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© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Bautechnik 90 (2013), Heft 9 559 DOI: 10.1002 / bate.201200070 AUFSATZ ARTICLE Yifeng Hu*, Albert Hoch AUFSATZ Zum veränderlichen Tragverhalten von Stahlrammpfählen unter zyklisch-axialer Belastung 1 Einleitung Bei Offshore-Windenergieanlagen ist ein hoher zyklischer Anteil an der Gesamtbelastung in der Gründung zu er- warten. In der Nordsee kommen derzeit bevorzugt Pfahl- gründungen, insbesondere Stahlrammpfähle, zur Anwen- dung. Unter dieser Randbedingung ist bei der Bemessung von Pfählen, die Auswirkung der zyklischen Einwirkun- gen auf die Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit der Gründung zu berücksichtigen. Bei erheblichen zyklischen Einwirkungen ist bekanntlich mit einer Veränderung bzw. Verschlechterung des Trag- verhaltens axial belasteter Pfähle im sandigen Baugrund zu rechnen. Diese Degradation lässt sich durch steigende plastische Verformungen der Pfähle und durch eine Min- derung der Pfahltragfähigkeit charakterisieren. Dies ist maßgeblich durch die Reduzierung der Mantelreibung be- dingt und nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand gene- rell auf drei Mechanismen zurückzuführen: Tangentialgleiten an der Pfahl-Boden-Kontaktfläche mit Verringerung des Reibungskoeffizienten; Akkumulation der plastischen Schubverzerrungen des umgebenden sandigen Bodens im Pfahlnahbereich; Verringerung der Normalspannung im Pfahlnahbe- reich infolge der plastischen Volumenkompression durch Kornumlagerung bzw. Kornbrüche des umge- benden Bodens. In Deutschland werden in der kürzlich erschienenen 2. Auflage der „EA Pfähle“ [1] Hinweise und erste An- sätze zur Berücksichtigung der Tragfähigkeitsminderung infolge zyklischer Einwirkungen beschrieben. Diese An- sätze erlauben prinzipiell, die Degradation infolge zykli- scher Einwirkungen zu berechnen. Sie sind jedoch noch nicht durch Großversuche im Feld bzw. in der Praxis von Offshore-Windenergieanlagen verifiziert. Ferner ist unseres Erachtens die bodenspezifische Bestimmung der zahlreichen Eingangsparameter bei der Anwendung die- ser Ansätze praktisch mit großen Schwierigkeiten be- haftet. Im vorliegenden Aufsatz wird aufgrund der gegenwärti- gen wissenschaftlichen Erkenntnisse ein nichtlinearer Be- rechnungsansatz für die Bemessung von Stahlrammpfäh- len unter zyklisch-axialen Einwirkungen entwickelt und beschrieben. Dabei werden nicht nur die o. g. drei physi- kalischen maßgeblichen Mechanismen erfasst, sondern es wird auch besonderer Wert darauf gelegt, dass die erfor- derlichen Eingangsparameter klar definiert, in ihrer An- zahl begrenzt und mit gängigen bodenmechanischen La- borversuchen bestimmbar sind. Etwaige Änderungen der Tragfähigkeit durch den Einbringprozess (Rammung) von Pfählen sind nicht Gegenstand dieser Forschungsarbeit. Im vorliegenden Beitrag wird einleitend der wissenschaftliche Kenntnisstand zum Tragverhalten in der Stahl-Sand-Kontaktflä- che sowie zum plastischen Spannungs-Dehnungsverhalten von sandigen Böden unter zyklischer Belastung beschrieben. Da- rauf aufbauend wird ein nichtlinearer Berechnungsansatz zur Erfassung des veränderlichen Tragverhaltens von Stahlramm- pfählen unter zyklisch-axialer Belastung formuliert und nume- risch realisiert. Darin werden die drei maßgeblichen Einfluss- faktoren, das Tangentialgleiten in der Kontaktfläche, die Akku- mulation der plastischen Schubverzerrungen und die Verringerung der Normalspannung des sandigen Bodens im Pfahlnahbereich, berücksichtigt. Die erste Validierung wird mit- hilfe eines Modellversuches aus der Literatur durchgeführt. Keywords Stahlrammpfähle; Sand; zyklisch-axial; Degradation; Berechnungsansatz Bearing capacity degradation of driven steel piles under cyclic-axial loading In this contribution, the scientific background of the bearing capacity of the sand-steel interface and of the plastic stress- strain-behaviour of sand soils under cyclic loading is firstly de- scribed. Upon this, a nonlinear calculation approach is formu- lated and implemented by using numerical method for predict- ing the bearing capacity degradation of driven steel piles in sandy subsoil under cyclic-axial loading condition. In this pro- cedure, three controlling factors namely slip on pile-sand-inter- face, accumulation of plastic shear strain and the decrease in lateral effective stress of surrounding sand soils are taken into consideration. With the help of a model test reported in litera- ture, the applicability of the developed calculation approach is checked. Keywords driven steel piles; sand; cyclic-axial; degradation; calculation approach *) Corresponding author: [email protected], [email protected] Submitted for review: 06 December 2012 Revised: 18 April 2013 Accepted for publication: 22 April 2013

Zum veränderlichen Tragverhalten von Stahlrammpfählen unter zyklisch-axialer Belastung

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Page 1: Zum veränderlichen Tragverhalten von Stahlrammpfählen unter zyklisch-axialer Belastung

© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Bautechnik 90 (2013), Heft 9 559

DOI: 10.1002 / bate.201200070

AU

FSATZ ARTICLE

Yifeng Hu*, Albert Hoch AUFSATZ

Zum veränderlichen Tragverhalten von Stahlrammpfählenunter zyklisch-axialer Belastung

1 Einleitung

Bei Offshore-Windenergieanlagen ist ein hoher zyklischerAnteil an der Gesamtbelastung in der Gründung zu er-warten. In der Nordsee kommen derzeit bevorzugt Pfahl-gründungen, insbesondere Stahlrammpfähle, zur Anwen-dung. Unter dieser Randbedingung ist bei der Bemessungvon Pfählen, die Auswirkung der zyklischen Einwirkun-gen auf die Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit derGründung zu berücksichtigen.

Bei erheblichen zyklischen Einwirkungen ist bekanntlichmit einer Veränderung bzw. Verschlechterung des Trag-verhaltens axial belasteter Pfähle im sandigen Baugrundzu rechnen. Diese Degradation lässt sich durch steigendeplastische Verformungen der Pfähle und durch eine Min-derung der Pfahltragfähigkeit charakterisieren. Dies istmaßgeblich durch die Reduzierung der Mantelreibung be-dingt und nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand gene-rell auf drei Mechanismen zurückzuführen:

– Tangentialgleiten an der Pfahl-Boden-Kontaktflächemit Verringerung des Reibungskoeffizienten;

– Akkumulation der plastischen Schubverzerrungen desumgebenden sandigen Bodens im Pfahlnahbereich;

– Verringerung der Normalspannung im Pfahlnahbe-reich infolge der plastischen Volumenkompressiondurch Kornumlagerung bzw. Kornbrüche des umge-benden Bodens.

In Deutschland werden in der kürzlich erschienenen2. Auflage der „EA Pfähle“ [1] Hinweise und erste An -sätze zur Berücksichtigung der Tragfähigkeitsminderunginfolge zyklischer Einwirkungen beschrieben. Diese An-sätze erlauben prinzipiell, die Degradation infolge zykli-scher Einwirkungen zu berechnen. Sie sind jedoch nochnicht durch Großversuche im Feld bzw. in der Praxisvon Offshore-Windenergieanlagen verifiziert. Ferner istunseres Erachtens die bodenspezifische Bestimmung derzahlreichen Eingangsparameter bei der Anwendung die-ser Ansätze praktisch mit großen Schwierigkeiten be -haftet.

Im vorliegenden Aufsatz wird aufgrund der gegenwärti-gen wissenschaftlichen Erkenntnisse ein nichtlinearer Be-rechnungsansatz für die Bemessung von Stahlrammpfäh-len unter zyklisch-axialen Einwirkungen entwickelt undbeschrieben. Dabei werden nicht nur die o. g. drei physi-kalischen maßgeblichen Mechanismen erfasst, sondern eswird auch besonderer Wert darauf gelegt, dass die erfor-derlichen Eingangsparameter klar definiert, in ihrer An-zahl begrenzt und mit gängigen bodenmechanischen La-borversuchen bestimmbar sind. Etwaige Änderungen derTragfähigkeit durch den Einbringprozess (Rammung) vonPfählen sind nicht Gegenstand dieser Forschungsarbeit.

Im vorliegenden Beitrag wird einleitend der wissenschaftlicheKenntnisstand zum Tragverhalten in der Stahl-Sand-Kontaktflä-che sowie zum plastischen Spannungs-Dehnungsverhalten vonsandigen Böden unter zyklischer Belastung beschrieben. Da-rauf aufbauend wird ein nichtlinearer Berechnungsansatz zurErfassung des veränderlichen Tragverhaltens von Stahlramm -pfählen unter zyklisch-axialer Belastung formuliert und nume-risch realisiert. Darin werden die drei maßgeblichen Einfluss-faktoren, das Tangentialgleiten in der Kontaktfläche, die Akku-mulation der plastischen Schubverzerrungen und dieVerringerung der Normalspannung des sandigen Bodens imPfahlnahbereich, berücksichtigt. Die erste Validierung wird mit-hilfe eines Modellversuches aus der Literatur durchgeführt.

Keywords Stahlrammpfähle; Sand; zyklisch-axial; Degradation;Berechnungsansatz

Bearing capacity degradation of driven steel piles undercyclic-axial loadingIn this contribution, the scientific background of the bearingcapacity of the sand-steel interface and of the plastic stress-strain-behaviour of sand soils under cyclic loading is firstly de-scribed. Upon this, a nonlinear calculation approach is formu-lated and implemented by using numerical method for predict-ing the bearing capacity degradation of driven steel piles insandy subsoil under cyclic-axial loading condition. In this pro-cedure, three controlling factors namely slip on pile-sand-inter-face, accumulation of plastic shear strain and the decrease inlateral effective stress of surrounding sand soils are taken intoconsideration. With the help of a model test reported in litera-ture, the applicability of the developed calculation approach ischecked.

Keywords driven steel piles; sand; cyclic-axial; degradation; calculationapproach

*) Corresponding author: [email protected], [email protected] for review: 06 December 2012Revised: 18 April 2013Accepted for publication: 22 April 2013

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Y. Hu, A. Hoch: Zum veränderlichen Tragverhalten von Stahlrammpfählen unter zyklisch-axialer Belastung

2 Wissenschaftlicher Kenntnisstand

2.1 Grundbegriffe und Definition

Unter statischer bzw. zyklischer Scherbelastung parallelzur Stahl-Sand-Kontaktfläche tritt i. d. R. eine relativeTangentialverschiebung δT zwischen Stahlrohrwand undBoden auf. In Bild 1 sind die einzelnen Komponenten derTangentialverschiebung an der Stahl-Sand-Kontaktflächeschematisch dargestellt. Die gesamte Tangentialverschie-bung δT setzt sich aus drei Anteilen zusammen:

δT = δT,G + δT,s,p + δT,s,a (1)

wobeiδT,G: Tangentialgleiten an der Kontaktfläche;δT,s,p: Komponente der Tangentialverschiebung, die

durch die plastische Schubverzerrung in der Scher-bruchzone des unmittelbar an der Kontaktflächeliegenden Sandbereiches bedingt ist;

δT,s,a: Komponente der Tangentialverschiebung, diedurch die plastische Schubverzerrung im Bodenbe-reich außerhalb der Scherbruchzone bedingt ist;

δT,s: = δT,s,p + δT,s,a, Komponente der Tangentialverschie-bung, die aus der gesamten plastischen Schubver-zerrung des Sandbodens im Pfahlnahbereich resul-tiert.

Das Tragverhalten an der Stahl-Sand-Kontaktfläche istvon mehreren Faktoren abhängig, wie z. B.:

– Rautiefe der Stahloberfläche– Kornverteilung und -form– Lagerungsdichte von sandigen Böden– Verformungsrandbedingung senkrecht zur Kontakt -

fläche.

Im Folgenden werden hierfür drei maßgebliche Parame-ter definiert:

Die gemittelte Rautiefe Rz (mm) ist gemäß [2] als dasarithmetische Mittel aus den Einzelrautiefen fünf anei-nandergrenzender Einzelmessstrecken Ie im Rauheitspro-fil definiert (Bild 2). Für die Beschreibung des Reibungs-verhaltens zwischen Stahlrohrwand und sandigen Bödenwird die Länge der Einzelmessstrecke Ie i. d. R. mit demmittleren Durchmesser der Sandkörner d50 angenom-men, siehe z. B. [3 bis 5].

Zur Erfassung der Tragfähigkeit an der Stahl-Sand-Kon-taktfläche wird in [4] aufgrund von zahlreichen experi-mentellen Untersuchungen die normalisierte Rauheit Rn

= Rz/d50 eingeführt. Dieser Parameter ist maßgeblich fürdie Versagensform bzw. für den maximal mobilisierbarenReibungskoeffizienten µy.

Der Einfluss der Körnungsoberfläche von sandigenBöden auf das Schertragverhalten an der Stahl-Sand-Kon-taktfläche kann anhand des Parameters „RundungsgradR“ erfasst werden, siehe [4]. Der Rundungsgrad R der

Sandkörnung wird als Verhältnis des Mittelwertes einzel-ner Radien ri der Oberflächenkrümmung zum Radiusrmax,K des im Sandkorn maximal einbeschriebenen Krei-ses definiert (siehe [6]), d. h.

R = [Σ(ri)/n]/rmax,K (2)

Je geringer R ist, desto scharfkantiger zeichnet sich dieOberfläche der Sandkörnung ab. Beim Brechsand liegtder Rundungsgrad i. d. R. zwischen 0,2 und 0,3. Natürli-che Sande in Sedimentformationen weisen, bedingtdurch unterschiedliche Transportwege und Beanspru-chungen in der geologischen Entstehungsgeschichte, eineviel größere Bandbreite auf, meistens jedoch zwischen 0,3und 0,6.

2.2 Schertragverhalten der Stahl-Sand-Kontaktfläche

Die Stahl-Sand-Kontaktfläche kann grundsätzlich als„glatt“ oder „rau“ klassifiziert werden (Tab. 1). Dafür istdie normalisierte Rauheit Rn der maßgebliche Beurtei-lungsparameter, siehe z. B. [3, 4, 7 und 8]. Je nach dessenGröße können unter unterschiedlichen Scherbelastungendie in Bild 1 definierten einzelnen Komponenten der Tan-gentialverschiebung teilweise bzw. vollständig auftreten.

Bis zu einem spezifischen Grenzwert der normalisiertenRauheit Rn (Obergrenze Rn,cri), herrscht an der Kontakt-fläche das Gleiten der Sandkörner unter Scherbelastung

ts,p

δT

δT,G δT,s,p

δT,s,a

Stahl-Sand-Kontaktfläche

Stahlwand

Sandbodenaußerhalb der Scherbruchzone

Scherbruchzoneim Sand

Bild 1 Definition der Tangentialverschiebung an der Stahl-Sand-Kontakt -flächeDefinition of tangential displacement at the steel-sand-interface

Rz = (Rz1 + Rz2 + Rz3 + Rz4 + Rz5)/5

Rz1 Rz2 Rz3 Rz4 Rz5

lm le= 5 xle

R

Bild 2 Definition der gemittelten Rautiefe Rz gemäß [2]Definition of average surface roughness Rz acc. to [2]

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Bautechnik 90 (2013), Heft 9 561

Y. Hu, A. Hoch: Bearing capacity degradation of driven steel piles under cyclic-axial loading

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vor, in Tab. 1 als „glatt“ (Gruppe II) bezeichnet. In diesemFall ist das Scherversagen durch das Gleiten an der Kon-taktfläche bestimmt und das Tangentialgleiten δT,G maß-geblich für die gesamte Tangentialverschiebung δT an derKontaktfläche. Der maximal mobilisierbare Reibungsko-effizient µy steigt linear mit der normalisierten Rauheit Rn

an, beispielhaft Bild 3 aus [4].

Wird die Obergrenze der normalisierten Rauheit Rn,cri

überschritten, in Tab. 1 als „rau“ (Gruppe I) bezeichnet,ist die Verzahnung zwischen Stahl und Sand ausreichendgroß. In diesem Fall tritt das Scherversagen nicht mehrdurch das Gleiten an der Kontaktfläche, sondern durchdas Abscheren im unmittelbar an der Kontaktfläche lie-genden Sandbereich auf, siehe die Scherbruchzone ts,p inBild 1. Der maximal mobilisierbare Reibungskoeffizientµy (die zwei waagerechten braunen Linien in Bild 3) ent-spricht dann etwa dem Tangens des Reibungswinkels san-diger Böden, der im Rahmenscherversuch für den Bruch-zustand des Bodens ausgewertet wird. Diese Linien ent-sprechen der Obergrenze des Scherwiderstandes derKontaktfläche bei einer bezogenen Lagerungsdichte vonjeweils ID = 0,90 bzw. 0,45 für Toyoura Sand (siehe [4]).Der Einfluss der bezogenen Lagerungsdichte ID von san-digen Böden auf den Scherwiderstand der Kontaktflächeist nur für den Fall Rn ≥ Rn,cri erkennbar, in dem derScherwiderstand durch die Scherfestigkeit des Sandbo-dens im Pfahlnahbereich bedingt ist.

An drei verschiedenen sandigen Böden wird in [4] derEinfluss des Rundungsgrades R auf das Schertragverhal-ten der Stahl-Sand-Kontaktfläche experimentell unter-sucht. Der Rundungsgrad beträgt jeweils 0,27 (ToyouraSand), 0,19 (Fujigawa Sand) und 0,17 (Seto Sand), Tab. 2.Die Auswertung dieser Versuchsergebnisse ergibt, dassder maximal mobilisierbare Reibungskoeffizient µy maß-geblich von der normalisierten Rauheit Rn und vom Run-dungsgrad R der Sandkörnung, jedoch wenig von demVersuchstyp, der Normalspannung σn und der Ungleich-förmigkeit CU beeinflusst wird. Der maximal mobilisier-bare Reibungskoeffizient µy lässt sich für die drei unter-suchten sandigen Böden gut mit der folgenden Regressi-onsgleichung erfassen:

µy = (A + B×Rn)/R = (0,073 + 0,89×Rn)/R (3)

Diese Korrelation besagt, dass der Scherwiderstand derKontaktfläche linear mit der normalisierten Rauheit Rn

ansteigt, bevor die entsprechende Obergrenze tanϕ er-reicht wird. Über den Rundungsgrad R der Sandkörnungfinden hier bodenspezifische Eigenschaften Berücksichti-gung.

Nach [3, 8 und 9] ist festzustellen, dass unabhängig vonder Rauheit der Kontaktfläche das Tangentialgleiten δT,G

und die Tangentialverschiebung infolge der Schubverzer-rung im Sandkörper δT,s sehr gering bleiben (δT = δT,G +δT,s ≈ 0), bevor etwa 85 % des maximal mobilisierbarenScherwiderstandes erreicht werden. Unterhalb dieses Be-lastungsniveaus ist die gesamte Tangentialverschiebungmaßgeblich durch Schubverzerrung im Sandkörper be-dingt, während danach das Tangentialgleiten an der Kon-taktfläche δT,G bei der gesamten TangentialverschiebungδT überwiegt und die bei der Schubverzerrung des Sand-

Tab. 1 Klassifizierung der Stahl-Sand-KontaktflächeClassification of steel-sand-interface

Gruppe I Gruppe II

Ansprache rau glatt

Kriterium Rn ≥ Rn,cri Rn < Rn,cri

Gleiten δT,G ⇒ 0 > 0 signifikant

δT,s,p > 0 signifikant ⇒ 0 (vgl. Bild 1) (ts,p > 0) (ts,p ⇒ 0)

δT,s,a > 0 > 0(vgl. Bild 1) signifikant signifikant

Maximal mobilisierbarer ≈ tanϕ < tanϕReibungskoeffizient µy

0 100 20050 150 250

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1Versuchsergebnisse bei ID = 0,45Versuchsergebnisse bei ID = 0,90µy = (0.073+0.89*Rn)/0.27

Rn,cri ≈ 180×10-3

bei ID = 0,90Rn,cri ≈ 98×10-3

bei ID = 0,45

Normalisierte Rauheit Rn [×10-3]

Max

imal

mob

ilisie

rbar

er R

eibu

ngsk

oeffi

zien

t µy

[-]

Obergrenze µy ≈ tanϕdes Quarzsands bei ID = 0,90

Obergrenze µy ≈ tanϕdes Quarzsands bei ID = 0,45

Bild 3 Maximal mobilisierbarer Reibungskoeffizient µy in Abhängigkeitvon der normalisierten Rauheit Rn, Toyoura Sand, Wiedergabe derDaten in [4]Maximum mobilized friction coefficient µy depending on normalizedroughness Rn, Toyoura sand, data from [4]

Tab. 2 Bodenmechanische Kennwerte und Versuchsergebnisse, aus [4]Soil mechanical parameters and test results, from [4]

Sand d50 [mm] R [–] Regressions-parameter

A [–] B [–]

Toyoura 0,18 0,27 0,081 0,82

Fujigawa 0,16-1,82 0,19 0,075 0,88

Seto 0,16-1,82 0,17 0,064 0,97

Mittelwert 0,073 0,89

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Y. Hu, A. Hoch: Zum veränderlichen Tragverhalten von Stahlrammpfählen unter zyklisch-axialer Belastung

körpers verursachte Normalverschiebung deshalb ver-nachlässigt werden kann.

Bei rauer Stahl-Sand-Kontaktfläche (Rn ≥ Rn,cri) bewegensich Sandkörner unter Scherbelastung sowohl gleitendals auch rollend. Die Verschiebungen der Sandkörner ander Kontaktfläche sind deshalb größer als bei der Schub-verzerrung reiner sandiger Böden unter gleicher Scherbe-lastung. Dadurch bildet sich im unmittelbar an der Kon-taktfläche liegenden Sandbereich eine Scherbruchzoneaus, siehe Bild 1. In diesem Fall ist die plastische Schub-verzerrung in der Scherbruchzone maßgeblich für die ge-samte Tangentialverschiebung an der Kontaktfläche. Diedamit verbundene Volumenvergrößerung (Dilatanz) trägtzum Scherwiderstand der Kontaktfläche bei und ist des-halb nicht zu vernachlässigen.

Im Gegensatz dazu, herrscht bei einer glatten Kontaktflä-che (Rn < Rn,cri) das Gleiten der Sandkörner unter Scher-belastung vor. Die rollende Bewegung der Sandkörner isthier untergeordnet. Es tritt im unmittelbar an der Kon-taktfläche umgebenden Sandbereich keine Scherbruchzo-ne mehr auf. Dadurch bedingt ist eine Volumenvergröße-rung in der unmittelbar an der Kontaktfläche liegendenBodenzone vernachlässigbar gering.

In [5 und 10] werden weggesteuerte zyklische Laborver-suche an der Stahl-Sand-Kontaktfläche mit drei sandigenBöden durchgeführt. Dabei werden unter einer konstan-ten Normalspannung σn an der Kontaktfläche Schwell-bzw. Wechselbelastungen aufgebracht. Daraus ergibt sich,dass das Tangentialgleiten an der Kontaktfläche δT,G mitder Lastzyklenzahl zunimmt. Die Einhüllende der einzel-nen zyklischen Kurven lässt sich mit dem τ/σn-δT,G-Ver-lauf unter monotoner Belastung annähern. Die Minde-rung der Scherspannung an der Kontaktfläche ist maß-geblich durch das Tangentialgleiten an der KontaktflächeδT,G bedingt. Davon ausgehend muss das Tangentialglei-ten δT,G getrennt von der Tangentialverschiebung infolgeder Schubverzerrung des im Pfahlnahbereich liegendenSandkörpers betrachtet und als der maßgebliche Parame-ter behandelt werden.

Die Veränderung des Reibungskoeffizienten µ mit derLastzyklenzahl N kann exemplarisch mithilfe der Ver-suchsergebnisse in [10] für eine Stahl-Sand-Kontaktfläche(Seto Sand) unter Wechselbelastung verfolgt werden(Bild 4). Unabhängig von der normalisierten Rauheit Rn

konvergiert der Reibungskoeffizient µ bereits innerhalbvon ca. zehn Lastzyklen gegen die Restscherfestigkeittanϕr des Sandbodens unter monotoner Scherung. Beihoher normalisierter Rauheit bzw. bezogener Lagerungs-dichte nimmt der Reibungskoeffizient µ nach Erreichenvon µy mit der Lastzyklenzahl N auf den Residualwert µr

ab. Im Vergleich dazu steigt er bei niedriger normalisier-ter Rauheit Rn, nach anfänglich geringer Verringerung,ebenfalls zum Residualwert µr an.

Die Verformungsrandbedingung senkrecht zur Kontakt-fläche hat einen signifikanten Einfluss auf das Schertrag-

verhalten. Nach [9] nimmt unter einer konstanten Nor-malsteifigkeit K die Normalspannung σn und damit auchdie Scherspannung τ an der Kontaktfläche mit steigenderLastzyklenzahl N ab. Unter dieser Bedingung tritt keineMinderung des Spannungsverhältnisses τ/σn auf, soweitsich das Tangentialgleiten δT,G nicht mit der Lastzyklen-zahl N akkumuliert. Die maximale Scherspannung τ wirdsich jedoch, bedingt durch die Volumenverringerung dessandigen Bodens bzw. der daraus resultierenden Minde-rung der Normalspannung σn, reduzieren.

Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die Minderungder maximalen Scherspannung an der Kontaktflächeunter zyklischer Belastungsbedingung maßgeblich so-wohl von dem sich akkumulierenden TangentialgleitenδT,G als auch von der Volumenverringerung des umgeben-den sandigen Bodens bedingt ist, siehe auch [11 und 12].

2.3 Spannungs-Dehnungs-Volumenänderungsverhaltenvon sandigen Böden unter zyklischer Belastung

Sandige Böden weisen unter zyklischer Belastung plasti-sche Scherverformungen und Volumenänderung auf, so-bald eine bodenspezifische Scherdehnungsgrenze über-schritten ist. In [13] werden für granulare Böden Ver-suchsergebnisse in der Literatur unter zyklischerTriaxialbedingung ausgewertet und entsprechende Ansät-ze abgeleitet (Tab. 3).

Bei zyklischer Belastung gilt, dass bereits unterhalb derBruchgrenze (σ1 – σ3)c,f plastische Scherverformungenbzw. Volumenkompression im Boden auftreten. Nach bis-herigen Erfahrungen kann die plastische Vertikaldeh-nung εa

cp granularer Böden meistens mit halb- bzw. dop-pelt-logarithmischen Funktionen beschrieben werden:

εacp = a (1 + α · logN) (4)

log εacp = log a + α · log N (5)

0Anzahl der Lastzyklen N [ -]

Rei

bung

skoe

ffizi

ent µ

[-] maximal mobilisierbarer Reibungskoeffizient µy (N = 0)

Residualwert des Reibungskoeffizientenµr = tanϕr des sandigen Bodens

ca. 5 10 15

Rn ≈ 100×10-3

Rn ≈ 20×10-3

Rn ≈ 3×10-3

Bild 4 Reibungskoeffizient µ in Abhängigkeit von der Lastzyklenzahl N,schematische Darstellung nach den Versuchsergebnissen in [10]Friction coefficient µ depending on number of load cycles N,schematic illustration based on the test results in [10]

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Bautechnik 90 (2013), Heft 9 563

Y. Hu, A. Hoch: Bearing capacity degradation of driven steel piles under cyclic-axial loading

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wobei:εa

cp: plastische Axialdehnung;N: Lastzyklenzahl;a: plastische Axialdehnung nach dem 1. Lastzyklus =

εacp (N = 1);

α: Regressionsparameter durch Kurvenanpassung.

Mit steigender Lastzyklenzahl tritt plastische Volumen-kompression auf, während beim Erreichen der Bruchgren-ze plastische Volumenvergrößerung (Dilatanz) erfolgt. DieMessung der seitlichen plastischen Ausdehnung der Bo-denproben beim zyklischen Triaxialversuch ermöglicht dieErfassung der plastischen Volumenänderung wie folgt:

εVcp = εa

cp – 2εrcp (6)

Die Auswertung in [13] ergibt, dass das Verhältnis derplastischen Querdehnung zur Vertikaldehnung im halb-logarithmischen Maßstab linear mit der Lastzyklenzahl Nabnimmt. Dieser Verlauf kann mit folgender Funktion an-genähert werden:

εrcp/εa

cp = f(N) = λ – ω · log N (7)

wobei λ und ω zwei Regressionsparameter darstellen, diewiederum abhängig von dem zyklischen Scherbelastungs-verhältnis q und von der statischen Normalspannung σ3

sind.

Für eine ingenieurmäßige Lösung ist es sinnvoll, Ober-und Unterwerte des Verhältnisses εr

cp/εacp direkt aus zykli-

schen Triaxialversuchen unter spezifischen Randbedin-gungen zu bestimmen und jeweils als Konstante λ– für dasVerhältnis f(N) rechnerisch anzusetzen. Mit dieser Ver-einfachung kann dann die plastische Volumenkompressi-on wie folgt ermittelt werden:

εVcp = (1 – 2 · λ–) · εa

cp (8)

3 Analyse der Stahl-Sand-Kontaktoberflächebei Rammpfählen

Für die gemittelte Rautiefe Rz der Stahlrohrpfähle ist in[3] gemäß Sumikin Weld Pipe Co. Ltd. 1983 eine Größen-

ordnung von 5 bis 20 µm angegeben. In [14] wird projekt-spezifisch für Stahlrammpfähle eine gemittelte Rautiefevor dem Rammen zu Rz = 31 µm, nach dem Ausziehenunter Zugbelastung zu Rz = 13 µm gemessen. In [15] sindnach UESUGI (1987) die gemessenen Rautiefen an derAußen- bzw. Innenoberfläche eines gerammten Stahl-rohrpfahls wiedergegeben, etwa zwischen 7 µm und 25µm (Bild 5). Hier deuten die gemessenen, mit der Tiefeabnehmenden Rautiefen Rz auf eine Minderung der Rau-tiefe durch zunehmende mechanische Beanspruchung ander Stahlrohroberfläche beim Rammen hin. Zusammen-fassend kann die Größenordnung der gemittelten Rautie-fe Rz von Stahlrammpfählen i. d. R. zu 5 bis 30 µm abge-schätzt werden.

In Bild 6 sind zwei typische Körnungslinien und mikro-skopische Aufnahmen der untersuchten Fein- und Mittel-sande (d50 = 0,16 bzw. 0,25 mm; CU = 2,0 und Cc = 0,9bzw. 1,3) aus der Bohrung BER-80 des OWP Bernsteindargestellt.

Tab. 3 Ansätze für die plastische Dehnungsakkumulation von granularen Böden unter zyklischer Triaxialbedingung bei q=(σ1 – σ3)c /(σ1 – σ3)s,f < K*Formulations for the plastic strain accumulation of granular soils under cyclic triaxial condition at q = (σ1 – σ3)c /(σ1 – σ3)s,f < K*

Ansatz Typ 1 Typ 2 Typ 3

Plastische Axialdehnung εacp εa

cp = a · (1 + α · log N) log εacp = log a + α · log N

halb-logarithmisch doppelt-logarithmisch

εacp (N = 1) = a a = β · (σ3/Pa)χ · q2 a = β · (Pa/σ3)1/3 · qχ a = β · (σ3/Pa)χ · q2

Plast. Dehnungsverhältnis εrcp/εa

cp εrcp/εa

cp = f(N) = λ – ω · log N

erforderliche Parameter Grundparameter α, β, χ, λ–

*K = (σ1 – σ3)c,f/(σ1 – σ3)s,f ≤ 1;(σ1 – σ3)s,f: Bruchwert unter statischer Bedingung; (σ1 – σ3)c,f: Bruchwert unter zyklischer Bedingung;Pa: atmosphärischer Druck.

Inside

Outside

SPT blow count0 20 40 0 10 20 (µm)

0

5

10

15

Clay

Sand

Sand

Loam

Depth (m)

Steel pipe pileDiameter ≈ 500mmThickness ≈ 9mmPenetration ≈ 15m

Rmax(L=0.2mm)

Bild 5 Gemessene Rautiefen Rz an der Außen- bzw. Innenoberfläche einesStahlrohrpfahls nach Rammen, aus [15]Measured average surface roughness Rz on the outside and insidesurface of a steel pipe pile after driving, from [15]

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564 Bautechnik 90 (2013), Heft 9

Y. Hu, A. Hoch: Zum veränderlichen Tragverhalten von Stahlrammpfählen unter zyklisch-axialer Belastung

Die Sandproben werden durch Siebung in drei Fraktio-nen aufgeteilt: 0,063 – 0,125 mm; 0,125 – 0,25 mm; 0,25 –0,5 mm. Für jede Sandfraktion wird der Rundungsgrad Rder Körnung visuell im Auflichtmikroskop durch Ver-gleich mit der Referenztafel in Bild 7 bestimmt. In Bild 8ist exemplarisch die Häufigkeitsverteilung der Rundungs-grade R für die Sandprobe B, an insgesamt 154 Körnernermittelt, dargestellt. Der Rundungsgrad R liegt i. A. zwi-schen 0,2 und 0,6, überwiegend zwischen 0,4 und 0,6.Der mittlere Rundungsgrad der Körnung lässt sich zu

R ≈ 0,47 berechnen. Die meisten Körner weisen deshalbeine mittelmäßig gerundete bis gerundete Körnung auf.

Aufgrund der Sondierungsergebnisse (CPT) ist der Lage-rungszustand der Fein- und Mittelsande größtenteils mitmitteldicht bis sehr dicht zu bewerten. Der Reibungswin-

Bild 6 Korngrößenverteilungen und lichtmikroskopische Aufnahmen der Fein- und Mittelsande aus der Nordsee, BER-80 des Offshore-Windparks BernsteinGrain size distribution and microscopic pictures of fine and middle sand from the North Sea, BER-80 of offshore wind park Bernstein

Vergleichstafel Beschreibung Rundungsgrad

scharfkantig(angular)

0,20

kantig(subangular)

0,30

mittelmäßig gerundetangerundet(subrounded)

0,40

gerundet (rounded)

0,60

gut gerundet(well rounded)

0,85

Bild 7 Referenztafel zur visuellen Ermittlung der Rundungsgrade R, nach[6]Reference table for visual determination of roundness degree R,acc. to [6] 0

20

40

60

80

10

30

50

70

Häu

figke

it [

%]

0,2 0,3 0,4 0,6

Rundungsgrad R [-]

Mittelwert R = 0,47

Bild 8 Statistische Auswertung der Rundungsgrade R, Mittelsand B inBild 6Statistical analysis of roundness degree R, middle sand B in Fig. 6

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Bautechnik 90 (2013), Heft 9 565

Y. Hu, A. Hoch: Bearing capacity degradation of driven steel piles under cyclic-axial loading

AU

FSATZ ARTICLE

kel ϕ kann deshalb erfahrungsgemäß zu 37,5° bis 40° ab-geschätzt werden.

Davon ausgehend werden mithilfe der Gl. (3) die Abhän-gigkeiten des Reibungskoeffizienten µy der Stahl-Sand-Kontaktfläche von der gemittelten Rautiefe Rz für dieFein- bzw. Mittelsande in der Nordsee abgeleitet (Bild 9).Die gestrichelten waagerechten Linien stellen die Ober-grenze des Reibungskoeffizienten µy der Stahl-Sand-Kon-taktfläche dar und entsprechen dem Tangens der Rei-bungswinkel der Fein- bzw. Mittelsande.

Bei dem mittleren Korndurchmesser von d50 = 0,15 mm(Feinsand) und dem Rundungsgrad der Körnung von R =0,3 ergibt sich der Reibungskoeffizient µy der Kontaktflä-che ca. ab Rz ≈ 26 bis 30 µm in der Größenordnung vontanϕ (Bild 9a). Im Vergleich dazu wird diese Obergrenzebei einem Rundungsgrad der Körnung von R = 0,4 erstbei Rz ≈ 40 µm erreicht.

Beim Mittelsand mit d50 = 0,25 mm und R = 0,3 bis 0,4 er-gibt sich die Obergrenze des Reibungskoeffizienten derStahl-Sand-Kontaktfläche µy = tanϕ erst ab ca. Rz ≈ 45 µm(Bild 9b).

Ausgehend von der oben genannten Größenordnung vonRz = 5 bis 30 µm kann deshalb geschlussfolgert werden,dass unter Belastung das Tangentialgleiten an der Stahl-Sand-Kontaktfläche im sandigen Baugrund der Nordseei. d. R. eintreten und deshalb zur Minderung der Pfahl-tragfähigkeit beitragen wird.

4 Modellvorstellung zum veränderlichenPfahltragverhalten

4.1 Annahmen und Vereinfachung

Bei der Formulierung des nichtlinearen Stoffansatzeswird von folgenden Annahmen bzw. Vereinfachungenausgegangen:

– Der Ansatz gilt für Fein- bzw. Mittelsande.– Für die Beurteilung der Verzahnung der Stahl-Sand-

Kontaktfläche sind die Messwerte der Rautiefe Rz

nach Stahlrohreinbringung in den Boden bzw. nachdem Abtragen von Rostschichten maßgeblich.

– Für die Fein- bzw. Mittelsande mit ausreichender Was-serdurchlässigkeit kann Akkumulation von Porenwas-serüberdruck vernachlässigt werden.

– Eine mögliche Veränderung des elastischen E-Modulsim Laufe der zyklischen Belastung wird vernachläs-sigt.

– Für raue Stahl-Sand-Kontaktflächen (Gruppe I) wirddas Gleiten an der Kontaktfläche vernachlässigt, fürglatte Stahl-Sand-Kontaktflächen (Gruppe II) mit be-rücksichtigt.

– Die plastische Schubverzerrung und die Volumen-kompression im Boden werden mithilfe der zykli-schen Triaxialversuche ermittelt und rechnerisch mitden Ansätzen in Tab. 3 erfasst, soweit die zyklischeBruchgrenze nicht überschritten ist.

– Es wird angenommen, dass die Bruchgrenze des Bo-dens unter statischer Bedingung auch für statisch-zy-

a) d50 = 0,15 mm b) d50 = 0,25 mm

0 20 40 60 8010 30 50 700

0.2

0.4

0.6

0.8

1

0.1

0.3

0.5

0.7

0.9

0 10 20 30 40 505 15 25 35 450

0.2

0.4

0.6

0.8

1

0.1

0.3

0.5

0.7

0.9

Gemittelte Rautiefe Rz [µm]

Rei

bung

skoe

ffizi

ent µ

y

der

Sta

hl-S

and-

Kon

takt

fläch

e [-

]Bandbreite tanϕ für die Fein- bzw. Mittelsande

in der Nordsee, mitteldicht bis sehr dicht

R = 0,4

R = 0,3

Gemittelte Rautiefe Rz [µm]

R = 0,4

R = 0,3

relevanter BereichRz = 5 bis 30 µm

relevanter BereichRz = 5 bis 30 µm

= Obergrenze des Reibungskoeffizienten µy

Bild 9 Reibungskoeffizient µy der Stahl-Sand-Kontaktfläche in Abhängigkeit von der gemittelten Rautiefe Rz für die Fein- bzw. Mittelsande in der Nordsee,nach Gl. (3)Friction coefficient µy of steel-sand-interface depending on average surface roughness Rz for the fine and middle sands in the North Sea, acc. to equation (3)

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566 Bautechnik 90 (2013), Heft 9

Y. Hu, A. Hoch: Zum veränderlichen Tragverhalten von Stahlrammpfählen unter zyklisch-axialer Belastung

klische Belastungsbedingung angewendet werdenkann.

4.2 Formulierung des nichtlinearen Stoffansatzes

Gruppe I: raue Kontaktfläche bei Rn ≥ Rn,cri

In Bild 10 ist der nichtlineare viskose Stoffansatz in eindi-mensionaler Form veranschaulicht. Der Stoffansatz ent-hält symbolisch vier Elemente: Feder Ec, nichtlinear vis-koser Dämpfer η1, linear viskoser Dämpfer η2 und Gleit-element σk.

Mit dem Federelement werden die quasi-elastischen Ver-formungen (reversibel) beschrieben. Wie in Abschn. 4.1angenommen, lässt sich der E-Modul des Bodens unab-hängig von der Lastzyklenzahl N bzw. der Amplitude derzyklischen Belastung vereinfacht ermitteln mit

(9)

wobei Kc und n Parameter sind, deren Größen durch zy-klische Triaxialversuche ermittelt werden. Pa ist atom-sphärischer Druck.

Die linear bzw. nichtlinear viskosen Elemente erfassen je-weils die plastischen Verformungen beim Erreichen bzw.unterhalb der Bruchbedingung. Wird bei einer Lastzy-klenzahl N die Bruchbedingung mit resultierenden Span-nungen (σij,s + σij,c) verletzt (σ ≥ σk in Bild 10), nimmt die

E K PaPac c

n3σ

= ⋅ ⋅

plastische Verformung linear mit der Pseudozeit t- zu.Dabei wird der linear viskose Dämpfer η2 aktiviert unddie visko-plastische Fließregel zur Erfassung der plasti-schen Verformung verwendet:

(10)

wobei:Fs: Fließbedingung Fs = (σ1 – σ3)/2 – (σ1 + σ3)/2 · sinϕ,

Reibungswinkel ϕ des sandigen Bodens beim Scher-bruch;

Qs: plastische Potenzialfunktion Qs = (σ1 – σ3)/2 – (σ1 +σ3)/2·sinψ, Dilatanzwinkel ψ des sandigen Bodens;

η2: Viskosität.

Die numerische Simulation zur Erfassung der Verfor-mung bzw. Spannung im Pfahl-Boden-System wird in Ab-hängigkeit von der Lastzyklenzahl N fortgesetzt, indemdas nichtlineare viskose Element η1 aktiviert und der zy-klische Anteil der Spannung σij,c gesondert betrachtetwird. Die Zuwächse der plastischen Dehnungen bei ∆Nbzw. ∆t = ∆N/f werden rechnerisch mit Gln. (4) bzw. (5)und (8) ermittelt, dann ins globale Koordinatensystemtransformiert und numerisch mit „initial strain method“iterativ herangezogen.

Gruppe II: glatte Kontaktfläche bei Rn < Rn,cri

In diesem Fall wird das Gleiten an der Stahl-Sand-Kon-taktfläche mit herangezogen. Dazu kann der Bruchwertdes Reibungskoeffizienten µy = tanϕSKF (SKF: Abkürzung

FQvp

SS1

2

εη σ{ } = ⋅ ⋅

∂∂

Gesamtdehnung

Plastische Dehnungσc

N, t

εa

σσ < σσk

σσ ≥≥ σσk

σs

σc

ZyklischerTriaxialversuch

εa

σc

Ec

η1 ≠ Konstante

η2 = Konstante

η1 >> η2

σkpaε

cpaε

eaε

Bild 10 Nichtlinearer Stoffansatz zur Erfassung des mechanischen Verhaltens eines Bodenelementes unter zyklischer Belastungsbedingung, 1D-schematischeDarstellungNonlinear constitutive equation for the description of mechanical behaviour of a soil element under cyclic loading condition, one-dimensional schematic illustration

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Bautechnik 90 (2013), Heft 9 567

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wobei

ε· vpn,SKF: Dehnungsrate normal zur Kontaktfläche;

γ· vpSKF: Schubverzerrungsrate parallel zur Kontaktfläche;

FSKF: Bruchbedingung der KontaktflächeFSKF = τSKF – σn,SKF ·µ;

QSKF: plastische Potentialfunktion der KontaktflächeQSKF = τSKF – σn,SKF· tanψSKF, DilatanzwinkelψSKF der Kontaktfläche;

ηSKF: Viskosität, hier numerisches Hilfsmittel undkeine physikalische Bedeutung.

Die in diesem Abschnitt beschriebene Formulierungwurde numerisch mit der FEM realisiert (Programmsys-tem NLC-WEA).

5 Beurteilungs- und Eingangsparameter

Die erforderlichen Eingangsparameter für die Prognosedes veränderlichen Pfahltragverhaltens bei zyklisch-axia-ler Belastung mit dem Programmsystem NLC-WEA sindin Tab. 4 zusammengestellt.

Für die Beurteilung der Verzahnung einer Stahl-Sand-Kontaktfläche sind drei Parameter erforderlich: Rz,d50 und R. Die Ermittlung der gemittelten Rautiefe Rz

kann mit dem Tastschnittgerät nach DIN EN ISO 8503-4erfolgen. Der Rundungsgrad R der Sandkörnung lässtsich, wie in Abschn. 3 beschrieben, visuell mit Mikroskopbestimmen. Damit kann der maximal mobilisierbare Reibungskoeffizient µy = tanϕSKF mittels Gl. (3) ermitteltwerden.

Der Reibungswinkel ϕ bzw. der Residualwert ϕr beimScherbruch von sandigen Böden können durch Rahmen-scherversuche gemäß [16] ermittelt werden. Die Ein-gangsparameter Ec, α, β, χ und λ– lassen sich durch zykli-sche Triaxialversuche und mithilfe von Kurvenanpassungableiten. Dafür ist die Messung der seitlichen plastischenVerformung εr

cp vorzusehen, um die Ober- und Unterwer-te für den Parameter λ– unter spezifischen Randbedingun-gen zu ermitteln.

Der Dilatanzwinkel ψ von sandigen Böden kann mitden Ergebnissen in der Literatur zutreffend abgeschätztwerden. Zahlreiche Untersuchungen in z. B. [17 und18] bestätigen für sandige Böden, dass der Reibungswin-kel ϕk im kritischen Zustand und der Dilatanzwinkel ψzusammen zum Reibungswinkel ϕ beim Scherbruch bei-tragen:

ϕ ≈ ϕk + 0,8·ψ (13)

Pragmatisch kann hier davon ausgegangen werden, dassder aus Rahmenscherversuch ermittelte Residualwert desReibungswinkels ϕr näherungsweise als ϕk angesetzt wer-den kann. Damit lässt sich der Dilatanzwinkel ψ von san-digen Böden mit Gl. (13) ermitteln.

für „Stahl-Sand-Kontaktfläche“) beispielsweise mit Gl. (3)bestimmt werden.

Beim Erreichen bzw. bei Verletzung der Bruchbedingungτ/σn = µy = tanϕSKF wird die unstetige Gleitverschiebungan der Kontaktfläche durch Verschmierung in denGAUSS-Punkten der ersten FE-Elementreihe des sandigenBodens im Pfahlnahbereich näherungsweise nachgebildet(Bild 11).

Da der Reibungskoeffizient µ innerhalb von wenigenLastzyklen gegen die Restscherfestigkeit tanϕr des Sand-bodens konvergiert, siehe Abschn. 2.2, kann für den Falltanϕr < µy < tanϕ die Minderung des Reibungskoeffizien-ten ggf. vereinfacht erfasst werden, indem der Reibungs-koeffizient von Anfang an zum Residualwert µ = tanϕr

des sandigen Bodens angenommen wird.

Für den Fall µy < tanϕr lässt sich der Reibungskoeffizientwie folgt ansetzen:

µ = µy = tanϕSKF (11)

wobei µy gemäß Gl. (3) ermittelt wird.

Beim Erreichen des Bruchwertes µ wird das Gleiten nä-herungsweise mit dem visko-plastischen Algorithmus er-fasst. Hierbei wird die Fließregel für die resultierendeplastische Schubverzerrung γSKF parallel zur Kontaktflä-che und die Dehnung εn,SKF normal zur Kontaktfläche anden GAUSS-Punkten wie folgt formuliert:

(12)F

Q

Qn,SKFvp

SKFvp

SKFSKF

SKF

n,SKF

SKF

SKF

1

ε

γ ησ

τ

= ⋅ ⋅

∂∂∂∂

γcp

Ausgangszustand des Bodens

Verzerrungszustand

δT,s

Stahl-Sand-Kontaktfläche

t

cpγStahlwand

fiktive Trennflächen parallel zur Kontaktfläche durch Gauß-Punkte als Ersatz

δT,G: Tangentialgleiten an der Kontaktfläche δT,s: Tangentialverschiebung infolge plastischer Schubverzerrung γcp

⊗: Gauß-Punkt im Element

δT,G

δT,G/t

δT,G

Verschmierter Zustandincl. Tangentialgleiten an der Kontaktfläche

Bild 11 Verschmierte Nachbildung des Tangentialgleitens an der Kontaktflä-che, Gruppe II (Rn < Rn,cri)Computational consideration of tangential slip on steel-sand-inter-face by homogenizing, group II (Rn < Rn,cri)

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568 Bautechnik 90 (2013), Heft 9

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Bei einer weitergehenden Untersuchung in [17] wird fürQuarz- bzw. Feldspatsande die Kennzahl der bezogenenDilatanz IR eingeführt:

IR ≈ ID·(10 – lnp’) – 1 (14)

wobei:ID: bezogene Lagerungsdichte;p’: mittlerer effektiver Seitendruck.

Eine gute Korrelation wird zwischen dem Dilatanzwinkelψ beim Scherbruch und der Kennzahl IR im Bereich 0 <IR < 4 ermittelt:

ϕ – ϕk ≈ 0,8·ψ ≈ 5·IR [°] (15)

Für eine ingenieurmäßige Lösung kann die empirischeBeziehung Gl. (13) zur Bestimmung des Dilatanzwinkelsψ für sandige Böden verwendet werden. Eine verfeinerteErmittlung ist anhand der Gl. (15) möglich.

Bei glatten Stahl-Sand-Kontaktflächen (µy = tanϕSKF <tanϕ) ist zusätzlich der Dilatanzwinkel ψSKF als Eingangs-wert erforderlich, siehe Gl. (12). Für den Fall tanϕr < µy <tanϕ kann er mit dem Reibungskoeffizienten µy und des-sen Residualwert µr (≈ tanϕr) wie folgt ermittelt werden:

arctan(µy) ≈ ϕr + 0,8·ψSKF (16)

6 Verifizierung des Berechnungsansatzes

Nachfolgend wird der nichtlineare Berechnungsansatzauf die kleinmaßstäblichen Modellversuche in [19 und20] angewandt.

Nach [20] wird in der Mittelachse der Spannungszelle einPfahlelement aus Stahlrohr (di = 5 cm, L = 80 cm) voneinem Sandboden umgeben. Der zylindrische Sandboden(da = 50 cm) wird mit einer Gummimembran in radialerRichtung umschlossen. Mit einer Luftdruckanlage wirdder Seitendruck σ3 über das Zellwasser zwischen Mem-bran und Zylinderwandung der Spannungszelle erzeugt.Beim Versuch wird das Pfahlelement am Pfahlkopf inaxialer Richtung über eine hydraulische Presse statischbzw. zyklisch belastet. Die Mobilisierung des Spitzenwi-derstandes wird mit einem planmäßigen Hohlraum amPfahlfuß ausgeschlossen.

Für die numerische Simulation der Modellversuche wer-den nach [20 und 21] folgende Eingangsparameter fürden Sandboden (SE nach DIN 18196) bei einer Lage-rungsdichte von D = 0,60 ermittelt:

Ec = 30 MPa (σ3 = 50 kPa);Ec = 180 MPa (σ3 = 100 kPa);ϕ = 34,5°; ψ = 6,0°;ϕSKF ≈ ϕr = 30,5°; ψSKF = 2,5°;α = 0,25; β = 1,0;χ = 2,0; λ– = 0,2.

Die Eingangsparameter α, β, χ und λ– werden nach eige-nen Erfahrungen abgeschätzt, da keine Ergebnisse ausbodenspezifischen zyklischen Triaxialversuchen vorlie-gen.

Die Nachrechnung erfolgt für drei Modellversuche in[20]: PET14, PET15 und PET19. Die Belastungsbedingun-gen sind in Tab. 5 wiedergegeben. In den Bildern 12 und13 sind exemplarisch für PET15 und PET19 die rechneri-schen Verläufe der Pfahlsetzung bzw. -hebung in Ab -

Tab. 4 Eingangsparameter für das Programmsystem NLC-WEAInput parameters for the program system NLC-WEA

Parameter Stellen Versuchsarten Standard Bemerkung

Primär- bzw. Grundparameter

ϕ, ϕr Bruch- und Residualwert Rahmenscherversuche DIN 18137-3 –des Reibungswinkels

ϕSKF Reibungswinkel der ϕSKF = arctan(µy) < ϕ nicht genormt ggf.SKF (Bruchwert) µy nach Gl. (3) ϕSKF ≈ ϕr

Ec Gl. (9) Mittelwert

αZyklische β

Tab. 3 Triaxialversuchenicht genormt –

χ

λ– Ober- und Unterwerte

Sekundärparameter

υc PossionzahlAbschätzung/

ψ Dilatanzwinkelempirische Beziehungen

nicht genormt Gl. (13) bzw. (15)

ψSKF Dilatanzwinkel SKF Gl. (16)

SKF: Abkürzung für „Stahl-Sand-Kontaktfläche“

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Bautechnik 90 (2013), Heft 9 569

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hängigkeit von der Lastzyklenzahl N den Versuchser -gebnissen in [20] gegenübergestellt. Beim Ansatz der obengenannten Eingangsparameter korrespondieren die Be-rechnungsergebnisse gut mit den Versuchsergebnissen.

In Bild 14 ist für den Modellversuch PET14 die rechneri-sche Verteilung der radialen Spannung σr in radialerRichtung auf der Mittelebene des Pfahlelement-Boden-Systems dargestellt. Die radiale Spannung am Stahlrohr,beginnend unmittelbar an der Kontaktfläche r = 2,5 cmbis auf r ≈ 4 cm, nimmt mit steigender Lastzyklenzahl Nzu. Bezogen auf den Ausgangswert 50 kN/m2 nimmt dieradiale Spannung bis Lastzyklenzahl N = 104 rechnerischum (∆σr )max ≈ 13 kN/m2 zu. Im Modellversuch PET14wurde nach [20] ein Zuwachs der radialen Spannung vonca. 15 kN/m2 in 5 cm Entfernung vom Pfahlmantel ge-messen.

Tab. 5 Randbedingungen der zyklischen Modellversuche in [20]Loading conditions of the cyclic model tests in [20]

Versuch PET14 PET15 PET19

Belastungs- Druck- Druck- Zug-art schwelllast schwelllast schwelllast

Fmitt [kN] 3,4 8,0 –2,7

F’zyk [kN] 1,6 7,0 –1,4

η* [–] 0,64 0,93 0,68

f [Hz] 1,0 1,0 0,2

σ3 [kN/m2] 50 100 50

D [–] 0,60

Sr [%] 0,0

*η = 2 · F′zyk/(Fmitt+F′zyk)

Bild 12 Pfahlsetzung s in Abhängigkeit von der Lastzyklenzahl N, Vergleich zwischen Modellversuch PET15 in [20] und NLC-WEAPile settlement s depending on number of load cycles N, Comparison between model test PET15 in [20] and NLC-WEA

Bild 13 Pfahlhebung s in Abhängigkeit von der Lastzyklenzahl N, Vergleich zwischen Modellversuch PET19 in [20] und NLC-WEAPile heave s depending on number of load cycles N, Comparison between model test PET19 in [20] and NLC-WEA

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570 Bautechnik 90 (2013), Heft 9

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Im Gegensatz dazu ergibt sich ab r = 4 cm erwartungsge-mäß eine Verringerung der radialen Spannung im Laufeder zyklischen Belastung. Diese Verringerung resultiert,wie auch in der Literatur [9, 11 und 12] berichtet, aus derinfolge zyklischer Belastung im Sandboden verursachtenVolumenkompression. Messergebnisse für die radialeSpannung in Entfernung von > 5 cm liegen in [20] nichtvor.

7 Zusammenfassung

In diesem Aufsatz wird der wissenschaftliche Kenntnis-stand zum veränderlichen mechanischen Verhalten ander Stahl-Sand-Kontaktfläche und zum Spannungs- Dehnungsverhalten von sandigen Böden unter zyklischerBelastung zusammenfassend beschrieben. Darauf aufbau-end wird ein nichtlinearer Berechnungsansatz zur Erfas-sung der veränderlichen Tragfähigkeit von Stahlramm -pfählen unter zyklisch-axialer Belastungsbedingung imsandigen Baugrund formuliert und numerisch mit derFEM realisiert.

Dieser Berechnungsansatz enthält drei maßgebliche Ein-flussfaktoren: Tangentialgleiten, Akkumulation der plasti-schen Schubverzerrung und Volumenkompression. Vonbesonderer Bedeutung ist bei dem vorgestellten Ansatz,dass die erforderlichen Eingangsparameter in ihrer An-zahl überschaubar bzw. begrenzt sind. Zusätzlich zu kon-ventionellen bodenmechanischen Versuchen sind hierfürnur zyklische Triaxialversuche an Sandproben unterboden- bzw. projektspezifischen Randbedingungen not-wendig.

Als erste Verifikation wurde dieser Berechnungsansatzmithilfe kleinmaßstäblicher Modellversuche aus der Lite-ratur bestätigt. Die Anwendbarkeit dieses Berechnungs-ansatzes für Stahlrammpfähle im sandigen Baugrund solldurch Kalibrierung von Großversuchen im Feld bzw. inder Praxis weiter überprüft werden.

Dank

Für die Lieferung der typischen Sandproben aus derNordsee bedanken wir uns herzlich bei der Firma BARDEngineering GmbH (Niederlassung Bremen) und beimIngenieurbüro ACP Hannover.

5 10 15 20 252.5 7.5 12.5 17.5 22.5

48

52

56

60

64

46

50

54

58

62 N = 0 (e-p)N = 1N = 100N = 10000

Abstand zur Pfahlachse r [cm]

Rad

ials

pann

ung

σ r [k

N/m

²]

r ≈ 4 cm

σ3 = 50 kN/m²

Druckschwellbelastung

Bild 14 Verteilung und Veränderung der radialen Spannung σr im Boden,Berechnungsergebnisse mit NLC-WEA für den ModellversuchPET14 nach [20]Distribution and development of radial stress σr in neighbouring soil,Calculation results with NLC-WEA for the model test PET14 acc. to[20]

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[12] POULOS, H. G.: Closure “Cyclic axial loading analysis ofpiles in sand”. In: Journal of Geotechnical Engineering,ASCE, Vol. 117 (1991), No. 9, pp. 1438–1440.

[13] F+E-Bericht: Zum veränderlichen Pfahltragverhalten unterzyklisch-axialer Belastung für die Gründung von Offshore-Windenergieanlagen. TÜV Rheinland LGA Bautechnik,2013 (in Vorbereitung).

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[19] KEMPFERT, H.-G.; THOMAS, S.: Pfahltragverhalten infolgezyklisch axialer Belastung – Versuchsergebnisse und Mo-dellbildung. In: DGGT (Hrsg.): Vorträge zur Baugrundta-gung 2010 in München, S. 255–261.

[20] THOMAS, S.: Zum Pfahltragverhalten unter zyklisch axialerBelastung. In: Heft 25 der Schriftreihe Geotechnik, Univer-sität Kassel, 2011.

[21] HEITZ, C.: Bodengewölbe unter ruhender und nichtruhen-der Belastung bei Berücksichtigung von Bewehrungseinla-gen aus Geogittern. In: Heft 19 der Schriftreihe Geotechnik,Universität Kassel, 2006.

[22] SANTAMARINA, J. C.; CHO, G. C.: Soil behaviour – The roleof particle shape. In: Proc. of Skempton Conf., London,March 2004, pp. 1–14.

AutorenDr.-Ing. habil. Yifeng HuTÜV Rheinland LGA Bautechnik GmbHTillystr. 290431 Nü[email protected]

Prof. Dr.-Ing. Albert HochTÜV Rheinland LGA Bautechnik GmbHTillystr. 290431 Nü[email protected]