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Astrophysik II Prof. Dr. J¨ urgen Blum Institut f¨ ur Geophysik und Meteorologie Technische Universit¨ at Braunschweig Mendelssohnstraße 3 38106 Braunschweig 1. Juli 2004

Astrophysik II - igep.tu-bs.de · Methode der expandierenden H¨ullen (Baade-Wesselink-Methode) kann zur Ent-fernungsbestimmung genutzt werden. 5.7 Das Universum Edwin Hubble 1929:

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Astrophysik II

Prof. Dr. Jurgen BlumInstitut fur Geophysik und Meteorologie

Technische Universitat BraunschweigMendelssohnstraße 338106 Braunschweig

1. Juli 2004

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Inhaltsverzeichnis

5 Entfernungsbestimmungen im Kosmos 15.1 Das Sonnensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2 Die nachsten Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3 Weiter entfernte Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55.4 Die Galaxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.5 Die lokale Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75.6 Entferntere Galaxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85.7 Das Universum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125.8 Zusatzliche Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

6 Die Milchstraße 156.1 Uberblick uber das “moderne“ Milchstraßensystem . . . . . . . . . . . 156.2 Methodenubersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246.3 Galaktische Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286.4 Aufbau und Kinematik des Sternsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

6.4.1 Scheinbare Verteilung der Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . 296.4.2 Scheinbare Verteilung einzelner Sterntypen . . . . . . . . . . . . 306.4.3 Grundlagen der Stellarstatistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316.4.4 Die Umgebung der Sonne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396.4.5 Großraumige Kinematik der Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . 516.4.6 Sternhaufen, Assoziationen, Populationen . . . . . . . . . . . . . 546.4.7 Das interstellare Medium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 596.4.8 Verteilung und Bewegung der interstellaren Materie . . . . . . . 716.4.9 Das Galaktische Zentrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

7 Extragalaktische Sternsysteme 797.1 Kataloge von Galaxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 797.2 Klassifizierung von Galaxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

7.2.1 Elliptische Galaxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

8 Die Großraumige Struktur des Universums 878.1 Rotverschiebung und Hubble-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 878.2 Das Alter des Universums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

8.2.1 Das Alter von Kugelsternhaufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 898.2.2 Alter der Galaxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 898.2.3 Weltalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

8.3 Die mittlere Dichte des Universums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 898.4 Die kosmische Hintergrundstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

I

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8.4.1 Spektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 908.4.2 Anisotropien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

8.5 Die großraumige Struktur des Universums . . . . . . . . . . . . . . . . 938.5.1 3D-Kataloge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 938.5.2 Dunkle Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 948.5.3 Weltmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

II

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Literatur zur Astrophysik II

1. H. Scheffler, H. Elsasser: Bau und Physik der Galaxis, BI Wisssenschaftsverlag

2. G. Gilmore, I. R. King, P. C. van der Kruit: The Milky Way as a galaxy, UniversityScience Books, Mill Valley, Ca

III

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Kapitel 5

Entfernungsbestimmungen imKosmos

5.1 Das Sonnensystem

Radarmethode: Reflexion an Planetenoberflachen und Zeitmessung. Venus (1961), Mer-kur (1962), Mars (1965).

d = c · ∆t (5.1.1)

→ Bestimmung der Erdbahnhalbachse: 1 AE = 1,49597870 · 1011 m

Radarmethode funktioniert bis Jupiter; außerhalb werden Radarechos zu schwach zumEmpfang.

Entfernungen der außeren Planeten werden mit Hilfe von Raumsonden bestimmt.

5.2 Die nachsten Sterne

Parallaxenmethode (trigonometrische Parallaxe):

p′′ = 206.265 Rd

(1 rad = 206.265′′)1 pc = Entfernung eines Sterns mit einer Parallaxe von 1′′ = 3,26 LJ = 206.265 AE

Entfernungsmodul eines Sterns

m − M = 5 · log10

(d

10pc

)(5.2.1)

m: scheinbare HelligkeitM : absolute Helligkeit (= m (10pc))

→ d(pc) = 10(m−M +5)/5 (5.2.2)

Beste Parallaxenbestimmung durch die Hipparcos-Mission der ESA; Genauigkeit derParallaxenbestimmung < 0.001′′

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Abbildung 5.2.1: Sternparallaxe. Ein naher Stern beschreibt jahrlich am Himmel relativzu den viel weiter entfernten Hintergrundsternen am Pol der Ekliptikeinen Kreis vom Radius p, in der Ekliptik eine Gerade± p, dazwischeneine Ellipse.

Hipparcos = high precision parallax collecting satellite 1989 - 1993

Abbildung 5.2.2: Hipparcos bei der Messung.

Genauigkeiten der Parallaxenbestimmung:

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Abbildung 5.2.3: Beispiele von Parallaxenmessungen des Satelliten Hipparcos.

• 442 Sterne mit Entfernungsgenauigkeit < 1%

• 7.338 Sterne mit Entfernungsgenauigkeit < 5%

• 22.396 Sterne mit Entfernungsgenauigkeit < 10% (bis ca. 90 pc (300 LJ))

Abbildung 5.2.4: Das Hertzsprung-Russell-Diagramm fur alle Hipparcos-Sterne mitParallaxenfehlern < 10 %.

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Abbildung 5.2.5: Die 35 nachsten Sterne.

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5.3 Weiter entfernte Sterne

Keine direkte Bestimmung der Entfernungen uber die trigonometrischen Parallaxenmehr moglich.

• Sekularparallaxe:Bewegung der Sonne relativ zu dem lokalen Ruhestandard (local standard ofrest, LSR), der das Galaktische Zentrum in 230 Millionen Jahren umkreist. DieBewegung der Sonne relativ zum LSR betragt 13, 4 ± 0, 7 km/s in Richtung Her.Durch diese Bewegung vergroßert sich die Basislange der Parallaxenbeobachtungmit der Zeit → zeitlich konstante Eigenbewegungen der Sterne.

• Sternstromparallaxe fur offene Sternhaufen:Eigenbewegungen aller Sterne eines offenen Sternhaufens konvergieren auf einenPunkt zu (Apex) → perspektivistische Verzerrung paralleler Bewegungen.

Abbildung 5.3.1: Die Eigenbewegung der Hyaden. Wenn alle Sterne die gleiche Bewe-gungsrichtung haben, scheinen ihre tangentialen Geschwindigkeits-komponenten auf den Konvergenzpunkt K gerichtet zu sein.

Mit den gemessenen Eigenbewegungen der Sterne im Haufen µ(′′/J)

→ d =vr tan θ

4, 74 µ(5.3.1)

Wichtigster offener Sternhaufen: Hyaden

→ Sternstromparallaxe: d = 45,75 ± 1,25 pc

→ Hipparcos (218 Sterne) : d = 46.34 ± 0, 27pc

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• Spektroskopische Parallaxe - Hauptreihenanpassung:Fur offene Sternhaufen kann das Hertzsprung-Russell-Diagramm bestimmt wer-den (hier: scheinbare Helligkeit vs. Spektraltyp). Kalibrierung der Hauptreihegegen die Hyaden liefert den Entfernungsmodul des gesuchten offenen Sternhau-fens.

5.4 Die Galaxis

• Cepheiden:Variabel durch radiale Pulsation; Perioden-Leuchtkraft-Beziehung; P = 1 - 50Tage; MV = -2,6 ... -5,3; Scheibenpopulation → kommt spater bei extraga-laktischen Systemen

• Kugelsternhaufen:Cepheiden und (haufiger) RR-Lyr-Variable → konstante absolute Helligkeit

• Galaktisches Zentrum:Problem: visuelle Extinktion (Sonne hatte + 49m)→ IR + Radio: → Maser (® 108km) → VLBI + Eigenbewegung

RR Lyr-Sterne:

– statistische Parallaxe MV (RR) = (0, 7 ± 0, 1) mag

– Metallizitatsabhangigkeit MV (RR) =(0, 94 + 0, 3

[FeH

])mag

[Fe

H

]≡ log10

(NFe

NH

)− log10

(NFe

NH

)

¯(5.4.1)

– P < 1 Tag (Halopopulation)

→ Die beste Abschatzung der Entfernung zum galaktischen Zentrum betragt

R¯ = (8, 5 ± 0, 5) kpc, (5.4.2)

durch

– Eigenbewegungen

– differenzielle Rotation der Galaxis

– Entfernungen zu Kugelsternhaufen

bestimmt.

Die galaktische Scheibe hat rund 30 kpc Durchmesser und ist ca. 700 pc dick.Der zentrale Kern ist ca. 5 kpc dick.

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Abbildung 5.4.1: Schematischer Schnitt durch das Milchstraßensystem senkrecht zurgalaktischen Ebene. Gezeichnet sind die Linien gleicher Sterndichte.

5.5 Die lokale Gruppe

• Kalibrierung der Perioden-Leuchtkraft-Beziehung von Cepheiden. (Cepheiden sindStandardkerzen).

< MV > = a + b log10 P (Tage) (5.5.1)

b: Suche nach Cepheiden verschiedener Periode bei gleicher Distanz.

→ große Magellansche Wolke; 88 Cepheiden: b = -2,81 ± 0,06 mag

a: absolute Eichung, d. h. unabhangige Entfernungsbestimmungen zu einer Grup-pe von Cepheiden

→ Hipparcos - statistische Auswertung:223 Cepheiden zwischen p = (7, 56 ± 0, 48 · 10−3)′′ (Polarstern) undp = (0, 27 ± 0, 92 · 10−3)′′ (U Sgr): a = -1,43 ± 0,10 mag

→ <MV

mag> = (− 1, 43 ± 0, 10) − (2, 81 ± 0, 06) log10 P (Tage) (5.5.2)

• RR Lyr

• Die Spitze des Roten-Riesen-Asts (TRGB)

• “Red Clump Stars“

→ lokale Gruppe: ca. 30 Galaxien; die drei großten M31, M33, Galaxis

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5.6 Entferntere Galaxien

Cepheiden konnen bis zu 25 Mpc nachgewiesen werden → Virgo-Haufen (ist außerhalbder Reichweite fur RR Lyr und TRGB)

• Die Tully-Fisher-Methode:Empirische Relation (1977) zwischen der Helligkeit von Spiralgalaxien und derenRotationsgeschwindigkeiten (gemessen uber die 21 cm-Linienbreite von H I)

M =v2

max R

GKeplergesetz (5.6.1)

Annahmen

(fur Galaxien, nicht fur Sterne!)︷ ︸︸ ︷M

L= const

L

R2= const

⟩ M2

L2= const → M2

LR2= const =

v4max

LG2

→ L ∝ v4max

(5.6.2)

L ∝ v4max Tully-Fisher-Beziehung (5.6.3)

Kalibration an Galaxienhaufen (∧= alle Galaxien haben denselben Abstand), bei

denen die Abstande mit anderen Methoden geeicht wurden.

Genauigkeit: 20-25% fur Einzelgalaxien; 10% fur Galaxienhaufen

Reichweite :∼ 100Mpc (aber nur fur Pop I ↔ Spiralgalaxien)I. a. wird fur die Leuchtkraft nicht die visuelle, sondern die IR-Leuchtkraft be-nutzt (weniger Extinktion!).

• Die Faber-Jackson-Beziehung:Elliptische Galaxien besitzen kein H I (λ = 21cm) und (moglicherweise) auchkeine Rotation.

→ Zufallsbewegungen der Sterne im Zentralbereich→ Geschwindigkeitsdispersion σ

Virialtheorem σ2 =GM

5 R

Annahmen (s. T.-F.)

M

L= const

L

R2= const

⟩ M2

LR2= const =

25 σ4

G2 L

→ L ∝ σ4

(5.6.4)

L ∝ σ4 Faber-Jackson-Beziehung (5.6.5)

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Messung von σ durch Dopplerverbreitung von Spektrallinien (typ. 100-125 km/s).

Kalibration an elliptischen Galaxien in Galaxienhaufen (gleiche Abstande). Ge-

nauigkeit>∼ 30%, deshalb sehr unsicher.

• Gravitationslinsen

Abbildung 5.6.1: Funktionsprinzip einer Gravitationslinse. Das Licht eines fernen Qua-sars wird durch das Gravitationsfeld der Gravitationslinse abgelenkt,sodass mehrere Bilder des Quasars sichtbar werden (unten). Die bei-den oben gezeigten Lichtwege besitzen einen Laufzeitunterschied,derzur Messung der Entfernung genutzt werden kann.

∆t ∝(

dL · dS

dS − dL

)(5.6.6)

Messung des Zeitunterschieds ∆t von Helligkeitsschwankungen bei Quasaren (Lauf-zeitunterschiede bei Mehrfachbildern) und Annahme uber die Massenverteilung

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in der als Linse fungierenden Galaxie ergibt den Abstand dL zur Linse. Der Ab-stand zum Quasar dS muss entweder durch andere Methoden abgeschatzt werden(z. B. Rotverschiebung, s. u.) oder es ist dS À dL, sodass gilt ∆t ∝ dL.

• Supernavae

Standardkerze (“Standardbombe“) zur Distanzbestimmung einer bestimmten Ga-laxie.

SN Typ I SN Typ IIheller dunkler

Helligkeitsabfall regular Helligkeitsabfall nicht regularkeine Wasserstofflinien Wasserstofflinien

uberall nur in Spiralarmen/Spiralgalaxien⇓ ⇓

Pop II; Binarsystem; Pop I; große Sternmasseniedrige Sternmasse

SN Typ I

– Explosion eines Kohlenstoff-Sauerstoff Weißen Zwergs

– Akkretion von Materie des Begleiters

– Fusionsreaktionen in der akkretierten Huller (kompakter Stern!) produzierenKohlenstoff

– Der Weiße Zwerg besteht nun vollstandig aus C und uberschreitet die Chand-rasekhar-Grenze (1,4 M¯); oberhalb davon existiert kein stabiler Zustandeines Weißen Zwergs → spontaner Kollaps und Kernfusionsprozess, der voninnen nach außen lauft

– SN-Explosion hinterlasst kein Uberbleibsel! (anders bei Typ II SN)

Lichtkurve:

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Abbildung 5.6.2: Typische Lichtkurve einer Typ I-Supernova. Der anfangliche Hellig-keitsanstieg dauert etwa 20 Tage. Wenige Tage nach dem Maximumist der Helligkeitsabfall steil und wird nach 44 Tagen linear (0,017mag/Tag). In diesem Stadium wird die Lichtkurve durch den radio-aktiven Zerfall von 56Ni dominiert.

Beobachtung:Alle SN Typ I haben dieselbe absolute Helligkeit von M = −19, 47 ± 0, 07 mag;Eichung mit HST an Galaxien mit Cepheiden im Virgo-HaufenProbleme:- SN I sind selten- Die Aufenthaltsdauer bei der Maximalhelligkeit ist kurzReichweite:mehrere 109 pc (Rotverschiebung z = 1, 2)

SN Typ IIM > 8 M¯; nach dem Schalenbrennen bleibt Zwiebelschalenstruktur mit Fe-Kern und H-Hulle; Eisenkern kollabiert, weil er dem Druck von außen nichts mehrentgegenzusetzen hat; Photodesintegration im Kern (56Fe + γ (aus dem Kollaps) →13 4He + 4n; 4He + γ → 2p + 2n); Kollaps verdichtet den Kern (p + e− → n +νe); verdichteter Kern schießt uber die Neutronenstern-Gleichgewichtskonfigurationhinaus und prallt nach maximaler Kompression zuruck; Hulle kollabiert mit∼ 70.000 km/s und stoßt auf den ruckprallenden Kern → Trigger fur die SN-Explosion → Stoßwelle lauft nach außen und treibt Kernreaktionen vor sich her.

Problem:Nicht alle Typ II SN haben die gleiche Maximalhelligkeit (keine Standardbom-ben).aber:Expansion der SN-Hulle kann als Entfernungsindikator benutzt werden.Radialgeschwindigkeit (Doppler-Effekt) + Ausdehnung der Hulle am Himmel.Probleme:Bei großen Entfernungen ist die Ausdehnung der Hulle nicht nachweisbar.

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aber:Methode der expandierenden Hullen (Baade-Wesselink-Methode) kann zur Ent-fernungsbestimmung genutzt werden.

5.7 Das Universum

Edwin Hubble 1929: Lineare Korrelation zwischen der Rotverschiebung z und der Ent-fernung d einer Galaxie (gemessen durch Cepheiden).

Abbildung 5.7.1: Originalbeobachtungen von E. Hubble (1931) zur Beziehung zwischenFluchtgeschwindigkeit und Entfernung von Galaxien.

Hubble-Gesetz fur kleine kosmische Entfernungen:

c · z = H0 · d z =∆ λ

λ0

=λ − λ0

λ0

(5.7.1)

Erklarung:Gleichformige Expansion des Universums

Achtung:(1) Fur große z wird die globale Krummung des Universums wichtig, und die Hubble-Relation wird nichtlinear und modellabhangig.(2) Definition der Distanz wird wichtig (5 Moglichkeiten).(3) H0 muss bekannt sein fur die Entfernungsbestimmung.

dp = 2 HL

(1 − 1√

1 + z

); HL =

c

H0

(5.7.2)

dp: proper distance

HL: Hubble-Lange∧= Große des beobachtbaren Universums

z ¿ 1 → dp =c · z

H0

(5.7.3)

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z → ∞ ⇒ dp =2 c

H0

(Beispiel: H0 = 60 km/s/Mpc → dp = 10 Gpc) (5.7.4)

Die Hubble Konstante: Moderne HST-Beobachtungen; erbitterter Streit um H0: 50

km/s/Mpc oder 75 km/s/Mpc?∧= dp: 12 Gpc oder 8 Gpc?

Beispiele jungster Ergebnisse:

• Impey et al. 1998: Gravitationslinsen→ H0 = (44 ± 4) km/s/Mpc oder (65 ± 5) km/s/Mpc (abhangig vom Linsen-modell)

• Lanoix 1998: Hipparcos-Daten; Kalibrierung der Cepheiden; Typ I SN→ H0 = (50 ± 3) km/s/Mpc

• Madore et al. 1998: Cepheiden im Formax-Haufen→ H0 = 70 km/s/Mpc

• Navalainen und Roos 1998: Cepheiden und SN→ H0 = (68 ± 5) km/s/Mpc

• Schaeffer 1998: Galaxienhelligkeiten→ H0 = (55 ± 8) km/s/Mpc

• Shanks 1997: Tully-Fisher-Beziehung; Cepheiden; SN (zeigt, dass T.-F.-Relationfalsch war)→ H0 = (69 ± 8) km/s/Mpc

• Tanvir et al. 1995: Cepheiden→ H0 = (69 ± 8) km/s/Mpc

Homepage des HST-Key-Projects on the extragalactic distance scale:

http://www.ipac.caltech.edu/H0kp/

5.8 Zusatzliche Informationen

Hipparcos Home Page:

http://www.rssd.esa.int/Hipparcos

Cepheiden

Oszillation der Cepheiden-Sterne ist ungedampft, weil in der Kompressionsphase Ener-gie in die Oszillation gepumpt wird. Dies liegt an der mit zunehmender Kontrakti-on steigender Opazitat einer (teilweise) ionisierten He-Schicht. In dieser Schicht wirdwahrend der Kompression Energie fur zunehmende Ionisation verbraucht, und somiterhoht sich die Temperatur nur wenig. (Bei stabilen Sternen sinkt bei zunehmender

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Kompression die Opazitat, weil die Temperatur stark zunimmt.) In der Expansions-phase rekombiniert ein Teil des Heliums wieder, und die Opazitat sinkt.

Dieses Oszillationsbedingung ist nur fur einen schmalen Temperaturstreifen gegeben→ Instabilitatsstreifen im HRD

Entdeckung der PL-Beziehung durch Henrietta Leavitt (1907), Cepheiden in der GMWund der KMW

Cepheiden sind Uberriesen der Leuchtkraftklasse Ib; L ≈ 10.000 L¯

Abbildung 5.8.1: Variation der Helligkeit ∆mV , der visuellen Strahlungstemperatur Ts

(vis), des Spektraltyps Sp und der Pulsationsgeschwindigkeit ∆vr ausDopplerverschiebungen der Linien (Radialgeschwindigkeit vr bezogenauf den Mittelwert vr) und des Sternradius R (bezogen auf seinenkleinsten Wert R0) fur γ Cephei. Abszisse ist die Phase = Zeit inEinheiten der Periode, gerechnet vom Heligkeitsmaximum aus.

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Kapitel 6

Die Milchstraße

6.1 Uberblick uber das “moderne“ Milchstraßen-

system

Allgemeiner Aufbau:

• Scheibe

• Bulge (zentrale Verdickung)

• Halo (stellarer)

• Korona (dunkel)

Daten:

• Durchmesser Scheibe ∼ 30 kpc

• Dicke der Scheibe (Sterne) ∼ 1 kpc

• Dicke der Scheibe (Gas und Staub) ∼ 200 pc

• Durchmesser Korona ∼ 120 kpc (kein direkter Nachweis moglich)

• Durchmesser Halo ∼ 50 kpc

• Durchmesser Bulge

– zentraler Bulge < 2 kpc

– Main Bulge ≤ 6 kpc (3...5 kpc)

• Masse der Scheibe 4 · 1010 M¯

• Masse dunkle Korona > 3 · 1011 M¯

• Gesamtmasse > 4 · 1011 M¯→ mittlere Dichte 0, 1 M¯/pc3

• Massenanteile in der galaktischen Scheibe

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– Sterne mit M < + 3 mag 10%

– Sterne mit M > + 3 mag 80%

– interstellares Gas 10%

– interstellarer Staub 0, 1%→ Gas : Staub ≈ 100

• Entfernung ¯ ↔ galaktisches Zentrum 8,5 kpc

• Entfernung ¯ ↔ galaktische Scheibe 30 pc (nordlich)

• Rotationsgeschwindigkeit am Ort der ¯ 220 km/s

• Rotationsdauer am Ort der ¯ 2, 4 · 108 a (kosmisches Jahr)(ca. 20 Umlaufe seit Entstehung des Sonnensystems)

• Strahlungsleistung im optischen Spektralbereich 4 · 1010 L¯

• Galaxientyp Sb (siehe Kap. 7)

• helle Sterne und interstellare Materie bilden (von “oben“ betrachtet) Spiralarme(ahnlich M51 Jagdhundnebel)

• Galaxis gehort zu einer kleinen Gruppe von Galaxien (lokale Gruppe; ∼ 50 Sy-steme) (siehe Kap. 7)

• Volumen der lokalen Gruppe ∼ 1 Mpc3

• 2 große Galaxien in lokaler Gruppe: Milchstraße und Andromedanebel M31

• Begleiter der Milchstraße: große und kleine Magellansche Wolke (LMC, SMC);Entfernung ∼ 50 kpc; gravitative Storungen

Einige Details zu Scheibe, Bulge, Halo und Korona:

Scheibe:

• Gesamtmasse ∼ 4 · 1010 M¯

– stellare Scheibe

∗ dunne Scheibe (∼ 400 pc): Sterne von 0-12 GJ Alter

∗ dicke Scheibe (∼ 1 kpc): Sterne von > 12 - 15 GJ Alter; metallarmeSterne

– Gas- und Staubscheibe

∗ Dicke ∼ 200 pc

∗ junge Scheibe; Gebiet der momentanen Sternentstehung (D ∼ 50 pc;young thin disk)

Bulge:

• Sterne stark zentral konzentriert

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Abbildung 6.1.1: Die Spiralgalaxie M51.

• central bulge; main bulge

• Abplattung ∼ 0,6

• Gesamtmasse ∼ 4 · 1010M¯

• Sternpopulationen:

– Licht dominiert durch Rote Riesen

– Alter > 10 GJ

– metallreich

[Fe/H] = logNFe

NH

− log

(NFe

NH

)

¯︸ ︷︷ ︸0,028

= − 1 ... + 0, 5 (6.1.1)

• Kinematik

– langsam und starr rotierend ∼ 50 km/s/kpc

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Abbildung 6.1.2: Die lokale Gruppe von Galaxien.

– Geschwindigkeitsdispersion ∼ 150 km/s

• Galaktisches Zentrum

– zentraler Sternhaufen

– Schwarzes Loch ≥ 2, 6 ·106 M¯ [bester Wert: (3, 7± 1, 5) · 106 M¯] innerhalb17 Lichtstunden

Halo:

• Zusammensetzung

– Feldsterne

– Kugelsternhaufen

• Kinematik

– keine gemeinsame Rotation

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Abbildung 6.1.3: Die Andromeda-Galaxie M31.

– Geschwindigkeitsdispersion ∼ 200 km/s

• Feldsterne

– massearme Hauptreihensterne (G − K − M · Zwerge︸ ︷︷ ︸0,08− 1M¯

);

Rote Riesen (RR Lyr ∗∗); weiße Zwerge; Neutronensterne; schwarze Locher(?)

– metallarm [Fe/H] = −3 ... − 1

– Alter 10 - 15 GJ

– Gesamtmasse ∼ 4 · 109 M¯

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Abbildung 6.1.4: Das Galaktische Zentrum im Radiobereich bei 90 cm Wellenlange.

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Abbildung 6.1.5: Hochaufgeloste Infrarotaufnahme des Galaktischen Zentrums.

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• Kugelsternhaufen

– MEinzel ≈ 105 − 106 M¯; MGesamt ∼ 108 M¯

– Alter 10 - 15 GJ

– metallarm [Fe/H] = − 2, 5 ... ∼ 0

– Anzahl ∼ 150

– 2 Subsysteme

∗ spharisch verteilt; [Fe/H] = − 2, 5 ... − 1;12 - 15 GJ

∗ abgeplattete Verteilung; starkere zentrale Konzentration; [Fe/H] = − 0, 5 ... +0, 7 (metallreich); ca. 10 GJ

Dunkle Korona:

• bislang kein direkter Nachweis, ABER: die Rotationskurve der Milchstraße (unddie anderer Galaxien) zeigt Hinweise darauf, dass die Umlaufgeschwindigkeitnicht gemaß dem “einfachen“ Keplergesetz mit r−0,5 abnimmt → mehr Masseaußen als sichtbar

Abbildung 6.1.6: Die Rotationskurve der Galaxis.

• weitere Hinweise bei extragalaktischen Systemen:

– Galaxienhaufen: Rontgenaufnahmen zeigen heißes (T > 107 K) Gas, dasnur dann gebunden sein kann, wenn die Masse das Galaxienhaufens vielgroßer ist als optisch sichtbar

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– Gravitationslinseneffekt von Einzelgalaxien

⇒ Gesamtmasse von Galaxien Faktor 10 großer als optisch sichtbare Masse

• Hypothesen:

(1) Normale (baryonische) Materie

– M-Sterne (> 0, 08 M¯); leuchtschwach, massearm → IR-Messungen zei-gen, Zahl reicht nicht aus

– Weiße Zwerge (≤ 1, 4 M¯); Materie entartet, kompakt, Oberflache kuhltaus, sehr lichtschwach→ Alter des Universums (∼ 15 GJ) zu kurz, um genugend WZ bildenzu konnen

– “unsichtbare“ Neutronensterne (Vorganger M > 8 M¯; MN ≥ 1, 4 M¯)bzw. Schwarze Locher (MSL > 2, 2 M¯)→ Probleme mit chemischer Entwicklung der Galaxien: Zahl der Neu-tronensterne bzw. SL muss so hoch sein, dass die Metallizitat der Ga-laxis viel hoher sein musste als beobachtet

– Braune Zwerge (M < 0, 08 M¯,M > 13 MJ):kein H-Brennen → ein Teil (vielleicht 10 %) der Dunklen Materie lasstsich darin “verstecken“

– Planeten (M < 13 MJ):→ Problem: man brauchte sehr viele Planeten; damit viele Kollisionen,die zu Bruchstucken fuhren mussen, die wiederum in Sterne sturzenmussten.

– Kometen und Schneeballe:→ Problem: sehr viele notig; damit so hohe Querschnittsflache, dass derBlick ins All verdeckt sein musste

(2) Nichtbaryonische Materie

– vorgeschlagen: Axionen, Neutrinos, Photinos, Monopole, WIMPS (weak-ly interacting massive particles), Planck-Relikte→ Neutrinos sind die einzigen Elementarteilchen, die bislang nachge-wiesen wurden, aber wahrscheinlich Gesamtmasse zu klein.

(3) Anpassung der GravitationstheorieNewton: F ∝ r−2

MOND (Modified Newtonian Dynamics): F ∝ r−α, α < 2

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6.2 Methodenubersicht

Warum ist es so schwer, die Struktur der MS zu erforschen?

• wir sind mitten im System und konnen nur nach “oben“ und “unten“ heraus-schauen

• Staubwolken in der galaktischen Ebene versperren Durchsicht

(Analogie: Ein Mensch, der einen Stadtplan entwerfen mochte, befindet sich aneiner Straßenecke, er darf von dort nicht weg, und es herrscht Nebel).

Hauptmethoden:

(1) Gerustmethode (Richtung und Entfernung individueller Objekte → Bild unsererUmgebung)

(2) Stellarstatistische Methode (Sternzahlungen)

(3) Dynamische Methoden (Bewegung der Sterne)

(4) Radioastronomische Methoden (hohe Durchdringung des “Nebels“)

zu (1) Gerustmethode (bis einige 100 pc):

• Positionsmessungen (relativ einfach) → galaktische Koordinaten (siehe Kapitel6.3)

• Entfernungsbestimmungen (schwieriger und ungenauer) → siehe Kap. 5

→ Ergebnis: raumliche Dichte der Sterne in unserer Umgebung (spater genauer).

(Anschauliche Analogie fur die Sterndichte in Sonnenumgebung: Maßstab 1 : 1011 →Sonne und andere Sterne sind 1,5 cm groß [Kirschen]; mittlere Abstande einige 100 km[Hauptstadte Europas])

zu (2) Stellarstatistische Methode (bis einige kpc):

• einfache Sternzahlungen zeigen:

– (scheinbar) helle Sterne (→ nahe Sterne) gleichmaßig verteilt

– schwachere Sterne (→ entferntere Sterne) starker in MS-Ebene konzentriert

⇒ MS abgeflachtes System

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Abbildung 6.2.1: Aus dem Band der Milchstraße am Nachthimmel lasst sich bereits aufdie abgeflachte Form der Galaxis schließen.

• fur genauere Analyse der Form der MS benotigt man Kenntnisse uber die Absorptions-und Verfarbungseigenschaften der IS Materie (kommt in Kap. 6.4)

→ Ergebnisse:

• Sonne nicht im Zentrum der MS

• Sonne am Rand eines Spiralarms

• Galaktisches Zentrum in Richtung Sternbild Sagittarius

zu (3) Dynamische Methoden:

Sternbewegungen besitzen zwei Komponenten

• Radialgeschwindigkeiten (Dopplereffekt; s. Kap. 3.14, Astrophysik I)

• Eigenbewegungen (Ortsanderungen am Himmel) (→ Hipparcos: Entfernungenund Eigenbewegungen von 20.000 Sternen innerhalb 100 pc)

→ Ergebnisse:

• Eigenbewegung der Sonne bzgl. naherer Umgebung (wie Autofahrt durch Schnee-fall) →20 km/s Richtung Herkules

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• Bewegung der Sonne bzgl. weit entfernter Objekte (z. B. Kugelhaufen im Halo)→ Rotationsgeschwindigkeit der Sonne um galaktisches Zentrum ∼ 220 km/s

• keine geschlossene Umlaufbahn (Rosettenbahn), weil keine Punktmasse

• differenzielle Rotation der MS

zu (4) Radioastronomische Methoden:

• Interstellarer Wasserstoff (HI) hat eine Spektrallinie bei λ = 21cm (ν = 1.420MHz); Hyperfeinstrukturubergang (Lebensdauer 11 Mio. J.)oberer Zustand ↑ s (p+) ↑ s (e−)unterer Zustand ↑ s (p+) ↓ s (e−)

Anregung des oberen Zustands durch Stoße; Ubergang im hochsten Maße verbo-ten.

• Vorteile:

– direkte Erfassung des HI; haufigstes Element

– ungehindert durch interstellaren Staub (λ À s)

– Spekrallinie → Messung der Geschwindigkeit von HI→ Entfernung uber differenzielle Rotation der Galaxis→ großraumiger Aufbau der Milchstraße

→ Ergebnisse:

• innere Galaxis: starre Rotation (Wagenrad); v ∝ R (≤ 1kpc)

• Sonnenumgebung: flachere Rotationskurve; leichter Buckel (s. Abb. 6.1.6)

• großraumiger Aufbau der Galaxis: Kartierung der Spiralarme

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Abbildung 6.2.2: Spiralmodell der Galaxis

Abbildung 6.2.3: Verteilung junger Cepheiden mit P > 11d, 25 in der galaktischenEbene (Quadrate). Zum Vergleich sind die jungen Sternhaufen undHII-Regionen ebenfalls eingezeichnet (Kreise).

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6.3 Galaktische Koordinaten

• Sonne im Zentrum des galaktischen Koordinatensystems

• spharisches Koordinatensystem

– galaktische Breite b; b ε [−90; +90]

b = 0 ↔ galaktische Ebene; b = ± 90 gal.

NordpolSudpol

– galaktische Lange l; l ε [0; 360]l = 0 ↔ Richtung zum galaktischen Zentruml = 90 ↔ Bewegungsrichtung der galaktischen Rotation in Sonnenabstand

Die galaktische Ebene ist um 62,6 gegen den Himmelsaquator geneigt.

Abbildung 6.3.1: Die galaktischen Koordinaten l und b.

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6.4 Aufbau und Kinematik des Sternsystems

6.4.1 Scheinbare Verteilung der Sterne

• Quantitative Beschreibung der Sterne

– an der Sphare (l, b)

– nach scheinbarer Helligkeit (m) (s. Kap. 1)

• SternzahlenA (m|l, b)∆m = Anzahl der Sterne im Helligkeitsintervall [m − ∆m

2; m + ∆m

2]

in 1 Quadratgrad mit Mittelpunkt (l, b)

• kumulative Sternzahlen

N (m|l, b) =

m∫

−∞

A (m|l, b) dm (6.4.1)

Datenmaterial aus Himmeldurchmusterungen.

Abbildung 6.4.1: Auszug der Ergebnisse uber allgemeine kumulative Sternzahlen proQudratgrad, gemittelt uber alle galaktischen Langen (m = mpg).

Abbildung 6.4.2: Zur Deutung der beobachteten Abhangigkeit der Sternzahlen von dergalaktischen Breite durch die Annahme einer planparallelen Stern-schichtung (schematisch, Sterndichte nimmt innerhalb der Schichtnach oben und unten ab).

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6.4.2 Scheinbare Verteilung einzelner Sterntypen

a) Verteilung nach galaktischer Breite

- Konzentration zur galaktischen Ebene ist fur Sterne verschiedenen physika-lischen Typs unterschiedlich

- O&B-Sterne und offene Sternhaufen nahe galaktischer Ebene

Abbildung 6.4.3: Scheinbare Verteilung der B0- bis B5-Sterne und der offenen Stern-haufen.

- spatere Spektraltypen (A-M) weniger zur galaktischen Ebene konzentriertals fruhe (O, B)

Abbildung 6.4.4: Uber alle galaktischen Langen gemittelte Sternzahlen N(8, 5m | b) furdie verschiedenen Spektraltypen in Abhangigkeit von der galaktischenBreite b.

- Kugelsternhaufen (kommen spater noch genauer dran) noch schwachereKonzentration

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- Veranderliche und Sondertypen:

• Cepheiden, Typ I: klassische Cepheiden, Pulsationsveranderliche→ große Konzentration zur galaktischen Ebene

• Cepheiden, Typ II (W Vir-Sterne): langperiodische Veranderliche spatenTyps, metallarm→ weniger starke Konzentration zur galaktischen Ebene.

• Zentralsterne Planetarischer Nebel→ deutlich weniger starke Konzentration

• Cepheiden, Typ III (RR Lyr-Sterne): Haufenveranderliche, vor allem inKugelsternhaufen→ kaum Konzentration zur galaktischen Ebene

b) Verteilung nach galaktischer Lange

- Kugelsternhaufen, isolierte RR Lyr-Sterne, sonstige wenig zur galaktischenEbene konzentrierte Sterntypen→ starke Zunahme ihrer Haufigkeit in Richtung zum galaktischen Zentrum(l = 0)→ Sonne nicht im Zentrum der Galaxis

- IRAS 12 & 25 µm-Durchmusterung; Beobachtung sehr kuhler Sterne→ Verteilung: kraftige zentrale Aufbauchung ums Zentrum (bulge)

- O, B Sterne→ kaum Zunahme in Richtung des galaktischen Zentrums→ Tendenz: Bildung großer Sterngruppen (Assoziationen) (kommt spaternoch dran)

- Beschrankung auf scheinbar helle (mB<∼ 8 mag), relativ nahe B-Sterne

→ bilden Großkreis starkster Konzentration, der merklich gegenuber dergalaktischen Ebene geneigt ist.

- Allgemeine Sternzahlen N (m|l, b) ergeben als Ort großter scheinbarer Stern-dichte einen zur galaktischen Ebene geneigten Großkreis.mB ≈ 8 mag → Neigung ≈ 10

mB ≈ 4 mag → Neigung ≈ 20

⇒ Gouldscher Gurtel der hellen Sterne (kommt spater dran).

6.4.3 Grundlagen der Stellarstatistik

• Grundgedanke: aus Sternzahlungen auf Ausdehnung und Form der Galaxis schlie-ßen

• offensichtlich: allein aus dem Band der Milchstraße am Himmel lasst sich aufein abgeflachtes Sternsystem mit schnellem Abfall der raumlichen Sterndichte inz-Richtung schließen

• was wird gezahlt? A (m) (s. Kap. 6.4.1)

A (m): Sternanzahl pro Quadratgrad im Intervall (m ± 12mag)

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Abbildung 6.4.5: Verteilung von IRAS-Quellen am Himmel.

[A (m)] =Anzahl

mag Quadratgrad(6.4.2)

• was ist gesucht? D (r): raumliche Anzahldichte der Sterne

[D (r)] =Anzahl

pc3(6.4.3)

Abbildung 6.4.6: Geometrische Großen zur Grundgleichung der Stellarstatistik.

Anzahl der Sterne a (r) in der grauen Scheibe in Abb. 6.4.6 im Intervall (m, m +dm)

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a (m, r) dm dr = ω r2 dr D (r) ϕ (M) dm (6.4.4)

= D (r) ϕ (m + 5 − 5 log r − ∆m (r))︸ ︷︷ ︸M

ω r2 dr dm (6.4.5)

ϕ (M): normierte Leuchtkraftfunktion (LKF)∆m (r): Extinktion

Bedeutung von ϕ (M) dm beschreibt Bruchteil der Sterne, die eine solche abso-lute Helligkeit (M, M + dm) haben, dass diese aus der Entfernung r mit derscheinbaren Helligkeit (m, m + dm) erscheinen.

Normierung:∞∫−∞

ϕ (M) dM︸︷︷︸=dm

= 1 (normierte LKF)

Intergration uber r:

A (m) dm = ω dm

∞∫

0

r2 D (r) ϕ (M [m, r]) dr (6.4.6)

Schwarzschildsche Integralgleichung = Grundgleichung der Stellarstatistik

Kumulative Sternzahl (integriert uber alle Helligkeiten)

N =

∞∫

−∞

A (m) dm (Anzahl/Quadratgrad) (6.4.7)

• Betrachtung eines einfachen Idealfalls

– D (r) = const (konstante Sterndichte entlang des Sehstrahls)

– gleiche absolute Helligkeit aller Sterne

– keine Extinktion (∆m = 0)

– A (m) ∼ r3m;

rm= Entfernung der Sterne mit scheinbarer Helligkeit m ± 12mag

– Strahlungsfluss am Ort des Beobachters Sm ∼ r−2m

– Elimination von rm: A (m) ∼ S− 3/2m

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– Verknupfung von Strahlungsfluss und scheinbarer Helligkeit

Sm ∼ 10−0,4 m (6.4.8)

(Definition der scheinbaren Helligkeit m = − 2, 5log FF0

) (siehe Kap. 1,Astrophysik I)

⇒ Man erhalt A ∼ 100,6m oder:

log A (m) = 0, 6 m + const (6.4.9)

→ kumulative Sternzahlen nehmen von m zu m + 1 mag um Faktor 4 zu;

A (m + 1)

A (m)= 100,6 ≈ 4 (6.4.10)

Vergleich mit Realitat: praktisch nie erfullt

∗ Problem: Extinktion

∗ D (r) nicht konstant

∗ D (r) in Sonnenumgebung großer als weiter draußen

• Umkehrung der Funktion A (m) = ω∞∫0

r2D (r) ϕ (M) dr ist praktisch unmoglich

fur den Fall der “breiten“ LKF, weil D (r) ∗ ϕ (M) viel zu verschmiert ist, umnoch sensitiv auf Dichteschwankungen zu sein.

Schlussfolgerungen: Umkehrung der Integralgleichung zur Gewinnung von D (r)geht nur in befriedigender Weise, wenn

– großraumige Anwendung fur | b | >∼ 5...10 (Ausschluss der galaktischenEbene)

– moglichst Ausschalten oder starke Einschrankung der Fkt. ϕ (M) durchBenutzung scharf definierter Sterngruppen (Streuung von M < 1 mag);ϕ (M) → δ (M0)

Beispiel: Oort & Plant (A & A 41, 71, 1975)

RR-Lyr-Sterne; < MV >≈ 0, 5 mag

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Abbildung 6.4.7: Die Untersuchungsgeometrie zur Bestimmung des Abstands R¯ zumGalaktischen Zentrum (GZ).

Beobachtungen interpretiert als ellipsoidale Verteilung der RR-Lyr-Sterne umgalaktisches Zentrum; Parameter: R¯, c/a, n in D (r) ∼ r−n (r: Abstand vom ga-laktischen Zentrum)

Ergebnis 1975 1987

R¯ = 8, 7kpc R¯ = 7, 8kpc

c/a>∼ 0, 8 c/a = 0, 6 ± 0, 1

n = 3 n = 3

• Untersuchungen in den letzten 30 Jahren:

– Sternzahlungen fur Sterntypen mit moglichst geringer Streubreite der Leucht-krafte; meist enge Spektralklassen/-gruppe mit bekannter Verteilung derabsoluten Helligkeiten

– Problem der Analyse von Sternzahlungen verliert einen Teil der Schwierig-keiten, wenn die mathematische Form der Dichteverteilung D (r) bekanntist.→ Ansatz: Geometrie der MS ahnlich zu der anderer Spiralgalaxien (Bulge,Scheibe)

Voraussetzungen:

∗ Sternzahlungen bis zu hinreichend schwachen Grenzgroßen

∗ Beschrankung auf Richtungen mit geringer interstellarer Extinktion

∗ nur an großraumiger Verteilung interssiert (d. h. keine Spiralarme ←junge Sterne weglassen)

Ergebnisse:

– Central bulge (R<∼ 1 kpc)

Existenz dieser Komponente gesichert durch

∗ Rotationskurve der MS (indirekt)

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Abbildung 6.4.8: Zur Bestimmung von “R¯“ = Entfernung GZ - ¯.

∗ optische und IR-Zahlungen von spaten M-Riesen (direkt)

⇒ D (R) ∼ R−1,8 fur R<∼ 1 kpc

⇒ Hinweise auf Balkenstruktur; große Halbachse zeigt etwa 30 von unsweg.

– Main bulge (1<∼ R

<∼ 3 kpc)

Das Gebiet zwischen 10 und 30 um das galaktische Zentrum ist noch amwenigsten verstanden.

⇒ Ubergang von jungem, aktivem Kernbereich (≤ 1 kpc) zu metallarmem

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Abbildung 6.4.9: Die Balkengalaxie NGC 1365.

Spharoid

⇒ Gesamtbulge: D (R) ∼ R−1,8/(1 + R

Rb

)1,9

mit “Abknickradius“ Rb '1 kpc

– Halo

Ableitung der funktionalen Abhangigkeit der Dichteverteilung an extraga-laktischen Spiralsystemen.

⇒ D (R) ∼ exp (− 7, 7(R/Re)1/4)

(R/Re)7/8(6.4.11)

fur R/Re>∼ 0, 2 (bzw. R

>∼ 0, 5kpc, bzw. b > 5) und Re = 2, 7 kpc.

– Scheibe

Vertikale Struktur D |z| fur |z| = 300 ... 4000 pc

⇒ doppel-exponentielle Abhangigkeit

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[D |z|

D |z = 0|]

R=R¯

= 0, 959 exp

(− z

249 pc

)

︸ ︷︷ ︸flache Scheibe

+ 0, 041 exp

(− z

1.000 pc

)

︸ ︷︷ ︸dicke Scheibe

(6.4.12)

– Dicke Scheibe (thick disk, td)

Ansatz: separierte Variable D (R, z) ∼ f |z| · g (R)

f |z| ∼ exp (− z/h) (6.4.13)

(“Barometrische Hohenformel“)→ Energiegleichverteilung bei konstanter Gravitation (gestutzt durch extra-galaktische Sternsysteme).

D (R, z) ∼ exp

[− z

hz,td

− R

hR,td

](6.4.14)

hz, td = 1.000 pc, hR, td = (4± 1) kpc

Abbildung 6.4.10: Die gemessene Helligkeitsverteilung (logarithmisch) der Scheibe vonESO 572-G44. Der Vergleich mit dem isothermen Modell, entspre-chend sech2 (z/z0), zeigt einen Uberschuss an Sternen nahe der Schei-benebene, ein exponenzieller Abfall beschreibt hingegen den Hellig-keitsverlauf bis an den Staubstreifen.

– Dunne Scheibe (flat disk, fd)

Problem: große Extinktion nahe galaktischer Ebene (auch bei anderen Spiral-galaxien)

D (R, z) ∼ sech2

(z

2 hz,fd

)· exp

(− R

hR,fd

)(6.4.15)

sech (x) =tanh (x)

sinh (x)=

2

ex + e−x(6.4.16)

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6.4.4 Die Umgebung der Sonne

6.4.4.1 Das interstellare Medium in Sonnenumgebung

(1) Draufsicht auf Milchstraße mit folgenden Objektgruppen:diffuse HI-Regionen, Molekulwolken, optische Nebel (Emission + Reflexion),Sternassoziationen, SNR, Rontgenquellen (alles junge Objekte)

→ deutlich sichtbar: Spiralstruktur

→ wir im “lokalen Arm“ (Orionarm) zwischen Sagittarius- und Perseus-Arm.

(2) lokaler Arm:

Neben den IS Wolken gibt es eine ganze Reihe von Blasen.

→ heißes Gas 0,8 - 1 Mio. K; Emission thermischer Rontgenstrahlung

→ Blasen ® 100 - 1.000 LJ

→ “Blasenwande“: atomarer und molekularer Wasserstoff

→ Entstehung der Blasen: SN-Explosion massereicher Sterne, freigesetzteEnergiemenge reißt “Locher“ ins ISM; Locher blahen sich mit der Zeitauf und schieben ISM vor sich her.

(3) lokale Blase und Umgebung:

→ lokale Blase umgeben von drei Nachbarblasen I, II, III

→ Blasen wolben sich aus Grundebene der MS heraus und erscheinen alsgewaltige Bogen im Radio- oder IR-Bereich

→ im Zentrum von Blase I Sternhaufen junger, heißer, massereicher Sterne(Scorpio-Centaur-Assoziation); mindestens 100 Mitglieder mit M∗ >8 M¯.

(4) lokale Blase:

→ Sonne am Rand einer lokalen HI-Wolke

→ ® lokale Blase ∼ 200 pc (Sonne ∼ 50 pc vom Rand); n = 5 · 104 m−3

(interstellarer Durchschnitt 0, 5 · 106 m−3); T ' 106 K; SN vor ∼ 105 J

→ lokale HI-Wolke: ® 5 pc, T ' 800 K, n = 105 m−3

→ HI-Wolke passiert zurzeit die Sonne

→ Entstehung:

∗ mindestens 20 SN wahrend der letzten 10 - 20 MJ ≈ Alter derlokalen Blase

∗ letzte SN vor > 1 MJ → konsistent mit 60Fe-Uberschuss in tiefergelegenen ozeanischen Sedimenten.

6.4.4.2 Sterne der Sonnenumgebung

Sonnenumgebung: R ≤ 20 pc ... 25 pc

- Entfernungsbestimmungen uber trigonometrische Parallaxe (Hipparcos) mitkleinen Fehlern.

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- Lokale Anzahldichte D0 und absolute LKF D0 ϕ0 (M) bestimmbar.

- Aber: genaue Sternzahl noch nicht bekannt, weil noch nicht alle massearmenSterne entdeckt sind.

- Datensammlungen: ARI, Heidelberg3rd Catalog of Nearby Stars 19914th Catalog of Nearby Stars 1995 (incl. Hipparcos-Daten)(s. Abb. 5.2.5)

Abbildung 6.4.11: Die raumliche Lage der Sterne in Sonnenumgebung.

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– Grobe-Statistik

O, B 0 %A, F, G (Hauptreihe) (V) 8 %K, M (Riesen) (III) < 1 %Halo-Subdwarfs (VI) 4 % (kleinere Metallizitat als Sonne)Weiße Zwerge 10 %K, M (Hauptreihe) (V) (Rote Zwerge) > 77 %

∗ Mittlere Sterndichte in Sonnenumgebung (< 25 pc)gemessen: 0,12/pc3

geschatzt: 0,15/pc3 (mit allen noch nicht entdeckten Roten/BraunenZwergen)

∗ 3 Sterne massereicher als Sonne:Sirius (A1 V); Altair (A7 IV-V); Procyon (F5 IV-V) (siehe Abb. 5.2.5)

∗ 2 sonnenahnlich:α Cen (G2 V); τ Ceti (G8 V) (siehe Abb. 5.2.5)

∗ 59 % aller Sterne in Doppel- und Mehrfachsystemen

∗ Die Leuchtkraftfunktion der Sonnenumgebung

· NS4-Katalog komplett bis MV < 8 mag

Abbildung 6.4.12: Leuchtkraftfunktion der Sterne der Sonnenumgebung nach ver-schiedenen Untersuchungen. Anzahl der Sterne im Intervall MV −12... MV + 1

2im Volumen einer Kugel mit dem Radius 20 pc.

· Maximum bei MV = 12...16 mag relativ sicher (Sonne MV ∼4 mag)

· Anwendung: Ursprungliche LKF (initial luminosity function, ILF)→ Bedeutung fur Theorie der Sternentstehung (→ IMF)→ ABER: Sterne der Sonnenumgebung sind ein Gemisch von Ster-nen verschiedenen Alters; Verweilzeit auf der HR τHR

τHR ≥ 1010 J fur MV > 5 magτHR ≈ 2 · 107 J fur B0 V − Sterne→ BESSER: ILF und IMF aus offenen Sternhaufen (gleichzeitigentstanden; jung; Sterne noch nicht weit vom Entstehungsort).

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6.4.4.3 Die weitere Sonnenumgebung

R ≤ 2 kpc; nur helle Sterne verwendbar (fruhe Sp.-Typen); interstellare Extink-tion fur R > 2 kpc zu stark.→ Sternhaufigkeiten stark strukturiert→ Sterndichten innerhalb der galaktischen Ebene nicht sehr veranderlich→ Senkrecht zur galaktischen Ebene starke Variation von D.

Abbildung 6.4.13: Relative Dichteverteilung senkrecht zur galaktischen Ebene in Rich-tung des galaktischen Nordpols D (z) fur verschiedene normaleSterntypen, ausgedruckt in Prozent des jeweiligen Wertes von D (z)fur z= 50 pc.

Wichtigste Erscheinung: Gouldscher Gurtel

Abbildung 6.4.14: Verteilung absolut heller Sterne im galaktischen Koordinatensystem.

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Abbildung 6.4.15: Zur Geometrie des Gouldschen Gurtels.

– Beobachtung heller O, B, A-Sterne zeigt, dass diese Sterne zu einer um15− 25 geneigten Struktur gehoren

– Sonne liegt ∼ 12 pc nordlich der Aquatorebene des Gouldschen Gurtels und200 pc vom Zentrum

– Neigung immer großer je heller die betrachteten Objekteα = 10 fur mB ' 8 magα = 20 fur mB ' 4 mag∼> eine Art Alterssequenz

– Scheibe expandiert (aus Sternstromparallaxen)

– Alter 30 - 60 MJ

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– Entstehungstheorien:

A. Vielzahl von SN vor > 30... > 60 MJ→ starke Stoßfronten treffen auf ruhiges Umgebungsmaterial→ dunneres Material wird verdichtet→ Sternentstehung

B. Kollision einer high-velocity-cloud mit dem Gas der galaktischen Ebene→ Stoßfronten → Verdichtung → Sternentstehung

6.4.4.4 Die Kinematik der Sterne in Sonnenumgebung

– Messung von:

∗ Eigenbewegungen der Sterne am Himmel

∗ Radialgeschwindigkeiten

– Aus Bewegung der sonnennachsten Sterne kann auf Bewegung der Sonnegeschlossen werden:

Abbildung 6.4.16: Eigenbewegungen und Radialgeschwindigkeiten von Sternen bedingtdurch Bewegung der Sonne.

∗ Mittlere Eigenbewegung der Sterne hangt vom Winkel zwischen Son-nenbewegung und Richtung zu Sternen ab.

Vt = EB divergiert vom Apex, konvergiert zu AntapexVr = RG Apex: max. Blauverschiebung

Antapex: max. Rotverschiebung

Achtung: Apexpunkt am Himmel spektraltyp- und altersabhangig (kommtweiter unten)!

– Lokales Bezugssystem (LSR)

∗ Mittelung der Raumgeschwindigkeit einer Auswahl von Sternen der Son-

nenumgebung ⇒ Definition eines LSR

(·x,

·y,

·z,

), in dem das Sonnen-

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system eine von 0 verschiedene Geschwindigkeit hat.

Ubergang von·x,

·y,

·z → U, V, W

Pekuliargeschwindigkeit eines jeden Sterns

(U, V, W) = (·x − ·

x,·y − ·

y,·z − ·

z)

∗ Realisierung: 400 Sterne A V & K III in Sonnenumgebung

Eigenschaften:

· Geschwindigkeitszentroid ≡ LSR

· (U, V, W) = (0, 0, 0) bewegt sich auf idealer Kreisbahn mit R¯ =8, 5 kpc, vrot = 220 km/s um galaktisches Zentrum

· Zeitskala der Anderung des LSR groß (und damit sind Anderungenvernachlassigbar).

∗ Ubergang zu einem galaktisch zentrierten Koordinatensystem (in Zylin-derkoordinanten R, ϑ, Z):

π = − dR

dt, θ = R · dϑ

dt, Z =

dz

dt(6.4.17)

πLSR = 0, θLSR = θ (R¯) = 220 km/s, ZLSR = 0 (6.4.18)

(dynamisches LSR)

∗ Kinematisches LSR: Bewegung eines beliebigen Sterns = Pekuliarbewe-gung

U = π − πLSR = πV = θ − θLSR = θ − θ0

W = Z − ZLSR = Z

Sonne: U¯ = + 9 km/s; V¯ = + 12 km/s; W¯ = + 7 km/s(wir bewegen uns nach “innen“, nach “oben“ und schneller als GGW-Kreisbahn entspricht.)

∗ Betrachtung der Apexkoordinaten fur verschiedene Spektraltypen

· In Bezug auf verschiedene Sterngruppen jeweils gleicher Spektral-und Leuchtkraftklasse ergeben sich teilweise signifikante Unterschie-de fur die Apexkoordinaten L¯, B¯ (gal. Lange/Breite).

· Ubergang fruher → spate Hauptreihensterne:Systematische Zunahme von L¯ und S¯ (Apexgeschwindigkeit).

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Abbildung 6.4.17: Sonnenbewegung in galaktischen Koordinaten (L¯, B¯, S¯), Ge-schwindigkeitsstreuungen (ΣU , ΣV , ΣW ) und galaktische Lange derVertexrichtung l1 (= Richtung der großen Achse des Geschwindig-keitsellipsoids) fur verschiedene Spektral- und Leuchtkraftgruppen.

Abbildung 6.4.18: Komponenten der Sonnengeschwindigkeit U¯, V¯, W¯ und Betragder gesamten Geschwindigkeitsstreuung Σ (alle Großen in km sec−1)fur verschiedene Spektralgruppen der sonnennahen Sterne.

– Verteilung der Pekuliarbewegungen in Sonnennahe

∗ Wenn Bewegung aller Sterne zufallig:→ UVW-Flachen gleicher Haufigkeit = Kugeln

∗ sonst → UVW-Flachen = Ellipsiode

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Abbildung 6.4.19: Die projizierten Geschwindigkeitsverteilungen sonnennaher roterZwergsterne. Rote Zwerge = Sp (K ... M).

→ Flachen gleicher Haufigkeit annahernd durch 3-achsige Ellipsiodebeschreibbar.

→ Großte Achse (= Vertex) nahe der Verbindungslinie der Sonne zumgalaktischen Zentrum (U).

→ Die beiden kleinen Achsen annahernd gleich (V, W).

→ V-Komponente asymetrisch (erhohte Zahl von Sternen mit negati-ven Werten).

– Verteilung der Radialgeschwindigkeiten großerer Sternzahlen

∗ verzichten auf zeitaufwendige Bestimmung der Eigenbewegung;

∗ betrachten nur Radialgeschwindigkeiten;

∗ Geschwindigkeitsellipsoid und Annahme:Geschwindigkeitsverteilung hat Form einer 3D-Normalverteilung

n (vr) d vr = A · exp

(− (vr − vr)

2

2 σ2r

)d vr (6.4.19)

A: Normierungskonstanteσr: Breite der Verteilung

∗ Bei Betrachtung relativ großer Raumbereiche (R > 100 pc) Berucksichtigungder differenziellen Rotation der MS.

UVW

=

U − θ (R) · y · R−1

V − θ (R) (R¯ − x) R−1 + θ0

W

(6.4.20)

R = Abstand Stern - galaktisches ZentrumR¯ = 8,5 kpc

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Abbildung 6.4.20: Zur Geometrie bei der Bestimmung von (U, V, W )∗

θ (R) = Kreisbahngeschwindigkeit am Ort des Sterns

x = r · cos l · cos b (Richtung l = 0, b = 0)y = r · sin l · cos b

Ergebnisse:

→ Hauptachsen des Geschwindigkeitsellipsoids der normalen A-M-Sternefallen mit den Richtungen des U, V, W-Systems zusammen;

→ leichte Abweichung der großen Ellipsiodenachsen → Vertexabwei-chung von der Richtung zum GZ;

→ Zunahme von σr zu spateren Spektraltypen (siehe Abb. 6.4.18)→ “kurzlebige“ A-Sterne bilden homogenere kinematische Gruppe→ metallarmere Sterne = altere Sterne besitzen großere V¯, Σu, Σ

(mittl. Alter A2-A6: 4 · 108J., K-M: 5 · 109 J. )

→ Schnelllaufer mit |V| > 60 km/s

· V-Richtung: starke Asymmetrie - 500 km/s<∼ V

<∼ 80 km/s“Mittelpunkt“ der V-Verteilung:V = θSchnelllaufer ≈ 0 km/s 6= θ0 = 220 km/sKreisformige Verteilung der Geschwindigkeiten um das GZ → keineRotation; außere Begrenzung: Fluchtgeschwindigkeit

· W-Richtung: 2 Sterntypen

- “Scheibensterne“ mit |W | ' 12 km/s

- “Schnelllaufer“ mit |W | <∼ 300 km/s

· Exzentrizitaten und apogalaktische Distanzen der Schnelllaufer groß.

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Abbildung 6.4.21: Verteilung der Komponenten U und V der Pekuliargeschwindigkei-ten bei Einbeziehung der Schnelllaufer, dargestellt durch Linien glei-cher Besetzungsdichte (schematisch). L kennzeichnet den Ursprungdes lokalen Bezugssystems.

Abbildung 6.4.22: Korrelation zwischen dem Betrag der Geschwindigkeitskomponentesenkrecht zur galaktischen Ebene |W | in km sec−1 und dem Ultra-violettexzess δ (U −B) fur Unterzwerge (offene Kreise) und normaleHauptreihensterne gleichen Spektraltyps F...G. Die rechte Ordina-tenskala bezieht sich auf den maximalen Abstand |z| in kpc, den einStern mit der Geschwindigkeitskomponente |W | erreichen kann.

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Abbildung 6.4.23: Bottlinger-Diagramm fur Sterne mit Raumgeschwindigkeiten > 100km s−1. Aufgetragen sind die galaktischen Geschwindigkeitskompo-nenten in [km s−1] U ′ (zum Zentrum) und V ′ (in Richtung der Rota-tion) relativ zur Sonnenumgebung; das Achsenkreuz entspricht denabsoluten Geschwindigkeitskomponenten U und V . An den beidenKurvenscharen kann man die Exzentrizitat e der Bahn und ihre apo-galaktische Distanz R1 in [kpc] ablesen. (Dieses Diagramm beruhtnoch auf alteren, etwas hoheren Werten von R0 und V0.) • Sterne mitUltraviolettexzess δ (U−B) > + 0, 15 mag, d. h. metallarme Sterneder Halopopulation II; diese sind durchweg Schnelllaufer mit großenRaumgeschwindigkeiten. Sterne mit δ (U − B) < 0, 15mag; dieseSterne bilden den Ubergang von der Halopopulation II zur Schei-benpopulation, zu Sternen mit nahezu kreisformigen Bahnen.

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· Schnelllaufer sind “alte“ ([Me/H] ' − 1...− 2 (relativ zur Sonne))Sterne mit mehreren Untergruppen:- “normale Schnelllaufer“ (Hauptreihe)- Unterzwerge (1 mag unterhalb Hauptreihe)- Mira-Sterne (langperiodische Veranderliche, Riesen)- RR Lyr (kurzperiodische Veranderliche, Riesen)(- Kugelsternhaufen) → Pop II

Abbildung 6.4.24: Mittelwert der V -Komponente (Richtung l = 90, b = o) relativzum lokalen Bezugssystem sowie Geschwindigkeitsstreuungen ΣW

und Σ fur verschiedene Untergruppen der Sterne mit großen Peku-liargeschwindigkeiten. ∆S ist der Prestonsche Spektralindex. SeinBetrag ist mit dem Defizit an Metallen korreliert.

6.4.5 Großraumige Kinematik der Sterne

6.4.5.1 Scherung und Drehung des Geschwindigkeitsfeldes

Betrachtung eines Raumbereichs R > 100 pc: → Feld der Pekuliargeschwindigkeitnicht mehr homogen.

(1) differenzielle Rotation (nicht starr) ⇒ Scherung des Stromungsfeldes

(2) mit jeder Drehung: Rotation aller Geschwindigkeitsvektoren bzgl. Inertialsystem

(3) Expansion + Kontraktion des Sternsystems ⇒ Verzehrung/Dilatation

Auswirkungen auf das Stromungsfeld:

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(1) Scherung im lokalen Bezugssystem

Abbildung 6.4.25: Auswirkung einer Scherung des Stromungsfeldes der Sterne auf Ra-dialgeschwindigkeiten und Eigenbewegungen.

I) Radialgeschwindigkeit eines Sterns mit R, θ, ω

vr =

R− θ¯

)R¯ sin l = (ω − ω¯) R¯ sin l (6.4.21)

(l: galaktische Lange)

II) Tangentialgeschwindigkeit eines Sterns mit R, θ, ω

vt = R¯ (ω − ω¯) cos l − ωr (6.4.22)

r: Entfernung zum Sternvt = µe · r µe: EB

Diese Gleichungen gelten allgemein fur alle Sterne, Gas- und Staubwolkenmit Entfernung r auf Kreisbahnen um das galaktische Zentrum.

• Naherung fur Sonnenumgebung: r ¿ R¯, R (Reihenentwicklung furω − ω¯, R − R¯ und Benutzung einiger trignometrischer Formeln).

vr = A · r · sin 2l vt = A · r cos 2l + B rA = − 1

2ω′¯ R¯ B = − 1

2R¯ ω′¯ − ω¯

[ kms kpc

] [ kms kpc

]

(Scherung) (Drehung)

ω′¯ = d ωd R

∣∣R¯

A − B = ω¯ = θ¯R¯

A + B = −ω′¯ R¯A, B: Oortsche Konstanten 1927

(2) Drehung

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Wenn Scherung = Ergebnis einer nichtstarren Rotation um ein weit entferntesZentrum, dann ⇒ Drehung des Stromungsfeldes bzgl. raumfestem fundamenta-lem Koordinatensystem, dessen Nullpunkt mit θ¯ = 220 km/s auf Kreis um dasgalaktische Zentrum lauft und bei dem das GZ bei l = 0 liegt.→ in Radialgeschwindigkeit nicht zu sehen→ in EB: Erzeugung eines konstanten Zusatzterms ∆µe = −ω = − θ¯

Abbildung 6.4.26: Auswirkung einer Drehung des Sternfeldes auf die Eigenbewegungen.

6.4.5.2 Rotation der galaktischen Scheibe

• Annahme: Sterne in galaktischer Ebene → nahezu Kreisbahn.Differenzielle Rotation: ω = ω (R)

→ Kreisbahngeschwindigkeit v = ω · R = θ

→ Winkelgeschwindigkeit ω = θ (R)R

→ Ableitung d ωd R

= 1R

(d θd R

− θR

)Sonne: R = R¯ = 8, 5kpc, ω = ω (R¯) = ω¯, θ = θ¯ = ω¯ R¯

• Beobachtungen bestatigen die Doppelwelle sin 2 l nach Wegmittelung der Peku-liarbewegungen von vt und vr; Amplituden von vt und vr wachsen proportionalzu r; Amplitude der Eigenbewegung µe = vt/r unabhangig von r.

Abbildung 6.4.27: Radialgeschwindigkeit nach Abzug der Sonnenbewegung vrL

[km sec−1] in Abhangigkeit von der galaktischen Lange: (a) fur klas-sische Cepheiden mit der mittleren Entfernung r = 2,3 kpc und (b)fur fruhe B-Sterne mit r = 2,0 kpc.

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• Zahlenwerte fur A, B

A = (+ 14,4 ± 1,2) kms · kpc

B = (-12,0 ± 2,8) kms · kpc

• Hatten wir starre Rotation (ω = ω¯)⇒ A = 0, B = −ω¯ → vt = −ω¯ rKreisbahngeschwindigkeit vθ = θ¯ = 220 km/s, R¯ = 8, 5 kpc→ ω¯ = 26 km/s/kpc (oder Umlaufzeit 2, 4 · 108 a).

6.4.5.3 Kinematik der Haloobjekte

• Haloobjekte: Kugelsternhaufen und Feldsterne; i. A. Schnelllaufer; Bahnen: lang-gestreckte Ellipsen um GZ (auch retrograd); statistisch verteilte Inklinationengegen galaktische Ebene.

• Kugelsternhaufen: nur vr bekannt (keine Eigenbewegung)

→ Zentroid der Geschwindigkeiten der Kugelsternhaufen (70 vorwiegend me-tallarme Haufen) relativ zum LSR: U ≈ 0, V ≈ (− 170± 30)km/s, W ≈ 0

⇒ keine oder nur schwache Teilnahme an galaktischer Rotation (keine Ro-tation: U = 0, V = − 220km/s, W = 0)

→ Ergebnis entspricht ∼ (50 ± 30) km/s fur Rotation der Kugelsternhaufenum GZ; deswegen geringe Abplattung des Systems der Kugelsternhaufen.

→ metallreichste Kugelhaufen [Me/H] > − 0, 8 bilden aber rotierende Scheibevon ∼ 1 kpc Dicke mit θ (R = R¯) ≈ 150km/s

• Ubersicht uber alle Haloobjekte (s. Abb. 6.4.24)Schwache (v = − 10 ... − 50 km/s) bis starke (v = − 170 ... − 250km/s) Ab-kopplung von der galaktischen Rotation fur verschiedene Untergruppen der Ha-loobjekte.

6.4.6 Sternhaufen, Assoziationen, Populationen

6.4.6.1 Sternhaufen und Assoziationen

• Sterne in der MS nicht gleichmaßig verteilt

• Sterne treten gehauft auf (→ Sternentstehung in Gruppen)

a) Offene (galaktische) Sternhaufen und Assoziationen

• Offene Sternhaufen

– mit Fernrohr leicht auflosbar

– entlang des MS-Bands

– sternreiche offene Sternhaufen: viele Hundert Sterne

– sternarme offene Sternhaufen: einige Dutzend Sterne

– Massen 102 ... 103 M¯

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– ® 1 ... 10 pc

– Sternkonzentration zum Haufenzentrum; Kompaktheit sehr verschieden

– bekannteste Vertreter: Plejaden und Hyaden im Taurus (Stier); Doppel-haufen h und χ im Perseus (s. Abb. 6.4.28)

– insgesamt ∼ 1.000 offene Haufen bekannt; geschatzte Gesamtzahl ∼20.000

Abbildung 6.4.28: Der Doppelhaufen h + χ im Perseus.

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• Sternassoziationen

– eng verwandt mit offenen Sternhaufen

– relativ lose Ansammlung von Sternen einer bestimmten Sorte, z. B.OB-Assoziation: OB-SterneT-Tauri-Assoziation: TT-Sterne

– Konzentration von Sternen dieses Typs deutlich hoher als in Umgebung

– ∼ 100 Sternassoziationen in MS bekannt

• FHD und Alter offener Sternhaufen

– große Beitrage zum Wissen uber Entstehung, Entwicklung und Endevon Sternen ans FHD von Sternhaufen

– gleiche Entfernung der Sterne eines Haufens; einheitliche Korrektur furVerfarbung durch IS Absorption

– HRD → FHD (Sp/Mv → (B − V)/mv) sehr genau bestimmbar auchfur außerst schwache Sterne (s. Abb. 6.4.29)

– Altersbestimmung durch Messung des Abknickpunkts von der Hauptrei-he (Ende des H-Brennens)

Abbildung 6.4.29: Farben-Helligkeits-Diagramm offener Sternhaufen (schematisch).

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b) Kugelsternhaufen

Abbildung 6.4.30: Der Kugelsternhaufen M92.

• ca. 150 bekannt (geschatzt ca. 200)

• hellste: ω Cen, 47 Tucanae, M 13

• Verteilung in MS: nahezu kugelformiges Volumen (metallarm) bzw. Kon-zentrierung zur MS-Ebene (metallreicher); starke Konzentration zum galak-tischen Zentrum (s. Abb. 6.4.31 und 6.4.32)

Abbildung 6.4.31: Verteilung von 110 Kugelhaufen (a) projiziert auf die galaktischeEbene und (b) projiziert auf die dazu senkrechte Ebene, welche dieOrte der Sonne und des galaktischen Zentrums enthalt. Ursprungdes Koordinatensystems ist die Sonne (¯). Langeneinheit: 1 kpc.

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Abbildung 6.4.32: Verteilung der Kugelhaufen mit Spektraltypen F (“metallarm“) undG (“metallreich“) in der z-x-Ebene. Ursprung ist der Ort der Son-ne. Einheit: 1 kpc. Das galaktische Zentrum ist bei x ≈ 8, 5 kpcangenommen.

• Sterne i. A. metallarmer als in Sonnenumgebung

• Auflosung der Zentren von Kugelhaufen erst durch HST-Beobachtungen

• Typische Daten:

– in 40 pc ® mehrere 105 Sterne→ mittlere Sterndichte: 10 x großer als in offenen Sternhaufen

– Bestimmung der Gesamtmassen aus Streuung der Radialgeschwindig-keiten (→ Virialtheorem): ∼ 103...106 M¯

– ®: 20 ... 150 pc

– MV = -1,7 ... -10,1 mag

– z. Teil erheblicher Anstieg der Sterndichte zum Zentrum

• FHD und Alter

– Kugelsternhaufen haben verschobene FHD; starke Abhangigkeit der La-ge im HRD vom Metallgehalt; Hauptreihe und Riesenaste von Kugel-haufen relativ zu metallreichen offenen Haufen linksverschoben (PopII-Sterne: κ ↑⇒ L ↓, aber L →, deshalb Teff ↑)

– Altersbestimmung: Abknicken von HR und Modellrechnungen. Mehr-heit der Kugelsternhaufen (12 ± 2) · 109 Jahre (damit gehoren Ku-gelhaufen zu den altesten Objekten der MS); aber es existieren auchHaufen, die 3...4 · 109 Jahre alt sind.

6.4.6.2 Populationen

Beobachtungsbefund: verschiedene Galaxien bzw. verschiedene Teile von Galaxien wer-den von verschiedenen Sternpopulationen bewohnt.

Anfangs Einfuhrung zweier Populationen:

• Sternpopulation IFHD ahnlich dem der Sonnenumgebung; hoher Metallgehalt; hellste Sterne: blaueOB mit MV ≈ − 7 mag; jungere Sterne

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• Sternpopulation IIFHD ahnlich dem der Kugelsternhaufen; niedriger Metallgehalt; hellste Sterne:Rote Riesen

Jetzt Verfeinerung, aber Beibehaltung von Pop I, Pop II

Abbildung 6.4.33: Schema der Sternpopulationen.

Population III: Woher stammt der zwar geringe, aber dennoch vorhandene Metall-gehalt [Me/H]/[Me/H]¯ = 10−1...10−4 (Me nicht beim Urknall entstanden) der PopII-Sterne?

→ es muss vorherige Sternpopulationen gegeben haben

→ Rekordalter: HE 0107-5240, 0,8 M¯, [Fe/H]/[Fe/H]¯ = 5 · 10−6

→ hypothetische Population III der ersten Sterne

großtes Problem: Metalle liefern Hauptanteil zum Kuhlen der Materie bei der Stern-entstehung → neues Sternentstehungsmodell fur Pop III-Sterne benotigt

6.4.7 Das interstellare Medium

- Dunkelwolken: Versperrung der Sicht auf dahinter liegende Sterne → “Loch“ amSternhimmel

- Emissionsnebel: Gas wird von heißen OB-Sternen zum Leuchten angeregt

- Reflexionsnebel: Streuung und Reflexion des Lichts “relativ“ kuhler Sterne anStaubwolken

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Beispiele:

- Dunkelwolken: · Milchstraße (s. Abb. 6.2.1)· Staubfinger in M 16 (s. Abb. 6.4.34)· Bok-Globule

- Emissionsnebel: · M 42 Orion· M 16 Zentralgebiet (s. Abb. 6.4.34)

- Reflexionsnebel: · Plejaden· NGC 2264

Abbildung 6.4.34: Der Emissionsnebel M16. Man beachte die dunklen “Staubfinger“ inder Mitte des Nebels.

6.4.7.1 Der interstellare Staub

Hinweise auf interstellaren Staub:

- Dunkelwolken

- IS Extinktion und Verfarbung; Polarisation des Sternlichts

• Extinktion

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– Verringerung der Sternanzahl→ Wolf-Diagramm zur groben Bestimmung der Entfernung galaktischerDunkelwolken.

Abbildung 6.4.35: Wolf-Diagramm zur Bestimmung der Entfernung galaktischer Dun-kelwolken. Aufgetragen ist die Anzahl der Sterne A (m) pro Qua-dratgrad im Helligkeitsbereich m - 1/2 bis m + 1/2 als Funktionvon m. Die vordere bzw. hintere Begrenzung der Wolke entsprichtden mittleren Sternhelligkeiten m1 bzw. m2; ihre Extinktion betragt∆m Großenklassen.

– Erste Ergebnisse der Entfernungsbestimmung an Dunkelwolken:

∗ Viele Dunkelwolken nur wenige 100 pc entfernt

∗ zur galaktischen Ebene konzentriert

∗ nur wenige pc groß, aber entlang der Spiralarme uber Langen von>∼

100 pc auseinandergezogen

– Einfuhrung einer spezifischen Extinktion γ [mag/kpc] im Entfernungsmodul→ scheinbarer Entfernungsmodul

(m − M) = 5 log r [pc] − 5 + γ · r [pc]︸ ︷︷ ︸A≡Extinktion

(6.4.23)

• Verfarbung: Beschreibung durch Farbexzess

Ex−y = (x − y)︸ ︷︷ ︸Farbindex

− (x − y)0︸ ︷︷ ︸extinktionsfreier Farbindex

(6.4.24)

x, y = U, B, V-Farbsystem (s. Kap. 1, Astrophysik I) (→ x − y [z. B. B − V]Abzisse des HRD)

Im optischen (visuellen) Wellenlangenbereich hangt die Extinktion von der Wel-lenlange gemaß AV ∼ 1

λab; es gilt der empirische Zusammenhang zwischen

Extinktion und Farbexzess

AV = (3, 1 ± 0, 1) EB−V (6.4.25)

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Gesamte interstellare Extinktionskurve (Extinktion = Absorption + Streuung)(s. Abb. 6.4.36)

– Radiobereich/IR-Bereich: Aλ klein

– VIS: Zunahme gemaß AV ∼ 1λ

– UV: Maximum bei λ ≈ 220 nm(durch Absorption kleiner Kohlenstoffteilchen = Resonanz)

– Fernes UV: weitere Zunahme von Aλ

Abbildung 6.4.36: Mittlere interstellare Extinktionskurve Aλ. Die Normierung im Vi-suellen ist durch AV = 3,1 EB−V gegeben.

• Polarisation:

Beobachtung:

– Licht von Sternen teilweise linear polarisiert

– Polarisationsgrad proportional zur interstellaren Verfarbung

Polarisationsgrad: I′′ parallel, I⊥ senkrecht zur Polarisationsebene

P =I′′ − I⊥I′′ + I⊥

(6.4.26)

– großte Werte fur IS Polarisation: einige %

– Korrelation von ∆mp = 2, 5 · log I′′I⊥

und AV :

∆mp ≤ 0, 065 AV ; (6.4.27)

im Mittel ∆mp ≈ 0, 03 AV (6.4.28)

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Abbildung 6.4.37: Interstellare Polarisation, dargestellt in galaktischen Koordinaten.Die Striche - in deren Mitte der Stern zu denken ist - bezeichnen dieRichtung des elektrischen Vektors der optischen Polarisation, ihreLange den Betrag des Polarisationsgrades P : Kleine Kreise bezeich-nen Sterne mit P < 0,08 %. Die Skalen fur den Polarisationsgrad(linke obere Ecke) sind folgendermaßen zu verstehen: Linke Skala furSterne mitP > 0,06 % (dunne Linien); rechte Skala fur Sterne mitP ≥ 0,6 % (dicke Linien). - In groben Zugen kann man dieses Bildansehen als Analogon der bekannten Versuche mit Eisenfeilspanen,die man auf ein Papierblatt uber einem Stabmagneten streut.

Ursache fur Polarisation:

– Anisotrope Staubteilchen (nadelformig, plattchenformig)

– Staubpartikel sind ausgerichtet durch galaktsiches Magnetfeld von≥ 10−10 T

– Staubteilchen sind geladen und kreisen um Magnetfeldlinien; Achse mitgroßtem Tragheitsmoment zeigt parallel zu Magnetfeldlinien.

Zusammensetzung und Struktur der IS Staubteilchen:

– Theorie von Absorption und Streuung von Licht an Festkorperpartikeln(Mie-Streuung)

∗ große Partikel (a À λ): Streuung und Absorption unabhangig von λ;proportional zur geometrischen Querschnittsflache π a2

∗ sehr kleine Partikel (a ¿ λ): Rayleigh-Streuung ∝ λ−4

∗ IS-Staubteilchen: a ≈ λ

– IS Staubdichte:

∗ Staubdichte in Milchstraße aus Extinktion abschatzbar

∗ Großenordnung: 1 mag/kpc → optische Tiefe τν ∼ 1 fur Wegstrecke s= 1 kpc

Opazitat: τν = Qext(λ) · π · a2 · ns · s (6.4.29)

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Qext(λ): Extinktionsfaktor = f(λ)π · a2: geometrischer Querschnittns: Staubanzahldichte ([ 1

m3 ])s: Wegstrecke

oder:

τν = κλ · ρ · s (6.4.30)

κλ: Massenabsorptionskoeffizient = f (λ)[

m2

kg

]

ρ: Massendichte des Staubs im Raum[

kgm3

]

∗ Extinktionsfaktor Qext (λ):Zusammensetzung aus Absorption und Streuung

Abbildung 6.4.38: Wirkungsfaktor Qext fur homogene Kugeln mit dem reellen Bre-chungsindex n = 1,33 in Abhangigkeit von α = 2 πa/λ.

Abbildung 6.4.39: (a) Wirkungsfaktoren fur lange Zylinder vom Radius a mit demBrechungsindex n = 1,33 - 0,05 i. Q′′ und Q⊥ gelten fur Zylinder-achsen parallel bzw. senkrecht zum elektrischen Vektor der einfal-lenden Welle, die sich senkrecht zur Zylinderachse ausbreitet. Q′′- Q⊥ bestimmt den Grad der linearen Polarisation. (b) Mit derMikrowellen-Analogmethode bestimmte Wirkungsfaktoren Q′′ undQ⊥ fur Rotationsellipsoide mit dem Achsenverhaltnis Rotationsach-se: kleine Achse = 2 : 1 und dem Brechungsindex n = 1,33 - 0,05i.

Qext = Qabs + Qstr (6.4.31)

Qext ist fur nur einfache geometrische Formen (Kugeln, Zwiebelschalen,Zylinder, Ellipsoide) berechenbar.

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Qext ∝ λ−4 fur 2 π aλ

¿ 1 (Rayleigh-Streuung)Qext → 2 fur 2 π a

λÀ 1 (geometrische Absorption und

geometrische Streuung)

Alle Versuche mit idealisierten Annahmen uber Struktur und Zusam-mensetzung des interstellaren Staubs fuhrten bisher zu keiner eindeuti-gen Interpretation der interstellaren Extinktionskurve.

Schwierigkeiten:

· es gibt Staubteilchen verschiedener Großen(Großenverteilung n (a) da ∝ a−3,5 da)

· es gibt Staubteilchen verschiedener Zusammensetzung (“Graphit“,Silikate, Eis, organische Substanzen)

• Emission des interstellaren Staubs

Aufheizung durch interstellares Strahlungsfeld (Strahlungsfluss Fν (r), r = Ab-stand zum Stern) auf eine Gleichgewichtstemperatur (nur fur große Partikel) Td

(von Aufheizung und Abkuhlung).

∞∫

0

π a2 Qabs, ν Fν (r) dν =

∞∫

0

π a2 Qabs, ν Bν(Td) dν (6.4.32)

Bν (Td) =2 h ν3

c2

(exp

kTd

− 1

)−1

(6.4.33)

Absorption uberwiegend im UVEmission uberwiegend im IR

Maximum der Emission gemaß Wienschem Verschiebungsgesetz λmax = 2,99mm/T [K]

• Chemische Zusammensetzung des interstellaren StaubsBestimmung aus diffusen interstellaren Absorptions- und Emissionsbanden.

UV (s. Abb. 6.4.36):λ = 220 nm, FWHM 40 nm→ noch nicht endgultig idendifiziert

– Kohlenstoff spielt dominante Rolle

– sehr kleine Parikel (nm)

IR (s. Abb. 6.4.40):

– in dichten interstellaren Wolken starke Banden bei 9,7 µm und 18 µm →Silikate (Schwingung SiO4-Tetraeder)

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– Bande bei 3,1 µm → H2O-Eis (OH-Streckschwingung)6,0 µm → H2O-Eis (H-O-H-Biegeschwingung)

– 4,67 µm CO (CO-Streckschwingung)4,27 µm CO2

2,95 µm NH3 (NH-Streckschwingung)3,35 µm CH3OH (CH-Streckschwingung)8,9 µm CH3OH

Abbildung 6.4.40: Infrarotspektren von NGC 7538 IRS 9, einer Infrarotquelle imEmissions-/Reflexionsnebels NGC 7538 im Sternbild Cepheus

Viele diffuse interstellare Banden noch unidentifiziert → polyzyklische aro-matische Kohlenwasserstoffe (PAHs); 10 - 100 C-Atome in einer Ebene.

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Abbildung 6.4.41: Einige typische PAHs.

Prinzipieller Aufbau des interstellaren Staubs:

∗ Silikate, kohlenstoffhaltige Partikel, Sulfide

∗ in dichten Wolken: Ausfrieren von Eisen und organischen Substanzenauf den vorhandenen Partikeln.

Bildung der interstellaren Staubpartikel in den Atmospharen spater Sterne(Rote Riesen, AGB-Sterne, Planetarische Nebel) (Kondensationsprozess);Sternwinde und Strahlungsdruck transportieren interstellaren Staub ins ISM.

6.4.7.2 Das interstellare Gas

• Neutrales atomares Gas

– durchmischt mit interstellarem Staub in unregelmaßigen Verdichtungen undunterschiedlichen Konzentrationen→ diffuse HI-Gebiete

– Nachweis:

∗ Absorptionslinien im UV und VIS (bislang uber 400 Linien bei λ = 95- 300 nm bekannt)

∗ 21 cm-Linie von HI

– Beispiele der starksten Linien:

∗ Lyman-α: λ = 121,6 nm HI

∗ Na I-D: λ: 589,0/589,6 nm

∗ (Ca II H&K: λ = 393,3/396,8 nm)

∗ K I, Ca I, Fe I, C I, N I, O I, Mg I, Ar I, (Ti II, C II, N II, Mg II, AlII+III, Si II+III, P II, S II+III, Mn II, Fe II, Zn II)

– Interstellare Absorptionslinien zur Entfernungsbestimmung nutzbar: Beob-achtungen mit hoher spektraler Auflosung (0,5 - 1 km/s) zeigen, dass Lini-en oft aus mehreren Komponenten bestehen → Licht passiert verschiedeneWolken (im Mittel 5 - 10 Wolken/kpc) → Entfernung durch bekannte diffe-renzielle Rotation der Galaxis.

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Abbildung 6.4.42: Interstellare Absorptionslinien im ultravioletten Spektrum (119,6-135,6 nm) des O9 V-Sterns ζ Oph. Beobachtungen mit demCopernicus-Satelliten. Die Intensitaten sind nicht auf Empfindlich-keitsschwankungen des Spektrometers usw. korrigiert. Starkste in-terstellare Linie ist die breite, gesattigte Lα-Linie λ = 121,6 nm desHI (in deren Zentrum eine schwache Emission der Geokorona erkenn-bar ist). Einige der starkeren interstellaren Linien, die sich gegenuberden stellaren Linien durch ihre Scharfe abheben, sind markiert.

– Chemische Zusammensetzung des interstellaren Neutralgases: aus Aquivalent-breiten der Linien sind Elementhaufigkeiten ableitbar.

∗ geringe Extinktion und geringe Verfarbung: → Elementhaufigkeiten ≈Sonne

∗ dichtere Gebiete → Unterhaufigkeiten einiger Elemente gegenuber Son-neCa, Al, Ti, bis zu 1.000 mal seltenerFe bis zu 100 mal seltenerC, N, O, S, Ar, Sn, Tl nur wenig unterhaufig⇒ kondensierbare Elemente in Staubteilchen gebunden

– Neutraler Wasserstoff (HI)

∗ mit Abstand haufigstes Element

∗ nicht kondensierbar

∗ große Bedeutung fur Erforschung großraumiger Struktur und Dynamikdes MS-Gases

∗ Nachweis uber 21 cm-Linie (1.420,4 MHz); Ubergang hochgradig ver-boten (magnetische Dipolstrahlung); Lebensdauer des oberen Niveaus1, 1 · 107 Jahre (→ sehr geringe naturliche Linienbreite)

∗ Anregung durch Elektronen-Austausch-Stoße der H-Atome; mittlere Stoß-zeit ∼ 400 Jahre

∗ optische Tiefe des HI-Gases (hergeleitet aus Betrachtungen der Beset-zungszahlen)

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τHI ≈ 2 · 10−3 nH [cm−3] · s [kpc]

TH [K] · ∆v [km/s]; (6.4.34)

Ware Gas “in Ruhe“, ohne an der Rotation der MS teilzunehmen →τHI ≈ 1 bei s ≈ 1 kpc.

ABER: durch Rotation der MS verschiedene Doppler-verschobene Ru-hefrequenzen bei verschiedenen Wolken (∆v ≈ 100 km/s); einzelne Wol-ken i. A. ® < 1 kpc→ fast alles optisch dunn→ Bestimmung von nH durch Messung von τ

∗ Große Durchmusterung der MS bei λ = 21 cm:

→ Spiralarme zusammengesetzt aus zahlreichen Verdichtungen oderdiffusen HI-Wolken;

→ unterschiedliche Großen der HI-Wolken; typische Werte: ® = 5 pc,nH ≈ 2 · 107 m−3 = 20 cm−3, TH ≈ 80 K → MH ≈ 30 M¯

→ Konzentration des H in diffusen HI-Wolken korreliert mit Verdich-tungen des interstellaren Staubs, solange dessen Extinktion nicht zustark ist; in Gebieten hoherer Staubextinktion (EB−V ≥ 0, 3 mag)HI → H2 (H2 nicht beobachtbar).

→ manche 21 cm-Linienprofile zeigen im Untergrund schwache, breiteLinienkomponente.Untergrundemission stammt von “warmem“ Gas (T ≈ 6.000 K)geringer Dichte (nH ∼ 0, 5 cm−3), in dem H teilweise (10 - 20 %)ionisiert ist→ vermutlich sind diffuse HI-Wolken in “warmes“ Zwischenwolken-gas eingebettet.

• Molekulares Gas

– in diffusen HI-Wolken nur wenige einfache Molekule bekannt (CH, CH+,CN, OH, H2, HD, CO)

– in dichteren Gebieten schirmt der interstellare Staub stellare UV-Strahlungab → Verhinderung der Zerstorung von Molekulen durch Photodissoziation

– allerdings: energiereiche Photonen und Partikel der komischen Strahlung →teilweise Ionisation von Molekulen, die dann die meist exothermen Ionen-Molekul-Reaktionen bewirken; H+

2 sehr reaktionsfreudig, H+3 (H+

2 + H2 →H+

3 + H) ebenfalls sehr reaktionsfreudig

– Bildung komplizierter Molekule durch p+-Transfer:H+

3 + X → XH+ + H2

– Bildung von H2 auf den katalytisch wirkenden Oberflachen von Staubparti-keln (H + H → H2 ist in der Gasphase wegen Energie-/Impuls- erhaltungnicht moglich)

– Molekulbildung auf Stauboberflachen:1. Reaktionspartner haftet auf Staubpartikeln; wandert (Diffusion) auf Ober-flache; findet 2. Reaktionspartner; Energie-/Impulsubertrag an das Staub-teilchen; moglicherweise dadurch Abdampfen (bei exothermen Reaktionen).

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– Rotationsubergange von Molekulen meist im Radiobereich (Anregung selbstin kalten Molekulwolken); Schwingungsubergange im IR (oft in Molekulwolkennicht angeregt).

– uber 100 Molekule in IM nachgewiesen

Abbildung 6.4.43: Die derzeit im interstellaren Medium nachgewiesenen Molekule.

– homopolare Molekule (H2, N2, O2) radioastronomisch nicht nachweisbar →kein Dipolmoment → keine Roationsubergange

– H2 großes Problem: mit Abstand haufigstes Molekul, aber nicht nachweis-bar; Nachweis von H2 uber zweithaufigstes Molekul CO; CO/H2 ∼ 10−4;Stoßanregung ab 100 cm−3, optisch dick

– Molekule befinden sich großtenteils in ungleichformigen Wolken in der MS-Ebene; ® 1-200 pc; n = 102 − 106 cm−3; M = 10 − 106 M¯; mit Dunkel-wolken korreliert; AV = 1 − 25 mag

– Riesenmolekulwolken mit M > 105 M¯ sind neben Kugelsternhaufen diemassereichsten Objekte in MS (außer galaktisches Zentrum); Anzahl vonRMW auf ∼ 4.000 geschatzt.

– Temperaturen von Molekulwolken: T = 10 - 30 K

– dichte Kondensationen in Molekulwolken: ® 1 pc → Sternentstehungsgebie-te; T = 100 - 1.000 K

• Ionisiertes Gas

a) HII-Gebiete: helle OB-Sterne ionisieren umgebendes Gas (Ex-MW) (Teff (≥B0) ≥ 30.000 K);Nachweis: Rekombinationsstrahlung von H II, He II, C II, N II, O II, ... uberKaskade (aller moglicher Zwischenniveaus) in Grundzustand.

b) Planetarische Nebel: Tgas = 30.000 - 150.000 K; leuchtende Hullen mitR bis zu einigen 104 AE ≈ 0,2 pc. Anregung durch kompakten, heißenStern in Endphase (zwischen AGB und WZ); starke Sternwinde mit M =

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10−4 − 10−6 M¯/J (Rote Riesen, AGB) → Stoßfront und starke Aufheizung→ Linien hoher ionisierter Elemente (O III, O V, Ne III, Ne V, C V)

c) Supernovauberreste (SNR): M > 8 M¯ SN-Explosion; Stoßfront mit v ≈10.000 km/s, T ≈ 106 K

→ thermische Strahlung in Rontgenbereich

→ Anreicherung der heißen Gasphase

→ heißes Zwischenwolkengas

→ lokale Blasen

6.4.7.3 Das “Funfphasenmodell“ des ISM

1. Molekulares Medium (Molekulwolken, meist gravitativ gebunden)T ≈ 20 Kn > 103 cm−3

f < 1% (Volumenfullfaktor)

2. Kaltes neutrales Medium (oft in dichten Filamenten)T ≈ 100 Kn ≈ 20 cm−3

f ≈ 2 − 4%

3. Warmes neutrales MediumT ≈ 6.000 Kn ≈ 0, 3 cm−3

f ≥ 30%

4. Warmes ionisiertes MediumT ≈ 8.000 Kn ≈ 0, 3 cm−3

f ≥ 15%

5. Heißes ionisiertes Medium (aus SN-Expolsion)T ≈ 106 Kn ≈ 10−3 cm−3

f ≤ 50%

6.4.8 Verteilung und Bewegung der interstellaren Materie

• Verteilung in Sonnenumgebung (s. Kap. 6.4.4)

• Methoden fur IS Gas:

– HI-Gebiete: 21 cm-Linie

– H II-Gebiete: optische Emissionslinien

– Molekulwolken:OH-Linie 18 cmCO-Linie 2,6 mmH2CO-Linie 6 cm

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→ IS Gas nimmt an der differenziellen Rotation der MS teil→ vr = R¯ (ω (R) − ω¯) sin l (wie Sterne)

→ Rotationskurve der MS

– innen steiler Anstieg der Rotationsgeschwindigkeit

– “flache“ Rotationskurve bis zu großen Entfernungen⇒ Massenverteilung:M (R) ∝ Rρ (R) ∝ R−2 (Massendichte)→ θ (R) = const (Umlaufgeschwindigkeit θ)

Abbildung 6.4.44: Die Rotationskurve der Milchstraße.

→ Ergebnisse fur HI:

– Spiralstruktur der MS

– radiale Verteilung:

∗ n = 0,35 cm−3 zwischen 4 und 14 kpc

∗ starker Abfall von n nach innen und außen (im Gegensatz zur Stern-dichte, die nach innen stetig ansteigt)

– vertikale Verteilung:

∗ Verbiegung der galaktischen Gasscheibe fur R > 12kpc

∗ Verbiegung auch bei anderen Galaxien beobachtbar

∗ Ursache: grav. Wechselwirkung mit Nachbargalaxien (bei uns: LMC,SMC)

∗ auch: “High-Velocity-Clouds“ fur |b| À 0; Gasmassen, die bei dergroßten Annaherung der LMC von der galaktischen Scheibe weggerissenwurden und jetzt wieder zuruckfallen.

– Gesamtmasse im HI: MHI ≈ 2, 5 · 109 M¯

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Abbildung 6.4.45: Radiale Verteilung in der galaktischen Ebene fur verschiedeneKomponenten des interstellaren Gases und die diffuse galakti-sche Gammastrahlung: (a) Neutraler Wasserstoff, (b) Emission derH 166α-Linie des diffus verteilten ionisierten Wasserstoffs (linkeSkala: willkurliche Einheiten) und Anzahldichte von “Riesen-HII-Regionen“ (schraffiert) pro Flacheneinheit in der galaktischen Ebe-ne, (c) CO-Emission pro Volumeneinheit (linke Skala: willkurli-che Einheiten, rechte Skala: Umrechnung in die Anzahldichte derH2-Molekule), (d) Emission pro Volumeneinheit von Photonen mitEnergien > 100 MeV in willkurlichen Einheiten.

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Abbildung 6.4.46: Die Galaxie ESO 510-G13 zeigt eine Verbiegung ahnlich der fur dieMilchstraße ermittelten.

Abbildung 6.4.47: Schnitt durch das Milchstraßensystem senkrecht zur galaktischenEbene in den galaktozentrischen Langen maximaler Verbiegung derHI-Schicht ϑ = 85 und 265. Die Ordinatenskala z ist gegenuber derAbzissenskala R um den Faktor 10 gedehnt; die Langen der vertika-len Striche entsprechen der Dicke 2h der HI-Schicht. Die Darstellungschematisiert die wirklichen Verhaltnisse: Tatsachlich verlaufen so-wohl die Verbiegung wie auch die Schichtdicke auf Nord- und Sudsei-te etwas verschieden.

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→ Ergebnisse fur HII und Molekulwolken

– R > 3 kpc

∗ HII-Gebiete perlschnurartig entlang Spiralarmen

Abbildung 6.4.48: Verteilung von 60 “Riesen-HII-Regionen“ in der galaktischen Ebe-ne. Kreisformige Symbole: Optisch erfasste HII-Regionen, Quadra-te: HII-Regionen mit Entfernungen nach Radiobeobachtungen. Dieversuchsweise eingepassten vier Spiralarme sind logarithmische Spi-ralen in galaktozentrischen Polarkoordinaten: R = R∗ exp (aϑ)mit ϑ = galaktozentrische Lange. Der fur a gewahlte Wert ent-spricht einem Neigungswinkel der Spiralen gegen einen konzentri-schen Kreis von 13,5. Die ublichen Bezeichnungen der Spiralar-me sind: 1 Sagittarius-Carina-Arm, 2 Scutum-Crux-Arm, 1′ Norma-Arm, 2′ Perseus-Arm. Die Position der Sonne ist durch S bezeichnet.

∗ lokaler Arm: nur schwache HII-Regionen → kein selbststandiger Arm,nur Zwischenarm

∗ starke Konzentration von H2 (uber CO) im Ringbereich: 3 - 7 kpc (s.Abb. 6.4.45)

∗ innerhalb R¯ befinden sich 90 % des galaktischen H2, aber nur 1/3 desgalaktischen HI

∗ molekulares Gas vollstandig in Wolken (d. h. nicht diffus); H2-Wolkenfullen nur ∼ 1 % des Raumes; effektive Halbwertsdicke HH2 ∼ 50 pc,HHII ∼ 120 pc, HHI ∼ 150pc

∗ Gesamtmasse in H2: HH2 ≈ 2 · 109M¯ ≈ MHI (der großte Teil davonin Riesen-Molekulwolken)

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– R < 3 kpc

∗ zwischen R ≈ 2 kpc und R ≈ 4 kpc starker Abfall der Dichten fur HI,CO, Staub

∗ fur R < 2 kpc wieder steiler Anstieg von CO

∗ MH2 ≈ 109M¯∗ Modellvorstellungen:

a) rotierende und expandierende Gasscheibe mit R = 1,5 kpc; Neigung20 gegen b = 0

b) geneigter Balken von ca. 2 kpc Lange; Neigung ca. 16

∗ Zentralbereich:

(1) R < 500 pc: Schicht von Molekulwolkenkomplexen

(2) hohere mittlere Dichte (n ≥ 104 cm−3) als Molekulwolken in Au-ßenbereich; starke innere Bewegung (20 ... 50 km/s) und erheblicheAbweichung von Kreisbahn.

(3) rotierender und expandierender Ring von Molekulwolken R = 200pc; d1/2 ≈ 30 pc; vrot ≈ 50 - 60 km/s; vexp ≈ 130 - 160 km/s

6.4.9 Das Galaktische Zentrum

Zentrum der Galaxis im Vis nicht beobachtbar Av ≈ 28 mag⇒ IR, Radio-, Rontgenbereich

6.4.9.1 Lage des Galaktischen Zentrums

• HI-Scheibe zwischen ∼ 100 pc und ∼ 1 kpc→ erlaubt Massenbestimmung M (R) fur R > 100 pc durch Messung der Rota-tionsgeschwindigkeit bei λ = 21 cm

• Radiofilamente senkrecht zur Galaktischen Scheibe

• Radioquelle Sgr A in den inneren 8 pc, bestehend aus:

– molekularem Ring (Torus) 2 pc<∼ R

<∼ 8 pc, 20 gegenuber gal. Scheibegeneigt, vrot ∼ 110 km/s unabhangig von R

– Sgr A Ost; nicht-thermische Synchrotron-Quelle, vermutlich SNR, Alter 100- 5.000 Jahre

– Sgr A West; thermische Quelle, Spiralstruktur

– Sgr A∗; starke, kompakte Radioquelle nahe des Zentrums von Sgr A West,Ausdehnung < 3 AE ⇒ bester Kandidat fur das GZ (s. Abb. 6.1.4)

6.4.9.2 Der zentrale Sternhaufen

• K-Band-Beobachtungen bei λ = 2, 2 µm zeigen kompakten Sternhaufen, zen-

triert auf Sgr A∗ (Unsicherheit zwischen IR- und Radioposition 38 mas∧= 8.000

AE); Dichteverlauf ∝ r−1,8 fur 0,1 pc<∼ r

<∼ 1pc; theoretisch bei einem “therma-lisierten“ Sternhaufen (bei dem pro Stern eine nahe Passage an einem anderenStern alle ∼ 106 J. auftritt) n ∝ r−2; Geschwindigkeitsdispersion der Sterne

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(σ ∼ 55 km/s bei 5 pc → σ ∼ 180 km/s bei 0,15 pc) impliziert zentrale Mas-senkonzentration (s. Abb. 6.1.5).

• Messung der Eigenbewegungen der Sterne im K-Band (Auflosung bis 0, 01′′) in-nerhalb der zentralen 4′′ von Sgr A∗ → ρ = 3, 9 · 106 M¯/pc3

6.4.9.3 Schwarzes Loch im Zentrum der Milchstraße

Aus Messung der Eigenbewegung der Sterne mit R>∼ 1 mas (∼ 100 AE) lasst sich mit

großer Sicherheit auf ein Schwarzes Loch im GZ mit Mc > 2, 6 · 106 M¯ schließen.

Bester Wert: Mc = (3, 7 ± 1, 5) · 106 M¯.

Abbildung 6.4.49: Die Umlaufbahn des Sterns S2 (s. Abb. 6.1.5) um das galaktischeZentrum. Aus der Umlaufbahn lasst sich die eingeschlossene Masseberechnen.

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Abbildung 6.4.50: Die eingeschlossene Masse als Funktion des Abstands vom galakti-schen Zentrum fur die innersten 10 pc.

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Kapitel 7

Extragalaktische Sternsysteme

7.1 Kataloge von Galaxien

Galaxien sind durch Katalognummern benannt. Die wichtigsten sind

• M: Messier-Katalog von C. Messier (1784)

• NGC: New General Catalogue von J. L. E. Dreyer (1888)

• IC: Index Catalogue von J. L. E. Dreyer (1895)

• Third Reference Catalogue of Bright Galaxies von G. de Vaucouleurs (1964/1976);4364 Galaxien < 16 mag

• The Hubble Atlas of Galaxies von A. Sandage

Literatur zu Galaxieaufnahmen: T. Ferris, Galaxien, Birkhauser-Verlag 1980

7.2 Klassifizierung von Galaxien

Hubble-Klassifikation (1936); Klassifikation mit abnehmendem Anteil am Kern (Bulge)

Abbildung 7.2.1: Die Hubble-Klassifikation von Galaxien

79

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Abbildung 7.2.2: Die formale Anordnung der Galaxien ist hier schematisch angegeben;das Schema ist so erweitert, dass auch Galaxien mit relativ kleinenZentralbereichen, die als Sd klassifiziert werden, dazugehoren. Ellip-tische Galaxien werden je nach dem Grad ihrer Abflachung als E0bis E5 klassifiziert. Perspektivische Effekte konnen das Aussehen unddie Klassifizierung elliptischer Galaxien sehr beeinflussen; sogar ei-ne zigarrenformige E5-Galaxie kann wie ein E0 aussehen, wenn wirsie zufallig von der Seite sehen. Die S0-Galaxien bilden eine eigeneKlasse.

Haufigkeitsverteilung der Galaxien mit m < 12,9 mag:

Typ Anzahl ProzentE 113 14,2

S0 74 9,3Sa 65 8,2Sb 142 17,8Sc 258 32,5

SB0 31 3,9SBa 27 3,4SBb 48 6,0SBc 15 1,9

Ir 22 2,8

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Abbildung 7.2.3: Die elliptische Galaxie M87.

81

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Abbildung 7.2.4: Die Spiralgalaxie NGC 1232.

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Abbildung 7.2.5: Die Balkenspiralgalaxie NGC 1365.

7.2.1 Elliptische Galaxien

Einfachste Erscheinungsform; bestehen nur aus Kern (dem so genannten Core) und wei-sen keine besondere Struktur auf; Klassifizierung nach Verhaltnis b/a der Halbachsen;En mit n = 10 (1 − b/a); projizierte Achsverhaltnisse (!); kein oder kaum interstellaresGas.

Helligkeitsprofile (de Vaucouleur 1948):

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I (R) = Ie exp

(− 7, 67

[(R

Re

)1/4

− 1

])(7.2.1)

Re: Effektivradius; enthalt 50 % der Leuchtkraft (typ. 1- 30 kpc)Ie = I (Re) [mag/arcsec2]

Totale Leuchtkraft: L = 2 · π Ie R2e (b/a)

Empirische Beziehung zwischen Ie und Re

Ie = 20, 2 + 2, 6 log (Re/kpc) mag/arcsec2 (7.2.2)

Abbildung 7.2.6: Flachenhelligkeitsverlaufe elliptischer Galaxien.

Rotation und Dispersion:2 Klassen:- große Ellipsen (gE): praktisch keine stellare Rotation- Zwergellipsen (dE), scheibenformige Ellipsen: schnelle Rotation: im Zentralbereich

stellare Scheibe; Ubergang zu Spiralgalaxien.

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Abbildung 7.2.7: Dispersions- (oben) und Rotationskurve (unten) der Galaxie M31(Spiralgalaxie) als Funktion des Abstands vom Zentrum.

Fundamentalparameter elliptischer Galaxien:

• Halbdichteradius Re

• mittlere effektive Flachenhelligkeit Ie = L2 π R2

e

• typische Geschwindigkeitsdispersion σ der Sterne

Die drei Parameter sind nicht statistisch unabhangig;

• Re ∝ σ1,35 I−0,84e (∗)

• ML∝ L0,24 I0,00

e (sternspezifisch)→ Masse-Leuchtkraft-Relation M ∝ L1,24

(∗) Virialtheorem:

• L = C1 · Ie · R2e

• M = C2 · σ2 · Re

Faber-Jackson-Relation (s. Kap. 5) LB ∝ σ4

Elliptische Galaxien und die Kerne (Bulges) von Spiralgalaxien sind stoßfreie, isother-me Sternhaufen (mit mehr oder weniger viel Anteil an Rotation → Abplattung) (vgl.Kugelsternhaufen).

In den Zentren aller Galaxien befinden sich wahrscheindlich massereiche SchwarzeLocher.

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Abbildung 7.2.8: Die Faber-Jackson-Relation.

Abbildung 7.2.9: Die Massen (in Einheiten von Sonnenmassen) Schwarzer Locher ingalaktischen Zentren als Funktion der Core-Masse (oben). Quadrate:Ellipsen; Kreise: Spiralgalaxien; Dreiecke: S0-Galaxien. Die Massender Schwarzen Locher als Funktion der stellaren Geschwindigkeitsdis-persion (unten).

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Kapitel 8

Die Großraumige Struktur desUniversums

8.1 Rotverschiebung und Hubble-Gesetz

• Entfernungsbestimmung von Galaxien mittels Perioden-Leuchtkraft-Beziehungvon Cepheiden (s. Kap. 5) bzw. uber konstante absolute Helligkeit von RR Lyr-Sternen bzw. SN Typ Ia (MV = − 19, 7 mag)

• Messung der Rot- (bzw. Blau-) Verschiebung von Galaxien (z. B. von Hα)

z ≡ λB − λ0

λ0

(8.1.1)

λ0: Wellenlange im RuhesystemλB: beobachtete Wellenlange

z > 0: Rotverschiebungz < 0: Blauverschiebung

v = c · z Fluchtgeschwindigkeit fur z > 0 (8.1.2)

Hubble 1929: c · z = H0 ·D (fur entfernte Galaxien) (8.1.3)

H0: Hubble-KonstanteD: Entfernung

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Abbildung 8.1.1: Hubble-Diagramm (oben) fur Supernovae und Galaxien (verschiedeneSymbole). Wert von H0 als Funktion der Entfernung (unten).

Heute immer noch Kontroverse uber Wert der Hubble-Konstanten:

– HST-Projekt: H0 = (72 ± 8) km/s/Mpc (1)

– SN Ia: H0 = (64 ± 6) km/s/Mpc (2)

(1) Freedman et al. 2001, ApJ 553, 47

(2) Riess et al. 1996, ApJ 473, 88

Abbildung 8.1.2: Die Hubble-Konstante als Funktion des Publikationsjahrs.

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8.2 Das Alter des Universums

8.2.1 Das Alter von Kugelsternhaufen

Sternentwicklungsrechnungen und Vergleich mit HRD galaktischer und extragalakti-scher Kugelsternhaufen (alteste Objekte in Galaxien) ergibt Zusammenhang zwischenAlter und Haufigkeit schwerer Elemente:

log (tgc/109J.) = 1, 035 + 2, 085 (0, 3− Y ) − 0, 03 (log Z + 3) (8.2.1)

Y : HeliumhaufigkeitZ: Metallhaufigkeit

Ergebnis: 11 · 109 J. < tgc < 15 · 109 J. (8.2.2)

8.2.2 Alter der Galaxis

Isotopenhaufigkeiten schwerer Elemente (gemessen im Sonnensystem) lassen Aussagenuber die Bildungszeit der schweren Elemente (= Alter der MS) zu:

12, 6 · 109 J. ≤ tMS ≤ 19, 6 · 109J. (8.2.3)

8.2.3 Weltalter

Fluchtgeschwindigkeit “ruckwarts“ gerechnet ergibt charakteristische Zeitskala (= Hubble-Zeit).

tH =1

H0

= 9, 78 · 109 100 km/s/Mpc

H0 [km/s/Mpc]J. (8.2.4)

Mit den besten Werten fur H0 ergibt sich

tH ≈ 14 − 15 · 109 J. (8.2.5)

(Genaueres bei Weltmodellen Kap. 8.5.3)

8.3 Die mittlere Dichte des Universums

Leuchtkraftfunktion der Galaxien:

φ (L) dL = φ0

(L

L∗

)−α

exp

(− L

L∗

)d

(L

L∗

)(8.3.1)

φ0 = 1, 2 · 10−2

(H0

100 km/s/Mpc

)3

Mpc−3 (8.3.2)

α = 1, 1 − 1, 25

L∗ = 1, 0 · 1010

(H0

100 km/s/Mpc

)−2

L¯ (8.3.3)

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Mittlere Entfernung zwischen den Galaxien:

dG ≈ φ−1/30 ≈ 4, 4

(H0

100 km/s/Mpc

)−1

Mpc (8.3.4)

Mittlere Leuchtkraftdichte:

< L > =

∞∫

0

Lφ(L) dL = φ0 L∗ Γ (2 − α)

≈ 1, 2 · 108

(H0

100 km/s/Mpc

)Γ (2 − α)

L¯Mpc3

(8.3.5)

Mittlere Galaxienmasse < MG >≈ 1011 M¯

⇒ Mittlere Massedichte in den Galaxien:

ρG ≈ [nG · < MG >] ≈ 10−31

(H0

100 km/s/Mpc

)3g

cm3(8.3.6)

8.4 Die kosmische Hintergrundstrahlung

“Nachleuchten“ des Urknalls; entdeckt 1964 von Penzias und Wilson.

8.4.1 Spektrum

COBE = Cosmic Background Explorer

Abbildung 8.4.1: Das von COBE gemessene Hintergrundspektrum.

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Schwarzer-Strahler = Planck-Spektrum mit T = (2, 725 ± 0, 001) K

→ Energiedichte

ργ c2 = a T 4 (8.4.1)

a: Strahlungskonstante (s. Kap. 4.6.2 Astrophysik I)

Anzahldichte der Photonen:

nγ = 1, 20 · 2

π2

(kT )3

(2π hc)3≈ 500 cm−3 (8.4.2)

→ ργ ≈ 3 · 10−34 g/cm3 ¿ ρG (8.4.3)

8.4.2 Anisotropien

a) Dipolanisotropie: Bewegungen von Erde/Sonne/MS/Virgo-Haufen gegenuber demRuhesystem der kosmischen Hintergrundstrahlung; vCMB = (1.170 ± 61) km/s

→ T (θ) ≈(1 +

vCMB

ccos θ

)(8.4.4)

∆ T/T ≈ 10−3 (8.4.5)

b) Multipolanisotropien: ∆ T/T ≈ 10−5

Fluktuationen hangen mit großraumigen Strukturen des Universums zusammen;Entwicklung nach Multipolmomenten.

∆T

T=

l, m

aml Y m

l (θ, φ) (8.4.6)

Potenzspektrum der Fluktuationen Cl ≡< |aml |2 >

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Abbildung 8.4.2: Falschfarbendarstellung der Temperaturverteilung der kosmischenHintergrundstrahlung. Vergleich der Messungen der beiden Satelli-ten COBE und WMAP. Oben: Temperaturbereich 0...4 K; auf die-ser Temperaturskala werden keine Abweichungen vom Mittelwert 2,7K erkannt. Mitte: Temperaturbereich 2,721...2,729 K; deutlich trittder Dipolcharakter der Anisotropie hervor. Unten: Temperaturbereichmit ∆T = 0,0002 K; die Multipolmomente der Anisotropie tretenhervor.

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Abbildung 8.4.3: Das Powerspektrum der gemessenen Temperaturfluktuationen alsFunktion der Multipole l.

8.5 Die großraumige Struktur des Universums

8.5.1 3D-Kataloge

2 Dimensionen: Position am Himmel3. Dimension: uber Fluchtgeschwindigkeit → Entfernung

• Center for Astrophysics, Harvard - Redshift Survey (Geller, Huchra 1989, Science246, 897)

4.283 Galaxien, mB < 15, 5mag, vr<∼ 15.000 km/s; d

<∼ 300 Mpc

→ klumpige Strukturen von ≈ 50 Mpc; Galaxien bilden Haufen und Superhau-fen; filamentartige Strukturen grenzen leere Gebiete (Voids) von Superhaufen ab;lokale Gruppe + Virgo-Haufen = lokaler Superhaufen.

• Sloan Digital Sky Survey (SDSS) 1967-2004

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Abbildung 8.5.1: Lokale Struktur des Universums.

8.5.2 Dunkle Materie

DM = Unsichtbare Materie mit Gravitationswirkung

Erster Hinweis: Dynamik der MS

Beobachtungen heißen (T = 107 K) Gases im Virgo-, Hydra- und Coma-Haufen undAnnahme des hydrostatischen Gleichgewichts lassen auf Massenverteilung in Galaxien-haufen schließen.

Typisches Ergebnis: DM ubertrifft baryonische Materie in Galaxienhaufen um Faktor10.

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8.5.3 Weltmodelle

Friedmann-Gleichungen der Kosmologie

R2 + kc2

R2− c2 Λ

3=

8 π G ρ

3(8.5.1)

2R

R+

R2 + kc2

R2− c2 Λ = − 8 π G P

c2(8.5.2)

R: Radius des Universumsk: KrummungsparameterΛ: kosmologische Konstante

(Bedeutung: Vakuum-Energiedichte) ⇒ wirkt abstoßend!ρ: gesamte MateriedichteP : Materiedruck

Abbildung 8.5.2: Krummung des Raums.

H0 =(

RR

)0

heutige spezifische Expansionsgeschwindigkeit

Andere Form (Einsetzen der ersten in die zweite Gleichung)

R2 + kc2

R2=

8 π G ρ

3+

c2 Λ

3R

R= − 4 π G (ρc2 + 3 P )

3 c2+

c2 Λ

3(8.5.3)

Λ = 0 ⇒ R < 0 gebremste Expansion

c2 Λ3

> 4 π G (ρc2 +3 P )3 c2

⇒ R > 0 beschleunigte Expansion fur Weltmodelle mit dominie-render Vakuumenergie

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8.5.3.1 Weltmodelle ohne Vakuumenergie (Λ = 0)

Heute: Kosmos dominiert durch kalte Materie in den Galaxien

⇒ P ¿ ρ0 c2

R2 + kc2

R2=

8 π G ρ

3

t=t0⇒ H20 +

kc2

R20

=8 π Gρ0

3(8.5.4)

2R

R+

R2 + kc2

R2= 0 (8.5.5)

Aus der ersten Gleichung kann man eine kritische Dichte ρc bestimmen, unterhalb/oberhalbder das Universum offen/geschlossen ist (k = 0).

ρc ≡ 3 H20

8 π G= 2 · 10−29

(H0

100 km/s/Mpc

)2g

cm3(8.5.6)

Einfuhrung Dichteparameter

Ω ≡ ρ0

ρc

(8.5.7)

Galaxien alleine: ΩG ' 0, 005

Dunkle Materie: Ω = ?

Beschleunigungsparameter:

q0 H20 ≡ −

(R

R

)

0

⇒ q0 =1

2Ω (8.5.8)

Universum ist flach/offen/geschlossen fur Ω = 1 (q0 = 0, 5) / Ω < 1 / Ω > 1

a) Euklidisches Universum, k = 0

R2 = H20

R30

R(8.5.9)

hat Losung

R (t) = R0

(t

t0

)2/3

(8.5.10)

Alter des Universums:

t0 =2

3 H0

(8.5.11)

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b) geschlossenes Universum k = 1

(R

R0

)2

= H20

[1 − 2 q0 + 2 q0

R0

R

](8.5.12)

Losung: t (R) =1

H0

R/R0∫

0

[1 − 2 q0 +

2 q0

x

]−1/2

dx (8.5.13)

Alter des Universums:

t0 =1

H0

q0

(2 q0 − 1)3/2

(cos−1

(1 − q0

q0

)−√

2 q0 − 1

q0

)(8.5.14)

Beispiel: q0 = 1 ⇒ t0 =1

H0

2− 1

)<

2

3 H0

(8.5.15)

⇒ geschlossenes Universum ist junger als flaches Universum.

c) offenes Universum, k = − 1

R2 = c2

(1 +

Rm

R

); Rm =

2 q0

(1 − 2 q0)3/2

c

H0

(8.5.16)

Losung: R (t) =Rm

2(cosh Ψ (t) − 1); ct =

Rm

2(sinh Ψ − Ψ) (8.5.17)

(fur 0 ≤ q0 < 1/2 oder 0 ≤ Ω < 1) (8.5.18)

Alter des Universums:

t0 =1

H0

q0

(1 − 2 q0)3/2

(√1 − 2 q0

q0

−ln

(1 − q0 +

√1 − 2 q0

q0

))(8.5.19)

8.5.3.2 Weltmodelle mit Vakuumenergie (Λ 6= 0)

Zeitliche Entwicklung der Raumausdehnung mit dimensionslosem Skalenfaktor

a (t) =R (t)

R0

Index 0: heutiger Wert (8.5.20)

→ a (t)

a (t)= H0

√Ω0 a−3 (t) + (1 − Ω0 − ΩΛ) a−2 (t) + ΩΛ (8.5.21)

mit Ω0 =8 π G

3 H20

ρ0 =ρ0

ρc

Materiedichteparameter (8.5.22)

ΩΛ =c2

3 H20

Λ Vakuumdichteparameter (8.5.23)

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Abbildung 8.5.3: Der Expansionsfaktor des klassischen Friedmann-Modells.

Ωk = − kc2

R20 H2

0

Definition: Krummungsparameter (8.5.24)

Es gilt mit diesen Definitionen:

Ω0 + ΩΛ + Ωk = 1 (8.5.25)

Ω0 + ΩΛ

<=>

1

Raum offenRaum flachRaum geschlossen

(8.5.26)

Anteil der baryonischen Materie (Rest: dunkle Materie) an Gesamtmateriedichte Ωb.

Das heute beste Modell des Kosmos, gewonnen aus Beobachtungen von Supernovae Ia,CMB-Anisotropie und (indirekt) dunkler Materie in Galaxienhaufen:

H0 = (71 ± 4) km/s/MpcAlter des Universums (13, 7 ± 0, 2) · 109 Jahre

Ω0 = 0, 27 ± 0, 02

ΩΛ = 0, 75 ± 0, 02

Ωtot = 1, 02 ± 0, 02 (8.5.27)

⇒ flaches Universum Ωk ≈ 0

Anteil der baryonischen Materie an Ω0: Ωb = 0, 044 ± 0, 002

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