf eine Glas- platte gesetzt waren. I n dime Spiritustropfchen wurde mit einem Nadelohr eine Spur Gummiguttiwasser gebracht. Der Parbstofl' lost sich in Alkoliol auf, urn nach eiuiger Zeit, wenn genug Alkohol verdunstet ist, sich wieder abzuscheiden.

Vom Rande des Tropfens, wo der Niederschlag zu ent- stehen beginnt, stiirzen Strome von sich niederschlagenden Farbetheilchen rings herum in den Tropfen und kehren theils in einiger Entfernung vom Rande um und bewegen sich zum Rande zuriick, theils verbreiten sie sich durch den Tropfen nach der hlitte desselben und machen die Fliissig- keit iilwrall undurchsichtig.

Mi t der Lupe sieht man radiale Vertiefungen auf dem Tropfen entstehen, die denselben in zwei, drei, vier oder mehr grosse L4btheilungen theilen. Nach der Mitte zu wird der Tropfen seichter, und an seiner Oberfiache erscheint ein Xetz heller gerader Linien, die den Tropfen in kleine vier-, funf- oder sechseckige Abtheilungen theilen. Die Farb- theilclicn werden dabei an der Oberfiache nach vertieften centralen Stellen dieser geradlinig begrenzten kleinen Ab- theilungen hingetrieben. Schliesslich verschwinden die geraden Grenzen der Abtheilungen. Die Abtheilungen erscheinen durch Curven begrenzt, und die Bewegung hort auf.

E. H. W e b e r rieb die Glasplatten niit einein trockenen baumwollenen Tuche und beobachtete in einem Kaume von lo bis 7') R., weil sonst die Spirituslinsen nicht hoch genug waren, und der Spiritus zu schnell verdunstete.

Leider ist es mir nicht gelungen, auf den Glasplatten durch Reiben niit einem baumwollenen Tuche einen Ueber- zug zu erhalten, der das Ausfliessen der Spirituslinsen ver- hindert hatte. Ich habe daher Glasplatten (gewohnliche Objecttrager) mit einer diinnen Schicht yon geschmolzenem Paraffin iiberzogen und auf diese init cinem diinnen Holz- stabciien die Linsen \on wasserhaltigern Alkohol nufgesetzt. Die geeignete Menge von Gummigutti l imn man vorliei- zufugen oder die einzelnen Alkohollinsen mit einem Nah- nadel- oder init einein Stecknadelknopf beriihrcn , cler in Gummiguttiwasser getaucht worden ist. I ch habe dann im

606 G . Quincke.

wesentlichen die von E. H. W e b e r beschriebenen Erschei- nungen wahrgenoinmen, nur waren die hellen Linien niclit geradlinig, sondern gekrummt.

Diese zweite Klasse W e b er’scher Bswegungserschei- nnngen entsteht in folgender Weise:

Der Farbstoff scheidet sich am Rande des linsen- formigen Alkoholtropfens zuerst ah. Der Alkoliol T erdunstet also am Rande des Tropfens sclineller, uls in der Ellitte; der Alkoliol ist an1 Randc kiilter und wasserhaltiger, als in der Mitte. Die freie Oberflkche des Tropfens hat am ltande eine grossere Oberfl~clienipannung, als in der Mitte, und es wird fortwltlirend die Fliissigkeit an der Oberflache von der Mitte nach dem Bande des Tropfens getrieben, \vie wenn Alkoliol sich von dcr Mitte aus auf einer freien Wasser- oberflache ausbreitet. Die Flussigkeit Aiesst am Rande in das Innere des Tropfens zuriick, und aus dem Innern stroint neue Fliissigkeit der Mitte der Tropfenoberflache zu. Gleich- zeitig wird die Flussigkeit unter der linsenfdrmigen Ober- fiiiche in rotirende Bewegung gesetzt, wie es Fig. 1 4 mdeutet . Diese Bewegung ist auch ohne FarbstoE an einzelneii Staub- tbeilchen ini Innern des wasserhaltigen Alkoliols zu ei kennen ; noch besser an den abgeschiedenen Theilchen von Gummi- gutti oder an Kugeln von Cunadabalsam, den man dem Alkohol zugesetzt liatte. Gleiclizeitig wird der Aaclie Tropfen am Rande hiiher, als in der Mit te , analog wie bei don sogenannten Weinthrhen , die sich an der verticalen Wand eines Weinglases in die Hohe ziehen, das Wein iron siarkem Alkoholgehalt enthiilt.

Durch den Zufluss von starberein Alkohol voii der Illitte nach dem Rande wird die Verdunstung wieder beschleunigt. Es wird daher die Verdunstung am Tropfenraude periodisch und dadnrch wird wieder eine periodische Ausbreitung ein- geleitet oder begunstigt.

Die Verdunstung des Alkohols erfolgt nun aber nicht an der ganzen Peripherie gleichformig. Aehnlich wie an der Innenwand des Weinglases Stellen grosserer und klei- nerer Verdunstung abwechseln und die Stellen griisserer T‘erdunstung durch die alkoholarmeren dickeren Weinthriinen

Ausbreitunq un Flussi~keitsober~ucheiz. 607

ausgezeichnet sind, so folgen sich am Tropfenrande Stellen niit grosserer und kleinerer Verdunstung oder grijsserer und kleinerer Oberflachenspannung, mit grosserer und kleinerer Geschwindigkeit der Theilchen an der Flussigkeitsoberflache yon der Mitte nach deln Rande hin. Solche Stellen konnen 2 , 3 , 4 . . n ma1 auf dem Tropfenumfang einander folgen, ahnlich wie bei der Bildung fester Leimlaniellen auf Queck- silber 2 , 3 , 4 . . n Randftlten auftreten k6nnen.l) Die 1702 der Xi t te nach dem Rande getriebene Flussigkeit geht dann nicht an allen Stellen des Randes in das Innere des Tropfens iiber, sondern wendet sich seitlich urn und kehrt an den Stellen kleinster Verdunstung von dern Rande nach der Mitte zuruck, wie dies Fig. l 4 a fur n = 2 gezeichnet ist. Die Wirbelfiden bilden dabei geschlossene Curren im Irinern der Flussigkeit, An der Grenze zweier Wirbel, die mit entgegengesetzter Rotation aneinander stossen, felilen die Farbetheilchen, und treten die hellen geraden Linicn auf, die die einzelnen kleinen Abtheilungen begrenzen.

1st vie1 Alkohol verdampft, und durch die grossen Massen ausgeechiedenen Parhstoffs die Flussigkeit klebriger gemorden, so erkennt man deutlich periodische Ausbreitung und die daniit verkniipfte ungleichmassige Vertheilung des Farbstoffs oder helle Streifen, wie sie in alinlicher Weise an den Luft- blasen zwischen Deckglas und Objecttriiiger auftreten bei der ersten Klasse W e b er’scher Rewegungserscheinungen.

Ee i unregelmassiger Verdunstung und grosserer Klebrig- keit der Flussigkeit bleiben die Rotationsiixen der Flussig- keitswirbel nicht horizontal, und a n der Aussenseite dcr Wirbel treten farbenfreie Raixme auf, die als helle Linien erscheinen. Die geradlinig begrenzten Abtheilungen von E. H. W e b e r habe ich niernals wahrnehmen kBnnen, wohl aber regelmassig gestaltete helle Curven oder Spirallinien. (Fig. 15 ) Diese Verschiedenheit ist leicht verstandlich, wenn man bedenkt, dass geringe Mengen fremder Substanz iin Brennspiritus oder im Gummigutti die Ausbreitungs- -~ ~ ~

1) G. Q u i n c k e , Wicd. Ann. 35. p. 564. 1888.

608 G. Quitzcke.

erscheinungen und damit die Wirbel und die Lage der farbenfreien Rliurne erheblich modificiren konnen.

B e w e g u n g v o n O e l m a s s e n i n W a s s e r d u r c h W i r b e l b e w e g u n g e n , w e l c h e b e i d e r A u s b r e i t u n g e n t s t e h e n . A n z i e h u n g gegen e i n e f e s t e W a n d . - I n 0 2 habe ich die Eormlinderungen bei einer flachen Oel- blase in Wasser beschrieben, welche unter einem horizontalen Planglas liegt, weiin an der Oeloberflache sich eine andere Eliissigkeit ausbreitet.

Erfolgt die Ausbreitung von der Kuppe der Oelblase aus, so bildet die Oberflache vor und nach der Ausbreitung nahezu eine Rotationsoberflache, deren Rotationsaxe durch die Ausbreitung nicht verschoben wird.

Liegt aber das Ausbreitungscentrum seitlich Ton der Rotationsaxe, so t r i t t eine Verschiebung der Oelblase ein, indem das Oel und das benachbarte Wasser nach dem Aus- hreitungscentrum hin und spater van diesern fortgezogen werden. I)m zahere Oel wird dabei wegen der grijsseren inneren Reiluung mit einer grosseren Kraft nach dem 9 u s - breitungscentrum hin und von diesem fortgezogen, als die weniger zahe wasserige Elussigkeit.

Eiue leicht bewegliche Oelblase unter einem Planglss in Wasser bewegt sich nach der Seite des Ausbreitungs- centrums c hin (Fig. 16).

Ebenso ioewegen sich ein flacher Tropfen eines Gemisches von Mandelol und Chloroform, der in specifisch leichterem Wasser a u f einem Planglas ruht, oder ein flacher Tropfen von Wasser in Oel, welches iiber 2Oprocentige Gummilosung oder iiber Quecksilber in ein griisseres Glasgetks gegossen ist, nach der Seite des Ausbreitungscentrums hin, wenn man einen Tropfen Soda- oder Seifenlosung seitlich auf die Ober- tlache der Blase oder des Tropfens bringt. Die flachen Tropfen von Mandelol und Chloroform werden wahrend der Auabreitung anffallend niedrig uncl kriechen gleichsam uber die Glasoberflache fort.

Diese Versuche entsprechen den oben 6 6 beschriebenen Bewegungen einer Luftblase in Wasser, auf deren Oberflache sich ein wenig Alkoliol ausbreitet. Der capillare Druck an

Q 8.

Ausbreituny an F~ussi~keitsoberJEachen. 609

der Grenzflache von Oel und Wasser wird in der Nahe des Ausbreitungscentrums kleiner und treibt die Tropfen oder Blasen nach dieser Seite hin.

Die Geschwindigkeit der Ausbreitung kann in Grosse und Richtung modificirt werden durch feste Theilchen (Seife u. s. w.) in der Nahe der Grenzfltiche von Oel und Wasser, oder durch zahe Massen, welche in der Fliissigkeit vertheilt sind, oder durch den Widerstand, welchen die an festen Korpern adharirenden flachen Tropfen und Blasen bei der Verschiebung finden. Dadurch konnen dann wieder Grosse und Richtung der Verschiebung der ganzen Blase oder des ganzen Tropfens beeinflusst werden.

I n dem Oel und dem Wasser treten gleichzeitig mit der Formanderung der Grenzflache Wirbelbewegungen auf, wie ich sie oben 0 2 schon beschrieben und in Fig. 2 abgebildet hnbe. Diese Wirbelhewegungen konnen ebenfalls die Ver- schiebung beeinflussen.

Lasst man einen Tropfen zweiprocentige Sodalosung unter Wasser auf die Mitte der horizontalen Grenzflache von Wasser mit einem Gemisch aus Mandelal und Chloroform (g = 1,027) fallen, so beohachtet man kurze Zei t darauf eine Ausbreitung der gebildeten Seifenlosung und gleichzeitig zwei Wirbel im Wasser, von der Gestalt Fig. 17 , die also dem- selben kreisformigen Wirbelring angehoren.

Diese Wirbelbewegungen werden durch die im Oel und Wasser vertheilten festen Seifentheilchen sichtbar und beein- flussen sehr wesentlich die Bewegung der Oel- und Wasser- massen in der Kahe des Ausbreitungscentrums. wie folgende Versuche lehren.

Ein wiirfelformiger Trog aus Spiegelglas wurde 4 cm hoch mit zweiprocentiger K ochsalzlosung vom specifischen Gewicht 1,015 gefullt und daruber eine 12 cni dicke Wasser- schicht gegossen, sodass beide Flussigkeiten miiglichst wenig miteinander gemischt wurden. I n das Wasser brachte ich Kugeln eines Gemisches aus frischcm Mandeliil und Chloro- form, dessen specifisches Gewicht wenig grosser, als das des Wnssers war. Diese Oelkugeln schwebten auf der Trennungs- fiache von Wasser und Kochsalzlosung.

AM. d. Phys. u. Chem. N. F. XXXV. 39

610 G. Quhicke.

Das Wasser war vorher mit Chloroform geschiittelt war- den, um zu verhindern, dass es aus dem Oelgemisch Chloro- form aufnahme und dadurch das specifische Gewicht des Oelgemisches verkleinerte.

Will man die Oelkugeln, von reinem Wasser umgeben, in einer bestimmten Hohe festhalten, so kann man dem Oel- gemisch viele kleine Luftblasen beimengen , deren Volumen sic11 mit dem liydrostatischen Druck andert. Die Oelkugel bleibt dann, wie ein Cartesianischer Taucher fur einen constanten Luftdruck in einer bestimmten Tiefe unter der freien Flussigkeitsoberfliiche schweben.

Aus einer Pipette (einem Olasrohrchen von 200 mm Lange und 2 mm Durchmesser, das unten in einen hohlen Glasfaden von 100 mm Lknge und 0,3 mm Durchmesser aus- lief) konnte man in das ruhige Wasser in der NBhe der Oelkugel ein wenig zweiprocentige Sodalosung nustreten lassen und dann die Pipette zuruckziehen, ohne dass die Pliissigkeit merklich hewegt wurde. Die Sodalosung kommt allmahlich mit der Oeloberflache in Beriihrung; es bildet sich etwas Seife, und nach 1 bis 3 Minuten erfolgt eine Ausbrei- tung der gebiltleten Seifenlosung auf der Oberflache der Oelkugel. Die Oelkugel verliingert sich radial, an der Stelle des Ausbreitungscentrums c entsteht eine Anschwellung oder Ausstulpung (Fig. 18), und nach einiger Zeit nimmt die Oel- masse wieder Kugelform an. Die Gestaltsanderung hat grosse Aehnlichkeit mit der , welche gewisse Amoben bei mikro- skopischer Beobachtung zeigen.

Befindet sich die Oelkugel neben einer verticalen Glas- wand, so hewegt sie sich auf diese Glaswand zu. Orlkugeln von 20 his 30 min Durchmesser, deren OberHache an einer Seite 5 bis 8 mm von der Olaswand entfernt ist, konnen durch eine einzige Ausbreitung an die verticale Wand heran- gezogen werden, wenn das Ausbreitungscentriim c auf der Seite der verticalen Wand liegt.

Kleinere Oelkugeln zeigen auch in grosserer Entfernung von der Wand, oder ohne dass eine Wand in der Nahe ist, eine kleine daueride Verschiebung nach der Seite eines seit- 3ich gelegenen Ausbreitungscentrums. Die Verschiebung kann

Ausbreittiny an Flussigkeitsober$?achen. 611

mehrere Millimeter betragen und ist um so grosser, je schwe- rer beweglich die umgebende Plussigkeit ist, je naher die Oelkugel am Boden des Glastroges sich befindet.

Liegt das Ausbreitungscentrum a n der hochsten oder tiefsten Stelle der Oelkugel, so wird dieselbe bei der Aus- breitung gehoben oder gesenkt und kehrt, nachdem die Aus- stiilpung in der Nahe des Ausbreitungscentrums verschwunden ist, wieder in die urspriingliche Lage zuriick.

Diese Bewegungen riihren her von den Wirbelbewegun- gen, welche die Ausbreitung in dem Oel und Wasser erzeugt.

Man kann diese Ausbreitungen leicht periodisch machen, in ahnlicher Weise, wie es oben $ 6 bei den periodischen Zuckungen der Luftblase geschah, indem man die Sodalosung in einem diinnen Strahl unter Wasser ausfliessen lasst aus einem Heber, der in einen 100 mm langen hohlen Glasfaden von 0,l bis 0,2 mm Durchmesser endet (Fig. 19).

Es hat keine Schwierigkeit, diesen Heber, aus welchern in mehreren Stunden nur 1 ccm Fliissigkeit ausfliesst, mit Flussigkeit zu fullen, wenn man folgenden Kunstgriff benutzt. Der Heber wird aus einer 2 mm weiten Qlasrohre gebogen, in der Mitte mit Flussigkeit gefiillt, an einem Ende zu dem sehr feinen, unten oilenen Glasfaden ausgezogen, am anderen Ende zugeschmolzen und an letzterem die Luft erwarmt. Wenn die von der erwarmten und comprimirten Luft vor- geschobene Flussigkeit an der Oeffnung des feinen Glasfadens erscheint, schneidet man das zugeschmolzene Ende in passen- der Lange mit dem Glasmesser ab und bringt den Heber sofort in das kleine Becherglas mit der hetreffenden Pliissig- keit, an welchem man den Reber durch ein paar Kitttropfen K in passender Weise befestigt. Am Boden des Becherglases ist ein Stuckchen Spiegelglas aufgekittet, sodass man Becher- gias und Heber auf einem horizontalen Spiegelglasstreifen sanft verschieben und in die richtige Lage iiber der Oelkugel bringen kann.

Von der H e b e r o h u n g lauft ein 30 bis 40 mm langer feiner Faden Sodalosung zu der Oelkugel im Wasser, die er an der Kuppe treffen mag. Dieser Faden Sodalosung ist

39*

612 G. Quincke.

durch die Schlieren leicht erkennbar, welche an der Grenze von hellem und dunklem Hintergrund sichtbar werden.

Man sieht nun in regelmassigen Zwischenraumen an der Kuppe der Oelkugel eine Anschwellung entstehen und ver- schwinden. Zuweilen hebt sich dabei die Oelkugel um mehrere Millimeter.

Bei einer Oelkugel ron 8 mm Durchmesser, die 35 mm unter der Heberoffnung lag, erfolgten die Zuckungen aufangs in Zwischenraumen \-on 25 Secunden. Diese Zei t nahm all- m&hlich zu und war nach zwolf Zuckungen auf 2 Minuten, nach 18 Zuckungen auf 3,5 Minuten gestiegen. Von der zwolften Zuckung an hob sich die Kugel bei jeder einzelnen Zuckung urn:

3, 325, 1,5, 0,s mm und ging dann wieder in die ursprunxliche Lage zuriick. Spater wurden diese verticalen Schwingungen nnmwklich.

Der Vorgang erklart sich dadurch, dass be1 der Aus- breitung der aus Soda entstandenen Seifenl6sung auf der Oel- oberflliche d ~ s Oel sich hebt, der Zufluss der Sodalcisung kurze Zeit aufhijrt und erst nach einiger Zeit sich wieder herstellt. Der Zufluss der Sodalosung oder die Bildung der Seifenlasung wird eben periodisch und damit auch die Ge- staltsanderung und die verticale Bewegung der Oelkugel.

Die gehildete Seife triibt das Wasser und besonders das Oel in der Nahe des Ausbreitungscentrums. Die Oeikugel wird durch die gebildete Seife schwerer und sinkt tiefer in die Kochsalzlosung am Bodeii des Glastroges ein. Man kann deutlich erkennen, wie auch nach der Gestaltsanderung noch eine Ausbreitung auf der Oeloberflache stattfindet, und das Wasser in der Nahe der Kuppe in wirbelnde Bewegung ge- rath. (Fig. 20.)

Trifft der feine E’aden Sodalosung die Oelkugel seitlich, so erfolgen die Anschwellungen und Verschiebuagen der Oel- kugel nach dem seitlich gelegenen Ausbreitungscentrum hin.

Mit dcr ZBhigkeit des Oeles und des umgebenden Wassers, der Beweglichkeit der dlmahlich immer mehr ver- unreinigten Oeloberflache und dem Zufiuss der Sodalosung wechselt naturlich die Geschwindigkeit, mit der die Seife ent-

Audreitury an E/ussigkeitsober$achen. 613

steht, sich lost und sich ausbreitet, oder die Dauer der Zuckungsperiode der Oelkugeln. Ich habe zuweilen auch Zuckungen von wenigen Secunden beobachtet.

Bringt man die Sodalosung zwischen zwei Oelkugeln in nicht zu grosser Entfernung voneinander, so marschiren dieselben nach einiger Zeit, wenn die Ausbreitung erfolgt, aufeinander zu und vereinigen sich zu einer einzigen Oelkugel.

Blast man einen Luftstrom senkrecht gegen die freie W asserflache, unter der eine Oelkugel schwebt, ahnlich wie Fig. 4, so entstehen auch Wirbelbewegungen im Wasser, und die Oelkugel steigt etwas.

Aehnlich wie an Oelkugeln verlaufen die Erscheinungen itn hohlen rnit Wasser gefullten Oelblasen. Dabei wird die Oel- hulle in der Nahe des Ausbreitungscentrums bei jeder Aus- breitung dunner, und diese Abnahme der Dicke kann bei grosserer Energie der Ausbreitung leicht so weit gehen, dass die Oelschicht durchbrochen wird, und die Oelblase platzt.

Die Oberflache der Kugeln aus dem Gcmisch von Nan- deli51 und Chloroform wird nach einiger Zeit schwerer be- weglich, indem sie sich mit einer selir ddnnen festen H a u t (von Seife?) iiberAieht. Dadurch wird die Beweglichkeit des Oels verringert, die Anschwellungen am Ausbreitungscentrum werden niedriger , die Formveranderungen erfolgen lang- samer, die Verschiebungen werden kleiner. Es bildet sich durch eine Ausbreitung dann eine zweite kleinere Oelkugel am Ausbreitungscentrum, die mit der ersten grosseren Kugel verwachsen erscheint, ahnlich wie zwei zusammengewachsene Kartoffelknollen. (Fig. 21.)

Die ohen beschriebenen Versuche gelingen auch, obwohl meist weniger deutlich, rnit den bekannten von P l a t e a u be- nutzten Plussigkeiten, Olivenol und wasserigem Alkohol von gleichern specifischen Gewicht, wie das Olivenol.

Die Formanderung und Verschiebung der Oelkugeln gegen eine feste Wand oder gegeneinander oder gegen die umgebende Pliissigkeit, sowie die Zuckungen durch perio- dische Ausbreitung, konnte ich bei dem Gemisch von Man- delol und Chloroform in Wasser oder bei Olivenol in wasse- rigem Alkohol auch hervorrufen mit filtrirtem Huhner-

614 G. Quincke.

eiweiss oder mit einer 10 procentigen Gallenlosung , anstatt mit Sodalosung. Die Ausbreitung war jedoch bei Eiweiss unter sonst gleichen Bedingungen weniger heftig , Forman- derung und Verschiebung geringer, und die Bewegungen hiirten eher auf, wohl weil die durch Einwirkung des Oels entstandene Eiweissseife (vergl. unten $ 9) sich weniger leicht in der umgebenden Fliissigkeit nufliiste und verbreitete, als die aus Sodalosung entstandene Seife.

Das Gelingen der Versuche bangt wesentlich davon ab, dass die OeloberflBche leicht heweglich ist und nicht zuviel feste Theilchen (Seife) in derselben die Beweglichkeit hemmen.

Die husbreitung von Eiweiss an der Beriihrungsflache fetter Oele mit Wasser, welche wegen der Entstehung der Protoplasmahewegung und wegen anderer Bewegungserschei- nungen in der organischen Natur besonders wichtig ist, werde ich im folgenden Abschnitt naher untersuchen.

11. B e w e g u n g s e r s c h e i n u n g e n d e r organischen Natur . Pro t o p 1 asm a b e w eg un g.

0. 9. A u s b r e i t u n g von E iwe i s s a n d e r G r e n z - f l a c h e f e t t e r Oe le m i t Wasse r . - Lasst man frisches filtrirtes Hiihnereiweiss in frisches Oliveniil, Mandelol oder Rapsol tropfen, so bildet sich ein mit einer faltigen festen Haut iiberzogener Eiweisstropfen (Fig. 22).

Diese feste Haut hat As c h e r s o n l) Haptogenmembran genannt und v. W i t t i cha ) durch einen chemischen Vorgang, eine Verseifung, und eine dadurch bedingte Abscheidung von Eiweiss zu erklaren versucht.

Mit ranzigen Oelen scheint Eiweiss eine diinnere, feste Haut zu bilden, als mit frischen Oelen. Diese feste Haut ist in loprocentiger Gallenlosung und 1 procentiger Roch- salzlosung unliislich.

Ich fuhrte durch die Oeffnung der horizontalen Deck- platte an dem oben $ 2 (Fig. 1) beschriebenen Glaskasten

1) Ascherson, Miiller's Arch. 1840. p. 44. 2) v. W i t t i c h , De hymenogonia albuminis; diss. pro venia legendi

Regiomonti. 1850. 8".

Ausbreitun.q an F~ussigkPitso6erJIiichen. 61 5

einen Eiweisstropfen in die von Wasser umgebene flache Oelblase. Der Eiweisstropfen sinkt in dem Oel unter, wird flacher und breiter , dnrchhricht nach einiger Zeit die Oel- haut, welche ihn von dem darunter liegenden Wasser trennt, und breitet sich an der Grenzflache von Wasser und Oel aus. Die Hohe der Oelblase nimmt bedeutend ah , und die Ab- nahme kann stundenlang grosser werden.

Da der Eiweisstropfen zunachst gar nicht mit dem Wasser in Beriihrung ist und seine Gestalt und seinen Rand- winkel andert, so muss durch die Einwirkung des Eiweisses auf das Oel ein Stoff entstehen, der ahnlich wie die Seife bei den Versuchen des 6 2 wirkt, und den ich deshalb im Folgenden E i w e i s s s e i f e nennen werde, wobei es vor der Hand unentschieden bleiben mag, ob es wirklich eine Seife ist.

Die in Tabelle 7 zusammengestellten Messungen be- ziehen sich auf Rapsol, welches ein J a h r , auf Mandelol und Leberthran, welche sechs J a h r e in verschlossenen Glastlaschen gestanden hatten.

Ausser Hiihnereiweiss habe ich auch Eiweiss aus Blut und Pflanzen untersucht, namlich das Serum von frischem Schweineblut oder den Saft frischer Spargel. Die letz- teren wurden auf einem reinen Reibeisen zerrieben, der Saft durch Leinwand gepresst und durch trockenes Papier filtrirt.

Die Hohe der flachen Oelblase wurde mit einem Ka- thetometermikroskop gemessen und die Oberflachenspannung der Grenzflache Oel1 Wasser oder Oel 1 Eiweissseifenlosung in der oben 6 2 beschriebenen Weise berechnet. Diese Werthe sind in den mit u12 und 0cl3 iiberschriebenen Spalten aufgefiihrt. Die letzte Spalte gibt die Zeit, welche zwischen dem Einfuhren des Eiweisstropfens und der Ausbreitung ver- strichen war.

Die Ausbreitung erfolgte meist schon nach wenigen Mi- nuten, und dabei sank die Oberflachenspannung an der Oel- oherflache durch die aungebreitete Losung von Eiweissseife um 30 bis 66 Proc.

616

Eiweiss

G. Quincke.

Oberflachcnspannung Ausbreitung vor I nach ’ eifolgte

M i a Minuten nach Ausbreitung 1 “ I s

-__

T a b e l l e 7.

A u s b r e i t u n g v o n modi f ic i r t em E i w e i s s (Eiweissseife) an der Greuzflache fetter Oele mit Wasser.

Hiihnereiweiss . . . Spargelsaft . . . . .

,, 15h spiiter ,, . . . . .

Blutserum . . . . . 7, . . 7 ’ .

mgr mgr 1,583 I 0,868

0,898 ;$:? 1 0,462 0,220

- 7 1 ;,025 1,581 0,613

A l t e s Mandelol (U = 0,9222).

,, zh spatcr Spargelsaft . . . . .

Blutserum . . . . . ,, . . . . .

7, zh spater

7, 1 0,461

77 6,379

9, 0,810 I 0,481

1,637 0,837

1,685 I 1,162 0:689

I -

0,548 0,535 0,292

0,139 0,388 6,649

0,416 6,271

6.371 0,512

Die Punkte zwischen zwei Beobachtungen bedeuten, dass die Oberflichenspannung der Grenztiache von Oel und modi- ficirtem Eiweiss sich noch weiter verandert hatte, oder die Dicke der ausgebreiteten Schicht von flussiger Eiweissseife noch weiter gewachsen war.

Tabelle 8 gibt die Resultate ahnlicher Versuche mit frischem und altem Olivenol, frischem Mandelol und Leber- thran, in welche filtrirtes Huhnereiweiss oder solches, das mit destillirtem Wasser versetzt war, eingefuhrt wurde. Die erste Spalte gibt den Procentgehalt an trockenem Eiweiss.

I m allgemeinen t ra t die Ausbreitung urn so schneller ein, und die Oberflachenspannung wurde um so mehr durch die Ausbreitung verkleinert, je concentrirter das Eiweiss war.

Ausbreitung an F~uss2jkeitsober~a~~en. 617

Procente trockenes

T a b e l l e 8.

Oberflacheuspannung Ausbreitung vor j nach erfol te

Minuten "13 naci Ausbreitung

A u s b r e i t u n g von Hi ihnere iweiss v e r s c h i e d e n e r C o n c e n t r a t i o n an der Grenze fetter Oele mit Wasser.

._ __~_ ~ - _ _ _ ~ _

7 1

1,808

1,824 ,,

,l

0,437

i,237

0,520

0,955

0,927

Eiweiss ~~ ~ ~-

16,73

2,5

0,25

16,73

275

0,25

16,73

2.5

0,25

16,73

2,s

0,25

0,089

0,222

0,340

0,307

0,297

0,423

F r i s c h e s Olivenol (

0,12

1 ,o

970

m v 2,126

2,160

2,179

9 1

1 7

, l

mirr 0,359 0,938 1,348 6,868 1,799 i,3fj1

= 0,9145).

0,166 0,431 0,624 0,402 0,825 0,624

A l t e s Ol ivcnol (u = 0,9120). j 0,066

0,243 i 0,528 0,684

~ 0,508 1 0,285

(u = 0,9170)

I 0.597

1,703 j 0,152

1,761 0,493 ,, ' 0,523

7 , 0,745

F r i s c h e r L e b e r t h r a n

1,96

('0)

11

0,709 ' 0,494 1 0,697

0,703 0,247 1 ;,Xi2

0,691 0,393 , 0,569 .

0,549 0,388 0,706

,, 0,201 0,284

, l 0,196 1 6,280

7, 6,270 6,390

I n einzelnen Fallen bemerkte ich eine Zunahme der Ober- flachenspannung einige Zeit nnch der Ausbreitung. Die an der Oberflache des Oels ausgebreitete Ei weissseife war dann

618 G. Quincke.

von dem umgebenden Wasser aufgelost und entfernt worden, ahnlich wie bei Alkohol, der sich an der Qberflache von Luftblasen in Wasser ausgebreitet ha t (vgl. oben 6 6) und von Wasser aufgelost wird. Diese Erscheinung t ra t z. €3. auf bei Mandelijl mit Blutscrum oder Hiihnereiweiss, oder bei Oli- venol mit Hiihnereiweiss.

Die A usbreitung des Spargelsaftes Prfolgte bei Mnndel61 mit solcher Heftigkeit, dass sich Oelkugeln abspalteten und das Mandelol theilweise in eine Emulsion iibergefiihrt wurde, in ahnlicher Weise, wie bei der oben 4 2 bescliriebenen Ausbreitung von Seifenlosung, die sich RUS Sodalosung ge- bildet hatte.

Man kann diese Versuche noch in etwas anderer Weise anstellen, sobald es nicht auf quantitative Bestimrnungen an- kommt.

Bringt man einen Tropfen Hiihnereiweiss auf eine Oel- schicht, welche 2 bis 3 mm hoch auf einer grosseren Wasser- oberflache schwimmt, so sinkt der Eiweisstropfen in der Oel- schicht unter, breitet sich nach kurzer Zeit an der Grenze OelI Wasser aus, und die Oelschicht wird an dem Ausbrei- tungscentrum c durchbrochen.

Die feste Membran, welche sich an der Grenze von Ei- weiss und Oel gebildet hatte, wird dnbei nach oben gerissen und begrenzt nach der Ausbreitung cinen cylinderfBrmigen Raum (Fig. 23), der kein Oel enthglt und oban von einer kreisformigen, freien Wasserflgche geschlossen ist Die feste Membran war urn so dicker, die Ausbreitung erfolgte urn so schneller, und der Durchmesser der olfreien Flache inmitten der Oelschicht war urn so griisser, je concentrirter das Huh- nereiweiss war.

Bei altem Olivenol, das mehrere J a h r e in gut verkork. t e r Flasche gestanden hatte, war die feste Haptogenmembran dunner, als bei frischem Olivenol.

Q 10. F e s t e s E i w e i s s a n d e r O r e n z f l a c h e v o n f e t t e n O e l e n m i t W a s s e r . - Die eben beschriebenen Versuche mit flachen Oelblasen in Wasser lassen sich in der Weise a b b d e r n , dass man durch die Oeffnung in tler horizon- talen Glasplatte (Fig. 1) statt fliissigen Eiweisses festes Eiweiss

Aiishreitung an FliissigkeitsoberJliichen. 619

einfuhrt, wie es durch Eintrocknen von filtrirtem Hiihner- eiweiss, Blutserum oder Spargelsaft in einem flachen Uhr- glase bei gewohnlich-r Temperatur oder im Sonnenlicht er- halten wird.

Das feste Eiweisskornchen sinkt in der Oelblase unter und bleibt gewohnlich mit einer Oelhaut bekleidet an der Grenzflache von Oel und Wasser in der Nahe der Kuppe hangen. Durch Diffusion nimmt das fette Oel Wasser auf und gibt es an das Eiweiss ah. Es bildet sich fliissiges Ei- weiss, a m diesem durch Einwirkung des Oels Eiweissseife, die sich auflost, ausbreitet, am Ausbreitungscentrum die Oel- haut durchbricht und die ganxe Oelblase in einer diinnen Schicht iiberzieht und erniedrigt. Die Oberfiachenspannung der Oeloberflache wird dabei von ela auf a13 erniedrigt.

Statt der Kornchen von festem Eiweiss kann man mit Vortheil auch sehr kleine Stiickchen Fliesspapier benutzen, auf denen nur wenig Eiweiss eingetrocknet ist.

Die Hohe der Oelblasen wurde mit einem Kathetometer- mikroskop vor und nach der Ausbreitung gemessen und dabei nahezu dasselbe Verhaltniss der Oberflachenspannungen ge- funden, wie bei den Versuchen mit fliissigem Eiweiss. Die Pnnkte zwischen zwei Zahlen bedeuten wieder, dass sich dns Verhaltniss allmahlich geandert hat.

T a b e l l e 9. Oelblasen i n W a s s e r m i t f e s t e m Eiweiss.

1113 Oel Eiweiss -~

Mandelol 1 71 I

:: ~

:: I Leberthran I

,, 1,

~ ________~ ~ -~ ~

Hiihnereiweiss . . . . .

,, in Fliesspapier

Spargelsaft . . . . . . Blutserum . . . . . Huhnerciweiss . . . . .

, in Fliesspapier Blutserum . . . . . . . I

I , . . . . . 7, I , ,f

u12 ~ -__

0,637 0,477 0,434 0,582 . . . 0,460 0,420 0,463 . . . 0,383

0,723. . .0,416 0,747. . .0,519 0,591

Die Bildung der Eiweissseife und der Vorgang der Aus- breitung konnen sich, wenn das feste Eiweiss allmahlich auf- gelost wird, in Zwischenraumen wiederholen. Das feste Ei- weiss wird durch die periodische Ausbreitung an der Ober-

620 G. Quincke.

flache der Oelblase bin und her getrieben und zeigt perio- dische Zuckungen.

Die Ausbreitnngsperiode betrug bei Hiihnereiweiss und Mandelol 8 Secunden; doch habe ich auch Zuckungen von 1 Secunde und noch weniger beobachtet. Haufig geht das Eiweisskornchen schnell vom Ausbreitungscentrnm fort und langsam zuriick. Bei grosserer Zahigkeit der umgebenden Fliissigkeitsmassen bleibt die ruckkehrende Bewegung aus, und die Eiweisskornchen oder die Papierstiickchen werden allmahlich in einer bestimmten Richtung verschoben.

Die Geschwindigkeit, mit der die Eiweissseife entsteht, sich ausbreitet und von der wasserigen Fliissigkeit wieder aufgelost wird, sowie die Zahigkeit des Oels und der wasse- rigen Fliissigkeit werden die Periode der Ausbreitung und die Griisse der Verschiebung der Theilchen der Oeloberflache wesentlich hestimmen, wie bei den Versuchen der $6 2-4 iiber periodische Ausbreitung von aus Soda entstandener Seifenlosung an der Grenze von fetten Oelen mit Wasser.

Gleichzeitig bilden sich kleine hohle mit flussigem Ei- weiss gefiillte Oelblasen an der Oberflache der grossen Oel- blase, indem durch Diffussion das Wasser durch die Oelhaut zum Eiweiss geht, und das Volumen des fliissigen Eiweisses dadurch allmahlich zunimmt.

Schiebt man hinter die Kuppe der Oelblase einen scharf begrenzten schwarzen Schirm, so sieht man Schlieren von fliissigem Eiweiss in dem umgebenden Wasser herabsinken oder bei plotzlicher Ausbreitung eine hohle Blase platzen und den Inhalt in pilzformigen Pliissigkeitswirbeln herabsinken.

Oft zeigen sich auch zahe cylindrische Eiweissfaden, mit kugelformigen Anschwellungen oder Knoten, ahnlich den- jenigen, welche man in den Pflanzenzellen bei der Proto- plasmabewegung beobachtet.

An der Grenzflache von fliissigem Oel und Wasser ent- stehen dabei feste Eiweisslamellen, an denen das fliissige Oel adharirt, auch wenn sie sich in Faden oder Bandern von der Blasenoberflache loslosen. Diese festen Eiweissmem- branen bewegen sich dann auch bei der periodischen Aus- breitung mit der benachbarten Flussigkeit.

Azcsbreitxny an nussigkeitsober~~c~eri. 62 I

Aehnliche Erscheinungen zeigt folgender Versuch. Mit einer Stablnadel werden einige wenige feste Korn-

chen von Kiihnereiweiss oder Blutserum in einer dunnen Oelschicht auf einem Deckglas vertheilt. Die Oelschicht wird in Beriihrung mit einem Wassertropfen auf einen Ob- jecttrager gebracht , wahrend zwei untergelegte Deckglas- streifen oder eine in den Objecttrager eingeschliffene Ver- tiefung die unmittelbare Beriihrung der unteren Oelflache mit dem Glase des Objwttragers verhindern.

Nach einiger Zeit sieht man unter dem Mikroskop bei 60 bis 300 facher Vergrosserung jedes feste Eiweisstheilchen sich mit einer durchsichtigen Fliissigkeitsschicht bekleiden m d schliesslich in dieser auflosen. Auf der unteren von Wasser begrenzten Flache der Oelschicht beobachtet man an einzelnen Stellen periodische Ausbreitung von Eiweiss- Peife mit einer Zuckungsperiode von 1 bis 3 Secunden.

Gleichzeitig scheiden sich feste Eiweisstheilclien an der Grenze von Oel und Wasser ab, und man erliennt eine Be- wegung dieser festen Theilchen, welche eine ausserordentliche Aehnlichkeit rnit der Protoplasmabewegung in Pflnnzenzellen hat. Es bewegen sich nahe benachbarte Theilchen mit verschiedener Geschwindigkeit und Richtung. Ich habe aber bisher diese Bewegungen nur einige Minuten ctndauern sehen.

Die Versuche gelingen ebenso, wenn man statt Hiihner- eiweiss oder Blutserum einige sehr kleine sechsseitige Tafeln von krystallisirtem Eiweiss aus der Paranuss oder octaedrische Krystalle von Eiweiss aus Kurbiskernen in einer diinnen Schicht M andelol oder Leberthran vertheilt und diese dann in der beschriebenen Weise mit Wasser in Beriihrung bringt. Ich beobachtete eine allmahliche Auflosung der Krystalle in dem Wasser, das durch Diffusion von dem Oel aufge- nommen und an das Eiweiss abgegeben wurde. Dabei zeigten die Eiweisskrystalle Zuckungen durch periodische Ausbreitung, wobei sie sich 0,003 bis 0,Ol mm hin und her schoben. Der Eingang erfolgte schnell, der Riickgang langsnm.

Als die sechsseitige Tafel ganz aufgeliis+ war, erfolgte eine starke Ausbreitung auf der Grenze von Oel und Wasser,

622 G. Quincke.

und die in der Fliissigkeit vertheilten Kornchen wurden dabei weit fortgetrieben.

Gleichzeitig zeigt sich irn Innern des Oeles eine sehr grosse Anzahl kleiner regelmassig vertheilter Hohlraume, wie Kugeln oder Kugelabschnitte gestaltet, mit einer wasse- rigen Flussigkeit gefullt , deren Qrosse allmahlich zunimmt. Man bemerkt ferner feste Membranen von Eiweiss an der Oberflache der Oelschicht, die bei Hiihnereiweiss und krg- stallisirtem Eiweiss zahlreich , bei Blutserum nur sparlich auftreten.

Ich erklare diese Erscheinung dadurch, dass das Eiwejss in dem fetten Oele ein wenig loslich ist, bei dem Zutreten von diffundirendem Wasser theilweise abgeschieden wird und jedes abgeschiedene Eiweisstheilchen, wie mechanisch ver- theiltes Eiweiss, Wasser anzieht und einen mit wasseriger Pliissigkeit gefdllten Hohlraum bildet.

Nach 24 Stunden erkennt man auch wohl einzelne im Wasser vertheilte Oelkugeln rnit einer wasserigen Fliissigkeit und kleinere Oelkugeln oder Blasen im Innern.

Ich stehe nicht an, diese wasserige Fliissigkeit fur fliissiges Eiweiss zu halten, indem einzelne Oeltropfchen mit Eiweiss- theilchen bei der Ausbreitung der gebildeten Eiweissseife losgerissen werden, ahnlich wie bei der oben 0 4 besprochenen Emulsionsbildung.

Kugeltormige Luftblasen, die zufallig an der Grenze von Oel und Wasser sich befinden, bekleiden sich allmahlich mit einer €hilt von festem Eiweiss, in welcher zahlreiche linsen- formige Oeltropfchen vertheilt sind, wie die Staclieln auf der Haut eines Stachelschweins.

Ich werde auf die Bildung dieser festen Haut in 5 11 niiher eingehen.

Dass Eiweiss in fetten Oelen loslich ist und weniger loslich, wenn dieselben mit Wasser in Beriihrung kommen, oder wenn die Temperatur sinkt, zeigen folgende Versuche.

Da fette Ogle in Eiweiss loslich sind, muss auch umge- kehrt Kiweiss in fetten Oelen loslich sein.

Leberthran wurde in einem Probirrohrchen mit festem gepulverten Hiihnereiweiss gebchuttelt. Nach einigen Wochen

Ausbreitung an Fliissigkeitsobe~~a:fEache72. 623

hette das nicht geliiste Eiweiss sich abgesetzt. Saugt man Wasser und das klare Oel in ein 3 m m weites Glasrohrchen, sodass sich beide Fliissigkeiten in einer gegen das Wasser convexen Kuppe beriihren, so triibt sich das Oel, und die Trubung schreitet um so weiter in der Oelsaule fort, j e langer die Beriihrung dauert.

Bei gelindem Erwarmen verschwindet die Trubung, urn beim Erkalten wieder zu erscheinen.

Durch Zusatz einprocentiger Kochsalzlosung konnte eben- falls die Triibung des Oels fortgeschafft werden.

6 11. D a s f e s t e E i w e i s s a n d e r G r e n z e v o n O e l u n d W a s s e r e n t s t e h t d u r c h d e n S a u e r s t o f f d e r a b - s o r h i r t e n L u f t , welche sich immer an der Grenze der nicht in jedem Verhaltniss mischbaren Fliissigkeiten abscheidet und dort sogar sichtbare Luftblaschen bilden kann.')

Man kann diese Bildung fester Eiweisshautchen am leichtesten in folgender Weise zeigen :

I n einen hohlen, frisch vor der Lampe gezogenen Glas- faden von 300 mm Lange und 1,5 mm Durchmesser fiillt man eine Strecke von etwa 70 mm mit filtrirtem Huhner- eiweiss. Lasst man die Fliissigkeit durch passende Neigung des Glasfadens hin und her laufen, so verschwinden die kugelfdrmigen Kuppen an den Enden des Fliissigkeitsfddens, und es bilden sich an ihrer Stelle cylindrische Raume mit spitzen. kegelfdrmigen Enden und faltiner Oberflache. Die Fliissigkeitssanle theilt sich durch LnftlJasen mit spitzen oder kegelfdrmig begrenzten Enden , die Luftblasen ziehen ,,SchwanzeCL, und schliesslich ist die Fliissigkeit nur noch schwer oder gar nicht mehr in dem Glasrohr beweglich (Fig. 24). Es sind also an der Oberflache des Eiweisses feste Hautchen entetanden.

Rei frischem Huhnereiweiss bilden sich diese festen Hautchen oft erst n:jch zehn- bis zwanzigmaligem Hin- und Herlaufen; bei Eiweiss, das gegen Staub geschiitzt einige Wochen in einem offenen Probirrohrchen gestanden hatte, traten sie schon bei dem ersten Hin- und Hergang auf.

-

1) G. Quincke, Pogg. Ann. 139. p. 19. 1870.

624 G. Quincke.

Verdiinnt man Huhnereiweiss mit destillirtem Wasser, so treten die festen Hautchen um so eher auf, je concen- trirter das Eiweiss ist.

Bei 0,25 procentigem Eiweiss erschienen die ersten festen Hautchen nacli sechsmaliger ; bei 2,5procentigem nach zwei- maliger; bei 16,73 procentigem nach einmaliger Verschiebung.

Leitet man den elcctrisclien Strorn einer viergliederigen B u n s en’scben SSiule mit zwei Platindrahten durch frisches filtrirtes Huhnereiweiss, so entwickeln sich an der Anode Gasblasen von Sauerstoff, an der Kathode von Wasserstoff. Die Gase kann man in einseitig geschlossenen mit Eiweiss gefullten Glasrohrchen auffangen, welche uber die Platin- drahte gestulpt werden. Die Gasblasen an der Kathode sind kugelformig und leicht heweglich. Die Gasblasen an der Anode dagegen sind schwer beweglich und zeigen unter dem MiBroskop bei der Bewegung Falten an dr r OberfiBche, sind also mit einer festen Haut bekleidet.

Fullt man einseitig zugeschmolzene horizontale Glas- rohrchen von 3 mm Durchmesser mit filtrirtem Huhner- eiweiss und bringt in dieses einige Blasen yon Sauwstoff oder Kohlensaure (Fig. 25), so werden die ersteren eher unbeweglich, als die letzteren. Die Grosse der Kohlen- saureblasen nimmt schnell ab, da die Kohlensaure stark von Eiweiss absorbirt mird. Ebenso werden die Stickstoff blasen schwerer unbeweglich, als Saurrstoff blasen.

Ein Glasfaden A B (Fig. 26) , mit einer Eiweisssaule von 100 mm Lange. wurde in die Oeflnungen A urid B einer T-fiirmigen und mit zwei Hahnen HI und H2 versehenen Glasrohre gekittet, die durcli einen Kautschuksclilnuch und ein anderes T-Stuck mit zwei Hlihnen mit einer Wasser- luftpumpe oder einem Gasometer in Verbindung gesetzt werden konnte.

Durch Evacuiren bsi geoffneten Hiihnen Ell und H, wurden die absorbirten Gase aus dem Eiweiss entfernt, aus dem Gasometer Gas zugelassen und diese Operation mehr- fach wiederholt. Durch Drehen des Kautschukschlauches konnte man dann das Eiweiss in dem Glasfaden hin und her gehen lassen, i n einer Atmosphare von Sauerstoff oder

Ausbreitung an Fluss~kei t so6er~ac~er i . 625

Kohlensaure. Durch passendes Oeffnen und Schliessen der Hahne Ill und H2 lasst sich auch ein unbeweglich gewor- dener Eiweissfaden verschieben.

Die Anzahl der Hin- und Hergange, bis die ersten festen Hautchen a n der Oberflache des Eiweisses bemerkt wurden, war fur Kohlensaure viel grosser, als fur Luft oder Sauerstoff.

Die festen Eiweisslamellen bilden sich also nicht durch Verdampfung der Flussigkeit , sondern an den Beruhrungs- stellen rnit Sauerstoff, und zwar um so eher, je mehr feste Substanz die Flussigkeit enthalt, und j e langer das Eiweiss mit der Luft in Beruhrung gewesen ist. Bei Zutr i t t von viel Wasser oder von viel wasseriger Eiweissflussigkeit werden die festen Membranen wieder gelost. Gelindes Er- warmen befijrdert die Auflosnng.

Schon sehr geringe Mengen Eiweiss lassen sich durch diese Membranbildung erkennen.

6 12. D i e D i f f u s i o n e i n e r F l u s s i g k e i t d u r c h d u n n e S c h i c h t e n e i n e r a n d e r e n F l u s s i g k e i t , die mit der ersteren nicht in jedem Verhaltniss mischbar ist, kann man in folgender Art nachweisen.

I n ein kleines Becherglas (Fig. 27 naturliche Grosse) wurde eine Chloroformschicht von 10 bis 15 mm Hohe ge- gossen , in das Chloroform ein Stuckchen kryRtallisirtes Chlorcalcium geworfen und das kleine Becherglas auf den Boden eines grossen mit Wasser gefullten Becherglases ge- stellt. Ein Theil des Chloroforms lost sich im Wasser. E i n Theil des Wassers lost sich im Chloroform und wird diesem durch das Chlorcalcium wieder entzogen. Nach einigen Stun- den ist eine Blase von wasseriger Chlorcalciumlosung ent- standen, deren Grosse dann ungeandert bleibt.

lYimmt man s ta t t des krystallisirten wasserhaltigen Chlor- calciums ein gleich grosses Stuck geschmolzenes Chlorcalcium so wachst der Durchmesser der mit Chlorcalcium gefullten Blase einige Tage lang. Die Blase ist grosser, als im ersten Falle. Qewohnlich entsteht dahei an der Orenze von Chloro- form und Salzlosung auch eine feste Membran rnit einge- lagerten weissen Kalktheilchen (?), die ein Sackchen bildet,

Ann. d. Phys. n. Chem. N. F. XXXV. 40

626 G . Qtiincke.

an welchem die rnit Salzlosung gefullte kugelfijrmige Blase haftet; spater entstehen noch complicirtere Gestalten. Fig.28a, b, c zeigen diese verschiedenen Formen.

Ersetzt man das Chlorcalcium im Chloroform durch krystallisirten oder wasserfreien Kupfervitriol, Kalicarbonat oder Salpeter, so ziehen diese ebenfalls Wasser a n und bilden wasserige Salzlosungen in Chloroform. Die Wirkung tritt aber vie1 langsamer ein, als bei Chlorcalcium, und ist erst nach Wochen oder Monaden bemerkbar.

Das Wasser musste bei den eben beschriebenen Ver- suchen durch eine 5 bis 10 mm dicke Chloroformschicht diffundiren.

Tlm die Diffusion von Wasser durch diinne Schichten fetter Oele zu beobachten, wurde in einem Glascylinder IV asser und Mandelol ubereinander geschichtet und in das Mandelol ein Tropfen wasseriger Salpeterlosung gebracht, der in1 Oel untersank und an der Grenze von Oel und Was- ser, mit einer diinnen Oelhaut bekleidet, liegen blieb. Die Hohe des Tropfeus wurde mit einem Kathetometermikroskop gemessen. der ganzen Hohe ZU.

Schichtete man Mandelol iiber Salpeterlosung und beob- achtete einen mit Oel bekleideten Wassertropfen an der Grenze von Oel und Salpeterlosung, so nahm uingekehrt dessen Hohe ab urn bis in 5 Minuten.

Es entzog also die Salpeterlosung dem wasserhaltigen Oel das Wasser.

Die Versuche sind dadurch unbequem, dass sich die Volumenanderung der mit Wasser oder Salpeterlosung ge- fu l ten Oelblase nicht lange beobachten Yasst, da die Oelblase nach einiger Zeit platzt.

Kugeln eines mit Alkanna roth gefarbten Gemisches von Nandelol und Chloroform wurden unter Wasser mit einer verdunnten Kochsalzlosung z u hohlen Oelblasen aufgeblasen. Es ist zwcckwassig, das Wasser bei dieser Operation iiber eine specifisch schwerere Kochsalzlosung zu lagern, damit die rnit verdiinnter Kochsalzlosung gefullten Oelblasen in dem Wnsser schweben bleiben. Die Oelblasen wurden dann

Sie nahm in 10 bis 20 Minuten etma um

Ausbreitung a n FZkssigkeitsober-achen. 627

rnit einem kleinen Becherglas ausgeschopft und in einen Trog aus Spiegelglas gebracht, der oben Wasser , unten Salpeter- losung enthielt.

Man beobachtete rnit dem Kathetometermikroskop in einigen Stunden eine sehr merkliche Volumenvermehrung der Oelblasen. Dieselben wurden gleichzeitig specifisch leichter und stiegen an die Oberflache des Wassers empor.

Hierbei entzog die Eochsalzlosung im Inneren der Oel- blase dem wasserhaltigen Mandelol mehr Wasser, als die sehr verdiinnte Salpeterlosung ausserhalb der Oelblase.

Ich habe oben mikroskopische Beobachtnngen bescbrie- ben iiber die Bildung von fliissigem Eiweiss aus festem Eiweiss, das in fettern Oele unter einem Deckglaschen ver- theilt war, wenn das Oel rnit Wasser in Beruhrung war.

Verdrangte man das Wasser mit Salpeterlosung, so nahm der Durchmesser einzelner Eiweissblasen ab, zuweilen uin der ursprunglichen Grosse. Ersetzte man die Salpeterlosung wieder durch Wasser, so nahm das Volumen wieder zu. Ein Theil der Eiweissblasen platzte bei dieser Operation.

Die Geschwindigkeit dieser Volumenanderung h b g t natiir- lich von der Dicke der Oelschicht ab , die das diffundirende Wasser zu durchwandern ha t , nnd ist um so grtisser, je diinner die Dicke der Oelschicht ist.

6 13. P r o t o p l a s m a b e w e g u n g i n P f l a n z e n z e l l e n . - Die Zellen der Pflanzen enthalten im allgemeinen in einer festen, aus Cellulose bestehenden Hiille, der Zellhaut oder der Zellwand, ein Gemenge verschiedener Eiweissstoffe rnit Wasser, festen Eiirnchen, Starke, Chlorophyll, Fetttropfchen und geringen Mengen unverbrennlicher Stoffe (Asche).

An diesem Zellinhalt lassen sich drei Theile unterschei- den, die aussere glashelle Hautschicht des Protoplasmas, das kornige Protoplasma und eine wasserige, leichter bewegliche Flussigkeit im Inneren, der Zells,tft.

Die glashelle schleimige Hautschicht enthalt Schleim- kliimpchen, ist nach aussen scharf begrenzt durch den Plasma- sclilauch und liegt mit diesem an der gusseren Zellwand an .

Bei den Zellen vieler Pflanzen (z. B. Chara, Elodea, Ni- tella, den Stauhfadenhaaren von Tradescantia, den Wurzel-

40 *

628 G. Quincke.

haaren von Trianea bogotensis) sieht man die Hautschicht nnd die Kornerschicht des Plasmas in einer walzenden Be- wegung. Die schleimigen klebrigen Plasmamassen werden mit bald grosserer, bald kleinerer Geschwindigkeit parallel der Wand fortgeschoben und ziehen gleichsam die einge- schlossenen festen Kornchen mit sich fort. Die bewegten Plusmamassen durchlaufen in sich selbst geschlossene Bahnen. Ausser dieser Rotation ') genannten Bewegung beobachtet man noch hin und her laufende Circulationsbewegungen des Plasmas langs den festen Faden oder Bandern, welche, frei durch den Saftraum ausgespannt, das wandstandige Proto- plasma mit dem den Zellkern umhullenden Protoplasma ver- binden.

Diese Bewegung der Plasmamassen dauert noch fort, wenn man die Pflanzenzelle in wasserige Losungen von Kali- salpeter, Kochsalz, Rohrzucker oder Glycerin bringt. Der Plasmaschlauch lost sich an einzelnen Stellen, oder iiberall von der Zellwand los, i d e m die Salzlijsung dem Zellinhalt Wasser entzieht (Plasmolyse). z,

Sehr hanfig zeigen die losgelosten Stellen des Plasma- schlauches scharf begrenzte, kreisformige oder kugelformige Rander, an denen man nuch mit der starksten Vergrosserung keine Falten erkennen kann. A n diesen glatten freistandigen Stellen des Plasmaschlauches bewegt sich das Plasma ebenso, wie an den nicht losgelosten wandstandigen Stellen.

Die coccave Seite dieser kugelformig begrenzten Riiume kann dem Inneren der Zelle zu oder abgewandt sein, je nachdem der Plasmaschlauch sich von einzelnen Stellen der Zellwand loslost oder an denselben haften bleibt (Fig. 29 iind 32).

Zeigt die Oberflache des von der Zellwand 1osgelBsten Plasmaschlauches Falten , so verschwinden diese, wenn man die Salzlosung wieder durch Wasser ersetzt und von neuem

1) J. S a c h s , Lehrb. der Botanik p. 41. Leipzig 1873. So. 2) N. P r i n g s h e i m , Untersuchungen iiber den Bau und die Bildung

der Pflanzenzelle p. 39 u. Fig. 21-23. Taf. 11. Fig. 18. Taf. 111. Berlin 1854. 4'.

Ausbreitun,y un F~ussigRei tsobercJi~n. 629

Wasser durch den Plasmaschlauch zu dem Inneren der Zelle treten lasst.

Beim Wiederaufquellen des Plxsmaschlauches konnen dann nach aussen concave kugelige Begrenzungsflachen eben werden und in nach aussen convexe Begrenzungsflachen ubergehen (Fig. 29a, b, c).

Bei der Plasmolyse kiinnen die Plasmamassen in zwei oder mehr durch Kugelabschnitte oder Rugeln begrenzte Abtheilungen (Vacuolen) zerfallen, die sich bei der Quellung einander wieder naihern und wieder zu einem von einem einzigen Plasmaschlauch umhiillten Raume vereinigen kijnnen.

Zwischen zwei solchen Kugelflachen bleibt haufig ein heller Faden schleimiger Plasmamassen (Fig. 30a), der spater nach der Vereinigung der getrennten Abtheilungen in das Innere des gemeinsamen Plasmaschlauches iibergeht (Fig. 30 b).

Unter Umstanden kiinnen die beiden Abtheilungen beim Aufquellen auch nicht zusammenfliessen und durch eine ebene Flache getrennt bleiben, wie zwei gleich grosse Seifenblasen, die man miteinander in Beriihrung bringt (Fig. 30c)

1st der Zellinhalt blau gefirbt, wie bei den Staubfaden- haaren von Tradescantia, so kann eine durch Plasmolyse entstandene Abtheilung wieder aus mehreren Unterabthei- lungen bestehen, die wieder durch Rugelflachen oder Stiicke von Kugelflachen abgegrenzt sind (Fig. 31).

Bei allen Zeichnungen ist der blaugefarbte Theil des Zellinhaltes durch schrage Schraffirung ausgezeichnet.

Man muss aus diesen Erscheinungen mit Riicksicht auf die physikalischen Eigenschaften fester und Aiissiger dunner Lnmellen 1) schliessen, dass der Plasmaschlauch aus einer sehr diinnen f l i i s s i g e n Membran bestcht, welche den schlei- migen nnd wasserigen Inhalt der Zelle in einer geschlossenen Oberflachr umhullt, ahnlich wie bei einer Seifenblase Luft von einer diinnen H a u t aus fliissigem Seifenwasser einge- schlossen ist.

Die Substanz dieser Membran ist eine Fliissigkeit, welche in Wasser Tropfen bildet oder mit Wasser nicht in jedem

11 G. Q u i n c k e , Wied. Ann. 3b. p. 562. 1888.

630 G. Quincke.

Verhaltniss mischbar ist. Da von allen bekannten Stoffen der organischen Natur nur die Oele diese Eigenthumlichkeit zeigen, so muss der Plasmaschlauch aus fettem Oel oder flussigem Fet t bestehen.

Die Dicke dieser Oelschicht kann nach meinen Unter- suchungen so gering sein, kleiner als 0,0,1 mm, dass sie mit unseren besten Mikroskopen nicht mehr wahrgenommen werden kann.

Uehrigens hat man in einzelnen Fallen eine solche Oel- haut mit Osmiumsaure unter dem Mikroskope nachweisen kijnnen. G. B e r t h o l d l ) fand Oel in den peripherischen Plasmamassen von Equisetumarten, und Hr. Dr. No11 z, hat bei Caulerpa prodivera Plasmabewegung beobachtet und die Innenwand des Plasmaschlauchs, sowie die freistandigen Verzweigungen im Innern der Zelle mit einer coharenten Fettschicht bekleidet gefunden.

Die Protoplasmabewegung hat ihren Gruncl in der perio- dischen Ausbreitung von Eiweissseife an der inneren Ober- flache der Oelhaut, die den Plasmaschlauch bildet.

Das in der Hautschicht der schleimigen Plasmamassen enthaltene Eiweiss muss in der oben Q 9 und 10 ausiuhrlich geschilderten Weise mit dem Oel des Plasmaschlauches Ei- weissseife bilden, die sich an der gemeinsamen Grenzflache von Oel und wasseriger Flussigkeit ansbreitet. Durch die Ausbreitung werden in der dort beschriebenen Weise Theil- chen aus dem Innern des Oels und der vasserigen Flussig- keit an die gemeinsame Qrenzflache gezogen. E s kommen frische Massen Oel und Eiweiss in Beruhrung, aus denen sich wieder nach einiger Zeit Eiweissseife bildet, auflast und ausbreitet.

Die Ausbreitung erfolgt mit grosserer Energie nach der Seite der gemeinsamen Grenzflache, welche die griissere Be- weglichkeit hat, und die am wenigsten durch Eiweissseife von der vorhergehenden Ausbreitung her verunreinigt ist. Die

1) G. B e r t h o l d , Studien uber Protoplasmamechanik p. 13. Leipzig.

2) No11 nach mundlicher Mittheilung in der Sitzung des naturh.- 1886. 8O.

med. Vereins zu Heidelberg vom 10. Juni 1887.

Ausbreitung an Flussigkeitsober~acI~en. 631

periodische Ausbreitung regelt sich so, dass eine einseitige Verschiebung der schleimigen Plasmamassen an der Grenze vou Oel und wasseriger Flussigkeit auftri t t , wie dies oben

Es stellt sich also auf der ganzen geschlossenen Ober- Aache eine scheinbar continuirliche, in Wirklichkeit stoss- weise auftretende Verschiebung der schleimigen Plasmamassen her in einer geschlossenen Bahn a n der inneren Oberflache des Plasmaschlauches, die Kotationsbewegung des Plasmas.

Ein Theil der auf der Grenzfliiche ausgebreiteten Ei- weissseife kann auch von der umgebenden Flussigkeit auf- gelijst werden. Dies geschieht um so eher , j e dunner die Seifenschicht ist , je energischer die Ausbreitung war, uber ein je grosseres Stuck der Grenzflache sich die gebil- dete Eiweissseife ausgebreitet hatte. Dadurch wird das Auftreten rler abwechselnd mit wenig und mit vie1 Seife ver- unreinigten Stellen der Grenzflache oder die periodische Aus- breitung und die seitliche Verschiebung der schleimigen Plasmamassen befordert.

Die Energie der Aushreitung und Grosse der Verschie- bung bei jeder einzelnen Ausbreitung hangt von der Ge- schwindigkeit ab, mit der die Eiweissseife sich bildet , sowie von der Zahigkeit des Oeles und der schleimigen Plasma- massen, die durch die Ausbreitung nach der Grenzflache oder der festen Zellwand hingezogen werden. wie ich oben (6 8) ausfuhrlich nachgewiesen habe.

Die Plasmamassen konnen bald rechts, bald links herum an der Oberflache des Plasmaschlauches verschoben werden, je nachdem zuf’allig die ersten Verschipbungen ausfielen. Die schleimigen Plasmamassen ziehen feste Kornchen von Starke, Chlorophyll u. s. w. mechanisch mit, welche aber hinter den schleimigen Plasmamassen zuruckbleiben. Die leicht Eeweg- liche Plussigkeit im Innern der Zelle wird unbedeutend oder gar nicht mitgerissen. Dadurch erklart sich die Ansamm- lung des Protoplasmas in der Nahe des Plasmaschlauches und die schon von P r i n g s h e i m ’ ) beobachtete Thatsache,

10 ausfuhrlich beschrieben wurde.

1) P r i n g s h e i m , Untersuchungen uber den Bau uud die Bildung der Pflanzenzelle p. 5. Berlin. 1554.

G. Quincke.

dass die kornchenfreie Hautschicht nach der Oberflache des Plasmaschlauches, das kornchenreiche Plasma nach dem Innern der Zelle zu liegt.

Fu r eine bestimmte Zahigkeit des Oeles und der schlei- migen , wasserigen Massen muss also die periodische Aus- breitung oder die Protoplasmabewegung besonders stark sein oder ein Maximum haben.

Die Bildung der Eiweissseife und die Zahigkeit des Oeles und der schleimigen Plasmamassen hangen von der Tempe- ratur ab. Die Protoplasmabewegung muss also bei zu nied- riger oder zu hoher Temperatur langsamer werden , wie dies seit den Untersuchungen von Sachs l ) und K u h n e 2 ) bekannt i ~ t . ~ )

Die Eiweissseife entsteht aus dem Eiweiss und Oel, welches durch Einwirkung des Sauerstoffs der Luft ranzig geworden: in welchem freie Fettsaure gebildet ist.

Die von zwei Plussigkeiten absorbirte Luft scheidet sich immer an der gemeinsamen Grenze ab, wenn man beide Fliissigkeiten miteinander in Beriihrung bringt, wie ich fruher nachgewiesen habe.4) Der im Oel und im Eiweiss absorbirte Sauerstoff wird also, wenn durch die Ausbreitung frische Mengen von Oel und von Eiweiss miteinander in Beriihrung kommen, sich an der Grenzflache abscheiden und hier die Bildung von Eiweissseife begunstigen. Fehlt der Sauerstoff, so horen die Bildung der Eiweissseife und die Ausbreitung auf, die Protoplasmabewegung stockt, wie Ki ihne6) in der That nachgewiesen hat.

Eine Reihe anderer mehr nebensachlicher Erscheinungen sind mit der vorstehenden Erklarung der Protoplasma- bewegung in voller Uebereinstimmung.

Es ist begreiflich, dass an einzelnen Stellen derselben Zelle oder desselben Plasmaschlauches die Seifenbildung bald

1) J. S a c h s , Flora p. 66. 1864. 2) W. Kiihne, Untersuchungen iiber das Protoplasma p. 100. 3864. 3) Vgl. auch E n g e l m a n n , Protoplasma und Flimmerbewegnng in

4) Quincke , Pogg. Ann. 130. p. 19. 16iO. 5) I$’. Kiihne, Untersuchungen etc. p. 105. 1564.

Hermann’s Physiologie 1 . p. 358. 1679.

A~isbreituny an F l i i s s i ~ k e i t s o b e r ~ a c ~ i e ~ ~ . 633

schnell, bald langsam vor sich geht, die Plasmabewegung zu derselben Zeit an verschiedenen Stellen oder zu ver- schiedenen Zeiten an derselben Stelle verschieden schnell sein kann.

Hat man in einer langlichen Zelle, z. B. in einem Staub- fadenhaar von Tradescantia durch Plasmolyse den ganzen Plasmaschlauch von der Zellwand geliist und lasst ihn dann wieder aufquellen, so liegt der cylindrische Theil an der Zellwand an , wahrend zwei nach aussen convexe Kugel- schalen den cylindrischen Theil begrenzen (Fig. 32). Man beobachtet zuweilen schnelle Verschiebungen diwes Iosen Plasmaschlauches in der festen Hiille der Zellhaut nach dem eineo oder anderen Ende der Hulle. Es breitet sich dann Eiweissseife auf der einen Kugelflache aus und erniedrigt hier den capillaren Druck der gekriimmten Grenzflache von Oel und wasseriger Elussigkeit. Die Erscheinung ist also analog der oben (Q 8. Anfang) beschriebenen Bewegung von Oelblasen unter einem flachen Planglas in W:Lsser, auf deren Oberflache sich Seifenlosung ausbreitet.

Die Ausbreitung der Eiweissseife kann so heftig sein, dass die Oelhaut oder der Plasmaschlauch reisst. Das Oel zieht sich plotzlich zu einem Tropfen zusammen und nimmt dabei einen Theil der anliegenden zahen Plasmamassen mit. Ein Theil des Plasmas bleibt liegen und hildet in der todten Zelle kugelige oder von Kugelabschnitten begrenzte Massen. Oft wird ein Theil der Oelhaut von der anhaften- den schleimigen Plasmamasse verhindert , sich schneli zu bewegen und bildet dann wieder geschlossene Kugelober- flachen, d. h. es entstehen kleine mit Plasma und wasseriger Flussigkeit gefullte Oelblasen oder Vacuolen, die mit Diffusion durch die Oelhaut hindurch von den benachbarten Plasma- massen wieder Wasser aufnehmen oder (an Plasma rnit concentrirterem Eiweiss) abgeben konnen, deren Grosse also zu- oder abnehmen kann. Manchmal beriihren sich mehrere solcher kugelformigen Blasen oder Vacuolen, und man er- kennt dann deutlich, wie die Grenzflache zweier Blasen kugelfiirmig ist, und die concave Seite der Grenzfliche der kleineren Blase zugewandt ist (Pig. 34). Der capillare Druck

634 G. Quincke.

ist in der kleineren Blase grosser, als in der grosseren, ganz ahnlich wie bei den entsprechenden Erscheinungen an Seifen blasen.

Zuweilen haftet ein Theil der Oelhaut nacll dem Platzen des Plasmaschlauches noch an der ausseren Zellwand. Es lasst sich dann sogleich oder kurze Zeit nach dem Platzen noch eine heftige Bewegung durch Ausbreitung erkennen, die zuweilen sogar stossweise auftritt und periodisch erscheint, gewohnlich aber bald aufhort. Die umgebenden P l m n a - massen werden dabei nach dem Ausbreitungscentrum hin oder von diesem fortgetrieben, wie ich es oben 6 2 ausfuhr- lich beschrieben habe.

Die Anziehung der Eiweissmassen im Inneren des Plas- I;naschlauches auf das Wasser der wasserhaltigen Oelhaut vergriissert den Inhalt des Plasmaschlauches (vgl. $ 12), bis dieser an der Hulle der Zellhaut anliegt. Dies bedingt den sogenannten Turgor der Zellen. 1st die Zellwand zufallig verletzt, oder wird sie durch Anschneiden kunstlich verletzt, so kann die Oelhaut weiter wachsen und grosse kugelformige Blasen bilden, die die alte zerrissene Zellhaut umgeben. (Fig. 33.)

Der Radius der kugelformigen Endfltiche eines cylindri- schen Plasmaschlauches in einer Tradescantiazelle bstrug 0,0336 mm. Nimmt man die Oberflachenspannung der inne- ren und ausseren Grenzflache der Oelhaut rund = 0,8 mgr an (Tabelle 7, 0 9), so ist der auf die Zellfiussigkeit im Inneren des Plasmaschlauches ausgeiihte capillare Druck nach G1. (3) 6. 1:

0,8 . 4 0,0336

p = -- ~ = 71,3 mgr fur 1 qmm

oder 7,130gr fur 1 qcm. Bei Vacuolen, die einen zehnmal kleineren Radius haben,

wie sie haufig noch beobachtet werden, ware der Capillar- druck zehnmal grosser, oder 71 g r fur 1 qcm.

Bei Vacuolen, die verletzte Zellen umgeben, habe ich Radien von 0,l mm gefunden, was einem Capillardruck von 3,2 gr auf 1 qcm entspricht.

Wird durch Wasseranziehung der Druck im Inneren

Ausbreitung an E’lussi~ikei~ssoberfliic/len. 635

des Plasmaschlauches sehr gross, so wird die Oelhaut der Plasmaschiauches aus den Oeffnungen der Zellhaut nach aussen gepresst, und bei einem sehr kleinen Durchmesser dieser Oeffnungen kann dann die Oelhaut ausserordentlich starke capillare Druckkrafte auf den Zellinhalt ausuben. Bei einem Durchmesser der Zellhautoffnungen von 0,0,1 mm wiirde der capillare Druck bis 6,4 mgr x lo6 = 6400 gr auf 1 qmm oder 640 000 auf 1 qcm

oder uber 600 Atmospharen steigen konnen. Sauren, Ammoniak’), welche von Oei gelost werden,

gehen durch den Plasmaschlauch hindurch in das Innere der Zelle, wahrend Salze, wie Kalisalpeter oder Kochsalz 2, und Zucker3), oder Farbdoffe; welche in Oel wenig liislich sind, nicht in das Innere der Zelle eindringen.

K i i h n e4) hat gezeigt, dass starke Inductionsstriime die Plasmabewegung aufheben.

I n der That wird durch Inductionsstrdme ein Platzen des Plasmaschlauches herbeigefuhrt , wit: folgencler Versuch lehrt.

Auf Wasser wurde eine diinne Oelschicht gegossen und in diese ein Tropfen i o n Wasser oder Salziosungen gebracht, welche eine schwimmende, mit wasseriger Flussigkeit gefiillte Oelblase bildeten. I n dae Oel und die grossere Wassermasse tauchten Platinelectroden, welche mit den Enden der secun- daren Spirale eines d u Bois-Reymoncl’schen Schlitten- apparates verbunden waren.

Schon Inductionsschlage von massiger Starke zerstorten sofort die Oelblssen. Bei schwacheren Inductionsschlagen blieben die Oelblasen scheinbar unverandert.

0 14. C i r c u l a t i o n s b e w e g u n g d e s P r o t o p l a s m a s . - D a s f e s t e E i w e i s s , w e l c h e s a u s d e m f l i i s s i g e n E i w e i s s d e s P l a s m a s d u r c h E i n w i r k u n g d e s S a u e r -

~~ - 1) P f c f f e r , Osmotische Untersuchungeu. p. 135 u. 157. Leipzig

2) d e Vr ies , Pringsheim’s Jahrbdcher fur wissenschaftliche Rotanik.

3) P f e f f e r , Osmot. Unters. p. 135 u. 127. 187T. 4) Ki thne , Unters. uber da5 Protoplasma. p. 95. 1864.

1877. 8’.

16. p. 593. 1885.

636 G. Quiiacke.

s t o f f s e n t s t e h t (6 ll), hat einen bedcuteriden Einfluss auf den Verlauf der Ausbreitung oder aller bei der Bewegung des Protoplasmas auftretenden Erscheinungen.

Da die absorbirte Luft sich an der Grenze von Oel und wasseriger Flussigkeit abscheidet, so muss das feste Eiweiss an der inneren Oberflache des Plasmaschlauche~ entstchcn und ferner aus dem irn Oel gelosten Eiweiss (vgl. 6 11) an der ausseren 0 berflache des Plasmaschlauches oder der Grenze von Oel und Zellhaut, wo die aussere L u f t an das Oel herantritt.

E s bilden sich auf cler Oeloberflache also sehr diinne, feste Eiweissfaden oder Bander, die die Oellamelle an der Zellhaut festhalten und gleichzejtig an der inneren Flache des Plasmaschlauches auftreten konnen. Diese festen Eiweiss- bander machen die diinne Oelhaut unbeweglicher und hin- dern, dass dieselbe bei der Ausbreitung der Eiweisseifen von der ausseren Zellwand losgerissen wird.

Bei der Plasmolyse hindern oder verzagern diese festm Eiweissfaden an der ausseren Oeloberflache die Trennung des Plasmaschlauches von der Zellwand, und die festen Eiweiss- bander an der Innen- und Aussenflache der Oelhaut lnssen den losgelbsten Theil des Plasmaschlauches runzlig erschei- nen. Verdrangt man die Salzlosung durch frisches Wasser, so losen sich die festen Eiweissfaden in dieseni auf, die Oel- oberflache wird wieder beweglicher und nimnit K ugelform mit glatter Oberflache an.

Die Ausbreitung der Eiweissseife kann mit Oel benetzte feste Eiweissbander von der Grenzflkche von Oel und was- seriger Flussigkeit losreissen und in das Innere der wasse- rigen Fliissigkeit oder des schleiniigen Plasmas hineinziehen, wie ich 5 10 gezeigt babe. SO entsteht ein Geriist von festen, rnit Oel bekleideten Eiweissfadcn im Inneren der Zelle. An der Oberflache dieser freistandigen, mit Oel be- kleideten Eiweissfaden erfolgt die periodische Ausbreitung der Eiweissseife und erzeugt dadurch die Circulntionsbewe- gung des Protoplasmas in Bhnlicher Weise, wie die periodi- sche Ausbreitung an der Innenseite des Plasmaschlauches die Eotatioosbewegung des Protoplasmus hervorruft.

Ausbrcituirg un ~liissiS/keitsobe!ffiicnen. 637

Die schleimigen Plasmamassen werden durch die Aus- breitung nach der Oberflache des Oels auf den festen Ei- weissfiden hingezogen oder an diesen angesammelt.

Es ist auch verstandlich, wie je nach der Rildung von Eiweissseife die Ausbreitung und die Plasmabewegung in GrGsse und Richtung wechseln konnen, und wie a n zwei benachbarten , durch einen festen Eiweissfaden getrennten Theilen der Oeloberflache gleichzeitig zwei entgegengesetzte Bewegungen von sehr verschiedener Geschwindigkeit auf- treten konnen.

An der Oeloberflache kann durch die Abscheidung des absorbirten Sauerstoffs iieues festes Eiwciss auftreten, oder ein Theil des festen Eiweisses kann sich in der wasserigen Fliissigkeit wieder losen. Dies erklart den Wechsel des Geriistes von festen , freistandigen Eiweissfaden im Innern der Zelle, wie es K u h n e l ) u. a. beschrieben haben.

Zerreisst ein freistlindiger Piasmafaden oder mehrere, so wird der Zellkern schnell in das wandstandige Plasma hineingezogen. Das Oel der noch am Zellkern haftenden Faden vereinigt sich mit der Oelschicht des Plasmaschlanches und zieht die diinnen festen Eiweissmassen dabei mit sich. Zuweilen entstehen gleichzeitig neue Blasen neben dem Zell- kern, indern nur ein Theil des Oels sich mit der ausseren Oelschicht vereinigt, der andere den Ueberzug der neu ent- standenen Blasen bildet.

Die an der Oberflache d w Oels entstandenen festen Eiweisshautchen machen die Oeloberflache ziiher oder schwerer beweglich, sodass dieselbe den in ihr wirkenden Kraften der Oberflachenspannung nur langsam oder trage folgt, wie ich es oben (6 8) naher beschrieben habe.

Lasst man nach der Plasmolyse den faltigen Plasma- schlauch wieder aufquellen, so losen sich die festen an der Oeloberfliiche vorhandenen Eiweisslamellen allmahlich auf, und es fliessen die getrennten Oelblasen oder Vacuolen lang- Sam zusammen. E s entstehen oft Formcn, wie ich sie bei Tropf'en von Oelgemischen in wlisserigen Fliissigkeiten von

~~

1 ) l i d h n e , Uiitersuchungen uber clas Protoplasma. Fig. 1-4. Taf.1. 1864.

638 G. Quincke.

gleichem specifischen Gewicht beobachtet habe, wenn die Oeloberfache starr geworden war , oder hei Luftblasen in eiweisshaltigem Wasser im Innern eines Glasrohrchens, wen'n sich eine sehr dunne feste Eiweisshaut im Contact mit Luft gebildet hatte (Fig. 35 a. b. c.).

Wird durcli Plasmolyse in einem langen Plasmaschlauch (Nitella tenuissima oder Wurzelhaare von Trianea bogotensis) der Hohlraum des Plasmascblauches verkleinert, so zeigt derselbe Einschnurungen und zerfBllt in einzelne Abthei- lungen. (Fig. 36). Die schleirnigen Plasmamassen sammeln sich an der engen Stelle an, verstopfen diese, und es dauert die Plasmabewegung in den beiden benachharten , jetzt von- einander getrennten Abtheilungen fort niit derselben Rota- tionsrichtung, die sie urspriinglich in dem ersten ungetheilten Raume besass.l) Vielleicht hangt hiermit die Thatsache zusammen, dass man gewolinlich in benachbarten Zellen eine Protoplasmabewegung niit gleicher Rotationsrichtung beobachtet.

Die schleimigen Protoplasmamassen zeigen in Wasser die Neigung, Kugelform anzunehmen oder eine rniiglichst kleine Oberflache zu bilclen. Ich habe dies auch bei dem festen Eiweiss a n der Grenzflache fetter Oele rnit Wasser (Q 10) bemerkt. Ob nun der Grenze von Eiweiss und Wasser bei einer bestiminten Concentration des fliissigen Eiweiss eine 0 berflachenspannung zukommt, oder ob an dieser Grenze sehr diinne Oellamellen vorhanden sind oder sich neu bilden, durfte vor der Hand schwer zu entscheiden sein, da schon sehr geringe Mengen Substanz ausreichen wurden, um die betreffenden Erscheinungen hervorzurufen.2)

1) Aehnliche Versuche bei M e y e n , Linnaea 2. 1) 66. 1827 bei Chara capitata; bei H o f f m e i s t e r , Pflanzenzelle p. 52. 18fj'i durch Ab- schniiren einzelner Theile der langlichen Zelle bei Chara fragilis; bei A m i c i , Ann. de chiin. et de phys. (2). 13. p. 388. 1 8 2 ~ und D u t r o - c h e t , Ann. sc. nat. (2). 9. p. 19. 1838; durch starkes Belichten einzelner Stellen bei Nitella, Y r i n g s h e i m , Jahrb. 12. p. 334. 1879.

2) Nach Hrn. E r r e r a (Bull. Soe. belge Microsc. 30. 10. 1886; p. 13 u. 24. 12. 1887; p. 43) hat dic Zellhaut jincmbraiie cellulaire) im EntstohunRszustande das Bcstreben , dieselbe Gestalt wie cine flussige Larnelle anzunehnien. Ferner sollen die Amoboidenbeweg:mgen, sowie

Ausheitung an ~1ussigReitsobe~~a:fItichen. 639

Ich habe auch, um nicht ohne Grund neue Bezeich- nungen einzufuhren , in diesen Auseinandersetzungen die Stoffe rnit Eiweiss bezeichnet, die sich aus den fetten Oelen in Beriihrung rnit Wasser ahscheiden, den Anziehungskern der rnit wasseriger Fliissigkeit gefullten Hohlraume und theilweise feste Membranen bilden (6 9-1 1). Vielleicht he- stehen die festen Paden an der ausseren und inneren Fliiche des Plasmaschlauches , die ich beide Eiweiss genannt habe, aus verschiedener Substanz , was nur durch eingehende chemische Untersuchungen festgestellt werden kann. Ueber- haupt waren die verschiedenen Arten Eiweiss auf ihr Ver- halten bei der Ausbreitung an der Grenze fetter OPle mit Wasser naher zu untersuchen.

Das Wesentliche der Theorie der Protoplasmabewegung, wie ich sie im Vorstehenden gegeben habe, wird durch diese Bezeichnung nicht beriihrt.

Jedenfdls spielen die Ausbreitungserscheinungen bei der Entstehung und Neubildung oder Theilung der Zellen, die immer einen Kern oder eiweissartige Substanz enthalten, eine entscheidende Rolle.

Q 15. P r o t o p l a s m a b e w e g u n g b e i n i e d e r e n T h i e - ren . A m o b e n . P s e u d o p o d i e n . V a c u o l e n . - I n ahn- licher Weise wie in den Pflanzenzellen, kann man im Innern oder an der Oberflache von niederen Thieren (Infusorien) Bewegungserscheinungen beobachten, die sich auch durch Ausbreitung von Saife an der Grenzflache von fetten Oelen rnit wasserigen Flussigkeiten erkliiren lassen.

Die Formanderungen und Bewegimgen von A m o b e n unter einem Deckglas oder auf einem Objecttrager zeigen die allergrosste Aehnlichkeit mit denen bei der freiwilligen Emulsionsbildung (0 4 u. 9) oder den in Q 8 beschriebenen Formanderungen und Bewegungen von Oelmassen in der Nahe einer festen Wand. ' die Circulation und Rotationsbewegung des Protoplasmas herrdhren von einer Oberflachenspannung in der Hautschicht der halbflussigen Proto- plasmamassen, die sich mit Temperatur , Concentration, chemischer Zu- samriiensetzung u. s. w. andern. Leider fehlt jede nahere Angabe, wie dies nachgewiesen wurde, und in welcher Art die Benegungen zu Stande

- ~~~-

kommen. (28. Sept. 1888.) Q.

640 G. Quincke.

Eine mit Oel bekleidete schleimige Masse bewegt sich unter Wasser , wie ich dort gezeigt habe, nach einer Stelle hin, wo Soda oder Eiweiss, in grosser Verdunnung in Wasser vertheilt , die Oeloberflache triflt. Die olbekleidelen schlei- mjgen Massen legen sich dabei an feste oder schwer beweg- liche Wande an und ziehen im Wasser vertheilte feste Korn- chen in das Oel oder die von demselben bedeckten sclileimigen Massen hinein. Eiweisslialtige Nahrung muss also in das Innere solcher olbekleideter schleimiger Massen hineingezogen werden, wie wir es in der That an vielen niederen Thieren wahrnehmen.

Dabei konnen Oelschichten, die mikroskopisch niemals wahrgenommen werden konnen, diese Erscheinungen hervor- rufen, und in der That findet man Fetttropfchen im Proto- plasma aller niederen Thiere.

Die stossweise auftretende Bewegung von I l i a t o m e e n in Wasser erfolgt in einer Weise, als ob das Thicr mit einer unmerklich dicken Oelschicht bedeckt ware, auf welcher plotz- lich eine Ausbreitung (von Eiweissseife) stattfande.

I m Inneren der Plasmamassen von Stentor und ahnlichen niederen Thieren zeigen sich kreis- oder kugelformige mit kornchenhaltiger oder kornchenfreier Flussigkeit gefiillte Hohl- ranme oder Blasen (Vacuolen), deren Qrenzfliichen dieselben Gesetze zeigen, wie Seifenwasserlamellen.

Stossen mehrere Grenzflachen aneinander, so schneiden sie sich unter gleichen Winkeln. Bei zwei Blasen, die sich beruhren, ist die Trennungsfliiche kugelfarmig und wendet stets der kleineren Blase die concave Seite zu. Wird das Thier verletzt, und treten Plasmamassen nach aussen in das umgebende Wasser, so bilden sich neue kugelige Massen oder Blasen nnch ahnlichen Gesetzen, deren Brijsse zu- oder ab- nehmen kann, und die sich wieder zu grosseren Blasen ver- einigen konnen. I m Inneren der grosseren kornchenhaltigen Blasen kommen kleinere vor, die mit kornchenfreier Flussig- keit gefullt sind. Diese Blasen konnen in der umgebenden Flussigkeit rotiren und sich bewegen.

Platzen einzelne Blasen oder Vacuolen, so zeigt der kornchenreiche Inhalt oft eine lebhafte oder zitternde Be-

A i s b r eitu 719 mi Flussigkc ifsobe~JliicFcez. 64 1

wegung, a i e sie auch nach dem Platzen des Plasmaschlauches yon Pflmzenzellen hanfig wahrgenommen werden kann.

Es unterliegt keinem Zweifel, dass diinne Oellamellen diese Blasen abgrenzen, und dass an der Oberflache dieser Oellamellen periodische Ausbreitung von allmahlich gebildeter Eiweissseife auftritt.

In der Niihe der festen Hulle der Thiere sieht man oft Ben-egungen kleiner fester Theilchen, die an die bei Pflan- zen sichtbare Protoplasmabewegung erinnern und auch auf dieselbe Ursache, periodische Ausbreitung, zuriickzufuhren sicd.

Diinne olbekleidete Lamellen von festem Eiweiss miissen unter Wasser cylinderfiirmige Rijhren bilden, wie ich in Q 5 der Abhandlung ,.iiber die physikalischen Eigenschaften diin- ner fester Lamellen.' gezeipt hahc.

Die P s e u d o p o d i e n scheinen solche ddnne olbekleidete Eiweissfiiden zu sein , Iangs denen feste eiwrisshaltige Kiirn- chen durch periodische Ambreitung auf und ah gefiihrt u-erden, ihnlicli )vie im Inneren der PHanzenzellen.

Bei Lembadion bullinum habe ich p u l s i r e n d e V a c u o l e n , mit kiimchenfreier Plussigkeit gefullte kugeiige Blasen, gesehen, die sich vergrosserten und dann nach dem husgang c eines kleinen Canals zusammenzogen (Fig. 37). I n der Umgebung der griisseren Vacuole oder kugelfdrmigen E1a.e entstanden eine oder mehrere kleine neue Blasen, die sich vergrosserten, zusam- menflossen und wie die erste grossere sich dann nach dem Ausgang c des kleinen Canals zusammenzogen. Die Vacuo- !en anderten dabei vor der Vereinigung ihre Lage in der uingebenden Plasmamasse.

Lange Zeit bildeten sich kleine Vacuolen, die sich alle 11 Secunden entleerten; dazwischen einige Zeit grossere Vacuo- len, deren Entstehung und Entleerung 17 Secunden dauerte.

E ine faltige Oberflache, die auf das Vorhandensein einer festen Membran hingedeutet hiitte (und die ich bei anderen Thieren, wie Paramaecium Aurelia, oft gesehen habe), habe ich in diesem Falle selbst mit den starksten Vergrosserungen nicht wahrnehmen konnen.

Es machte den Eindruck, als oh mit (3~1 beklcidete 1) G a i i c k e , R'ied. Ann. 35. &I. 565. 181.8.

Ann. d. Ph)s. U. Chcm. 3 . F. XXXV. t l

6 42 R'. Voigt.

Eiweissmasse durch die Oelhaut hindurch diffundirendes Wasser aufgenommen und Blasen gebildet hatte, die dann durch ein wvenig Seife, melche sich in der Nahe des Ausbrei- tungscentrums c bildete, zum Platzen gebracht wurden.

Bei einer anderen Amobe habe ich ein einziges ma1 ein Zusammenfitllen der Vacuole gesehen , wobei die ausserhalb befindliche Fliissigkeit mit festen Theilchen nach der Stelle hingezogen wurde, auf welche sich die Vacuole zusammenzog. Diese Stelle verhalt sicli also wie ein Ausbreitungscentrum c. (6 2 und 8).

Schliesslich mijchte ich nicht unterlassen , an dieser Stelle den Herren A s k e n a s y , B l o c h m a n n , Bi i t sch l i . K u h n e , P f i t z e r und P r i n g s h e i m , welche mir in der liebenswurdigsten Weise die Durchfuhrung dieser Unter- suchungen erleichtert haben, mcinen verbindlichsten Dank auszusprechen.

H e i d e l b e r g , Jul i 1886.

11. Bestimmuny dele Elust icdtiltsconstaiatew t m t

Zlussspu~h, Y y ~ i t , Steinsulx, Sulvin; Z'OOL w. v o i g t .

F o r m e l n fu r das regul i i re System. Die Elasticitatsconstanten Chk fur das regulare System

definiren wir durch folgende Gleichungen, die sich auf die Hauptaxen der Krystallform beziehen:

- X , = cL1 2, + c12yY + rlz 2, , - Y, = . - u, = c122, + cllyg + C12%-, - z, = c 44 2 -

- z, = c12x, + "12!/U f f ']] 2,. - xy = ci,bxy. Bezeichnet man mit S die Determinante dieser Olei-

chungen, das heisst, setzt:

s= = ci4 3 0.