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J. Vet. Med. B 33, 206-212 (1986) 0 1986, Paul Parey Scientific Publishers, Berlin and Hamburg ISSN 0721-1856 Aus dern Institut fur Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenmedizin (Vorstand: ProJ Dr. Dr. h. c. mult. A. Mayr) und der II. Medizinischen Tierklinik der Universitat Munchen (Vorstand: Prof. Dr. Dr. h. c. G. Dirksen) Wirksamkeit einer lokalen und/oder parenteralen Schutzimpfung gegen die Salmonellose des Kalbes mit Impfstoffen aus inaktivierten Erregern G. BALJER', M. HOERSTKE', G. DIRKSEN', J. SAILER' und A. MAYR' Adresse der Autoren: 'Institut fur Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenmedizin, Veterinarstr. 13, D-8000 Munchen 22 '11. Medizinische Tierklinik, Veterinarstr. 13, D-8000 Munchen 22 Mit 3 Tabellen (Eingegangen am 23. Dezember 1981i) Summary Efficacy of local and/or parenteral vaccination against calf salmonellosis with inactivated vaccines The S. typhimurium calf model was used to study immunization with inactivated vaccines against salmonellosis. Efficacy was demonstrated by comparison of post-infectious clinical reaction in vaccinated and non-vaccinated calves. The best immunization results were achieved with heat-inactivated bacteria or germ lysate. Formalin-inactivated bacteria were less effective. No immunity was observed after vaccination with phenol-water-extracted bacteria or enterotoxin preparation of S. typhimuriurn. Among the different application modes (nasal, dermal, oral, parenteral) combined oral and intramuscular vaccination proved to be most effective. The best immunization results could be achieved when calves were orally vaccinated once daily over 14 to 21 days in combination with an intramuscular booster immunization on the 10th day of the oral immunization period. Calves thus vaccinated were completely protected against 10 to 50 LD50 S. typhimurium. Key words: Salmonellosis-calf-immunization-application mode-challenge Einleitung Bei der Bekampfung von Salmonella-Infektionen unserer Nutztiere steht derzeit die Immunprophylaxe im Mittelpunkt des Interesses. Fur die Immunisierung werden sowohl Lebendimpfstoffe als auch Impfstoffe aus inaktivierten Erregern diskutiert. Die Wirksam- keit von Impfstoffen aus inaktivierten Erregern wurde bisher als unbefriedigend bewertet (13). Lebendimpfstoffe schnitten sehr haufig im Vergleich besser ab (3, 12, 18, 19,2O, 21). Der Einsatz von Lebendimpfstoffen ist aber mit Risiken verbunden. Hinzu kommt das Unbehagen des ,,Leben mit dem Erreger" durch vermehrungsfahige Salmonella- Impfkeime, deren Virulenz relativ ist. U. S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0721-1 856/86/3303-0206$02.50/0

Wirksamkeit einer lokalen und/oder parenteralen Schutzimpfung gegen die Salmonellose des Kalbes mit Impfstoffen aus inaktivierten Erregern

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J. Vet. Med. B 33, 206-212 (1986) 0 1986, Paul Parey Scientific Publishers, Berlin and Hamburg ISSN 0721-1856

Aus dern Institut fur Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenmedizin (Vorstand: ProJ Dr. Dr. h. c. mult. A. Mayr)

und der II. Medizinischen Tierklinik der Universitat Munchen (Vorstand: Prof. Dr. Dr. h. c. G. Dirksen)

Wirksamkeit einer lokalen und/oder parenteralen Schutzimpfung gegen die Salmonellose des Kalbes mit Impfstoffen

aus inaktivierten Erregern

G. BALJER', M. HOERSTKE', G. DIRKSEN', J. SAILER' und A. MAYR'

Adresse der Autoren: 'Institut fur Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenmedizin, Veterinarstr. 13, D-8000 Munchen 22

'11. Medizinische Tierklinik, Veterinarstr. 13, D-8000 Munchen 22

Mit 3 Tabellen

(Eingegangen am 23. Dezember 1981i)

Summary Efficacy of local and/or parenteral vaccination against calf salmonellosis

with inactivated vaccines The S. typhimurium calf model was used to study immunization with inactivated vaccines

against salmonellosis. Efficacy was demonstrated by comparison of post-infectious clinical reaction in vaccinated and non-vaccinated calves.

The best immunization results were achieved with heat-inactivated bacteria or germ lysate. Formalin-inactivated bacteria were less effective. No immunity was observed after vaccination with phenol-water-extracted bacteria or enterotoxin preparation of S. typhimuriurn. Among the different application modes (nasal, dermal, oral, parenteral) combined oral and intramuscular vaccination proved to be most effective. The best immunization results could be achieved when calves were orally vaccinated once daily over 14 to 21 days in combination with an intramuscular booster immunization on the 10th day of the oral immunization period. Calves thus vaccinated were completely protected against 10 to 50 LD50 S. typhimurium.

Key words: Salmonellosis-calf-immunization-application mode-challenge

Einleitung Bei der Bekampfung von Salmonella-Infektionen unserer Nutztiere steht derzeit die

Immunprophylaxe im Mittelpunkt des Interesses. Fu r die Immunisierung werden sowohl Lebendimpfstoffe als auch Impfstoffe aus inaktivierten Erregern diskutiert. D ie Wirksam- keit von Impfstoffen aus inaktivierten Erregern wurde bisher als unbefriedigend bewertet (13). Lebendimpfstoffe schnitten sehr haufig im Vergleich besser a b (3, 12, 18, 19,2O, 21). Der Einsatz von Lebendimpfstoffen ist aber mit Risiken verbunden. H inzu kommt das Unbehagen des ,,Leben mit dem Erreger" durch vermehrungsfahige Salmonella- Impfkeime, deren Virulenz relativ ist.

U. S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0721-1 856/86/3303-0206$02.50/0

Wirksamkeit einer lokalen und/oder parenteralen Schutzimpfung 207

Impfstoffe aus inaktivierten Erregern haben diese Nachteile nicht. Es wurde deshalb versucht, durch Erprobung unterschiedlicher Applikationsarten und mod i sowie ver- schiedener Impfstofformulierungen die Wirksamkeit bekannter Impfstoffe aus inaktivier- ten Keimen zu optimieren (4, 5, 6 ) . Als Model1 diente die S. typhzmurzun-Infektion des Kalbes. Der Wirksamkeitsnachweis wurde uber den Infektionsbelastungsversuch gefuhrt.

Material und Methoden Versuchstiere: Fur die Experimente standen Kalber, die aus verschiedenen Zuchtbetrieben im

suddeutschen Raum stammten, zur Verfugung. Sie wurden im Alter von 14 bis 21 Tagen in Einzelboxen aufgestallt. Ihr Futter bestand aus 2 x 3 Liter Austauschmilch taglich sowie Heu, Kraftfutter und Wasser.

Vor dem Versuch wurden von den Kalbern 3 Kotproben auf Freisein von S. typhimurium- Keimen untersucht.

Bakterienstumme: Fur die Herstellung der Impfstoffe und fur die Infektionsversuche wurde der von einem an Enteritis erkrankten Kalb isolierte S. typhimurium-Stamm ,,Ll" verwendet. Nach der Anzuchtung auf Nahr-, Blut- und Gassner-Agar wurde der Stamm biochemisch und serologisch differenziert und auf Schragagarkulturen bei 4 "C aufbewahrt. Die Schragagarkultur (2. Subpassage) diente als Ausgangskultur fur alle weiteren Untersuchungen.

Impfstoffierstellung: Zur Produktion der notwendigen Antigenmenge wurde ein Fermenter mit einem 20 Liter fassenden Tank benutzt. Der Tank war mit Ruhrwerk und Bodenbeluftung ausgestat- tet. Als Nahrmedium diente Standard I-Medium (Merck). Die Beimpfung des Mediums erfolgte mit einer llstundigen Starterkultur. Die Initialdosis lag bei lo6 Keimen pro ml Fermentermedium. Die Bebrutungszeit des beimpften Mediums im Fermenter betrug 18 Stunden bei einer Temperatur von 37°C. In dieser Zeit wurde das Medium standig begast (100cc/min Luft) und geruhrt (200 RpM). Danach wurde die Kultur 45 Minuten bei 3000 UpM zentrifugiert. Der Bodensatz diente zur Verwendung als Antigen. Die Keimzahl des in etwa 2 Liter Kulturmedium aufgeschwemmten Bodensatzes schwankte zwischen 1 und 3 x 10" Keimen pro ml. Die Kontrolle der Bakteriensuspen- sion auf Fremdkeime erfolgte mikroskopisch und kulturell. Das Keimkonzentrat wurde dann entweder durch Erhitzen, Formalinbehandlung (0,3 YO), ,,Mixen"'i oder Phenol-Wasser-Extraktion (0-Antigen) inaktiviert.

Die Herstellung des reinen 0-Antigens zur Impfung erfolgte nach der Methode von WESTPHAL. Als Ausgangsmaterial fur die Herstellung des S. typhimurium 0-Antigens dienten Abschwemmungen von 1 Bstundigen Agarkulturen. Die durch Zentrifugation eingeengte Bakteriensuspension hatte einen Titer von 7 x 10'O Keimen pro ml. Die konzentrierte Bakteriensuspension wurde auf 2 "C abgekuhlt und mit dem doppelten Volumen einer 75%igen bei 5 "C gehaltenen Phenol-Wassermischung versetzt. Nach kraftigem Schutteln wurde das Gemisch 20 Minuten bei 5 "C inkubiert und anschlie- &end bei 10 000 g fur 30 Minuten zentrifugiert. Die wadrige Phase wurde durch 2tagiges Dialysieren gegen fliedendes Leitungswasser und ltagiges Dialysieren gegen Aqua dest. (4 "C) gereinigt. Vor der Verwendung ist der pH-Wert des Dialysates mit KOH auf pH 7,2 eingestellt worden. Das 0-Antigen wurde nicht inaktiviert und in subklinischer Dosierung (1 ml pro Tag) oral verimpft.

Das zur Impfung verwendete Enterotoxin wurde aus der Darmschlinge gewonnen. Dazu wurde der enterotoxinbildende S. typhimurium-Stamm ,,L1" Ferkeln in abgebundene Darmschlingen inoku- liert. Nach 18 Stunden wurde die Flussigkeit aus der Darmschlinge abgesaugt, bei 3000 UpM zentrifugiert und anschliedend der Uberstand filtriert (0,45 nm). Nach der Aktivitatspriifung des filtrierten Uberstandes im Darmligaturtest (10 enterotoxische Einheiten pro ml) wurde der Uberstand in subklinischer Dosierung (1 ml pro Tag) oral verimpft.

Impfdosis und Impfitoffaplikution: Fur die orale Applikation des Impfstoffes wurde das Impfstoffkonzentrat (3 ml) in einem halben Liter Milch verdunnt und den Kalbern mit der Morgen- tranke verabreicht. Die einmalige Impfdosis lag bei 10" hitzeinaktivierten Keimen. Die Tiere wurden einmal taglich an mindestens 10 bis 20 aufeinanderfolgenden Tagen immunisiert.

Bei der nasalen Impfung wurde der Salmonella-Impfstoff mittels eines Spriihadapters in der Nase verspriiht. Die intranasale Impfung wurde sechsmal im Abstand von 3 Tagen wiederholt. Das intranasale Impfvolumen betrug 1 ml mit 10" autoklavierten Salmonella-Keimen.

Sowohl die oral als auch die intranasal geimpften Kalber wurden in einigen Versuchen zusatzlich intramuskular oder intradermal mit 1O'O autoklavierten S. typhimurium-Bakterien geimpft.

'$ Sorvall Omnimixer, Stufe 6, 3 x 20 Minuten.

208 BALJER, HOERSTKE, DIRKSEN, SAILER und MAYR

Znfektionsbelustungsueusuch: Die Testinfektion geimpfter und nicht geimpfter Kalber erfolgte 14 Tage nach der letzten Impfung bzw. wahrend der letzten Impfperiode mit verschiedenen Keimkon- zentrationen des S. typhimurzum-Stammes ,,L," oral iiber die Milch. Die klinische Reaktion post infectionem wurde nach folgendem Schema bewertet: 0. B. = ohne Befund, + = Fieber, ++ = Fieber und diinnbreiiger Kot, + t + = Fieber mit gestortem Allgemeinbefinden, wa5riger z. T. blutiger Kot, + + + + = Fieber mit gestortem Allgemeinbefinden, unstillbarer, wa5riger und blutiger Kot, mit todlichem Ausgang.

Ergebnisse Zur Bestimmung der wirksamsten Impfstofformulierung wurden Kalberkollektive

iiber einen bestimmten Zeitraum mit unterschiedlich hergestellten S. typhimurium-Antige- nen einmal taglich oral iiber 10 bis 20 Tage immunisiert und anschlie5end oral infiziert. Im einzelnen verglichen wir die Wirksamkeit von Oralimpfstoffen aus hitzeinaktivierten 5. typhimun'um-Bakterien mit der von Impfstoffen, die entweder durch Phenol-Wasser- Extraktion hergestelltes S. typhimurium-Endotoxin (0-Antigen), gemixtes Keimlysat oder aus der Darmschlinge gewonnene und filtrierte Darmfliissigkeit (Enterotoxin) enthielten. In den beiden ,,Toxinimpfstoffen" wurde die Toxinmenge in subklinischer Dosierung iiber einen Zeitraum von 21 Tagen oral verabreicht. Durch die Verwendung von nativen Toxinen sollte ein eventueller negativer EinfluS eines Inaktivierungsverfahrens auf die Immunogenitat der Toxine ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse der verschiedenen Impfstoffe bei variablen Impfdosen und Immunisierungsschemata nach experimenteller oraler Infektion sind in Tabelle 1 zusammengefak.

Ein Infektionsschutz lieS sich nur nachweisen, wenn wir mit hitze- oder formalin- inaktivierten Bakterien oder rnit dem Mixer aufgeschlossene Bakterien (Lysat) oral immuni- sierten. In der Wirksamkeit konnte kein wesentlicher Unterschied zwischen den Impfstof- fen, die mit verschiedenen Temperaturen inaktivierte Keime (3': 100°C; 10': 125 "C oder 60': 60 "C) enthielten, festgestellt werden. Alle mit diesen Impfstoffen oral geimpften Kalber iiberlebten die todliche Infektionsdosis (10 LD50). Eine nur zehnmalige orale Verabreichung dieser Antigene reichte aber nicht aus, um die Tiere vollstandig zu

Tabelle 1. Wirksamkeit einer oralen S. typhinun'um-Schutzimpfung mit verschiedenen Impfstoffen aus inaktivierten Keimen, Keimlysaten oder Keimextrakten bei Kdbern

Impfstoff Zahl der Impfungen/ n Reaktion Impfdosis p: inf. (10LD5,)

Uberlebens- Klinische zeit Reaktion

125"C/10' 20ma1/3 X 10" 16 mz + - ++ Hitze- 100"C/3' 10maV3 x 10" 3 m +++ inaktivierte 10ma1/3 X 1Ol2 4 m ++ - +tt Keime 20mal/3 X 10" 18 m +

60 "C/60' 20ma1/3 X 10" 4 m + Formalininaktivierte 10ma1/3 x loL' 4 m +++ Keime (0,3 YO)

Keimlysat (gemixt)

20mal/ca. 3 x lo1' 3 m + - +t lysierte Keirne

Keimextrakt 20mall 3 114h ++++ (,,Phenol-Wasser")

Enterotoxip 20mal' 3 l08h ++++ (Darmfliissigkeit)

Dosis s. Material und Methoden. m = Tiere haben die Infektion iiberlebt.

Wirksamkeit einer lokalen und/oder parenteralen Schutzimpfung 209

Tabelle 2. Wirksamkeit einer S. typhlmurulm-Schutzimpfung mit Impfstoffen aus inaktivierten Kei- men und verschiedenen Applikationsarten bei Kalbern

Impfstoff Applikationsart n Reaktion (Zahl d. Impfungen) p: inf. (10 LD,,)

Uberlebens- Klinische zeit Reaktion

Hitze- tgl. oral (20mal) 18 + - ++ inaktivierte tagl. oral u. 1 x 12 + (100 "(23' ) tagl. oral u. 4 x 4 0 3 ++ Keime intramuskular

intradermal 4 x intranasal u. 4 0 3 +++ 1 x intramuskular

Form a 1 in - 1 x subkutan u. 4 144h +++t inaktivierte 1 x intramuskular Keime

I m = Tiere haben die Infektion iiberlebt.

schutzen, denn sie erkrankten nach der Infektion an starkem, blutigem Durchfall und Fieber. Erst nach der 20maligen oralen Impfung blieben die Tiere, abgesehen von einer kurzen Temperaturerhohung, ohne klinischen Befund. Auch mit einer Erhohung der einmaligen Impfdosis auf 10 x 1OI2 inaktivierte Keime liei3 sich dieses Ergebnis nicht mehr verbessern. Wesentlich schlechter schnitt die orale Impfung mit Phenol-Wasser-extrahier- ten Keimen oder Enterotoxinen ab. Obwohl diese Toxine taglich uber 20 Tage oral verabreicht wurden, uberlebten die Tiere die todliche Challengedosis nicht und die Uberlebenszeiten sowie die klinischen Reaktionen unterschieden sich nicht wesentlich von denen der nicht geimpften Kontrolltiere. In die weiteren Untersuchungen bezogen wir deshalb nur noch hitze- oder formalininaktivierte Keime ein, da sich bei diesen Antigenen, im Gegensatz zum Keimlysat, die Herstellung besser standardisieren lie&

Zur Ermittlung der optimalen Applikationsart wurden verschiedene Kalbergruppen auf unterschiedliche Weise mit hitzeinaktivierten oder formalininaktivierten S. typhimu- rium-Keimen geimpft. Im einzelnen wurde die Wirksamkeit einer a) alleinigen oralen Impfung, b) kombinierten oralen und intramuskularen, c) oralen und intradermalen Impfung, d) kombinierten intranasalen und intramuskularen Impfung sowie einer e) kombinierten subkutanen und intramuskularen Impfung gepriift. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengestellt.

Am wirksamsten war die Kombination aus oraler und intramuskularer Impfung. Die Kalber dieser Versuchsgruppe blieben, bis auf einen kurzen Temperaturanstieg, gegeniiber einer experimentellen Infektion (10 LD50) geschutzt. Mit allen anderen Applikationsarten konnte dieses Immunisierungsergebnis nicht iibertroffen werden. Bei den nur oral immu- nisierten Kalbern stieg nach der Infektion kurzzeitig die Temperatur an und der Kot wurde vorubergehend dunnbreiig. Die intranasal/intramuskular geimpften Kalber wiesen dage- gen starke klinische Reaktionen (+ + +-Reaktion) post infectionem auf. Die Kombination aus subkutaner und intramuskularer Applikation blieb sogar absolut wirkungslos.

Die kombinierte orale/intramuskulare Impfung gegen S. typhimurium mit hitzeinak- tivierten Keimen hat sich in den vergleichenden Untersuchungen als optimal erwiesen. In einem Versuch mit variablen Infektionsdosen haben wir die Belastbarkeit dieses Impfver- fahrens getestet. Kalbergruppen wurden dazu iiber 21 Tage taglich oral und einmal intramuskular (10 Tage nach Beginn der oralen Impfung) mit hitzeinaktivierten S. typhi- murium-Bakterien immunisiert. 1 Tag nach der letzten oralen Impfung wurden die einzelnen Gruppen mit unterschiedlichen Infektionsdosen des S. typhimurium-Stammes

210 BALJER, HOERSTKE, DIRKSEN, SAILER und MAYR

Tabelle 3. Klinische Reaktion bei geimpften und nicht geimpften Kalbern nach oraler Infektion mit unterschiedlichen Infektionsdosen von S. typhirnuriurn (S. t. m.)

Infektions- Status n Reaktion dosis der Tiere p. inf.

Mittlere Klinische Uberlebenszeit2 Reaktion'

5 x 108 Impflingel 10 03 + - +-t S. t. m. Kontrolltiere 4 154h ++++ 3 x 108 Impflinge' 15 m + - +-t S. t. m. Kontrolltiere 8 192h ++++ 1 x 108 Impflingel 8 m 0. B. S. t. m. Kontrolltiere 4 254h ++++ 1 x 107 Impflinge' 4 m 0. B. S. t. m. Kontrolltiere 2 m +++ I 2ltagige orale Impfung mit lmaliger i.m. Boosterimpfung. iiberlebt. ' Bewertung s. Material und Methoden.

m = alle Tiere haben die Infektion

,,L,'' oral infiziert (1 x lo7 bis 5 x lo8 S. typhimurium-Keime). In Tabelle 3 sind die klinischen Reaktionen post infectionem der geimpften Tiere denen von Kontrolltieren gegenubergestellt.

Bei den hohen Infektionsdosen (3 bis 5 x lo8 Keime) erkrankten die Kontrolltiere regelmagig an unstillbarem, waflrigem und blutigem Durchfall und starben post infectio- nem. Die geimpften Kalber wiesen bei denselben Infektionsdosen nur kurzzeitig erhohte Temperatur und 1 bis 3 Tage dunnbreiigen Kot auf. Die Milchaufnahme blieb aber ungestort. Bei den niedrigen Infektionsdosen (1 x lo8 und 10' Keime) zeigten die geimpf- ten Kalber iiberhaupt keine Krankheitserscheinungen nach der Infektion, wahrend alle Kontrolltiere an schweren Durchfallerscheinungen erkrankten.

Samtliche Impfstoffe aus nicht vermehrungsfahigen Bakterien belasteten die Impflinge nicht. Trotz taglicher oraler Applikation von zum Teil grogen Antigendosen entwickelten sich die Tiere normal und wiesen keinerlei gesundheitliche Storungen auf.

Besprechung der Ergebnisse Eini wirksame Immunisierung gegen S. typhimurium ist durchaus mit Impfstoffen

aus inaktivierten Erregern moglich. Von den verschiedenen Impfstofformulierungen waren Impfstoffe aus hitzeinaktivierten Keimen am wirksamsten. Dieses Ergebnis bestatigt Erfahrungen, wonach hitzestabile Antigene der Enterobakterien eine wichtige Rolle bei der Infektabwehr bakterieller Durchfallerkrankungen spielen (2, 17). Da die orale Impfung mit reinem 0-Antigen von S. typhimurium wirkungslos blieb, sind neben dem hitzestabilen 0-Antigen, wahrscheinlich noch andere thermostabile Antigene der Salmonellen fur die Immunitatsbildung von Bedeutung.

Die Starke der postvaccinalen Immunitat aus hitzeinaktivierten Keimen hing im wesentlichen von der Applikationsart ab. Von den verschiedenen Immunisierungsverfah- ren schnitt die orale Impfung am besten ab. Fur die Ausbildung einer gut belastbaren Immunitat muate die orale Applikation relativ haufig wiederholt werden. Der Grad der postvaccinalen Immunitat konnte durch die Anwendung haufiger Einzelapplikationen gesteigert werden. Das beste Immunisierungsergebnis erzielte man durch eine tagliche orale Impfung uber einen Zeitraum von 14 bis 20 Tagen, wobei eine zusatzliche intramus- kulare Boosterimpfung das Immunisierungsergebnis verbesserte. Auch PIERCE und Mitar. beiter (14, 15) sowie HORSFALL und Mitarbeiter (9) haben am ,,Vibrio cholera-Modell" der

Wirksamkeit einer lokalen und/oder parenteralen Schutzimpfung 21 1

Maus eine Verbesserung des lokalen Immunisierungsergebnisses durch eine Kombination aus oraler und parenteraler Impfung erzielt. Uber den optimalen Zeitpunkt der parentera- len Boosterimpfung gibt es unterschiedliche Meinungen. In unseren Versuchen gelang eine Verbesserung des Immunisierungsergebnisses nur, wenn die intramuskulare Impfung 10 Tage nach Beginn der oralen Impfperiode durchgefuhrt wurde (4). Mit einer parenteralen Impfung vor oder gleichzeitig mit Beginn der oralen Immunisierung verschlechterte sich dagegen das Immunisierungsergebnis im Vergleich zur alleinigen oralen Impfung (4).

Die kombinierte orale/intramuskulare Applikation war wesentlich wirksamer als z. B. eine kombinierte intranasale/subkutane, oralehntradermale oder alleinige parenterale Impfung. Die in der Literatur beschriebene gute Wirksamkeit der intranasalen, intrader- malen oder alleinigen parenteralen Applikation konnte in den vorliegenden Untersuchun- gen mit einem Impfstoff aus hitzeinaktivierten Keimen nicht bestatigt werden (1, 7, 10).

Fur die Starke der lokalen Immunitat ist, ab einer bestimmten Grenzdosis, die Zahl der Revaccinationen wichtiger als die Dosierung. Die praktische Anwendung der mehrma- ligen oralen Immunisierung bereitet in der Tiermedizin keine Schwierigkeiten, da die taglichen Impfdosen dem Futter oder der Tranke zugesetzt werden konnen. Trotzdem sind die haufigen Applikationen ein Nachteil von Impfstoffen aus inaktivierten Erregern. Lebendimpfstoffe haben diesen Nachteil nicht. Bei Lebendimpfstoffen reicht fur die gleiche Immunreaktion eine einmalige, orale Impfung aus, wie das Beispiel der ,,gal E-" oder ,,aromatic-dependent"-Mutanten gezeigt hat (3, 12, 18, 19,20). Bezuglich Unschad- lichkeit sind aber Lebendimpfstoffe gegen Salmonellosen sehr kritisch zu bewerten. So fuhren die Impfmutanten in wirksamen Dosierungen noch zu mehr oder minder starken Impferkrankungen (3, 11, 16, 20, 22). Neben der moglichen Gefahr einer Ruckmutation, stellt sich auch die Frage, ob und in welchem MaSe Impfmutanten evtl. plasmidassoziierte, Virulenzeigenschaften kodierende Gene aufnehmen oder ubertragen konnen. Nach HEL- MUTH und Mitarbeitern (8) haben Virulenzplasmide fur die Pathogenitat von Salmonella- Stammen eine ahnliche Bedeutung wie z. B. fur enterotoxische E . coli-Keime.

Zusammenfassung Am Modell der S. typhimurium-Infektion des Kalbes wurde die Wirksamkeit von inaktivierten

Salmonella-Impfstoffen untersucht. Der Wirksamkeitsnachweis erfolgte im Infektionsbelastungsver- such durch den Vergleich von Morbiditat und Mortalitat bei geimpften und nicht geimpften Tieren.

Impfstoffe aus hitzeinaktivierten Erregern oder Keimlysaten iibertrafen in der Wirksamkeit Impfstoffe aus formalininaktivierten Keimen. Die orale Impfung rnit einem Phenol-Wasser-Extrakt oder einer Enterotoxinpraparation von S. typhimurium blieb wirkungslos. Von verschiedenen Appli- kationsarten (oral, nasal, dermal, parenteral) hatte eine Kombination aus oraler und intramuskularer Impfung die beste Schutzwirkung. Taglich oral, iiber einen Zeitraum von 14 bis 21 Tagen mit lo i i hitzeinaktivierten S. typhimurium-Keimen immunisierte und einmal intramuskular geboosterte (10 Tage nach Beginn der oralen Impfung) Kalber waren gegen eine orale S. typhimurium-Infektion mit 10 bis 50 LDS0 vollkommen geschiitzt.

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